Rechtssatz
Von Unzucht im Sinne eines geschlechtlichen Missbrauchs kann nur dann gesprochen werden, wenn zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörige, somit dem männlichen oder weiblichen Körper spezifische eigentümliche Körperpartien des Opfers oder des Täters mit dem Körper des anderen in eine - nicht bloß flüchtige und sexual sinnbezogene - Berührung gebracht werden.
12 Os 164/75 | OGH | 13.01.1976 |
Veröff: EvBl 1976/205 |
10 Os 162/75 | OGH | 03.02.1976 |
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13 Os 139/76 | OGH | 19.11.1976 |
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10 Os 191/77 | OGH | 01.02.1978 |
Ähnlich; Beisatz: Beischlafsähnliche Handlungen nicht nötig. (T1) |
10 Os 44/78 | OGH | 17.05.1978 |
Ähnlich; Beisatz: Egal ob aktive oder passive Beteiligung des Opfers. (T2) |
12 Os 133/79 | OGH | 18.10.1979 |
Beisatz: "Abgreifen" über der Kleidung genügt. (T3) |
11 Os 182/79 | OGH | 18.02.1980 |
Beisatz: Auch (sexualbezogenes) Betasten über der Kleidung kann tatbildlich sein. (T4) |
9 Os 3/80 | OGH | 18.03.1980 |
Vgl auch; Beisatz: Gleich, ob der Kontakt in Form eines "Ergreifens" oder "Berührens" erfolgt; ein längere Dauer und besondere Intensität der unzüchtigen Handlungen ist nicht erforderlich (hier: Betasten über Badekleidung). (T5) |
12 Os 123/80 | OGH | 02.10.1980 |
Beis wie T4; Beisatz: "Ergreifen" ist mehr als eine nur flüchtige Berührung. (T6) |
13 Os 119/80 | OGH | 23.10.1980 |
Vgl; Beisatz: Körperlicher Kontakt zwischen Täter und Opfer nicht ausnahmslos erforderlich; das Betrachten und Fotografieren eines vom Täter zum Entblößen des Unterkörpers, zum Auseinanderspreizen der Beine und zur Einnahme sexualbezogener Positionen veranlassten (hier vierzehneinhalbjährigen) Mädchens als Missbrauch zur Unzucht im Sinne des § 212 Abs 1 (erster Deliktsfall) StGB. (T7) |
10 Os 185/80 | OGH | 10.02.1981 |
Beisatz: Beim Oberschenkel kann hievon in Bezug auf den ganzen Bereich desselben keine Rede sein. (T9) |
10 Os 60/80 | OGH | 21.07.1981 |
Vgl; Beis wie T7 nur: Das Betrachten und Fotografieren eines vom Täter zum Entblößen des Unterkörpers, zum Auseinanderspreizen der Beine und zur Einnahme sexualbezogener Positionen veranlassten (hier vierzehneinhalbjährigen) Mädchens als Missbrauch zur Unzucht im Sinne des § 212 Abs 1 (erster Deliktsfall) StGB. (T10) Veröff: EvBl 1982/41 S 132 |
11 Os 183/80 | OGH | 09.09.1981 |
Beisatz: Die Annahme eines Streichelns, Betastens beziehungsweise Abtastens sowie des Erfassens und Ergreifens (der Brust) schließt eine Wertung als bloß flüchtige Berührung aus. (T11) Beis wie T8 |
13 Os 104/81 | OGH | 15.10.1981 |
Vgl auch; Beisatz: Körperkontakt erforderlich (T12) |
9 Os 181/84 | OGH | 13.02.1985 |
Beisatz: Das Herbeiführen wiederholter gezielter Einwirkungen unmittelbar auf die Geschlechtsteile des Täters, mag es sich dabei auch um Misshandlungsakte wie Fußtritte handeln, kann nicht als bloß flüchtige Berührung angesehen werden, ist daher tatbildlich im Sinn des § 207 Abs 1 StGB. (T13) |
12 Os 118/85 | OGH | 19.09.1985 |
Vgl; Beis wie T4; Beis wie T3; Veröff: SSt 56/71 |
9 Os 88/85 | OGH | 17.09.1986 |
Vgl auch; Beisatz: Zur Geschlechtssphäre gehört zwar nicht der Bauch, wohl aber die Region unterhalb des Bauches in unmittelbarer Nähe des Geschlechtsteils, im Bereich der Schamhaare (Pubes), deren Berührung, wenngleich über einer dünnen (hautnahen) Kleidungsschicht (hier: Unterhose) zur Tatbildverwirklichung ausreicht (zu § 207 Abs 1 StGB). (T14) |
10 Os 136/86 | OGH | 02.12.1986 |
Beisatz: Die Gesäßregion zählt nicht zur unmittelbaren Geschlechtssphäre eines Menschen. (T15) |
12 Os 130/87 | OGH | 19.11.1987 |
Vgl auch; Beisatz: Damit ist ein Missbrauch zur Unzucht vollendet. (T16) |
11 Os 151/88 | OGH | 20.12.1988 |
Beisatz: Eine flüchtige Berührung würde den Voraussetzungen einer vollendeten Unzucht nicht genügen, sondern wäre, einen auf letztere gerichteten Tätervorsatz vorausgesetzt, nur als Versuch (hier: §§ 15, 207, 212 StGB) zu werten. (T17) |
12 Os 172/89 | OGH | 08.03.1990 |
Vgl auch; Beisatz: Das Betasten der (voll entwickelten) nackten Brust des weiblichen Tatopfers war jedenfalls tatbildlich im Sinne des § 204 Abs 1 StGB aF (nunmehr § 202 Abs 1 StGB idF StGNov 1989). (T18) |
11 Os 47/90 | OGH | 13.06.1990 |
Beisatz: Unzucht gleichwie "geschlechtliche Handlung" im Sinne des § 202 Abs 1 StGB nF. (T19) Veröff: JBl 1990,807 |
13 Os 84/92 | OGH | 16.09.1992 |
Beisatz: Missbrauch zur Unzucht im Sinne des § 207 Abs 1 StGB erfordert ein Tatverhalten, das schon nach seinem objektiven Charakter zum Geschlechtsleben in einer solchen Beziehung steht, dass zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörige, somit dem männlichen oder weiblichen Körper spezifisch eigentümliche Körperpartien des Opfers oder des Täters mit dem Körper des anderen in eine nicht bloß flüchtige und sexual sinnbezogene Berührung gebracht werden (Hinweis auf Leukauf/Steininger, Kommentar 3.Auflage, § 207 RN 5). (T20) |
12 Os 105/97 | OGH | 28.08.1997 |
Beisatz: Wogegen sexuell indifferente Handlungen für sich allein noch nicht genügen (Leukauf/Steininger Komm3 § 207 RN 5, 6 und 7). (T21); Beisatz: Ein Massieren am Bauch "bis zum Brustansatz" sowie ein Streicheln beziehungsweise Massieren an den Schultern und am Rücken reichen in objektiver Hinsicht für die Verbrechensvollendung keinesfalls, für einen Versuch nicht ohne weiteres aus. (T22) |
13 Os 156/96 | OGH | 09.07.1997 |
Beis wie T20; Beisatz: Hier: Betasten im Genitalbereich. (T23) |
14 Os 118/99 | OGH | 12.10.1999 |
Beis wie T11; Beis wie T5 nur: Eine längere Dauer und besondere Intensität der unzüchtigen Handlungen ist nicht erforderlich. (T24) Beisatz: Hier: Auch das Massieren der Scheide und des Kitzlers stellt Unzucht dar, zumal das gewählte Tätigkeitswort eine gewisse über eine bloß flüchtige Berührung hinausgehende Dauer ausdrückt. (T25) |
15 Os 21/00 | OGH | 13.04.2000 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Zum Begriff der geschlechtlichen Handlung: zu § 207 StGB (idF BGB/I 1998/153) (T26) |
13 Os 167/00 | OGH | 07.03.2001 |
Vgl auch; Beisatz: Auch die digitale Analpenetration - deren prinzipielle Eignung als "sexualbezogene Handlung" unstrittig ist - ist grundsätzlich als eine dem Geschlechtsverkehr gleichzusetzende Handlung anzusehen. Die Intensität des sexuellen Eingriffs beziehungsweise die Gleichwertigkeit der Handlung mit einem Beischlaf ist dabei vor allem aus der Sicht des Opfers zu beurteilen, denn schließlich schützen die §§ 201 ff StGB dessen Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. (T27) |
14 Os 83/01 | OGH | 04.09.2001 |
Vgl auch; Beisatz: Das Streicheln der Oberschenkel mit dem Ziel, den Genitalbereich des Mädchens zu berühren, ist eine Versuchshandlung. (T28) |
14 Os 121/06k | OGH | 18.12.2006 |
Auch; Beisatz: Hier: Berührung beider Brüste mit resultierendem emotionalem Ausnahmezustand. (T29) |
14 Os 142/06y | OGH | 12.06.2007 |
Auch; Beisatz: Alle Angriffe, die - wie hier - die unmittelbare Geschlechtssphäre eines Unmündigen betreffen, sind unabhängig vom Entwicklungsgrad des Opfers unter der (fallbezogen festgestellten) Voraussetzung, dass es sich nicht um bloß flüchtige Berührungen handelt, als vollendetes Delikt des §207 Abs1 StGB zu verstehen (WK-StGB - 2 § 207 Rz 20). (T30) |
14 Os 33/12b | OGH | 15.05.2012 |
Vgl; Beisatz: Hier: Berührung der Brüste trotz ausdrücklicher Vereinbarung bloß einer Rückenmassage. (T31) |
Dokumentnummer
JJR_19760113_OGH0002_0120OS00164_7500000_004
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