VwGH 98/20/0430

VwGH98/20/043019.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des am 11. September 1978 geborenen NA in Wien, vertreten durch Dr. Alois Obereder, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Alser Straße 21, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 20. Juli 1998, Zl. 200.574/0-I/02/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1 impl;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1 impl;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Pakistans, reiste am 16. Oktober 1997 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und stellte am 20. Oktober 1997 einen Antrag auf Gewährung von Asyl.

Anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer an, Student in Jetike gewesen zu sein und sich dort für die Pakistan Student Federation, die Studentenorganisation innerhalb der PPP, interessiert zu haben. Am 18. Jänner 1997 habe im oben genannten Ort eine Wahlveranstaltung der PPP stattgefunden, wo es zu Zusammenstößen zwischen Mitgliedern der PPP und der PML gekommen sei. Ein PML-Mitglied sei dabei getötet, ein Parteiführer der PPP verletzt worden; diesen hätte man dann ins Krankenhaus gebracht. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer dann erfahren, dass gegen ihn eine Anzeige bestehe. Aus Angst vor einer Verhaftung sei er davon gelaufen und noch am selben Tag nach Lahore gegangen, wo er sich 12 Tage lang aufgehalten habe. Er sei dann weiter nach Karachi, weil er ausreisen habe wollen, nachdem er erfahren habe, dass ihn die Polizei zu Hause gesucht habe.

Dem Asylwerber wurde anlässlich dieser Einvernahme vorgehalten, dass er bei der Schilderung seines Fluchtweges behauptet habe, erst am 13. Oktober 1997 im öffentlichen Bus nach Lahore gefahren zu sein. Der Beschwerdeführer erklärte dazu, er habe alles gesagt, was er gewusst habe. Auf den weiteren Vorhalt, dass in seinem Vorbringen Widersprüche aufgetreten seien, erklärte der Beschwerdeführer, wenn sich die politische Lage in seinem Heimatland beruhigt habe, werde er sofort wieder zurückkehren.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 24. November 1997 den Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 ab. Dies wurde damit begründet, dass die erkennende Behörde im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung auf Grund der Widersprüche in den Aussagen des Beschwerdeführers zu dem Schluss gekommen sei, dass der maßgebende, vom Beschwerdeführer behauptete und den Fluchtgrund betreffende Sachverhalt nicht den Tatsachen entspreche. Weil die Angaben des Beschwerdeführers grundsätzlich als unwahr erachtet würden, könnten die vom Beschwerdeführer behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt werden, und es sei auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren wiederholte und weiter ausführte, bei einer Festnahme wegen des ihm unterstellten Mordes hätte er keine Möglichkeit, sich gegen diese Anschuldigung in geeigneter Weise zu verteidigen. Falls es überhaupt zu einer Gerichtsverhandlung komme, müsse er sich in einem nicht nach internationalem Standard abgehaltenen Gerichtsprozess verantworten und würde von vornherein für schuldig gehalten werden, weil die Anzeige lediglich ein Vorwand sei, ihn wegen seiner politischen Tätigkeit zu verfolgen. Unter Hinweis auf einen Bericht von amnesty international erklärte der Beschwerdeführer weiters, dass in seinem Heimatland nur auf Bundesebene scheinbar demokratische Verhältnisse regierten, auf regionaler Ebene aber einzelne Gruppierungen über die rechtsstaatlichen Kräfte dominierten. Dies treffe auch auf seinen Fall zu, die Behörden und Gerichte in seinem Heimatland seien weder willens noch in der Lage, ihn vor Verfolgung zu schützen.

Zur Beweiswürdigung des Bundesasylamtes führte der Beschwerdeführer aus, die niederschriftliche Einvernahme habe erhebliche Mängel aufgewiesen. Die Begründung seiner Unglaubwürdigkeit beziehe sich lediglich auf die Tatsache, dass er angegeben habe, sich am 13. Oktober 1997 mit einem öffentlichen Bus nach Lahore begeben zu haben, was angeblich im Gegensatz zu seiner Aussage, dass er (bereits) am 18. Jänner 1997 nach den Zusammenstößen bei der Wahlveranstaltung nach Lahore gefahren sei, stehe. Darin sei aber kein Widerspruch zu erkennen, weil er niemals angegeben habe, erst am 13. Oktober 1997 sein Heimatdorf verlassen zu haben, vielmehr habe er nur gesagt, dass er an diesem Tag nach Lahore gefahren sei. Schließlich habe es die erkennende Behörde verabsäumt, hinsichtlich seiner - nach Ansicht der Behörde erster Instanz nicht feststehenden - Identität ein Ermittlungsverfahren durchzuführen und ihn auch nicht vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt.

Die belangte Behörde brachte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. April 1998 verschiedene Unterlagen über die politische Situation in seinem Heimatland (Amnesty International Report 1996 und 1997, Bericht des Documentation, Research and Information Branch, Government of Canada vom 26. Oktober 1997, Human Rights Watch World Report 1996 und 1997, Länderinformationsblatt des Schweizer Bundesamtes für Flüchtlinge Juli 1997) zur Kenntnis. Nach Ansicht der belangten Behörde, die dem Beschwerdeführer vorgehalten wurde, enthielten diese keinen Hinweis auf eine Wahlveranstaltung der PPP in Jetike sowie auf Verfolgungen der Mitglieder der PPP oder PSF in der in der Berufung geschilderten Intensität. Das ebenfalls übermittelte Länderinformationsblatt des Schweizer Bundesamtes vom Juli 1997 weise schließlich darauf hin, dass die PML als Regierungspartei einen pragmatisch westlich orientierten Kurs verfolge.

Der Beschwerdeführer nahm dazu mit Schriftsatz vom 12. Mai 1998 Stellung und führte aus, in den überlieferten Länderdokumentationen seien zwar einige Menschenrechtsverletzungen registriert, jedoch handle es sich hiebei keineswegs um eine vollständige Liste. In seinem Heimatland komme es regelmäßig zu Zusammenstößen von Mitgliedern der PPP mit Mitgliedern der regierenden Partei der PML und zu gewalttätigen Übergriffen mit Verletzten und Toten, wobei aber nicht jeder dieser Vorfälle polizeilich aufgenommen und auch nicht alle Auseinandersetzungen von Menschenrechtsorganisationen registriert und dokumentiert würden. Des Weiteren sei die Aussage des Schweizer Bundesamtes für Flüchtlinge (Länderinformationsblatt vom Juli 1997), wonach die PML als Regierungspartei einen pragmatisch westlich orientierten Kurs verfolge, keineswegs aussagekräftig und entspreche bei genauer Beschäftigung mit den tagtäglichen Vorkommnissen in Pakistan nicht der Realität. Die PML entspreche auch nicht den Voraussetzungen und den Anforderungen einer demokratischen Partei. So sei z.B. der Vorsitzende des obersten Gerichtshofes, der in etwa dem österreichischen Verfassungsgerichtshof gleichzustellen sei, von der PML abgesetzt worden, weil er angeblich gegen die Regierungspartei gewesen sei. Als Beilage übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mehrere Berichte über die Vorgänge in seinem Heimatland, im Wesentlichen über das Vorgehen der Regierungspartei gegen die Mitglieder der PPP.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I). Unter Spruchpunkt II wurde ein zwischenzeitig vom Beschwerdeführer gestellter Antrag vom 27. Dezember 1996 auf Erteilung einer Bescheinigung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung von der belangten Behörde gemäß § 19 Abs. 4 AsylG abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens stellte die belangte Behörde fest, die Angaben des Beschwerdeführers betreffend seine Verfolgungsgefahr seien nicht hinreichend glaubhaft und begründet. Weiters wurde festgestellt, eine Verfolgung zumindest von einfachen Mitgliedern der PPP sowie ihrer Studentenorganisation, der PSF, finde in Pakistan nicht statt. Die PML als Regierungspartei verfolge einen pragmatisch westlich orientierten Kurs.

Die diesen Feststellungen zu Grunde liegende Beweiswürdigung stützte sich hinsichtlich der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers darauf, dass die Fluchtgründe nicht ausreichend substanziiert, konkret, detailliert und differenziert dargelegt und auch nicht durch Bescheinigungsmittel hinreichend belegt worden seien. Der Asylwerber habe nicht vermocht, die nach seinen Angaben am 18. Jänner 1997 stattgefundenen Ereignisse glaubhaft darzulegen. Obwohl ihm von der belangten Behörde ein im Ergebnis fast viermonatiger Zeitraum eingeräumt worden sei, habe er das im Lichte des Kausalzusammenhanges auslösende Ereignis für seine Flucht sowie die gegen ihn gerichtete Anzeige nicht bescheinigen können. Abgesehen hievon sei es ihm insbesondere auch nicht gelungen, die Ermittlungsergebnisse der erkennenden Behörde zu widerlegen, wonach es keinen Hinweis auf eine Wahlveranstaltung der PPP in Jetike gebe. Zu beachten sei ferner unter dem Aspekt der Glaubwürdigkeit ein gesteigertes Vorbringen dahin, dass der Beschwerdeführer bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung lediglich von seinem Interesse an der PSF, nicht aber von seiner erst in der Berufung behaupteten Mitgliedschaft bei dieser Organisation berichtet habe. Im Übrigen könne durchaus davon ausgegangen werden, dass gewalttätige Zusammenstöße mit Todesopfern und Verletzten von den üblicherweise genauen Recherchen einer Vielzahl von Institutionen registriert würden. Hingewiesen sei auch darauf, dass sich die Erkenntnisquellen der belangten Behörde auf Berichte von Regierungsstellen anerkannter Aufnahmestaaten oder von international renommierten Organisationen stützten.

Darüber hinaus habe die Flucht des Beschwerdeführers erst am 13. Oktober 1997 stattgefunden. Dass er sich nach seinen eigenen Angaben trotz der Anzeige fast neun Monate in Pakistan - und nicht einmal dort in seinem weiter entfernten "Fluchtort" Lahore - aufgehalten habe, unterstütze nicht die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen, in Furcht vor Verfolgung gewesen zu sein. Schließlich würden auch die vom Asylwerber vorgelegten Berichte keine Informationen enthalten, die die Feststellungen der erkennenden Behörde erschüttern könnten. In diesen Berichten sei lediglich von Verfolgungen gegen führende Exponenten der PPP, nicht aber gegen einfache Mitglieder einer Studentenorganisation der PPP, die Rede.

Rechtlich folge daraus, dass der Beschwerdeführer es nicht vermocht habe, die im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention (FlKonv) erforderliche Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Obwohl der Asylantrag schon allein aus den Gründen der mangelnden Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen sei, sei darauf hingewiesen, dass nach den Quellen der belangten Behörde zumindest einfache PPP-Mitglieder in Pakistan nicht verfolgt würden. Der Beschwerdeführer behaupte selbst, lediglich Interesse an der PSF gehabt zu haben bzw. einfaches Mitglied dieser Studentenorganisation zu sein. Da es zum einen keine Berichte gebe, die Verfolgungen von Mitgliedern der PSF belegten, zum anderen berechtigt davon ausgegangen werden könne, dass die Feststellung, einfache Mitglieder der Mutterpartei PPP würden in Pakistan nicht verfolgt, erst recht für die Mitglieder der Teil- bzw. Studentenorganisation der PPP gelte, könne von keiner Verfolgungsgefahr für den Asylwerber in Pakistan gesprochen werden. Schließlich habe die Flucht des Beschwerdeführers fast neun Monate nach den von ihm geschilderten Ereignissen stattgefunden, weshalb auch der erforderliche zeitliche Konnex nicht gegeben sei.

Der Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde damit begründet, dass eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs. 4 erster Satz AsylG mit dem Abschluss des Asylverfahrens (siehe Spruchteil I) ende.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht in gesetzeskonformer Form festgestellt. So habe sie es insbesondere unterlassen, eine mündliche Verhandlung mit dem Beschwerdeführer durchzuführen; sie habe trotz des Vorbringens des Beschwerdeführers, die Einvernahme vor der Behörde erster Instanz sei extrem kurz gewesen und seine Angaben seien in missverständlicher Weise verkürzt wiedergegeben worden, "einfach" den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde lägen die behaupteten Widersprüche in seinen Angaben und damit seine Unglaubwürdigkeit aber keinesfalls vor, weil - wie schon in der Berufung betont - lediglich angegeben worden sei, dass der Beschwerdeführer zunächst nach den Ereignissen am 18. Jänner 1997 von Jetike (seiner Heimatstadt), welche im nördlichen Teil Pakistans liege, nach Karachi geflüchtet und erst am 13. Oktober 1997 nach Lahore gefahren sei. Da Karachi mehr als 1000 km von Jetike liege, sei es auch begreiflich, dass der Beschwerdeführer dort tatsächlich für einige Zeit Zuflucht vor Verfolgung habe finden können und die Flucht aus dem Heimatland eben erst am 13. Oktober 1997 unumgänglich gewesen sei. Wenn tatsächlich ein Missverständnis in dieser Darstellung vorgelegen sei, so hätte die belangte Behörde schon gar nicht unter Hinweis auf Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand nehmen dürfen. Die von der Behörde gewählte Argumentation zur Stützung ihrer Feststellungen enthalte in Wahrheit keine Begründung und setze sich mit den hier relevanten Aussagen des Beschwerdeführers überhaupt nicht auseinander, sondern wiederhole nochmals verkürzt die bereits missverständlich formulierte und verkürzte Begründung des erstinstanzlichen Bescheides. Warum es dem Beschwerdeführer überhaupt an Glaubwürdigkeit mangeln sollte, werde auch nicht dargelegt bzw. begründet.

Auf das Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 findet das AVG Anwendung. Als besondere Bestimmung für das Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten sieht § 67d AVG grundsätzlich die Durchführung einer öffentlichen-mündlichen Verhandlung vor, zu welcher die Parteien und die anderen zu hörenden Personen zu laden sind. Nach Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG ist auch auf das behördliche Verfahren des unabhängigen Bundesasylsenates das AVG anzuwenden, § 67d AVG jedoch mit der Maßgabe, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und nach schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegen stehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt neu und in konkreter Weise behauptet wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0308). Werden von der Berufungsbehörde Sachverhaltsermittlungen durchgeführt, so hat sie eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn sie gestützt auf diese Ermittlungsergebnisse über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz hinausgehend zusätzliche Sachverhaltsfeststellungen treffen will (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0567, u.a.).

Die belangte Behörde, die ausführliche Sachverhaltsermittlungen über die politische Situation in Pakistan, insbesondere über die Verfolgung von Mitgliedern der PPP, angestellt hat, hätte schon allein deshalb eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt. Darüber hinaus wäre diese Verpflichtung aber auch deshalb zum Tragen gekommen, weil der Beschwerdeführer in seiner Berufung zu der ihm im erstinstanzlichen Verfahren abgesprochenen Glaubwürdigkeit seines Vorbringens Stellung genommen und versucht hat, die diese Beweiswürdigung tragenden Argumente der Behörde erster Instanz durch eine Gegendarstellung zu entkräften.

Die belangte Behörde hat daher dadurch, dass sie keine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, Verfahrensvorschriften verletzt. Allerdings führt nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung eines Bescheides, sondern nur dann, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung des Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Ist dies nicht offenkundig, obliegt es der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde darzutun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Mit dem in der Beschwerde erstatteten Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer die Relevanz der Unterlassung der öffentlichen Verhandlung jedoch nicht auf. Die belangte Behörde hatte die Abweisung des Asylantrages im Instanzenzug nicht nur mit der mangelnden Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers begründet, sondern - als Alternativbegründung - zum einen auch damit, dass Mitglieder der PSF nach den der Behörde zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht verfolgt würden und zum anderen - entscheidend für den vorliegenden Beschwerdefall - damit, dass der Beschwerdeführer erst am 13. Oktober 1997 aus Pakistan geflohen sei, obwohl die Zusammenstöße anlässlich der Wahlveranstaltung bereits neun Monate zuvor, am 18. Jänner 1997, stattgefunden hätten, was auf mangelnde Furcht vor (unmittelbar drohender) Verfolgung in seinem Aufenthaltsort schließen lasse. Die belangte Behörde ging in diesem Teil der (Alternativ)begründung des angefochtenen Bescheides vom Fehlen eines zeitlichen Konnexes zwischen dem Vorfall im Jänner 1997 und der Flucht im Oktober 1997 sowie - implizit - vom Bestehen einer inländischen Fluchtalternative für den Beschwerdeführer in Karachi aus.

Diesem letztgenannten Argument der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde aber nicht substanziell entgegen getreten. Unterstellte man seinem gesamten Vorbringen Glaubwürdigkeit, so wäre davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nach einer Wahlveranstaltung im Jänner 1997, wo es zu gewalttätigen Ausschreitungen mit einem (der Regierungspartei angehörenden) Todesopfer gekommen sei, wegen einer gegen ihn deshalb erstatteten Anzeige in das 1000 km entfernte Karachi begeben und von dort aus neun Monate später die Flucht ins Ausland angetreten habe.

Die Voraussetzung "wohlbegründeter Furcht" wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. zur notwendigen Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall aus der jüngeren Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/20/0793). Der Beschwerdeführer hat während des Verfahrens vorgebracht, sich neun Monate in Karachi aufgehalten zu haben, und dies in der Beschwerde dahin ergänzt, dass er in diesem 1000 km vom Ort der Wahlveranstaltung entfernten Ort "zumindest für einige Zeit vor Verfolgung sicher" und die Flucht eben erst am 13. Oktober 1997 "unumgänglich" gewesen sei. Diesem Vorbringen ist aber nicht zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer in Karachi versteckt gehalten habe und dort nur aus diesem Grund sicher vor Verfolgung gewesen sei. Ebenso fehlt eine Erklärung, aus welchem Grund er "nach einiger Zeit" in Karachi "nicht mehr sicher" gewesen und die Flucht "unumgänglich" geworden sei. Dass er von Seiten der Sicherheitskräfte in Karachi aktuell gesucht worden wäre oder dass er von einer bevorstehenden Suche oder sonst einer ihm dort unmittelbar drohenden Verfolgung erfahren und aus diesem Grund die Stadt verlassen hätte, bringt der Beschwerdeführer nicht vor.

Ein Anhaltspunkt für eine im vorliegenden Fall trotz des fehlenden zeitlichen Zusammenhanges bestehende "wohlbegründete Furcht" kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entnommen werden. Auch die Beschwerde unternimmt keinen Versuch, durch ein konkretes Vorbringen die behauptete asylrelevante Intensität der Verfolgungsgefahr mit der neunmonatigen, mit keinen weiteren Problemen verbundenen Verzögerung der Ausreise in Einklang zu bringen.

Der belangten Behörde kann daher nicht widersprochen werden, wenn sie im Rahmen der obgenannten Alternativbegründung (auch) den fehlenden zeitlichen Konnex zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben wurden, und der Ausreise des Beschwerdeführers als Begründung für Abweisung des Asylantrages anführte. Dazu kommt, dass das bezüglich des Aufenthaltes in Karachi dürftige Vorbringen des Beschwerdeführers die - implizit im angefochtenen Bescheid auch vertretene - Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe dort eine inländische Fluchtalternative gefunden, nicht zu erschüttern vermag. Steht dem Asylwerber aber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 2000, Zl. 99/20/0597).

Solcherart erweist sich der oben aufgezeigte Verfahrenmangel als nicht relevant für den Verfahrensausgang und die Beschwerde - soweit sie gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides gerichtet war - als unbegründet.

Zu Spruchpunkt II finden sich keine Beschwerdeausführungen. Eine Rechtswidrigkeit aus vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Gründen ist ebenfalls nicht erkennbar.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zur Gänze abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Entscheidungen und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 19. Oktober 2000

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