OGH 3Ob1073/92

OGH3Ob1073/9221.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Josef P*****, und 2. Hildegard P*****, beide *****, und vertreten durch Dr.Peter Pullez, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Josef D*****, ***** vertreten durch Dr.Raimund Mittag, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch von S 213.000,- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 7.April 1992, GZ 46 R 285/92-28, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 508 a Abs 2 Satz 3 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Es trifft wohl zu, daß über das Bestehen oder die einvernehmliche Aufhebung des Vertrages über den Verkauf der Liegenschaftshälfte nicht rechtskräftig entschieden wurde und daher im Oppositionsprozeß keine Bindung zufolge einer Rechtskraft eintritt. Nur dagegen wendet sich der Revisionswerber. Das Urteil des Berufungsgerichtes folgt aber der von der deutschen Lehre entwickelten (vgl Fasching III 705; Fasching ZPR2 Rz 1519) und in der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes übernommenen Rechtsansicht, daß auch ohne Identität der Begehren ein Urteil im Vorprozeß zwischen denselben Parteien zufolge seiner materiellen Rechtskraft zur inhaltlichen Bindung des später entscheidenden Gerichtes führen kann, wenn der rechtserzeugende Sachverhalt identisch ist und ein so enger Zusammenhang zwischen den beiden Prozessen besteht, daß die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung der selben, in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestattet (RZ 1977/49; SZ 52/151; EFSlg 41.703). Diese über die eigentliche Rechtskraftwirkung hinausgehende Bindung aus dem Sinnzusammenhang (vgl auch Böhm in FS Kralik 89 FN 14) schließt die Verhandlung, Beweisaufnahme und neuerliche Prüfung des rechtskräftig entschiedenen Anspruches aus, nicht aber auch die Verhandlung und Entscheidung über das neue Klagebegehren. Der Richter hat dabei von dem rechtskräftig entschiedenen Anspruch auszugehen und ihn ohne weiters der neuen Entscheidung zugrunde zu legen (SZ 52/151; EFSlg 41.703). Die im Vorprozeß zugrunde gelegte einvernehmliche Aufhebung des Kaufvertrages über die Liegenschaftshälfte, die zur Abweisung des Begehrens auf Zahlung eines Kaufpreisteiles führte, und die hier Entscheidungsgegenstand bildende Frage, ob der titelmäßige Anspruch auf Zahlung eines anderen Kaufpreisteiles durch die nach dem im § 35 EO bezeichneten Zeitpunkt erfolgte Vertragsaufhebung erloschen ist, stehen in einem solchen engen inhaltlichen Zusammenhang, daß die Frage einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens oder einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Zusammenhang mit dem vom Beklagten gegen die Angaben im Verhandlungsprotokoll eingelegten Widerspruch (§ 212 Abs 1 ZPO) für die Entscheidung unerheblich ist.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte