Normen
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 15. September 1995 wurde aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß er in Bosnien-Herzegowina gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.
Nach Wiedergabe der Ergebnisse des gegen den Beschwerdeführer geführten Ausweisungsverfahrens und des bisherigen Ganges des Verfahrens gemäß § 54 Abs. 1 FrG und nachdem die belangte Behörde die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides auch für den angefochtenen Bescheid als maßgeblich bezeichnete, führte diese aus, daß der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, am 19. Oktober 1991 erstmals zum Zweck der Arbeitsaufnahme am Grenzübergang Spielfeld legal in das Bundesgebiet eingereist sei. Am 6. Dezember 1991 habe ihm die Bundespolizeidirektion Graz aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung für die Tätigkeit als Schlosser in Graz einen bis zum 20. Dezember 1992 gültigen Wiedereinreisesichtvermerk erteilt.
Nach den Angaben des Beschwerdeführers wäre dieser trotz des gültigen Sichtvermerkes im April 1992 nach Bosnien zurückgekehrt und dort bis August 1992 geblieben, um als Mitglied der moslemisch-bosnischen Armee an Kampfhandlungen gegen die Serben aktiv teilzunehmen. Seine Aufgabe in der moslemisch-bosnischen Armee hätte in Hilfsdiensten (Versorgung der Verletzten und Erntehelfer) bestanden. Am 15. August 1992 wäre er wieder nach Österreich zurückgekehrt. Daraufhin hätte er in Salzburg bei seiner Schwester und deren Mann Unterkunft genommen, wo er ca. ein Jahr verblieben wäre, ohne sich polizeilich anzumelden. Danach hätte er abwechselnd in Graz bei Freunden und auch in Salzburg bei seiner Schwester Unterkunft genommen. Im Dezember 1993 wäre er zwecks Arbeitssuche wieder nach Graz gekommen.
Bei der wegen seines unrechtmäßigen Aufenthalts durchgeführten Einvernahme am 9. März 1994 habe der Beschwerdeführer keine Angaben gemacht, die erkennen hätten lassen, daß er bei einer allfälligen Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina etwaigen Gefahren oder Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre. Bei seiner zweiten behördlichen Einvernahme am 23. Jänner 1995 habe er lediglich angegeben, daß er aufgrund seines bosnischen Reisepasses in kein anderes Land legal einreisen und somit aus Österreich auch nicht ausreisen könnte. Erst im Zug der Berufung gegen den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid habe er den Antrag gemäß § 54 FrG zwecks Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina gestellt. Der über diesen Antrag ergangene erstinstanzliche Bescheid sei rechtens, weil der Sachverhalt keine stichhaltigen Gründe zutage bringe, daß der Beschwerdeführer tatsächlich in seinem Heimatland Bosnien-Herzegowina einer Gefahr bzw. konkreten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre. Spätestens bei seiner Einvernahme am 9. März 1994, bei der er die Angaben zu seiner Aufgabe in der moslemisch-bosnischen Armee getätigt habe, hätte er Gründe im Hinblick auf die Bestimmungen des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG zu konkretisieren gehabt. Eine begründete Befürchtung, daß er im Zuge seines Einsatzes in der moslemisch-bosnischen Armee bald als Soldat an der Front eingesetzt werden würde, wodurch sein Leben in Gefahr geraten und er von seiner Familie vermutlich auf Jahre getrennt worden wäre, habe er bei seinen Einvernahmen am 9. März 1994 und 23. Jänner 1995 nicht behauptet. Seine Ausführungen in der Berufung vom 21. März 1995, wonach es ihm während seines dreimonatigen Aufenthaltes in seinem Heimatland nicht möglich gewesen wäre, seine Ehegattin und seine beiden minderjährigen Kinder mit nach Österreich zu nehmen, seien nicht nachvollziehbar. Es wäre menschlich nur allzu verständlich gewesen, wenn der Beschwerdeführer, so wie viele andere Staatsangehörige aus Bosnien-Herzegowina, sämtliche Bemühungen auf sich genommen hätte, seine Familie aus dem Kriegsgebiet zu bringen und mit ihr gemeinsam in ein sicheres Land wie z.B. Österreich zu flüchten. Seine Berufungsausführungen, wonach er vorgehabt hätte, seine Familie zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, ließen den Schluß zu, daß er in Österreich zuerst eine wirtschaftliche Existenz habe aufbauen wollen, um erst nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung und der Sicherung eines monatlichen Einkommens seine Ehegattin und seine Kinder nach Österreich zu holen. Es könne daher von einem Status eines tatsächlichen Kriegsflüchtlings nicht ausgegangen werden. Vielmehr scheine eine rein wirtschaftliche Motivation vorzuliegen, da der Beschwerdeführer nach seinem dreimonatigen Hilfsdienst bei der moslemisch-bosnischen Armee wieder nach Österreich zurückgekehrt sei und sich hier bereits seit August 1992 unrechtmäßig aufhalte. Es stehe zwar unbestritten fest, daß aufgrund der politischen und militärischen Situation in Bosnien-Herzegowina nach wie vor Kriegszustand herrsche, doch seien diese derzeitigen aktuellen Berichte in bezug auf die Situation in Bosnien-Herzegowina keinesfalls als konkrete stichhaltige Gründe für eine allfällige Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers zu bewerten. Dieser habe im Zuge des Ermittlungsverfahrens keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme von derartigen stichhaltigen Gründen aufzeigen können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. März 1998, Zl. 95/21/1039, mwN).
2.1. Die Beschwerde bringt vor, es werde als amtsbekannt vorausgesetzt, daß Moslems in Bosnien-Herzegowina einer überwiegend von bosnischen Serben ausgeübten Verfolgung ausgesetzt seien und es zu "ethnischen Säuberungen" komme. Die Tatsache der nach wie vor existenten systematischen Gruppenverfolgung der Moslems, denen der Beschwerdeführer angehöre, aus Gründen der Nationalität rechtfertige die Annahme der Befürchtung, daß er in Bosnien-Herzegowina einer unmittelbaren Gefahr und Behandlung im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG ausgesetzt sein würde. Diese Verfolgungshandlungen seien zwar nicht der bosnischen Administration zuzurechnen, jedoch sei die Staatsgewalt Bosniens nicht in der Lage, serbische Verbände von systematischen Vertreibungen abzuhalten, sodaß solche Verfolgungshandlungen staatlichen Maßnahmen gleichzuhalten seien. Das Vorbringen des Beschwerdeführers habe konkrete Hinweise auf die für ihn aus der Verfolgung einer bestimmten Gruppe resultierende Gefahr von erheblicher Intensität enthalten. Seine ausreichend konkretisierten Angaben im Verwaltungsverfahren hätten es der Behörde ermöglicht, "durch gezielte Fragestellung die Frage der konkreten Gefährdung" des Beschwerdeführers für den Fall der Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina abzuklären. Die Behörde habe es jedoch verabsäumt, zur Frage der Verfolgungsgefahr Ermittlungen zu pflegen.
2.2. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann von einer ausreichenden Konkretisierung der Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren im Sinn der in Punkt II.1. dargestellten Grundsätze nicht gesprochen werden. So hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht, daß er die begründete Befürchtung gehabt habe, schon bald als Soldat an der Front eingesetzt zu werden, wodurch sein Leben in Gefahr geraten wäre. Diesem Vorbringen ist jedoch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach eine drohende Einberufung zum Wehrdienst, wie auch die Tatsache kriegerischer Handlungen in dem vom Antrag erfaßten Staat für sich allein keinen hinreichenden Grund für die Annahme im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG darstellt (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 95/21/1039, und das Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 96/21/0224, mwN). Ebenso reicht die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, daß er von seiner Familie vermutlich auf Jahre getrennt worden wäre und die Auswirkungen auf die moslemische Bevölkerung im Fall einer Eroberung des "Gebietes" durch serbische Einheiten nicht absehbar wären, noch nicht aus, eine den Beschwerdeführer individuell betreffende aktuelle Verfolgungssituation im oben dargelegten Sinn zu bescheinigen.
2.3. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde geltend macht, daß Moslems in Bosnien-Herzegowina "ethnischen Säuberungen" durch bosnische Serben ausgesetzt seien, ist ihm zu entgegnen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich dann, wenn ein Fremder in einen Teil des Staatsgebietes abgeschoben werden könnte, der von seiner eigenen Bürgerkriegspartei oder Bevölkerungsgruppe kontrolliert wird, für den Fremden aus der Bürgerkriegssituation noch keine unmittelbare Gefährdung und/oder Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG entsteht. Von einer amtsbekannten Tatsache, daß es in Bosnien-Herzegowina keinen von der Bevölkerungsgruppe des Beschwerdeführers kontrollierten Gebietsteil gäbe, kann nicht gesprochen werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1997, Zl. 95/21/0908, und das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 95/21/1039, sowie Der Fischer Weltalmanach 1997, S. 77/78).
2.4. Die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe keine konkreten stichhaltigen Gründe für seine Gefährdung bzw. Bedrohung in Bosnien-Herzegowina im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG aufzeigen können, begegnet daher keinen Bedenken. Angesichts dessen war die belangte Behörde nicht gehalten, durch, wie die Beschwerde meint, "gezielte Fragestellung die Frage der konkreten Gefährdung" des Beschwerdeführers für den Fall seiner Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina abzuklären und die Lebensumstände seiner Familie zu ermitteln.
3. Nach dem Gesagten erübrigt es sich, auf die von der Beschwerde in Zweifel gezogene Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach das Zurücklassen seiner Familie durch den Beschwerdeführer in Bosnien-Herzegowina gegen eine Verfolgung und/oder Bedrohung in seinem Heimatland spreche, und auf die Rüge einzugehen, die belangte Behörde hätte im Hinblick auf ihre Ansicht, es handle sich beim Beschwerdeführer um einen "Wirtschaftsflüchtling", ermitteln müssen, ob er in der Lage gewesen wäre sich (in Österreich) eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen.
4. Da die behauptete Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 6. November 1998
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