Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.
Text
Begründung
Der Kläger hat am 14.10.1970 von der beklagten Partei die Grundstücke 553/5 und 556/6 KG V***** gekauft. Punkt 6.) der hierüber errichteten Vertragsurkunde lautet:
"Für Lage, Grenzen, Flächenausmaß und Bodenbeschaffenheit sowie für eine sonstige bestimmte Beschaffenheit der Vertragsobjekte wird seitens der Verkäuferin nicht gehaftet, wohl aber für die lastenfreie Übergabe. Die Lastenfreistellung ist durch die Verkäuferin ohne Verzug und auf eigene Kosten zu bewerkstelligen".
Im Verfahren 3 C 2010/88d des Bezirksgerichtes Gmunden, das am 27.12.1988 gerichtsanhängig und (im zweiten Rechtsgang) mit dem Berufungsurteil des Landesgerichtes Wels vom 31.1.1994 (dem nunmehrigen Kläger zugestellt am 8.6.1994) abgeschlossen wurde, ist ein der Gemeinde S***** zustehendes Wegerecht über die streitgegenständlichen Grundstücke festgestellt worden. Der nunmehrige Kläger wurde schuldig erkannt, in die Einverleibung dieser Dienstbarkeit einzuwilligen. Beide Instanzen vertraten damals den Standpunkt, daß die Gemeinde S***** das Wegerecht schon vor dem Eigentumserwerb des nunmehrigen Klägers ersessen habe und die Dienstbarkeit offenkundig gewesen sei, sodaß der nunmehrige Kläger nicht auf die bücherliche Lastenfreiheit habe vertrauen dürfen.
Der Kläger begehrt jetzt (16.2.1995) von der beklagten Partei den Ersatz seiner "mit den Vertragsverletzungen (gemeint ist die Nichterfüllung der Verpflichtung zur lastenfreien Übereignung der Grundstücke) verbundenen Schäden und Kosten". Er beziffert diesen Schaden, den er einerseits in der Wertminderung seiner Grundstücke, andererseits (mit einem Teilbetrag von S 34.877,--) in der Notwendigkeit der Errichtung eines Zaunes zum Sichtschutz erblickt, mit S 120.000,--. Das haftungsbegründende Verhalten der beklagten Partei liege darin, daß sie sorglos ein Leistungsversprechen abgegeben habe, obwohl sie gewußt habe oder hätte wissen müssen, daß sie dieses nicht erfüllen könne.
Die beklagte Partei hat die Abweisung des Klagebegehrens beantragt. Sie habe dem Kläger wohl die Geldlastenfreiheit der Grundstücke, nicht aber die Freiheit von Servituten garantiert. Der Kläger habe beim Erwerb der Grundstücke gewußt, daß über sie ein von mehreren Personen benützter Kirchenweg führe und auch wiederholt erklärt, daß er nichts gegen das Begehen seiner Grundstücke habe. Allfällige Gewährleistungsansprüche seien verfristet, Schadenersatzansprüche verjährt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Verwertung vorgelegter Urkunden und beigeschaffter Akten ab, ohne auch die beantragten Zeugen- und Parteienvernehmungen durchzuführen. Es stellte fest:
Der streitgegenständliche Weg (von der Bevölkerung teilweise auch als "Kirchenweg" bezeichnet) wurde zumindest ab Beginn der Zwanzigerjahre von Bewohnern der Ortschaften D*****, M***** und T*****, die von der Liegenschaft des Klägers aus gesehen im Westen liegen, benutzt, um nach V***** zu gelangen, und zwar insbesondere zum Bahnhof, zum Gemeindeamt, zum Tierarzt, zum Gasthaus M***** und zum Freibad. Andererseits diente der Weg auch als Verbindung in beide Richtungen zwischen den im umliegenden Bereich gelegenen Liegenschaften. Als Zugang zur Kirche wurde der Weg weniger benützt, allerdings von den Teilnehmern der Fronleichnamsprozession, weil diese beim Gasthof M***** endete und die Teilnehmer dann von dort heimgingen bzw mit dem Fahrrad wegfuhren. Beim Gasthaus M***** war außerdem eine Zeit lang eine Besamungsstation eingerichtet, zu welcher die Bauern mit ihrem Vieh kamen. Schließlich wurde der Weg noch von Kindern als Schulweg zu Fuß und mit dem Fahrrad benutzt.
Der Kläger verhandelte ab Juni 1969 mit dem Stift K***** bzw dem Pfarrer Pater Clemens H***** über den Ankauf einer Bauparzelle südlich des T*****baches. Im Sommer 1969 nahm er mit dem damaligen Forstbeauftragten und nunmehrigen Abt des Stiftes K*****, Dipl.-Ing.Oddo B*****, einen Lokalaugenschein vor. Beide sahen, daß über die Grundstücke, die der Kläger kaufen wollte, ein Weg verlief. Anläßlich dieses Lokalaugenscheines bat Dipl.-Ing.Oddo B***** den Kläger, Nachbarn bzw Leuten aus der Umgebung zu gestatten, über den Weg auf seinem künftigen Grundstück zu gehen. Damit war der Kläger auch einverstanden. In der Korrespondenz, die der Kläger mit dem Pfarrer von V*****, dem Stift K***** und der Gemeinde V***** pflegte, war von dem über die Kaufgrundstücke führenden Weg bzw einer Dienstbarkeit nicht die Rede.
In der Folge verzögerte sich der Ankauf der Grundstücke durch den Kläger, zumal Unstimmigkeiten über die Größe der zu verkaufenden Parzelle bestanden bzw der Kläger die zum T*****bach abfallende Böschung zunächst nicht mitübernehmen wollte. Zur Unterfertigung des Kaufvertrages (mit dem eingangs wiedergegebenen Punkt 6.) ist es schließlich am 14.10.1970 gekommen.
Zum Zeitpunkt der Vermessung der Kaufgrundstücke und des Abschlusses des Kaufvertrages war zumindest ein fest ausgetretener und auch begangener Wiesenweg erkennbar.
In rechtlicher Hinsicht erachtete sich das Erstgericht gemäß § 411 ZPO an das Ergebnis des Servitutsprozesses gebunden und führte dazu noch aus, daß der Kläger aufgrund seines Gesprächs mit dem nunmehrigen Abt des Stiftes K***** und der in der Natur ersichtlichen offenkundigen Servitut nicht auf die im Text der Vertragsurkunde enthaltene Zusage der Servitutsfreiheit habe vertrauen dürfen.
Das Berufungsgericht verneinte zwar den vom Kläger im Zusammenhang mit der Nichterledigung seiner Beweisanträge geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs, erkannte jedoch das erstinstanzliche Verfahren als mangelhaft, hob das Ersturteil auf und verwies mit dem Ausspruch, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es führte aus:
Zu Recht stelle sich der Berufungswerber auf den Standpunkt, daß sich aus dem rechtskräftigen Ergebnis des Servitutsprozesses nicht notwendig die Abweisung der nunmehrigen Gewährleistungs- und Schadenersatzklage ergebe. Soweit trotz teilweiser Parteienverschiedenheit eine Tatbestands- oder Bindungswirkung des im Servitutsprozeß gefällten rechtskräftigen Urteils anzunehmen sei, erstrecke sich diese Wirkung jedenfalls nicht auf einzelne im Servitutsprozeß getroffene Tatsachenfestellungen (E 41 zu § 411 ZPO in Stohanzl JN und ZPO14). Daß die Grundstücke des im Servitutsprozeß Beklagten und nunmehrigen Klägers mit einer Dienstbarkeit des Gehrechtes belastet sind, habe im gegenständlichen Gewährleistungs- und Schadenersatzprozeß ohnedies keine Partei bestritten. Hervorzuheben sei, daß die beklagte Partei die Klagsabweisung nicht etwa mit der Begründung beantragt habe, daß sie dem Kläger unbelastete Grundstücke verkauft habe und daß der Grundstückskäufer als Beklagter im Servitutsprozeß hätte obsiegen können. Stehe also unstrittig fest, daß die hier beklagte Partei dem Kläger mit einem Gehrecht belastete Grundstücke verkaufte, so sei die entscheidungswesentliche Rechtsfrage darin zu erblicken, ob der Verkäuferin eine Abweichung von der vertraglich geschuldeten Leistung zur Last fällt und, wenn dies der Fall sei, ob Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche des Käufers verfristet oder verjährt sind. Zu diesen Themen liefere der Servitutsprozeß keinen bindenden Ergebnisse.
Im Servitutsprozeß sei die Frage, ob der Grundstückskäufer die Grundstücke gutgläubig lastenfei erworben hat, primär nach § 1500 ABGB zu beurteilen. Das durch diese Gesetzesstelle geschützte Vertrauen auf die öffentlichen Bücher sei nicht notwendigerweise ident mit dem durch die §§ 914 f ABGB und andere schuldrechtliche Bestimmungen geschützten Vertrauen auf rechtsgeschäftliche Erklärungen des Vertragspartners. So reiche für den Anwendungsbereich des § 1500 ABGB das Vertrauen auf beruhigende Erklärungen des Verkäufers nicht aus, wenn sich aus den konkreten Umständen Bedenken gegen die Lastenfreiheit ergeben (Schubert in Rummel2, Rz 3 zu § 1500 ABGB mit Judikaturhinweisen). Zur Abwehr von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen lasse sich dieser Rechtssatz jedoch nicht heranziehen, weil es bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen grundsätzlich auf das Verständnis ankomme, das ein redlicher Erklärungsempfänger gewinnen durfte und tatsächlich gewonnen hat (Rummel in Rummel2, Rz 8 zu § 863 ABGB). Daß im Falle einer (ausdrücklichen) Zusage auch für offenkundige Mängel Gewähr zu leisten sei, habe der Oberste Gerichtshof in Bezug auf Servitutsfreiheit zuletzt in NZ 1995, 129 ausgesprochen. Sollte die Auslegung des Kaufvertrages nach den Auslegungsregeln der §§ 914 f ABGB ergeben, daß die beklagte Partei die Servitutsfreiheit garantiert hat, so wäre das Ergebnis des Servitutsprozesses kein Hindernis, sondern geradezu Voraussetzung für die vom Kläger erhobenen Ansprüche.
Da die Absicht der Parteien in § 914 ABGB ausdrücklich und sogar primär als Auslegungsbehelf genannt sei, könne dem Kläger die von ihm beantragte unmittelbare Beweisaufnahme nicht verweigert werden. Das angefochtene Urteil sei daher aus dem Grunde des § 496 Abs 1 Z 2 und Z 3 ZPO aufzuheben. Daß der Kläger keinen Einwand gegen die Beischaffung und Verlesung des Aktes über den Servitutsprozeß erhoben, ja sogar selbst die Beischaffung dieses Aktes als Beweismittel beantragt habe, könne den dargestellten Aufhebungsgrund nicht beseitigen, weil der Kläger die Beischaffung des Aktes nicht anstatt, sondern neben den unmittelbar aufzunehmenden Beweisen verlangt habe und daher kein Verzicht auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme vorliege.
Auch Entscheidungsreife infolge Unschlüssigkeit der Klage, womit die beklagte Partei in ihrer Berufungsbeantwortung argumentierte, liege nicht vor. Zwar sei der Berufungsgegnerin als richtig zuzugestehen, daß die Preisminderung als Rechtsfolge der Gewährleistung gemäß § 932 ABGB der Höhe nach keinesfalls über den vom Gewährleistungsberechtigten geleisteten Kaufpreis hinausgehen könne, sodaß bei einem Gesamtkaufpreis für die beiden Grundstücke von S 69.818,-- die Preisminderung zur Begründung der Klagsforderung von S 120.000,-- selbst unter Hinzurechnung der vom Kläger mit S 34.877,-- geltend gemachten Kosten der Zaunerrichtung nicht ausreichen würde;
für das Schadenersatzrecht gelte dies jedoch insbesondere seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 7.3.1990 (1 Ob 536/90, verstärkter Senat, veröffentlicht in JBl 1990, 648; ecolex 1990, 279;
RdW 1990, 153) nicht in gleicher Weise. Gemäß dieser Judikatur könne der Nachteil, der in der Mangelhaftigkeit der Leistung selbst liege, nicht nur mit Gewährleistungsansprüchen, sondern auch mit Schadenersatzansprüchen geltend gemacht werden. Schon die ältere Judikatur habe Schadenersatz für den Verbesserungsaufwand (JBl 1979, 259) zugesprochen und die Kosten von zur Abwendung eines noch nicht eingetretenen Schadens getroffenen Vorkehrungen als ersatzfähigen Mangelfolgeschaden angesehen (JBl 1972, 149). Je nach Verschuldensgrad käme sogar konkrete Schadensberechnung in Betracht, das sei die Differenz zwischen dem Gesamtvermögen des Klägers wie es ist und wie es bei mangelfreier Leistung wäre (Welser, Schadenersatz statt Gewährleistung, 35).
Die Gewährleistungsfrist beginne für Rechtsmängel nicht schon mit Übergabe, sondern gemäß § 933 Abs 1 letzter Satz ABGB erst mit dem Tage, an welchem der von einem Dritten auf die Sache erhobene Anspruch dem Erwerber bekannt wurde.
Nicht die ernstliche Geltendmachung oder die Glaubhaftigkeit des Rechts des Dritten entscheide, sondern ob ernsthafte Prüfung den Fehler (Rechtsmangel) erkennen läßt, ansonsten zwänge man den Erwerber zum Gewährleistungsprozeß, wenn ihm eine Stoffsammlung noch kaum möglich ist (Reischauer in Rummel2, Rz 3c zu § 933 ABGB; ecolex 1992, 628). Da die Vorhersage eines Prozeßausgangs im allgemeinen und speziell eines Servitutsprozesses schwierig sei, bestehe kein Anlaß, die Gewährleistungsfrist früher als mit Zustellung des Urteils des Bezirksgerichtes Gmunden vom 27.8.1993, 3 C 1080/88i-96, das sei mit 20.9.1993, beginnen zu lassen. Auch für den Beginn der Verjährungsfrist des Schadenersatzanspruchs gemäß § 1489 ABGB sei kein früherer Zeitpunkt als maßgebend anzusehen; sei doch nach der neueren Judikatur (ecolex 1994, 616) nicht die Vorhersehbarkeit, sondern der tatsächliche Schadenseintritt für den Beginn der Verjährungsfrist relevant.
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete das Berufungsgericht damit, daß die Rechtsfrage nach dem Beginn der Gewährleistungsfrist bei einem behaupteten Rechtsmangel von erheblicher Bedeutung im Sinne der §§ 519 Abs 2, 502 Abs 1 ZPO sei. Die ältere Judikatur des Obersten Gerichtshofs (dargestellt bei Reischauer in Rummel2, Rz 3c zu § 933 ABGB) habe nämlich die Gewährleistungsfrist schon ab Glaubhaftigkeit oder ernstlicher Geltendmachung des Rechts des Dritten beginnen lassen. Demnach wäre die Gewährleistungs- (und wohl auch die Schadenersatzklage) verfristet, weil die Gemeinde S***** durch Erhebung der Servitutsklage vom 27.12.1988 ihr Recht ernsthaft geltend gemacht habe. Die dargestellte ältere Judikatur werde jedoch nicht nur von Reischauer aaO abgelehnt, auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in ecolex 1992, 628 scheine sich eher der Lehrmeinung Reischauers anzuschließen, ohne sich allerdings ausdrücklich von den älteren Entscheidungen zu distanzieren.
Diese Entscheidung hat die beklagte Partei fristgerecht mit Rekurs angefochten. Ihr Rechtsmittelbegehren geht dahin, das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen. Der Kläger hat demgegenüber in seiner Rekursbeantwortung beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Partei keine Folge zu geben.
Der Rekurs ist, wie noch auszuführen sein wird, zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Verneinung der Bindungswirkung der im Verfahren 3 C 2010/88d des Bezirksgerichtes Gmunden ergangenen Entscheidung (und der ihr zugrunde liegenden Feststellungen) bringt die Rekurswerberin im wesentlichen vor, daß die Hauptfrage des gegenständlichen Verfahrens nicht die Auslegung des Punktes 6.) des Kaufvertrages vom 14.10.1970 (ob also die erbrachte von der geschuldeten Leistung abweiche), sondern die Kenntnis bzw das Kennenmüssen des Klägers vom Bestehen der streitgegenständlichen Wegedienstbarkeit sei. Über letzteres sei bereits im Vorprozeß bindend abgesprochen worden, weil aus Gründen der Rechtssicherheit widersprechende Entscheidungen vermieden werden müßten, mag es auch wegen der verschiedenen Parteien in den beiden Verfahren an der Bindungswirkung im engeren Sinn fehlen.
Mit diesen Argumenten sind die zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichts zum Wesen und zur Reichweite der Bindungswirkung einer Vorentscheidung nicht zu widerlegen. Es kann daher mit der gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO nicht weiter zu begründenden Klarstellung sein Bewenden haben, daß die Bindungswirkung einer Entscheidung für ein nachfolgendes Verfahren grundsätzlich die Identität bzw begriffliche Unvereinbarkeit des zunächst im einen, dann im anderen Verfahren geltend gemachten Anspruchs (Rechberger in Rechberger, Rz 7 f zu § 411 ZPO mwN; SSV-NF 4/79 ua) und die Identität der Parteien voraussetzt (SZ 48/142; MietSlg 42.513 uva); ansonsten müßte wenigstens Präjudizialität der zunächst ergangenen Entscheidung in dem Sinn vorliegen, daß der rechtskräftig entschiedene Anspruch eine Vorfrage für den zweiten ist (MietSlg 45.692; JBl 1995, 458 ua). Alle diese Voraussetzungen wurden vom Berufungsgericht für den gegenständlichen Streitfall zutreffend verneint, weil die Feststellung, der Liegenschaftserwerber habe eine im Grundbuch nicht eingetragene Servitut wegen ihrer Offenkundigkeit zu dulden, nichts darüber aussagt, ob der Veräußerer für die Zusage der Lastenfreiheit des Kaufobjektes (bzw für die versprochene Lastenfreistellung) einzustehen hat. Insoweit läge nicht einmal der von einem Teil der Judikatur anerkannte Sonderfall der Präjudizialität vor, daß der zwischen beiden Begehren bestehende innige Sachzusammenhang aus Gründen der Rechtssicherheit die Entscheidungsharmonie verlangt (vgl SZ 52/151; EFSlg 70.550 ua; einschränkend JBl 1994, 482; auf die auch hier unabdingbare Voraussetzung der Parteienidentität hinweisend EWr I/30/136), sodaß dieser Aspekt der Bindungswirkung nicht weiter zu erörtern ist. Entgegenzutreten ist in diesem Zusammenhang nur noch dem Argument der Rekurswerberin, schon auf Grund des jetzt festgestellten Sachverhalts sei klar, daß sich ihre Lastenfreistellungsverpflichtung keinesfalls auf das streitgegenständliche Wegerecht bezogen habe. Die Kenntnis der "Unrichtigkeit" einer Zusage wurde zwar von der Judikatur bereits wiederholt zum Anlaß genommen, am Gewährleistungsausschluß des § 928 ABGB für offenkundige Mängel einer Sache trotz Zusage der Mängelfreiheit festzuhalten (siehe dazu Reischauer in Rummel2, Rz 5 zu § 928 ABGB), doch tritt diese Rechtsfolge nicht schon dann ein, wenn - wie hier - der Veräußerer einer Liegenschaft seine (grundsätzlich alle Lasten, auch Servituten umfassende) Lastenfreistellungszusage damit relativiert, daß er den Erwerber ersucht, Nachbarn bzw Leuten aus der Umgebung (weiterhin) das Begehen der Kaufgrundstücke zu gestatten. Dabei muß es sich keineswegs um den Hinweis auf eine die Kaufgrundstücke jetzt und in Zukunft belastende Wegedienstbarkeit gehandelt haben, es kann vielmehr, was noch durch den vom Berufungsgericht dem Erstgericht erteilten Auftrag zur Verfahrensergänzung zu klären ist, die Aufrechterhaltung eines Prekariums gemeint gewesen sein. Im übrigen hat schon das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß die ausdrückliche Zusage der Lastenfreiheit (insbesondere eine umfassende Lastenfreistellungsverpflichtung) auch offenkundige Servituten erfassen kann (vgl NZ 1995, 129).
Eben das sei, so meint die Rekurswerberin in einem weiteren Argument, durch die Verwertung der Zeugen- und Parteienaussagen des Vorprozesses bereits im Sinne ihres Prozeßstandpunktes geklärt; es bedürfe, da sich der Kläger mit der Verlesung der diesbezüglichen Protokolle einverstanden erklärte, nicht noch unmittelbarer Beweisaufnahmen. Dabei wird jedoch übersehen, daß die Zustimmung zur Verwertung bereits aufgenommener Beweise nicht automatisch den Verzicht auf die ergänzende Einvernahme bereits vernommener (etwa wiederum als Zeugen geführter) Personen in sich schließt. Das gilt vor allem dann, wenn sich die Beweisthemen im Vor- und Folgeprozeß nicht völlig decken. Hier kann, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, von einer vollständigen Deckung der Beweisthemen keine Rede sein. Ging es im Vorprozeß um die Frage, ob das Vertrauen des Klägers auf die grundbücherliche Lastenfreiheit durch die Offenkundigkeit der streitgegenständlichen Wegedienstbarkeit zerstört wurde, so ist jetzt die Frage zu klären, ob sich die Zusage der beklagten Partei, die Kaufgrundstücke von sämtlichen Lasten (grundsätzlich also auch von Servituten: NZ 1995, 129 ua) freizustellen, ungeachtet ihrer "Offenkundigkeit" (iSd § 1500 ABGB) auch auf das streitgegenständliche Wegerecht der Gemeinde S***** erstreckt. Daß es hiezu eines Auslegungsvorganges nach §§ 914 f ABGB bedarf und in diesem Rahmen wiederum den Aussagen der Vertragsparteien entscheidende Bedeutung zukommt, hat das Berufungsgericht richtig erkannt und wird von der Rekurswerberin insoweit auch gar nicht in Frage gestellt. Damit liegt der Fall vor, daß das Berufungsgericht auf Grund einer zutreffenden rechtlichen Beurteilung des Streitfalls die Tatsachengrundlagen als ergänzungsbedürftig erkannt hat. Einem solchen Ergänzungsauftrag kann der Oberste Gerichtshof gar nicht entgegentreten (SZ 38/20 uva; zuletzt MietSlg 46.687).
Die Sache wäre nur dann (im Sinn der beantragten Wiederherstellung des Ersturteils) entscheidungsreif, wenn der Klagsanspruch, wie die Rekurswerberin zuletzt noch darzulegen versucht, verfristet bzw verjährt wäre. Auch in diesem Punkt ist jedoch der Ergänzungsauftrag des Berufungsgerichtes - wenigstens im Ergebnis - nicht zu beanstanden.
Vorweg ist daran zu erinnern, daß der Kläger sein Begehren ausdrücklich auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützt hat. Das ergibt sich bereits aus der Klage, in der im Zusammenhang mit einer angeblichen Vertragsverletzung der beklagten Partei stets von Schadenersatzleistung die Rede ist, noch deutlicher aber aus dem Schriftsatz des Klägers vom 3.5.1995 (vorgetragen in der mündlichen Streitverhandlung am 8.5.1995), in dem er unmißverständlich klargestellt hat, daß es sich bei seiner Forderung nicht um einen Gewährleistungsanspruch handelt (AS 24), sondern daß Schadenersatz wegen schuldhafter Vertragsverletzung begehrt wird (AS 24 und 25). Da das Gericht nach ständiger Rechtsprechung an den ausdrücklich und ausschließlich geltend gemachten Rechtsgrund des klägerischen Begehrens gebunden ist (SZ 23/74; SZ 44/21; SZ 46/109; SZ 47/11; MietSlg 33.627; MietSlg 38.775 ua; zuletzt GesRZ 1995, 187), bedarf es daher gar keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Kläger den streitgegenständlichen Rechtsmangel nach Maßgabe des § 933 Abs 1 letzter Halbsatz ABGB rechtzeitig geltend gemacht hat. Insoweit hat das Berufungsgericht in seinem Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof dem Verfristungsproblem zu Unrecht erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO beigemessen. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang aber auch die Verjährung des Schadenersatzbegehrens angesprochen und gemeint, daß wohl Verjährung anzunehmen wäre, wenn man die Frist des § 1489 ABGB mit der ernsthaften Möglichkeit der Feststellung des schadensstiftenden Rechtsmangels beginnen läßt, daß aber die besondere Schwierigkeit einer Vorhersage des Ausgangs eines Servitutsprozesses zu berücksichtigen sei und nach neuerer Judikatur ohnehin nicht mehr auf die Vorhersehbarkeit eines Schadens, sondern auf den tatsächlichen Schadenseintritt abzustellen wäre. Zu dieser (nicht nur für den gegenständlichen Rechtsstreit) durchaus bedeutsamen Rechtsfrage ist folgendes auszuführen:
Daß die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen nach nunmehriger Judikatur nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnt, die (bloße) Vorhersehbarkeit eines Schadens die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB also nicht in Lauf setzt (ecolex 1996, 91; zuvor schon obiter ecolex 1994, 616), läßt sich im konkreten Fall nur als Argument dafür verwenden, keine allzustrengen Anforderungen an Erkundigungspflichten des Geschädigten bei der Stoffsammlung für eine Schadenersatzklage zu stellen. Der hier vom Kläger geltend gemachte Schaden ist nämlich - sieht man von seinem Aufwand für die Errichtung eines Sichtschutzzaunes ab - schon mit der Übereignung der mangelhaften (bereits im Jahr 1970 mit einer ersessenen Wegeservitut belasteten) Liegenschaft entstanden. Es ist daher nach wie vor vom Grundsatz des § 1489 ABGB auszugehen, daß der Kläger seinen Schaden binnen drei Jahren von der Zeit an geltend machen mußte, zu welcher ihm der Schaden (und, was im gegenständlichen Fall nie Schwierigkeiten bereitete, die Person des Schädigers) bekannt wurde. Die Judikatur stellt dabei auf die Erkennbarkeit des Schadens, genauer gesagt auf den Zeitpunkt ab, in der der Geschädigte den Schaden (und den Schädiger) soweit kennt, daß er mit Aussicht auf Erfolg eine Klage erheben kann (Schubert in Rummel2, Rz 3 zu § 1489 ABGB mwN; SZ 63/37; ecolex 1994, 537; ecolex 1995, 258; ecolex 1996, 91). Maßgeblich hiefür sind die Umstände des Einzelfalls (ecolex 1994, 537; 5 Ob 546/94, tw veröffentlicht in ÖJZ-LSK 1996/74). Wenn etwa der Unternehmer ein mangelhaftes Werk abliefert und dann einen Verbesserungsversuch unternimmt, dessen Untauglichkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt offenbar wird, beginnt die Verjährungsfrist nicht vor Erkennbarkeit der Erfolglosigkeit der Verbesserung zu laufen (ecolex 1995, 20).
Nun trifft es zu, daß der Geschädigte mit seiner Schadenersatzklage nicht so lange zuwarten darf, bis er sich seines Prozeßerfolgs gewiß ist oder glaubt, es zu sein (SZ 63/37; ecolex 1994, 537 ua). Wenn jedoch Ungewißheit darüber besteht, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist und hierüber ein Rechtsstreit behängt, wird man dem Geschädigten idR zubilligen müssen, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten, weil er erst dann über ausreichend sichere Informationen für seine Schadenersatzklage verfügt. Die Kriterien der Erkennbarkeit des Schadens könnten in einem solchen Fall nur ausnahmsweise, etwa bei einem Wegschauen des Geschädigten oder einem Verkennen erdrückender Beweise, erfüllt sein. Im gegenständlichen Fall ist der "Hauptschaden" eine ersessene Servitut, über deren Rechtsbestand der Kläger einen langjährigen Prozeß mit dem Ersitzungsbesitzer führte. Zu Recht hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß gerade der Ausgang eines solchen Prozesses sehr schwer vorhergesehen werden kann. Im konkreten Fall kommt noch hinzu, daß sich der jetzt geltend gemachte Schaden unter Umständen noch hätte vermeiden lassen, wenn die beklagte Partei die - hier strittige - Zusage der Lastenfreistellung erfüllt. Der Kläger geht, wie er in seinem Vorbringen klarstellte, zwar selbst von der objektiven Unerfüllbarkeit einer solchen Zusage aus (AS 25), doch ändert dies insgesamt nichts daran, daß für ihn die zur gegenständlichen Klagsführung nötige Gewißheit bzw Feststellbarkeit des Schadenseintritts keinesfalls vor Zustellung des dem Klagebegehren stattgebenden Urteils erster Instanz im Servitutsprozeß eingetreten ist (vgl ImmZ 1996; 215). Die Rekurswerberin setzt - nach den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen - den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist zu Unrecht mit der zu 3 C 2010/88d des Bezirksgerichtes Gmunden erhobenen Servitutsklage der Gemeinde S***** oder gar noch früher an.
Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.
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