OGH 11Os38/80

OGH11Os38/809.4.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleithner als Schriftführers in der Strafsache gegen Wilhelm A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB.

und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengerichtes vom 30. November 1979, GZ. 9 Vr 1.925/79-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hügel jun. und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 7.Juni 1944 geborene Angeklagte Wilhelm A wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB., des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1

und Abs. 2 StGB. sowie des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt.

Als das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen (Punkt 1. des Urteilssatzes) liegt ihm zur Last, daß er in der Zeit zwischen Mai 1978 und 1.August 1979 in Gletschach die am 19.September 1965 geborene Theresia B wiederholt durch Betasten an ihren Brüsten zur Unzucht mißbrauchte.

Allein gegen die rechtliche Subsumtion dieses Verhaltens unter den Tatbestand des § 207 Abs. 1 (erster Deliktsfall) StGB. macht der Angeklagte mit seiner auf die Z. 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde geltend, daß er das Mädchen in Anwesenheit der Maria B (seiner ehemaligen Lebensgefährtin) nur über den Kleidern, und zwar bloß flüchtig und scherzhaft (harmlos) an den Brüsten betastet habe, sowie, daß Theresia B noch schwach entwickelt gewesen sei, weshalb diese Berührungen keinesfalls als sexueller Mißbrauch einer Unmündigen gewertet werden könnten.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Eine intensive Betastung der Brüste, wenn auch - wie vorliegend anzunehmen (vgl. S. 44 d.A.) - über den Kleidern, ist bei einem normal entwickelten Mädchen im Alter des verfahrensgegenständlichen Tatopfers als Mißbrauch zur Unzucht im Sinn des § 207 Abs. 1 StGB. zu beurteilen, weil - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - unter diesen Umständen zur Geschlechtssphäre gehörige Körperpartien des Mädchens mit dem Körper des Täters in eine nicht bloß flüchtige und (objektiv) sexualbezogene Berührung gebracht werden, mithin auch äußerlich erkennbar eine den Sexualbereich betreffende Handlung vorliegt (vgl. EvBl. 1977/48; LSK. 1978/24). Weder für die (äußere) Tatbildmäßigkeit noch die innere Tatseite - die sich auf das Alter des unmündigen Opfers und auf die Sexualbezogenheit der Handlung erstrecken muß - ist bei diesem (ersten) Deliktsfall des § 207 Abs. 1 StGB. erforderlich, daß die sich als Mißbrauch zur Unzucht (allerdings nicht durch Beischlaf) darstellenden Handlungen des Täters erregtem Geschlechtstrieb entspringen oder zur Erregung seines oder einer anderen Person Geschlechtstriebes bestimmt sind. Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, daß dem Erstgericht kein Rechtsirrtum unterlief, wenn es das festgestellte ersichtlich sexualbezogene /und vom Beschwerdeführer selbst am Schluß der Hauptverhandlung (s. S. 46 unten d.A.) als 'unsittliches Betasten' der Brüste bezeichnete / Verhalten des Angeklagten in bezug auf die während des Tatzeitraumes immerhin schon im Alter von zwölfeinhalb bis nahezu vierzehn Jahren stehende Theresia B dem Tatbestand des § 207 Abs. 1, erster Deliktsfall, StGB. unterstellte. Für die Richtigkeit der der Rechtsrüge - urteilsfremd - und deshalb an sich unbeachtlich - zugrunde gelegten Annahmen, die in Rede stehenden Berührungen des Mädchens seien auf Seiten des Angeklagten 'harmlos und scherzhaft' und bloß flüchtiger Natur gewesen, sowie, Theresia B sei 'noch schwach entwickelt', finden sich im übrigen im Akteninhalt keine Hinweise; der erstangeführten Behauptung des Beschwerdeführers steht nicht nur sein letztlich in der Hauptverhandlung abgelegtes Geständnis (S. 46 unten d.A.) entgegen, sondern auch der vom Erstgericht festgestellte Umstand, daß der Angeklagte das Mädchen nicht nur wiederholt an den Brüsten betastete, sondern es auch öfters in der Gegend der Oberschenkel abgriff, wobei außerdem die vom Erstgericht konstatierte, die erstangeführten Handlungen kommentierende, auf Theresia B bezogene Bemerkung des Angeklagten: 'Deine Knosperln muß man massieren, damit sie besser wachsen' hinreichend deutlich macht, daß sich Theresia B im Tatzeitraum auch nach der Einschätzung des Angeklagten schon in einem von der kindlichen Phase deutlich unterscheidbaren Stadium der körperlichen Entwicklung im Bereich der spezifisch zur weiblichen Geschlechtssphäre gehörigen Brustpartie befand. So gesehen kann aber auch an der (für die Anwendung des § 207 Abs. 1 StGB. erforderlichen) sexuellen Sinnbezogenheit der in Rede stehenden Betastungen der Brüste des Mädchens und an dem Wissen des Angeklagten um die Sexualbezogenheit seines Tuns kein Zweifel bestehen.

Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes erweist sich mithin als zutreffend.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 207 Abs. 1 StGB. unter Bedachtnahme auf § 28 StGB.

eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen sowie die Wiederholung der Drohungen als erschwerend, das Geständnis und eine gewisse Enthemmung durch Alkoholgenuß hingegen als mildernd. Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung die Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe und deren Umwandlung in eine Geldstrafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die vom Schöffengericht ohnedies an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens ausgemessene Strafe wird dem Unrechtsgehalt der Tathandlungen und dem Verschuldensgrad des Angeklagten durchaus gerecht und kann vor allem in Anbetracht der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen des Wilhelm A keineswegs als überhöht angesehen werden.

Damit fehlt es aber auch, von der Dauer der sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe her gesehen, an einer der gesetzlichen Voraussetzungen des § 37 Abs. 1

StGB. für die begehrte Umwandlung der verhängten Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe.

Der Berufung des Angeklagten war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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