OGH 6Ob218/11v

OGH6Ob218/11v13.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** J*****, vertreten durch Dr. Stephan Petzer, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, gegen die beklagten Parteien 1.) M***** W***** AG, 2.) B***** AG, beide *****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und 4.320.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision und den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungs- und Rekursgericht vom 2. August 2011, GZ 40 R 79/11f-50, mit welchen das Urteil und der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 14. Oktober 2010, GZ 30 C 146/08g-43, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO und der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO; § 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer Klage (hier: des Feststellungsbegehrens) wegen Streitanhängigkeit setzt zwei nacheinander streitanhängig gewordene Prozesse sowie Identität der Parteien und der Ansprüche in diesen beiden Prozessen voraus (RIS-Justiz RS0039473). Ob idente Ansprüche vorliegen, ist nach den Streitgegenständen der beiden Verfahren zu beurteilen. Diese werden nach herrschender Meinung durch den Entscheidungsantrag (Sachantrag) und die zu seiner Begründung erforderlichen, vom Kläger vorgebrachten Tatsachen (rechtserzeugender Sachverhalt, Klagegrund) bestimmt (sogenannter zweigliedriger Streitgegenstand; RIS-Justiz RS0037419; RS0039255; RS0037522), nicht hingegen durch die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens (RIS-Justiz RS0037551). Streitanhängigkeit liegt demnach dann vor, wenn der in der neuen Klage geltend gemachte Anspruch sowohl im Begehren als auch im rechtserzeugenden Sachverhalt mit jenem des Vorprozesses übereinstimmt (RIS-Justiz RS0039347; RS0041229). Ob dies zutrifft oder nicht, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0044453). Die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers vermögen eine Fehlbeurteilung des Gerichts zweiter Instanz nicht aufzuzeigen, dass das im vorliegenden Verfahren erhobene Feststellungsbegehren ident mit dem früher streitanhängig gewordenen Feststellungsbegehren im zwischen den nämlichen Parteien geführten Verfahren 44 C 581/09g des Erstgerichts ist und auf demselben Klagegrund beruht.

Die Verneinung einer Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz durch das Berufungsgericht ist unanfechtbar (§ 519 Abs 1 ZPO; RIS-Justiz RS0042981).

Eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden; nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst, ist sein Verfahren mangelhaft (RIS-Justiz RS0043371). Dieser Fall ist hier nicht gegeben.

Die Verbindung von Zivilprozessen zur gemeinsamen Verhandlung nach § 187 ZPO liegt im Ermessen des Gerichts. Die Unterlassung einer Verbindung kann nicht bekämpft werden und kann schon gar nicht eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens bilden (RIS-Justiz RS0037226). Der Umstand, dass das Erstgericht die Verfahren 44 C 581/09g und 44 C 146/09m verwechselt hat, kann daher keine erhebliche Rechtsfrage begründen.

Die erstmals in der Revision erhobene Rüge, das Erstgericht sei im Zusammenhang mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens seiner Manuduktionspflicht nicht nachgekommen, kann vor dem Obersten Gerichtshof nicht geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043111 [T16]).

Die behaupteten Feststellungsmängel aufgrund unrechtlicher rechtlicher Beurteilung liegen nicht vor, hat doch das Erstgericht die vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen getroffen, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger irgendeinen Verdienstentgang oder sonst einen Schaden erlitten habe und dass durch das Fehlen der Möglichkeit, am Standort einen Pizza-Bosna-Snack-Stand mit Zustelldienst samt Firmenverwaltung und Privatbüro zu betreiben, in Zukunft der Eintritt eines Schadens droht.

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