Normen
AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180033.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 10. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Als Fluchtgrund brachte er im Wesentlichen Krieg und Unruhen in Pakistan vor. Zudem sei er Mitglied einer schiitischen Organisation sowie einer schweizerischen NGO, und es seien bereits Mitglieder beider Organisationen von den Taliban getötet worden. Schließlich stützte er sich noch auf eine generelle Verfolgung von Schiiten in Pakistan.
2 Mit Bescheid vom 28. Dezember 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise betrage vierzehn Tage (Spruchpunkt IV).
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der erste Spruchteil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheids zu lauten habe, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde (Spruchpunkt A). Eine Revision erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt B).
4 Begründend führte es - zusammengefasst - aus, das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers sei gänzlich unglaubwürdig, und stützte dies unter anderem auf Ermittlungsergebnisse eines beauftragten Vertrauensanwalts. Selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens sei jedoch davon auszugehen, dass Pakistan schutzfähig und -willig sei und bestehe überdies eine innerstaatliche Fluchtalternative in näher genannten Großstädten.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen geltend macht, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es Beweisanträge des Revisionswerbers unzulässigerweise abgelehnt habe. Weiters habe es gegen das Unmittelbarkeitsprinzip verstoßen, indem es seine Entscheidung auf Aktenteile gestützt habe, welche nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gewesen seien. Zudem seien die vom BVwG herangezogenen Länderberichte veraltet und es sei ein vom Revisionswerber vorgelegter UNHCR-Bericht zur Lage religiöser Minderheiten, aus welchem sich ergebe, dass die pakistanische Regierung nicht fähig und nicht willens sei, schiitischen Muslimen Schutz vor den Taliban zu bieten, entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unberücksichtigt geblieben.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Soweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen geltend macht, das BVwG habe Beweisanträge des Revisionswerbers zu Unrecht abgelehnt, ist zunächst auszuführen, dass Beweisanträge nach der hg. Rechtsprechung nur dann abgelehnt werden dürfen, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (VwGH 27.6.2016, Ra 2016/18/0098, mwN). Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 8.1.2015, Ra 2014/08/0064, mit weiteren Nachweisen). Eine derart krasse Fehlbeurteilung ist im vorliegenden Fall nicht zu sehen, zumal sich die Beweiswürdigung des BVwG nicht ausschließlich auf die Ermittlungsergebnisse des Vertrauensanwalts, sondern im Wesentlichen auch auf die Widersprüche in der Aussage des Revisionswerbers stützte. Insofern wird mit der Ablehnung der Beweisanträge durch das BVwG kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt.
10 Dem Zulässigkeitsvorbringen, wonach das BVwG gegen das Unmittelbarkeitsprinzip verstoßen habe, indem es seine Entscheidung auf Aktenteile gestützt habe, welche in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG nicht verlesen worden seien, ist lediglich entgegenzuhalten, dass die Revision nicht die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang aufzeigt (vgl. etwa VwGH 1.3.2016, Ra 2015/18/0277).
11 Wenn die Revision zu ihrer Zulässigkeit schließlich ins Treffen führt, das BVwG habe veraltete Länderberichte herangezogen und einen ihm vom Revisionswerber vorgelegten UNHCR-Bericht unberücksichtigt gelassen, so ist anzumerken, dass das BVwG in seinem Erkenntnis ausführliche Feststellungen zur Situation religiöser Minderheiten - insbesondere auch jener der Schiiten - in Pakistan traf. So führte es unter anderem aus, dass diese ein Ziel von Extremisten seien und die terroristische Gewalt besonders auf sie abziele. Täter, die für Übergriffe gegen religiöse Minderheiten verantwortlich seien, würden nur eingeschränkt verfolgt werden, was ein Klima von Straflosigkeit zulasse. Auch die vom Revisionswerber vorgelegte Übersetzung des Berichts des UNHCR aus Jänner 2017 zeigt kein anderes Bild auf, sondern bestätigt diese Feststellungen. Das BVwG führte auf deren Basis weiters - zusammengefasst - aus, dass es die schwierige Sicherheitssituation, insbesondere auch im Hinblick auf religiöse Minderheiten und besonders Schiiten, nicht verkenne, dass sich jedoch daraus nicht ableiten lasse, dass jeder Schiite in Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der landesweiten Gefahr ausgesetzt sei, Opfer von Gewalt zu werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass Schiiten allein aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit, also ohne hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale, in Pakistan keiner hieran anknüpfenden gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung ausgesetzt seien. Auch der UNHCR gelangt in seinen im vorgelegten Bericht zu findenden Schlussfolgerungen nicht zu der Empfehlung, sämtlichen Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft in Pakistan internationalen Schutz zu gewähren, sondern empfiehlt lediglich, Anträgen von Angehörigen religiöser Minderheiten eine besonders sorgfältige Prüfung zukommen zu lassen. Vor diesem Hintergrund erweist sich der vom Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen geltend gemachte Verfahrensmangel als für den Verfahrensausgang nicht von Relevanz.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. März 2018
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