OGH 7Ob44/02z

OGH7Ob44/02z26.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. G. ***** GmbH & Co KG, und 2. Dipl. Ing. Friedrich L*****, beide ***** vertreten durch Mag. Markus Hager und Mag. Hans Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Gernot B*****, 2. Manfred A*****, und 3. Ursula A*****, beide: ***** 4. S***** GesmbH, ***** 5. Andreas N*****, und 6. Ingrid N*****, beide: ***** 7. Franz P*****, und 8. Regina P*****, beide:

***** 9. Karl K*****, 10. Hans Peter G*****, und 11. Karin G*****, beide: ***** alle vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, Zustimmung, Herstellung und Unterlassung, über den Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 1. Februar 2001, GZ 11 R 259/00p-61, womit aus Anlass der Berufungen der Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19. Juli 2000, GZ 5 Cg 38/98b-51, und das vorangegangene Verfahren teilweise als nichtig aufgehoben und die Klagebegehren teilweise zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Kläger sind Eigentümer der Liegenschaft EZ 97, Grundbuch ***** (in der Folge EZ 97), zu der ein Mühlbach fließt. Eigentümerin der benachbarten Parzelle Nr. 2815 (damals zum Gutsbestand der EZ *****, Grundbuch ***** gehörend [in der Folge Nr 2815]) war Gertraud Z*****. Auf ihrer gesamten Liegenschaft lastete die Verpflichtung zur Gestattung der Räumung des Mühlbaches unter Vornahme der notwendigen Hantierungen zugunsten der EZ 97. Die Parzelle Nr. 2815 wurde in die Grundstücke 2815/1 bis 12 geteilt und 1996 verkauft. Dies geschah nach Juni 1996, dem Zeitpunkt der Einbringung und Zustellung einer Klage der Gertraud Z***** gegen die G.***** GmbH & Co KG (damalige Alleineigentümerin der EZ 97) auf Löschung dieser Verpflichtung (2 C 1679/96a der Bezirksgerichtes Linz-Land). Auf einem Teil der neuen Parzellen wurden Einfamilienhäuser errichtet. Die Beklagten sind teils Allein-, teils Miteigentümer der einzelnen Parzellen Nr. 2815/1 bis 10. Die Parzellen grenzen nicht unmittelbar an den Mühlbach, sondern sind von diesem durch einen aufgeschütteten Damm, eine Baumreihe und einen 10 bis 12 m breiten, teilweise gerodeten Auwaldgürtel getrennt, der dem Grundstück Nr. ***** der EZ ***** entspricht. Dieses Grundstück steht nach wie vor im Eigentum von Gertraud Z*****. Daran schließen die Grundstücke der Beklagten Nr. 2815 mit den geraden Teilungsnummern und sodann jene mit den ungeraden Teilungsnummern an.

Im Rechtsstreit Gertraud Z***** gegen G. ***** GmbH & Co KG wegen Löschung der Dienstbarkeit entschied das Bezirksgericht Linz-Land mit Urteil vom 3. 3. 1998, 2 C 1679/96a-28 über das Hauptbegehren auf Zustimmung zur Einverleibung der Löschung der Dienstbarkeit abweislich. Es wies auch das Eventualbegehren auf Zustimmung zur Löschung der Dienstbarkeit an bestimmten vom belasteten Grundbuchskörper abgeschriebenen Grundstücken für die nunmehrigen Grundstücke 2815/2, 4, 6, 8 und 10 ab, gab jedoch diesem Eventualbegehren in Bezug auf die nunmehrigen Grundstücke 2815/1, 3, 5, 7 und 9 statt. Den dagegen erhobenen Berufungen beider Parteien gab das Landesgericht Linz als Berufungsgericht mit Urteil vom 14. 10. 1998, 14 R 390/98s-38, nicht Folge. Die gegen die Berufungsentscheidung erhobenen Revisionen wurden vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 29. 6. 1999, 1 Ob 63/99t, zurückgewiesen.

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger von den Beklagten als Rechtsnachfolger der Gertraud Z*****

a) die Feststellung, dass die eingetragene Dienstbarkeit der Reallast der Räumung des Mühlbaches und der Vornahme der notwendigen Hantierungen nicht mehr ausgeübt werden könne;

b) die Feststellung, dass den Klägern und ihren Rechtsnachfolgern als Eigentümer der herrschenden Liegenschaft EZ 97 jeweils die Dienstbarkeit der Ablagerung von Bachschlamm zustehe;

c) die Beklagten schuldig zu erkennen, ob ihrer jeweiligen Liegenschaften der Einverleibung der Dienstbarkeit der Ablagerung von Bachschlamm zuzustimmen,

d) die Feststellung, dass die Zufahrt auf den Grundstücken der Beklagten zum Auwaldgürtel und zum Mühlbach nicht möglich sei,

e) die Einverleibung eines 10 m breiten Streifens samt 2 m breiten Zufahrtswegen gemäß einem der Klage beigelegten Plan, die Beseitigung aller aus der Lichtbildbeilage ./A ersichtlichen Hindernisse bezüglich der in Punkt a) genannten Dienstbarkeit sowie Freihaltung der Wege laut Urteilsbegehren e), jeweils "zur ungeteilten Hand",

f) die Unterlassung jeder Störung der Servitut der Reallast der Räumung des Mühlbaches unter Vornahme der notwendigen Hantierungen und des damit verbundenen Zufahrtsrechts entsprechend Urteilsbegehren Punkt d) und des Rechts zur Ablagerung von Bachschlamm entsprechend Punkt b),

g) sowie schließlich (beschränkt auf die Erstklägerin) die Feststellung, dass die Beklagten als jeweilige Eigentümer der dienenden Grundstück für sämtliche durch die nicht mehr mögliche Ausübung der eingetragenen Dienstbarkeit verursachten Schäden "zur ungeteilten Hand" zu haften hätten.

Die Kläger brachten ua vor, das Bestehen der "gegenständlichen Servitut in der in der Klage begehrten Form" werde von den Beklagten ebenso wie von deren Rechtsvorgängerin im Rechtsstreit 2 C 1679/96a des Bezirksgerichtes Linz-Land bestritten, sodass eine Unklarheit über Art und Ausmaß der Dienstbarkeit bestehe, welche die erhobenen Feststellungsbegehren rechtfertige.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung. Sie wandten ua ein, das Vorverfahren des BG Linz-Land sei präjudiziell. Die nunmehr angestrebte Erweiterung der Servitut auf das Recht zur Ablagerung von Bachschlamm sei im Verfahren aber nie intensiv betrieben worden. Das Erstgericht gab der Klage nur hinsichtlich der Klagebegehren b) und c) in Punkt II A Punkt 1 und 2 seiner Entscheidung wie folgt teilweise statt:

"1. Zwischen den klagenden und beklagten Parteien wird festgestellt, dass den klagenden Parteien die Dienstbarkeit der Ablagerung des Bachschlammes auf den Liegenschaften 2815/2, 4, 6, 8 und 10 zusteht.

2. Die beklagten Parteien sind - jeweils hinsichtlich der oben angeführten Liegenschaften - gegenüber den klagenden Parteien schuldig, in die Einverleibung der Dienstbarkeit der Ablagerung von Bachschlamm ins C-Blatt der Liegenschaften 2815/2, 4, 6, 8 und 10 zuzustimmen".

Es wies hingegen ua soweit hier relevant das Begehren e) zu Punkt I 3 seiner Entscheidung und das über Punkt II A seiner Entscheidung hinausgehende Begehren b) und c) hinsichtlich der Liegenschaften 2815/1, 3, 5, 7, und 9 zu Punkt II B seiner Entscheidung ab. Mit Beschluss vom 1. 2. 2001 hob das Berufungsgericht (in nichtöffentlicher Sitzung) das Ersturteil und das "darauf bezügliche" Verfahren teilweise (nämlich hinsichtlich der Entscheidung des Erstgerichtes in den Punkten I 3 sowie II A und B) als nichtig auf und wies das Klagebegehren gegen die jeweiligen Beklagten, auf Feststellung der Dienstbarkeit der Ablagerung von Bachschlamm, auf Einwilligung in die Einverleibung dieser Dienstbarkeit sowie auf Zustimmung zur Einverleibung eines 10 m breiten Streifens entlang des Grundstückes Nr 2818/1, KG *****, samt zwei senkrecht zu diesem Grundstreifen führenden 10 m breiten Zufahrtswegen mit trompetenartig erweiterten Einmündungen auf den Grundstücken 2815/1 (EZ 1578) und 2815/9 (EZ 1584) entsprechend den im Zahlenplan des DI Gert H***** vom 22. 1. 1996, GZ 4192/96 rot markierten Flächen, zurück (Punkt 1. der Berufungsentscheidung). Durch die - im Vorprozess des Bezirksgerichtes Linz-Land erfolgte - rechtskräftige Stattgebung des auf die Grundstücke mit ungeraden Teilungsnummern bezüglichen Teils des Eventualbegehrens und die Abweisung des Begehrens hinsichtlich der übrigen Grundstücke (mit geraden Teilungsnummern) seien alle im vorliegenden Verfahren (neuerlich) aufgeworfenen Fragen über das Wesen der einverleibten Dienstbarkeit, den aufrechten Bestand hinsichtlich weiterhin betroffener Teilstücke und das Erlöschen des Rechts hinsichtlich nicht betroffener Teilstücke geklärt worden, sodass entschiedene Streitsache (davor Streitanhängigkeit) vorliege. Im Übrigen bestätigte das Berufungsgericht (nach mündlicher Berufungsverhandlung) die erstinstanzliche Entscheidung in seinen von der Nichtigkeit nicht betroffenen (abweislichen) Sprüchen und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei (Punkt 2. der Berufungsentscheidung).

Mit Beschluss vom 18. 4. 2001 (ON 65) wies das Berufungsgericht den Antrag der Kläger "auf Zulassung der Revision sowie Ausführung der ordentlichen Revision" (ON 62) zurück.

Nach Durchführung des vom Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 171/01z aufgetragenen Verbesserungsverfahrens richtet sich gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes der Rekurs der Kläger mit dem Antrag, den Beschluss ersatzlos zu beheben und dem Klagebegehren in diesem Umfang stattzugeben.

Die Beklagten beteiligten sich am Rekursverfahren nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO). Er ist auch rechtzeitig. Das Erstgericht hat entgegen dem Auftrag des Obersten Gerichtshofes (7 Ob 171/01z, S 9 letzter Absatz) keinen fristgebundenen Verbesserungsauftrag an die Kläger erteilt. Da mangels eines konkret erteilten Verbesserungsauftrages durch das Erstgericht eine Verbesserungsfrist nicht in Lauf gesetzt wurde, war die Verbesserung, nämlich Präzisierung des Rechtsmittelantrages und Angabe von Rekursgründen, rechtzeitig (vgl RIS-Justiz RS0036564). Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Rekurswerber haben sich nicht der Mühe unterzogen, ihre Rechtsmittelausführungen in ON 62 gegliedert zum Rekurs und zur Revision darzustellen. Ihr Vorbringen kann daher nur insoweit Beachtung finden (der Antrag nach § 508 ZPO wurde ja vom Berufungsgericht zurückgewiesen), als es sich erkennbar auf den Rekurs bezieht (Anfechtung des Punktes 1 des Berufungsurteils). Im Revisionsverfahren unbestritten ist, dass sich die Wirkungen der materiellen Rechtskraft auf den Einzelrechtsnachfolger durch eine Funktion des Rechtsübergangs an sich erstrecken (1 Ob 256/98y, 7 Ob 525/86, RIS-Justiz RS0111150, SZ 53/42). Damit ist unstrittig, dass sich die Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren 2 C 1679/96a des Bezirksgerichtes Linz-Land sowohl auf den Zweitkläger, als auch auf die Beklagten als Einzelrechtsnachfolger von Gertraud Z***** erstreckt.

Die Rechtskraftwirkung eines Urteiles nach § 411 Abs 1 ZPO schließt zwischen den gleichen Parteien die neuerliche Anhängigmachung eines gleichen Begehrens, das auf den gleichen rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt wird, aus und verwehrt die Sachverhandlung und Entscheidung über dieses idente Rechtsschutzbegehren (3 Ob 92/00a; RIS-Justiz RS00041115, Fasching III, 694, Rechberger2 zu § 411 ZPO, Rz 6 mwN).

Der Einwand der Rekurswerber, dass hier nicht der idente Sachverhalt wie im Verfahren 2 C 1679/96a des Bezirksgerichtes Linz-Land zur Entscheidung vorliege, ist nicht einsichtig. Die Rechtsmittelwerber selbst räumen ein, dass das hier im vorliegenden Verfahren "neu" erstattete Vorbringen darauf hinauslaufe darzulegen, dass die "überraschende Rechtsauffassung" des Bezirksgerichtes Linz-Land "aus faktischen Gründen" (die nach dem Vorbringen überdies schon im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung des Verfahrens vorlagen), "nicht möglich" sei (offenbar gemeint hinsichtlich des stattgebenden Teiles der Entscheidung). "Wenn aber die Unmöglichkeit des Begehrens im Vorverfahren erstmals im gegenständlichen Verfahren behauptet wird, so kann wohl Identität nicht vorliegen." Aus diesem Vorbringen erhellt bereits, dass die Kläger in Wahrheit nur das sie bindende Urteil nicht akzeptieren wollen und nun Tatsachen hervorheben, die den schon dort geltend gemachten Anspruch betreffen und die schon dem dort vorgebrachten Sachverhalt zugrundeliegen. Dieses "neue" Vorbringen zu einem nicht geänderten Sachverhalt wird durch die Bindungswirkung ausgeschlossen (RZ 1989/96, 1 Ob 576/92).

Zu beurteilen ist hier also Folgendes:

Mit Bindungswirkung für die Parteien wurde in dem Verfahren vor dem Bezirksgericht Linz-Land zu 2 C 1679/96a rechtskräftig entschieden, hinsichtlich welcher Grundstücke, in welchem Umfang die einverleibte Dienstbarkeit der Gestattung der Räumung des Mühlbaches unter Vornahme der notwendigen Hantierungen nach Teilung der dienenden Liegenschaft besteht, weil nur deren Benützung notwendig ist. Der Oberste Gerichtshof hat zu 1 Ob 63/99t in dem Verfahren auch zum Inhalt des Servitutsrechts Stellung genommen. Die Dienstbarkeit habe das Recht, "den Bach zu räumen und alle hiebei auf den anrainenden Grundstücken notwendigen Hantierungen vorzunehmen", zum Inhalt. Als Tatfrage sei geklärt worden, welche Hantierungen zur Verwirklichung des Dienstbarkeitszweckes unter dem Gesichtspunkt der einschlägigen Fachkunde notwendig sei. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes gehöre zum Wesen der hier bedeutsamen Dienstbarkeit auch die Duldung der Ablagerung des aus dem Gerinne entfernten Materials. Zum selben Ergebnis kommt man auch, wenn man den Umfang der Servitut nach dem Wortlaut auslegt.

In diesem Vorprozess wurde also das Bestehen und der Umfang der Servitut geprüft und dem Löschungsbegehren nur hinsichtlich der Grundstücke mit ungeraden Nummern stattgegeben. Wird nun im vorliegenden Fall von den nunmehrigen Eigentümern des herrschenden Grundstücks gegen die nunmehrigen Eigentümer des damals dienenden Grundstücks unter Vorbringen des gleichen anspruchsbegründenden Sachverhalts die Feststellung des Bestehens der Servitut und die Einwilligung in deren Einverleibung begehrt, so wird damit dasselbe Rechtsschutzziel, nur mit umgekehrten Vorzeichen verfolgt. Das Begehren des zweiten Verfahrens (Begehren auf Feststellung einer bestimmten Servitut) ist das begriffliche Gegenteil des Begehrens des ersten Verfahrens (Begehren auf Feststellung des Nichtbestehens der Servitut). Dem zweiten Verfahren steht die Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft des ersten Urteils entgegen (1 Ob 60/97y, 1 Ob 281/01g, 3 Ob 36/99m, 2 Ob 87/99d, 2 Ob 107/99b; RIS-Justiz RS0013459, RS0039157). Es ist also den Klägern verwehrt, ein Verfahren anzustrengen, in dem neuerlich auf Grund des identen Sachverhaltes über das Bestehen der Servitut abgesprochen werden soll, was bereits das Berufungsgericht zutreffend und ausführlich dargelegt hat.

Soweit die Rekurswerber auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Provisorialverfahren verweisen, ist ihnen zu entgegnen, dass zum Entscheidungszeitpunkt noch keine rechtskräftige Entscheidung im Vorverfahren gefällt wurde, die einer Entscheidung im Provisorialverfahren entgegengestanden wäre. Auf die Begründung des Obersten Gerichtshofs zu 7 Ob 249/98p kann hingewiesen werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO.

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