Normen
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (die belangte Behörde) über Antrag des Beschwerdeführers fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Bosnien-Herzegowina gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 Fremdengesetz (FrG) bedroht sei.
Der Beschwerdeführer sei am 28. Mai 1994 von Slowenien kommend legal in das Bundesgebiet eingereist. Für die Dauer von drei Monaten habe er sich aufgrund der pragmatischen Weiteranwendung des Abkommens zwischen Österreich und der "ehemaligen SFRJ Jugoslawiens" sichtvermerksfrei aufhalten dürfen. Am 16. März 1995 habe der Beschwerdeführer den vorliegenden Antrag gemäß § 54 FrG gestellt. Er habe angegeben, in sein Heimatland jederzeit ohne Furcht zurückkehren zu können, da er "in keinster Weise" verfolgt und sein Heimatgebiet derzeit von der bosnischen Armee beherrscht würde. Er habe jedoch zu bedenken gegeben, daß in ganz Bosnien nach wie vor Krieg herrsche und sich die territorialen Verhältnisse laufend ändern könnten. Im Fall einer Okkupierung seines Heimatlandes durch die Serben wäre er bei einer etwaigen Rückkehr in konkreter Gefahr. Abgesehen vom Krieg sei er keiner persönlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen. In Bosnien sei er mit seiner Familie interniert und am 29. Juli 1992 aus dem Lager entlassen worden. Ab August 1992 habe er in Kroatien gelebt.
Daraus folgerte die belangte Behörde, die Tatsache allein, daß es im Heimatland des Beschwerdeführers zu kriegerischen Handlungen komme, sei noch kein Grund, gegen den Beschwerdeführer selbst konkret gerichtete Verfolgungshandlungen zu erblicken. Es sei eine amtsbekannte Tatsache, daß es im Zuge von kriegerischen Handlungen immer wieder zu tiefgreifenden Menschenrechtsverletzungen komme. Daraus allein sei jedoch keine individuell, konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgungsmotivation des Staates, nämlich aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe, ableitbar. Gegen eine derartige Verfolgungsmotivation spreche die Freilassung des Beschwerdeführers (aus dem Internierungslager). In dem vom Beschwerdeführer seiner Berufung beigelegten Bericht des UNHCR werde darauf verwiesen, daß eine freiwillige Rückkehr in Einzelfällen in die von den Betroffenen als sicher erachteten Zonen selbstverständlich nicht ausgeschlossen sei. Es sei allgemein bekannt, daß Bosnien-Herzegowina einen serbisch kontrollierten und einen moslemisch-kroatisch kontrollierten Teil aufweise. Im Hinblick auf eine mögliche inländische Fluchtalternative könne man durchaus davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer bei einer etwaigen Rückkehr in sein Heimatland, und zwar in den moslemisch-kroatisch kontrollierten Teil, dort die im § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG genannten Gefahren nicht drohen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte zur hg. Zl. 95/21/0909 (betreffend Ausweisung; erledigt mit Beschluß vom heutigen Tag) die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer verweist auf "Gruppenverfolgungen" und "ethnische Säuberungen" durch die serbische Bevölkerungsgruppe Bosnien-Herzegowinas, bestreitet jedoch nicht die oben genannten Feststellungen der belangten Behörde, wonach er in einen moslemisch-kroatisch kontrollierten Teil Bosnien-Herzegowinas zurückkehren könnte. Davon ausgehend erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 4. September 1996, Zl. 95/21/0609). Drohende Behandlungen oder Verfolgungen im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG von bestimmten Bevölkerungsgruppen durch andere sind den Fällen der vom Staat ausgehenden oder von ihm gebilligten Bedrohung gleichzustellen, wenn der betreffende Staat infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht in der Lage ist, solche drohenden Behandlungen oder Verfolgungen zu verhindern (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1997, Zl. 96/21/0093, betreffend die Bürgerkriegssituation in Liberia).
In Bosnien-Herzegowina ist unbestritten die Staatsgewalt auf die Bevölkerungsgruppen der Serben, Kroaten und Moslems aufgeteilt. Eine zentrale Staatsgewalt, die Verfolgungen einer Bevölkerungsgruppe durch eine andere verhindern könnte, existiert nicht. Dies reicht aber für die Annahme einer Gefährdung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG nicht aus.
Es ist ständige Rechtsprechung, daß die Tatsache eines Bürgerkrieges in dem vom Antrag erfaßten Staat FÜR SICH ALLEIN noch keinen Grund darstellt, darin die beschriebene Gefährdung zu erblicken (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 96/21/0224). Wenn ein Fremder in einen Teil des Staatsgebietes abgeschoben werden kann, der von seiner eigenen Bürgerkriegspartei (vorliegend von seiner Bevölkerungsgruppe) kontrolliert wird, entsteht aus der Bürgerkriegssituation keine unmittelbar drohende Behandlung oder Verfolgung im Sinne der genannten Gesetzesstelle. Dementsprechend wird im hg. Erkenntnis vom 4. April 1997, Zl. 97/18/0146, ausgeführt, daß ein bloß auf das gespannte Verhältnis zwischen der serbischen und der bosnischen Bevölkerungsgruppe in Bosnien-Herzegowina abgestelltes Vorbringen nicht geeignet sei, eine Gefährdung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder eine Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, und diesem Erfordernis auch durch den Hinweis auf die kriegsbedingte Zerstörung des Besitzes im Heimatland nicht entsprochen wird. Demgegenüber kann - wie im bereits erwähnten, die Bürgerkriegssituation in Liberia ansprechenden Erkenntnis Zl. 96/21/0093 dargelegt wurde - die Verfolgung einer Bevölkerungsgruppe durch eine andere bei Fehlen einer stabilen räumlichen Abgrenzung der Bürgerkriegsparteien eine Bedrohung des Einzelnen im genannten Sinn zur Folge haben. Diesfalls wäre bei der weiteren Beurteilung auf die konkrete Bedrohungssituation des Einzelnen abzustellen.
In Übereinstimmung mit der Rechtsansicht der belangten Behörde ist (zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG im Fall einer Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina schon deswegen nicht anzunehmen, weil die Abschiebung in einen von seiner Bevölkerungsgruppe beherrschten Teil des Staatsgebietes erfolgen kann.
Demgemäß ist nicht zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer als Angehöriger einer bestimmten Bevölkerungsgruppe KONKRET im genannten Sinn gefährdet wäre, wenn er sich in einem von der anderen Bevölkerungsgruppe beherrschten Teil des Staatsgebietes aufhalten müßte.
Mangels Vorliegens der behaupteten Rechtsverletzung war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
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