AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L512.2125006.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg, vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, § 55 FPG 2005, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt."
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge "Pakistan" genannt), stellte nach illegaler Einreise am 09.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung am 10.06.2015 gab der BF zu Protokoll, er sei ledig, Moslem/Schiit und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an. Er habe 10 Jahre lang die Grundschule in Pakistan besucht.
Zum Fluchtgrund führte der BF aus, es würde eine Gruppierung in XXXX namens XXXX geben. Diese habe den BF aufgefordert, mit diesen zu kämpfen. Wenn der BF nicht mit ihnen in den Krieg ziehe, dann hätte der BF nicht mehr dort leben dürfen. Sie würden ihm alles wegnehmen, was ihm gehöre. Die Eltern des BF hätten nicht gewollt, dass der BF in den Krieg ziehe. Nachdem der BF 2 Monate lang zu Hause eingesperrt war, habe der BF Pakistan verlassen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat werde der BF von XXXX umgebracht werden [Aktenseite (AS) 21 ff.].
Im Rahmen der Einvernahme im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 03.02.2016 gab der BF bezüglich seines Ausreisegrundes zu Protokoll, dass seine Eltern entschieden hätten, dass er Pakistan verlassen müsse. In der Gegend des BF würden Unruhe und Krieg herrschen. In XXXX habe es eine Bewegung namens XXXX gegeben. Dieser Bewegung müssten sich alle Schiiten anschließen und gegen die Taliban kämpfen. Die Eltern des BF hätten zu ihm gesagt, er dürfte sich dieser Gruppierung nicht anschließen, da sie nicht wollten, dass der BF an die Front gehe und sterbe. Der BF habe sich zwei Monate lang zu Hause versteckt. In dieser Zeit habe der Vater des BF die Reise organisiert. Ein Problem sei, dass der BF Schiit, ein weiteres, dass er Paschtune sei und drittens, dass er an der Grenze wohne. Offiziell sei der BF kein Pakistani. Aufgrund dieser Probleme könne der BF in anderen Städten Pakistans nicht leben. Sie würden den BF an der Sprache erkennen. Die Regierung bombardiere XXXX , weil dies ein Gebiet sei, in dem Taliban und andere Gruppierungen kämpfen würden. Dieses Gebiet sei zum Leben sehr gefährlich, dort könnten nur Menschen leben, die viel Geld und gute Beziehungen zur Regierung hätten (AS 61 ff.).
I.2. Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (AS 163 ff.).
I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen als unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant (AS 166 ff.)
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs 1, 2 und 3 FPG vorliege. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe in Höhe von 14 Tagen, da keine Gründe im Sinne des nach § 55 Abs 1 a FPG vorliegen würden.
I.2.4. Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 15.03.2016 (AS 100).
I.3. Dagegen erhob der BF fristgerecht in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
I.4. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 20.04.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein. In der Folge wurde das Beschwerdeverfahren aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.12.2016 der Gerichtsabteilung L522 abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG neu zugewiesen.
I.5. Für den XXXX lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.
I.5.1. Mit Schreiben vom XXXX wurden den Verfahrensparteien aktuelle Länderberichte zur Lage in Pakistan zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich bis zum Zeitpunkt der anberaumten Verhandlung schriftlich bzw. in der Verhandlung mündlich hierzu zu äußern.
I.6. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörterte der BF, dass er verhandlungsfähig sei. Zum Gesundheitszustand befragt führte der BF an, dass er gesund sei. Der BF hatte zudem die Möglichkeit zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation Stellung zu nehmen [Ordnungszahl (OZ) 10].
I.7. Mit Schreiben vom 08.03.2019 wurden dem BF aktualisierte Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht bzw. wurde der BF darauf hingewiesen, Änderungen zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation sofern vorhanden, bekannt zu geben.
I.8. Im Laufe des Verfahrens langten Unterlagen zur Integration sowie zu den aktuellen Länderinformationen ein.
I.9. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
II.1.1. Der Beschwerdeführer
Beim BF handelt es sich um einen männlichen, pakistanischen Staatsbürger, welcher aus einem Dorf in der Umgebung von XXXX , Kurram Distrikt, ehemalige FATA, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, stammt, der Volksgruppe der Paschtunen und dem muslimischen/schiitischen Glauben angehört und die Sprachen Paschtu, Urdu, ein wenig Faris/Dari und ein wenig Englisch spricht. Der BF ist somit Drittstaatsangehöriger.
Der BF ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit zehnjähriger Schulausbildung. Der BF verfügt über bestehende familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.
Familienangehörige - seine Eltern und seine Schwester - leben nach wie vor im Herkunftsstaat des BF.
Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF hat keine Verwandten in Österreich. Der BF ist im Juni 2015 illegal nach Österreich eingereist. Der BF hat der BF im Zeitraum vom XXXX bis XXXX Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber erhalten. Der BF wohnt seit XXXX in einer Mietwohnung für der er selbst aufkommt, zuvor lebte der BF in einer Flüchtlingsunterkunft. Der BF bestreitet seit Beginn der Lehre seinen Lebensunterhalt selbst.
Der BF hat vom XXXX bis XXXX das Bildungsprojekt der Caritas für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, vom XXXX bis XXXX sowie XXXX bis XXXX , das Projekt " XXXX " bzw. vom XXXX bis XXXX das Projekt " XXXX " besucht. Der BF hat an der Weiterbildungsmaßnahme " XXXX " am XXXX teilgenommen. Der BF hat am XXXX über das Projekt " XXXX " ein dreimonatiges Praktikum als XXXX absolviert und seit XXXX als XXXX tätig. Seit 04.09.2017 besucht der BF die Landesberufschule. Dem BF wurde eine Beschäftigungsbewilligung für die Zeit vom XXXX bis XXXX . erteilt.
Der BF hat mehrere Deutschkurse besucht. Der BF hat die ÖSD Prüfung Deutsch A2 Niveau mit gut bestanden bzw. hat der BF einen Kurs auf B1 Niveau besucht. Der BF spielt seit Sommer 2015 Slowpitch. Der BF hat Freunde in Österreich. Der BF ist unbescholten.
Die Identität des BF steht nicht fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 31.7.2018: Wahlen am 25.7.2018
Am 25. Juli 2018 fanden in Pakistan Wahlen statt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass zwei gewählte Regierungen in Folge ihre volle Amtszeit dienen konnten (EUEOM 27.7.2018). Neben der Nationalversammlung wurden auch vier Provinzversammlungen (Punjab, Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan) gewählt (NDTV 26.7.2018).
Laut offiziellem Resultat der Wahlkommission erlangte die Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) von Imran Khan 115 Sitze im Parlament in Islamabad. Die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) unter Shehbaz Sharif folgte mit 64 Sitzen, die Partei Pakistan Peoples Party (PPP) von Bilawal Bhutto kam mit 43 auf den dritten Platz (Dawn 30.7.2018). Khan hat noch keinen Koalitionspartner. Um alleine regieren zu können, hätte die PTI 137 Sitze benötigt (NZZ 28.7.2018). Die PML-N und PPP kündigten bereits an, in der Opposition gegen Imran Khan zusammenzuarbeiten (Dawn 30.7.2018). Imran Khan begann zunächst Koalitionsgespräche mit der Partei Muttahidda Qaumi Movement (MQM) (Dawn 28.7.2018).
Die Armee hatte am Wahltag 370.000 Soldaten eingesetzt, die die Wahllokale sichern sollten (NZZ 28.7.2018; vgl. EUEOM 27.7.2018). Zusätzlich waren 450.000 Polizisten im Einsatz. Die Befugnisse des Sicherheitspersonals wurden im Vergleich zur vorigen Wahl erweitert (EUEOM 27.7.2018). Erstmals waren Soldaten nicht nur vor, sondern auch in den Wahllokalen anwesend, auch während der Auszählung der Stimmen. Der Leiter der EU-Wahlbeobachtermission, Michael Gahler, sagte am Donnerstag gegenüber lokalen Medien, dem ersten Eindruck nach hätten sich die Soldaten strikt an ihren Einsatzbefehl gehalten (NZZ 28.7.2018).
Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission landesweit bei 51,7 Prozent (ECP o.D.). Etwa 106 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Neun Millionen Frauen hatten sich erstmals als Wählerinnen registrieren lassen. Obwohl es vereinzelt Beschwerden gab, dass Frauen von der Stimmabgabe abgehalten wurden, war die Wahlbeteiligung von Frauen anscheinend höher als früher. Die Wahlkommission hatte angeordnet, dass die Ergebnisse von Distrikten, in denen die Stimmen der Frauen unter 10 Prozent blieben, ungültig seien. Fast alle Parteien umwarben deshalb in diesem Jahr die Pakistanerinnen, wählen zu gehen (NZZ 28.7.2018). In den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) stieg die Zahl der Frauen, die als Wählerinnen registriert waren, um 66 Prozent gegenüber der vorhergehenden Wahl (EUEOM 27.7.2018; vgl. NZZ 28.7.2018).
Obwohl Schritte unternommen wurden, die Beteiligung von Minderheiten an den Wahlen zu sichern, blieb die Situation der Ahmadiya-Gemeinschaft unverändert. Ahmadis werden weiterhin in einem separaten Wählerverzeichnis geführt Eine Novelle des Wahlgesetzes 2017 hätte Ahmadis ins generelle Wählerverzeichnis inkludiert, diese Änderung wurde jedoch am 23.11.2017 nach Massenprotesten wieder rückgängig gemacht (EUEOM 27.7.2018).
Die Wahlverlierer prangerten auch Wahlfälschung an und erklärten, sie würden das Ergebnis nicht anerkennen. Sharif erklärte, das Militär habe die Abstimmung zugunsten Khans manipuliert. Auch Bilawal Bhutto sprach, ebenso wie Vertreter islamistischer Parteien, von Wahlfälschung (NZZ 28.7.2018). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlvorgang als transparent und gut durchgeführt ein, bemerkte jedoch Schwierigkeiten bei der Auszählung. Die Wahlhelfer hielten die Prozeduren nicht immer ein und hatten Schwierigkeiten, die Formulare für die Resultatsübermittlung korrekt auszufüllen (EUEOM 27.7.2018). Bei der pakistanischen Wahlkommission wurden bis kurz nach Schließung der Wahllokale 654 Beschwerden registriert, die ausschließlich Verstöße gegen die Wahlordnung betreffen würden. Über das Militär habe es keine Beschwerde gegeben (Standard 26.7.2018). Durch technische Probleme im erstmals eingesetzten Result Transmission System (RTS) kam es zu Verzögerungen der Bekanntgabe von Sprengelergebnissen an die Wahlkommission (EUEOM 27.7.2018).
Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale (EUEOM 27.7.2018). Bei einem Selbstmordanschlag in Quetta kamen 31 Menschen ums Leben, darunter auch Kinder und Polizisten, 35 Personen wurden verletzt. Der IS reklamierte den Anschlag für sich (Standard 26.7.2018; vgl Dawn 26.7.2018). In Khuzdar wurde bei einem Granatenangriff auf ein Wahllokal ein Polizist getötet (Dawn 26.7.2018; vgl. Standard 25.7.2018). Weiters gab es regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018). Bereits im Vorfeld der Wahl waren bei mehreren Anschlägen auf Parteien und Kandidaten mehr als 180 Menschen getötet worden (Standard 25.7.2018; vgl. Kurzinformation vom 18.7.2018).
Reporter ohne Grenzen berichten von zahlreichen Einschränkungen für Journalisten während des Wahlkampfes. In den vergangenen Monaten seien unabhängige Medien wiederholt zensiert und kritische Journalisten bedroht, tätlich angegriffen und entführt worden (ROG 25.7.2018). Auch die Wahlbeobachtermission der EU sah deutliche Hinweise für Einschränkungen der Redefreiheit durch staatliche und nicht-staatliche Akteure (EUEOM 27.7.2018). Gemäß Reporter ohne Grenzen versuchten insbesondere das Militär und die Geheimdienste eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern (ROG 25.7.2018). Weit verbreitete Selbstzensur der Berichterstatter hinderte gemäß EU-Wahlbeobachtermission Wahlberechtigte daran, eine qualifizierte Wahlentscheidung zu treffen (EUEOM 27.7.2018).
Quellen:
Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11th general elections vote, https://www.dawn.com/news/1421984/voting-underway-across-pakistan-amid-tight-security-with-only-hours-left-till-polling-ends , Zugriff 30.7.2018
Dawn (28.7.2018): Imran starts preparations for formation of govt at Centre, https://www.dawn.com/news/1423370/imran-starts-preparations-for-formation-of-govt-at-centre , Zugriff 30.7.2018
Dawn (30.7.2018): PPP, PML-N join hands to give Imran tough time, https://www.dawn.com/news/1423776/ppp-pml-n-join-hands-to-give-imran-tough-time , Zugriff 30.7.2018
ECP -Election Commission of Pakistan (o.D.a): Assembly Wise Voters Turnout, https://www.ecp.gov.pk/frmstats.aspx , Zugriff 30.7.2018
EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf , Zugriff 30.7.2018
NDTV - New Delhi Television Limited (26.7.2018): Pakistan Election Results Live Updates: "Want To Fix India-Pak Ties," Says Imran Khan, https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-election-result-2018-live-updates-imran-khan-on-brink-of-victory-after-millions-vote-in-pak-1889205 , Zugriff 30.7.2018
NZZ - Neue Zürcher Zeitung (28.7.2018): Imran Khan triumphiert in Pakistan, https://www.nzz.ch/international/wahlen-in-pakistan-imran-khan-triumphiert-ld.1406380 , Zugriff 30.7.2018
ROG - Reporter ohne Grenzen (25.7.2018): Pakistan - Einschränkungen während Wahlkampfes, http://www.rog.at/pm/pakistan-einschraenkungen-waehrend-wahlkampfes/ , Zugriff 30.7.2018
Standard, der (25.7.2018): Dutzende Tote in Pakistan bei Anschlag am Wahltag, https://derstandard.at/2000084092243/Dutzende-Tote-bei-Anschlag-am-Tag-der-Parlamentswahl-in-Pakistan , Zugriff 30.7.2018
Standard, der (26.7.2018): Ex-Cricketstar Imran Khan steuert auf Wahlsieg in Pakistan zu, https://derstandard.at/2000084154112/Pakistans-Regierungspartei-PML-N-spricht-von-Wahlfaelschung , Zugriff 30.7.2018
Politische Lage
Pakistan ist ein Bundesstaat der sich aus den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa zusammensetzt. Das Hauptstadtterritorium Islamabad ("Islamabad Capital Territory") ist eine eigene Verwaltungseinheit unter Bundesverwaltung. Für die "Federally Administered Tribal Areas" (FATA, Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) bestimmte bis 28.5.2018 die pakistanische Verfassung, dass die vom Parlament beschlossenen Gesetze nur dann gelten, wenn dies der Präsident explizit anordnet (AA 10 .2017a). Am 28.5.2018 unterzeichnete Präsident Mamnoon Hussain die FATA Interim Governance Regulation 2018, die etwa zwei Jahre lang gültig sein wird (NHT 28.5.2018). Am 31.5.2018 wurden die FATA mit Khyber Pakhtunhkhwa vereinigt und die ehemaligen Stammesgebiete werden mittels der FATA Interim Governance Regulation durch die Provinz Khyber Pakhtunkhwa verwaltet (Geo.tv 31.5.2018).
Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 10 .2017a).
Das Ergebnis der Volkszählung 2017 ergab für Pakistan 207.774.520 Einwohner (PBS 2017a) ohne Berücksichtigung von Azad Jammu & Kashmir und Gilgit Baltistan (TET 25.7.2018). Das Land ist laut CIA World Factbook der sechstbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 23.2.2018).
Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform ("Eighteenth Amendment of the Constitution of Pakistan") verabschiedet, die von einem parteiübergreifenden Parlamentsausschuss seit Juni 2009 vorbereitet worden war. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die nach zahlreichen Eingriffen der Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen gegenüber der Zentralregierung, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 10 .2017a).
Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, zehn weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die reservierten Sitze werden auf die in der Nationalversammlung vertretenen Parteien entsprechend deren Stimmenanteil verteilt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 10 .2017a).
Seit 1.8.2017 ist der bisherige Ölminister Shahid Khaqan Abbasi (von der Regierungspartei PML-N) neuer Ministerpräsident. Der bisherige Ministerpräsident Nawaz Sharif war am 28.8.2017 vorzeitig zurückgetreten, nachdem Pakistans Oberster Gerichtshof Sharifs Amtsenthebung angeordnet hatte. Grundlage für die Amtsenthebung ist das Verschweigen von Einkommen aus einer ausländischen Firmenbeteiligung, die Sharif der Wahlkommission bei seiner Registrierung als Kandidat 2013 hätte anzeigen müssen. Die Korruptionsvorwürfe gegen Sharif und seine Familie sind mit der "Panama-Papers-Affäre" verbunden (AA 10 .2017a). Im April 2018 wurde Nawaz Sharif von einem fünfköpfigen Anti-Korruptionsgericht auf Lebenszeit von der Übernahme eines öffentlichen Amtes gesperrt (AJ 13.4.2018).
Die letzten Parlamentswahlen fanden am 11.5.2013 statt. Damals löste die Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Parteichef Nawaz Sharif eine von der Pakistan Peoples Party (PPP) geführte Regierung ab. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 bis 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief. Die PML-N erreichte bei den Wahlen eine absolute Mehrheit der Mandate. Dieses deutliche Ergebnis ist auch auf das in Pakistan geltende Mehrheitswahlrecht zurückzuführen. Landesweit stimmten ca. ein Drittel der Wähler für die PML-N. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die PPP, gefolgt von der Pakistan Tehreek-e-Insaf (Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit, PTI) des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karatschi und Hyderabad, stellt die viertstärkste Fraktion. Am 5.6.2013 wurde Nawaz Sharif vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Für ihn war es, nach 1990 und 1999, die dritte Amtszeit als pakistanischer Regierungschef (AA 10 .2017a).
Ebenfalls am 11.5.2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50 % der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate, der Bruder von Nawaz Sharif, Shahbaz Sharif, wurde in seinem Amt als Chief Minister bestätigt. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei (NP) geführt, die eine Koalition mit der PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 10 .2017a).
Am 30.7.2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9.9.2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari als Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts wurde als wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Demokratie in Pakistan gewürdigt (AA 10 .2017a). Die nächsten Parlamentswahlen finden am 15.7.2018 statt (Samaa 20.12.2017).
Im November 2017 blockierten Demonstranten - Mitglieder religiöser Parteien wie Tehreek Labbaik Ya Rasool Allah (TLY), Tehreek-i-Khatm-i-Nabuwwat und Sunni Tehreek Pakistan (ST) 20 Tage lang den Autobahnknoten Fayzabad Interchange in Islamabad. Anlass der Proteste war eine Zeile in der Novelle des Wahlgesetzes (Elections Act 2017), die nach Meinung der Demonstranten den Khatm-i-Nabuwwat-Eid [Anm.: legt die Endgültigkeit des Prophetentums Mohammads fest] veränderte (Dawn 28.11.2017). Nach diesen Änderungen wäre es Ahmadis etwas erleichtert worden, aktiv und passiv an Wahlen teilzunehmen (Nation 19.11.2017). Die Änderung am Eid wurde durch einen Parlamentsbeschluss rückgängig gemacht. Dennoch forderten die Demonstranten den Rücktritt von Justizminister Zahid Hamid. Nachdem der Islamabad High Court (IHC), der Supreme Court sowie verschiedene religiöse Parteiführer aufgefordert hatten, die Proteste zu beenden, hat der IHC letztlich die Distriktverwaltung aufgefordert, die Demonstranten "mit allen nötigen Mitteln" vom Autobahnknoten zu entfernen. Nach mehreren vergeblichen Verhandlungsrunden wurde Innenminister Ahsan Iqbal vom IHC verwarnt, er könne wegen Missachtung eines Gerichtsentscheides angeklagt werden. Weiters stellte der IHC fest, dass die Demonstranten aufgrund der wiederholten Missachtung der Gerichtsanordnung zur Auflösung der Proteste einen "terroristischen Akt" begangen hätten. Nach einem verstrichenen Ultimatum begann die Regierung am 25.11.2017 mit der gewaltsamen Auflösung der Proteste, bei der sechs Personen getötet wurden. Die zur Unterstützung gerufene Armee verweigerte ihr Eingreifen, wodurch weitere Verhandlungen mit den Demonstranten notwendig wurden. Die Blockade wurde aufgelöst, nachdem einigen Forderungen der Demonstranten nachgegeben wurde, Zahid Hamid musste als Justizminister zurücktreten (Dawn 28.11.2017).
Mit der Vereinigung der FATA mit der Provinz Khyber Pakhtunkhwa am 31.5.2018 (Geo.tv 31.5.2018) wurde die Zahl der Abgeordneten in der Provinzversammlung von Khyber Pakhtunkhwa von 124 auf 145 erhöht. Insgesamt wird die ehemalige FATA von 21 Abgeordneten im kommenden Provinzparlament vertreten, davon sind vier Mandate für Frauen und einer für Nicht-Muslime reserviert. Die neue Provinzversammlung von Khyber Pakhtunkhwa wird innerhalb eines Jahres nach den Parlamentswahlen von 2018 erfolgen (Nation 27.5.2018). Die zwölf Sitze der [ehem.] FATA in der Nationalversammlung werden Khyber Pakhtunkhwa zugeschlagen; die Provinz verfügt in der kommenden Legislaturperiode über 60 statt bisher 48 Abgeordnetensitze (Geo.tv 16.5.2018). Politische Parteien durften in den [ehem.] Stammesgebieten (FATA) seit 2011 aktiv werden (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2017a): Pakistan - Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/-/205010 , Zugriff 8.3.2018
- AJ - Al Jazeera (13.4.2018): Pakistani court bans ex-PM Nawaz Sharif from parliament for life, https://www.aljazeera.com/news/2018/04/pakistani-court-bans-pm-nawaz-sharif-parliament-life-180413072707795.html , Zugriff 14.5.2018
- CIA - Central Intelligence Agency (23.2.2018): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html , Zugriff 8.3.2017
- Dawn (28.11.2017): An overview of the crisis that forced the government to capitulate, https://www.dawn.com/news/1373200/an-overview-of-the-crisis-that-forced-the-government-to-capitulate , Zugriff 26.4.2018
- Geo.tv (16.5.2018): KP Assembly seats to increase to 147 after FATA merger: draft bill, https://www.geo.tv/latest/195723-kp-assembly-seats-to-increase-to-147-after-fata-merger-reveals-draft-bill , Zugriff 1.6.2018
- Geo.tv (31.5.2018): President signs amendment bill, merging FATA with KP, https://www.geo.tv/latest/197519-fata-official-merged-with-kp-as-president-mamnoon-signs , Zugriff 1.6.2018
- Nation, The (19.11.2017): Understanding the Faizabad sit-in, https://nation.com.pk/19-Nov-2017/understanding-the-faizabad-sit-in , Zugriff 16.5.2018
- Nation, the (27.5.2018): KP Assembly approves Fata merger bill, https://nation.com.pk/27-May-2018/kp-assembly-approves-fata-merger-bill , Zugriff 1.6.2018
- NHT - National Herald Tribune (28.5.2018): Mamnoon signs FATA Interim Governance Regulation, 2018, http://dailynht.com/story/43730 , Zugriff 29.5.2018
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS - 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN TEHSIL WISE FOR WEB CENSUS_2017.pdf, Zugriff 8.5.2018
- Samaa (20.12.2017): Govt to complete its term; elections to be held in July 2018: PM, https://www.samaa.tv/pakistan/2017/12/govt-complete-term-elections-held-july-2018-pm/ , Zugriff 26.4.2018
- TET - The Express Tribune (25.7.2017): 6th census findings: 207 million and counting, https://tribune.com.pk/story/1490674/57-increase-pakistans-population-19-years-shows-new-census/ , Zugriff 9.5.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Sicherheitslage
Zentrales Problem für die innere Sicherheit Pakistans bleibt die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus. Seit Jahren verüben die Taliban und andere terroristische Organisationen schwere Terroranschläge, von denen vor allem die Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, aber auch pakistanische Großstädte wie Karatschi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind. Die Terroranschläge richten sich vor allem gegen Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie z. B. die Sufis (AA 10 .2017a). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2013 kontinuierlich zurückgegangen, wobei der Rückgang 2017 nicht so deutlich ausfiel wie im Jahr zuvor und auch nicht alle Landesteile gleich betraf. In Belutschistan und Punjab stieg 2017 die Zahl terroristischer Anschläge, die Opferzahlen gingen jedoch im Vergleich zum Vorjahr auch in diesen Provinzen zurück (PIPS 1.2018 S 21f).
Die pakistanischen Taliban hatten in einigen Regionen an der Grenze zu Afghanistan über Jahre eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und versucht, ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchzusetzen (AA 20.10.2017). Seit Ende April 2009, als die Armee die vorübergehende Herrschaft der Taliban über das im Norden Pakistans gelegene Swat-Tal mit einer Militäraktion beendete, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den pakistanischen Taliban verschärft. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (ehem. Federally Administered Tribal Areas - FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war. 2013 lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen auf dem Tirah-Tal unweit Peshawar, wo die Taliban zunächst die Kontrolle übernehmen konnten, bevor sie vom Militär wieder vertrieben wurden (AA 10 .2017a).
Die Regierung von Ministerpräsident Nawaz Sharif hatte sich zunächst, mandatiert durch eine Allparteienkonferenz, um eine Verständigung mit den pakistanischen Taliban auf dem Verhandlungsweg bemüht. Da sich ungeachtet der von der Regierung demonstrierten Dialogbereitschaft die schweren Terrorakte im ganzen Land fortsetzten, wurde der Dialogprozess im Juni 2014, nach Beginn einer umfassenden Militäroperation in Nord-Wasiristan abgebrochen. Die Militäroperation begann am 15.4.2014 in der bis dahin weitgehend von militanten und terroristischen Organisationen kontrollierten Region Nord-Wasiristan, in deren Verlauf inzwischen die Rückzugsräume und Infrastruktur der aufständischen Gruppen in der Region weitgehend zerstört werden konnten (AA 10 .2017a). Durch verschiedene Operationen der Sicherheitskräfte gegen Terrorgruppen in den [ehem.] Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas - FATA) konnte dort das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden. Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 20.10.2017).
Durch die Militäroperation wurden ca. 1,5 Millionen Menschen vertrieben. Die geordnete Rückführung der Binnenvertriebenen in die betroffenen Regionen der Stammesgebiete, die Beseitigung der Schäden an der Infrastruktur und an privatem Eigentum ebenso wie der Wiederaufbau in den Bereichen zivile Sicherheitsorgane, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz stellen Regierung, Behörden und Militär vor große Herausforderungen (AA 20.10.2017).
Im Gefolge des schweren Terrorangriffs auf eine Armeeschule in Peshawar am 16.12.2014, bei dem über 150 Menschen, darunter über 130 Schulkinder, ums Leben kamen und für den die pakistanischen Taliban die Verantwortung übernahmen, haben Regierung und Militär mit Zustimmung aller politischen Kräfte des Landes ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Terror und Extremismus beschlossen. Es umfasst u. a. die Aufhebung des seit 2008 geltenden Todesstrafen-Moratoriums für Terrorismus-Straftaten, die Einführung von Militärgerichten zur Aburteilung ziviler Terrorismus verdächtiger und Maßnahmen gegen Hassprediger, Terrorfinanzierung, etc. Ferner sind Ansätze erkennbar, konsequenter als bisher gegen extremistische Organisationen unterschiedlicher Couleur im ganzen Land vorzugehen und die staatliche Kontrolle über die zahlreichen Koranschulen (Madrassen) zu verstärken (AA 10 .2017a).
2016 wurden weiterhin Anti-Terroroperationen in den Agencies Khyber und Nord-Wasiristan durchgeführt, um aufständische Feinde des Staates zu eliminieren. Militärische, paramilitärische und zivile Sicherheitskräfte führten landesweit Operationen durch. Sicherheitskräfte, inklusive der paramilitärischen Sindh Rangers, verhafteten Verdächtige und vereitelten Anschlagspläne in Großstädten wie Karatschi. Operationen der paramilitärischen Rangers gegen Terrorismus und Kriminalität führten zu geringeren Ausmaßen an Gewalt und in Karatschi, jedoch wurden in den Medien Vorwürfe veröffentlicht, dass die Rangers gegen bestimmte politische Parteien auch aus politischen Gründen vorgingen (USDOS 7.2017).
Spezialisierte Einheiten der Exekutive leiden unter einem Mangel an Ausrüstung und Training, um die weitreichenden Möglichkeiten der Anti-Terrorismus-Gesetzgebung durchzusetzen. Die Informationsweitergabe zwischen den unterschiedlichen Behörden funktioniert nur schleppend. Anti-Terror-Gerichte sind langsam bei der Abarbeitung von Terrorfällen, da die Terrorismusdelikte sehr breit definiert sind. In Terrorismusprozessen gibt es eine hohe Rate an Freisprüchen. Dies liegt auch daran, dass Staatsanwälte in Terrorismusfällen eine untergeordnete Rolle spielen und die Rechtsabteilungen von militärischen und zivilen Einrichtungen Ermittlungen behindern. Ebenso werden Zeugen, Polizei, Opfer, Ankläger, Anwälte und Richter von terroristischen Gruppen eingeschüchtert (USDOS 7.2017).
Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS landesweit 76 terroristische Angriffe, bei denen 105 Personen ums Leben kamen und 171 Personen verletzt wurden. Unter den Todesopfern befanden sich 44 Zivilisten, 28 Polizisten, 31 Mitglieder von Grenzschutz oder Rangers, zwei Steuereintreiber sowie zehn Aufständische (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018).
Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiös-sektiererischen Gruppierungen führten 2017 370 terroristische Angriffe in 64 Distrikten Pakistans durch. Dabei kamen 815 Menschen ums Leben und weitere 1.736 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 563 Zivilisten, 217 Angehörige der Sicherheitskräfte und 35 Aufständische. 160 (43 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, 86 (23 %) auf Zivilisten, 22 waren religös-sektiererisch motiviert, 16 Angriffe zielten auf staatliche Einrichtungen, 13 waren gezielte Angriffe auf politische Persönlichkeiten oder Parteien, zwölf waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste, zehn Angriffe betrafen nicht-belutschische Arbeiter oder Siedler in Belutschistan und neun betrafen Journalisten oder Medienvertreter (PIPS 1.2018 S 17f).
2015 gab es 625 Terrorakte in 76 Distrikten/Regionen in Pakistan, 48 % weniger als 2014. Mindestens 1.069 Menschen verloren dabei ihr Leben, 38 % weniger als 2014, 1443 Personen wurden verletzt, 54 % weniger als 2014. Unter den Todesopfern waren 630 Zivilisten, 318 Angehörige der Sicherheits- und Rechtsdurchsetzungsbehörden und 121 Aufständische (PIPS 3.1.2016). Im Jahr 2016 ging die Zahl der Terroranschläge um weitere 28 % auf 441 zurück, betroffen waren 57 Distrikte. Getötet wurden dabei 908 Personen. Der Umstand, dass ein Rückgang von 28 % bei der Zahl der Anschläge nur einen leichten Rückgang von 12 % bei den Todesopfern mit sich brachte, zeigt auch, dass den Aufständischen einige größere Anschläge gelingen konnten. Zu Tode kamen 545 Zivilisten, 302 Angehörige der Sicherheitskräfte und 61 Aufständische (PIPS 1.2017).
Die Situation verbesserte sich kontinuierlich seit 2013 und der Trend setzte sich auch 2017 fort. Dies lässt sich Großteils auf landesweite, umfassende Operationen gegen Aufständische durch die Sicherheitsbehörden als Teil des National Action Plan (NAP) zurückführen, beispielsweise von den Militäroperationen in den [ehem.] FATA zu den von den Rangers angeführten gezielten Operationen in Karatschi (PIPS 1.2018 S 17ff).
Etwa 58 % (213 von 370) aller Anschläge mit 604 Toten und 1374 Verletzten wurden von Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihren Splittergruppen bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen in den [ehem.] FATA und Khyber Pakhtunkhwa wie die Lashkar-e-Islam sowie von IS-Unterstützern durchgeführt. Nationalistische Gruppierungen führten 138 Anschläge durch, vorwiegend in Belutschistan, und einige wenige in Sindh, dabei kamen 140 Menschen ums Leben und 265 Menschen wurden verletzt. 19 Anschläge mit 71 Toten und 97 Verletzten wurden durch religiös-sektiererische Gruppen durchgeführt (PIPS 1.2018 S 17).
Insgesamt gab es im Jahr 2017 in Pakistan, inklusive der Anschläge, 713 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2016: 749; -5 %), darunter 75 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2016: 95), 68 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2016: 105), 171 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2016: 74) und vier Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2016: zwölf) (PIPS 1.2018 S 20; Zahlen für 2016: PIPS 1.2017). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 15 % auf 1.611 von 1.887 im Jahr 2016, die Zahl der verletzten Personen stieg jedoch im selben Zeitraum um 13 % von 1.956 auf 2.212 (PIPS 1.2018 S 20). Im Jahr 2016 gab es im Vergleich zu 2015 32 % weniger Vorfälle und 46 % weniger Todesopfer (PIPS 1.2017).
Im Jahr 2017 wurden 75 operative Schläge und Razzien (2016: 95; -21 %) in 28 Distrikten oder Regionen Pakistans durchgeführt (2016: 35), davon 39 in Belutschistan (2016: 38), 18 in den [ehem.] FATA (2016: 24), acht in Khyber Pakhtunkhwa (2016: fünf), sieben im Punjab (2016: 13) und drei in Karatschi (2016: 15). 296 Menschen wurden dabei getötet (2016: 492), davon 281 Aufständische (2016: 481) (PIPS 1.2018 S 23; Zahlen für 2016: PIPS 1.2017). Im Jahr 2015 wurden 143 Sicherheitsoperationen in 31 Distrikten mit 1.545 Todesopfern durchgeführt (PIPS 1.2017).
Es scheint, dass sich nun erfolgreich eine Null-Toleranz-Sicht in Staat und Gesellschaft gegenüber Terror durchsetzt. Die Sicherheitseinrichtungen sind weiterhin mit vielschichtigen Herausforderungen konfrontiert. Die wichtigsten davon sind Kapazitätslücken in der Bekämpfung städtischer Terrorbedrohungen und die mangelhafte Kooperation zwischen den verschiedenen Gesetzesdurchsetzungsbehörden (PIPS 3.1.2016).
Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die "korrigierende religiöse Bildung", Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten (USDOS 7.2017). Zentren befinden sich in Swat, Khyber Agency, Bajaur Agency und Khyber Pakhtunkhwa. Es existieren separate Programme für Frauen und Jugendliche (BFA 9.2015). Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 7.2017).
Die Asia Pacific Group on Money Laundering konnte in Pakistan Fortschritte bei der Behebung von strategischen Mängeln erzielen, die diese in Bezug auf die Bekämpfung der Finanzierung von Terrorismus zuvor festgestellt hatte. Maßnahmen umfassen z.B. die Überwachung von grenzüberschreitenden Geldtransfers, NGO-Finanzierungen, das Einfrieren von Geldern, die rechtliche Meldepflicht von Banken über verdächtige Transaktionen sowie deren Verpflichtung, regelmäßig die Liste der von der UN als Terrororganisationen Eingestuften zu kontrollieren. Dennoch werden bestimmte Gruppen, insbesondere Lashkar e-Tayyiba, nicht effektiv daran gehindert, in Pakistan Spenden zu lukrieren oder auf ihre finanziellen Mittel zuzugreifen (USDOS 7.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (10.2017a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 13.3.2018
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1453713783_bfa-sd-pakistan-ffm-report-2015-09-v2.pdf , Zugriff 18.3.2017
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2017): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.9, No.1, Special Report 2016 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (3.1.2016): Pakistan Security Report 2015.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (5.2.2018): Monthly Security Report: January 2018, http://pakpips.com/app/reports/65 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.3.2018): Monthly Security Report: February 2018, http://pakpips.com/app/reports/169 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.4.2018): Monthly Security Report: March 2018, http://pakpips.com/app/reports/199 , Zugriff 14.5.2018
- USDOS - US Department of State (7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Pakistan (S 261-265), https://www.state.gov/documents/organization/272488.pdf , Zugriff 8.5.2018
Regionale Verteilung der Gewalt
Der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge mit den meisten Opfern liegt in Khyber Pakhtunkhwa, den [ehem.] Stammesgebieten FATA und in Belutschistan (AA 28.3.2018) sowie in der Wirtschaftsmetropole Karatschi, wobei es in Karatschi seit 2016 nicht mehr zu größeren Anschlägen gekommen ist (AA 20.10.2017).
Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS landesweit 76 terroristische Angriffe, bei denen 105 Personen ums Leben kamen. Davon entfielen auf Belutschistan 40 Anschläge mit 56 Toten; auf Khyber Pakhtunkhwa zehn Anschläge mit 20 Toten und auf die [ehem.] FATA 18 Anschläge mit 17 Toten. Im Sindh gab es fünf Anschläge mit acht Toten, in Punjab zwei Anschläge mit zwölf Toten. Im Hauptstadtterritorium Islamabad, in Gilgit Baltistan und Azad Jammu & Kashmir wurden keine Anschläge registriert (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018).
Im Jahr 2017 war Belutschistan - wie schon in den drei Jahren zuvor - die am stärksten vom Terrorismus betroffene Provinz. Bei 165 Anschlägen kamen 288 Menschen ums Leben. Somit entfielen 44 % aller Anschläge bzw. 35 % aller Todesfälle landesweit auf Belutschistan. Die [ehem.] Stammesgebiete (FATA) waren die am zweitstärksten vom Terrorismus betroffene Region, sowohl was die Zahl der Anschläge als auch der Opfer angeht. Bei 83 Angriffen kamen 253 Personen ums Leben. In Khyber Pakhtunkhwa kamen bei 71 Anschlägen 91 Personen ums Leben; in Sindh gab es 31 Anschläge (davon 24 in Karatschi) mit 119 Todesopfern (davon 25 in Karatschi, sowie 91 durch einen einzigen suizidalen Sprengstoffanschlag in Sehwan Sharif). Im Punjab kam es zu 14 Anschlägen mit 61 Todesopfern, im Hauptstadtterritorium gab es drei Anschläge mit zwei Todesopfern und in Azad Jammu und Kashmir gab es drei Anschläge mit einem Todesopfer (PIPS 1.2018 S 37-59).
Im Jahr 2016 war Belutschistan wieder die Region von Pakistan mit den höchsten Anschlagszahlen - 151 Anschläge wurden durchgeführt. Sie war auch die Provinz mit den höchsten Opferzahlen, mit 412 Toten. Khyber Pakhtunkhwa war am zweitstärksten von Anschlägen betroffen, 127 Anschläge töteten hier 189 Menschen. Gefolgt wurden diese von den [ehem.] FATA mit 99 Anschlägen und 163 Toten. Sindh war von 54 Anschlägen mit 63 Toten betroffen, allerdings entfielen davon 47 Anschläge mit 60 Toten allein auf Karatschi. Im Sindh - Karatschi ausgenommen - gingen die Todeszahlen in Bezug zu Terrorismus um 97 % zurück, in Islamabad um 75 %, in Karatschi um 60 und in den [ehem.] FATA um 38 %. Islamabad erlitt einen Anschlag mit einem Toten (PIPS 1.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (28.3.2018): Pakistan - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung) https://www.auswaertiges-amt.de/de/pakistansicherheit/204974 , Zugriff 8.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2017): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.9, No.1, Special Report 2016 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (3.1.2016): Pakistan Security Report 2015.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.4.2018): Monthly Security Report: March 2018, http://pakpips.com/app/reports/199 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.3.2018): Monthly Security Report: February 2018, http://pakpips.com/app/reports/169 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (5.2.2018): Monthly Security Report: January 2018, http://pakpips.com/app/reports/65 , Zugriff 14.5.2018
Wichtige Terrorgruppen
Im Jahr 2017 ging die Zahl terroristischer Anschläge weiter zurück, doch aufständische Gruppierungen stellen weiterhin eine starke Bedrohung für die innere Sicherheit des Landes dar. Die Gruppierungen unterliegen wie bereits 2016 einer konstanten Transformation. Eine bisher unbekannte Gruppierung namens Ansarul Sharia wurde in Karatschi aktiv und verstärkte Aktivitäten von Daesh / ISIS stellen eine neue Herausforderung für die Sicherheitskräfte dar (PIPS 1.2018).
Die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) ist die größte aufständische Gruppe in Pakistan (EASO 7.2016); 70 Angriffe mit 186 Toten gingen 2017 auf ihr Konto (PIPS 1.2018 S 83f). Sie entstand 2007 als loses Bündnis von Deobandi-Gruppen, die an der Pakistanischen Grenze zu Afghanistan operierten. Ursprüngliches Ziel war die Einsetzung der Sharia und die Bekämpfung der Koalitionskräfte in Afghanistan. Später richtete sie sich auch gegen den pakistanischen Staat. Die Anhängerschaft setzt sich hauptsächlich aus Paschtunen der Grenzregion zusammen. Die TTP finanziert sich aus Erpressung, Schmuggel, Drogenhandel und Kidnapping. Es scheint, als hätte sie durch die Operation Zarb-e-Azb in Nord-Wasiristan stark an Boden verloren (EASO 7.2016). Der Vertreter des PIPS erläutert bei der FFM 2013, dass die TTP nicht über eine einheitliche Struktur verfügt und auch die vorhandene Struktur nicht mehr intakt ist. Jede Gruppe hat eigene Operationen (BAA 6 .2013). Die TTP wurde stark durch interne Krisen und die militärischen Operationen in Nord-Wasiristan und in der Khyber Agency geschwächt. Die internen Krisen hielten diese Organisation aber nicht davon ab, gewaltsame Anschläge durchzuführen (PIPS 4.1.2015). Die TTP konnte ihre internen Streitigkeiten 2017 durch die Wiedereingliederung der größten Fraktion aus Süd-Wasiristan in die Hauptgruppe beilegen (PIPS 1.2018 S 83f).
Neben der TTP, ihren Unter- und Splittergruppen sind auch einige kleinere militante islamistisch motivierte Gruppen in Khyber Pakhtunkhwa und den [ehem.] FATA aktiv, sie werden als lokale Taliban bezeichnet (PIPS 1.2018 S 85). Allerdings gebrauchen auch viele kriminelle Gruppen dieses Label. Die meisten dieser Gruppen sind klein und ihre Operationen sind auf ihre Umgebung begrenzt (BAA 6 .2013).
Ziel der Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) ist es, Pakistan in ein sunnitisches Land zu transformieren. Sie ist in viele Gruppen zersplittert, deren Taktiken und Ziele sich von einem Gebiet zum anderen unterscheiden (SATP o.D.). Die LeJ erlitt 2016 starke Verluste in der Führerschaft (PIPS 1.2017). Im Jahr 2017 war die LeJ mit ihren Splittergruppen, darunter die Lashkar-e-Jhangvi Al-Alami, insgesamt für 18 Anschläge mit 132 Toten verantwortlich. 90 % davon betrafen die erste Jahreshälfte. Die verminderte Aktivität im zweiten Halbjahr ist durch die Zerschlagung ihrer Hauptnetzwerke in Belutschistan und Sindh durch die Sicherheitskräfte zu erklären (PIPS 1.2018 S 87).
Jamaatul Ahrar (JuA) war 2017 Urheberin von 37 terroristischen Anschlägen (2016: 66) mit 123 Toten, vorwiegend in den [ehem.] FATA und Khyber Pakhtunkhwa. JuA wurde 2017 durch interne Streitigkeiten sowie durch Tötungen mehrerer Kommandanten stark geschwächt (PIPS 1.2018 S 84f).
Nationalistische aufständische Gruppen sind hauptsächlich in Belutschistan aktiv, einige auch im Sindh, allerdings sind letztere eher in Sabotageakte involviert und in ihrem Operationsgebiet begrenzt (PIPS 1.2018). Nachdem die nationalistischen Gruppen 2016 durch Sicherheitsoperationen und interne Krisen stark geschwächt wurden (PIPS 1.2017), stieg die Schlagkraft der belutschischen nationalistischen Gruppen 2017 wieder an. Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Balochistan Liberation Army, die 2017 42 Angriffe mit 51 Todesopfern durchführte, ein leichter Rückgang verglichen mit 55 Angriffen 2016. Weitere wichtige belutschische Terrororganisationen sind die Baloch Republican Army, Lashkar-e-Balochistan und die Balochistan Liberation Front (PIPS 1.2018).
Quellen:
- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge.
- EASO - European Asylum Support Office (7.2016): Country of Origin Information Report, Pakistan Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1469617733_easo-country-of-origin-information-report-pakistani-security-report.pdf , Zugriff 18.3.2017
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2017): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.9, No.1, Special Report 2016 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (4.1.2015): Pakistan Security Report 2014.
- SATP - South Asia Terrorism Portal (o.D.): Lashkar-e-Jhangvi, http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/terroristoutfits/lej.htm , Zugriff 8.5.2017
Ehemalige Federal Administered Tribal Areas - FATA
Das Gebiet der [Anm.: ehemaligen] FATA (Federal Administered Tribal Areas, Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) liegt strategisch bedeutend an der Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan und ist charakterisiert durch eine überwiegend paschtunische Bevölkerung und eine stark tribale Struktur mit über 24 Hauptstämmen (FRC 24.1.2017). Zur Volkszählung 2017 lebten fünf Millionen Menschen in den [ehem.] FATA (PBS 2017a), das jährliche Bevölkerungswachstum beträgt 3,76 % (FRC 24.1.2017).
Die [ehem.] FATA wurden am 31.5.2018 Teil der Provinz Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 31.5.2018; vgl. GEO.tv 31.5.2018). Die Verwaltungsgliederung der ehem. FATA innerhalb der Provinz Khyber Pakhtunkhwa besteht aus sieben Tribal Districts - Bezeichnung bis 31.5.2018: Agencies - Bajaur, Khyber, Kurram, Mohmand, Orakzai, Nord- und Süd-Wasiristan (FRC 24.1.2017; vgl. PBS 2017, Dawn 31.5.2018) - denen jeweils ein Deputy Commissioner - Bezeichnung bis 31.5. 2018 Political Agent - vorsteht (FRC 24.1.2017; vgl. Dawn 31.5.2018). Die bis 31.5.2018 bestehenden Frontier Regions, sie werden von den Distrikten Bannu, Dera Ismail Khan, Kohat, Lakki Marwat, Peschawar und Tank aus verwaltet (BFA 9.2015; vgl. PBS 2017), werden als Subdivisions in die entsprechenden, bereits bestehenden Distrikte eingegliedert (Dawn 31.5.2018).
Die Sicherheitslage in den [ehem.] FATA hat sich aufgrund mehrerer militärischer Operationen seit 2008 verbessert (BFA 9.2015). Die Militäroperationen und Aktionen gegen Aufständische in den [ehem.] FATA sind abgeschlossen, aber die Region ist eine ehemalige Kriegszone und Instabilität ist weiterhin eine Bedrohung (Dawn 29.5.2018). Im Jahr 2016 ging die Zahl der Gewaltvorfälle in den [ehem.] FATA im Vergleich zu 2015 deutlich zurück (FRC 24.1.2017) und auch im Jahr 2017 war ein Rückgang der Zahl an terroristischen Vorfällen um 16 % im Vergleich zum Vorjahr zu registrieren. Allerdings lag bei diesen Vorfällen die Zahl der Toten um 55 % und die Zahl der Verletzten um 122 % über dem Vorjahreswert (PIPS 1.2018).
In Khyber Agency wurde Ende 2014 die Militäroperation "Khyber-1" und von März 2015 bis Juli 2015 "Khyber-2" durchgeführt (BFA 9.2015). 2016 wurde die Militäroperation als "Khyber-3" fortgesetzt (FRC 24.1.2017) und die Operation "Khyber-4" wurde nach einer Dauer von einem Monat am 21.8.2017 erfolgreich beendet (TET 21.8.2017). In Nord-Wasiristan wurde die militärische Operation "Zarb-e Azb" von Juni 2014 bis April 2016 durchgeführt (Nation 6.9.2016). In der Kurram Agency sind die Schiiten in der Mehrheit und diese Agency ist geprägt von religiös-sektiererisch motivierter Gewalt. In den Jahren 2007 bis 2012 gab es besonders viele Kämpfe und nach einer Entspannung aufgrund von Friedensgesprächen (BFA 9.2015) gab es 2017 in der Kurram Agency zahlreiche große Terrorangriffe mit insgesamt 154 Toten (PIPS 1.2018). Aus der Orakzai Agency sind nach der militärischen Operation 2009 die meisten Aufständischen geflohen. Es kommt zu religiös-sektiererisch motivierter Gewalt, jedoch nicht in dem gleichen Ausmaß wie in Kurram Agency (BFA 9.2015). In Süd-Wasiristan wurde im Jahr 2009 eine militärische Operation durchgeführt. Seitdem hat das Militär seine Präsenz etabliert und es kommt nur noch zu sporadischen Angriffen der Aufständischen (BFA 9.2015).
Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS in den [ehem.] FATA 18 terroristische Angriffe mit 17 Toten und 23 Verletzten. Es kam in allen sieben Agencies zu Vorfällen. Die meisten Todesopfer waren in Kurram zu beklagen (1 Vorfall, 7 Tote), die meisten Vorfälle in Mohmand (5 Vorfälle, 3 Tote). Unter den Todesopfern befanden sich elf Zivilisten und drei Soldaten sowie drei Todesopfer ohne nähere Angabe von Details (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018).
Im Jahr 2017 waren die [ehem.] FATA die am zweitstärksten vom Terrorismus betroffene Region Pakistans. PIPS registrierte 83 terroristische Angriffe in den [ehem.] FATA, bei denen 253 Menschen ums Leben kamen - darunter 192 Zivilisten, 57 Mitglieder der staatlichen Sicherheitskräfte und vier Aufständische - und 491 Personen verletzt wurden. Bei den terroristischen Angriffen in den [ehem.] FATA 2017 kam es zu drei suizidalen Explosivangriffen, 63 Explosionen von unkonventionellen Spreng- und Brandsätzen, zwölf Schießereien, zwei Granatangriffen und einem Raketenangriff (PIPS 1.2018).
Obwohl Vorfälle in allen sieben Agencys vorkamen, waren die meisten Opfer in der Kurram Agency zu beklagen: Bei elf Anschlägen, darunter einige religiös-sektiererisch motivierte durch die Gruppen Jamaatul Alar, TTP und Lashkar-e-Jhangvi, wurden 154 Menschen getötet, d. h. ca. 60 % aller Toten in den [ehem.] FATA entfielen auf die Kurram Agency. Die größte Zahl von Anschlägen wurde in der Khyber Agency registriert, wo bei 24 Angriffen durch die TTP, Lashkar-e Islam und Jamaatul Ahrar 24 Menschen getötet und 19 verletzt wurden (PIPS 1.2018).
Die TTP führte in den Agencies Nord- und Süd-Wasiristan insgesamt 17 Anschläge mit 43 Toten durch. In der Mohmand Agency führten vorwiegend die Jamaatul Ahrar sowie einzelne unbekannte Gruppen 13 Angriffe mit 15 Toten durch. In der Orakzai Agency waren die TTP gemeinsam mit örtlichen Taliban-Gruppierungen für fünf Anschläge mit vier Toten verantwortlich (PIPS 1.2018).
Neben den o. a. 83 terroristischen Angriffen gab es 2017 in den [ehem.] FATA 18 Militäraktionen und vier bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen zu verzeichnen. Es gab 27 grenzüberschreitende Angriffe aus Afghanistan, vorwiegend durch pakistanische Mitglieder der Taliban, die dort Unterschlupf fanden. Weiters gab es neun Dronenangriffe durch die USA, eine stammesübergreifende Fehde und einen Fall von Mob-Gewalt. Bei insgesamt 143 Gewaltvorfällen unterschiedlicher Art im Jahr 2017 wurden 537 Menschen getötet - davon 195 Zivilisten, 80 Mitglieder der Sicherheitskräfte, 262 Aufständische und 575 verletzt (PIPS 1.2018).
Von PIPS wurden im Jahr 2016 99 Anschläge aus den [ehem.] FATA mit 163 Toten gemeldet. Unter den Todesopfern waren 91 Zivilisten, 43 Sicherheitskräfte und 29 Aufständische. Alle 99 Anschläge wurden durch verschiedene Talibangruppen, hauptsächlich der TTP und Jamaatul Ahrar oder Aufständische mit ähnlichen Zielen durchgeführt (FRC 24.1.2017). Am stärksten von Anschlägen betroffen war die Mohmand Agency mit 36 Anschlägen und 79 Todesopfern, gefolgt von der Khyber Agency mit 19 Anschlägen und 37 Toten. Bajaur erlitt 15 Anschläge mit neun Toten, Kurram sechs Anschläge mit 15 Toten, Nord-Wasiristan acht Anschläge mit elf Toten, Süd-Wasiristan zwölf Anschläge mit zehn Toten und Orakzai drei Anschläge mit zwei Toten (PIPS 1.2017).
Insgesamt waren 2016 147 für die Sicherheitslage relevante Gewaltvorfälle mit 439 Toten (98 Zivilisten, 52 Angehörige der Sicherheitskräfte und 289 Aufständische) zu verzeichnen. Neben den Anschlägen waren dies fünf Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen, 14 grenzüberschreitende Angriffe aus Afghanistan, 24 operative Schläge der Sicherheitskräfte, zwei Drohnenangriffe, zwei Auseinandersetzungen zwischen militanten Gruppierungen und eine zwischen Aufständischen und Stammesmitgliedern (PIPS 1.2017).
Die Hauptziele der Anschläge in den [ehem.] FATA im Jahr 2016 waren Angehörige der Sicherheitskräfte sowie deren Kontroll-Posten (42 Anschläge). Weiters waren Mitglieder von Friedenskomitees und gegen Terroristen gerichtete Stammesmitglieder oder Älteste (18 Anschläge), sowie politisch Tätige oder politische Führer sowie Staatsbedienstete dezidierte Ziele. Allerdings waren 22 Anschläge allgemein gegen Zivilisten gerichtet (PIPS 1.2017).
Als Ergebnis dieser und früherer Operationen der Sicherheitskräfte in den Stammesgebieten gibt es derzeit rund 1,5 Millionen Binnenvertriebene (AA 20.10.2017) [vgl. Abschnitt 20.1].
Im März 2017 wurde ein umfassender Reformplan für die FATA genehmigt (Dawn 2.3.2017). Im sozioökonomischen Bereich sieht er den Abschluss der bestehenden Wiederaufbaumaßnahmen für 2017 und weitere extensive Rekonstruktionsmaßnahmen im Rahmen eines 10-Jahres-FATA-Entwicklungsplans vor (Dawn 1.6.2016). Am 28.5.2018 traten die interimistischen Regulatorien für die FATA (FATA Interim Governance Regulation, 2018) in Kraft (DT 29.5.2018), ein Gesetzespaket, das etwa zwei Jahre lang gültig sein wird (NHT 28.5.2018), und am 31.5.2018 unterzeichnete der Präsident den Verfassungszusatz, wonach die FATA mit Khyber Pakhtunkhwa mit sofortiger Wirkung vereinigt wurden (Dawn 31.5.2018; vgl. GEO.tv 31.5.2018). [vgl. Abschnitt 4.1].
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1453713783_bfa-sd-pakistan-ffm-report-2015-09-v2.pdf , Zugriff 18.3.2017
- Dawn (1.6.2016) Reforms proposed for Fata's merger into KP, https://www.dawn.com/news/1264492 , Zugriff 20.3.2017
- Dawn (2.3.2017). Federal cabinet approves recommendations to 'mainstream' Fata, https://www.dawn.com/news/1317961/cabinet-approves-recommendations-to-mainstream-fata , Zugriff 20.3.2017
- Dawn (29.5.2018): Fata's historic transition, https://www.dawn.com/news/1410706/fatas-historic-transition , Zugriff 29.5.2018
- Dawn (31.5.2018): Mainstreaming Fata with interim governance law, https://www.dawn.com/news/1411061 , Zugriff 1.6.2018
- DT - Daily Times (29.5.2018): Mamnoon signs FATA Interim Governance Regulation, 2018, https://dailytimes.com.pk/246099/mamnoon-signs-fata-interim-governance-regulation-2018/ , Zugriff 29.5.2018
- FRC - FATA Research Centre (24.1.2017): FATA Annual Report 2016, http://frc.org.pk/wp-content/uploads/2017/01/security-report-2-2.pdf , Zugriff 20.03.2017
- GEO.tv (31.5.2018): President signs amendment bill, merging FATA with KP, https://www.geo.tv/latest/197519-fata-official-merged-with-kp-as-president-mamnoon-signs , Zugriff 1.6.2018
- Nation, the (6.9.2016): Operation Zarb-e-Azb: Two years of success, https://nation.com.pk/06-Sep-2016/operation-zarb-e-azb-two-years-of-success , Zugriff 9.5.2018
- NHT - National Herald Tribune (28.5.2018): Mamnoon signs FATA Interim Governance Regulation, 2018, http://dailynht.com/story/43730 , Zugriff 29.5.2018.
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS - 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN TEHSIL WISE FOR WEB CENSUS_2017.pdf, Zugriff 8.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2017): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.9, No.1, Special Report 2016 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.4.2018): Monthly Security Report: March 2018, http://pakpips.com/app/reports/199 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.3.2018): Monthly Security Report: February 2018, http://pakpips.com/app/reports/169 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (5.2.2018): Monthly Security Report: January 2018, http://pakpips.com/app/reports/65 , Zugriff 14.5.2018
- TET - The Express Tribune (21.8.2017): Rajgal cleansed of terrorists as military concludes Operation Khyber-IV, https://tribune.com.pk/story/1487260/army-announces-completion-operation-khyber-4/ , Zugriff 9.5.2018
Khyber Pakhtunkhwa
Die Provinz Khyber Pakhtunkhwa (KP) ist in 25 Distrikte (GovKP o.D.; vgl PBS 2017) und die wiederum in insgesamt 71 Tehsils unterteilt. Laut Zensus 2017 hatte KP ca. 30,5 Millionen Einwohner [Gebietsstand: 30.5.2018]; in der Hauptstadt Peshawar leben 4,3 Millionen Menschen (PBS 2017a). Am 31.5.2018 wurden die FATA mit der Provinz Khyber Pakhtunkhwa vereinigt, wodurch die Provinz um sieben Tribal Districts (bis 31.5.2018: Agencies), sechs Subdivisions (bis 31.5.2018: Frontier Regions) (Dawn 31.5.2018) und weitere fünf Millionen Einwohner wuchs (PBS 2017a)
[Anm.: In Folge wird die Sicherheitslage der Provinz Khyber Pakhtunkhwa in den Grenzen vor dem 30.5.2018 behandelt. Für die Sicherheitslage im Gebiet der ehemaligen FATA siehe Abschnitt 3.4.]
Im Jahr 2009 führte das pakistanische Militär einen Großeinsatz gegen die TPP in Khyber Pakhtunkhwa durch. In den darauffolgenden Jahren hielt das pakistanische Militär eine starke Präsenz, jedoch nahm die Intensität der militärischen Operationen ab. Die regional aktiven Taliban gingen in den Untergrund, übten ihre terroristischen Tätigkeiten, wie Anschläge und gezielte Tötungen jedoch weiter aus (EASO 8.2015). In fast allen größeren Städten von Khyber Pakhtunkhwa können militante Schläfer-Zellen gefunden werden (BFA 9.2015).
Die Provinz profitierte von den militärischen Operationen in den [ehem.] FATA, insbesondere, die in der Khyber Agency durchgeführt wurden. Die Sicherheitslage hat sich wesentlich verbessert (Dawn 20.4.2015). Im Jahr 2015 sank die Zahl der Terrorvorfälle in Khyber Pakhtunkhwa weiter, KP gehörte allerdings weiterhin zu den stark betroffenen Regionen (PIPS 3.1.2016). 2016 stieg die Zahl der Anschläge um 2 %, die Zahl der Todesopfer um 5 % gegenüber 2015 (PIPS 1.2017), während 2017 die Zahl terroristischer Anschläge um 44 % und die Zahl der Todesopfer um mehr als die Hälfte gegenüber dem Vorjahr zurückging (PIPS 1.2018).
Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS in Khyber Pakhtunhkwa zehn terroristische Angriffe mit 20 Todesopfern und 32 Verletzten. Unter den Toten waren 15 Mitglieder der Sicherheitskräfte, zwei Zivilisten und je ein Mitglied der Shia-Gemeinschaft und einer sunnitischen Gruppe. Die meisten Todesopfer gab es im Distrikt Swat (zwölf Tote bei einem Anschlag), die meisten Vorfälle in D.I. Khan (fünf Vorfälle mit sechs Toten). Zwei Vorfälle ohne Todesopfer gab es in Peshawar und in Bannu und Swabi gab es je einen Anschlag mit je einem Todesopfer (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018).
Im Jahr 2017 wurden von PIPS 71 terroristische Anschläge in Khyber Pakhtunkhwa registriert, bei denen 91 Personen getötet wurden. Unter den Todesopfern befanden sich 42 Zivilisten, 32 Angehörige der Sicherheitskräfte und 17 Aufständische. Von den 71 Anschlägen waren drei religiös-sektiererisch motiviert; sie fanden alle in D.I. Khan statt und töteten insgesamt fünf Personen (vier Schiiten und einen sunnitischen Politiker). Die übrigen 68 Anschläge mit 86 Toten wurden von militanten Gruppen der TTP, Jamaatul Ahrar, lokalen Talibangruppierungen, Lashkar-e-Jhangvi, Al-Alami, Lashkar-e-Islam u. A. durchgeführt (PIPS 1.2018).
Aus 16 Distrikten wurden terroristische Angriffe gemeldet. 24 Angriffe (34 %) fanden in der Provinzhauptstadt Peshawar statt, zehn in D.I. Khan, sieben in Charsadda, sechs in Bannu und je vier in Kohat und Lower Dir. In Peshawar kamen bei diesen Vorfällen 33 Personen ums Leben, in Charsadda 16 und in D.I. Khan 15 (PIPS 1.2018).
Insgesamt fanden in KP 2017 91 für die Sicherheitslage relevante Vorfälle von Gewalt mit 140 Toten statt. Zusätzlich zu den o. a. 71 terroristischen Attacken gab es in KP noch acht Militärschläge, neun bewaffnete Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen, einen bewaffneten Konflikt zwischen Aufständischengruppen und zwei Fälle von Mob-Gewalt.
Im Jahr 2016 wurden in Khyber Pakhtunkhwa bei 127 Anschlägen 189 Personen getötet, davon 114 Zivilisten, 62 Angehörige der Sicherheitskräfte und acht Aufständische. Von diesen Anschlägen betrafen 48 die Provinzhauptstadt Peshawar mit 62 Toten, 47 Todesopfer forderten sieben Anschläge in Charsadda, 16 Menschen starben bei sechs Anschlägen in Mardan, elf Menschen starben bei 16 Anschlägen in Swat, zehn Menschen bei zehn Anschlägen in Bannu und acht Menschen bei neun Anschlägen in D.I. Khan. Es waren weitere elf Distrikte von Anschlägen betroffen, die insgesamt pro Distrikt zwischen einem und sieben Todesopfern forderten (PIPS 1.2017).
Die Hauptziele der Anschläge in Khyber Pakhtunkhwa im Jahr 2016 waren Angehörige der Sicherheitskräfte sowie deren Kontroll-Posten, 70 Anschläge in Khyber Pakhtunkhwa zielten auf diese. Weitere Hauptziele waren politisch Arbeitende oder politische Führer und Staatsbedienstete, sowie sporadisch auch Mitglieder von Friedenskomitees und gegen Terroristen gerichtete Stammesmitglieder oder Älteste. Allerdings richteten sich 23 Anschläge ganz allgemein gegen Zivilisten (PIPS 1.2017).
Von den insgesamt 127 Anschlägen in Khyber Pakhtunkhwa waren acht, mit zehn Todesopfern, religiös-sektiererisch motiviert - zumeist gezielte Tötungen zwischen Schiiten und Sunniten sowie ein Granatenanschlag auf eine Moschee. Die restlichen 119 Anschläge wurden durch die TTP oder lokale Taliban Gruppen bzw. Gruppierungen mit ähnlichen Zielen durchgeführt, wie der Jamaatul Ahrar und der Lashkar-e-Islam. Diesen Anschlägen fielen 179 Menschen zum Opfer (PIPS 1.2017).
Insgesamt fanden 2016 154 für die Sicherheitslage relevante Vorfälle von Gewalt statt, neben den Anschlägen waren dies drei Ereignisse ethnopolitischer Gewalt, fünf operative Schläge der Sicherheitskräfte, 15 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Militanten, eine Auseinandersetzung zwischen Militanten und Stammesangehörigen sowie drei Vorfälle an der Grenze zu Afghanistan. Alle Gewaltvorfälle zusammen forderten 242 Menschenleben - 122 Zivilisten, 68 Angehörige der Sicherheitskräfte sowie 52 Aufständische (PIPS 1.2017).
Quellen:
- BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1453713783_bfa-sd-pakistan-ffm-report-2015-09-v2.pdf , Zugriff 18.3.2017
- Dawn (20.4.2015): 'Security operations have suppressed militancy', http://www.dawn.com/news/1177060 , Zugriff 9.5.2018
- Dawn (31.5.2018): Mainstreaming Fata with interim governance law, https://www.dawn.com/news/1411061 , Zugriff 1.6.2018
- EASO - European Asylum Support Office (8.2015): Country of Origin Information Report, Pakistan Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1440743353_easo-coi-report-pakistan-country-overview-final.pdf , Zugriff 18.3.2017
- GovKP - Government Khyber Pakhtunkhwa (o.D.): Government, http://kp.gov.pk/page/government , Zugriff 9.5.2018
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS - 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN TEHSIL WISE FOR WEB CENSUS_2017.pdf, Zugriff 8.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2017): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.9, No.1, Special Report 2016 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (3.1.2016): Pakistan Security Report 2015.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.4.2018): Monthly Security Report: March 2018, http://pakpips.com/app/reports/199 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.3.2018): Monthly Security Report: February 2018, http://pakpips.com/app/reports/169 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (5.2.2018): Monthly Security Report: January 2018, http://pakpips.com/app/reports/65 , Zugriff 14.5.2018
Punjab und Islamabad
Im Punjab gibt es im Landesvergleich weniger Fälle von organisierten, bewaffneten gewalttätigen Übergriffen aber eine große Zahl von Protesten. In großen Städten wie Lahore und Islamabad-Rawalpindi gibt es gelegentlich Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern, durchgeführt von Gruppen wie den Tehreek-i-Taliban Pakistan, Al Qaeda oder deren Verbündeten (ACLED 7.2.2017). Die Bevölkerung der Provinz beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen (PBS 2017a). Provinzhauptstadt ist Lahore, nach Karatschi die zweitgrößte Stadt Pakistans (EASO 7.2016) mit 11,1 Millionen Einwohnern (PBS 2017a). Islamabad, die Hauptstadt Pakistans, ist verwaltungstechnisch nicht Teil der Provinz Punjab, sondern ist ein Territorium unter Bundesverwaltung (ICTA o.D.). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017a).
Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwölf Toten und 23 Verletzten (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018). Sämtliche Todesopfer stammen aus einem Selbstmordattentat vom 14.3. auf einen Polizeiposten vor einer religiösen Versammlung in Lahore. Die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) haben sich zu dem Anschlag bekannt (Reuters 14.3.2018; vgl. PIPS 6.4.2018).
Im Jahr 2017 hat sich die Zahl der terroristischen Angriffe im Punjab im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Bei 14 Anschlägen kamen 61 Personen ums Leben, davon fanden sechs Vorfälle mit 54 Toten in Lahore statt. Die Todesopfer umfassten 35 Zivilisten, 18 Polizisten, sechs Armeemitarbeiter und zwei Aufständische. Es gab drei Selbstmordanschläge in Lahore mit insgesamt 50 Toten, die sich gegen Sicherheitskräfte und Zensusmitarbeiter richteten, darunter einen Sprengstoffanschlag auf einen Polizeieinsatz bei der Räumung eines illegalen Marktes mit 26 Toten. Es gab einen religiös-sektiererisch motivierten Vorfall mit einem Todesopfer. Vier Anschläge richteten sich gegen die Gemeinschaft der Ahmadiya. Für die Anschläge verantwortlich zeigten sich die TTP, Jamaatul Ahrar, Lashkar-e-Jhangvi Al-Alami sowie weitere unidentifizierte Gruppen (PIPS 1.2018).
Das Hauptstadtterritorium Islamabad verzeichnete 2017 drei Anschläge mit zwei Todesopfern. Zwei der Anschläge waren religiös-sektiererisch motiviert und richteten sich gegen Schiiten (PIPS 1.2018). Im November 2017 blockierten Demonstranten - Mitglieder religiöser Parteien wie Tehreek Labbaik Ya Rasool Allah (TLY), Tehreek-i-Khatm-i-Nabuwwat und Sunni Tehreek Pakistan (ST) - 20 Tage lang den Autobahnknoten Fayzabad Interchange. Am 25.11.2017 begann die Regierung mit der gewaltsamen Auflösung der Proteste, bei der sechs Personen getötet wurden. Da die zur Unterstützung gerufene Armee ihr Eingreifen verweigerte, wurde die Blockade letztlich nach weiteren Verhandlungen und Zugeständnissen friedlich aufgelöst [vgl. Abschnitt 2] (Dawn 28.11.2017).
Die Zahl der Terroranschläge und Todesopfer im Punjab ging in den Jahren 2015 und 2016 zurück (PIPS 1.2017; vgl. PIPS 3.1.2016). Für das Jahr 2016 wurden sieben Terroranschläge im Punjab mit 80 Toten registriert, wobei 74 Tote alleine auf den groß angelegten, gegen die christliche Gemeinschaft gerichteten, Anschlag in Lahore im März 2016 entfielen. Sechs Distrikte des Punjab waren von Anschlägen betroffen. Unter den Opfern befanden sich 75 Zivilisten, vier Polizisten und ein Aufständischer. Das Hauptstadtterritorium Islamabad verzeichnete 2016 einen Anschlag mit einem Toten (PIPS 1.2017).
Quellen:
- ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (7.2.2017): Regional Violence in Pakistan, https://www.crisis.acleddata.com/regional-violence-in-pakistan/ Zugriff 21.6.2018
- Dawn (28.11.2017): An overview of the crisis that forced the government to capitulate, https://www.dawn.com/news/1373200/an-overview-of-the-crisis-that-forced-the-government-to-capitulate , Zugriff 26.4.2018
- EASO - European Asylum Support Office (7.2016): Country of Origin Information Report, Pakistan Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1469617733_easo-country-of-origin-information-report-pakistani-security-report.pdf , Zugriff 18.3.2017
- ICTA - Islamabad Capital Territory Administration (o.D.): About ICTA, https://ictadministration.gov.pk/about-icta/ , Zugriff 8.5.2018
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS - 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN TEHSIL WISE FOR WEB CENSUS_2017.pdf, Zugriff 8.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2017): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.9, No.1, Special Report 2016 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (3.1.2016): Pakistan Security Report 2015.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.4.2018): Monthly Security Report: March 2018, http://pakpips.com/app/reports/199 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (6.3.2018): Monthly Security Report: February 2018, http://pakpips.com/app/reports/169 , Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (5.2.2018): Monthly Security Report: January 2018, http://pakpips.com/app/reports/65 , Zugriff 14.5.2018
- Reuters (14.3.2018): Suicide blast targeting police kills seven in eastern Pakistani city of Lahore, https://www.reuters.com/article/us-pakistan-blast/suicide-blast-targeting-police-kills-seven-in-eastern-pakistani-city-of-lahore-idUSKCN1GQ2OD , Zugriff 14.5.2018
Rechtsschutz/Justizwesen
Die pakistanische Verfassung und die gesamte pakistanische Rechtsordnung basieren weitgehend auf dem britischen Rechtssystem, wobei gemäß Art. 227 der Verfassung alle Gesetze grundsätzlich in Einklang mit der Scharia stehen müssen; deren Einfluss auf die Gesetzgebung ist trotz Bestehens etwa des Konsultativorgans Council of Islamic Ideology - abgesehen von bestimmten Bereichen wie beispielsweise den Blasphemiegesetzen - dennoch eher beschränkt (ÖB 10.2017).
Der Aufbau des Justizsystems ist zunächst in der Verfassung geregelt, deren Art. 175 die folgenden Organe aufzählt: Supreme Court of Pakistan, ein High Court in jeder Provinz sowie im Islamabad Capital Territory und weitere durch das Gesetz eingerichtete Gerichte. Des Weiteren existiert gemäß Art. 203A ff der Verfassung ein Federal Shariat Court, der u.a. von Bürgern, der Zentral- sowie den Provinzregierungen zur Prüfung von Rechtsvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit den "Injunctions of Islam" angerufen werden kann (er kann diesbezüglich auch von sich aus tätig werden). Weiters bestehen noch Provinz- und Distriktgerichte, Zivil- und Strafgerichte sowie spezialisierte Gerichte für Angelegenheiten wie Steuerrecht, Banken oder Zoll (ÖB 10.2017).
Der Supreme Court ist das pakistanische Höchstgericht; neben seinen Aufgaben als letzte Rechtsmittelinstanz in Zivil- und Strafsachen umfassen seine Zuständigkeiten die Regeleung von Streitfällen zwischen Lokalregierungen ("original jurisdiction in any dispute between any two or more Governments") sowie beratende Rechtsprechung ("advisory jurisdiction") auf Aufforderung durch den Staatspräsidenten (Art. 184 ff der Verfassung). Außerdem kann er sich in Fällen öffentlicher Bedeutung auch der Rechtsdurchsetzung bei Grundrechtsverletzungen, die gem. Art. 199 der Verfassung in die Zuständigkeit der High Courts fällt, annehmen (Art. 185 Abs. 3 der Verfassung). Für diesen Bereich wurde eine eigene Human Rights Cell eingerichtet. Aufgrund seiner umfassenden Zuständigkeit gilt der Supreme Court als chronisch überlastet (ÖB 10.2017).
Auch die fünf High Courts (Lahore High Court, High Court of Sindh, Peshawar High Court, High Court of Balochistan, Islamabad High Court) fungieren u. a. als Berufungsinstanz gegen Beschlüsse und Urteile von Special Courts sowie als Aufsichts- und Kontrollorgane für alle ihnen unterstehenden Gerichte (Subordinate Courts). Auch bei den High Courts ist ein beträchtlicher Rückstau an Fällen zu verzeichnen (ÖB 10.2017).
In Azad Jammu und Kashmir (AJK) sowie in Gilgit-Baltistan gibt es eigene Justizsysteme (ÖB 10.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Die örtliche Zuständigkeit von Supreme Court und High Courts erstreckte sich gem. Art. 247 Abs. 7 der Verfassung grundsätzlich nicht auf die Stammesgebiete (Provincially Administered Tribal Areas, PATA; Federally Administered Tribal Areas, FATA; vgl. Art. 246 der Verfassung) (ÖB 10.2017). Nach dem Inkrafttreten der interimistischen Gesetzgebung für das Gebiet der FATA am 28.5.2018 und der administrativen Vereinigung der FATA mit der Provinz Khyber Pakhtunhkhwa am 31.5.2018 wird die staatliche Gerichtsbarkeit teilweise und innerhalb der nächsten zwei Jahre vollständig auf die ehem. Stammesgebiete ausgedehnt (Dawn 31.1.2018) [vgl. Abschnitt 4.1].
Der Federal Shariat Court besteht aus höchstens acht Richtern muslimischen Glaubens, von denen drei islamische Gelehrte (Ulema) sein müssen (Art. 203C der Verfassung). Beschwerden gegen seine Entscheidungen werden an die Shariat Appellate Bench des Supreme Court gerichtet. Neben der bereits erwähnten Zuständigkeit, Rechtsvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit den Regeln des Islams zu prüfen, fungiert der Federal Shariat Court zusätzlich zum Teil als Rechtsmittelinstanz in sogenannten Hudood-Fällen (Delikte nach den Hudood Ordinances von 1979, die eine v.a. Frauen stark benachteiligende Islamisierung des Strafrechts brachten und durch den Protection of Women (Criminal Law Amendment) Act 2006 in - Kritikern zufolge bei Weitem nicht ausreichenden - Teilen entschärft wurden) (ÖB 10.2017).
Die Richter des Supreme Court, der High Courts sowie des Federal Shariat Court werden vom Staatspräsidenten auf Vorschlag der Judicial Commission of Pakistan und nach Bestätigung durch einen Parlamentsausschuss ernannt (Art. 203C der Verfassung). Die den High Courts unterstehende Subordinate Judiciary kann grob in zwei Kategorien eingeteilt werden: Zivilgerichte, die durch die Civil Courts Ordinance 1962 eingerichtet wurden, und Strafgerichte nach dem Code of Criminal Procedure 1898. Darüber hinaus besteht aber auch eine Reihe von Gerichten, die unter speziellen Gesetzen eingerichtet wurden (ÖB 10.2017).
Die Justiz verteidigt ihre nach Ende der Militärherrschaft zurückgewonnene Unabhängigkeit erfolgreich und bemüht sich, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken. Erhebliche Unzulänglichkeiten im Justizapparat und Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen allerdings fort. Die im Rahmen des nationalen Anti-Terror-Aktionsplans vom 24.12.2014 vorgesehene grundlegende Reform des Systems der Strafjustiz kommt bislang nicht voran. Die Schwäche der staatlichen Institutionen, nicht zuletzt im Bereich der Justiz, führt in vielen Fällen dazu, dass dem Recht keine Geltung verschafft wird (AA 20.10.2017). Auf dem Index des "World Justice Project" zur Rechtsstaatlichkeit 2017 rangiert Pakistan auf Platz 105 von 113, was eine Verbesserung um einen Rang gegenüber dem Vorjahr darstellt (WJP 2018).
Das Gesetz garantiert die Unabhängigkeit der Justiz, doch laut NGOs und Rechtsexperten ist die Justiz in der Praxis oft von externen Einflüssen, wie der Angst vor Repressionen durch extremistische Elemente bei Fällen von Terrorismus, Blasphemie oder öffentlichkeitswirksamen politischen Fällen beeinträchtigt. Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben korrupt, ineffizient und anfällig für den Druck von wohlhabenden Personen und einflussreichen religiösen und politischen Akteuren. Es gibt Beispiele, wo Zeugen, Staatsanwälte oder ermittelnde Polizisten in High Profile Fällen von unbekannten Personen bedroht oder getötet wurden. Die oberen Gerichte und der Supreme Court werden allerdings von den Medien und der Öffentlichkeit als glaubwürdig eingestuft (USDOS 20.4.2018). Gewalt der Taliban war v.a. gegen Gerichte und Anwälte gerichtet. So gab es im Jahr 2016 einige Anschläge auf das Justizwesen: im März und im September erfolgte jeweils ein Anschlag auf ein Distriktgericht in Khyber Pakhtunkhwa, wobei 17 bzw. 14 Menschen starben, und in Quetta gab es ein Attentat auf ein Krankenhaus, in dem sich, nach Schüssen auf den Präsidenten der Anwaltsvereinigung Belutschistan, Anwälte versammelten, wobei 70 Menschen starben (HRW 12.1.2017). Im Februar 2017 starben bei einem Angriff der pakistanischen Taliban auf ein Gerichtsgebäude im Distrikt Charsadda, in Khyber Pakhtunkhwa, fünf Menschen (Reuters 21.2.2017).
Polizei und Justiz unterlaufen häufig Fehler bei der Untersuchung von Straftaten. Korruption ist weit verbreitet. Die pakistanischen Gerichte sind überlastet (AA 10 .2017a). Laut der neuesten Statistik der Law and Justice Commission of Pakistan (LJCP) sind landesweit 1,869,886 Fälle bei allen Gerichten anhängig (Dawn 21.1.2018) und viele Verfahren ziehen sich über Jahrzehnte hin. In manchen Fällen erhält erst die dritte Generation der Beteiligten ein finales Urteil (Dawn 21.1.2018; vgl. AA 10 .2017a).
Verzögerungen in zivilen und Kriminalfällen sind auf ein veraltetes Prozessrecht, unbesetzte Richterstellen, ein schlechtes Fallmanagement und eine schwache rechtliche Ausbildung zurückzuführen. Der Rückstand sowohl in den unteren als auch in den höheren Gerichten beeinträchtigt, zusammen mit anderen Problemen, wie den Zugang zu Rechtsmitteln sowie eine faire und effektive Anhörung (USDOS 20.4.2018). Der Director General der Federal Judicial Academy, schätzt [Stand Mai 2015] die Zahl der Richter auf 4.200 für eine Bevölkerung von 180 Millionen, ein Richter auf 42.857, weit unter den internationalen Standards (ÖB 10.2016). Der Vorsitzende des Lahore High Court (Punjab) erklärte 2017, dass in Punjab ein Richter auf 62.000 Einwohner kommt, und noch mindestens 10.000 Richter in der Provinz benötigt würden (Nation, The 31.12.2017). Im Jahr 2015 wurden in der Provinz Punjab knapp 700 (ÖB 10.2016; vgl. TET 21.1.2015) und in der Provinz Sindh ca. 360 neue Richter eingestellt (TET 31.8.2015).
Die seit dem Ende der Militärherrschaft wieder erstarkte Judikative ist bisher nicht in der Lage, einen besseren gerichtlichen Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten, auch wenn sich der Oberste Gerichtshof punktuell mit Fällen in der Öffentlichkeit thematisierter Menschenrechtsverletzungen (z. B. dem Verschwindenlassen von Personen im Rahmen der Aufstandsbekämpfung in Belutschistan und in den Stammesgebieten und dem Schutz der Minderheitenrechte) befasst (AA 10 .2017a).
Die im Rahmen des nationalen Anti-Terror-Aktionsplans vom 24.12.2014 vorgesehene grundlegende Reform des Systems der Strafjustiz kommt bislang nicht voran (AA 20.10.2017).
Im Jänner 2015, als Reaktion auf das Schulmassaker der Taliban in Peschawar, genehmigte das Parlament die Strafverfolgung von Zivilisten vor Militärgerichten bei Anklagen wie Terrorismus und religiös-sektiererischer Gewalt (USDOS 20.4.2018). Im Februar 2015 berichtete Dawn, dass diese Gerichte auch über 6000 zivile Häftlinge, die seit 2009 in Militäroperationen gefangen genommen wurden, Recht sprechen können (USDOS 13.4.2016). Am 16.4.2015 entschied der Oberste Gerichtshof Pakistans, dass von Militärgerichten gegen Zivilisten verhängte Todesurteile auszusetzen sind (AI 20.4.2015). Im August 2015 bestätigte der Oberste Gerichtshof diese Rechtssprechung der Militärgerichte, behielt sich aber das Recht ein, die Fälle zu prüfen (USDOS 3.3.2017). Damit hielt er auch die Verhängung von Todesurteilen für Zivilisten durch militärische Gerichte aufrecht (RFE/RL 5.8.2015). Im August 2016 entschied der Oberste Gerichtshof erstmals über Fälle dieser Gerichte, bestätigte die Schuldsprüche sowie Todesurteile über 16 Zivilisten (AI 22.2.2017). Der Fortbestand der Militärgerichte wurde im März 2017 auf weitere zwei Jahre verlängert (ÖB 10.2017; vgl. AI 21.2.2018). Bei Verhandlungen der Militärgerichte ist keine Kaution vorgesehen und die Verhandlungen sind nicht öffentlich (USDOS 20.4.2018).
Bisher wurden zwölf derartige Militärgerichte eingerichtet und 274 Personen verurteilt, davon 161 zum Tode und 113 zu (meist lebenslänglichen) Freiheitsstrafen. Die Prozesse werden rechtsstaatlichen Vorgaben an ein faires Verfahren nicht gerecht: So ist nicht klar definiert, unter welchen Voraussetzungen und nach welchem Verfahren bestimmte Fälle an ein Militärgericht verwiesen werden; die verfahrensleitenden Militärs müssen nicht über eine juristische Ausbildung verfügen; die Verfahren müssen nicht öffentlich sein (ÖB 10.2017).
Im Zivil-, Kriminal- und Familienrecht gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und der Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann ein Anwalt auf öffentliche Kosten zur Verfügung gestellt werden. Angeklagte können Zeugen befragen, eigene Zeugen und Beweise einbringen und haben rechtlichen Zugang zu den Beweisen, die gegen sie vorgebracht werden (USDOS 20.4.2018).
Gerichte versagen oft dabei, die Rechte religiöser Minderheiten zu schützen. Gesetze gegen Blasphemie werden diskriminierend gegen Schiiten, Christen, Ahmadis und andere religiöse Minderheiten eingesetzt. Untere Gerichte verlangen oft keine ausreichenden Beweise in Blasphemie-Fällen und einige Angeklagte oder Verurteilte verbringen Jahre im Gefängnis, bevor ein höheres Gericht ihre Freilassung anordnet oder ihren Schuldspruch aufhebt (USDOS 20.4.2018).
Neben dem bisher dargestellten staatlichen Justizwesen bestehen vor allem in ländlichen Gebieten Pakistans auch informelle Rechtssprechungssysteme und Rechtsordnungen, die etwa auf traditionellem Stammesrecht beruhen. So spielt in von Paschtunen bewohnten Teilen des Landes, vor allem in den [ehem.] Federally Administered Tribal Areas (FATA), der für diese Volksgruppe maßgebliche Rechts- und Ehrenkodex Paschtunwali, der (in Unrechtsfällen) vom Vergeltungsgedanken sowie vom zentralen Wert der Ehre bestimmt wird, nach wie vor eine bedeutende Rolle. Streitigkeiten werden dort auf Basis des Paschtunwali von Stammesräten bzw. -gerichten (Jirgas) entschieden, wobei nicht zuletzt Frauen menschenunwürdige Bestrafungen drohen. Jirgas sind in Pakistan generell auch über paschtunische Gebiete hinaus nach wie vor weit verbreitet (neben den [ehem.] FATA auch in Belutschistan, im inneren Sindh, in ländlichen Gebieten von Khyber Pakhtunkhwa sowie im südlichen Punjab) und wenden neben Stammes- auch Schariarecht an (ÖB 10.2017). Die [ehem.] FATA unterliegen nur beschränkt der pakistanischen Jurisdiktion (AA 20.10.2017). [Zum Rechtssystem in den ehem. FATA siehe Abschnitt 4.1.]
In Sindh und Punjab, insbesondere in ländlichen Gebieten, halten feudale Landherren und lokale Führer in paschtunischen und belutschischen Gebieten und Stammesführer manchmal Panchayats oder Jirgas - lokale Ratsversammlungen - außerhalb des etablierten Rechtssystems ab. Diese informellen Rechtssysteme bieten keinen institutionalisierten Rechtsschutz und haben häufig Menschenrechtsverletzungen zur Folge (USDOS 20.4.2018).
Der High Court of Sindh erklärte die Abhaltung von Jirgas in der Provinz in einem Urteil aus 2004 ausdrücklich für verfassungswidrig; nichtsdestotrotz finden sie auch in Sindh regelmäßig statt. Der Supreme Court sprach sich bisher mehrmals gegen von Jirgas verhängte Strafen wie die Hingabe von Töchtern als Kompensation für begangenes Unrecht sowie gegen andere verfassungswidrige Praktiken der Stammesräte aus, was deren Fortbestand allerdings nicht verhindern konnte. Darüber hinaus ist selbst in städtischen Gebieten eine zunehmende Ausbreitung von "Sharia Courts" zu beobachten; so wurde etwa im April 2016 ein Verfahren gegen Jamaat ud-Dawa (JuD), eine der größten Hilfsorganisationen Pakistans mit Verbindungen zur Terrororganisation Lashkar-e-Taiba (LeT), wegen Betreibens eines solchen Tribunals vor dem Lahore High Court eingeleitet (ÖB 10.2017).
Als weitere Besonderheiten sind die Praktiken Diyat (Blutgeld) und Qisas (Vergeltung), die sich beide als Strafen für Delikte gegen die körperliche Integrität im Pakistan Penal Code (Act XLV of 1860) finden, sowie die in den FATA und PATA weiterhin auf Basis der [bis 28.5.2018 gültigen; vgl. Abschnitt 4.1] Frontier Crimes Regulation (FCR) praktizierte Form der kollektiven Bestrafung zu nennen. Im Oktober 2016 wurde die Anti-Honour Killings Bill zur Eindämmung von Ehrenmorden erlassen, die Implementierung geht aber vor allem im ländlichen Bereich nur schleppend voran. Eine wesentliche Neuerung der Anti-Honour Killings Bill ist die Abschaffung des Konzepts der Vergebung (diyat) bei Ehrenmorden, sodass eine Straffreiheit des Täters bei Vergebung durch die Familie der Ermordeten nicht mehr zulässig ist (ÖB 10.2017) [siehe auch Abschnitt 18.2].
Die nachhaltige Entwicklung einer liberalen Demokratie mit effektivem Rechtsstaat und Schutz der Menschenrechte wird weiterhin behindert durch Extremismus/Islamismus, Korruption, die starke Stellung des Militärs, den Einfluss von Feudal/Stammes-Strukturen in Politik und Gesellschaft, sowie ein in Pakistan oft geleugnetes, aber weiterhin wirksames, durch religiöse Intoleranz angereichertes Kastenwesen (AA 10 .2017a).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (10.2017a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 13.3.2018
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AI - Amnesty International (20.4.2015): Dämpfer für die Todesstrafe in Pakistan, http://www.amnesty-todesstrafe.de/index.php?id=732 , Zugriff 6.4.2018
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/1407300.html , Zugriff 5.4.2018
- AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/ , Zugriff 4.4.2018
- Dawn (21.1.2018): Over 1.8 million cases pending in Pakistan's courts, https://www.dawn.com/news/1384319 , Zugriff 6.8.2018
- Dawn (31.5.2018): Mainstreaming Fata with interim governance law, https://www.dawn.com/news/1411061 , Zugriff 1.6.2018
- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/335171/477023_de.html , Zugriff 5.4.2018
- Nation, The (31.12.2017): Only one judge for every 62,000 people in Punjab: Chief Justice LHC, https://nation.com.pk/31-Dec-2017/only-one-judge-for-every-62-000-people-in-punjab-chief-justice-lhc , Zugriff 6.4.2018
- ÖB Islamabad - Österreichische Botschaft (10.2016): Asylländerbericht - 2016.
- ÖB Islamabad - Österreichische Botschaft (10.2017): Asylländerbericht - 2017.
- Reuters (21.2.2017): Suicide bombers in Pakistan kill five in attack on court, https://www.reuters.com/article/us-pakistan-blast/suicide-bombers-in-pakistan-kill-five-in-attack-on-court-idUSKBN1600KC , Zugriff 6.4.2018
- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (5.8.2015): Pakistani Military Courts Approved By Supreme Court, http://www.ecoi.net/local_link/309434/447325_de.html , Zugriff 6.4.2018
- TET - The Express Tribune (21.1.2015): New recruitments: LHC set to recruit 696 civil judges, https://tribune.com.pk/story/824838/new-recruitments-lhc-set-to-recruit-696-civil-judges/ , Zugriff 6.4.2018
- TET - The Express Tribune (31.8.2015): Filling the void: 249 judicial officers appointed on vacancies, https://tribune.com.pk/story/947766/filling-the-void-249-judicial-officers-appointed-on-vacancies/ , Zugriff 6.4.2018
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/322459/461936_de.html , Zugriff Zugriff 6.4.2018
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/337163/479927_de.html , Zugriff 12.3.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
- WJP - World Justice Project (2018): Rule of Law Index 2017-2018, https://worldjusticeproject.org/sites/default/files/documents/WJP_ROLI_2017-18_Online-Edition_0.pdf , Zugriff 29.5.2018
Justizwesen in den ehemaligen FATA
In den pakistanischen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas, FATA) hatten [vor dem 28.5.2018] die in der pakistanischen Verfassung verankerten Bürgerrechte keine Geltung (AA 10 .2017a). Es galten die Frontier Crimes Regulations (FCR), die gewisse paschtunische Rechtsvorstellungen mit dem Versuch einer externen Kontrolle kombinieren (FRC 24.1.2017). Diese Sondergesetzgebung stammte zum Teil noch aus der britischen Kolonialzeit (AA 10 .2017a). Die Zentralregierung verfügte mit Hilfe des Political Agent über indirekte Einflussmöglichkeiten, während die Stämme über eine gewisse Autonomie verfügten (FRC 24.1.2017).
Im März 2017 genehmigte das pakistanische Kabinett einen Reformplan für die FATA (Dawn 2.3.2017). Die FCR wurden als supplementärer Konfliktlösungsmechanismus vorerst beibehalten (Dawn 26.12.2017). Die Integration der FATA nach Khyber Pakhtunhkwa wurde zunächst in die kommende Legislaturperiode (nach den Wahlen im Juli 2018) verschoben (Dawn 17.5.2018a); jedoch wurde am 24.5.2018 von der Nationalversammlung der 31. Verfassungszusatz (Constitution (Thirty-First Amendment) Bill, 2018) beschlossen (BR 24.5.2018). Einen Tag später folgte der Beschluss des Zusatzes durch den Senat (SABA 25.5.2018) und am 27.5.2018 durch die Provinzversammlung von Khyber Pakhtunhkhwa (Dawn 27.5.2018). Der Verfassungszusatz sichert eine Vertretung der Stammesleute in der Provinzversammlung von Khyber Pakhtunhkhwa (Dawn 27.5.2018; vgl. BR 24.5.2018). Die Verfassungsänderung erlangte mit der Unterzeichnung durch den Präsidenten am 31.5.2018 sofortige Gültigkeit und die FATA wurden in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert (Dawn 31.5.2018; vgl. Geo.tv 31.5.2018).
Mit der Unterzeichnung der Übergangsgesetzgebung "FATA Interim Governance Regulation, 2018" durch Präsident Mamnoon Hussain verloren die FCR mit sofortiger Wirkung ihre Gültigkeit. Die FATA werden in die Zuständigkeit der höheren Gerichte gebracht [vgl. Abschnitt 4], Bewohner der FATA können formelle Gerichte anrufen und Kollektivstrafen sind abgeschafft (Geo.tv 28.5.2018; vgl. Nation 29.5.2018). Die volle Wirksamkeit der pakistanischen Verfassung auch am Gebiet der ehemaligen FATA wird nach einer Übergangszeit von ca. zwei Jahren erfolgen (Dawn 31.5.2018) und mit der Eingliederung der FATA in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa obliegt nun der Provinz die Durchsetzung der Übergangsgesetze für die FATA (Geo.tv 31.5.2018) Im Zuge des Eingliederungsprozesses und eines Entwicklungsplanes für zehn Jahre werden Gerichte und andere Infrastruktur am Gebiet der FATA errichtet (Hindustan Times 2.3.2017).
Gemäß der Übergangsgesetze erhalten Deputy Commissioners (bis 31.5.2018 als Political Agents bezeichnet, die die Tribal Regions, bis 31.5.2018 als Agencies bezeichnet, verwalten) die Befugnisse des District Magistrates laut Strafgesetzbuch 1898 verliehen. Die Deputy Commissioners haben die Befugnis, alle zivilrechtlichen Fälle an einen Ältestenrat zur Konfliktbeilegung, Ermittlung oder Weiterleitung an ein Gericht zu übergeben. Dieser Ältestenrat wird vom Deputy Commissioner ernannt und die Streitparteien können Mitglieder des Ältestenrates ablehnen. Der Deputy Commissioner fällt ein Urteil in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Mitglieder des Ältestenrates (Dawn 31.5.2018).
Bei strafrechtlichen Fällen wird der Verdächtige innerhalb von 24 Stunden einem Richter (i.e. Assistant Commissioner) vorgeführt. Assistant Commissioners werden vom Gouverneur für jeden Tribal District eingesetzt und erhalten Befugnisse gemäß des Strafgesetzbuches. Der Richter ruft den Ältestenrat ein, der innerhalb von zehn Tagen nach der Verhaftung zusammentreten muss, um die Ermittlungen durchzuführen. Nachdem der Richter das Ermittlungsergebnis vom Ältestenrat erhalten hatte, fällt er das Urteil in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Mitglieder des Ältestenrates sowie der relevanten Gesetze (Dawn 31.5.2018).
Eine Berufung gegen Urteile, Entscheidungen oder Anordnungen, die von einem Deputy Commissioner oder Richter getroffen wurden, die nach den Übergangsregelungen dazu ermächtigt waren, kann innerhalb von 30 Tagen beim Deputy Commissioner oder Assistant Commissioner erfolgen. Das Berufungsgericht ("Appelate Authority") muss innerhalb von 60 Tagen über die Berufung entscheiden. Eine Berufung gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes kann innerhalb von 30 Tagen am Peshawar High Court eingebracht werden (Dawn 31.5.2018)
Gemäß der Übergangsgesetze kann der Gouverneur zu jeder Zeit eine Verordnung erlassen, dass ein gemäß der Übergangsgesetze verwaltetes Stammesgebiet "in den Mainstream gebracht" wird. Damit enden die Übergangsregelungen für dieses Gebiet und sie werden durch die normale Gesetzgebung Pakistans ersetzt (Dawn 31.5.2018).
Aufgrund der 2011 erfolgten Ausweitung der Verordnung über politische Parteien auf die Stammesgebiete können politische Parteien auch in den [ehem.] FATA aktiv werden. Politische Beobachter sehen diese Verordnung als Grundlage für ein reiferes politisches System in den Stammesgebieten (USDOS 20.4.2018).
Die Zahl der Abgeordneten in der Provinzversammlung von Khyber Pakhtunkhwa wird von 124 auf 145 erhöht; Insgesamt werden die ehemaligen FATA von 21 Abgeordneten im kommenden Provinzparlament vertreten, davon sind vier Mandate für Frauen und einer für Nicht-Muslime reserviert. Die neue Provinzversammlung von Khyber Pakhtunkhwa wird innerhalb eines Jahres nach den Parlamentswahlen von 2018 erfolgen (Nation 27.5.2018). Die zwölf Sitze der [ehem.] FATA in der Nationalversammlung werden Khyber Pakhtunkhwa zugeschlagen; die Provinz verfügt in der kommenden Legislaturperiode über 60 statt bisher 48 Abgeordnetensitze (Geo.tv 16.5.2018).
Nach der Unabhängigkeit Pakistans waren die FCR auch in Belutschistan gültig (Nation 29.5.2018), jedoch hat Belutschistan seit Jahrzehnten dasselbe formale Regierungssystem wie die anderen Provinzen. Dies hat jedoch die Provinz nicht verändert und die Lebensqualität der Menschen nicht erhöht. Die [ehem.] FATA könnten ein ähnliches Schicksal vermeiden, da die Provinz Khyber Pakhtunhkhwa bereits über funktionale Institutionen verfügt (Dawn 29.5.2018). Protest und Widerstand gegen die Vereinigung der FATA mit Khyber Pakhtunkhwa kommt von Stammesvertretern, die ihrer Meinung nach nicht ausreichend in den Reformprozess eingebunden waren (TET 29.5.2018).
[Anmerkung der Staatendokumentation: Aufgrund der aktuellen Entwicklung der Situation ist es vorerst nicht möglich, klare Aussagen zu treffen, wie die formelle Abschaffung der Frontier Crimes Regulation sowie die Ausdehnung der staatlichen Gerichtsbarkeit in die ehemaligen Stammesgebiete sich in der Praxis auswirken werden. Aus diesem Grund wird in Folge das Rechtswesen in den FATA beschrieben, wie es sich vor dem 28.5.2018 dargestellt hat.]
Der administrative Vorstand jeder "Agency" (Bezirk) der FATA ist ein "Political Agent", der weitreichende administrative und juristische Macht hat. Jede Agency hat je nach Größe zwei bis drei Assistant Political Agents. Unter der pakistanischen Verfassung fallen die FATA ausschließlich in die Zuständigkeit des Präsidenten von Pakistan. Administrativ ist der Gouverneur von Khyber Pakhtunkhwa, als Repräsentant des Präsidenten von Pakistan, die oberste exekutive Führungsperson (chief executive) der FATA. Es gibt drei administrative Einrichtungen, das "Ministry of States and Frontier Regions" (SAFRON), das "FATA Secretariat" und die "FATA Development Authority" (FDA), welche das Gebiet unter der Leitung des Gouverneurs von Khyber Pakhtunkhwa verwalten und unterstützen. Die FATA werden rechtlich durch den "Frontier Crimes Regulation Act" (FCR) von 1901, novelliert 2011, geregelt (FRC 24.1.2017).
In den FATA hat sich ein auf dem Stammesrecht (z. B. Pashtunwali) basierendes Rechtssystem mit Jirga-Gerichten der Stammesältesten erhalten. Es greift zur Lösung von Streitfällen auf eine zum Teil archaische, zum Teil an der Scharia orientierte Rechtspraxis zurück. Während sich männliche Angeklagte durch Geldleistungen der Verhängung schwerer Strafen entziehen können, werden Frauen bei Verstößen gegen den Sittenkodex hart bestraft. Auch sind Fälle bekannt, in denen stellvertretend für die Delinquenten weibliche Familienangehörige getötet oder in anderer Weise bestraft wurden (AA 20.10.2017).
Alle Zivil- und Kriminalfälle in den FATA wurden gemäß dem [bis 28.5.2018 gültigen] FCR durch eine Jirga (Rat von Älteren) entschieden. Die Bewohner konnten allerdings den Supreme Court und den Peschawar High Court anrufen bei Fällen, die die Verfassung oder die FCR betreffen. Administrativ finden sich in den FATA zwei regionale Kategorien: "geschützte" Gebiete sind Gebiete unter direkter Kontrolle der Regierung, "nicht-geschützte" Gebiete sind solche, welche indirekt - über lokale Stämme - administriert werden (Gov FATA o.D.).
In den "geschützten" Gebieten der FATA wurden Zivil- und Kriminalfälle durch politische Angestellte entschieden, die mit juristischen Vollmachten ausgestattet sind (Gov FATA o.D.).
Nach der FCR waren die Assistant Politcal Agents verantwortlich für die Rechtsprechung in den FATA und wurden dabei durch Stammesältere ihrer Wahl unterstützt. Sie hielten Anhörungen nach ihrer Interpretation des islamischen Gesetzes und der Stammesbräuche ab (USDOS 3.3.2017). Die Jirga aus Stammesälteren wurde nach den Ermittlungen mit Zustimmung der Konfliktparteien eingerichtet. Sie fällte das Urteil, das durch den Political Agent geprüft wird. Die Entscheidung konnte beim High Court und Supreme Court beeinsprucht werden. Für die Umsetzung des Urteils war die politische Administration zuständig (Gov FATA o.D.).
In den "nicht geschützten" Gebieten der FATA wurden zuerst lokale Mediatoren aktiv, die versuchen, zwischen den Konfliktparteien eine Übereinkunft (tiga) herzustellen bezüglich Sicherheiten, Entschädigungen und Rechtsanwendung (traditionelles oder Scharia-Recht). Danach beriefen die Mediatoren eine Jirga ein. Die meisten Konflikte wurden intern geregelt, schwerwiegendere Fälle benötigten jedoch eine größere Jirga bestehend aus Maliks [Mediatoren], Älteren, dem Political Agent, Mitgliedern der Nationalversammlung und dem Senat und manchmal sogar Vertretern benachbarter Agencies oder Frontier Regions (Gov FATA o.D.).
Unter der FCR wurden Kollektivstrafen angewendet. Eine rechtliche Vertretung des Angeklagten war nicht vorgesehen. Durch die Novellierung der FCR von 2011 wurde die Kollektivverantwortung des Stammes eingeschränkt, indem Frauen und unter-16jährige aus der Kollektivbestrafung ausgenommen wurden (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (10.2017a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 13.3.2018
- BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1453713783_bfa-sd-pakistan-ffm-report-2015-09-v2.pdf , Zugriff 18.3.2017
- BR -Business Recorder (24.5.2018): NA passes 31st Constitutional Amendment Bill, bringing FATA into mainstream, https://www.brecorder.com/2018/05/24/419483/na-passes-31st-constitutional-amendment-bill-bringing-fata-into-mainstream/ , Zugriff 29.5.2018
- Dawn (17.5.2018a): Decision on Fata merger with Khyber Pakhtunkhwa left to next government, https://www.dawn.com/news/1408157/decision-on-fata-merger-with-khyber-pakhtunkhwa-left-to-next-government , Zugriff 17.5.2018
- Dawn (2.3.2017): Federal cabinet approves recommendations to 'mainstream' Fata, https://www.dawn.com/news/1317961/cabinet-approves-recommendations-to-mainstream-fata , Zugriff 13.4.2018
- Dawn (26.12.2017):Historic decision on Fata-KP merger taken, https://www.dawn.com/news/1378852 , Zugriff 12.3.2018
- Dawn (27.5.2018): KP Assembly approves landmark bill merging Fata with province, https://www.dawn.com/news/1410351 , Zugriff 29.5.2018
- Dawn (29.5.2018): Fata's historic transition, https://www.dawn.com/news/1410706/fatas-historic-transition , Zugriff 29.5.2018
- Dawn (31.5.2018): Mainstreaming Fata with interim governance law, https://www.dawn.com/news/1411061 , Zugriff 1.6.2018
- FRC - FATA Research Centre (24.1.2017): FATA Annual Report 2016, http://frc.org.pk/wp-content/uploads/2017/01/security-report-2-2.pdf , Zugriff 13.4.2018
- Geo.tv (16.5.2018): KP Assembly seats to increase to 147 after FATA merger: draft bill, https://www.geo.tv/latest/195723-kp-assembly-seats-to-increase-to-147-after-fata-merger-reveals-draft-bill , Zugriff 1.6.2018
- Geo.tv (28.5.2018): Tribespeople freed of FCR as president signs FATA governance regulation, https://www.geo.tv/latest/197129 , Zugriff 29.5.2018
- Geo.tv (31.5.2018): President signs amendment bill, merging FATA with KP, https://www.geo.tv/latest/197519-fata-official-merged-with-kp-as-president-mamnoon-signs , Zugriff 1.6.2018
- Gov FATA - Government of FATA (o.D.): Administrative System, https://fata.gov.pk/Global.php?iId=29&fId=2&pId=25&mId=13 , Zugriff 13.4.2018
- Hindustan Times (2.3.2017): Pakistan approves move to merge tribal areas with Khyber-Pakhtunkhwa, https://www.hindustantimes.com/world-news/pakistan-approves-move-to-merge-tribal-areas-with-khyber-pakhtunkhwa/story-SxZnenIZ2zdm40E9eTT8BI.html , Zugriff 13.4.2018
- Nation, the (27.5.2018): KP Assembly approves Fata merger bill, https://nation.com.pk/27-May-2018/kp-assembly-approves-fata-merger-bill , Zugriff 1.6.2018
- Nation, the (29.5.2018): President signs Fata Interim Governance Regulation, 2018, https://nation.com.pk/29-May-2018/president-signs-fata-interim-governance-regulation-2018 , Zugriff 29.5.2018
- SABA - South Asian Broadcasting Agency (25.5.2018): Senate passes 'Constitution (Thirty-First Amendment) Bill, 2018' with two thirds majority paving way for merger of FATA with KP, http://www.sabahnews.net/128796 , Zugriff 29.5.2018
- TET - the Express Tribune (29.5.2018): Aftermath: Mohmand tribe opposes Fata, K-P merger, https://tribune.com.pk/story/1721305/1-aftermath-mohmand-tribe-opposes-fata-k-p-merger/ , Zugriff 29.5.2018
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/337163/479927_de.html , Zugriff 8.3.2017
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Sicherheitsbehörden
Die polizeilichen Zuständigkeiten sind zwischen nationalen und regionalen Behörden aufgeteilt. Die Bundespolizei (Federal Investigation Agency, FIA) ist dem Innenministerium unterstellt. Sie ist zuständig für die Bereiche Einwanderung, organisierte Kriminalität, Interpol sowie die Terrorismusbekämpfung. Die Abteilung zur Terrorismusbekämpfung innerhalb der FIA ist der Counter Terrorism Wing (CTWI). In diesem Bereich sind auch die pakistanischen Geheimdienste ISI [Inter-Services Intelligence] und IB [Intelligence Bureau] aktiv. Die einzelnen Provinzen verfügen über eigene Verbrechensbekämpfungsbehörden. Gegenüber diesen Provinzbehörden ist die FIA nicht weisungsbefugt (AA 20.10.2017).
Pakistan verfügt über einen Auslands-/Inlandsnachrichtendienst (Directorate for Inter-Service Intelligence, ISI), einen Inlandsnachrichtendienst (Intelligence Bureau, IB) sowie einen militärischen Nachrichtendienst (Military Intelligence, MI) (AA 20.10.2017). Der ISI gilt als einer der besten Geheimdienste der Welt (BBC News Hub 2.12.2017). Der ISI ist militärisch dominiert und geprägt. Seine Aufgabe, die nationalen Interessen Pakistans zu schützen, ermöglicht ihm ein Tätigwerden in den unterschiedlichsten Bereichen. De jure untersteht der ISI dem Verteidigungsministerium, de facto jedoch dem jeweiligen Armeechef (Chief of Army Staff). Eine effektive zivile Kontrolle über die militärischen Geheimdienste findet nicht statt (AA 20.10.2017).
Der pakistanische Geheimdienst, einst von einem ehemaligen Premierminister als "Staat im Staat" bezeichnet, ist auch intensiv in der Innenpolitik Pakistans involviert, sagen pro-Demokratie-Aktivisten. Der Generaldirektor des ISI gilt neben dem Armeechef als mächtigste Person im Land (Globalsecurity 15.12.2016). Der ISI verfügt den Geheimdienst betreffend über breit gefächerte Möglichkeiten. Das pakistanische Innenministerium verfügte mehr als zehn Gesetze, welche ein direktes Durchsetzungsrecht für den Geheimdienst beinhalten, obwohl viele dieser Dienststellen unter die operative Kontrolle des Militärs fallen (USDOS 2.6.2016).
Das IB untersteht dem Innenministerium und ist für Diplomatenschutz, Abwehr terroristischer Bedrohungen im Inland sowie Ermittlungen bei Kapitalverbrechen zuständig (AA 20.10.2017).
Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte ist pro Bezirk sehr unterschiedlich und reicht von gut bis ineffizient (USDOS 20.4.2018). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein hohes Ansehen. So sind u. a. die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering. Staatsanwaltschaft und Polizei gelingt es häufig nicht, belastende Beweise in gerichtsverwertbarer Form vorzulegen. Zum geringen Ansehen der Polizei tragen die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei wie häufige unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam und Misshandlungen gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die festgehaltene Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen, oder um ein Geständnis zu erpressen. Die Polizeikräfte sind oft in lokale Machtstrukturen eingebunden und dann nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden Strafanzeigen häufig gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 20.10.2017).
Die Polizeikräfte versagen oftmals dabei, Angehörigen religiöser Minderheiten - wie beispielsweise der Ahmadiyya-Muslimen, den Christen, den schiitischen Moslems und Hindus - Schutz vor Übergriffen zu gewährleisten. Es gibt jedoch Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei und Fälle, wo lokale Behörden Minderheiten vor Diskriminierung und kommunaler Gewalt schützen (USDOS 20.4.2018).
Es gibt weiterhin Berichte, dass Sicherheitskräfte in Menschenrechtsverletzungen involviert sind, darunter Folter und andere Misshandlungen, willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Exekutionen und Verschwindenlassen. Diese bleiben aufgrund des Fehlens unabhängiger und unparteiischer Mechanismen, um gegen die Täter zu ermitteln und sie vor Gericht zu stellen, straflos (AI 21.2.2018). Berichten zufolge werden von einigen Einheiten der Sicherheitskräfte Gefangene in Isolationshaft festgehalten und die Aufenthaltsorte dieser Gefangenen nicht offen gelegt. Menschenrechtsorganisationen berichteten darüber, dass viele Nationalisten der Provinzen Sindh und Belutschistan verschwanden (USDOS 20.4.2018).
Mangelnde Bestrafung von Übergriffen, begangen von Angehörigen der Sicherheitskräfte, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Übergriffen bzw. Misshandlungen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den "Bezirks-Nazims" [~Bezirksleiter], Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte sind ebenfalls dazu befugt, in solchen Fällen eine kriminalstrafrechtliche Verfolgung zu empfehlen, die gerichtlich angeordnet werden muss. Das Gerichtssystem bleibt das einzige Mittel, um Missbrauch durch Sicherheitskräfte zu untersuchen (USDOS 20.4.2018).
Das Vereinigte Königreich arbeitet mit der pakistanischen Polizei, Staatsanwälten und Justizbehörde zusammen, um deren Fähigkeiten bei Ermittlungen, Verfolgung und Verurteilungen von Terrorverdächtigen zu stärken sowie Menschenrechtsstandards und Rechtsstaatlichkeit zu verbessern (FCO 12.3.2015).
Im Jahr 2016 wurden insgesamt sieben Trainingslehrgänge für Polizeibeamte in Rawalpindi, Lahore, Mianwali, Karatschi, Peshawar, Haripur und Buner durchgeführt, bei denen 206 Polizeibeamte von der NGO SHARP-Pakistan (Society for Human Rights and Prisoners' Aid) in Karatschi und Lahore, Rawalpindi und Mianwali ausgebildet wurden (SHARP 2016). Auch im Jahr 2017 gab es mehrere solcher Lehrgänge, u. A. in Lahore und Bhakkar (SHARP 28.11.2017). SHARP-Pakistan pflegt eine enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, insbesondere der Polizei und der FIA, um sicherzustellen, dass Flüchtlinge nicht illegal inhaftiert werden und sie auch keiner unangemessenen Behandlung ausgesetzt werden. Es sind bei diesen Schulungen 195 männliche und elf weibliche Polizeibeamte unterschiedlichster Dienstgrade in den Bereichen Menschenrechte und Rechte von Flüchtlingen fortgebildet worden (SHARP 2016).
Seit einer Verfassungsänderung im Jänner 2015 haben militärische Gerichte das Recht, auch Zivilisten, die im Zusammenhang mit Terrorismus, Militanz, religiös motivierter Gewalt und Widerstand gegen die Staatsgewalt angeklagt werden sollen, zu verurteilen (USDOS 19.7.2017) [siehe auch Abschnitt 4.].
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/ , Zugriff 4.4.2018
- BBC News Hub (2.12.2017): Top 10 Most Powerful Intelligence Agencies In The World 2018, http://www.bbcnewshub.com/top-10-most-powerful-intelligence-agencies-in-the-world-2018/ , Zugriff 17.4.2018
- FCO - Foreign Commonwealth Office (12.3.2015): Corporate report, Pakistan - Country of Concern, https://www.gov.uk/government/publications/pakistan-country-of-concern/pakistan-country-of-concern#access-to-justice-and-the-rule-of-law , Zugriff 17.4.2018
- Globalsecurity.org (15.12.2016): Directorate for Inter-Services Intelligence [ISI] http://www.globalsecurity.org/intell/world/pakistan/isi.htm , Zugriff 17.4.2018
- SHARP - Society for Human Rights and Prisoners' Aid (2016): Pakistan-initiatives-for-capacity-building, http://sharp-pakistan.org/publications/reports/2016-Jan-Apr-SHARP-Pakistan-initiatives-for-capacity-building.pdf , Zugriff, 17.4.2018
- SHARP - Society for Human Rights and Prisoners' Aid (28.11.2017): Category: Activites & Events, https://sharp-pakistan.org/index.php/category/latest-news/activities-and-events/ , Zugriff 17.4.2018
- USDOS - US Department of State (2.6.2016): Country Report on Terrorism 2015 - Chapter 2 - Pakistan, https://www.ecoi.net/local_link/324735/464433_de.html , Zugriff 17.4.2018
- USDOS - US Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/1404783.html , Zugriff 17.4.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Folter und unmenschliche Behandlung
Obwohl die Verfassung Folter und andere grausame und unmenschliche oder degradierende Behandlungen verbietet, beinhaltet das Strafgesetzbuch keinen spezifischen Abschnitt über Folter. Es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen, die Folter ausdrücklich verbieten (USDOS 20.4.2018; vgl. Dawn 27.6.2016). Laut der Asian Human Rights Commission trägt das Fehlen angemessener Beschwerdezentren und einer speziellen Sektion im Strafgesetzbuch gegen Folter zu deren Verbreitung bei. Die Kommission meint auch, dass es keine ernsthaften Anstrengungen gibt, Folter zu kriminalisieren und dass die Täter - meistens die Polizei oder Mitglieder der Streitkräfte - straflos davon kommen (USDOS 20.4.2018).
Es gibt Berichte, dass Sicherheitskräfte, darunter die Geheimdienste, Personen in der Haft foltern und misshandeln. Laut verschiedenen Quellen führt Folter gelegentlich zum Tod oder zu schweren Verletzungen. Dies wird jedoch häufig nicht dokumentiert. Es gibt Berichte, dass Polizisten grausame und erniedrigende Behandlungen und Bestrafungen gegen Gefangene einsetzen (USDOS 20.4.2018). Auch AI erwähnt Folter als Menschenrechtsverletzung, der die Sicherheitskräfte beschuldigt werden (AI 21.2.2018). Nach Einschätzung der Human Rights Commission of Pakistan hat bei den 2016 in Haft verstorbenen 48 Strafgefangenen in zwei Fällen Folter zum Tod beigetragen oder war die Todesursache. In Fällen mit terroristischem Hintergrund oder von Landesverrat sind Berichte über die Anwendung von Folter durch die Sicherheitsdienste häufig. Sie entziehen sich häufig der gerichtlichen Kontrolle. Unter Folter erzwungene Geständnisse werden zwar als Beweismittel vor Gericht grundsätzlich nicht zugelassen. Dies gilt allerdings nicht nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus für Geständnisse gegenüber ranghohen Beamten und Offizieren (AA 20.10.2017).
Folter wird von der Regierung offiziell verurteilt, doch ist die Strafverfolgung landesweit generell so unzureichend, dass es bisher selbst in Fällen von Folter mit Todesfolge so gut wie nie zu einer Verurteilung der Täter gekommen ist. In einer Reihe von Fällen wurde eine Strafanzeige erst nach gerichtlicher Intervention durch die Angehörigen der Opfer von der Polizei registriert. In einigen wenigen Fällen wurden Verantwortliche vom Dienst suspendiert und Untersuchungen angeordnet, an deren Ende aber in der Regel lediglich die Versetzung der Beschuldigten an eine andere Dienststelle stand. Die Gerichtsbarkeit unternimmt erst seit 2006 größere Anstrengungen, um Fälle von Folter aufzuklären und gegen die Verantwortlichen Strafverfahren einzuleiten. Ein Gesetz, mit dem Folter erstmals zum Straftatbestand gemacht würde, ist im Parlament seit einigen Jahren anhängig. Pakistan hat am 31.12.2015 dem Vertragsausschuss der VN-Anti-Folterkonvention erstmals einen nationalen Umsetzungsbericht vorgelegt. Dieser wurde im April 2017 im VN-Ausschuss gegen Folter kritisch diskutiert (AA 20.10.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/ , Zugriff 4.4.2018
- DAWN (27.6.2016): View from the courtroom: No law yet to specifically deal with torture cases, http://www.dawn.com/news/1267554/view-from-the-courtroom-no-law-yet-to-specifically-deal-with-torture-cases , Zugriff 18.4.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Korruption
Korruption ist in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und bei den Sicherheitsorganen nach wie vor weit verbreitet (AA 20.10.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Im Corruption Perceptions Index 2016 von Transparency International nahm Pakistan die 116. Stelle von 176 Ländern ein (TI 25.1.2017), im Jahr 2017 die 117. Stelle von 180 Ländern (TI 21.2.2018).
Das pakistanische Strafgesetzbuch untersagt, Bestechungen anzubieten, zu bezahlen oder anzunehmen. Schmiergeldzahlungen und Geschenke sind verboten aber weit verbreitete Praxis (GAN Integrity 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Das "National Accountability Bureau" (NAB) dient als höchste Antikorruptionsorganisation mit dem Mandat, Korruption durch Vollstreckung, Bewusstseinsbildung und Prävention zu eliminieren (USDOS 20.4.2018). Trotz solider Gesetzeslage ist Pakistan nicht in der Lage, Korruption in staatlichen Stellen zu verhindern. Die Regierung setzt die Anti-Korruptionsgesetze nicht effizient durch und Beamte, die in Korruption verwickelt sind, bleiben straffrei (GAN Integrity 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018).
Korruption ist auch in den unteren Ebenen der Polizei üblich. So werden durch manche Polizeikräfte Gebühren für die Annahme von gerechtfertigten Anzeigen angenommen und Bestechungsgelder für die Registrierung falscher Anzeigen akzeptiert. Bestechungsgelder zur Vermeidung von Strafzahlungen sind ebenso weit verbreitet (USDOS 20.4.2018). Die Hauptgründe für Korruption sind mangelndes Verantwortungsbewusstsein sowie fehlende leistungsbezogene berufliche Aufstiegschancen bei relativ niedrigen Löhnen (USDOS 29.6.2017; vgl. TI 25.4.2014).
Seit 2015 haben Militär und Rangers (dem Innenministerium für Polizeiaufgaben unterstellte militärische Kräfte) auch in der Bekämpfung von gewöhnlicher Kriminalität und Korruption mehrfach die Initiative ergriffen (AA 20.10.2017).
Am 28.7.2017 wurde Ministerpräsident Nawaz Sharif aufgrund von Korruptionsvorwürfen vom Obersten Gericht abgesetzt (Zeit Online 28.7.2017). Hintergrund sind die durch die Panama Papers enthüllten Vermögensverhältnisse der Familie, die Sharif Vorwürfe der Geldwäsche und Korruption eingebracht hatten. In Pakistan kann ein Ministerpräsident des Amtes enthoben werden, wenn sich herausstellt, dass er Vermögen verborgen hat (Süddeutsche Zeitung 28.7.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- GAN Integrity (10.2017): Pakistan Corruption Report, https://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/pakistan , Zugriff 18.4.2018
- Süddeutsche Zeitung (28.7.2017): Nach Panama-Papers-Enthüllung: Gericht enthebt Pakistans Ministerpräsident des Amtes, http://www.sueddeutsche.de/politik/panama-papers-nach-panama-papers-enthuellung-gericht-enthebt-pakistans-ministerpraesident-des-amtes-1.3607163 , Zugriff 28.7.2017
- TI - Transparency International (25.4.2014): Pakistan 2014, https://www.transparency.org/whatwedo/nisarticle/pakistan_2014 , Zugriff 19.4.2018
- TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, http://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016 , Zugriff 19.4.2018
- TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017 , Zugriff 19.4.2018
- USDOS - US Department of State, Bureau of Economic and Business Affairs (29.6.2017): Investment Climate Statements for 2017 - Pakistan, http://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm?year=2017&dlid=270027 , Zugriff 19.4.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
- Zeit Online (28.7.2017): Oberstes Gericht in Pakistan entmachtet Premier Sharif, http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-07/panama-papers-pakistan-nawaz-sharif-ministerpraesident-amtsenthebung , Zugriff 28.7.2017
Allgemeine Menschenrechtslage
Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. Kapitel 1, Teil II der Verfassung ist den Grundrechten gewidmet. Art. 4 der Verfassung garantiert den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, die nur auf der Basis der geltenden Gesetzgebung eingeschränkt werden dürfen, den Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum. Art. 9 der Verfassung verbietet willkürliche Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist nach wie vor in Pakistan nicht abgeschafft). Art. 25 Abs. 1 garantiert die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Art. 25 Abs. 2 der Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (AA 20.10.2017).
Allerdings weichen der Anspruch der Verfassung und die gesellschaftliche Realität voneinander ab. Die nachhaltige Entwicklung einer liberalen Demokratie mit effektivem Rechtsstaat und Schutz der Menschenrechte wird weiterhin behindert durch Extremismus/Islamismus, Korruption, die starke Stellung des Militärs, den Einfluss von Feudal/Stammes-Strukturen in Politik und Gesellschaft, sowie ein in Pakistan oft geleugnetes, aber weiterhin wirksames, durch religiöse Intoleranz angereichertes Kastenwesen. Polizei und Justiz unterlaufen häufig Fehler bei der Untersuchung von Straftaten. Korruption ist weit verbreitet. Die pakistanischen Gerichte sind überlastet: Gerichtsverfahren ziehen sich nicht selten über Jahrzehnte hin. Die seit dem Ende der Militärherrschaft wieder erstarkte Judikative ist bisher nicht in der Lage, einen besseren gerichtlichen Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten, auch wenn sich der Oberste Gerichtshof punktuell mit Fällen in der Öffentlichkeit thematisierter Menschenrechtsverletzungen (z.B. dem Verschwindenlassen von Personen im Rahmen der Aufstandsbekämpfung in Belutschistan und in den Stammesgebieten und dem Schutz der Minderheitenrechte) befasst. In den pakistanischen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas, FATA) haben die in der pakistanischen Verfassung verankerten Bürgerrechte keine Geltung (AA 10 .2017a).
Die Menschenrechtslage in Pakistan bleibt kritisch. Grundsätzlich bekennt sich die pakistanische Regierung zu den Menschenrechten. In vielen Fällen fehlt ihr jedoch der politische Wille, Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen, sie aufzuklären und Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen. Die Schwäche der staatlichen Institutionen, nicht zuletzt im Bereich der Justiz, führt in vielen Fällen dazu, dass dem Recht keine Geltung verschafft wird. Bei der Bekämpfung von Terrorismus und Militanz werden Menschenrechtsverletzungen bewusst in Kauf genommen. Führenden Politikern fehlt vielfach das Grundverständnis für die Relevanz menschenrechtlicher und anderer völkerrechtlicher Normen, zu deren Einhaltung Pakistan sich verpflichtet hat (AA 20.10.2017). Sicherheitskräfte waren im gesamten Land in erzwungenes Verschwinden und extralegale Tötungen verwickelt (HRW 18.1.2018).
Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte sind u.a. extralegale und gezielte Tötungen, das Verschwindenlassen von Personen, Folter, fehlende Rechtsstaatlichkeit, schlechte Ausführung und Durchsetzung der Gesetze; häufige Mob-Gewalt und Selbstjustiz bleiben meist straffrei. Weitere Menschenrechtsprobleme sind unter anderem willkürliche Haft, lange Untersuchungshaft, Mangel an Unabhängigkeit der Gerichte unterer Instanzen, häufige Verletzung der privaten Bürgerrechte, Angriffe und Schikanen von Medienvertretern, Einschränkungen der Versammlungs- und Bewegungsfreiheit, Korruption, Verletzung der Religionsfreiheit von Minderheiten, sowie verschiedene Formen schwerwiegender Gewalt gegen Frauen, unter anderem Ehrverbrechen und Diskriminierung. Wegen fehlender Rechenschaftspflicht der Regierung blieben Vergehen oft ungeahndet, was zu einer Kultur der Straflosigkeit der Täter führt, staatlich oder nicht-staatlich. Die Behörden bestrafen Beamte nur selten für Verstöße gegen die Menschenrechte (USDOS 20.4.2018; vgl. HRW 10.1.2017).
Das Vorgehen der Sicherheitskräfte führte zum Verschwinden zahlreicher Männer und männlicher Jugendlicher, vor allem in den Provinzen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa und Sindh, und war dabei teilweise sogar durch das Antiterrorgesetz und andere Regelungen gedeckt. Obwohl der Oberste Gerichtshof die Regierung 2013 mehrfach unmissverständlich dazu aufgefordert hatte, das Schicksal der Verschwundenen aufzuklären, unternahmen die Behörden nur wenig, um diese Menschenrechtsverletzung gemäß der pakistanischen Verfassung und internationalen Verpflichtungen zu bekämpfen. Anordnungen des Obersten Gerichtshofs, die Verantwortlichen aus den Reihen der Sicherheitskräfte zur Verantwortung zu ziehen, blieben folgenlos. Nur äußerst selten tauchten Aktivisten, die verschwunden waren, lebend wieder auf (AI 25.2.2015). 2015 gab es bei den Fällen, die vor den höheren Gerichten auf Aufklärung warten, nur kleine Fortschritte (HRCP 3.2016).
Gemäß der Kommission zur Ermittlung erzwungenen Verschwindens (COIED) wurden im Zeitraum 2011 bis 30.4.2018 4.929 Fälle zur Kenntnis gebracht und davon 3.269 Fälle abgeschlossen; 1.822 Fälle sind noch offen (DPG 7.5.2018). Stand 30.12.2017 waren 4.608 Fälle angezeigt, davon 3.076 abgeschlossen und 1.532 offen (HRCP 4.2018; vgl. USDOS 20.4.2018), davon 867 aus der Provinz Khyber Pakhtunkhwa (HRCP 4.2018). HRCP berichtet über 728 Personen, die 2016 als vermisst gemeldet wurden, die höchste Zahl seit mindestens sechs Jahren (HRCP 5.2017). Im Jahr 2017 gingen 868 neue Fälle vermisster Personen ein, während im selben Jahr 555 Fälle abgeschlossen wurden (HRCP 4.2018).
Gesetzesvollzugsorgane und Sicherheitsbehörden werden beim Verüben von Menschenrechtsverletzungen wegen ihres großen politischen Einflusses nicht zur Verantwortung gezogen, vor allem in Fragen der nationalen Sicherheit und der Terrorabwehr. Im März 2017 wurde vom Parlament ein Verfassungszusatz beschlossen, wonach geheime Militärgerichte zur Verhandlung gegen Terrorismusverdächtige für weitere zwei Jahre zugelassen sind (HRW 18.1.2018).
Extralegale Tötungen kommen vor allem in Form der sogenannten "police encounters" vor, d. h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern, Aufständischen oder Terroristen und der Polizei oder paramilitärischen Sicherheitskräften, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Als Begründung führt die Polizei regelmäßig an, dass die Opfer versuchten, aus dem Polizeigewahrsam zu flüchten, oder bei ihrer Verhaftung von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hätten. Laut der NGO "Human Rights Commission of Pakistan" kamen 2016 landesweit hunderte Personen bei "police encounters" ums Leben. Demnach sprach die Polizei im Punjab von 340 Getöteten bei "encounters", die Polizei im Sindh zählte 248 Tote. Für die anderen Provinzen und territorialen Einheiten lagen die Zahlen bei 229 (Belutschistan), 315 (FATA - Federally Administered Tribal Areas), 40 (Khyber Pakhtunkhwa) und vier (Gilgit-Baltistan) Getöteten. In der Regel werden diese Fälle nicht gerichtlich untersucht. Die Familien der Opfer, die meist den ärmeren Bevölkerungsschichten angehören, wagen entweder nicht, die Version der Polizei in Frage zu stellen, oder haben nicht die finanziellen Möglichkeiten, gerichtlich gegen die Beamten vorzugehen (AA 20.10.2017).
In zahlreichen Fällen bleiben Strafgefangene über viele Jahre hinweg widerrechtlich inhaftiert, obwohl ihre Haftstrafe bereits verbüßt ist. Ein häufiger Grund ist, dass die Strafgefangenen oder ihre Familienangehörigen nicht die notwendigen Mittel aufbringen können, die gleichzeitig mit der Haftstrafe verhängte Geldbuße nach Ablauf der Haftzeit zu begleichen. Ein anderer Grund ist, dass Gerichtsurteile nicht konsequent umgesetzt werden. Andere Personen werden, ohne dass gegen sie eine Haftstrafe verhängt wurde, nur deshalb in Haft genommen, weil sie nicht in der Lage sind, gegen sie verhängte Bußgelder zu begleichen (AA 20.10.2017).
Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind die Blasphemiefälle. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 20.10.2017).
Der Senat und die ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechten hielten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen mit Bezug auf die Menschenrechte, unter anderem Ehrverbrechen und Polizeigewalt ab. Das Gesetz zur nationalen Menschenrechtskommission von 2012 sah Einrichtung eines unabhängigen Komitees, der nationalen Kommission für Menschenrechte, vor. Dieses wurde von der Regierung 2015 eingerichtet. Im November 2015 wurde ein unabhängiges Ministerium für Menschenrechte wieder eingerichtet (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (10.2017a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 13.3.2018
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/297390/444645_de.html , Zugriff 19.4.2018
- DPG - Daily Pakistan Global (7.5.2018): 3,269 missing persons cases disposed off, confirms commission on enforced disappearances, https://en.dailypakistan.com.pk/headline/3269-missing-persons-cases-disposed-off-confirms-commission-on-enforced-disappearances/ , Zugriff 8.5.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2016): State of Human Rights in 2015, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2016/04/Highlights.pdf , Zugriff 22.3.2018
- HRCP - Human Rights Commision of Pakistan (5.2017): State of Human Rights in 2016, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2017/05/State-of-Human-Rights-in-2016.pdf , Zugriff 21.3.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (4.2018): State of Human Rights in 2017, http://hrcp-web.org/publication/wp-content/uploads/2018/04/State-of-Human-Rights-in-2017.pdf , Zugriff 20.4.2018
- HRW - Human Rights Watch (10.1.2017): Pakistan: Bloggers Feared Abducted - Government Needs to Investigate, Protect Journalists and Activists, http://www.ecoi.net/local_link/334582/476326_de.html , Zugriff 19.4.2018
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Pakistan, https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/pakistan , Zugriff 15.3.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Haftbedingungen
Ein "First Information Report" (FIR) ist die gesetzliche Grundlage für alle Inhaftierungen. Gewöhnlich initiiert eine dritte Person den FIR. Ein FIR erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen 24 Stunden festzuhalten. Eine Verlängerung der Untersuchungshaft um weitere 14 Tage ist nach Vorführung vor einem Polizeirichter möglich, wenn die Polizei triftige Gründe anführt, dass eine solche Verlängerung für die Ermittlungen unbedingt notwendig ist. Diese Einschränkung wird nicht immer eingehalten. Es gibt Berichte, dass Staatsorgane entweder einen FIR ohne Beweise ausstellten, oder aber erst nach dem Erhalt von Bestechungsgeld. Des Weiteren gibt es Berichte über Verhaftungen von Personen ohne gerichtliche Genehmigung (USDOS 20.4.2018).
Die Verhältnisse in den Gefängnissen sind sehr schlecht. Nach Feststellung von UNODC und HRCP sind die Grundrechte der Strafgefangenen, insbesondere auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde, nicht gewahrt. Dies gilt besonders für zum Tode verurteilte Strafgefangene. Haftanstalten sind chronisch überbelegt. Dies gilt insbesondere für die Gefängnisse in Punjab (AA 20.10.2017), wobei Stand 2016 in der Provinz sieben neue Distriktgefängnisse und ein Hochsicherheitsgefängnis in Bau waren (HRCP 5.2017) und für 2017 der Bau weiterer drei Gefängnisse angekündigt wurde (HRCP 4.2018).
HRCP berichtet, dass mit Stand Jahresende 2017 landesweit ca. 82.000 Personen in Haft waren, während die Kapazität der Haftanstalten landesweit auf ca. 56.000 ausgelegt ist. Die Überbelegung war in Punjab am gravierendsten. 2017 lag die Kapazität der 40 Haftanstalten in Punjab bei ca. 32.000 bei einer Belegung von ca. 50.000 Personen (HRCP 4.2018). Mit Verabschiedung der "National Judicial Policy" 2009 wurde zwar versucht, u.a. durch konsequentere Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zur Entlassung auf Kaution und zur Bewährung, das Problem der Überbelegung der Gefängnisse in den Griff zu bekommen, doch war eine deutliche Verbesserung der Lage auch 2015 noch nicht festzustellen (AA 30.5.2016). Ungefähr 70 % [vgl. HRCP 5.2017: fast zwei Drittel; vgl. HRCP 4.2018: ca. 53.000 von 82.000] der Häftlinge sind Untersuchungshäftlinge, nicht zuletzt wegen der allgemein überlangen Verfahrensdauer. Dabei übersteigt die Dauer der Untersuchungshaft nicht selten das zu erwartende Strafmaß (AA 20.10.2017).
Die Bedingungen in Gefängnissen und Haftanstalten sind großteils schlecht. Obwohl sich die qualitative und quantitative Ernährungssituation verbessert hat, führt unzureichende medizinische Versorgung und unzureichende Nahrungsversorgung in den Gefängnissen zu chronischen Gesundheitsproblemen und Unterernährung bei jenen, die nicht in der Lage sind, ihre Nahrung mit Hilfe von Familie oder Freunden zu ergänzen. In vielen Einrichtungen sind Hygiene, Belüftung, Beleuchtung und Trinkwasserzugang inadäquat. Die meisten Haftanstalten sind veraltet. Zwar besteht ein System für eine allgemeine medizinische Versorgung und einer Grundversorgung für Notfälle, doch verlangsamen bürokratische Verfahren den Zugang zu diesen Einrichtungen (USDOS 20.4.2018).
Die Menschenrechtskommission von Pakistan (HRCP) erklärte in ihrem Jahresbericht von 2017 auf Grundlage von Medienbeobachtung, dass es in diesem Jahr in pakistanischen Gefängnissen zu 47 Fällen von Gewalt oder Folter kam, bei denen 32 Männer gestorben sind (HRCP 4.2018).
Es gibt besondere Frauengefängnisse. Bei gemischten Gefängnissen sind Frauen- und Männerabteilungen voneinander getrennt (AA 20.10.2017). Die Zahl der weiblichen Strafgefangenen belief sich laut "Human Rights Commission of Pakistan" Stand 30.11.2017 auf 1442 (2016: 1.497) bei 81.509 (2016: 82.818) männlichen Strafgefangenen (HRCP 4.2018; Werte für 2016: HRCP 5.2017). Weibliche Gefangene sind Belästigungen, unzureichenden hygienischen Bedingungen und Mangel an medizinischer Versorgung unterworfen (AA 20.10.2017). Die Zahl sexueller Übergriffe an weiblichen Häftlingen ist 2016 zurückgegangen. Während jedes Gefängnis einen Dienstposten für eine weibliche Ärztin oder Pflegerin vorsieht, war dieser in einem Großteil der Gefängnisse vakant. Die meisten Gefängnisse haben separierte Frauensektionen, in manchen Fällen sind diese jedoch in unmittelbarer Nähe der Sektionen für Männer (HRCP 5.2017); beispielsweise im Haripur Central Jail in Khyber Pakhtunkhwa. Dies stellt für die weiblichen Gefangenen eine Gefährdung durch sexuelle Gewalt durch ihre männlichen Mitgefangenen - etwa bei Gefängnisunruhen - dar (Dawn 27.2.2016). Laut eines Berichtes des Innenministeriums von Oktober 2016 waren von 939 Frauen, die zum Untersuchungszeitpunkt in der Provinz Punjab inhaftiert waren, 110 gemeinsam mit ihren Kindern inhaftiert (HRCP 5.2017), für die Provinz Sindh wurden im Jahr 2017 40 Babys angegeben, die gemeinsam mit ihren Müttern in Haft waren (HRCP 4.2018).
Jugendgefängnisse existieren nicht. Der Jugendstrafvollzug erfüllt nicht die sowohl nach pakistanischem Recht (Juvenile Justice System Ordinance 2000, JJSO) als auch durch die VN-Konvention über die Rechte des Kindes vorgegebenen Mindestanforderungen. Der letzte festgestellte Anteil jugendlicher Strafgefangener zum Stichtag 1.12.2012 betrug 1,7 %. Bürokratische Hindernisse, Korruption auf verschiedenen Ebenen und die Ineffizienz des überlasteten Justizsystems führen auch im Jugendstrafvollzug dazu, dass viele Gefangene eine längere Zeit in Untersuchungshaft verbringen als sie laut Gesetz als Höchststrafe für ihr Vergehen erhalten könnten. Auch nach Ablauf der Strafhaft kommt es bis zur Freilassung z.T. zu langen Verzögerungen (AA 20.10.2017). Jugendliche Straftäter sind oft in den gleichen Einrichtungen untergebracht wie Erwachsene, allerdings in anderen Abteilungen. Die Trennung ist jedoch nicht strikt, und jugendliche Häftlinge werden oft Opfer von Gewalt, Missbrauch oder Vergewaltigung (USDOS 20.4.2018).
Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einen in jeder Provinz. Inspektoren besuchen die Gefängnisse und Haftanstalten unregelmäßig. Behörden verweigern internationalen Organisationen den Zugang zu Gefängnissen in den Gebieten Khyber Pakhtunkhwa, [ehem.] FATA und Belutschistan. Die Provinzregierungen von Sindh, Gilgit-Baltistan und Azad Kaschmir erlauben einigen internationalen Organisationen unabhängiges Monitoring in Zivilgefängnissen. Vertreter der Organisationen berichten, dass die Kontrollbesuche jedes Jahr weiter erschwert werden. Behörden auf lokaler, Provinz- und nationaler Ebene erlauben einigen Menschenrechtsgruppen und Journalisten die Gefängnisbedingungen für jugendliche und weibliche Häftlinge zu beobachten (USDOS 20.4.2018).
Bei einem Besuch in einem Gefängnis durch Mitglieder des Beirats des föderalen Ombudsmannes im Juli 2015, wurde der Fokus besonders auf Frauen und Kinder gerichtet. Demnach beschwerten sich weibliche Gefangene darüber, dass es ihnen nicht erlaubt sei, Kinderbetten zu verwenden. Gegenwärtig gäbe es keine Vorkehrungen, um den Gefangenen eine Berufsausbildung zu bieten. Durch den Ombudsmann wird eine Trennung der Belegschaft der Haftanstalt nach dem Schweregrad des Verbrechens gefordert (Dawn 27.2.2016).
Als Verbesserungen gibt USDOS an, dass 2017 die Infrastruktur und die Regeln in bestehenden Haftanstalten verbessert wurde und neue Gefängnisse errichtet wurden. Dadurch können Untersuchungshäftlinge vermehrt von verurteilten Straftätern getrennt untergebracht werden (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (30.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- Dawn (27.2.2016): Women prisoners in Haripur vulnerable to assault, http://www.dawn.com/news/1242243 , Zugriff 20.4.2018
- HRCP - Human Rights Commision of Pakistan (5.2017): State of Human Rights in 2016, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2017/05/State-of-Human-Rights-in-2016.pdf , Zugriff 21.3.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (4.2018): State of Human Rights in 2017, http://hrcp-web.org/publication/wp-content/uploads/2018/04/State-of-Human-Rights-in-2017.pdf , Zugriff 20.4.2018
- UKHO - Country Information and Guidance (9.6.2016): Pakistan: Prison conditions, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/566233/PAK_Prison_conditions.pdf , Zugriff 20.4.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Todesstrafe
Die Regierung erließ im Jänner 2015 als Reaktion des Terrorangriffs auf die vom Militär geführte Schule in Peshwar [Anm.: der Angriff erfolgte im Dezember 2014] eine Verfassungsänderung, welche den Militärgerichten künftig erlaubt, unter Terrorverdacht stehenden Zivilisten den Prozess zu machen. Die Maßnahme wäre im Jänner 2017 ausgelaufen, wurde aber durch die Regierung bis Jänner 2019 verlängert (USDOS 20.4.2018). Das 2008 eingeführte Moratorium auf die Vollstreckung der Todesstrafe wurde am 17.12.2014 aufgehoben (AA 20.10.2017), zunächst für terroristische Straftaten, später auch für andere Kapitalverbrechen ohne terroristischen Bezug (ÖB 10.2017).
Bei Verwirklichung von 27 [vgl. ÖB 10.2017: 31] verschiedenen Straftatbeständen kann die Todesstrafe verhängt werden. Der unter Todesstrafe gestellte Tatbestandskatalog geht weit über den nach dem internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte gesetzten Rahmen hinaus, den Pakistan ebenfalls ratifiziert hat. Es besteht die Gefahr, dass Personen wegen eines Tatbestandes, der gemäß dieses Paktes von der Verhängung der Todesstrafe ausgenommen ist, dennoch zum Tode verurteilt und auch hingerichtet werden (AA 20.10.2017).
Die Todesstrafe kann u.A. bei folgenden Delikten verhängt werden: Mord; Raub mit Todesfolge; gerichtliche Falschaussage mit dem Ziel, dass eine unschuldige Person zum Tode verurteilt wird; Terrorismus mit Todesfolge; Vergewaltigung und Gruppenvergewaltigung; Haraabah [Straßenraub]; Eisenbahnsabotage; Störung der religiösen Harmonie; Entkleiden einer Frau; Entführung von Minderjährigen oder Entführung mit dem Ziel sexueller Ausbeutung oder Lösegeldforderungen; Import, Export, Schmuggel, Produktion von Drogen; sexueller Kontakt außerhalb einer Ehe; Hochverrat; kriegerische Handlungen gegen Pakistan; Meuterei oder Befehlsverweigerung; unbefugte Weitergabe oder Nutzung militärischer Passwörter; Waffenhandel; Blasphemie (HRCP o.D.).
Als besondere Problematik sind die als rechtliche Handhabe zur Unterdrückung religiöser Minderheiten dienenden Blasphemiegesetze anzuführen, die Herabwürdigungen des Propheten mit der Todesstrafe bedrohen. Diese wurde bisher allerdings in diesem Zusammenhang noch nie vollzogen [siehe auch Abschnitt 16. Religionsfreiheit] (ÖB 10.2017).
Die Analyse einer Reihe von Fällen zeigt, dass auch in Verfahren, in denen die Todesstrafe verhängt wird, immer wieder schwere Rechtsfehler passieren und die Verfahrensrechte der Angeklagten schwer missachtet werden. Urteile werden mitunter ausschließlich aufgrund der Geständnisse der Angeklagten verhängt, wobei davon auszugehen ist, dass Geständnisse immer wieder durch Folter oder Misshandlung im Polizeigewahrsam erzwungen werden. In vielen Fällen beruhen die Todesurteile auf rechtsstaatlich sehr zweifelhaften Verfahren, in mehreren Fällen besteht Grund zur Annahme, dass die hingerichtete Person zum Tatzeitpunkt minderjährig war (AA 20.10.2017). Seit der Aufhebung des Moratoriums seit Dezember 2014 wurden bis Dezember 2016 mindestens sechs Jugendliche hingerichtet (Dawn 22.12.2016).
Zum Tode Verurteilten stehen als Rechtsmittel der normale gerichtliche Instanzenweg bis zum Obersten Gerichtshof (Supreme Court) und anschließend die Möglichkeit eines Gnadengesuchs an den Staatspräsidenten offen (AA 30.5.2016). Der Präsident hat die Ermächtigung unter Artikel 45 der Verfassung, zum Tode Verurteilte zu begnadigen (Dawn 12.4.2018). Gnadengesuche werden Berichten zufolge generell ohne Einzelfallprüfung abgelehnt (ÖB 10.2017; vgl. Dawn 12.4.2018). Von Dezember 2014 bis Apil 2018 wurden im Zusammenhang mit Todesurteilen 513 Gesuche zum Zwecke einer Begnadigung von Gefangenen abgelehnt, davon wurden 444 innerhalb der ersten 15 Monate seit der Wiedereinführung der Todesstrafe gestellt (Dawn 12.4.2018).
Seit der Aufhebung des Moratoriums wurden in Pakistan, bis Jahresende 2017, 489 Personen hingerichtet (HRCP 4.2018; vgl ÖB 10.2017: 432 mit Stand Oktober); 94% davon wegen nicht-terroristischer Verbrechen (ÖB 10.2017). Amnesty International zählte 2017 mindestens 60 (AI 12.4.2018), HRCP mindestens 64 Hinrichtungen, von denen 43 nach Verurteilungen durch Militärgerichte vollstreckt wurden (HRCP 4.2018). Für das Jahr 2016 gab AI mindestens 87 (AI 11.4.2017) und für 2015 insgesamt 326 Hinrichtungen an (AI 6.4.2016).
Die Gesamtzahl der Insassen im Todestrakt pakistanischer Gefängnisse beträgt ca. 8.200 - eine der größten Zahlen an Menschen "on death row" weltweit (HRCP 4.2018; vgl. auch AI 23.2.2016). 2017 wurden 253 Personen zum Tode verurteilt, davon wurden 177 Urteile von normalen Strafgerichten verhängt (HRCP 4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (30.5.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AI - Amnesty International (6.4.2016): Death Sentences and Executions 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1466066825_act5034872016english.pdf , Zugriff 23.4.2018
- AI - Amnesty International (11.4.2017): Death Sentences and Executions 2016, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397709/1226_1491901514_act5057402017english.pdf , Zugriff 23.4.2018
- AI - Amnesty International (12.4.2018): Report on death sentences and executions in the year 2017 worldwide, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5079552018ENGLISH.PDF , Zugriff 23.4.2018
- Dawn (12.4.2018): President rejected 513 mercy petitions in five years, https://www.dawn.com/news/1401046 , Zugriff 23.4.2018
- Dawn (22.12.2015): Reviewing the death penalty, http://www.dawn.com/news/1303817/reviewing-the-death-penalty , Zugriff 23.4.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (4.2018): State of Human Rights in 2017, http://hrcp-web.org/publication/wp-content/uploads/2018/04/State-of-Human-Rights-in-2017.pdf , Zugriff 20.4.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (o.D.): Death penalty offences, http://hrcp-web.org/hrcpweb/death-penalty-offences/ , Zugriff 23.4.2018
- ÖB - Österreichische Botschaft Islamabad (10.2017): Asylländerbericht - Pakistan 2017
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Religionsfreiheit
Laut Volkszählung 2017 sind 96,28 % der ca. 207 Millionen Einwohner Pakistans muslimisch [vgl. CIA 14.3.2018: 96,4 %; USDOS 15.8.2017: 95 %], 1,59 % Christen, 1,6 % Hindus, 0,22 % Ahmadi, 0,25 % gelistete Kasten ("scheduled castes") und 0,07 % gehören einer anderen Religion an (PBS 2017b). CIA World Factbook gibt an, dass von den Muslimen ca. 85-90 % Sunniten und 10-15 % Schiiten sind (CIA 14.3.2018) und USDOS geht anhand der Volkszählung 1998 davon aus, dass 75 % der muslimischen Bevölkerung offiziell als Sunniten und 25 % als Schiiten geführt werden. Weitere Religionsgemeinschaften sind Hindus, Christen, Zoroastrier, Bahais, Sikhs, Buddhisten, Ahmadis und kleinere Gruppen wie Kalasha, Kihal und Jainisten. Minderheitenvertreter schätzen die Zahl der religiösen Minderheiten auf 6-10 Millionen Anhänger (USDOS 15.8.2017).
Artikel 227 der Verfassung besagt, dass alle Gesetze mit den Regeln des Islams konform sein müssen, wobei der Artikel auch Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen vorsieht (Pakistan Constitution 1973, 2016; vgl. USDOS 15.8.2017). Die Verfassung verbietet Diskriminierung in religiösen Bereichen (USDOS 15.8.2017). Die Praktiken der Regierung und einige Gesetze schränken für religiöse Minderheiten die Religionsfreiheit ein (USDOS 20.4.2018). Vertreter der Minderheiten brachten vor, dass die Regierung bei der Sicherung der Rechte der Minderheiten auf Bundes- und Provinzebene inkonsequent war und dass die Maßnahmen der Regierung zur Unterbindung von Zwangskonvertierungen religiöser Minderheiten zum Islam unzureichend seien. Vertreter religiöser Minderheiten erklären, dass das neue Gesetz der Provinzversammlung von Sindh gegen Zwangskonvertierungen, das im November 2016 beschlossen wurde, Zwangskonvertierungen unterbindet und Minderjährige, die religiösen Minderheiten angehören, besser schützen könne. (USDOS 15.8.2017).
Die Lage der religiösen Minderheiten - vor allem Christen und Hindus - sowie der Ahmadis, die vom pakistanischen Staat nicht als Muslime anerkannt werden, ist weiterhin schwierig. Viele leben in Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft. Eine Bedrohung geht von militanten Organisationen vor allem gegen Schiiten, Ahmadis und Christen, aber auch gegen gemäßigte Sunniten aus (AA 10 .2017a). Religiöse Minderheiten sowie sunnitische Muslime und Sufis, die sich gegen die Terrorgruppen oder deren Ansichten stellen, stehen neben Sicherheitskräften besonders im Fokus terroristischer Gruppen, insbesondere der pakistanischen Taliban und der Lashkar-e-Jhangvi. 2016 waren die Minderheiten von zahlreichen Anschlägen mit Todesopfern betroffen (USCIRF 4.2017). Gezielte Tötungen von Minderheitenangehörigen betreffen vor allem lokal bekannte Personen, die z.B. einflussreiche Positionen in ihrer Gemeinschaft haben, oder angesehene Berufe, wie Ärzte und Rechtsanwälte (BAA 6 .2013; vgl. auch: BFA 9.2015).
Im Jahr 2017 wurden in Pakistan 16 Fälle von Gewalt gegen religiöse Minderheiten berichtet, was im Vergleich zum Jahr 2016 (35 Fälle) ein Rückgang um mehr als die Hälfte ist. 231 Personen kamen bei diesen Angriffen im Jahr 2017 ums Leben, dies ist ein Anstieg im Vergleich zum Jahr 2016 (137 Tote) um fast 70 %. (SATP 18.2.2018). Laut PIPS wurden im Jahr 2017 bei sechs Terroranschlägen insgesamt 13 Angehörige von religiösen Minderheiten getötet und 57 verletzt (PIPS 1.2018 S 68), im Jahr 2016 wurden bei fünf Terroranschlägen insgesamt 82 Angehörige von Minderheiten getötet und 236 verletzt (PIPS 1.2017). [Anmerkung: Diese Zahlen beziehen sich in beiden Quellen auf nicht-muslimische Minderheiten und Ahmadis.]
Besonderes Angriffsziel radikal-sunnitischer Gruppen waren in den vergangenen Jahren die schiitischen Hazara-Gemeinden in Belutschistan. Die christliche Gemeinschaft ist von sozialer und gesellschaftlicher Diskriminierung betroffen und immer wieder Opfer von Anschlägen (AA 10 .2017a). Es gibt auch Berichte über Angriffe auf religiöse Plätze, Friedhöfe und religiöse Symbole der religiösen Minderheiten, die nicht von der Polizei unterbunden werden können (USDOS 15.8.2017). NGOs kritisieren die Behörden, dass die Polizei Angriffe auf Mitglieder der religiösen Minderheiten nicht erfolgreich verhindert bzw. erfolglos bei der Verhaftung der Täter ist. Es gibt allerdings Verbesserungen in der Professionalität der Polizei und Beispiele, wo lokale Behörden Minderheitenangehörige vor Diskriminierung und kommunaler Gewalt schützten (USDOS 20.4.2018).
Die umstrittene Blasphemiegesetzgebung, die ursprünglich unter der britischen Kolonialherrschaft zum Schutz der Religionsfreiheit eingeführt wurde, aber seit der Regierungszeit von General Zia-ul Haq in den 1980er-Jahren strenger ausgelegt wird, sieht u.a. für Gotteslästerung die Todesstrafe vor. Außerdem richten sich einige ihrer Paragrafen spezifisch gegen die Ahmadis (AA 10 .2017a). Vertreter der Ahmadis sind besorgt über das Vorgehen der Behörden gegen Ahmadis aufgrund der Blasphemie- und anderer widersprüchlicher, diskriminierender Gesetze (USDOS 15.8.2017). Auch die Gerichte versagen oft beim Schutz der Minderheitenrechte. Die Blasphemiegesetze werden diskriminierend gegen Christen, Ahmadis, Schiiten und andere Mitglieder religiöser Minderheiten angewendet (USDOS 20.4.2018). Rechtsbeobachter meinen allerdings auch, dass die Behörden einige Schritte unternommen hätten, um einige Personen vor unbegründeten Anschuldigungen der Blasphemie zu schützen, jedoch halten die unteren Gerichte grundlegende Beweismittelstandards in Blasphemieklagen nicht ein (USDOS 15.8.2017).
Per Gesetz ist es Madrassen verboten, interkonfessionellen oder interreligiösen Hass oder Gewalt zu propagieren. Es wurde gesetzlich vorgeschrieben, dass sich Madrassen in einem von fünf Verbänden oder direkt bei der Regierung registrieren lassen und ihre Finanzierung nachweisen müssen. Anführer der Zivilgesellschaft sagen, dass die Lehre religiöser Intoleranz weiterhin weit verbreitet ist. Obwohl mehrere Gruppen Empfehlungen zur Abschaffung diskriminierender Inhalte abgaben, zeigt die Bundesregierung keine Initiative, diese zu unterstützen. Es gab Berichte, dass einzelne Madrassen Gewalt oder Extremismus lehren (USDOS 15.8.2017). Bei der FFM 2013 führte ein Minderheitenvertreter aus, es gäbe eine "Infrastruktur" von Hass und Gewalt, Organisationen, die Hass verbreiten, Institutionen, die sie schützen sowie Interessenvertretungen, die sich einen ökonomischen Vorteil aus der Diskriminierung von Minderheiten erwarten (BAA 6 .2013). Der nationale Aktionsplan gegen Terror sieht auch explizit die Bekämpfung von Hassreden vor und einige Fälle wurden strafrechtlich verfolgt. Auch wurde die Bewegungs- und Redefreiheit von Klerikern eingeschränkt, denen vorgeworfen wird, religiösen Hass zu verbreiten (USDOS 15.8.2017).
Im Juni 2014 hat der Oberste Gerichtshof ein wichtiges Urteil als Reaktion auf den Anschlag auf die Allerheiligenkirche in der pakistanischen Großstadt Peschawar gefällt. Dieses Urteil forderte nicht nur von der Regierung, die Opfer des Anschlags zu entschädigen, sondern ordnete auch an, dass die Bundes- und Provinzregierungen Institutionen schaffen müssen, um die Durchsetzung von Gesetzen zum Schutz der Minderheiten zu überwachen, und dass ein Nationalrat für Minderheiten gegründet werden muss. Als Antwort auf die zunehmende Gewalt gegen Hindus im Sindh fördert die Provinzregierung die Sicherheit an religiösen Orten der Minderheiten. Der Fortschritt ist allerdings langsam und eine effektive Reaktion fehlt (MRGI 2.7.2015).
Laut Vertretern der Minderheitsreligionsgemeinschaften hindert die Regierung organisierte religiöse Gruppen prinzipiell nicht daran, Gebetsstätten zu errichten und ihre Geistlichen auszubilden. Es gibt keine offiziellen Einschränkungen zur Errichtung von Glaubensstätten der Ahmadis, jedoch verweigern lokale Behörden regelmäßig notwendige Baubewilligungen und Ahmadis dürfen ihre Gebetsstätten nicht als "Moschee" bezeichnen. Die Religionszugehörigkeit wird in Pässen angegeben und bei einem Antrag auf eine Identitätskarte wird danach gefragt (USDOS 15.8.2017).
Die meisten Minderheitengruppen berichteten von Diskriminierungen bei Anstellungen in der Regierung und bei der Aufnahme an Hochschulen. Im staatlichen Bereich gilt auf nationaler Ebene eine 5-Prozent-Quote für Minderheiten. Diese wird allerdings nach Aussage von Minderheitenvertretern nicht durchgesetzt (USDOS 15.8.2017). Vertreter religiöser Minderheiten berichten von einer "Gläsernen Decke", die verhindert, dass Nicht-Muslime in höhere Positionen im öffentlichen Dienst befördert würden. Auch im Militärdienst gibt es zwar keine offiziellen Hinderungsgründe, jedoch würden Angehörige von religiösen Minderheiten nur selten in Dienstgrade höher als Colonel [Oberst] aufsteigen (USDOS 15.8.2017). Die Diskriminierungen gehen allerdings nicht in die Richtung einer tatsächlichen Abgrenzung. Im Alltag ist die Kommunikation relativ unproblematisch zwischen den Religionen, dies bestätigten alle Interviewpartner bei der FFM 2013. Man heiratet häufig untereinander, versteht sich, lebt friedlich. Aber die Situation ist labil. Wenn sich ein Vorfall ereignet und jemand die Leute aufhetzt, kann es zu Ausschreitungen kommen. Das Land hat außerdem auch positive Veränderungen im Bereich religiöse Toleranz gesehen. Es ist heute möglich, vieles zu diskutieren. Es gibt unterschiedliche Organisationen in Pakistan, die für Toleranz und Zusammenarbeit zwischen den Religionen arbeiten. Durch die Zusammenarbeit zwischen den religiösen Führern unterschiedlicher Religionen finden Minderheitenangelegenheiten Gehör (BAA 6 .2013).
Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten und interkonfessionelle Harmonie organisiert die Teilnahme an der Hajj und anderen islamischen Pilgerfahrten. Das Budget des Ministeriums deckt auch finanzielle Hilfen für autochthone Minderheiten ab; darunter die Renovierung von Glaubensstätten, kleine Entwicklungsprojekte, Stipendien und die Durchführung religiöser Feiertage (USDOS 15.8.2017). Im Rahmen der Umsetzung der 18. Verfassungsänderung wurden in allen Provinzen Ministerien zur Wahrung der Rechte der Minderheiten eingerichtet (AA 20.10.2017).
Im Februar 2016 wurde von der Regierung ein Menschenrechts-Aktionsplan mit 16 Punkten mit Rahmenbedingungen für verbesserten Schutz u.A. von Minderheiten angekündigt, jedoch gab es im Frühjahr noch keine konkreten Hinweise auf eine Umsetzung. Im Februar 2017 wurde vom Parlament ein Zusatz zum Strafrecht beschlossen, der die Verbreitung von religiösem, sektiererischen oder ethnischen Hass mittels technischer Hilfsmittel strafbar macht. Jedoch befürchten religiöse Minderheitengemeinschaften, dass dieses Gesetz auch angewendet werden könnte, die Religionsausübung einzuschränken und die Zahl der Verhaftungen und falschen Anschuldigungen wegen Blasphemie zu erhöhen (USCIRF 4.2017).
Von den 342 Sitzen im Parlament sind zehn für Angehörige der religiösen Minderheiten reserviert. Im Senat sind vier der 104 Sitze für religiöse Minderheiten reserviert - je einer für jede Provinz. Reservierte Sitze für religiöse Minderheiten bestehen auch in den Provinzversammlungen; drei in Khyber Pakhtunkhwa, acht im Punjab, neun im Sindh und drei in Belutschistan. Die gewählten Parteien und nicht die Minderheitenversammlungen bestimmen die Minderheitenvertreter (USDOS 15.8.2017). In den lokalen Regierungen ist ein Minimum von einem Sitz pro Zila (Distrikt) und pro Tehsil (~Bezirk) vorgesehen, in Belutschistan mindestens zwei (BFA 10.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (10.2017a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 13.3.2018
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge.
- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan, http://www.bfa.bmi.intra.gv.at/board/staatendokumentation/Freigegebene Dokumente/Pakistan/FFM-Berichte/PAKI_FFM Report_2015_09.pdf, Zugriff 17.11.2016
- CIA - Central Intelligence Agency (14.3.2018): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html , Zugriff 18.3.2018
- MRGI - Minority Rights Group International (2.7.2015): State of the World's Minorities and Indigenous Peoples 2015 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/55a4fa494.html , Zugriff 15.3.2018
- Pakistan Constitution (1973, amend. 2016): Constitution of the Islamic Republic of Pakistan (1973) As Amended by The Constitution Twenty Second Amendment Act, 2016 Article: 227 Provisions relating to the Holy Quran and Sunnah, https://pakistanconstitutionlaw.com/article-227-provisions-relating-to-the-holy-quran-and-sunnah/ , Zugriff 14.3.2018
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017b): POPULATION BY RELIGION, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files//tables/POPULATION BY RELIGION.pdf, Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- SATP - South Asian Terrorism Portal (18.2.2018): Sectarian Violence in Pakistan: 1989-2018, http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/database/sect-killing.htm , Zugriff 14.3.2018
- USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (4.2017): 2017 Annual Report, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/2017.USCIRFAnnualReport.pdf , Zugriff 14.3.2018
- USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 International Religious Freedom Report - Pakistan, 2016 Report on International Religious Freedom - Pakistan, Zugriff 13.3.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Muslimische Denominationen, insbesondere Schiiten
In Pakistan finden sich viele Variationen der muslimischen Identität und der religiösen Intensität. Die beiden Hauptsekten Schiiten und Sunniten teilen sich in Pakistan auch in mehrere Subsekten. Die Sunniten unterteilen sich in hauptsächlich drei Gruppen. Von diesen formen die Barelvi [auch Ahle Sunnat wal Jama'at] die überwiegende Mehrheit mit ungefähr 60 % der sunnitischen Bevölkerung, nach einer Schätzung des Australian Department of Foreign Affairs and Trade. Deobandi werden auf ungefähr 35 % der Sunniten geschätzt und machen damit die zweitgrößte sunnitische Subsekte aus. Eine kleine Anzahl ungefähr 5 % der Sunniten folgt der Ahl-e Hadith (Salafi) Schule des Islam. Religiöse Intoleranz und Gewalt findet sich auch zwischen den muslimischen Sekten und innerhalb der sunnitischen Konfession, z. B. zwischen der Barelvi-Sekte, die sehr viel Sufi-Einfluss aufweist, aufgeschlossener ist und die Mehrheit der Pakistanis ausmacht, und der Deobandi, die islamistisch geprägt ist (BFA 10.2014). Der Sufismus - eine mystische Strömung im Islam - ist auch heftiger Kritik vonseiten der sunnitischen Orthodoxie und radikaler Kräfte ausgesetzt, die den Sufi-Bruderschaften Häresie und Verstöße gegen die religiösen Regeln vorwerfen (ZDF 26.11.2017).
Die Mehrheit der Schiiten in Pakistan gehört den Zwölfer-Schiiten an, Nizari Ismaeliten sind die zweitgrößte Gruppe, weitere Gruppen sind Daudi Bohras und Sulemani Bohras. Laut Australian Department of Foreign Affairs and Trade sind Schiiten im ganzen Land verteilt, machen aber in keiner Provinz die Mehrheit aus. Die Semi-Autonome Region Gilgit-Baltistan ist eine der wenigen Gebiete, wo Schiiten die Mehrheit der Bevölkerung stellen. Quer durchs Land leben schiitische und sunnitische Gemeinden im Alltag im Allgemeinen gut integriert nebeneinander. Eine bedeutende Anzahl an Schiiten lebt in Peshawar, Kohat, Hangu und Dera Ismail Khan in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa; in den Agencies Kurram und Orakzai in den [ehem.] FATA; in und um Quetta und entlang der Makran-Küste in Belutschistan, in den südlichen und zentralen Gebiete des Punjab sowie verteilt im Sindh. Viele urbane Zentren in Pakistan, wie Karatschi, Lahore, Rawalpindi, Islamabad, Peshawar, Multan, Jhang und Sargodha, beheimaten große Shia Gemeinden, wobei Schiiten oft in Enklaven in den Großstädten leben. Abgesehen von den Hazara unterscheiden sich Schiiten weder physisch noch linguistisch von den Sunniten. Schiiten finden sich unter den meisten ethnischen, linguistischen und Stammesgruppen Pakistans, allerdings sind Hazara überwiegend Schiiten und es gibt auch einige Clans oder Stämme, die eine schiitische Identität haben, wie Turis, Bohris, Baltis und einige Clans des paschtunischen Stammes Bangash. Die nationalen Identitätskarten zeigen nicht die Sekte der Person an. Schiiten sind in der Regierung, dem Staatsdienst, den Sicherheitskräften - auch in höheren Positionen - und in den bedeutenden religiösen Instanzen des Landes, dem Council of Islamic Ideology und den Scharia-Gerichten vertreten (UKHO 2.2015).
Einige Großstädte verbieten jedes Jahr im islamischen Monat Muharram Klerikern, die dafür bekannt sind, sektiererische Gewalt zu propagieren, das Betreten der Stadt (HRCP 4.2018, vgl. USDOS 15.8.2017). Beispielsweise wurden im Jahr 2017 22 Klerikern der Zugang zum Distrikt Abbottabad untersagt (HRCP 4.2018) und 2016 wurden 16 Kleriker an der Einreise ins Hauptstadtterritorium Islamabad gehindert) (HRCP 5.2017, vgl. USDOS 15.8.2017) und hunderttausende Sicherheitskräfte werden im ganzen Land während des Ashuras zum Schutz der schiitischen Zeremonien eingesetzt (USDOS 15.8.2017).
Human Rights Watch berichtet für das Jahr 2017, dass militante Gruppen Angriffe auf Schiiten und Sufis durchführten. Im Februar [2017] kam es zu einem Selbstmordanschlag auf einen Schrein in Sehwan, Sind, durch den Islamischen Staat, bei dem 88 Menschen ums Leben kamen und hunderte verletzt wurden (HRW 2017). Laut Berichten der schiitischen politischen Organisation Majlis Wahdat-e-Muslimeen Pakistan (MWM) haben die pakistanischen Taliban und andere terroristische Vereinigungen in der vergangenen Dekade geschätzt 25.000 schiitische Muslime getötet (USCIRF 4.2017).
Laut PIPS wurde im Jahr 2017 zum vierten Mal in Folge ein Abwärtstrend bei religiös-sektiererisch motivierter Gewalt in Pakistan verzeichnet. Die Anzahl jener Menschen, welche im Jahr 2017 bei konfessionsbedingten [Anm.: zwischen den verschiedenen muslimischen Konfessionen] Terroranschlägen ums Leben gekommen sind, sank um rund 29 %, d.h. von 104 Toten im Jahr 2016 auf 74 Tote im Jahr 2017. 106 Personen wurden 2017 bei Anschlägen verletzt, (-37 % verglichen mit 2016). Die Anzahl der Angriffe mit einem Zusammenhang zu religiös-sektiererischer Gewalt sank im Jahr 2017 nach PIPS im Vergleich zu 2016 um 41 % von 34 auf 20. Im Jahr 2017 galten 16 Angriffe Mitgliedern der schiitischen Glaubensgemeinschaft und vier Angriffe wurden gegen Sunniten durchgeführt. Schiitische Hazara waren bei drei Vorfällen in Belutschistan Opfer von gezielten Angriffen; im Juli 2017 wurden fünf Hazara im Distrikt Mastung ermordet, im September vier Hazara in Kuchlak und im Oktober drei Hazara in Quetta (PIPS 1.2018).
Quellen:
- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives.
- HRCP - Human Rights Commision of Pakistan (5.2017): State of Human Rights in 2016, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2017/05/State-of-Human-Rights-in-2016.pdf , Zugriff 21.3.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (4.2018): State of Human Rights in 2017, http://hrcp-web.org/publication/wp-content/uploads/2018/04/State-of-Human-Rights-in-2017.pdf , Zugriff 20.4.2018
- HRW - Human Rights Watch (2017): World Report 2018 - Pakistan, https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/pakistan , Zugriff 15.3.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- UKHO - UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance, Pakistan: Shia Muslims, http://www.refworld.org/docid/54e46a934.html , Zugriff 15.3.2018
- USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (4.2017): 2017 Annual Report, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/2017.USCIRFAnnualReport.pdf , Zugriff 14.3.2018
- USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 International Religious Freedom Report - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/1408507.html , Zugriff 13.3.2018
- ZDF (26.11.2017): Wer sind die Sufis?, https://www.zdf.de/nachrichten/heute/aegypten-bombardiert-sinai-nach-anschlag-auf-moschee-102.html , Zugriff 15.3.2018
Christen
Laut Ergebnis der pakistanischen Volkszählung 2017 sind 1,59 % der ca. 207 Millionen Einwohner Christen [Anm.: ca. 3,3 Millionen]. Der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung ist in Punjab (2,31 %) und in Islamabad (4,07 %) am höchsten (PBS 2017b). Etwa 60 % von ihnen sind Katholiken und 40 % protestantische Konfessionen (AA 20.10.2017). Etwa 90 % der Christen leben im Punjab, davon ca. zwei Millionen in Lahore (BAA 6 .2013; vgl. EASO 8.2015; vgl. UKHO 10.5.2016) und eine halbe Million im übrigen Punjab. Große christliche Gemeinden gibt es u.A. auch in Karatschi (UKHO 10.5.2016).
Kirchliche Einrichtungen umfassen Schulen, Krankenhäuser und Missionsstationen für die christliche Minderheit, zu denen arme Christen aufgrund der hohen Kosten nur begrenzten Zugang haben, während Bürger, die nicht einer Minderheit angehören und sich die Gebühren leisten können, die Einrichtungen nutzen, weil sie einen guten Ruf haben (BAA 6 .2013; vgl. EASO 8.2015).
Eine gewisse Freiheit der Religion ist vorhanden, man kann Symbole wie das Kreuz zeigen; jedoch kann man damit auch Diskriminierung auf sich ziehen. Die Ausdrucksfreiheit ist durch das Blasphemie-Gesetz eingeschränkt, allerdings trifft dies auch die Mehrheitsbevölkerung (BAA 6 .2013; vgl. EASO 8.2015). Im Unterschied zu den Ahmadis sind Christen in der Regel frei in der öffentlichen Ausübung ihres Glaubens, insoweit aber verwundbarer, als sie fast ausschließlich der wirtschaftlichen Unterschicht angehören. Es gibt so gut wie keine christliche Mittelschicht, dafür eine breite Unterschicht, die sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlägt. Viele Christen und Angehörige anderer Minderheiten leben in ausbeuterischen und schuldknechtschaftlichen Arbeitsverhältnissen. Auf dem Lande befindet sich die Mehrzahl der Christen als einfache Pächter in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Großgrundbesitzern; kleine Landbesitzer leben häufig in rein oder überwiegend christlichen Siedlungen. Während die Mehrzahl der pakistanischen Christen aus der Armut nicht herauskommt, versucht die kleine christliche Oberschicht vielfach, das Land zu verlassen (AA 20.10.2017).
Das Verhältnis zwischen der muslimischen Mehrheit und der christlichen Minderheit ist nicht konfliktfrei. Diskriminierung im wirtschaftlichen Bereich, im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt ist verbreitet (AA 20.10.2017), wobei Christen aus unteren sozioökonomischen Schichten größerer Diskriminierung ausgesetzt als jene aus höheren (UKHO 10.5.2016). Bis heute gibt es besonders im Inneren Sindh und Sheikhpura Menschen, die Christen als unberührbar und unrein empfinden, da viele Christen Nachkommen von Hindus aus unberührbaren Kasten sind, die im Zuge der Christianisierung konvertierten (BFA 10.2014).
Analphabetismus, Armut und Ausgrenzung führen für die christliche Gemeinschaft zu einer Gefährdung, vor Allem durch gesellschaftliche Gewalt. Christliche Frauen und Mädchen arbeiten oft als Hausangestellte. Bei dieser Tätigkeit laufen sie häufig Gefahr, Opfer von Gewalt oder Zwangskonversion zu werden (EASO 8.2015). Einzelne christliche Frauen und Mädchen wurden Opfer von Entführungen, Vergewaltigungen, sexuellen Übergriffen, Zwangskonvertierungen zum Islam und Zwangsverheiratungen mit muslimischen Männern. Es gibt Berichte, dass die Polizei solche Fälle nicht korrekt ermittelt und christliche Frauen nicht adäquat schützt (UKHO 10.5.2016). Zur gestiegenen Anzahl dieser Delikte in den letzten Jahren kommen neue Bedrohungen durch gezielte terroristische Angriffe (MRGI 10.2016). Die christliche NGO Open Doors schätzt, dass jährlich ca. 700 christliche Mädchen und Frauen entführt, oft auch vergewaltigt, mit muslimischen Männern zwangsverheiratet und zum Islam zwangskonvertiert werden (OD 11.2017). Die Jinnah Foundation berichtet zwischen 2012 und 2014 von 20 Fällen von Zwangskonvertierung und sexueller Gewalt an Christen (Jinnah Institute 8.3.2016).
Religiöse Minderheiten sind durch den Missbrauch der Blasphemie-Gesetze überproportional betroffen. Anzeigen wegen Blasphemie durch nicht-staatliche Akteure gegen Christen sind häufig motiviert durch Bösartigkeit, persönliche oder geschäftliche Streitigkeiten, Streitigkeiten um Besitz oder Grund; auch bestimmte politische Ereignisse können Anlass für eine Anzeige sein (UKHO 10.5.2016). Im Jahr 2016 wurden laut der NGO "Human Rights Commission of Pakistan" 15 Personen wegen Blasphemie festgenommen, zehn Muslime und fünf Angehörige anderer Konfessionen. Je zwei Muslime und Christen wurden demnach 2016 wegen Blasphemie zum Tode verurteilt. Der weltweit aufmerksam verfolgte Fall, der 2010 als erster Frau wegen Blasphemie zum Tode verurteilten Christin Asia Bibi, ist aktuell vor dem Obersten Gerichtshof anhängig, der das Todesurteil aufgehoben hat und den Fall noch einmal vollständig überprüfen will. Nachdem sich einer der Richter am Tag der Eröffnung der Überprüfungsanhörung als befangen aus dem Verfahren zurückgezogen hat, ist eine Weiterverhandlung bisher nicht terminisiert (AA 20.10.2017). Zwei Muslime und zwei Christen wurden im Juni 2016 wegen Blasphemie zum Tode verurteilt (AA 20.10.2017; vgl. USCIRF 4.2017). [Für weiterführende Informationen zum Blasphemiegesetz siehe Abschnitt 16.5.]
Auch infolge zunehmender radikalislamischer Strömungen besteht ein wachsender Druck auf christliche Gemeinden (AA 20.10.2017). Die Polizei versagt oft darin, Mitglieder der religiösen Minderheiten, u. a. Christen, vor Angriffen zu schützen aber es gibt auch Verbesserungen in der Professionalität der Polizei und Beispiele, dass lokale Behörden Minderheitenangehörige vor Diskriminierung und Gewalt schützen konnten (USDOS 20.4.2018). Zu speziellen Anlässen wie Versammlungen und Prozessionen werden von der Polizei präventive Schutzmaßnahmen ergriffen (BAA 6 .2013; vgl. EASO 8.2015).
Die christliche Gemeinschaft wird auch immer wieder Opfer von Anschlägen (AA 10 .2017a). In den Jahren 2015 und 2016 gab es in Lahore, der Hauptstadt der Provinz Punjab, mehrere gezielt gegen Christen gerichtete terroristische Anschläge mit zahlreichen Opfern (AA 20.10.2017). Am Ostersonntag 2016 wurden durch einen schweren Selbstmordanschlag auf einen von Christen besuchten Park in Lahore 70 Menschen getötet und über 300 verletzt (AA 10 .2017a). Bei einem Selbstmordanschlag durch den Islamischen Staat auf die Bethel Methodist Memorial Kirche am 17.12.2017 in Quetta wurden neun Menschen getötet (BBC 18.12.2017; vgl. Nation, The 18.12.2017).
Solche Angriffe belegen, dass es für die christliche Minderheit, die bislang vor allem unter sozialer Diskriminierung litt und im Vergleich zu anderen Minderheiten nur selten direkt angegriffen wurde, auch eine ernst zu nehmende latente terroristische Bedrohungslage gibt (AA 20.10.2017). Die christliche NGO Open Doors berichtet über weitere Morde an Christen im Zeitraum Nov. 2016 bis Okt. 2017, hält aber auch fest, dass es in diesem Zeitraum keinen erfolgreichen Anschlag gegen ein Kirchengebäude gab (OD 11.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (10.2017a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 13.3.2018
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge.
- BBC (18.12.2017): Deadly attack on Methodist church in Pakistan, http://www.bbc.com/news/world-asia-42383436 , Zugriff 26.4.2018
- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives.
- EASO - European Asylum Support Office (8.2015): EASO Länderinformationen (COI) - Pakistan Länderüberblick, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/BZ0415498DEN1.pdf , Zugriff 20.3.2018
- Jinnah Institute (8.3.2016): State of Religious Freedom in Pakistan, http://jinnah-institute.org/wp-content/uploads/2016/01/Minority-Report-2016.pdf ,, Zugriff 20.3.2018
- MRGI - Minority Rights Group International (10.2016): Violations against Christians in Pakistan,http://stories.minorityrights.org/pakistan-religious-minorities/chapter/chapter-3/ , Zugriff 20.3.2018
- Nation, The (18.12.2017): IS bombers kill nine at Quetta church, http://nation.com.pk/18-Dec-2017/is-bombers-kill-nine-at-quetta-church , Zugriff 26.4.2018
- OD - Open Doors (11.2017): Pakistan, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2018/pakistan , Zugriff 20.3.2018
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017b): POPULATION BY RELIGION, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files//tables/POPULATION BY RELIGION.pdf, Zugriff 14.5.2018
- UKHO - UK Home Office (10.5.2016): Country information and guidance: Christians and Christian converts, Pakistan, May 2016, https://www.ecoi.net/en/file/local/1046625/1930_1462886624_pak-christians-and-christian-converts-v2.pdf , Zugriff 20.3.2018
- USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (4.2017): 2017 Annual Report, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/2017.USCIRFAnnualReport.pdf , Zugriff 14.3.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Blasphemiegesetze
Es bestehen scharfe Gesetze gegen Blasphemie (§§ 295 a-c des pakistanischen Strafgesetzbuches). Seit 1990 verbietet § 295a das absichtliche Verletzen religiöser Objekte oder Gebetshäuser, § 295b die Entweihung des Koran, und § 295c die Beleidigung des Propheten Mohammed. Die letztgenannte Norm sieht auch bei unbeabsichtigter Erfüllung des Tatbestands der Prophetenbeleidigung die Todesstrafe vor. In den meisten Fällen wird auf Druck von Extremisten im erstinstanzlichen Urteil die Todesstrafe verhängt; Berufungsgerichte heben solche Urteile aber oft wieder auf. So wurde bislang kein Todesurteil in einem Blasphemiefall vollstreckt (AA 20.10.2017).
Gerichte wenden die Blasphemiegesetze gegen Mitglieder der Schiiten, Christen, Ahmadis und anderer religiöser Minderheiten an. Gerichte der ersten Instanz verlangten oft keine angemessenen Beweise in Blasphemiefällen (USDOS 15.8.2017). Falschaussagen kommen wegen der vagen Formulierung der Blasphemiegesetze und der minimalen Beweisanforderungen - nur die Aussage eines Zeugen ist notwendig - regelmäßig vor (MBZ NL 4.2017). Einige beschuldigte Personen verbrachten Jahre im Gefängnis, bevor Gerichte höherer Instanzen die Urteile aufhoben und die Freilassung anordneten. Berichten zufolge verweigern die Behörden in Blasphemiefällen manchmal eine Entlassung auf Kaution aufgrund des Risikos, die Angeklagten könnten fliehen oder Opfer von öffentlicher Gewalt werden. NGOs berichten, dass viele Personen, die wegen Vergehens gegen das Blasphemiegesetz in Haft sind, längere Zeiträume in Einzelhaft verbringen. Die Regierung erklärt, dass dies zum Schutz dieser Häftlinge ist (USDOS 15.8.2017).
In mehr als 80 % der gemeldeten Fälle zu Blasphemie werden die Angeklagten bei Berufung freigesprochen. Dennoch können Anschuldigungen der Blasphemie Mob-Gewalt auslösen, insbesondere wenn es sich bei dem Beschuldigten um einen Angehörigen einer religiösen Minderheit handelt (UKHO 1.2017).
Laut USDOS wurden 2016 18 Fälle von Blasphemie aufgenommen, im Jahr 2015 waren es drei neue Fälle (USDOS 15.8.2017). Im Jahr 2016 wurden laut der NGO "Human Rights Commission of Pakistan" 15 Personen wegen Blasphemie festgenommen: Zehn Muslime und fünf Angehörige anderer Konfessionen. Je zwei Muslime und Christen wurden demnach 2016 wegen Blasphemie zum Tode verurteilt. Während in der Mehrheit der Fälle Muslime betroffen sind, sind religiöse Minderheiten im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich überproportional betroffen. Unter den Fällen gegen Muslime nimmt der Anteil der schiitischen Minderheit (15-20 % der Bevölkerung) zu (AA 20.10.2017). Mindestens 19 Personen befanden sich 2017 aufgrund von Blasphemie-Verurteilungen im Todestrakt (HRW 18.1.2018).
Diese Fälle zeigen auch, dass die Strafgesetzänderung Ende des Jahres 2004, nach der Ermittlungen nur noch durch höhere Polizeibeamte geführt werden dürfen, nicht die erhoffte Verbesserung der Lage gebracht hat. Eine Person, die einmal wegen Blasphemie verurteilt wurde, wird vielfach auch nach Freispruch durch ein Berufungsgericht zum Opfer von Verfolgung durch extremistische Organisationen. Insbesondere bei Angehörigen religiöser Minderheiten geraten Familienangehörige von Angeklagten häufig ebenfalls ins Visier von Extremisten und erhalten z.B. anonyme Drohungen. Die Blasphemiegesetzgebung findet beim überwiegenden Teil der pakistanischen Gesellschaft Unterstützung und hat eine problematische Wirkung auf das Rechtsempfinden der Bevölkerung. Weiterhin sind Blasphemie-Vorwürfe auch Anlass oder Vorwand für gezielte Tötungen oder Mob-Gewalt gegen Personen, die der Blasphemie oder der Verteidigung von Personen unter Blasphemie-Vorwurf bezichtigt werden. Menschenrechtsorganisationen, die sich für eine Reform der Blasphemie-Gesetze einsetzen, werden von extremistischen und dschihadistischen Gruppierungen bedroht (AA 20.10.2017). Zwei hochrangige Politiker, der ehemalige Gouverneur der Provinz Punjab, Salman Taseer, und der damalige Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, wurden 2011 aufgrund ihres öffentlichen Eintretens für eine grundlegende Reform des Gesetzes ermordet. Danach blieben ernsthafte Bemühungen um eine Reform der Blasphemiegesetzgebung aus (AA 10 .2017a).
Es gibt Hilfsorganisationen für Blasphemie-Verdächtige. Die "National Commission for Justice and Peace" (NCJP) arbeitet als Rechtshilfeorganisation und bietet in acht regionalen Büros Hilfe an. Nach einer Freilassung benötigen die Betroffenen aus Sicherheitsgründen auch Umsiedlung und Rehabilitation. Die NCJP organisiert und hilft bei der Umsiedlung, dies verursacht hohe Kosten. Es gibt keine staatlichen Einschränkungen bei der Umsiedlung. Bei unbekannten Fällen ist eine Umsiedlung in Pakistan möglich, bei bekannten allerdings nicht. Für diese Fälle steht man auch mit dem Ausland in Kontakt, um für die Betroffenen eine Aufnahme in ein anderes Land organisieren zu können. Es gibt keine systematischen staatlichen Maßnahmen zum Schutz, keine Schutzgesetzgebung oder Policies für solche Fälle. In einigen Fällen gab es Kompensationen, jedoch in den meisten nicht. Auch die Rechtsanwaltskammer hat ein Komitee, das Rechtshilfe anbietet, diese Tradition wird allerdings schwächer (BFA 10.2014; vgl. BAA 6 .2013). Medien berichten, dass die Regierung kleine Schritte in Richtung Schutz vor unbegründeten Blasphemieanklagen unternimmt (USDOS 15.8.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2017a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 8.3.2018
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge.
- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives.
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422569.html , Zugriff 22.3.2018
- MBZ NL - Ministerie van Buitenlandse Zaken / Außenministerium der Niederlande (4.2017): Thematisch ambtsbericht over de positie van ahmadi's en christenen in Pakistan 2014-2016, https://www.rijksoverheid.nl/binaries/rijksoverheid/documenten/ambtsberichten/2017/04/24/thematisch-ambtsbericht-over-de-positie-van-ahmadis-en-christenen-in-pakistan-2014-2016/definitief thematisch ambtsberichten religieuze minderheden Pakistan.pdf, Zugriff 14.5.2018
- UKHO - UK Home Office (1.2017): Country Policy and Information Note Pakistan: Land disputes, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1485439926_pakistan-land-disputes-january-2017.pdf , Zugriff 22.3.2018
- USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 International Religious Freedom Report - Pakistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm?year=2016&dlid=268940 , Zugriff 13.3.2017
Konversion
Grundsätzlich hat jede Person die Freiheit, ihre Religion selbst zu wählen. Artikel 20 der Verfassung von 1973 garantiert die freie Religionsausübung. Die Rechtsordnung schränkt die Freiheit, die Religion zu wechseln, nicht ein. Im Gegensatz zu anderen islamischen Ländern, in denen Apostasie mit dem Tode bestraft wird, gibt es in Pakistan keine entsprechende strafrechtliche Bestimmung. Apostasie ist aber von der Gesellschaft in keiner Weise akzeptiert. Personen, die sich vom Islam abwenden, vertreten dies in aller Regel nicht öffentlich. Eine eventuelle Gefahr für Leib und Leben entsteht nur dann, wenn sich die betroffene Person besonders exponiert (AA 20.10.2017).
Die pakistanische Gesellschaft ist Konvertiten gegenüber im Allgemeinen sehr ablehnend eingestellt. Konvertiten werden von ihren Familien und von der Gesellschaft oft als eine Quelle der Schande empfunden und viele halten es für ihre Pflicht, solche Personen zu töten, um die Ehre wieder herzustellen (IRB 14.1.2013; vgl. auch: UKHO 5.2016).
Die Situation ist um einiges schwieriger für eine Person, von der bekannt ist, dass sie vom Islam zum Christentum konvertiert ist, als für eine Person, die als Christ geboren wurde. Es kommt allerdings in Pakistan sehr selten vor, dass jemand offenkundig zum Christentum konvertiert. Es wäre schwer für Personen, von denen bekannt ist, dass sie christliche Konvertiten sind, offen und frei in Pakistan zu leben. Bekannte Konvertiten sind von Gewalt, Einschüchterung und ernsthafter Diskriminierung durch nicht-staatlichen Akteuren betroffen, was im Einzelfall auch zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen kann (UKHO 5.2016).
Konvertieren muslimische Eltern zu einer anderen Religion, werden deren Kinder als illegitim angesehen. Der Regierung wäre es erlaubt, die Vormundschaft für diese Kinder zu übernehmen (USDOS 15.8.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (14.1.2013): Pakistan: Religious conversion, including treatment of converts and forced conversions (2009-2012) [PAK104258.E], http://www.ecoi.net/local_link/237372/360275_de.html , Zugriff 22.3.2018
- UKHO - UK Home Office (5.2016): Country Information and Guidance - Pakistan: Christians and Christian converts, https://www.ecoi.net/en/file/local/1046625/1930_1462886624_pak-christians-and-christian-converts-v2.pdf , Zugriff 20.3.2018
- USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 International Religious Freedom Report - Pakistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm?year=2016&dlid=268940 , Zugriff 13.3.2017
Ethnische Minderheiten
Pakistan ist ein multiethnischer und multireligiöser Staat (Murad Ullah 1.-2.10.2012). Laut Volkszählung 2017 leben in Pakistan ca. 207 Millionen Menschen (PBS 2017a). Laut CIA World Factbook ist die ethnische Zusammensetzung: Punjabi 44,7 %, Paschtunen 15,4 %, Sindhi 14,1 %, Saraiki 8,4 %, Muhajirs 7,6 %, Belutschen 3,6 %, andere ethnische Gruppen 6,3 % (CIA 23.2.2018).
Laut Volkszählung 2017 ist die Bevölkerungsverteilung nach Muttersprache: Punjabi 44,15 %, Paschto 15,42 %, Sindhi 14,1 %, Saraiki 10,53 %, Urdu 7,57 %, Belutschisch 3,57 %, andere 4,66 % (PBS 2017c). Die Sprachen sind nicht immer deckungsgleich mit der ethnischen Gruppenzugehörigkeit. So verschieden die ethnischen und sprachlichen Gruppen sind, überwiegen doch die Gemeinsamkeiten. Die Armee wird v.a. durch Punjabis dominiert (Murad Ullah 1.-2.10.2012).
In Karatschi ging die Regierung in den letzten fünf Jahren u.A. gegen die radikalen Flügeln von politischen Parteien vor, die in erster Linie eine ethnische Gruppe vertreten. Durch dieses Vorgehen konnten die Opferzahlen von politischer und religiös-sektiererischer Gewalt sowie durch Bandenkriminalität massiv verringert werden (PIPS 1.2018). Ethnisch-politische Parteien sind z.B. wie MQM (Muttahida Quami Movement), ANP (Awami National Party; eine Partei der Paschtunen) und PPP (Pakistan People's Party) (PIPS 1.2017).
Die MQM, eine säkulare Partei, repräsentiert urdu-sprachige Muslime der Mittelschicht, die nach der Teilung von Indien nach Pakistan emigrierten. Der populären MQM werden Gewaltakte vorgeworfen, während auch sie selbst ihre Gegner der Gewalt bezichtigt. (Jamestown Foundation 11.11.2016). Die MQM wirft den paramilitärischen Sindh Rangers vor, im Zuge von Sicherheitsoperationen im Juli 2017 in 21 Fällen Mitglieder entführt, gefoltert oder getötet zu haben. Auch Sindhi Nationalisten bringen ähnliche Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte vor (USDOS 20.4.2018). Trotzdem die MQM der Gewaltanwendung bezichtigt wurde und es diesbezüglich zu Verhaftungen kam, konnte die Partei immer Wahlerfolge verzeichnen (RSiS 3.1.2017). Sie hält eine beträchtliche Anhängerschaft und Sitze im Parlament (Jamestown Foundation 11.11.2016).
Quellen:
- CIA - Central Intelligence Agency (23.2.2018): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html , Zugriff 8.3.2017
- Jamestown Foundation (11.11.2016): Karachi's Security Crackdown a Boost for Pakistan's Islamists; Terrorism Monitor Volume: 14, http://www.ecoi.net/local_link/332236/473580_de.html , Zugriff 29.3.2018
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS - 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN TEHSIL WISE FOR WEB CENSUS_2017.pdf, Zugriff 8.5.2018
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017c): POPULATION BY MOTHER TONGUE, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files//tables/POPULATION BY MOTHER TONGUE.pdf, Zugriff 14.5.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2017): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.9, No.1, Special Report 2016 - Pakistan Security Report, Zugriff 15.3.2017
- RSiS - S. Rajaratnam School of International Studies (3.1.2017): Counter Terrorist Trends and Analysis Volume 9, Issue 1, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/CTTA-January-2017.pdf , Zugriff 29.3.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung, doch die Regierung beschränkt diese Rechte. Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der [ehem.] FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein. Die Regierung verbietet Reisen nach Israel. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein "no objection certificate" einholen, doch von Studenten wird dies selten verlangt. Personen auf der Exit Control List ist es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche in staatsfeindliche Aktivitäten und Terrorismus involviert sind oder in Verbindung zu einer verbotenen Organisation stehen bzw. jene gegen die ein Kriminalverfahren vor höheren Gerichten anhängig haben, von Auslandsreisen abhalten (USDOS 20.4.2018).
Die Bewegungsfreiheit in Pakistan wurde in den Jahren 2016 und 2017 häufig aufgrund einer Reihe von Faktoren wie militärische Operationen und Naturkatastrophen eingeschränkt. Auch blieben Reisebewegungen von Frauen, Transgenderpersonen und bestimmten religiösen Minderheiten im Laufe des Jahres gefährlich. Der Zugang zu Gebieten in den [ehem.] FATA, wo die Armee Operationen gegen Aufständische durchführte, war eingeschränkt (HRCP 4.2018; vgl. HRCP 5.2017).
In den Städten, vor allem den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karatschi, Peshawar oder Multan, leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Land. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (AA 20.10.2017).
In Anbetracht der tief in der Gesellschaft verwurzelten Aversion gegen die religiöse Minderheit der Ahmadis sei es unmöglich, dass diese einer Verfolgung durch einen Wohnortwechsel innerhalb Pakistans entkommen würden (ÖB 10.2017). Ahmadis bietet ein Umzug nach Rabwah, ihrem religiösen Zentrum, einen erheblichen Schutz vor Repressionen, weil sie dort weitgehend unter sich sind, auch wenn sie dort für ihre Gegner sichtbar sind. Auch besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen (AA 20.10.2017).
Für verfolgte Angehörige der christlichen Minderheit bestehen - abgesehen wiederum von den Fällen, die überregionale Bekanntheit erlangt haben - generell Ausweichmöglichkeiten in andere Landesteile. Angehörige der schiitischen Minderheit der Hazara stammen ursprünglich aus Afghanistan und leben in Pakistan beinahe ausschließlich in der Provinz Belutschistan. Hazaras würden durch ihr Aussehen und ihre Sprache überall in Pakistan auffallen. Zwar gibt es nördlich von Islamabad eine weitere Ansiedlung von Hazara (ca. drei Millionen), diese sind aber Sunniten und mit den aus Afghanistan stammenden Hazara nicht verwandt. Im Ergebnis sind inländische Ausweich- oder Fluchtmöglichkeiten zwar nicht grundsätzlich auszuschließen, scheinen aber im Falle der Hazara aus Belutschistan deutlich beschränkt (AA 20.10.2017).
Auszuschließen ist eine innerstaatliche Fluchtalternative für Personen, die von nicht-staatlichen Akteuren (vor allem terroristischen Gruppierungen) verfolgt werden und bei einer strafrechtlichen Verfolgung durch die Blasphemiegesetze. Letzteres kann analog auch auf andere ähnliche Sachverhalte und Verfolgungsgründe wie z.B. sexuelle Orientierung angewandt werden (ÖB 10.2017). Männer können bei privaten Disputen oder der Gefährdung, Opfer eines Ehrverbrechens zu werden, also in Fällen, wo nur durch Privatpersonen eine Verfolgung besteht, grundsätzlich meist in andere Gebiete Pakistans ausweichen. Es kommt allerdings auf die Vernetzung und den Einfluss der verfolgenden Person bzw. Personengruppen an. Wenn ein ganzer Stamm eine Person aufgrund einer Ehrverletzung verfolgt, wird er, laut Aussage von HRCP, auch "in New York gefunden" werden. Es ist somit der individuelle Einzelfall zu berücksichtigen (BAA 6 .2013).
Allein schon aufgrund der Größe des Landes bestehen innerstaatliche Fluchtalternativen in humanitären Notfällen und im Falle von Kampfhandlungen (neben den vergleichsweise sicheren Provinzen Punjab und Sindh etwa auch IDP-Camps in Jalozai, Khyber Pakhtunkhwa, und New Durrani, ehem. FATA), allerdings stellt sich die humanitäre Lage in Bezug auf IDPs Berichten der in diesem Bereich tätigen Hilfsorganisationen zufolge als besorgniserregend dar (ÖB 10.2017).
Für Angehörige aller Gruppen gilt, dass ein Ausweichen in der Regel das Aufgeben der wirtschaftlichen Basis mit sich bringt (AA 20.10.2017). Grundsätzlich ist eine Einzelfallprüfung für die Feststellung des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative notwendig (ÖB 10.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge.
- HRCP - Human Rights Commision of Pakistan (5.2017): State of Human Rights in 2016, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2017/05/State-of-Human-Rights-in-2016.pdf , Zugriff 21.3.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (4.2018): State of Human Rights in 2017, http://hrcp-web.org/publication/wp-content/uploads/2018/04/State-of-Human-Rights-in-2017.pdf , Zugriff 20.4.2018
- ÖB Islamabad - Österreichische Botschaft (10.2017): Asylländerbericht - Pakistan 2017
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
Grundversorgung und Wirtschaft
Pakistan ist mit ca. 207 Millionen Einwohnern (PBS 2017a) der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Erde. Über die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt, das Durchschnittsalter der Pakistani wird mit 23,8 Jahren angenommen und der Abhängigenquotient [Bevölkerung bis 14 und ab 65 Jahre / Bevölkerung 15-64 Jahre] liegt bei 65 % (CIA 14.3.2018).
Pakistan verfügt über ein hohes Potenzial für wirtschaftliches Wachstum, bedingt durch seine günstige geographische Lage mit Brückenfunktion zwischen Zentral- und Südasien sowie zwischen China und dem Arabischen Meer, seinen Ressourcenreichtum, niedrige Lohnkosten, eine junge, wachsende Bevölkerung und eine wachsende Mittelschicht. Dieses Potenzial wird jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten die teils fragile Sicherheitslage, Korruption und die unzureichende Energieversorgung (AA 10 .2017c).
Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 %; der Sektor umfasst u. a. Bankwesen, Versicherungswesen, Transportwesen, der Kommunikationssektor, aber auch der überproportional große öffentliche Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 %). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 %) leistet die Landwirtschaft, in der jedoch 42 % der arbeitenden Bevölkerung tätig sind. Etwa 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört in vielen Bereichen (unter Anderem Getreideanbau und Viehzucht) zu den weltweit größten Produzenten und verfügt über das größte zusammenhängende landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet weltweit (AA 10 .2017c).
Das Wirtschafts- und Investitionsklima in Pakistan leidet unter mangelnder Investitionssicherheit, schlechter Regierungsführung und Korruption. Die Sicherheitslage hat sich über die vergangenen Jahre verbessert und auch bei der Bekämpfung der Energiekrise kann die Regierung Erfolge vorweisen (AA 10 .2017c).
Trotz vieler Schwierigkeiten bleibt Pakistan angesichts des erklärtermaßen großen Interesses der Regierung an einer Ausweitung der außenwirtschaftlichen Beziehungen in den Bereichen Investitionen und Handel, des hohen Investitionsbedarfs in vielen Bereichen, insbesondere Energie (inkl. Erneuerbare Energien), Landwirtschaft, Infrastruktur und Hochtechnologie, sowie im Hinblick auf die Kaufkraft einer wachsenden Mittelschicht ein interessanter Markt für ausländische Firmen (AA 10 .2017c).
Die Kosten der Korruption für Pakistan werden auf rund 5 bis 7 % des jährlichen BIP geschätzt. Diese Schädigungen treten in einer Vielzahl von Erscheinungen auf: Fehlen von staatlichen Einnahmen, Steuerhinterziehung, Unterschlagungen im öffentlichen Beschaffungswesen, falsche Preise bei Immobilientransaktionen im öffentlichen Sektor, Betrug, Provisionen und Kommissionen bei öffentlichen Investitionsprojekten etc. In Kombination mit Steuerhinterziehung schätzt die pakistanische Staatsbank (SBP) die daraus resultierende Kapitalflucht für die letzten drei Jahre auf etwa USD 8 Milliarden (Dawn 11.11.2016). Der Leiter der nationalen Rechenschaftsbehörde (National Accountability Bureau) Pakistans, schätzt, dass Pakistan täglich USD 133 Millionen aufgrund von Korruption verliert (Dawn 1.4.2016).
Pakistan steht in seiner politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung vor zahlreichen Herausforderungen. Die meisten Millenniumsentwicklungsziele hat das Land bis Ende 2015 nicht erreichen können. Im Index der menschlichen Entwicklung (HDI 2014) belegt Pakistan Platz 147 von 188 Ländern und schneidet damit im regionalen Vergleich schlecht ab. Zwar wurden die staatlichen Ausgaben für Gesundheit und Bildung deutlich gesteigert, doch sie sind weiterhin zu niedrig, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Das Bildungssystem hat sich seit 2013 verbessert, insbesondere das Berufsbildungswesen. Nach wie vor brechen aber zu viele Kinder die Schule zu früh ab oder erhalten gar keine Schulbildung. Jährlich streben sechs Millionen Jugendliche auf den Arbeitsmarkt. Für sie gibt es zu wenige zertifizierte Ausbildungsplätze. Viele junge Menschen haben keine Aussicht auf eine Arbeit. Eine weitere Folge des Bevölkerungswachstums ist die zu intensive Nutzung der knappen natürlichen Ressourcen, insbesondere der Agrarflächen und des Wassers (BMZ o.D.).
Die Wirtschaftskammer Österreich gibt für das Jahr 2016 rund 60,6 % der pakistanischen Bevölkerung [im erwerbsfähigen] Alter zwischen 15 und 64 Jahren an. Ca. 68 Millionen Pakistani waren Erwerbspersonen (WKO 10.2017). Die Arbeitslosenquote wird von unterschiedlichen Quellen zwischen 6,0 und 6,2 % angegeben (WKO 10.2017, CIA 12.1.2017, Statista 2018). Lt. WKO lag im Jahr 2016 die Jugendarbeitslosigkeit (Altersgruppe 15-24 Jahre) bei 10,8 % (WKO 10.2017), CIA gibt diese für das Jahr 2014 mit 8,6 % an (8 % bei Männern, 10 % bei Frauen) (CIA 14.3.2018).
CIA hält fest, dass die Arbeitslosenzahlen die Situation nicht vollständig beschreiben können, da ein großer Teil der Wirtschaft informell und Unterbeschäftigung hoch ist (CIA 14.3.2018). Unter Nichtbetrachtung der Landwirtschaft sind 72,6 % der Beschäftigten im informellen Sektor tätig, wobei der Anteil des informellen Sektors in urbanen Gebieten (69,2 %) niedriger ist als im ländlichen Raum (76,1 %). Etwa 30 % der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Etwa 7,1 Millionen Arbeitskräfte in Pakistan hatten 2016 Zugang zum Sozialversicherungssystem und hunderttausende Pakistani sind in sklavenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen tätig, insbesondere in der Landwirtschaft im Sindh und in Ziegelöfen im Punjab und in Khyber Pakhtunkhwa (HRCP 5.2017).
Unterstützt werden Arbeitssuchende vom Tameer-e-Pakistan Programm, einer Armutsbekämpfungsmaßnahme zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie Einkommensquellen für Armutsbevölkerung zu schaffen; unter Anderem durch Unterstützung arbeitsintensiver Klein- und Mittelbetriebe (IOM 2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2017c): Pakistan, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/wirtschaft/204976 , Zugriff 26.3.2018
- BMZ - Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Pakistan Situation und Zusammenarbeit https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/pakistan/zusammenarbeit/index.html , Zugriff 26.3.2018
- CIA - Central Intelligence Agency (14.3.2018): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html , Zugriff 18.3.2018
- Dawn (1.4.2016): Pakistan losing $133 million daily to corruption, https://www.dawn.com/news/1249119 , Zugriff 26.3.2018
- Dawn (11.11.2016): Institutions and development, https://www.dawn.com/news/1295551 , Zugriff 26.3.2018
- HRCP - Human Rights Commision of Pakistan (5.2017): State of Human Rights in 2016, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2017/05/State-of-Human-Rights-in-2016.pdf , Zugriff 21.3.2018
- IOM - International Organization of Migration (2017): Country Fact Sheet Pakistan, https://humanitariancompendium.iom.int/appeals/pakistan-2017 , Zugriff 26.3.2018
- PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS - 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN TEHSIL WISE FOR WEB CENSUS_2017.pdf, Zugriff 8.5.2018
- Statista (2018): Pakistan: Arbeitslosenquote von 2007 bis 2017, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/323110/umfrage/arbeitslosenquote-in-pakistan/ , Zugriff 26.3.2018
- WKO - Wirtschaftskammer Österreich (10.2017): Länderprofil Pakistan, https://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-pakistan.pdf , Zugriff 26.3.2018
Soziale Wohlfahrt und staatliche Beschäftigungsförderungsprogramme
Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten, Zakat und Ushr, verwaltet die staatlich eingehobene Zakat [Anmerkung: religiöse Pflicht für Muslime, einen geregelten Anteil des Einkommens an Arme und Bedürftige abzugeben, in Pakistan wird sie staatlich eingehoben], die 2,5 % des Einkommens beträgt, und finanziert damit Projekte für Arme und Bedürftige (EASO 8.2015; vgl. BFA 7.2016). Aber auch in diesem Bereich herrscht Korruption (Murad Ullah 1.-2.10.2012). Ein durchgehendes, konsistentes Sozialsystem ist auf Regierungsebene laut IOM nicht vorhanden. Das staatliche Zakat System finanziert Pakistan Bait-ul-Mal (PBM), das dem Premierminister untersteht, sowie das "Benazir Income Project" (BAA 6 .2013). PBM ist eine autonome Behörde, die einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung der Armut durch die verschiedenen Maßnahmen für die ärmsten Mitglieder der Gesellschaft leistet und Unvermögende, Witwen, Waisen, Invaliden sowie schwache und andere bedürftige Menschen unterstützt (PBM o.D). Der Finanzminister hat 2015 das Budget von PBM von zwei Milliarden Rupien auf vier Milliarden Rupien (ca. 34.379.503 €) erhöht (Dawn 6.6.2015). Anträge müssen mit der Kopie der nationalen ID Karte beim District Officer eingereicht werden. Es gab mit Stand 2013 144 zuständige District Officers für Pakistan, 30 für die [ehem.] FATA, 40 für Gilgit Baltistan und 40 für Kaschmir. Die Zahl der Empfänger des individuellen Unterstützungsprogramms betrug 2013 ca. 50.000. Die private Wohltätigkeitsebene ist in Pakistan sehr gut ausgeprägt (BAA 6 .2013).
Die Finanzierungsunterstützung richtet sich an Notleidende, Witwen, Waisen, Invalide, Kranke und andere Bedürftige mit einer Fokussierung auf Rehabilitation, Bildungsunterstützung für bedürftige Waisen, Stipendien für hervorragende, bedürftige Studenten für höhere Berufsausbildung, Unterkunft und Verpflegung für Bedürftige, medizinische Versorgung für mittellose kranke Menschen, der Aufbau kostenloser medizinischer Einrichtungen, Berufsweiterbildung sowie die finanzielle Unterstützung für den Aufbau von selbständigen Unternehmen (PBM o.D).
Quellen:
- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge.
- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (7.2016):Dossier zu Stammes- & Clanstrukturen in Afghanistan und Pakistan (ethnische Gruppen; Paschtunwali; Hazaras; religiös-basierte Wohlfahrtsstrukturen am Beispiel Afghanistans, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1470057716_afgh-stammes-und-clanstruktur-onlineversion-2016-07.pdf , Zugriff 25.11.2016
- Dawn (6.6.2015): Budget's aim not to burden ordinary citizens: Ishaq Dar, http://www.dawn.com/news/1186570 , Zugriff 26.3.2018
- EASO - European Asylum Support Office (8.2015): EASO Country of Origin Information Report Pakistan Country Overview, https://easo.europa.eu/wp-content/uploads/EASO_COI_Report_Pakistan-Country-Overview_final.pdf , Zugriff 20.3.2018
- Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.-2.10.2012): Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg.
- PBM - Pakistan Bait-ul-Mal (o.D.): Pakistan Bait-ul-Mal, http://www.pbm.gov.pk/pbm.html , Zugriff 26.3.2018
Wohlfahrt-NGOS
Private Einrichtungen wie die Edhi Foundation spielen eine wichtige Rolle in der sozialen Versorgung (BAA 6 .2013). Die Edhi Foundation ist die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie ist unter anderem der größte Rettungsdienstleister in Pakistan und bietet eine breite Palette an Sozialprojekten für Arme und Benachteiligte an (Gov Pak. 16.10.2015), darunter Gewährung von Unterkunft für Waisen und Behinderte, eine kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, sowie Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Rollstühle, Krücken und andere Dienstleistungen für Behinderte, etc. sowie Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Naturkatastrophen (Edih o.D.).
Der Bunyad Literacy Community Council (BLCC) ist eine NGO, die sich hauptsächlich im Bereich Bildung für junge Mädchen und Jugendliche im ruralen Raum engagiert. Bunyad bietet in 14 Bezirken in Punjab Alphabetisierung und Bildung für Randgruppen, wie Frauen und Kinder, an (UNESCO o.D.).
Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) unterstützt bei der Selbstorganisation der Landbevölkerung. Es ist in 67 Distrikten der vier Provinzen - inklusiv Azad Jammu und Kaschmir - aktiv. NRSP arbeitet mit mehr als 3,2 Millionen armen Haushalten zusammen, welche ein Netzwerk von ca. 204.000 kommunalen Gemeinschaften bilden. NRSP ist das größte ländliche Unterstützungsprogramm Pakistans, nach Angaben der Organisation nehmen Stand Jänner 2018 ca. 3,3 Millionen Personen an ihren verschiedenen Programmen teil. NRSP bietet Mikrofinanzierungen und andere soziale Leistungen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete an (NRSP o.D).
Quellen:
- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission.
- Edhi (o.D.): About Edhi Foundation, https://edhi.org/about-us/ , Zugriff 26.3.2018
- NRSP - National Rural Support Programme (o.D.b): About NRSP, http://www.nrsp.org.pk/about.html , Zugriff 26.3.2018
- Gov Pak - Government of Pakistan (16.10.2015): Consideration of reports submitted by States parties under articles 16 and 17 of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights; Initial reports of States parties due in 2010; Pakistan [16 October 2015] [E/C.12/PAK/1], 4. Februar 2016 (veröffentlicht von CESCR, verfügbar auf ecoi.net, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1455269511_g1601817.pdf , Zugriff am 26.3.2018)
- UNESCO (o.D.): Bunyad Literacy Community Council (BLCC /BUNYAD), http://uil.unesco.org/partner/library/bunyad-literacy-community-council-blcc-bunyad-pakistan , Zugriff 26.3.2018
Rückkehrhilfe und -projekte
Staatliche - oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen, auch für zurückkehrende, alleinstehende Frauen und unbegleitete Minderjährige, sind in Pakistan nicht vorhanden. Personen, die nach Pakistan zurückkehren, erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen. EU-Projekte, wie z.B. ERIN, sollen hier Unterstützung leisten, aber diese Projekte laufen erst langsam an (AA 20.10.2017).
Von 1.7.2015 bis 31.12.2016 implementierte die internationale Organisation für Migration (IOM), Landesbüro für Österreich, das Projekt RESTART - eine Reintegrations-unterstützung für Freiwillige Rückkehrer nach Afghanistan, Pakistan und andere Staaten.(IOM 18.9.2017). IOM führt in seinem Länderinformationsblatt für Pakistan mit Bezug auf pakistanische Rückkehrer an, dass diese bei der Arbeitssuche auch Unterstützung durch das Tameer-e-Pakistan Programm - einer Armutsbekämpfungsmaßnahme mit Ziel Arbeitsplätze im Land und Einkommensquellen für Armutsbevölkerung zu schaffen, erhalten können (IOM 7.1.2016).
Das Rückkehrprogramm ERIN wird von der pakistanischen NGO WELDO mit Finanzierung von AMIF und zahlreichen EU-Staaten durchgeführt. In 113 Bezirken werden Leistungen zur Reintegration und Unterstützung bereitgestellt. Die Programme sollen Rückkehrer wieder in den Arbeitsmarkt integrieren. Das Ausbildungsprogramm wird mit dem Bedarf am Arbeitsmarkt und an die jeweilige Person angepasst. Gegenwärtig liegt der Fokus der Organisation in der nachhaltigen Integration von pakistanischen Staatsangehörigen nach ihrer Rückkehr (freiwillig oder unfreiwillig) aus den Partnerländern. Beratung und Unterstützung in der Zielregion wird in verschiedenen Sprachen geboten. Es gibt verschiedene Programme für verschiedene vulnerable Personengruppen (WELDO o.D.).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- IOM - International Organization of Migration (18.9.2017): RESTART, http://www.iomvienna.at/de/restart , Zugriff 26.3.2018
- IOM - International Organization of Migration (7.1.2016): Länderinformationsblatt Pakistan, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772191/18363841/Pakistan_-_Country_Fact_Sheet_2015,_deutsch.pdf?nodeid=17927797&vernum=-2 , Zugriff 26.3.2018
- WELDO (o.D.): Weldo - Rebuilding Lives, http://www.weldo.org/about-us.php und http://www.weldo.org/erin.php , Zugriff 26.3.2018
Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung ist weiten Landesteilen unzureichend und entspricht medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch meist nicht europäischem Standard. In Islamabad und Karatschi ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem hohen Niveau und damit auch teuer. Die Versorgung mit zuverlässigen Medikamenten und eine ununterbrochene Kühlkette sind nicht überall gesichert. (AA 27.3.2018). Den meisten öffentlichen medizinischen Einrichtungen fehlt es an qualifiziertem Personal, Arzneimitteln und Medizinbedarf. Die Mehrheit der Pakistani greift daher auf private Gesundheitsversorgung zurück (EASO 8.2015).
Für medizinische Versorgung verfügt Pakistan über 1.201 Krankenhäuser, 683 ländliche Gesundheitszentren, 5.518 medizinische Grundversorgungseinrichtungen und 731 Mutter-Kind-Gesundheitszentren (HRCP 4.2018). Für die Patientenversorgung stehen Stand 2016 184.711 Ärzte, 16.652 Zahnärzte und 118.869 Krankenhausbetten zu Verfügung (HRCP 5.2017). Im Verhältnis gibt es einen Arzt für 997 Personen, ein Krankenhausbett für 1.584 Personen und einen Zahnarzt für 10.658 Personen. Das relative Verhältnis des medizinischen Personals zur Bevölkerungszahl hat sich in den vergangenen Jahren leicht verbessert (HRCP 4.2018).
Das Gesundheitswesen fällt vorwiegend in die Zuständigkeit der Provinzverwaltungen, mit Ausnahme der [ehem.] FATA, wo die Bundesregierung zuständig ist. Die Gesundheitsversorgung kann in Pakistan auf allen Ebenen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor erfolgen. In der Organisation wird zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärversorgung unterschieden. Die Primärversorgung erfolgt in Basic Health Units (BHU) die eine ambulante Grundversorgung bieten. Die Sekundärversorgung erfolgt in District Headquarter Hospitals (DHH), die eine gesamte Spanne ambulanter und stationärer Versorgung anbieten. Der tertiäre Sektor (hoch spezialisierte Versorgung) ist auf akademischer Ebene angesiedelt, die Krankenhäuser an Universitäten, Fakultäten und anderen Bildungseinrichtungen umfasst und auf welcher alle Fachrichtungen vertreten sind (EASO 8.2015). Das Gesundheitssystem besteht aus Leistungen bei Krankenhausaufenthalt (hospitalization benefit) und Leistungen bei der medizinischen Versorgung schwererer Krankheiten (optional major medical care benefit). Bei Krankenhausaufenthalten werden entstandene Kosten aufgrund von Krankheit, Unfall und Operation gedeckt. Entstandene Kosten für Krankenhausaufenthalte werden bis zu einer Jahresobergrenze für verschiedene Krankheiten gedeckt. Ausgenommen sind Schwangerschaft und Geburt. Bei der medizinischen Versorgung in Folge von schwereren Krankheiten wird die Kostenobergrenze für stationäre Patienten für alle versicherten Personen für Ausgaben, die von der jeweiligen Leistungsstruktur gedeckt werden, erweitert. Eine Notfallbehandlung für die ersten 24 Stunden ist kostenfrei. Andere Behandlungskosten sind von der jeweiligen Krankheit abhängig (IOM 7.1.2016).
In den modernen Krankenhäusern in den Großstädten kann - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die meisten Krankheiten festgestellt werden. In staatlichen Krankenhäusern, die i. d. R. europäische Standards nicht erreichen, ist bei Bedürftigkeit die Behandlung kostenlos (AA 20.10.2017). Die beste medizinische Behandlung wird vom Militär angeboten. Für Zivilisten ist in militärischen Gesundheitseinrichtungen die Behandlung kostenpflichtig (BFA 9.2015; vgl. PAF o.D.). Da der Großteil der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen keine zufriedenstellende Behandlung durchführen, tendieren die Leute dazu, private Einrichtungen aufzusuchen. Diese sind jedoch für die ärmere Bevölkerung unleistbar (Kurji Zohra et al 2016).
Beinahe alle Krankheiten und medizinischen Probleme sind in Pakistan, laut IOM (BAA 6 .2013; vgl. BFA 9.2015) und einer Ärztin des Rawalpindi Lepra Spital, behandelbar und lösbar, auch in den öffentlichen (staatlichen) Spitälern. Medizinische Dienstleistungen werden jedoch nicht aktiv angeboten. In kleinen Spitälern, wie z. B. dem Rawalpindi Lepra Spital, werden keine Medikamente importiert, sondern sogar selbst produziert werden (BFA 9.2015). Darüber hinaus werden in Pakistan medizinische Geräte entwickelt, verfügbar gemacht (BFA 9.2015), hergestellt und teilweise auch exportiert. Beispielsweise produziert die Stadt Sialkot 80 % des Weltbedarfs an chirurgischen Instrumenten (Independent 19.1.2015).
Es gibt eine starke Diskrepanz in der medizinischen Versorgung zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Insgesamt ist in städtischen Gebieten die medizinische Versorgung besser als in den ländlichen Gebieten. Auch zwischen den Provinzen bestehen starke Unterschiede BAA 6 .2013; vgl. Kurji Zohra et al 2016). In den ländlichen Gebieten des Sindh (BAA 6 .2013) oder in Punjab (BFA 9.2015) ist die Situation besser als in jenen anderer Provinzen (BAA 6 .2013). Belutschistan hat beispielsweise weniger medizinische Einrichtungen (BFA 9.2015). Ein Teil des Problems ist die Gewalt in der Grenzregion zu Afghanistan sowie die von Aufständischen ausgehende Gewalt in Belutschistan, was die ohnedies mangelhafte Gesundheitsversorgung in diesen Regionen verschlechterte. So sieht ein leitender Gesprächspartner des UNHCR den fehlenden bzw. kaum vorhandenen Zugang zur Gesundheitsversorgung in einigen Gebieten Pakistans als eines seiner wichtigsten Menschenrechtsprobleme an. Besonders Frauen und Kinder sind davon betroffen (BAA 6 .2013).
Die Neugeborenen-, Mütter- und Kindersterblichkeit gehört in Pakistan zu einer der höchsten weltweit (BAA 6 .2013). Die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen schätzte für 2015 ca. 9.700 Fälle von Müttersterblichkeit in Pakistan; die Müttersterblichkeitsrate (MMR) betrug 178 [Def. lt. WHO o.D: Todesfälle von Frauen während der Schwangerschaft oder bis 42 Tage nach Schwangerschaftsende pro 100.000 Lebendgeburten] (WHO 11.2015; vgl. UNFPA 2017). Der pakistanische Population Council schätzt 2017 die MMR für den Punjab auf 302 und für Khyber Pakhtunkhwa auf 275. Schätzungen des Pakistan Demographic and Health Survey (PDHS) gaben für 2006 bis 2007 die MMR landesweit mit 276 an. Geburtshämorrhagie und schwangerschaftsinduzierte Hypotonie sind die beiden häufigsten Ursachen für Müttersterblichkeit in Pakistan (Daily Times 22.10.2017).
Laut einer Ärztin des Rawalpindi Lepra Spitals hängt die Qualität der Krankenpflege stark von der Familie bzw. dem Clan des Patienten ab. Ist die Familie aktiv bei der Unterstützung, dann ist es möglich die besten Behandlungsmöglichkeiten zu erhalten. In Pakistan ist es wichtig, aktiv zu sein, wenn es darum geht die bestmöglichen Behandlungsmöglichkeiten, die Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten sowie die Standorte ausfindig zu machen. In Pakistan sind die durchschnittlichen Liegezeiten in Spitälern kürzer, da nicht genug Betten und Personal vorhanden sind. Die Krankenpflege in pakistanischen Spitälern ist nicht sehr umfangreich und es ist daher von hoher Wichtigkeit, dass sich die Familie um den Patienten kümmert. In solchen Fällen wird die Familie von Krankenschwestern instruiert, wie der Patient gepflegt werden soll. Der Familienzusammenhalt ist in Pakistan sehr stark ausgeprägt (BFA 9.2015).
Gemäß IOM ist die Qualität der Humanressourcen, insbesondere der Ärzte, hoch. Pakistan verfügt über sehr viel Expertise auf diesem Gebiet. Auch die Deutsche Botschaft schätzt die Qualität der Ärzte als hoch ein; und zwar auch in den Regierungsspitälern, wobei diese hier allerdings überlastet sind. Die medizinische Forschung, u.a. zu Humanressourcen, ist ausgeprägt und ausgesprochen produktiv. Laut Lancet gab es 2012 88 medizinische Hochschulen und Colleges im Land, an denen 2012 171.450 Absolventen abschlossen. Bezieht man die privaten Krankenhäuser mit ein, lässt sich in Pakistan nach Einschätzung der Deutschen Botschaft im regionalen Kontext eine verhältnismäßig gute Qualität der medizinischen Versorgung feststellen. Es besteht jedoch neben den regionalen Diskrepanzen meist ein starker Unterschied zwischen staatlichen und privaten Krankenhäusern (BAA 6 .2013). Die staatlichen Krankenhäuser sind oft grenzwertig, auch hier sind zwar die Ärzte gut ausgebildet, die Wartezeiten sind jedoch übermäßig lange, die hygienischen Bedingungen oft mangelhaft. Die Ausstattung in staatlichen Krankenhäusern, die Wartung des Equipments und die Kontinuität der Finanzierung bereiten oft Probleme (BAA 6 .2013; vgl. EASO 8.2015). Oft fehlen den Primärgesundheitseinrichtungen in ländlichen Gebieten die Versorgungsmittel. Viele Basisgesundheitseinrichtungen und auch Sekundärgesundheitseinrichtungen funktionieren oft nicht ausreichend, weshalb die Spezialkrankenhäuser aufgrund von Fällen, die eigentlich nur Basisversorgungsfälle sind, überlastet sind. Es gibt jedoch auch im öffentlichen Bereich Vorzeigespitäler. Zur Finanzierung der medizinischen Versorgung erhält Pakistan zusätzlich Gelder von globalen Fonds (BAA 6 .2013).
Einige Beispiele für Krankenhäuser in Lahore sind das King Edward Medical College, das Allama Iqbal Medical College, das Fatima Jinnah Medical College für Frauen, das Mayo Hospital, Lady Willington, das Lahore General Hospital, das Sir Ganga Ram Hospital, das Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital & Research Centre, das Services Hospital und das Sheikh Zayed Hospital. Islamabad/Rawalpindi beherbergt u.a. das Pakistan Institute of Medical Sciences (PIMS), das Shifa International Hospital, das Marghala Institute of Health Sciences (MIHS), das Al-Shifa Eye Hospital, das Rawalpindi General Hospital, das Holy Family Hospital, das Army Medical College und das Rawalpindi Medical College. In Karatschi findet sich das Fazal Hospital, das Agha Khan University Hospital (AKUH), das Karatschi Adventist Hospital, das Bismillah Taqee Hospital, das Sindh Medical College und Jinnah Postgraduate Medical Centre, das Liaquat National Hospital, die Imam Clinic und das General Hospital, das Dow Medical College und das Civil Hospital Karatschi. In Gujranwala gibt es u.a. das Fazal Hospital in Jhelum, das Jinnah Memorial Hospital und in Bahawalpur das Bahawalpur Victoria Hospital (IOM 8.2014).
Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt (AA 20.10.2017; vgl. BAA 6 .2013; BFA 9.2015). Die meisten Medikamente, wie z.B. Insulin, können in Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden. Medikamente sind für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich (AA 20.10.2017). Es muss damit gerechnet werden, dass insbesondere in kleinen Apotheken auch gefälschte Produkte verkauft werden (AA 27.3.2018). In der Vergangenheit traten Probleme mit gestreckten Medikamenten auf. Als Reaktion darauf wurde 2012 eine Medikamentenregulierungsbehörde (Drug Regulatory Authority of Pakistan, DRAP) eingerichtet und ein entsprechendes Gesetz erlassen. Die Behörde orientiert sich an Einrichtungen in den USA und Kanada. Das Problem mit gefälschten Medikamenten könne auftreten, wenn man sie nicht bei zugelassenen oder seriösen Anbietern kauft (BAA 6 .2013). Die Apotheken der großen Privatkliniken bieten ein breites Spektrum zuverlässiger Medikamente an (AA 27.3.2018; vgl. BAA 6 .2013; BFA 9.2015). Im Laufe des Jahres 2016 wurden die Preise von zahlreichen Medikamenten stark erhöht, sodass sie für Patienten mit niedrigen und mittleren Einkommen unerschwinglich geworden sind. Der Drug Regulatory Authority of Pakistan (DRAP) und anderen Behörden wird vorgeworfen, keine Maßnahmen gegen die ungesetzlichen Preiserhöhungen ergriffen zu haben (Lancet 7.11.2016).
Für die Behandlung psychischer Störungen gibt es keine spezialisierten Einrichtungen; im Tertiärsektor und in der privaten Gesundheitsversorgung sind jedoch Psychiater und Psychologen tätig. Entsprechende Medikamente sind leicht erhältlich. Im öffentlichen Bereich ist die Behandlung psychischer Störungen kostenlos, die Arzneimittel ebenso. Es ist vor allem in den oberen Gesellschaftsschichten die Auffassung weit verbreitet, dass Menschen mit psychischen Störungen Schande über sich und ihre Familien bringen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es u. a. 2011 fünf psychiatrische Kliniken sowie einen Psychiater und zwei Psychologen auf 10.000 Menschen (EASO 8.2015; vgl. Lancet 2.2017: 1 Psychiater auf 400.000 Menschen).
In Pakistans zunehmend kommerzialisiertem Gesundheitswesen hat die Zahl privater Krankenhäuser, Kliniken, Diagnoselabors und moderner Apotheken stark zugenommen. Aufgrund dieser Kommerzialisierung stehen Gesundheitsdienste für Arme immer weniger zur Verfügung (EASO 8.2015). 70 % der Bevölkerung müssen Behandlungen selbst bezahlen, da es kein durchgehendes Krankenversicherungssystem gibt. Es gibt Versicherungen auf staatlicher Organisationsbasis, z.B. für das Militär oder die Fluggesellschaft PIA. Es gibt auch private Krankenversicherungen, die relativ günstig sind, dennoch können sich diese nur wenige leisten bzw. ist der Vorsorgegedanke kaum vorhanden. Angestellte bei größeren Firmen erhalten meist eine private Versicherung über die Firma. In einigen sozialen Bereichen haben NGOs eigene Systeme (BAA 6 .2013).
Die staatlichen Krankenhäuser müssen die arme Bevölkerung gratis behandeln, für Bedürftige ist somit die medizinische Versorgung kostenfrei (BAA 6 .2013; vgl. AA 20.10.2017). Für über das Notwendigste hinausgehende Behandlungen halten sich die Krankenhäuser nicht immer an die Vorgabe der kostenlosen Behandlung, meint der stellvertretende Leiter der staatlichen Sozialbehörde Bait-ul-Mal (BAA 6 .2013). Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies nicht auf schwierige Operationen (z. B. Organtransplantationen) zu (AA 20.10.2017). Der Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung bleibt vor allem für arme und Frauen aus ländlichen Regionen begrenzt (USDOS 3.3.2017).
Zusätzlich gibt es ein staatliches Wohlfahrts-Programm, das von Pakistan Bait-ul-Mal administriert wird. Es bietet eine medizinisch-finanzielle Hilfestellung für Bedürftige, bei der die Behandlung dem staatlichen Krankenhaus mit der Bestätigung für die Behandlungskosten vorab bezahlt wird. Für bedürftige Menschen wird somit die medizinische Versorgung durch die Krankenhäuser selbst, durch Bait-ul-Mal und verschiedene Programme der Provinzregierung übernommen, womit, in der Einschätzung des Gesprächspartners, grundsätzlich die Fälle ohne andere Möglichkeiten abgedeckt sind. In erster Linie wird allerdings die Finanzierung in Notlagen durch die Familie aufgebracht. Auf der anderen Seite wurzelt im Zakat auch eine Tradition der Wohltätigkeitsprogramme und Spendenbereitschaft, es gibt wichtige Wohltätigkeitseinrichtungen im medizinischen Bereich (BAA 6 .2013). Es gibt viele NGOs und staatliche Stellen, die medizinische Dienstleistungen im Rahmen verschiedener Projekte bereitstellen. Solche Angebote umfassen folgende Aktivitäten: psychosoziale Unterstützung, medizinische Notversorgung, Familienplanung, kostenlose Apotheken, Mobile Krankenlager, Notunterkünfte, Krankentransport (auch Luftrettung), Blutbanken (IOM 8.2014).
Einige Organisationen wie das Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital and Research Centre in Lahore bemühen sich für einige wenige Patienten um eine Behandlung unabhängig von deren finanzieller Mittel. Das Bait-ul-Sukoon Cancer Hospital and Hospice in Karatschi bietet sehr armen Patienten Krebsbehandlung an (EASO 8.2015; vgl. BAA 6 .2013). Auch die Aga Khan Stiftung leistet sehr viel auf dem medizinischen Gebiet. Es gibt ein großes Aga Khan University Hospital in Karatschi mit einem Labornetzwerk, das eine sehr gute medizinische Versorgung bietet, in dem Vermögende zahlen müssen und Arme gratis behandelt werden. Die Stiftung hat auch medizinische Einrichtungen in anderen Städten Pakistans (BAA 6 .2013).
Pakistan ist [neben Afghanistan] eines der verbleibenden zwei Länder weltweit, in denen Polio [Anm.: Poliomyelitis, (spinale) Kinderlähmung, Heine-Medin-Krankheit] endemisch ist, allen voran im Khyber-Peshawar-Korridor, Karatschi, Quetta und im nördlichen Sindh. Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen für Impfpersonal während der Impfkampagnen führte landesweit zu einer Reduktion der Poliofälle (SHCC 5.2017). 2017 wurden landesweit acht Fälle von Polio-Infektionen gemeldet, das ist ein Rückgang von 98 % seit 2014, als über 300 gemeldet wurden. Die Impfakzeptanz ist auf 95 % gestiegen (HRCP 4.2018). Dennoch kam es zu gezielten Angriffen unterschiedlichen Ausmaßes auf Impfpersonal, typischerweise im Zuge von Impfaktionen, in Gebieten mit endemischen Polioinfektionen, durchgeführt vorwiegend von aufständischen Gruppen wie den Taliban (SHCC 5.2017).
Am 18.1.2018 wurden in Quetta zwei Frauen, die Polio-Impfungen durchführten, von unbekannten Tätern erschossen (Reuters 18.1.2018) und am 18.3.2018 wurden in den [ehem.] FATA zwei Männer, die Polio-Impfungen durchführten, von unbekannten Tätern erschossen (CNN 18.3.2018). Im Jahr 2017 gab es drei Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen bzw. Polio-Impfpersonal mit zwei Todesopfern (PIPS 1.2018), für das Jahr 2016 wurden zehn Angriffe auf Einrichtungen oder Personal für Polio-Impfungen registriert (SHCC 5.2017).
Die Provinzregierung von Khyber Pakhtunhkwa erließ eine Verordnung zur Ausstellung von Haftbefehlen für Eltern und Erziehungsberechtigte, die sich einer Immunisierung ihrer Kinder widersetzten (Dawn 24.11.2016). Über 1000 Eltern wurden im Jahr 2016 von der Polizei verhaftet und erst freigelassen, nachdem sie einer Impfung ihrer Kinder eingewilligt hatten. Da es Proteste aus der Bevölkerung gab und Impfpersonal in Gegenden, wo es Verhaftungen gab, einem größeren Risiko ausgesetzt waren, werden [Stand 4.2017] keine Verhaftungen mehr durchgeführt. Stattdessen sollen die Union Council Level Kommittees, bestehend aus Geistlichen, gewählten Vertretern und Mitgliedern der Bezirksverwaltung, die Menschen überzeugen, ihre Kinder impfen zu lassen (Dawn 30.4.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (27.3.2018): Länderinformationen - Pakistan - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/PakistanSicherheit_node.html#doc344284bodyText7 , Zugriff 28.3.2018
- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge.
- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan, http://www.bfa.bmi.intra.gv.at/board/staatendokumentation/Freigegebene Dokumente/Pakistan/FFM-Berichte/PAKI_FFM Report_2015_09.pdf, Zugriff 28.11.2016
- CNN (18.3.2018): Two polio workers killed in attack in Pakistan, https://edition.cnn.com/2018/03/18/world/polio-workers-killed-pakistan/index.html , Zugriff 28.3.2018
- Daily Times (22.10.2017): Pakistan's maternal death shame, https://dailytimes.com.pk/128572/pakistans-maternal-death-shame/ , Zugriff 24.4.2018
- Dawn (24.11.2016): Female polio worker shot at in Bannu, http://www.dawn.com/news/1298365/female-polio-worker-shot-at-in-bannu , Zugriff 30.11.2016
- Dawn (30.4.2017): Parents no more face arrest over polio vaccination refusal, https://www.dawn.com/news/1330178 , Zugriff 28.3.2018
- EASO - European Asylum Support Office (8.2015): EASO Länderinformationen (COI) - Pakistan Länderüberblick, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/BZ0415498DEN1.pdf , Zugriff 20.3.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (5.2017) State of Human Rights in 2016, http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2017/05/State-of-Human-Rights-in-2016.pdf , Zugriff 22.3.2018
- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (4.2018): State of Human Rights in 2017, http://hrcp-web.org/publication/wp-content/uploads/2018/04/State-of-Human-Rights-in-2017.pdf , Zugriff 20.4.2018
- Independent (19.1.2015): Why does so much of the NHS's Surgical Equipment start Life in the Sweatshops of Pakistan?, https://www.independent.co.uk/life-style/health-and-families/features/why-does-so-much-of-the-nhss-surgical-equipment-start-life-in-the-sweatshops-of-pakistan-9988885.html , Zugriff 28.3.2018
- IOM - International Organization of Migration (7.1.2016): Länderinformationsblatt Pakistan, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772191/18363841/Pakistan_-_Country_Fact_Sheet_2015,_deutsch.pdf?nodeid=17927797&vernum=-2 , Zugriff 26.3.2018
- IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2014): Länderinformationsblatt Pakistan, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772191/17297878/17296676/Pakistan_-_Country_Fact_Sheet_2014,_deutsch.pdf?nodeid=17306395&vernum=-2 , Zugriff 28.3.2018
- Kujri Zohra, Zahra Shaheen Premani, Yasmin Mithani (2016): Analysis of the Health Care System of Pakistan: Lessons Learnt and Way Forward, https://pdfs.semanticscholar.org/178f/79039bb1c5cb826d957d27825f8a692020c9.pdf , Zugriff 21.6.2018
- Lancet (2.2017): Criminal responsibility and mental illness in Pakistan, http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736 (16)32120-1/fulltext, Zugriff 28.3.2018
- Lancet (7.11.2016): Uncontrollable medicine prices in Pakistan, http://thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736 (16)32120-1/fulltext, Zugriff 28.3.2018
- PAF - Pakistani Air Force (o.D.): Life in Pakistan Air Force - Facilities, http://www.paf.gov.pk/facilities.html , Zugriff 21.6.2018
- PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (1.2018): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.10, No.1, Special Report 2017 - Pakistan Security Report.
- Reuters (18.1.2018): Gunmen in Pakistan kill two women working to eradicate polio, https://www.reuters.com/article/us-pakistan-polio-attack/gunmen-in-pakistan-kill-two-women-working-to-eradicate-polio-idUSKBN1F71A9 , Zugriff 28.3.2018
- SHCC - Safeguarding Health in Conflict Coalition (5.2017): Impunity must end: Attacks on Health in 23 Countries in Conflict in 2016, https://www.safeguardinghealth.org/sites/shcc/files/SHCC2017final.pdf , Zugriff 28.3.2018
- UNFPA - United Nations Population Fund (2017): Worlds Apart - The State of World Population 2017, https://www.unfpa.org/sites/default/files/sowp/downloads/UNFPA_PUB_2017_EN_SWOP.pdf Zugriff 24.4.2018
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/337163/479927_de.html , Zugriff 12.3.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices for 2017 - Pakistan, https://www.state.gov/documents/organization/277535.pdf , Zugriff 23.4.2018
- WHO - Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (11.2015): Trends in maternal mortality: 1990 to 2015, http://www.who.int/reproductivehealth/publications/monitoring/maternal-mortality-2015/en/ , Zugriff 24.4.2018
- WHO - Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (o.D.): Health statistics and information systems - Maternal mortality ratio (per 100 000 live births), http://www.who.int/healthinfo/statistics/indmaternalmortality/en/ , Zugriff 24.4.2018
Rückkehr
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen, auch für zurückkehrende, alleinstehende Frauen und unbegleitete Minderjährige, sind in Pakistan nicht vorhanden (AA 20.10.2017).
Unter gewissen Voraussetzungen verstoßen Pakistani mit ihrer Ausreise gegen die Emigration Ordinance (1979), namentlich, wenn sie über keinen "letter of appointment of a work permit from a foreign employer or an employment visa or an emigration visa from foreign Government" verfügen (Art. 8 Abs. 2 leg. cit.) oder auch gegen den Passport Act, 1974. Laut Auskunft der International Organization for Migration (IOM) werden Rückkehrende aber selbst bei Verstößen gegen die genannten Rechtsvorschriften im Regelfall nicht strafrechtlich verfolgt (außer es besteht ein Zusammenhang mit Menschenhandel). Abgesehen von der geschilderten Rechtslage sind vereinzelte Fälle bekannt, bei denen von den Betroffenen bei der Wiedereinreise Schmiergelder in geringer Höhe verlangt wurden; entsprechende Vorfälle sind an den Flughäfen Islamabad, Karatschi und Lahore bekannt (ÖB 10.2017).
Zurückgeführte Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Aus Ländern wie der Türkei, Großbritannien und aus der gesamten EU werden regelmäßig Abschiebungen nach Pakistan durchgeführt. Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischem Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten so genannten "emergency passport" möglich, nicht aber mit deutschen oder europäischen Passersatzdokumenten (AA 20.10.2017).
Der österreichischen Botschaft Islamabad, die zur Überwachung/Abwicklung der Ankunft von Rückkehrer/innen mittels FRONTEX-Flügen am Flughafen Islamabad regelmäßig einen Vertreter abstellt, sind bisher keine Probleme i.G. bekannt. Es wurde allerdings beobachtet, dass Rückkehrer/innen nach der Einreise nach Iqbal Town in Rawalpindi zu einer sog. "Anti-Human Trafficking Cell" gebracht werden, um dort zu ihrer Ausreise befragt zu werden, um relevante Informationen hinsichtlich Schlepperei und Schleppernetzwerken zu erfragen (ÖB 10.2017).
UNOCHA arbeitet - neben anderen UN-Agenturen/-Programmen wie UNHCR - in Bezug auf IDPs eng mit internationalen sowie nationalen NGOs zusammen, wobei das Pakistan Humanitarian Forum, welches 60 NGOs vereint, und das aus mehr als 180 nationalen NGOs bestehende National Humanitarian Network als "Dachorganisationen" dienen. Zu den Partner-NGOs von UNOCHA zählen etwa die folgenden: ACTED; Action Against Hunger (ACF); Asia Humanitarian Organization (AHO); Centre of Excellence for Rural Development (CERD); Community Research & Development Organization (CRDO); Creative Approaches for Development (CAD); Ehsar Foundation; Foundation For Rural Development (FRD); Frontier Primary Health Care(FPHC); Hayat Foundation; Health & Rural Development Services Foundation (HRDS); Help In Need (HIN); Human Development Organization Doaba (HDOD); Initiative for Development and Empowerment Axis (IDEA); Initiative Organization for Rural Development (IORD); International Rescue Committee (IRC); Lawari Humanitarian Organization (LHO); Médecins du Monde (MdM); Muslim Aid; Muslim Hands; Pakistan Village Development Program (PVDP); Poverty Alliance Welfare Trust (PAWT); PREPARED; Punjab Rural Support Programme (PRSP); Sarhad Rural Support Programme (SRSP); Society for Human and Institutional Development (SHID) (ÖB 10.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (20.10.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN.
- ÖB - Österreichische Botschaft Islamabad(10.2017): Asylländerbericht - Pakistan 2017
Individuell:
Bei Tahreek-e-Hussaini" und "Anjuman-e-Hussania" handelt es sich um schiitische Organisationen handelt, die zum Teil auch lokal in Parachinar ansässig sind.
Shafaqna - eine schiitische Nachrichtenorganisation - berichtet im Februar 2016, dass durch die Hussaini Bewegung in abgelegenen Gegenden der Kurram Ageny, kostenfreie medizinische Camps errichtet wurden, in denen tausende Patient/innen behandelt wurden.
Islam Times in Urdu - eine internationale Nachrichtenorganisation - berichtet im Dezember 2013 von einer Hussania Organisation (wörtlich: "Anjuman-e-Hussania") in Parachinar, die die gezielte Ermordung von Allama Jalbani in Karachi aufs schärfste verurteilte.
Quelle:
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA, PAKISTAN, Tehrek-eHussaini, schiitische Gruppierungen vom 25.02.2016
Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Menschenrechtbericht vom Juni 2015 (Beobachtungszeitraum 2014) über Rekrutierung von Kindern und Jugendlichen durch nicht-staatliche aufständische Gruppen in Bezug auf ganz Pakistan. Eltern seinen mit falschen Versprechungen unter Druck gesetzt worden, ihre Kinder wegzugeben. Die Kinder seien als Spione, Kämpfer oder Selbstmordattentäter eingesetzt worden. Aufständische würden den Eltern manchmal Geld anbieten, die Kinder sexuell oder körperlich missbrauchen und Kinder zu manipulieren. Die Regierung betreibe ein staatliches Zentrum zur Rehabilitation und Bildung von ehemaligen Kindersoldaten in Swat:
"Nonstate militant groups kidnapped boys and girls and used fraudulent promises to coerce parents into giving away children as young as age 12 to spy, fight, or die as suicide bombers. The militants sometimes offered parents money, often sexually and physically abused the children, and used psychological coercion to convince the children that the acts they committed were justified. The government operated a center in Swat to rehabilitate and educate former child soldiers." (USDOS, 25. Juni 2015, S. 21)
In seinem Bericht zu Kindern in bewaffneten Konflikten an die UNO-Generalversammlung (UN General Assembly, UNGA) vom 15. Mai 2014 schreibt der UNO-Generalsekretär, dass die Rekrutierung von Kindern durch bewaffnete Gruppen im Jahr 2013 in Pakistan weiterhin äußerst besorgniserregend geblieben sei. Es konnten, insbesondere für die FATA, keine genauen Zahlen zu Kindern in bewaffneten Gruppen eruiert werden:
"The recruitment of children by armed groups in Pakistan, including reportedly for use as suicide bombers and bomb planters, remained a grave concern in 2013. [...] No exact figures could be established on the number of children used by armed groups, in particular in the Federally Administered Tribal Areas. (UN General Assembly, 15. Mai 2014, S. 40)
Im jüngsten Bericht zu Kindern in bewaffneten Konflikten des UNO-Generalsekretärs an die UNO-Generalversammlung vom Juni 2015 werden Rekrutierungen von Kindern durch bewaffnete Gruppen nicht erwähnt. Der UNO-Generalsekretär weist in seinem Bericht darauf hin, dass die Festnahme von Kindern wegen angeblicher Verbindung zu bewaffneten Gruppierungen und wegen sicherheitsrelevanter Vergehen ein problematischer Bereich sei:
"Interaction on child protection between the United Nations and the Pakistani authorities continued throughout 2014. [...] One area of concern is the reports of detention of children for alleged association with armed groups and on national security charges. In January 2015, the Parliament of Pakistan passed a constitutional amendment on the establishment of military courts for a duration of 24 months, wherein civilian suspects accused of acts of terrorism will be tried. Military courts are inappropriate forums for hearing cases involving children since they do not fully recognize the special status of juveniles in conflict with the law. I urge the Government to ensure that any children arrested for their alleged associated with armed groups or under security charges are treated primarily as victims. In all circumstances children are entitled to benefit from the special status of juvenile in conflict with the law in conformity with international human rights law." (UN General Assembly, 5. Juni 2015, S. 42)
Quelle:
Anfragebeantwortung von Accord vom 26.02.2016 Anfragebeantwortung zu Pakistan: Informationen zur Gruppe "Tehreek Hussaini" in Parachinar oder ähnlichen schiitischen Gruppierungen; Informationen zu konfessionellen Konflikten in Parachinar bzw. in der Kurram-Agency [a-9526-1]
Schiitische Paschtunen
Die pakistanische Gesamtbevölkerung wird auf rund 199 Millionen bis 202 Millionen geschätzt. Rund 15,4 Prozent der pakistanischen Bevölkerung, also etwa 26 Millionen Menschen sind Paschtunen. Sie stellen somit die zweitgrößte ethnische Gruppe innerhalb Pakistans dar, die sich aus verschiedenen ethnischen Gruppen zusammensetzt. Paschtunen sind im politischem System Pakistans - unter anderem auch im Militär - gut vertreten. Sie stellen die überwiegende Bevölkerungsmehrheit in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa - die auch nach ihnen benannt wurde - sowie in der FATA (Federal Administered Tribal Areas) dar. In Bezug auf die Bevölkerungsanteile der Paschtunen in den übrigen angefragten Gebieten ist den Quellen zu entnehmen, dass die letzte Volkszählung 1998 stattfand. Die Schätzungen zu den Bevölkerungsanteile sind sehr vage. Sie spiegeln auch politische Interessen wieder, da die politische Repräsentation mit Bevölkerungszahlen verbunden ist. In Belutschistan, Quetta und Karatschi machen Paschtunen jedenfalls nach Quellenlage einen sehr hohen Anteil an der Bevölkerung aus, in Lahore und Islamabad ebenfalls einen erheblichen.
Die Mehrheit der Paschtunen sind sunnitische Moslems. Einige Clans oder Stämme der Paschtunen haben eine schiitische Identität. Die Angehörigen des paschtunischen Stamms der Turi in der Kurram der Agency Federal Administered Tribal Areas sind Zwölferschiiten. Quellen zufolge sind die Turi der vorherrschende Stamm im Kurram-Tal. Die Hauptstadt der Kurram Agency, Parachinar, ist hauptsächlich von Turis bewohnt und schiitisch dominiert. Hier ereignet sich ein großer Teil der sektiererischer Anschläge. Die Taliban haben ihren Ursprung in den paschtunischen Stammesgesellschaften und setzen sich mehrheitlich aus Paschtunen zusammen. Sie haben dadurch auch ihre Stützpunkte und ihren Rückhalt in den tribalen Stammesgebieten (FATA). Dies führt allerdings auch dazu, dass gerade die paschtunischen Siedlingsgebiete - FATA und Khyber Pakhtunhwa (KP) - besonders von militanter Gewalt als auch von den staatlichen Militäroperationen betroffen sind. Das Militär führt gegen die Taliban vor allem in den Stammesgebieten (FATA) diverse militärische Operationen durch und geht immer entschlossener gegen die Taliban vor, wodurch sich die Sicherheitslage verbessert hat. Viele bisherige Rückzuggebiete wurden von Aufständischen befreit. Die Kurram Agency ist besonders sensibel, zum einen da sie an drei Seiten an Afghanistan grenzt und wichtige Versorgungsrouten hier durch gingen, zum anderen da die schiitischen Turi die sunnitischen Taliban nicht unterstützen. Auch in der Kurram Agency hat sich die Sicherheitslage durch Militäroperationen stark verbessert.
Viele Paschtunen aus den Stammesgebieten sind vor den Kämpfen in den vergangenen Jahren in erster Linie nach Peschawar sowie andere Gebiete Khyber Pakhtunkhwas geströmt. Für diese innerstaatlichen Flüchtlinge (IDPs) wurden Camps u.a. in Jalozai in Khyber Pakhtunkhwa und New Durrani in der FATA eingerichtet. Quellen zufolge lebt nur ein kleiner Prozentsatz der IDPs, denen keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehen, in diesen Camps. Die meisten kommen bei Verwandten unter oder mieten Unterkünfte. Große Flüchtlingsströme zogen in andere Städte Pakistans, insbesondere Karatschi. Den Quellen zufolge sind auch viele Taliban in der Deckung dieser Flüchtlingsströme z.B. nach Karatschi geflohen. Ein Teil der Innerstaatliche Flüchtlinge findet in den Slums der großen Städte Unterschlupf, ein Teil von diesen ist in Kleinkriminalität verstrickt und wird dabei oft von Taliban gestützt, die sich in die kriminellen Strukturen Karatschis eingegliedert haben und so ihre Organisation finanzieren.
Diese Assoziation und der ethnisch-paschtunische Hintergrund der in die Städte geflohenen Taliban sowie deren Ursprung aus der FATA führten dazu, dass neben den bisherigen Vorurteilen gegenüber Stammesangehörigen diese nun auch häufig mit dem Verdacht konfrontiert sind, Taliban zu sein und von der Polizei stärker als andere ethnische Gruppen kontrolliert werden. Nach der Anschlagsserie vom Februar 2017 wurden im Punjab in den von afghanisch-paschtunischen und innerstaatlichen paschtunischen Flüchtlingen bewohnten Armenvierteln verstärkt Razzien durchgeführt und dabei der Fokus auf Paschtunen gelegt. Die Nationalversammlung der Provinz Khyber Pakhtunkhwa verurteilte dies. Allerdings gab es im Oktober 2015 auch Berichte aus Peschawar (KP), dass zu den schiitischen Feierlichkeiten Muharram, der Zutritt zur Innenstadt Peschawars für afghanische Flüchtlinge wie auch für IDPs aus Sicherheitsgründen gesperrt wurde.
Laut einer Quelle sind Turis von der Assoziation der Bevölkerung mit Taliban nicht betroffen, aufgrund ihrer schiitischen Identität und des Umstandes, dass sich die Turi in der FATA gegen die Taliban stellten. Im Jahr 2014 gab es allerdings Berichte, dass Turis aus der FATA in Islamabad Drohbriefe von Taliban erhielten.
In Bezug auf Schiiten und deren Sicherheitslage ist der Quellenlage zu entnehmen: Von der Gesamtbevölkerung werden offiziell etwa 95 bis 96,4 Prozent als Muslime, davon 10 bis 25 Prozent Schiiten geschätzt. So leben rund 34,6 Millionen Schiiten in Pakistan.
Der Quellenlage folgend leben schiitische und sunnitische Gemeinden über Pakistan verteilt im Alltag im Allgemeinen gut integriert nebeneinander. Schiiten finden sich in der Regierung, dem Staatsdienst, den Sicherheitskräften und bedeutenden religiösen Instanzen des Landes,
etwa dem Council of Islamic Ideology und den Scharia Gerichten. Laut Quellen finden sich Schiiten unter den meisten ethnischen und linguistischen Stammesgruppen Pakistans und sie unterscheiden sich - abgesehen von den Hazara - weder physisch noch linguistisch von den Sunniten, doch können sie in einigen Fällen durch schiitische Trivialnamen identifiziert werden. Es gibt weder eine diskriminierende Gesetzgebung gegen Schiiten, noch wird eine solche durch die pakistanische Regierungspolitik betrieben. Es gibt wenig gesellschaftliche Diskriminierung, welche Schiiten in ihrem täglichen Leben einschränken würde.
Doch stellen inter-konfessionell motivierte Gewalt durch militante Kräfte eine Bedrohung für Schiiten in Pakistan dar. Schiiten sind ein Hauptanschlagsziel der Taliban und anderen Terrorgruppen. Die Intensität und Häufigkeit dieser Terrorangriffe variieren von Region zu Region. Die inter-konfessionelle Gewalt ist zurück gegangen.
Von Seiten der pakistanischen Behörden besteht eine allgemeine Bereitschaft zum Schutz der Schiiten. So sichern Sicherheitskräfte schiitische Pilger auf ihrer Reise vom und in den Iran. Hunderttausende Sicherheitskräfte werden im ganzen Land zum Schutz schiitischer Zeremonien, wie Muharram, eingesetzt. Auch wird zu diesen Zeitpunkten die Bewegungsfreiheit von Personen, die als Gefährdung gelten, z.B. Hassprediger, eingeschränkt. Gegen Hassprediger wird vorgegangen. Das Maßnahmenpaket im Nationalen Plan gegen Terrorismus geht auch ausdrücklich auf die Bekämpfung von interkonfessionellen Hassreden ein. Auch gewährleistet der pakistanische Staat offiziell Polizeischutz im Falle von Verfolgung oder Bedrohung, laut österreichischer Botschaft. Allerdings ist zu bedenken, dass staatliche Strukturen und damit auch eine effektive Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung nicht in allen Gebieten Pakistans in gleichem Ausmaß existieren.
Quelle:
- BFA Staatendokumentation vom 14.06.2017, Anfragebeantwortung, Pakistan, Lage schiitische Paschtunen
II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der XXXX versucht hätten, den BF zu zwingen am Kampf gegen die Taliban teilzunehmen. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der BF von staatlichen Stellen oder anderen privaten Personen einer Verfolgung ausgesetzt war bzw. bei einer Rückkehr sein wird.
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund seiner Volksgruppen- und/oder Religionszugehörigkeit von staatlichen Stellen einer Verfolgung ausgesetzt war oder bei einer Rückkehr ist.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in eine lebens- oder existenzbedrohende Notlage gerät.
2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.2. Die Feststellungen zur Person des BF (Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, private und familiäre Anknüpfungspunkte in Pakistan) ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus den in diesen Punkten nicht widerlegten Angaben des BF sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.
Ergänzend darf angemerkt werden, dass es dem BF möglich wäre, seine Identität bei entsprechender Mitwirkung im Verfahren zu bescheinigen. Der Umstand, dass die Identität bis dato nicht festgestellt werden konnte, ist letztlich auf die mangelnde Mitwirkung des BF an der Identitätsfeststellung zurückzuführen und sind alle daran anknüpfenden Konsequenzen daher vom BF zu vertreten.
Auch wenn der BF Zeugnisse bzw. Zertifikate vorlegte, ist zu bedenken, dass es sich hierbei um keinerlei Dokumente handelt, die die Identität einer Person belegen.
Bezüglich des Gesundheitszustandes des BF ist anzumerken, dass sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF aktuell im Verfahren keinerlei lebensbedrohlichen bzw. dauerhaft behandlungsbedürftigen Krankheiten ergeben. Der BF brachte vor dem erkennenden Gericht vor, dass er gesund sei. Davon, dass er an einer lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Krankheit leidet, sprach der BF nicht. Er gab weder an, dass er sich in Therapie, noch, dass er Medikamente regelmäßig einnehmen müsse.
Dass der BF in der Lage ist einer Arbeit nachzugehen und somit auch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, lässt sich aus seinen eigenen Angaben schließen. Der BF legte dar, dass er in Österreich eine Lehre als XXXX machen würde. Dass der BF im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat seinen Unterhalt durch berufliche Tätigkeiten, wenn auch anfänglich durch Gelegenheitsjobs, nicht bestreiten kann, dafür gibt es keine Hinweise.
Die illegale Einreise nach Österreich sowie die Aufenthaltsdauer des BF lässt sich aus den Unterlagen zur Asylantragstellung, den Angaben des BF sowie einer aktuellen Anfrage aus dem Zentralen Melderegister entnehmen.
Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber im Zeitraum vom XXXX bis XXXX ergibt sich aus der Einsicht in das Betreuungsinformationssystem.
Dass der BF verschiedenste Bildungsprojekte bzw. Weiterbildungsmaßnahmen absolvierte, ergibt sich zweifelsfrei anhand der vorgelegten Teilnahmebestätigungen.
Soweit der BF anführte, dass er eine Lehre als XXXX absolviert, eine Lehrentschädigung bzw. Lohn erhält, seinen Lebensunterhalt dadurch bestreiten kann und seit XXXX in einer angemieteten Wohnung lebt, ist der Sachvortrag des BF mit den vorgelegten Unterlagen zur Lehrlingsbeschäftigung, dem Bescheid des AMS bezüglich der Beschäftigungsbewilligung, Lohnzetteln, Bestätigung der Meldung, Zeugnissen, Schulbestätigungen, Empfehlungsschreiben übereinstimmend und können deshalb derartige Feststellungen getroffen werden.
Die BF verfügt über gute Deutschkenntnisse. Dies ergibt sich aus den Angaben des BF und den vorgelegten Teilnahmebestätigungen an Deutschkursen bzw. Zertifikaten. Zuletzt hat der BF an einem Projekt teilgenommen, welches Deutsch auf B1 Niveau zum Inhalt hatte. Dass der BF die ÖSD Prüfung Deutsch auf A2 Niveau mit gut bestanden hat, lässt sich aus dem vorgelegten Zertifikat ableiten.
Der BF hat vor dem erkennenden Gericht nachvollziehbar geschildert, dass er keine Verwandten in Österreich habe, in Österreich jedoch Freunde habe.
Dass der BF Slowpitch spielt, geht aus dem Mail von XXXX , Manager der Slowpitch Mannschaft, XXXX , vom XXXX hervor.
Dass der BF in Österreich unbescholten ist, lässt sich dem Strafregister der Republik Österreich entnehmen.
II.2.3. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen - sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges - handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten - immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse - der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen - allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden - aufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).
Der BF trat mit seinen sowohl mündlichen als auch schriftlichen Stellungnahmen den Kernaussagen der vom erkennenden Gericht miteinbezogenen Quellen nicht konkret und substantiiert entgegen.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die schwierige Sicherheitslage in Pakistan und dass das zentrale Problem für die innere Sicherheit Pakistans die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt. Seit Jahren verüben die Taliban und andere terroristische Organisationen schwere Terroranschläge, von denen vor allem die Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, aber auch pakistanische Großstädte wie Karatschi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind. Die Terroranschläge richten sich vor allem gegen Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie z. B. die Sufis (AA 10 .2017a). Die Regierung ergreift zum Schutz der Bevölkerung bzw. zur Bekämpfung dieser Gruppen zahlreiche Maßnahmen. 2016 wurden weiterhin Anti-Terroroperationen in den Agencies Khyber und Nord-Wasiristan durchgeführt, um aufständische Feinde des Staates zu eliminieren. Militärische, paramilitärische und zivile Sicherheitskräfte führten landesweit Operationen durch. Sicherheitskräfte, inklusive der paramilitärischen Sindh Rangers, verhafteten Verdächtige und vereitelten Anschlagspläne in Großstädten wie Karatschi (USDOS 7.2017). Es scheint, dass sich nun erfolgreich eine Null-Toleranz-Sicht in Staat und Gesellschaft gegenüber Terror durchsetzt (PIPS 3.1.2016). Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die "korrigierende religiöse Bildung", Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten (USDOS 7.2017). Zentren befinden sich in Swat, Khyber Agency, Bajaur Agency und Khyber Pakhtunkhwa. Es existieren separate Programme für Frauen und Jugendliche (BFA 9.2015). Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 7.2017). Die Asia Pacific Group on Money Laundering konnte in Pakistan Fortschritte bei der Behebung von strategischen Mängeln erzielen, die diese in Bezug auf die Bekämpfung der Finanzierung von Terrorismus zuvor festgestellt hatte. Maßnahmen umfassen z.B. die Überwachung von grenzüberschreitenden Geldtransfers, NGO-Finanzierungen, das Einfrieren von Geldern, die rechtliche Meldepflicht von Banken über verdächtige Transaktionen sowie deren Verpflichtung, regelmäßig die Liste der von der UN als Terrororganisationen Eingestuften zu kontrollieren (USDOS 7.2017).
Auf Grundlage dieser Länderberichte kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einer solchen extremen Gefährdungslage in ganz Pakistan gesprochen werden, dass gleichsam jede Person, die sich in Pakistan aufhält oder dorthin zurückkehrt, einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt ist.
Dass erhebliche Unzulänglichkeiten im Justizapparat und Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts fortbestehen (AA 20.10.2017) bzw. dass die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte pro Bezirk sehr unterschiedlich und von gut bis ineffizient reicht (USDOS 20.4.2018), muss anhand der Länderberichte festgehalten werden.
Es ist aber ebenso darauf hinzuweisen, dass aus der Berichtlage ableitbar ist, dass eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 10 .2017a) erfolgte. Die oberen Gerichte und der Supreme Court werden von den Medien und der Öffentlichkeit als glaubwürdig eingestuft (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2015 wurden in der Provinz Punjab knapp 700 (ÖB 10.2016; vgl. TET 21.1.2015) und in der Provinz Sindh ca. 360 neue Richter eingestellt (TET 31.8.2015). Das Vereinigte Königreich arbeitet mit der pakistanischen Polizei, Staatsanwälten und Justizbehörde zusammen, um deren Fähigkeiten bei Ermittlungen, Verfolgung und Verurteilungen von Terrorverdächtigen zu stärken sowie Menschenrechtsstandards und Rechtstaatlichkeit zu verbessern (FCO 12.3.2015). Im Jahr 2016 wurden insgesamt sieben Trainingslehrgänge für Polizeibeamte durchgeführt, bei denen 206 Polizeibeamte von der NGO SHARP-Pakistan (Society for Human Rights and Prisoners' Aid) in Rawalpindi, Lahore, Mianwali, Karatschi, Peshawar, Haripur und Buner ausgebildet wurden. (SHARP 2016). Auch im Jahr 2017 gab es mehrere solcher Lehrgänge, u. A. in Lahore und Bhakkar (SHARP 28.11.2017). SHARP-Pakistan pflegt eine enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, insbesondere der Polizei und der FIA, um sicherzustellen, dass Flüchtlinge nicht illegal inhaftiert werden und sie auch keiner unangemessenen Behandlung ausgesetzt werden. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Übergriffen bzw. Misshandlungen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den "Bezirks-Nazims" [Bezirksleiter], Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte sind ebenfalls dazu befugt, in solchen Fällen eine kriminalstrafrechtliche Verfolgung zu empfehlen, die gerichtlich angeordnet werden muss. Das Gerichtssystem bleibt das einzige Mittel, um Missbrauch durch Sicherheitskräfte zu untersuchen (USDOS 20.4.2018).
In diesem Kontext ist auch darauf hinzuweisen, dass es keine Hinweise gibt, dass die pakistanischen Behörden grundsätzlich nicht fähig und nicht willens seien, Schutz vor strafrechtswidrigen bzw. terroristischen Übergriffen und Bedrohungen gegen Privatpersonen zu gewähren.
Soweit im gegenständlichen Verfahren zu berücksichtigen ist, dass der BF aus der Region um XXXX , Kurram Distrikt, ehemalige FATA, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, stammt, ist Folgendes in Betracht zu ziehen:
In der Kurram Agency sind Schiiten in der Mehrheit und diese Agency ist geprägt von religiös-sektiererisch motivierter Gewalt. In den Jahren 2007 bis 2012 gab es besonders viele Kämpfe und nach einer Entspannung aufgrund von Friedensgesprächen (BFA 9.2015) gab es 2017 in der Kurram Agency zahlreiche große Terrorangriffe mit insgesamt 154 Toten (PIPS 1.2018). Die Sicherheitslage in den [ehem.] FATA hat sich jedoch aufgrund mehrerer militärischer Operationen seit 2008 verbessert (BFA 9.2015). Die Militäroperationen und Aktionen gegen Aufständische in den [ehem.] FATA sind abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Im Jahr 2016 ging die Zahl der Gewaltvorfälle in den [ehem.] FATA im Vergleich zu 2015 deutlich zurück (FRC 24.1.2017) und auch im Jahr 2017 war ein Rückgang der Zahl an terroristischen Vorfällen um 16 % im Vergleich zum Vorjahr zu registrieren (PIPS 1.2018). Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS in den [ehem.] FATA 18 terroristische Angriffe mit 17 Toten und 23 Verletzten. Die meisten Todesopfer waren in Kurram zu beklagen (1 Vorfall, 7 Tote), die meisten Vorfälle in Mohmand (5 Vorfälle, 3 Tote). Unter den Todesopfern befanden sich elf Zivilisten und drei Soldaten sowie drei Todesopfer ohne nähere Angabe von Details (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018). In einer Gesamtbetrachtung muss festgehalten werden, dass die Bemühungen des Militärs und der Strafverfolgungsbehörden dazu geführt haben, dass die gegenwärtige Lage in Kurram Agency als relativ stabil anzusehen ist. Dass es weiterhin zu terroristischen Anschlägen kommt wird nicht verkannt.
Das erkennende Gericht hält aber in diesem Zusammenhang fest, dass die allgemeine Sicherheitslage in Kurram Distrikt nicht dergestalt ist, dass die Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass der BF tatsächlich Opfer willkürlicher Gewalt wird.
Sofern der BF in seinen Stellungnahmen eine Rückkehr aufgrund der Sicherheitslage in seiner Heimatregion für unmöglich erachtet, wird festgehalten, dass sich der BF der Sicherheitslage in seiner Heimatregion aufgrund der Bewegungsfreiheit in Pakistan durch Verlegung seines Lebensmittelpunktes entziehen kann.
Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass anhand der aktuellen bzw. im Verfahren miteinbezogenen Berichtslage feststeht, dass es für Angehörige aller Gruppen die Möglichkeit gibt in Städten, vor allem den Großstädten wie Rawalpindi, Lahore, Karatschi, Peshawar oder Multan aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande zu leben, dies gilt auch für potentiell Verfolgte (AA 20.10.2017).
Es steht dem BF aber auch bspw. frei, sich in Islamabad niederzulassen. Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017a). Zur Sicherheitslage in Islamabad ist auszuführen, dass nach Berichtslage die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, als vergleichsweise sicher gilt. Es kommt nur vereinzelt zu Anschlägen. So verzeichnete Islamabad 2017 drei Anschläge mit zwei Todesopfern. Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen terroristischen Angriff (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018). Dass Islamabad im Luftweg erreichbar ist, muss als notorisch angesehen werden (siehe diesbezüglich https://www.laenderdaten.info/Asien/Pakistan/flughafen.php ).
Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (AA 20.10.2017). Dass der BF derart exponiert sei, dass jene Personen, von denen die Gefahren ausgehen, über jene logistische Möglichkeit, über die laut der zitierten Berichtslage nicht einmal der Staat verfügt, nämlich den BF in einem von seinem bisherigen Aufenthaltsort weit genug entfernten Ort aufzufinden, verfügen, ist im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass es sich beim BF um eine "high profile" Person (u.a. reiche Geschäftsmänner, Akademiker, westliche Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Angehörige von Militärs) handelt oder er über einen überregionalen Bekanntheitsgrad verfügt. Der BF ist ein arbeitsfähiger Mann, der wenn auch zumindest vorübergehend mit Gelegenheitsarbeiten seinen Unterhalt bestreiten kann. Zudem könnte der BF bei seiner Rückkehr Rückkehrhilfe bzw. Unterstützung von Hilfsorganisationen in Pakistan in Anspruch nehmen.
Wenn seitens des BF auf Berichte zur Lage in Pakistan, wie ACCORD Anfragebeantwortung vom 29.05.2016 und 12.12.2012 zu Pakistan zur Lage jugendlicher und jungen erwachsenen schiitischen Paschtunen, die außerhalb der FATA über kein familiäres Netzwerk verfügen, sowie Behandlung von Paschtunen außerhalb der FATA, verwiesen wird, kann nicht erkannt werden, inwiefern diese Berichte die Beurteilung des erkennenden Gerichtes in Zweifel ziehen sollten. Es ist zu bedenken, dass es sich beim BF um einen XXXX Jahre alten, gesunden, ledigen Mann handelt, sodass die Anfragebeantwortung von zur Lage jugendlicher und jungen erwachsenen schiitischen Paschtunen keine Anwendung finden kann. Die in der Accord Anfragebeantwortung vom 12.12.2012 angeführten Berichte stehen zudem in Einklang mit jenen Berichten, die im gegenständlichen Verfahren seitens des erkennenden Gerichtes zur Entscheidungsfindung herangezogen wurden.
Überdies gibt es keinerlei Hinweise, dass die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Paschtunen bzw. Schiiten ohne Hinzukommen weiterer persönlicher Gefährdungsmerkmale asylrelevant ist. Festzuhalten ist in diesem Kontext, dass die Zugehörigkeit des BF zur Volksgruppe der Paschtunen alleine betrachtet keine staatliche oder staatlich geduldete generelle Verfolgung mit sich bringt. Aus dem im Verfahren angeführten Quellen ist abzuleiten, dass Pakistan ein multiethnischer und multireligiöser Staat ist. Die Sprachen sind nicht immer deckungsgleich mit der ethnischen Gruppenzugehörigkeit. So verschieden die ethnischen und sprachlichen Gruppen sind, überwiegen doch die Gemeinsamkeiten (Murad Ullah 1.-2.10.2012). Dass staatliche Stellen, wie die Polizei, die Armee, systematisch gegen Volksgruppenangehörige der Paschtunen vorgehen bzw. Schutz verweigern, gibt es keine Hinweise bzw. kann nicht erkannt werden. Paschtunen sind im politischem System Pakistans - unter anderem auch im Militär - gut vertreten. In Belutschistan, Quetta und Karatschi machen Paschtunen jedenfalls nach Quellenlage einen sehr hohen Anteil an der Bevölkerung aus, in Lahore und Islamabad ebenfalls einen erheblichen.
Dass sektiererische Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten in Pakistan existiert, wird nicht verkannt, hieraus kann nicht geschlossen werden, dass jeder Schiit in Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der landesweiten Gefahr ausgesetzt sei, Opfer solcher Gewalt zu werden. Vielmehr geht das erkennende Gericht nach Würdigung und Bewertung der Berichtslage im Wege einer Gesamtschau der maßgeblichen Kriterien davon aus, dass Schiiten allein aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit, also ohne hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale, in Pakistan keiner hieran anknüpfenden gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung durch extremistische Sunniten ausgesetzt sind. Eine religiöse oder politische Verfolgung von Schiiten durch die derzeitige pakistanische Regierung ist nach Auskunftslage nicht ersichtlich. Hinsichtlich einer behaupteten Gruppenverfolgung von Schiiten in Pakistan ist auf den jüngst ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, in welchem dem Revisionswerber, einem schiitischen Paschtunen, entgegengehalten wurde, dass aus den Länderberichten keine Gruppenverfolgung aller Schiiten hervorgehe, sondern es auf hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale ankomme (vgl. VwGH 21.3.2018, Ra 2018/18/0033, Rn. 11). Etwaige persönliche Gefährdungsmerkmale wurden im gegenständlichen Verfahren nicht vorgebracht bzw. nicht glaubwürdig dargelegt.
In Pakistan finden sich viele Variationen der muslimischen Identität und der religiösen Intensität. Laut Australian Department of Foreign Affairs and Trade sind Schiiten im ganzen Land verteilt, machen aber in keiner Provinz die Mehrheit aus. Quer durchs Land leben schiitische und sunnitische Gemeinden im Alltag im Allgemeinen gut integriert nebeneinander. Eine bedeutende Anzahl an Schiiten lebt in Peshawar, Kohat, Hangu und Dera Ismail Khan in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa; in den Agencies Kurram und Orakzai in den [ehem.] FATA; in und um Quetta und entlang der Makran-Küste in Belutschistan, in den südlichen und zentralen Gebiete des Punjab sowie verteilt im Sindh. Viele urbane Zentren in Pakistan, wie Karatschi, Lahore, Rawalpindi, Islamabad, Peshawar, Multan, Jhang und Sargodha, beheimaten große Shia Gemeinden, wobei Schiiten oft in Enklaven in den Großstädten leben. Abgesehen von den Hazara unterscheiden sich Schiiten weder physisch noch linguistisch von den Sunniten. Schiiten finden sich unter den meisten ethnischen, linguistischen und Stammesgruppen Pakistans, allerdings sind Hazara überwiegend Schiiten und es gibt auch einige Clans oder Stämme, die eine schiitische Identität haben, wie Turis, Bohris, Baltis und einige Clans des paschtunischen Stammes Bangash. Die nationalen Identitätskarten zeigen nicht die Sekte der Person an. Schiiten sind in der Regierung, dem Staatsdienst, den Sicherheitskräften - auch in höheren Positionen - und in den bedeutenden religiösen Instanzen des Landes, dem Council of Islamic Ideology und den Scharia-Gerichten vertreten (UKHO 2.2015). Die Regierung ergreift zum Schutz der von Schiiten zahlreiche Maßnahmen. Einige Großstädte verbieten jedes Jahr im islamischen Monat Muharram Klerikern, die dafür bekannt sind, sektiererische Gewalt zu propagieren, das Betreten der Stadt (HRCP 4.2018, vgl. USDOS 15.8.2017). Beispielsweise wurden im Jahr 2017 22 Klerikern der Zugang zum Distrikt Abbottabad untersagt (HRCP 4.2018) und 2016 wurden 16 Kleriker an der Einreise ins Hauptstadtterritorium Islamabad gehindert) (HRCP 5.2017, vgl. USDOS 15.8.2017) und hunderttausende Sicherheitskräfte werden im ganzen Land während des Ashuras zum Schutz der schiitischen Zeremonien eingesetzt (USDOS 15.8.2017).
Ebenso kann auf Grundlage der vom BFA herangezogenen Länderberichten die Deckung der Grundbedürfnisse und eine medizinische (Grund-)Versorgung als gewährleistet angenommen werden. In Pakistan besteht zwar eine wirtschaftlich und sozial durchaus schwierige Situation, es geht jedoch aus den Länderfeststellungen nicht hervor, dass die individuelle Versorgungslage für alle Personen - ohne Hinzutreten von besonderen Umständen - gefährdet wäre.
Werden die Themenbereiche Grundversorgung, wirtschaftliche Lage, medizinische Versorgung in Pakistan betrachtet, so ist zwar anzumerken, dass in diesen Bereichen einzelne Missstände vorliegen, außer Acht darf jedoch nicht gelassen werden, dass kontinuierlich Verbesserungen stattfinden bzw. Maßnahmen ergriffen werden, um mögliche unerträgliche Aspekte hintanzuhalten. Die allgemeine Lage in diesen Bereichen ist zudem nicht dergestalt, dass grundsätzlich eine derart unerträgliche Situation vorherrscht, die dazu führt, dass ein Rückkehrhindernis für den BF zu bejahen ist. So geht aus der Berichtslage hervor, dass die Grundversorgung in Pakistan gewährleistet ist. Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 Prozent; der Sektor umfasst u.a. Bankwesen, Versicherungswesen, Transportwesen, der Kommunikationssektor, aber auch der überproportional große öffentliche Verwaltungsapparat). Zur Verringerung der Armut wurden zahlreiche Projekte ins Leben gerufen. Beinahe alle Krankheiten und medizinischen Probleme sind, laut IOM, in Pakistan behandelbar, auch in den öffentlichen (staatlichen) Spitälern. Dass der BF durch individuelle Umstände in diesen Bereichen direkt betroffen ist, brachte der BF nicht vor. Zu bedenken ist ebenso in diesem Zusammenhang, dass der BF ein arbeitsfähiger gesunder Mann ist, der bei seiner Rückkehr wenn auch zumindest vorübergehend seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten bestreiten kann. Zudem könnte der BF Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Er verfügt zudem über familiäre Anknüpfungspunkte in Pakistan in Form seiner Eltern und seiner Schwester. Unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation kann seitens des erkennenden Gerichtes nicht erkannt werden, dass der BF seine Existenz nicht sichern könnte.
Es muss in Betracht gezogen werden, dass es bei einem Land wie Pakistan mit einer sehr hohen Berichtsdichte, in dem praktisch ständig neue Erkenntnisquellen entstehen, de facto unmöglich ist, sämtliches existierendes Berichtsmaterial zu berücksichtigen, weshalb die belangte Behörde bzw. das ho. Gericht ihrer Obliegenheit zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan nachkommt, wenn sie bzw. es sich zur Entscheidungsfindung eines repräsentativen Querschnitts des bestehenden Quellenmaterials bedient.
Vollständigkeitshalber wird darauf hingewiesen, dass die länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat Pakistan zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend und aktuell qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann.
II.2.4. Das Vorbringen des BF wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens für unglaubwürdig erachtet.
II.2.4.1. Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.
Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden.
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Der BF konnte ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht substantiiert und glaubhaft geltend machen.
II.2.4.2. Wird der Sachvortrag des BF in Bezug auf seine Fluchtgründe im Detail betrachtet fällt auf, dass es sich hierbei um eine Darstellung einer Bedrohungslage handelt, die - wie die belangte Behörde zutreffend darlegte - als nicht der Wahrheit entsprechend angesehen werden muss.
Auch wenn im gegenständlichen Fall - wie vom BF im Verfahren dargelegt - das zugrunde zu legende Alter eines Antragstellers bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit seiner Angaben als auch im Zusammenhang mit der Frage einer allfälligen Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ausreichend zu berücksichtigen ist (siehe gleichlautende Erläuterungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.06.2012, Zl. U98/12), so ist aber ebenso im Rahmen der Beweiswürdigung und bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit das Aussageverhalten eines Antragstellers und seine individuellen Umstände mitzuberücksichtigen.
Wird der Sachvortrag des BF im gegenständlichen Verfahren betrachtet fällt auf, dass es sich hierbei um eine Darstellung eines Fluchtvorbringens handelt, die in der Gesamtheit betrachtet komplex ist. Dass der BF aufgrund seiner Minderjährigkeit nicht in der Lage war bzw. nur eingeschränkt in der Lage war ein umfassendes und in sich schlüssiges Vorbringen zu erstatten, kann nicht festgestellt werden. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass der BF 10 Jahre die Schule in Pakistan besucht hat und im Rahmen der Reise nach Österreich auf sich alleine gestellt war. Der BF war zudem zum Zeitpunkt seiner Einreise XXXX Jahre alt. Folglich handelte es sich beim BF offenbar um einen jungen Erwachsenen, der gebildet und zudem lebenserfahren ist sowie selbständig handelt.
Sofern der BF die allgemeine Sicherheitslage in seiner Heimatregion ins Treffen führt, wird wie bereits unter II.2.3. dargelegt, darauf hingewiesen, dass aus der Berichtslage nicht ableitbar ist, dass der BF aufgrund seiner Religions- und/oder Volksgruppenzugehörigkeit einer hieran anknüpfenden gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung durch extremistische Sunniten bzw. staatlicher Stellen ausgesetzt ist.
Der BF führte zusammengefasst im gegenständlichen Verfahren aus, dass seine Eltern entschieden hätten, dass er Pakistan verlassen müsse, da Angehörige der XXXX versucht hätten, den BF zu zwingen am Kampf gegen die Taliban teilzunehmen.
Auffällig und kaum erklärbar ist in diesem Kontext, dass der BF vor dem BFA im Zuge der freien Fluchtgrundschilderung (Seite 5 des Einvernahmeprotokolles) über die allgemeine Gefahr sprach, dass man sich in seiner Heimatregion der Bewegung XXXX anschließen müsse und gegen die Taliban zu kämpfen hätte. Der BF erwähnte von sich aus keine Vorfälle, an denen er involviert war. Erst nach einer kurzen Pause schilderte der BF, dass Angehörige der XXXX zum Haus des BF gekommen wären und seine Eltern aufgefordert hätten, den BF diesen zu "übergeben".
Dass es sich hierbei um zwei völlig unterschiedliche Sachverhaltselemente handelt, wird dadurch deutlich, dass der BF im Zuge seiner freien Fluchtgrundschilderung von der Referentin darauf hingewiesen wurde, von sich detailliert alle Gründe und konkreten Vorfälle, welche ihn zum Verlassen seines Heimatlandes zwangen zu schildern. Der BF wurde ebenso darauf hingewiesen, Zeit, Ort, die beteiligten Personen zu benennen und zu schildern, was sich genau ereignet habe und gesprochen wurde. Davon, dass Angehörige der Gruppierung XXXX die Eltern des BF aufforderten, dass sich der BF diesen anschließen solle, sprach der BF nicht. Die Nichterwähnung dieses Vorfalles mit seinen Eltern ist deshalb nicht nachvollziehbar, da der BF von der Referentin der belangten Behörde dahingehend befragt wurde, ob er sämtliche Grunde und Vorfälle angeführt habe. Der BF machte zwar allgemeine Ergänzungen zur allgemeinen Lage in seiner Heimat, erwähnte den Zwischenfall mit seinen Eltern nicht. Wenn im Beschwerdeschreiben moniert wird, die Referentin habe das jugendliche Alter des BF bei der Befragung nicht berücksichtigt und sei einer altersangemessene Einvernahmetechnik nicht erfolgt, so muss ebenso darauf hingewiesen werden, dass der BF zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem BFA kurz vor seinem 18. Geburtstag stand und der BF sich offenbar bezüglich der Bedeutung seiner Aussagen im Klaren war. Die gestellten Fragen und Hinweise der Referentin waren klar und einleuchtend und wurde eine ausführliche Befragung durchgeführt. Es ist dem erkennenden Gericht daher nicht ersichtlich, inwiefern eine altersangemessene Befragung nicht erfolgt wäre.
Folglich ist dieses Aussageverhalten ein Indiz dafür, dass der BF Umstände schildert, die nicht der Wahrheit entsprechen, ansonsten hätte der BF dieses Geschehen von sich aus bereits erwähnt und nicht erst im Nachhinein.
Der BF stellte ein Bedrohungsszenarium in den Raum ohne auch nur ansatzweise persönliche Empfindungen bzw. Details preiszugeben.
So wurde der BF bspw. vor der erkennenden Richterin dahingehend befragt, was er darüber weiß, dass seine Familie von der Organisation XXXX aufgesucht wurde. Der BF gab an: "Ich habe bei meiner Einvernahme alles erzählt. Sie können dies aus meiner Einvernahme lesen." Hätte der BF tatsächlich ein Interesse dem erkennenden Gericht zu verdeutlichen, dass er wahrheitsgemäß Angaben vor dem BFA machte, dann hätte der BF die erste ihm bietende Möglichkeit genutzt, um durch einen neuerlichen Sachvortrag diesen Vorfall detailliert, lebensnah und konkret darzulegen. Auch nach erneuter Befragung verblieb der BF bei einer äußerst ausweichenden Antwort und erläuterte: "Die Organisation XXXX hat die Leute trainiert und in den Krieg geschickt." Der BF wurde wiederholt dahingehend befragt und auf die Bedeutung der Frage hingewiesen, der BF schilderte schlussendlich: "Ich war zu dieser Zeit nicht zu Hause und deshalb weiß ich nicht, wie viele Personen da waren. Sie haben meinen Vater befragt. Sie haben meinen Vater gewarnt. Sie sagten meinem Vater, dass ich wenn ich nicht in den Krieg ziehen würde, nicht dort leben könnte. Ich habe mich dann für ca. zwei Monate zu Hause versteckt. Danach ging ich nach XXXX ."
Mit einer derartigen Erzählung, die erst nach mehrmaliger Befragung bezüglich der Geschehnisse durch die Richterin erfolgte, konnte der BF aus Sicht des erkennenden Gerichtes keinen detaillierter lebensnahen Sachvortrag präsentieren. Wäre der BF tatsächlich gezwungen worden, sich der Organisation XXXX anzuschließen, wäre es naheliegend gewesen, wenn der BF trotz seiner Abwesenheit darüber erzählt, wo er sich aufgehalten habe als Angehörige der XXXX seine Eltern aufsuchten, was konkret sein Vater über diesen Vorfall erzählte, wie er damals empfunden habe, wie seine Eltern reagierten etc..
In diesem Kontext ist anzuführen, dass das eben angeführte Aussageverhalten des BF dazu führt, dass der Eindruck entstand, dass der BF zur Situation deshalb nicht mehr sagen konnte oder wollte, weil es sich um kein reales Erlebnis handelte. Der BF stellte eine Rahmengeschichte in den Raum ohne Einzelheiten, wie Angaben zum konkreten Inhalt der Gespräche, konkrete zeitliche Angaben, dem damaligen Aufenthaltsort des BF, seine Gefühle, etc. darzulegen.
Generell gilt, dass ein Asylwerber in der Regel über tatsächlich erlebte Ereignisse lebhafter und spontaner berichten kann. Es ist zwar zweifelsohne zu bedenken, dass es gute Gründe dafür geben mag, dass sich ein Antragsteller nicht alle Einzelheiten eines bestimmten Ereignisses ins Gedächtnis zurückrufen kann, jedoch zeichnet sich eine Schilderung von Erlebten im Allgemeinen durch ganz persönliche, individuelle Umstände und die Art und Weise, in der ein Ereignis erfahren und zum Ausdruck gebracht wird, aus.
Nicht unberücksichtigt darf der Umstand bleiben, dass es sich bei der Organisation XXXX um eine schiitische Organisation handelt, die zum Teil auch lokal in XXXX ansässig ist. Durch diese Organisation wurden bspw. in abgelegenen Gegenden der Kurram Ageny, kostenfreie medizinische Camps errichtet, in denen tausende Patient/innen behandelt wurden. Es gibt keinerlei Berichte, dass diese Organisation Kinder oder Jugendliche zum Kampf gegen die Taliban rekrutiert hätte. Wenn der BF auf eine Anfragebeantwortung von ACCORD vom 26.02.2016 verweist, wird zwar hier erwähnt, dass die Rekrutierung von Kindern durch bewaffnete Gruppen im Jahr 2013 in Pakistan weiterhin äußerst besorgniserregend ist bzw. wird hier über Rekrutierung von Kindern und Jugendlichen durch nicht-staatliche aufständische Gruppen in Bezug auf ganz Pakistan gesprochen. Berichte gibt es jedoch nicht darüber, dass eine derartige Rekrutierung durch die Organisation XXXX erfolgte. Zudem ist zu bedenken, dass eben aus dieser Anfragebeantwortung abzuleiten ist, dass der UNO-Generalsekretär in seinem Bericht vom 15.05.2014 schreibt, dass die Rekrutierung von Kindern durch bewaffnete Gruppen im Jahr 2013 in Pakistan weiterhin äußerst besorgniserregend geblieben sei. Im jüngsten Bericht zu Kindern in bewaffneten Konflikten des UNO-Generalsekretärs an die UNO-Generalversammlung vom Juni 2015 werden Rekrutierungen von Kindern durch bewaffnete Gruppen nicht erwähnt.
Folglich muss das Vorbringen des BF unter Berücksichtigung, dass im Jahr 2015 offensichtlich keine Rekrutierungen von Kindern oder Jugendlichen erfolgten, und der oben angeführten Unschlüssigkeiten im Sachvortrag des BF als nicht glaubwürdig bewertet werden.
Zum Vorbringen des BF, er würde mit der pakistanischen Regierung Probleme haben, da er illegal Pakistan verlassen habe und in Österreich um Asyl ansuchte, ist auf die Länderberichte zu verweisen, wonach zurückgeführte Personen bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen haben. Unter gewissen Voraussetzungen verstoßen Pakistani mit ihrer Ausreise gegen die Emigration Ordinance (1979), namentlich, wenn sie über keinen "letter of appointment of a work permit from a foreign employer or an employment visa or an emigration visa from foreign Government" verfügen (Art. 8 Abs. 2 leg. cit.) oder auch gegen den Passport Act, 1974. Laut Auskunft der International Organization for Migration (IOM) werden Rückkehrende aber selbst bei Verstößen gegen die genannten Rechtsvorschriften im Regelfall nicht strafrechtlich verfolgt (außer es besteht ein Zusammenhang mit Menschenhandel). Da im gegenständlichen Fall kein Zusammenhang mit Menschenhandel bekannt ist, ist bei einer Rückkehr des BF mit keinerlei strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen. Zudem ist zu bedenken, dass der BF im Zuge seiner Erstbefragung selbst anführte, dass er mit seinem eigenen Reisepass legal ausreiste. Die nachträgliche Änderung des Vorbringens des BF vor dem BFA, der Schlepper hätte ihm einen gefälschten Reisepass besorgt, erscheint nicht glaubwürdig zu sein. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der BF zum Zeitpunkt seiner Einreise wahrheitsgemäße Angaben machte.
Soweit der BF im Schriftsatz vom 22.03.2019 vorbringt, dass aufgrund seines langjährigen Auslandsaufenthaltes die Gefahr besteht als "verwestlicht" angesehen zu werden, ist auszuführen, dass nicht ersichtlich ist wodurch sich sein "westlicher Lebensstil" äußern würde bzw. warum ihm eine Abkehr vom Islam unterstellt werden sollte. Aufgrund der Aufenthaltsdauer des BF und dem Besuch eines römisch-katholischen Unterrichtes in der Berufsschule bzw. seinem Interesse am Christentum ist im Zusammenhang damit, dass sich der BF seinen schiitischen Glauben nicht abgewandt hat, nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine "westliche" bzw. islamisch abkehrende Lebenseinstellung in einer ihn in Pakistan exponierenden Intensität übernommen hätte. Weder das Erlernen der deutschen Sprache, die Ausbildung eines Lehrberufes und sein Interesse am Christentum bringen den Beschwerdeführer in eine exponierte Lage in Pakistan oder stellen eine - mit den pakistanischen/islamischen Werten unvereinbare - Lebensweise dar.
Es ist auch nicht erkennbar, warum gerade der BF gegenüber tausend anderen Rückkehrern in eine derart exponierte Lage geraten soll, dass er auf Grund seines Lebensstils oder auf Grund seines Aufenthaltes in einem westlichen Land psychischer oder physischer Bedrohung in Pakistan ausgesetzt wäre. Es ist weder den Angaben des BF noch den beigezogenen Länderberichten zu entnehmen, dass Rückkehrer aus Europa in besondere Form von Gewalt und Bedrohung betroffen wären, sodass auch eine generelle (Gruppen-) Verfolgung von Rückkehrern aus Europa nicht festgestellt werden konnte.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vermittelte der BF mit seinem Verhalten nicht den maßgeblichen Eindruck, dass er bei seiner Rückkehr mit einer erheblichen Gefährdung zu rechnen hat. Der BF hat eine individuelle Bedrohung nicht glaubhaft machen können.
In Anbetracht der oa. Erwägungen geht das erkennende Gericht daher davon aus, dass die vom BF vorgebrachte Verfolgung unglaubwürdig ist und in dieser Form auf Grund der unschlüssigen Aussagen als nicht nachvollziehbar und nicht glaubwürdig anzusehen ist. Dem BF ist es nicht gelungen, eine Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.
II.2.5. Die Angaben des BF bezüglich seiner familiären und wirtschaftlichen Lage in Pakistan werden aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben als wahr und somit der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
II.3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:
"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) ...
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
..."
Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen ist.
Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
II.3.2.2. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen des BF zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).
Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die vom BF behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.
II.3.2.3. Zur hilfsweise herangezogenen Argumentation hinsichtlich des Bestehens des Willens und der Fähigkeit des Staates, Schutz zu gewähren und der Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative wird Folgendes erwogen:
II.3.2.4. Unter richtlinienkonformer Interpretation (Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber (vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt ... : Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083 ; ...".
Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).
In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für den Berufungswerber somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".
II.3.2.5. Im gegenständlichen Fall hat der BF weder (glaubwürdig) behauptet noch bescheinigt, dass Rekrutierungsversuche stattgefunden hätten oder derartige Übergriffe nicht pönalisiert wären bzw. die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin, wenngleich die Berichte zu erkennen geben, dass durchaus auch noch erhebliche Defizite bestehen, ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat des BF kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.
Der BF bescheinigte im Rahmen seiner Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in seinem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass er keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in seinem Fall ein qualifizierter Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erschein lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall des BF untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.
Im Ergebnis hat der BF letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.
II.3.2.6. Zur hilfsweise herangezogenen Argumentation der Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative wird Folgendes erwogen:
Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte innerstaatliche Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, Zl. 98/01/0352). Nach der Rechtsprechung des VwGHs muss sich die Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Nach einer in der älteren Rechtsprechung verwendeten Formulierung darf in keinem Teil des Herkunftsstaates Verfolgungssicherheit bestehen (VwGH 10.3.1993, Zl. 03/01/002). Nach der jüngeren Rechtsprechung ist mit dieser Formulierung jedoch nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, die Formulierung sei dahingehend zu verstehen, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken müsse (VwGH 9.11.2004, Zl 2003/01/0534; VwGH 24.11.2005, 2003/20/0109).
Um vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, müssen die Asylbehörden über Ermittlungsergebnisse verfügen, die die Sicherheit der Asylwerber dartun (vgl. etwa VwGH 8.9.1999, Zl. 99/01/0126; VwGH 16.2.2000, Zl 99/01/0149). Es muss konkret ausgeführt werden, wo der Beschwerdeführer tatsächlich Schutz vor der von ihm geltend gemachten Bedrohung finden könnte. Entsprechend dem "Ausschlusscharakter" der innerstaatlichen Fluchtalternative nimmt der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich eine Beweislast der Asylbehörde an: Es müsse Sache der Behörde sein, die Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative aufzuzeigen und nicht umgekehrt Sache des Asylwerbers, die Möglichkeit einer theoretisch möglichen derartigen Alternative zu widerlegen (vgl. VwGH 9.9.2003, Zl.2002/01/0497).
Aufgrund des sich Versteckthaltens kann noch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative gesprochen werden (etwa VwGH 18.4.1996, Zl.95/20/0295; VwGH 20.3.1997, Zl 95/20/0606; in diesem Sinne ebenfalls VwGH 29.10.1998, Zl. 96/20/0069). Ebenso darf der Betroffene im sicheren Landesteil nicht in eine aussichtslose Lage gelangen und jeglicher Existenzgrundlage beraubt werden. Solcherart wird dem Kriterium der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative Beachtung geschenkt (VwGH 8.9.1999, Zl. 98/01/0614, VwGH 6.10.1999, Zl. 98/01/0535, VwGH 8.6.2000, 99/20/0597, VwGH 19.10.200, 98/20/0430; VwGH 19.10.2006, Zl. 2006/0297-6; VwGH 24.1.2008, Zl. 2006/19/0985-10). Maßgebliche Faktoren zur persönlichen Zumutbarkeit können das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschaftsverhältnisse, soziale und andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeitshintergrund und -möglichkeiten, sowie gegebenenfalls bereits erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen sein. Es wird jedoch die Ansicht vertreten, dass schlechte soziale und wirtschaftliche Bedingungen in dem betreffenden Landesteil die innerstaatliche Fluchtalternative nicht grundsätzlich ausschließen (siehe VwGH 8.9.1999, 98/01/0620; VwGH 26.6.1996, 95/20/0427). Ein bloßes Absinken des Lebensstandards durch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative, welches jedoch noch über dem Niveau der aussichtslosen Lage gelegen ist, ist daher bei Bestehen einer Existenzgrundlage hinzunehmen.
Zu den bereits getroffenen Ausführungen kommt noch hinzu, dass das verfolgungssichere Gebiet eine gewisse Beständigkeit in dem Sinne aufweisen muss, dass der Betroffene nicht damit rechnen muss, jederzeit auch in diesem Gebiet wieder die Verfolgung, vor der er flüchtete, erwarten zu müssen (VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401, in diesem Sinne auch VwGH 19.2.2004, Zl. 2002/20/0075; VwGH 24.6.2004, Zl. 2001/20/0420).
Ebenso muss das sichere Gebiet für den Betroffenen erreichbar sein, ohne jenes Gebiet betreten zu müssen, in welchem er Verfolgung befürchtet bzw. muss im Rahmen der Refoulementprüfung feststehen, dass eine Abschiebung in dieses sichere Gebiet möglich ist (VwGH 26.6.1997, Zl.95/21/0294; in diesem Sinne auch VwGH 11.6.1997, Zl. 95/21/0908, 6.11.1998, Zl. 95/21/1121; VwGH 10.6.1999, 95/21/0945, ähnlich VwGH 17.2.2000, 9718/0562).
Zum Wesen und den Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative vgl. weiter: Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR), Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft (1979), Rz 91; Art. 8 der Richtlinie 2004/83 EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Person, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des gewährten Schutzes ("Statusrichtlinie); Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S. 357 ff.
Aus den oa. Ausführungen ergibt sich im gegenständlichen Fall Folgendes:
Der BF könnte - bei Wahrunterstellung seines Vorbringens - durch Verlegung seines Aufenthaltsortes in eine andere Region Pakistans, beispielsweise in Großstädte wie Karachi, Islamabad, Rawalpindi oder Faisalabad, Islamabad einer möglichen Verfolgung entgehen. Dass die angeblichen Verfolger so ein großes Interesse am BF haben, dass sie ihn überall in Pakistan suchen würden, kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht angenommen werden. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass sie den BF überall finden könnten, dies auch angesichts der Bevölkerungsdichte ihres Herkunftslandes.
Im gegenständlichen Fall ist somit letztlich davon auszugehen, dass auf Grund der fehlenden Exponiertheit des BF, der Größe und des Bevölkerungsreichtums Pakistans und des Fehlens eines zentralen Einwohnermeldesystems nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit weiterer Gefährdung zu rechnen ist bzw. überhaupt nicht die Möglichkeit oder das Interesse besteht, den BF in einem von seinem bisherigen Aufenthaltsort weit genug entfernten Ort aufzufinden.
Ebenso ist ein derartiges Gebiet, wie Islamabad, für den BF auf Grund der Vielzahl der Einreisemöglichkeiten nach Pakistan erreichbar, ohne durch jenes Gebiet reisen zu müssen, in der ihm Bedrohung drohen würde und war die Erreichbarkeit auch schon zu jenem Zeitpunkt gegeben, als sich der BF noch in Pakistan aufhielt.
Die Möglichkeiten, sich in Pakistan eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden. Selbst für unqualifizierte aber gesunde Menschen wird es in der Regel möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (im schlechtesten Falle als Lagerarbeiter, LKW-Beifahrer, Tellerwäscher oder Abfallsammler) ihren Lebensunterhalt zu sichern. Im Lichte dieser Ausführungen erscheint es dem BF auf Grund der Feststellungen zu seiner Person vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage in Pakistan möglich und zumutbar, dort seine dringendsten Lebensbedürfnisse auch in einem anderen Landesteil zu decken und wird der BF somit auch an diesen Orten über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Beim BF handelt es sich um einen mobilen, erwachsenen, arbeitsfähigen und anpassungsfähigen jungen Mann, welcher seine Mobilität und seine Fähigkeit, sich auch in einer fremden Umgebung zurecht zu finden, bereits durch seine Reise nach Österreich unter Beweis stellte.
II.3.2.7. Der BF hat seinen Herkunftsstaat letztlich aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen verlassen. Diese Gründe stellen jedoch keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Es war daher im Hinblick auf die ausschließlich persönlichen und wirtschaftlichen Beweggründe des BF, den Herkunftsstaat zu verlassen, der Schluss zu ziehen, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nur aus dem Grund erfolgte, sich nach erfolgter Einreise unter Umgehung der den Aufenthalt regelnden Vorschriften den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen.
Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.
II.3.3. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat
II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:
"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.-...
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 ... zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
..."
Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehens der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Art. 2 EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."
Während durch das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Art. 3 EMRK lautet:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die betroffene Person im Falle ihrer Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der BF zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Schweden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Gem. der Judikatur des EGMR muss die BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).
Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der BF vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) nicht damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.
II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalts abgeleitet werden.
Weitere, in der Person des BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiters festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim BF handelt es sich um einen mobilen, jungen, arbeitsfähigen Mann. Einerseits stammt er aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört der BF keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf seine individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.
Auch steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das - wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Darüber hinaus ist es dem BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und er nicht in eine allfällige, Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung
II.3.4.1. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß § 57 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt der BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
Der Aufenthalt des BF ist nicht geduldet. Der BF ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt im obigen Sinn.
Es liegen folglich keine Umstände vor, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
II.3.4.2. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gemäß § 52 Abs 3 FPG ist unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen. Die Erlassung der Entscheidung ist zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 9 Abs 3 AsylG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.
II.3.4.2.1. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie hier der Rückkehrentscheidung, kann folglich ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.
Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig.
Artikel 8 EMRK schützt das Privatleben umfassend und sichert dem Einzelnen einen Bereich,
innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten kann.
II.3.4.2. Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF hat keine Verwandten in Österreich. Der BF ist im Juni 2015 illegal nach Österreich eingereist. Der BF hat der BF im Zeitraum vom XXXX bis XXXX Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber erhalten. Der BF wohnt seit XXXX in einer Mietwohnung für der er selbst aufkommt, zuvor lebte der BF in einer Flüchtlingsunterkunft. Der BF bestreitet seit Beginn der Lehre seinen Lebensunterhalt selbst. Der BF hat vom XXXX bis XXXX das Bildungsprojekt der Caritas für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, vom XXXX bis XXXX sowie XXXX bis XXXX , das Projekt " XXXX " bzw. vom XXXX bis XXXX das Projekt " XXXX " besucht. Der BF hat an der Weiterbildungsmaßnahme " XXXX " am XXXX teilgenommen. Der BF hat am XXXX über das Projekt " XXXX " ein dreimonatiges Praktikum als XXXX absolviert und seit XXXX als XXXX tätig. Seit 04.09.2017 besucht der BF die Landesberufschule. Dem BF wurde eine Beschäftigungsbewilligung für die Zeit vom XXXX bis XXXX . erteilt. Der BF hat mehrere Deutschkurse besucht. Der BF hat die ÖSD Prüfung Deutsch A2 Niveau mit gut bestanden bzw. hat der BF einen Kurs auf B1 Niveau besucht. Der BF spielt seit Sommer 2015 Slowpitch. Der BF hat Freunde in Österreich. Der BF ist unbescholten.
Die Rückkehrentscheidung betreffend den BF stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben, aber einen in das Recht auf Privatleben dar.
II.3.4.3. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.
II.3.4.4. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH). Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).
Der BF ist illegal im Jahr 2015 nach Österreich eingereist und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der sich als unberechtigt erwiesen haben. Das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Familien- und Privatlebens wird somit schon dadurch gemindert, dass sich der BF nicht darauf verlassen konnte, sein Leben auch nach Beendigung der Asylverfahren in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Familien - bzw. Privatleben entstanden ist, des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).
Zugunsten des BF ist zu berücksichtigen, dass dieser während seines Aufenthalts in Österreich bemüht war die deutsche Sprache zu erlernen, eine Lehre absolviert und verschiedene Projekte absolvierte. Der BF verfügt über einen Bekanntenkreis, nahm an verschiedenen Veranstaltungen teil und bestreitet selbst seinen Lebensunterhalt.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
Auch wenn sich der BF um seine sprachliche, berufliche und gesellschaftliche Integration bemüht zeigte, kommt seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet gesamtbetrachtend vor dem Hintergrund der angeführten Judikatur kein allzu großes Gewicht zu, zumal die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt überwiegend auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, wesentlich gemindert wird.
Hinsichtlich des Lehrverhältnisses des BF ist zu beachten, dass dieses ein Ausbildungsverhältnis darstellt. Dieses allein begründet kein gewichtiges Interesse an einem Aufenthalt in Österreich: Diesbezüglich wird auf § 14 Abs. 2 lit. f BAG hingewiesen, in welchem festgelegt ist, dass ein Lehrverhältnis mit einem negativen rechtskräftigen Bescheid im Asylverfahren endet. Mit dieser außerordentlichen Beendigung des Lehrvertrages durch die Beendigung des Asylverfahrens lässt der Gesetzgeber erkennen, dass das Eingehen eines Lehrvertrages keine Ausbildungsgarantie bis zum Ende des Lehrvertrages darstellt. Mit der rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens endet gleichzeitig auch der Lehrvertrag. Den Behörden ist in diesem Punkt kein Ermessenspielraum eingeräumt worden, wodurch die Beendigung des Asylverfahrens zwingend die Beendigung des Lehrverhältnisses zur Folge hat. Dem Asylverfahren wird daher mehr Gewicht beigemessen als der regulären Beendigung des Lehrverhältnisses durch die Gesellenprüfung.
Auch ist der höchstgerichtlichen Rechtsprechung klar zu entnehmen, dass einer angefangenen Lehre im Asylverfahren keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/20/0224; vgl. auch VwGH 27.08.2018, Ra 2018/20/0386 und VwGH 24.09.2018, Ra 2018/01/0394). Überhaupt bringt der VwGH in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie eine etwaige Einstellungs- oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt, keine wesentliche Bedeutung zukommen (vgl. etwa 29.06.2010, 2010/18/0195, m.w.N.). Dabei kommt es nicht entscheidungswesentlich darauf an, ob dem Betroffenen ein "Vorwurf" im Hinblick auf eine unterlassene Integration am Arbeitsmarkt zu machen ist, sondern darauf, ob sie ihm gelungen ist oder nicht (VwGH 19.04.2012, 2010/21/0242). Fallbezogen durfte der BF durch die Aufnahme und Ausübung seiner Ausbildungstätigkeit nicht damit rechnen, dass ihm ein Aufenthaltstitel erteilt wird.
Berücksichtigt muss auch der Umstand werden, dass der BF im gegenständlichen Fall ein Ausbildungsverhältnis zu einem Zeitpunkt einging, in dem er sich (spätestens nach Abweisung seines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz durch das BFA im März 2016) seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.
Die Feststellung, wonach der BF strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten des BF ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).
Im Besonderen ist hier ferner auf die folgenden aktuellen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen. Trotz langjährigem Aufenthalt wurde auch hier seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit der Ausweisung bejaht: VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis; mit Rechtsstellung eines anerkannten Flüchtlings gerechnet; keinerlei Unterstützung im Herkunftsstaat zu erwarten), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (etwa siebenjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; ein Jahr lang eheliche Gemeinschaft mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; Unterkunft; Krankenversicherungsschutz; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; Erlernen der deutschen Sprache; Freundes- und Bekanntenkreis; Verwandte in Österreich; Unbescholtenheit; kaum bzw. keinen Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert; Zeitungsausträger), VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 (rund siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (fast achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; perfekte Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit; Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat; arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Freundes- und Bekanntenkreis; Unbescholtenheit; wirtschaftlicher Neubeginn; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit; Lebensunterhalt finanziert; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse; im Heimatland keine Existenzgrundlage; eingeschränkte Bindungen zum Heimatland; sozial integriert).
Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene BF den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbrachte, dort sozialisiert wurde, hingegen die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Vergleich zu seinem Lebensalter als kurz zu bezeichnen ist, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal er dort familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und seiner Schwester hat und er die Sprache des Herkunftsstaates beherrscht.
Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens des BF sowie seinem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH, B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen des BF auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engerer Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Aufgrund dieser Erwägungen ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12.06.2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007).
Zusammenfassend sprechen folgende Aspekte für eine bestehende Integration und ein schützenswertes Familien- bzw. Privatleben des BF: Aufenthaltsdauer, Deutschkenntnisse, Bekanntenkreis, berufliche Tätigkeit, Teilnahmen an Projekten;
Unter Abwägung der Interessen und in wertender Gesamtschau überwiegen allerdings folgende öffentlichen Interessen, die gegen einen Aufenthalt des BF in Österreich sprechen:
illegale Einreise; unsicherer Aufenthalt; auf Asylrecht gegründeter Aufenthalt, der sich auf nicht glaubhaftes Vorbringen stützte;
Es ist daher davon auszugehen, dass die öffentlichen Interessen an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie an einem geordneten Zuwanderungswesen im vorliegenden Fall schwerer wiegen als die familiären und privaten Interessen des BF. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK daher nicht geboten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
II.3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Im gegenständlichen Fall liegen im Hinblick auf getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass die Abschiebung nach Pakistan unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde bzw. im Beschwerdeverfahren nicht schlüssig dargelegt.
II.3.6. Frage der Erteilung einer Frist zur freiwilligen Ausreise
Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen des BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen im Beschwerdeverfahren getroffen.
Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.
II.3.7. Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Pakistan dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt wäre. Auch die Voraussetzungen für die getroffene Rückkehrentscheidung liegen vor.
II.3.9. Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung festgestellt, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101, dargelegt hat, bietet das Gesetz keine Grundlage dafür, in Fällen, in denen - wie hier - eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wird, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen. Sohin war Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides spruchgemäß mit der getroffenen Maßgabe zu berichtigen, da der negative Ausspruch nach § 55 AsylG 2005 Rechtskraftwirkungen entfalten kann (Vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0174).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe und der Auslegung des Begriffs der Glaubhaftmachung, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.
Ebenso wird zu diesem Thema keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)