Rechtssatz
Auch mangels Identität des Begehrens kann ein Urteil eines Vorprozesses zufolge seiner materiellen Rechtskraft zur inhaltlichen Bindung des später entscheidenden Gerichtes führen, insbesondere wenn Parteien und rechtserzeugender Inhalt identisch sind und beide Prozesse in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang stehen, dass die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatten.
3 Ob 547/76 | OGH | 01.06.1976 |
Veröff: RZ 1977/49 S 105 |
2 Ob 541/78 | OGH | 12.10.1978 |
Vgl |
7 Ob 680/78 | OGH | 19.10.1978 |
Vgl auch |
6 Ob 516/79 | OGH | 14.03.1979 |
Vgl auch |
6 Ob 616/79 | OGH | 30.05.1979 |
Beisatz: Räumungsprozess, in dem das Vorliegen eines Bestandverhältnisses verneint wurde - nunmehr Kündigungsprozess. (T1) |
1 Ob 632/79 | OGH | 13.06.1979 |
Veröff: RZ 1980/31 S 138 |
4 Ob 542/79 | OGH | 16.10.1979 |
Beisatz: In diesen Fällen ergreift die Bindungswirkung auch die Feststellung und Entscheidung des mit dem rechtskräftig gewordenen Urteilsspruch unvereinbaren Gegenteils. (T2) |
5 Ob 700/79 | OGH | 13.11.1979 |
Vgl auch |
5 Ob 585/81 | OGH | 20.10.1981 |
Beisatz: Erbrechtsklage - Erbschaftsklage. (T3) |
3 Ob 548/83 | OGH | 25.05.1983 |
Beisatz: Wurde dem Begehren auf Feststellung des Eigentumsrechtes an einer bestimmten Sache stattgegeben, dann steht wegen der besonderen Verknüpfung mit diesem Inhalt der Vorentscheidung deren Rechtskraft der abweichenden sachlichen Entscheidung der auf den gleichen Sachverhalt gestützten Klage des Unterlegenen gegen den Sieger im Vorprozess auf Feststellung des Eigentumsrechtes des Unterlegenen entgegen. (T4) |
6 Ob 761/82 | OGH | 23.06.1983 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Keine Bindungswirkung hinsichtlich der im Vorprozess gelösten Frage, wann das Bestandsverhältnis aufgelöst wurde für die im zweiten Prozess zu klärende Frage, wann der Bestandgegenstand übergeben wurde. (T5) <br/>Veröff: JBl 1984,489 |
14 Ob 88/86 | OGH | 03.06.1986 |
Beisatz: Diese Bindungswirkung schließt zwar die Verhandlung und Entscheidung über das neue Klagebegehren nicht aus; der Richter hat dabei aber von dem bereits rechtskräftig entschiedenen Anspruch auszugehen und ihn seiner neuen Entscheidung zugrundezulegen (SZ 55/74 ua). (T6) |
3 Ob 122/87 | OGH | 11.11.1987 |
Beisatz: Keine Bindungswirkung eines Urteils, womit eine Erhöhung des Unterhalts wegen Verwirkung des Anspruchs abgelehnt wurde, für den nachfolgenden Oppositionsprozess betreffend den ursprünglichen Unterhaltsbetrag. (T7) |
3 Ob 11/89 | OGH | 12.04.1989 |
Beis wie T7; Veröff: RZ 1989/96 S 250 |
3 Ob 52/93 | OGH | 28.04.1993 |
Beisatz: Neues Vorbringen zu einem nicht geänderten Sachverhalt ist durch die Bindungswirkung ausgeschlossen. (T8) |
1 Ob 536/94 | OGH | 29.03.1994 |
Auch; Beisatz: Die Frage, ob jemand Kommanditanteile anderer Kommanditisten wirksam erwarb und damit Gesellschafter wurde, kann zufolge der Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen für die Gesellschaft, ihre Komplementärin und ihre Kommanditisten nur einheitlich entschieden werden. (T9) |
1 Ob 517/95 | OGH | 23.04.1996 |
Vgl; Beisatz: Voraussetzung auch dieses Sonderfalls der Präjudizialität kraft Bindungswirkung ist die Parteienidentität in beiden Verfahren. (T10) |
5 Ob 2152/96y | OGH | 29.10.1996 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Verfahrensgegenstand war im Vorverfahren die gesetzlich zulässige Mindestzinshöhe; ein durchaus zulässiger Zwischenantrag (oder auch Hauptantrag) betreffend die maßgebende Ausstattungskategorie war dort nicht gestellt gewesen, daher: Bindung an die im Wege der Vorfragenbeurteilung vorgenommene Einstufung der Wohnung der Antragstellerin in eine bestimmte Ausstattungskategorie ist zu verneinen. (T11) |
9 ObA 205/98g | OGH | 11.11.1998 |
Vgl aber; Beisatz: Es reicht aber nicht aus, dass eine im Vorprozess (beziehungsweise hier: durch Teilanerkenntnis) relevante Vorfrage auch eine solche des späteren Prozesses ist. Wenn eine bestimmte Tatsache im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens bildete, sondern lediglich eine Vorfrage darstellte, dann kommt der Entscheidung dieser Vorfrage im Vorprozess keine bindende Wirkung im folgenden zu. (T13) |
6 Ob 59/99s | OGH | 20.05.1999 |
Auch; Beis wie T13; Beisatz: Hier: Im Vorprozess über die Zahlungsklage ergangenes abweisende Urteil, welches die Voraussetzung der Wandlung bejahte. (T14) |
5 Ob 333/99b | OGH | 15.02.2000 |
Vgl aber; Beisatz: Es reicht nicht aus, dass eine im Vorprozess relevante Vorfrage auch eine solche des späteren Prozesses ist. Wenn eine bestimmte Tatsache aber im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens bildete, sondern lediglich eine Vorfrage darstellte, dann kommt der Entscheidung dieser Vorfrage im Vorprozess keine bindende Wirkung im Folgenden zu. Die Annahme, dass auch die Feststellungen über eine Vorfrage im Vorprozess selbständig rechtskräftig werden können, würde das Institut des Zwischenantrags auf Feststellung völlig entwerten (9 ObA 205/98g, 5 Ob 12/99x). (T15) |
6 Ob 88/99f | OGH | 24.02.2000 |
Vgl auch; Beisatz: Hier keine Bindungswirkung: Gegenstand des Vorprozesses waren der dem Vorkaufsberechtigten (nur) beim dinglichen Vorkaufsrecht zustehende Abforderungsanspruch gegen die (außerbücherlichen) Dritterwerber gemäß § 1079 Satz 2 ABGB und ein Bereicherungsanspruch gegen diese als unredliche Besitzer. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin gegen die - mit dem Vorkaufsrecht belasteten - Verkäufer einen durch die schadenersatzrechtliche Regelung des Innenverhältnisses zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem in § 1079 Satz 1 ABGB nicht ausgeschlossenen - Erfüllungsanspruch sowie Schadenersatzansprüche geltend. (T16)<br/>Beis wie T13 |
6 Ob 43/00t | OGH | 28.06.2000 |
Vgl auch; Beisatz: Hier geht es um ein Feststellungsurteil, das eine Bindungswirkung für das "begriffliche Gegenteil" entfaltet und der Identität des Anspruchs gleichzuhalten ist; Thema: Mietverhältnis. (T17) |
6 Ob 133/02f | OGH | 20.06.2002 |
Teilweise abweichend; Beisatz: Diese in der älteren Rechtsprechung vertretene Ansicht wurde von der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in dieser Form nicht aufrechterhalten. (T18) |
10 ObS 176/02h | OGH | 18.06.2002 |
Teilweise abweichend; Beis wie T18; Beis wie T13 |
7 Ob 44/02z | OGH | 26.06.2002 |
Vgl; Beis wie T2; Beis wie T8; Beis ähnlich wie T17 |
1 Ob 35/02g | OGH | 13.12.2002 |
Vgl; Beisatz: Waren Feststellungen in dem im Vorprozess ergangenen Urteil nicht entscheidungswesentlich, so kann ihnen weder als Vorfrage noch im Sinne einer Bindungsmöglichkeit aus Gründen der Entscheidungsharmonie Bedeutung zukommen. (T19) |
6 Ob 176/06k | OGH | 12.10.2006 |
Vgl aber; Beis wie T13; Beis wie T15 |
7 Ob 56/06w | OGH | 20.12.2006 |
Vgl aber; Beis wie T13; Beisatz: Eine prozessrechtliche Bindungswirkung im Sinn einer Bindung an den im Vorprozess festgestellten Verteilungsplan ist zu verneinen (hier: Nach den Bestimmungen der §§ 155, 156 VersVG aufgestellten Verteilungsplanes). (T20) |
6 Ob 43/08d | OGH | 26.03.2009 |
Vgl; Beisatz: Hier: Abweisende Entscheidung des Strafgerichts im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren nach den §§ 6, 7, 7a, 7b oder 7c MedienG und Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des § 78 UrhG. (T21)<br/>Beisatz: Die ganz überwiegende jüngere Rechtsprechung nimmt eine Bindungswirkung aber nur an die im Vorprozess entschiedene Hauptfrage an, nicht aber an eine dort beurteilte Vorfrage. (T22)<br/>Beisatz: Der im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren entschiedene Anspruch ist keine Vorfrage, also das bedingende Rechtsverhältnis für den Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des § 78 UrhG. (T23) |
2 Ob 213/08z | OGH | 20.05.2009 |
Vgl aber; Beis wie T13; Vgl Beis wie T15 |
8 ObA 19/11v | OGH | 29.06.2011 |
Vgl aber; Beis ähnlich wie T13; Beis ähnlich wie T15; Beis ähnlich wie T22 |
3 Ob 167/13z | OGH | 29.10.2013 |
Beisatz: Hier: Unterhaltsklage - Oppositionsklage aufgrund Verwirkung: Bindungswirkung bejaht. (T24) |
9 ObA 171/13g | OGH | 26.02.2014 |
Auch; Beis wie T13; Beis wie T15; Beis wie T22 |
3 Ob 245/16z | OGH | 26.01.2017 |
Vgl aber; Beis wie T13; Beis wie T19 |
1 Ob 47/17v | OGH | 29.03.2017 |
Vgl aber; Beis wie T13; Beis wie T15; Beis wie T18; Beis wie T22; Beisatz: Hier war das Bestehen einer konkludent zustande gekommenen Dienstbarkeitsvereinbarung zwischen den Parteien für den Vorprozess nur Vorfrage. Die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess umfasste nicht die Feststellung, dass die von den dortigen Beklagten und nunmehrigen Klägern behauptete Servitut tatsächlich bestehe und muss daher diese Frage im nunmehr zu beurteilenden Rechtsstreit über die Einverleibung der behaupteten Grunddienstbarkeit (Rechtsgrund, Art und Umfang des Rechts) neu geprüft werden. (T25) |
8 Ob 26/17g | OGH | 28.03.2017 |
Vgl aber; Beisatz: Materielle Nahebeziehungen bzw Abhängigkeiten zwischen den Streitgegenständen, teleologische Sinnzusammenhänge der Entscheidungsgegenstände oder Rechtsverhältnisse, das Gebot der Entscheidungsharmonie oder das Bedürfnis nach Rechtssicherheit sind keine hinreichenden Gründe für eine Erweiterung der Bindungswirkung. (T26) |
6 Ob 227/21g | OGH | 18.11.2022 |
Vgl; Beis wie T13; Beis wie T15; Beis wie T18 |
Dokumentnummer
JJR_19760601_OGH0002_0030OB00547_7600000_001
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