VwGH 2000/04/0175

VwGH2000/04/017519.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde 1. der Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister, 2. der Gemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister, 3. der HJ in B, 4. des MJ in B,

5. der S in B, 6. des "Dr. MG" in B, 7. der "G" in B, 8. der C in W, 9. des W in B, 10. der V in B, 11. des R in B, 12. der AG in B,

13. des FG in B, 14. des BH in B, 15. der BH in B, 16. des BH in B, 17. der CH in B (K-Weg 15), 18. der CH in B (K-Gasse 11),

19. des E in B, 20. des J in B, 21. des R in W und 22. der Dipl. Ing. A in B, alle vertreten durch Prader & Plaz OEG, Rechtsanwaltspartnerschaft in 1070 Wien, Seidengasse 28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. August 2000, Zl. 63.220/87-III/B/13/00, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 15. Dezember 2000, Zl. 63.220/125- III/B/13/00, betreffend Genehmigung einer Untertagedeponie für gefährliche Abfälle (mitbeteiligte Partei: Entsorgungsbergwerk W, Planungs- und Errichtungsgesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Hilbert Aubauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8),

Normen

31975L0442 Abfallrahmen-RL Art7 idF 31991L0156;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art9 idF 31991L0156;
31975L0442 Abfallrahmen-RL idF 31991L0156;
31979L0409 Vogelschutz-RL idF 31994L0024;
31985L0337 UVP-RL;
31991L0156 Nov-31975L0442;
31992L0043 FFH-RL;
31994L0024 Nov-31979L0409;
31996L0061 IPPC-RL Art10;
31996L0061 IPPC-RL Art13;
31996L0061 IPPC-RL Art2 Z4;
31996L0061 IPPC-RL Art3 litd;
31996L0061 IPPC-RL Art3;
31996L0061 IPPC-RL Art7;
31996L0061 IPPC-RL Art9;
31996L0061 IPPC-RL;
61978CJ0222 ICAP / Beneventi VORAB;
61986CJ0080 Kolpinghuis Nijmegen VORAB;
61992CJ0396 Naturschutzbund Bayern VORAB;
61992CJ0431 Wärmekraftwerk Grosskrotzenburg ;
61996CC0081 Burgemeester Haarlemmerliede Spaarnwoude Schlussantrag;
61996CJ0081 Burgemeester Haarlemmerliede Spaarnwoude VORAB;
AWG 1990 §26 Abs3;
AWG 1990 §26;
AWG 1990 §29;
EURallg;
GewO 1973 §77 Abs3 impl;
GewO 1994 §74 Abs2 Z4;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs3;
UVPG 1993 §46;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art7 idF 31991L0156;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art9 idF 31991L0156;
31975L0442 Abfallrahmen-RL idF 31991L0156;
31979L0409 Vogelschutz-RL idF 31994L0024;
31985L0337 UVP-RL;
31991L0156 Nov-31975L0442;
31992L0043 FFH-RL;
31994L0024 Nov-31979L0409;
31996L0061 IPPC-RL Art10;
31996L0061 IPPC-RL Art13;
31996L0061 IPPC-RL Art2 Z4;
31996L0061 IPPC-RL Art3 litd;
31996L0061 IPPC-RL Art3;
31996L0061 IPPC-RL Art7;
31996L0061 IPPC-RL Art9;
31996L0061 IPPC-RL;
61978CJ0222 ICAP / Beneventi VORAB;
61986CJ0080 Kolpinghuis Nijmegen VORAB;
61992CJ0396 Naturschutzbund Bayern VORAB;
61992CJ0431 Wärmekraftwerk Grosskrotzenburg ;
61996CC0081 Burgemeester Haarlemmerliede Spaarnwoude Schlussantrag;
61996CJ0081 Burgemeester Haarlemmerliede Spaarnwoude VORAB;
AWG 1990 §26 Abs3;
AWG 1990 §26;
AWG 1990 §29;
EURallg;
GewO 1973 §77 Abs3 impl;
GewO 1994 §74 Abs2 Z4;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs3;
UVPG 1993 §46;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie von den 20.- und 21.- beschwerdeführenden Parteien erhoben wurde, zurückgewiesen; im Übrigen wird

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird, soweit sie von den 1. bis 19. und 22.- beschwerdeführenden Parteien erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.017,36 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei hat mit Anbringen vom 2. Jänner 1991 beim Landeshauptmann von Niederösterreich die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Untertagedeponie für gefährliche Abfälle auf Grundstücken in der Gemeinde W und B beantragt.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. November 1993 wurde dieser Antrag gemäß § 29 Abs. 1 Z. 5 und Abs. 2 sowie § 1 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG), BGBl. Nr. 325/1990, in der Fassung BGBl. Nr. 257/1993, abgewiesen.

Der gegen diesen Bescheid von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung wurde vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 20. Oktober 1995 insofern Folge gegeben, als der bekämpfte Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit "zur neuerlichen ergänzenden Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann von Niederösterreich verwiesen" wurde.

Im fortgesetzten Verfahren erging sodann der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. September 1998, mit dem die begehrte Bewilligung gemäß § 29 AWG unter einer Reihe von Auflagen erteilt wurde.

Nahezu 1000 Personen erhoben gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. August 2000 wurden die Berufungen, teils als verspätet zurückgewiesen, teils "soweit sie sich gegen eine Zurückweisung von Einwendungen und/oder eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg richten, abgewiesen, im Übrigen aber als unzulässig zurückgewiesen", teils als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde dahin abgeändert, dass die Frist für den Baubeginn mit spätestens 1. Oktober 2001 und die Frist für die Einbringung der Abfälle mit "bis 1. August 2020" festgesetzt wurde (und im Teil E (Bau- und Betriebsaufsicht) im Punkt E5. die Jahreszahl 1998 gestrichen wurde); weiters wurden Nebenbestimmungen im Teil F (Bedingungen und Auflagen) abgeändert.

Als Rechtsgrundlagen wurde angegeben:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass nach dem Beschluss eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1986, VwSlg. 12.329/A, die Erlassung eines Berichtigungsbescheides im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG bewirkt, dass dieser Berichtigungsbescheid mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit bildet. Wird ein vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtener Bescheid nach Erhebung der Beschwerde von der belangten Behörde berichtigt, dieser Berichtigungsbescheid vom Beschwerdeführer aber unangefochten gelassen, so hat der Verwaltungsgerichtshof seiner Überprüfung den angefochtenen Bescheid in der Fassung, die er durch die Berichtigung erhalten hat, zu Grunde zu legen.

Dem Beschwerdevorbringen, die Berufungen mehrerer (namentlich

genannter) Personen seien weder namentlich, noch mit den im

Bescheid "der NÖ Landesregierung" vom 7. September 1998 vergebenen

Nummern entschieden worden, ist nach dem Vorgesagten hinsichtlich

der 11. bis 18.- beschwerdeführenden Parteien im Hinblick auf den

Berichtigungsbescheid unbegründet (11.- beschwerdeführende Partei

= Nr. 1504, 12.- beschwerdeführende Partei = Nr. 1505, 13.-

beschwerdeführende Partei = Nr. 1506, 14.- beschwerdeführende

Partei = Nr. 1551, 15.- beschwerdeführende Partei = Nr. 1552, 16.-

beschwerdeführende Partei = Nr. 1553, 17.- beschwerdeführende

Partei = Nr. 1554 und 18.- beschwerdeführende Partei = Nr. 1555).

Die Berufung der 10.- beschwerdeführenden Partei, die in der Zustellverfügung des erstinstanzlichen Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich unter der Nr. 2233 (Mädchenname) angeführt ist, wurde abgewiesen. Hinsichtlich der 19.- beschwerdeführenden Partei zeigt sich, dass die Berufung einer Person dieses Namens unter der Nr. 459 teils abgewiesen und teils zurückgewiesen wurde. Dass ungeachtet dessen - wegen Namensgleichheit - über die Berufung der 19.- beschwerdeführenden Partei noch nicht entschieden worden sei, wird in der Beschwerde nicht behauptet (nach der Gegenschrift der belangten Behörde sei E (Nr. 459) laut Auskunft der Gemeinde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides von (der in der Beschwerde angegebenen Anschrift) B, H-Straße 36, nach B, K-Gasse 5, verzogen). Im Übrigen steht die Behauptung in der Beschwerde, es sei über die Berufung der 19.- beschwerdeführenden Partei noch nicht entschieden worden, damit in Widerspruch, dass unter der (in der Beschwerde angegebenen) Nr. 1891 des erstinstanzlichen Bescheides zwar ein E, mit Wohnsitz B, H-Straße 36, aufscheint, Berufung aber ein E jedoch mit der Anschrift "K-Gasse 5, B" erhoben hat.

Während nach dem Vorgesagten eine Zurückweisung der Beschwerde, soweit sie von den 10. bis 19. beschwerdeführenden Parteien erhoben wurde, nicht in Betracht kommt, ist es jedoch zutreffend, wenn in der Beschwerde hinsichtlich der 20.- beschwerdeführenden Partei geltend gemacht wird, es sei über deren Berufung noch nicht entschieden worden. Die 20.- beschwerdeführende Partei konnte dadurch aber durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werden. Ihre Berufung ist vielmehr offen und war die Beschwerde, soweit sie von der 20.- beschwerdeführenden Partei erhoben wurde, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Hinsichtlich der 21.- beschwerdeführenden Partei ist auszuführen, dass ein R in W, Obere S-Straße 1a, keine Berufung erhoben hat. Dass Identität mit einer Person gleichen Namens, wohnhaft in H, H-Straße 64-66/3/3, bestünde (von dieser Person wurde Berufung erhoben), wird in der Beschwerde nicht behauptet und ist auf dem Boden der Aktenlage nicht zu finden. Die Beschwerde ist daher auch insoweit, als sie von der 21.- beschwerdeführenden Partei erhoben wurde, mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Hinsichtlich der 22.- beschwerdeführenden Partei wird in der Beschwerde geltend gemacht, sie habe fristgerecht Einwendungen erhoben ("unter ihrem damaligen ledigen Namen AH und auch ohne akademischen Titel"), die belangte Behörde stelle im angefochtenen Bescheid auf Seite 53, letzter Absatz, jedoch fest, dass sie erstmals am 27. November 1997 Einwendungen vorgebracht habe, und habe "ihre Berufung zu Unrecht mangels Parteistellung" zurückgewiesen.

Dazu ist auszuführen, dass in der Berufung der 22.- beschwerdeführenden Partei ausdrücklich auf "meine mit Schreiben vom 25. November 1997 eingebrachte Einwendungen gegen das Vorhaben" Bezug genommen wird (und dieses Schreiben von "Dipl. Ing. A" stammt). Ein Hinweis darauf, dass die 22.- beschwerdeführende Partei unter ihrem ledigen Namen AH Einwendungen erhoben hätte, findet sich nicht. Wie der Verwaltungsgerichtshof aber wiederholt (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1959, Slg. Nr. 5007/A) ausgesprochen hat, ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat.

Es ist sodann auf die einzelnen Themenbereiche der Beschwerde wie folgt einzugehen:

1. Unmittelbare Anwendbarkeit der UVP-Richtlinie

Zu diesem Themenbereich vertritt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung, dass das dem gegenständlichen Bescheid zu Grunde liegende Ansuchen am 2. Jänner 1991 gestellt worden sei. Nach § 46 Abs. 6 UVP-G sei sohin eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz nicht durchzuführen. Zu den Ausführungen in den Berufungen betreffend Vorrang des Gemeinschaftsrechts und unmittelbare Anwendung der UVP-Richtlinie sei auszuführen:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen (siehe etwa das Erkenntnis vom 18. Februar 1999, GZ 97/07/0079, und die dort angeführte Vorjudikatur) ausgeführt, dass

auf langfristige Zeiträume umgelegt - keine positive Beurteilung für die Endlagerung abgegeben werden. Es könne jedoch der Errichtung eines kontrollierten Lagers oder Zwischenlagers am gegenständlichen Standort zugestimmt werden.

Weiters wurden von der Bewilligungswerberin je eine Stellungnahme des Geotechnischen Institutes der Bundesversuchs- und Forschungsanstalt Arsenal vom 18. September 1992 und von Dipl. Ing. S vom 22. September 1992 vorgelegt.

Nach den Ausführungen in der o.a. Stellungnahme des Geotechnischen Dienstes werden die in den Richtlinien für die Ablagerung von Abfällen 1990, S 32-34, beschriebenen Anforderungen an Untertagedeponien zwar im Einzelnen aufgelistet, nicht aber im Detail ausgeführt. Danach würden Standorte als nicht geeignet erachtet, wenn z.B.

15.900 Fahrzeugen täglich im Standortbereich als Rechtfertigung dafür heranzog, daß die zusätzlichen Schwerfahrzeuge, die durch den Betrieb der Untertagedeponie zusätzlich anfallen werden, unbeachtlich sei. Die BF vertraten dem gegenüber die Ansicht, daß die betroffene Region schon eine derartig hohe Verkehrsfrequenz aufweist, daß jeder zusätzlich angezogene Verkehr eine unzumutbare Belästigung und Gefährdung der betroffenen Bewohner darstellt. Zur Frage der Erhöhung des Unfallrisikos, insbesondere durch den Transport gefährlicher Güter, wertete die erstinstanzliche Behörde die Tatsache, daß allenfalls schon jetzt entsprechende Fahrverbote erlassen werden müßten, als hinreichende Begründung, um auf diese Problematik nicht weiter eingehen zu müssen. Die BF brachten dazu vor, daß geprüft werden muß, ob und in welcher Form die Zulieferung gefährlicher Abfälle möglich ist, ohne daß die in der Umgebung ansässige Bevölkerung, die Umwelt der Region und die örtliche Wirtschaft dadurch geschädigt oder in einem erhöhten Ausmaß gefährdet werde.

Dazu führt das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im nunmehr bekämpften Bescheid aus, daß der Verkehr auf öffentlichen Straßen nicht Gegenstand des gewerberechtlichen Betriebsanlagenrechts sei. Ferner begründet § 74 Abs. 2 Z 4 GewO (Sicherheit, Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs) keine subjektiv öffentlichen Interessen des Nachbarn. Auf das diesbezügliche Vorbringen wollte das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit daher nicht eingehen.

Diese Ansicht ist in mehrfacher Hinsicht verfehlt. Wie dargestellt, machten die BF unter dem Berufungspunkt der verkehrstechnischen Sachverständigengutachten primär die Frage der Gefährdung ihrer Gesundheit durch Transporte mit gefährlichen Gütern geltend. Dies stellt sehr wohl ein subjektives Recht der Nachbarn dar und ist nicht bloß ein öffentliches Interesse, das nur amtswegig zu prüfen ist. Schon aus diesem Grunde ist die Nichtbehandlung der diesbezüglichen Einwendungen inhaltlich rechtswidrig.

Darüber hinaus ist zu beachten, daß der Betriebsanlage nicht nur Lärm zuzurechnen ist, der durch Verkehrsvorgänge im eigenen Bereich der Anlage entsteht, sondern auch der Lärm, der durch das wesentlich zum Betriebsgeschehen gehörende Zufahren zur Betriebsanlage und das Wegfahren von dieser im engeren örtlichen Bereich, auch auf der öffentlichen Verkehrsfläche, durch betriebseigene Fahrzeuge sowie Fahrzeuge von Erfüllungsgehilfen verursacht wird (VwGH 10.10.1979, SlgNR 9943 A). Die verfahrensgegenständliche Anlage wird zu einer starken Frequenz an Zu- und Abfahrten und in weiterer Folge zu einer Erhöhung der ohnehin kaum mehr zumutbaren Lärmbelastung der AnrainerInnen durch den Verkehr führen. Diese zusätzlichen Lärmimmissionen gehen über das ortsübliche Ausmaß hinaus, weshalb sie nicht genehmigungsfähig sind. Auch dies wurde von der belangten Behörde außer acht gelassen. Auch in diesem Punkt ist der bekämpfte Bescheid daher inhaltlich rechtswidrig."

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO 1994 den Nachbarn keine Stellung einräumt, deren Beeinträchtigung von ihnen als Verletzung ihrer subjektivenöffentlichen Rechte geltend gemacht werden könnte. Der Schutz der öffentlichen Interessen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO 1994 obliegt vielmehr der Behörde von Amts wegen (vgl. u.v. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2001, Zl. 98/04/0181).

Weiters ist - hinsichtlich des Beschwerdevorbringens über das Anfahren der Betriebsanlage - darauf hinzuweisen, dass seit der Neufassung des § 77 Abs. 3 GewO 1973 (nunmehr GewO 1994) durch die Gewerberechtsnovelle 1988 das Verhalten von Kunden und von anderen betriebsfremden Personen außerhalb einer gewerblichen Betriebsanlage für eine Zurechnung zur Betriebsanlage selbst dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn es sich um das Zufahren von einer öffentlichen Straße zur Betriebsanlage handelt (vgl. nochmals das vorgenannte hg. Erkenntnis). Die in der Beschwerde zitierte hg. Rechtsprechung ist insofern überholt, als sie sich auf eine frühere Rechtslage bezog.

Sofern in der Beschwerde darauf Bezug genommen wird, die Frage der Gesundheitsgefährdung betreffe den Transport mit gefährlichen Gütern und dies stelle sehr wohl ein subjektives Recht der Nachbarn dar, so ändert dies nichts daran, dass das Fahren von Fahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr nicht mehr als ein zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zl. 2000/04/0071).

7. Gefährdung durch Munitionsstollen

In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es dazu:

"Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen für Sprengtechnik in der mündlichen Verhandlung am 20./21. Oktober 1992 sei der vorhandene Munitionsbunker vor Beginn des Betriebes zu orten. Um bei den Sprengarbeiten Zwischenfälle bzw. Gefährdungen von Personen zu vermeiden, sei es von Vorteil, den Munitionsbunker freizulegen und fachgerecht zu räumen. Sollte dies nicht möglich sein, müsste nach Feststellung der Lage des Bunkers ein Sicherheitsbereich rund um das Lager von einem Sachverständigen festgelegt werden, sodass bei Sprengarbeiten ein Zünden der Munition im Lager ausgeschlossen werden könne.

Der Amtssachverständige für Geologie hat hiezu in einer Besprechung vom 5. Mai 1998 in Anwesenheit des genannten Amtssachverständigen für Sprengtechnik ausgeführt, dass der Stoß (die Steinbruchwand) im Bereich der Tagesanlagen Süd (Gst.Nr. 315, KG B) über dessen gesamte Länge freizulegen und das freigelegte Hangmaterial abzuführen sei. Vorhandene alte Einbauten (Munitionsdepots, Lager etc.) seien zu räumen und eventuelle Hohlräume seien abzumauern. Anschließend sei die Steinbruchwand dauerhaft zu sichern. Nach Freilegung der Wand vor Beginn der Sicherungsmaßnahmen sei die Wand durch die Sachverständigen für Geologie und Bergbautechnik und das Aufsichtsorgan zu besichtigen. Erst nach Freigabe könnten weiter bauliche Maßnahmen durchgeführt werden.

Mit der Untersuchung der freigelegten Steinbruchwand könne nach menschlichem Ermessen mit garantierter Sicherheit nachgewiesen werden, dass ein alter Stollen gefunden wird oder bereits im früheren Steinbruchbetrieb im Zuge des Abbaues verschwunden sei.

Weiters führte der geologische Amtssachverständige aus, dass, sollten beim weiteren Vortrieb des Hauptförderstollens ausgehend vom derzeit bereits bestehenden Untersuchungsstollen beim Niederbringen der Schussbohrlöcher Hohlräume (alte Stollen bzw. Kavernen) angebohrt werden, die Hohlräume vor Zündung der Sprengung durch ein entsprechend großes Bohrloch von mindestens 100 mm Durchmesser zu untersuchen seien. Die Erstbehörde hat in Punkt F8 und F9 des Spruches des bekämpften Bescheides die vom Amtssachverständigen für Geologie vorgeschlagenen Maßnahmen zur Ortung eines allenfalls vorhandenen Munitionsstollens und dessen fachgerechter Räumung vorgeschrieben. Ein Widerspruch mit der o. a. Forderung des Amtssachverständigen für Sprengtechnik ist darin nicht ersichtlich, vielmehr wird im Vorschlag des Amtssachverständigen für Geologie näher ausgeführt, wie die Ortung eines allfälligen Munitionsstollens zu erfolgen hat. Die in Punkt F9 des Bescheides vorgeschlagene Maßnahme stellt eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme dar."

In der Beschwerde heißt es:

"Im Genehmigungsverfahren stellte sich heraus, dass ein im zweiten Weltkrieg eingerichteter Munitionsstollen im Bereich der geplanten Deponie noch vorhanden ist (siehe die Zeitzeugenaussage auf Seite 65 des erstinstanzlichen Bescheides) und nicht vollständig gesprengt wurde. Die BF machten geltend, dass es verabsäumt wurde, die erforderlichen Auflagen festzuschreiben, obwohl vom Amtssachverständigen für Sprengtechnik, DI P, ausdrücklich gefordert wurde, dass der Munitionsstollen vor Beginn des Betriebes geortet und der betreffende Stollen freigelegt und fachgerecht geräumt werden muss: 'Der vorhandene Munitionsbunker bzw. -stollen, welcher noch aus dem 2. Weltkrieg besteht, muss vor Beginn des Betriebes geortet werde. Um bei den Sprengarbeiten Zwischenfälle bzw. Gefährdungen von Personen zu vermeiden, wäre es von Vorteil, den Munitionsbunker freizulegen und fachgerecht zu räumen' (Seite 44 des Genehmigungsbescheides).

Die unter F9 vorgeschriebenen Auflagen reichen bei weitem nicht aus, um die Gefahr, die durch eine Sprengung im Nahbereich dieses Munitionsbunkers entstehen kann, zu beseitigen. Es ist geradezu fahrlässig, von den Betreibern der Deponie lediglich zu verlangen, dass sie im Falle des Anbohrens eines Hohlraumes, den betreffenden Hohlraum bloß durch ein nur 10cm (!) großes Loch zu untersuchen haben. Durch diese Maßnahme allein kann keinesfalls mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, ob eine Gefährdung durch den Munitionsstollen im konkreten Fall besteht oder nicht. Diese Auflage ist daher völlig ungeeignet, eine Gefährdung der betroffenen Bevölkerung durch den Betrieb der Deponie im Zusammenhang mit den Munitionsstollen auszuschließen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erklärt zu diesem Vorbringen lediglich, dass den Ausführungen des Amtssachverständigen für Geologie, die im übrigen die Ansicht der BF stützen, nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet wurde.

Diese Ausführung ist unzutreffend, weil sich das Vorbringen der BF explizit auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Sprengtechnik, DI P, stützt, dieser fordert, dass noch vor Baubeginn der Munitionsstollen geortet und geräumt werden muss.

Lediglich in Ergänzung dazu wurde vorgebracht, dass diese Forderung mit der Vorschreibung die Auflage F9 nicht ausreichend gewährleistet wird. Auch ohne ein Gutachten muss für die Montanbehörde beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ersichtlich sein, dass ein 10 cm großes Loch in einem Hohlraum nicht ausreicht, um festzustellen, ob sich in diesem ein Munitionsstollen befindet. Die vorgeschriebene Auflage F9 ist daher unzureichend, das diesbezügliche Vorhaben mangelhaft und der bekämpfte Bescheid inhaltlich rechtswidrig."

Auch dazu genügt der Hinweis, dass der Verwaltungsgerichtshof nur die Schlüssigkeit der Erwägungen der Beweiswürdigung zu prüfen hat (vgl. nochmals das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Dass die Erwägungen der Behörde unschlüssig wären, vermag die Beschwerde nicht darzutun. So weist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hin, dass es angesichts moderner Mittel der Technik (z.B. Kameraabfahrungen) kein Problem darstelle, Ausmaß und Inhalt eines Hohlraumes durch ein lediglich 10 cm großes Loch festzustellen.

8. Lärmemissionen der Anlage

Die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid lauten:

"Zum Vorbringen, dass im Verfahren Angaben über die Geräuschentwicklung der verwendeten Geräte gefehlt hätten, sodass der Sachverständige für Lärmschutz gezwungen gewesen sei, seine Berechnungen auf Werte von angeblich vergleichbaren Geräten und Anlagen zu stützen und dass auch der Sachverständige für Umwelthygiene auf diese Werte aufbaue, sodass auch dessen Gutachten mangelhaft sei, ist auszuführen:

Der Sachverständige ist bei seinen Schätzungen der Abewerteten Schallpegelspitzen von Baugeräten und Fahrzeugen, die mit den in den Einreichunterlagen angeführten vergleichbar sind, davon ausgegangen, dass Radlader mit Dieselmotor je nach Leistung und Schallschutzausrüstung 105 bis 120 dB, Muldenkipper (Dumper) mit Dieselmotorantrieb 100 bis 115 dB und Straßen-LKW im üblichen Betrieb 95 bis 105 dB aufweisen. Hinsichtlich der Schallemissionen der Lüftungsanlagen hat der Sachverständige die Emissionsgrenzwerte auf Grund der Immissionsberechnung vorgegeben.

Auf Grund der vom Sachverständigen in der Folge angestellten Berechnungen betreffend die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen kommt dieser sodann zum Ergebnis, dass aus lärmtechnischer Sicht dann gegen das Vorhaben keine Bedenken bestehen, wenn die für die Bewetterung vorgesehenen mechanischen Lüftungsanlagen schalltechnisch so ausgeführt sind, dass jeweils bei Vollbetrieb der an der Ansaug- oder Ausblasöffnung ins Freie abgestrahlten Abewertete Schallleistungspegel den Wert von 95 dB nicht überschreitet. Für Anlagen, die nur bei Tagzeit betrieben werden, darf ein Wert von max. 100 dB erreicht werden. Bei den im Freien zum Einsatz gelangenden Fahrzeugen darf der A-bewertete Schallleistungspegel max. 100 dB betragen. In allen Fällen ist der Behörde ein messtechnischer Nachweis über die Einhaltung der vorstehenden Bedingungen vorzulegen.

Diesen Forderungen des lärmtechnischen Sachverständigen hat die Erstbehörde durch die Bedingungen in F12 und F13 Rechnung getragen, wobei Punkt F12 von der Berufungsbehörde insofern zu berichtigen war, als der Ausdruck '10 dB' auf einen offensichtlichen Schreibfehler zurückzuführen ist und es richtig '100 dB' heißen muss.

Das gg. Vorbringen ist aus den obigen Gründen nicht berechtigt."

Von den beschwerdeführenden Parteien wird vorgebracht:

"Die Feststellung der von der Anlage ausgehenden

Lärmemissionen ist mangelhaft. Da im Verfahren konkrete Angaben

über die Geräuschentwicklung der verwendeten Geräte fehlen, war

der Amtssachverständige für Lärmschutz gezwungen, seine

Berechnungen auf Werte von angeblich vergleichbaren Geräten und

Anlagen zu stützen: 'Da im gegenständlichen Fall konkrete

Angaben über die Geräuschentwicklung der verwendeten Geräte

(Schallemission) fehlen, wurden für die zur Einhaltung später

angegebenen zumutbaren Immissionen in der Nachbarschaft

einzuhaltende Grenzwerte für die Schallemission der Anlage

errechnet' (Seite 57) ... 'Wie bereits ausgeführt liegen im

Projekt keine näheren Angaben über die Schallemission der

verwendeten Geräte vor. Nachstehend werden daher

Erfahrungswerte für die Schallemission

vergleichbarer Baugeräte ... angeführt ... Hinsichtlich der

Schallemission der Lüftungsanlagen liegen ebenfalls keine

näheren Angaben vor. Für diese werden ... Emissionsgrenzwerte

aufgrund der Immissionsberechnung vorgegeben' (Seite 60).

Es kann nicht angehen, daß aufgrund der Tatsache, daß von der Konsenswerberin keine konkreten Angaben dazu gemacht wurden, bloße Schätzungen der zu erwartenden Lärmbelastung angestellt werden. Die Behörde hätte der Konsenswerberin vielmehr die Verbesserung der Einreichunterlagen auftragen müssen. Da auch das Gutachten des Amtssachverständigen für Umwelthygiene auf diese Werte aufbaut (Seite 89 des Bescheides), ist auch dieses mangelhaft.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gibt zu diesem Vorbringen lediglich den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen für Umwelthygiene wieder. Ein Eingehen auf den Vorwurf, daß die zu erwartende Lärmbelastung nicht ordnungsgemäß ermittelt wurde, erfolgt jedoch nicht. Es wird daher abermals vorgebracht, daß mangels von der Konsenswerberin vorgelegter Angaben nicht bloße Schätzungen der Lärmemissionen angestellt werden dürfen. Die Behörde hätte der Konsenswerberin vielmehr die Vorlage konkreter Unteralgen auftragen müssen. Da dies nicht erfolgt ist, ist das diesbezügliche Verfahren mangelhaft. Dieser Verfahrensmangel ist wesentlich, da bei einer ordnungsgemäßen Durchführung die Behörde zum Ergebnis hätte kommen müssen, daß die zu erwartenden Lärmemissionen der Anlage nicht genehmigungsfähig sind. Der bekämpfte Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig."

Auch hier unterlässt es die Beschwerde die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels darzutun. So wird nicht einmal ansatzweise - geschweige denn in konkretisierter Form - ein Vorbringen erstattet, die Vergleichbarkeit der für die Schätzung herangezogenen Geräte sei nicht gegeben. Auch wird etwa die im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen erfolgte Auflagenvorschreibung übergangen.

9. Seismologisches Gutachten

In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es:

"Soweit auch in diesem Punkt ein Isolationszeitraum von 100.000 Jahren gefordert wird, wird auf die obigen Ausführungen zu den Berufungsvorbringen betreffend das geologische Gutachten hingewiesen. Zur Forderung nach einem Nachweis, dass die Erdbebensicherheit (der Untertagedeponie) auch bei größeren Bebenstärken (als bei der im Gutachten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik vom 13. August 1992 ausgegangenen Stärke von 1o = 7 nach Mercalli-Sieberg gegeben ist, ist darauf hinzuweisen, daß der bisher maximal im Raum W/B aufgetretene Wert nach dem vorangeführten Gutachten bei 5,5 nach Mercalli-Sieberg liegt. Bei dem Wert, von dem bei der Berechnung der Erdbebensicherheit ausgegangen wurde, handelt es sich daher bereits um einen korrigierten, maximal zu erwartenden Wert im Bereich der geplanten Untertagedeponie. Die Berufungsbehörde folgt den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, dass im gg. Bereich mit keinem größeren Wert als 1o = 7 nach Mercalli-Sieberg zu rechnen ist und daß die geplante Deponie für Beben dieser Stärke als sicher anzusehen ist. Die Berufungsbehörde sieht daher keine Veranlassung zur Einholung des geforderten zusätzlichen Gutachtens."

Die beschwerdeführenden Parteien machen geltend:

"Das Gutachten der Zentralstelle für Meteorologie und Geodynamik führt aus, daß das betroffene Gebiet zu den seismisch aktivsten Österreichs gehört und dass es in der Störungszone mehrmals schon Beben von 1o = 7 gekommen ist (Seite 30 des erstinstanzlichen Bescheides). Dennoch geht das Gutachten in all seinen Berechnungen davon aus, dass mit dem Beben in der Größenordnung von mehr als 7,0 nach Mercalli-Sieberg nicht zu rechnen ist.

Die BF haben in ihrer Berufung darauf hingewiesen, daß die Richtlinie für die Ablagerung von Abfällen des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft ausdrücklich einen Isolationszeitraum von rund 100.000 Jahren verlangt. Es ist daher unzureichend, die Frage einer möglichen Gefährdung der Untertagedeponie durch Beben auf Erfahrungswerte aus einem, im Vergleich zur zeitlichen Erstreckung der geplanten Endlagerung, sehr kurzen Stichprobenzeitraum zu stützen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Bebenintensität zunehmen wird.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vertritt dem gegenüber die Ansicht im angefochtenen Bescheid, dass ein Isolationszeitraum von 100.000 Jahren keinesfalls gefordert sei. Es wurde darauf verwiesen, daß das Gutachten der Zentralstelle für Meteorologie und Geodynamik ergeben hätte, daß der bisher maximal im Raum W/B aufgetretene Wert nach dem Gutachten bei 5,5 nach Mercalli-Sieberg lag. Das Bundesministerium sah daher keine Veranlassung zur Einholung der beantragten zusätzlichen Gutachten.

In diesem Zusammenhang erlauben sich die BF darauf hinzuweisen, daß der angefochtene Bescheid des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit am 21. August 2000 erlassen wurde. Rund 1 1/2 Monate zuvor erschütterte ein Erdbeben den Bereich, in dem die Untertagedeponie für gefährliche Abfälle errichtet werden sollte. Das Beben vom 11. Juli 2000 erreichte eine Stärke von 7,0 nach Mercalli-Sieberg und überschritt damit den laut Gutachten bislang maximal aufgetretenen Wert deutlich. Schon aus diesem Grunde hätte die Berufungsbehörde amtswegig weitere Ermittlungen zur Frage der seismologischen Sicherheit der beantragten Anlage einholen müssen. Das Erdbeben vom Juli dieses Jahres hat die Richtigkeit der Ausführungen der BF nachdrücklich unterstrichen. Die Missachtung der gestellten Beweisanträge stellt daher einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Der bekämpfte Bescheid ist daher auch in diesem Punkt inhaltlich rechtswidrig."

Auch zu diesen Beschwerdeausführungen hat das oben zu

5. Geologisches Sachverständigengutachten Gesagte zu gelten. Im Übrigen ist auf das - entsprechend belegte - Vorbringen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zu verweisen, dass sich das Epizentrum des in Rede stehenden Bebens - laut "Erdbebenmeldung-Österreich" der Zentralanstalt für Meteorologie - in Ebreichsdorf (dieses liegt ca. 50 km Luftlinie von der geplanten Untertagedeponie entfernt) - befand und eine Stärke von 6 Grad auf der 12-stufigen europäischen makroseismischen Skala (diese entspricht der Mercalli-Sieberg-Skala) aufwies. Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerdebehauptung, dass das Beben vom 11. Juli 2000 im Bereich der geplanten Deponie eine Stärke von 7,0 nach Mercalli-Sieberg überschritten habe, einen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel nicht aufzuzeigen.

10. Unvereinbarkeit des Projektes mit Natura 2000

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zu diesem Punkt ausgeführt:

"Die Vorbringen zu diesen Themenbereichen betreffen ausschließlich öffentliche Interessen und keine Gefährdung subjektiv öffentlicher Interessen der Berufungswerber. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Landeshauptmann ein naturschutzfachliches Gutachten eingeholt hat. In diesem wird u.a. ausgeführt, dass es Projekte zur Errichtung eines Naturschutzgebietes gäbe. Das betroffene Gebiet würde jedoch etwas weiter im Süden bzw. Südwesten im Bereich des Hindlerberges sowie der Riede Sonnenbergen und Unterschilling liegen. 'Aus heutiger Sicht' könne daher die Stellungnahme vom 31. Juli 1991 (Anmerkung:

in dieser war u.a. ausgeführt worden, dass Entlüftungsschächte im Bereich des projektierten Naturschutzgebietes zu liegen kämen, sodass selbst durch Vorschreibungen negative Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten) nicht aufrecht erhalten werden, weil weder Entlüftungsstollen (gemeint offensichtlich: im geplanten Naturschutzgebiet) vorgesehen seien, noch vom Projekt direkt Bereiche berührt würden, die hohen Naturschutzwert hätten.

Betreffend das gemäß § 17 Abs. 4 des Forstgesetzes 1975 erforderliche Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rodung hat der Landeshauptmann in der Begründung des Bescheides unter Bezugnahme auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft und des forstfachlichen Amtssachverständigen ausgeführt, dass die Entsorgungssicherheit für gefährliche Abfälle im Inland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 17 Abs. 4 des Forstgesetzes 1975 darstelle. Da das gg. Projekt - derzeit als einziges in Österreich - die Entsorgungssicherheit für gewisse gefährliche Abfallarten, für die es derzeit keine Möglichkeit zur Entsorgung im Inland gebe, sicherstellen soll, und eine Gefährdung der verbleibenden Waldkultur nicht zu erwarten sei, überwiege das öffentliche Interesse der Untertagedeponie gegenüber der Erhaltung dieser Fläche als Wald.

Die Berufungsbehörde schließt sich dieser Ansicht des Landeshauptmannes an. Hinzuzufügen ist, dass auf Grund europarechtlicher Vorgaben § 17 Abs. 1 AWG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 90/2000 u.a. dahingehend geändert wurde, dass gefährliche Abfälle nur in einer Untertagedeponie für gefährliche Abfälle abgelagert werden dürfen. Das öffentliche Interesse an der gg. Untertagedeponie wird durch diese Neuregelung nach Ansicht der Berufungsbehörde noch gesteigert."

Die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen haben folgenden Wortlaut:

"Von den BF wurde wiederholt vorgebracht, daß im Zusammenhang mit der Errichtung der Untertagedeponie Waldflächen im Ausmaß von 6 ha gerodet werden sollen. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Gesamtfläche der Hundsheimer-Berge - ausgenommen das Areal des Steinbruches - als Natura 2000 Projekt der Kommission nominiert wurde. Ein aktives Steinbruchgelände verträgt sich mit dem Schutzgedanken des Natura 2000 Projektes aber nicht. Hinzukommt, daß durch die Rodung verschiedene Trockengrasrestareale schwer gestört oder vernichtet würden. Gerade diese Restflächen sind aber aus Sicht der Botanik und Zoologie überaus bemerkenswerte Refugien einer seltenen Fauna und Flora. Im besonderen ist aber darauf hinzuweisen, daß im östlichen Waldbereich der K-Warte zwischen dem sogenannten 'Alten Haus' und der W-Straße (also im vorgesehenen Rodungsbereich) verschiedene kleine Lichtungen existieren, auf denen sehr seltene Orchideen entdeckt wurden, die für die Flora der Hundsheimer-Berge neu sind. Diese Standorte dürfen nach Auskunft von Botanikern der Universität Wien keinesfalls gefährdet oder zerstört werden.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erklärte dazu, daß dieses Vorbringen keine subjektiven Interessen betreffen. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß ein naturschutzfachliches Gutachten vom 31. Juli 1991 eingeholt werde, wonach 'aus damaliger Sicht' (!) keine Stellungnahme abgegeben werden könnte. Das Ministerium schließt sich der Ansicht des Landeshauptmannes an, daß überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 4 Forstgesetz bestünden.

Dazu wird bemerkt, daß es sich beim gegenständlichen Areal um ein nach Art. 4 der FFH-RL an die Kommission genanntes Gebiet handelt. Das heißt, daß das Land Niederösterreich und die Republik Österreich den Bereich um die Hundsheimer-Berge der Kommission als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgeschlagen haben. Die endgültige Festlegung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung hätte bis Juni 1998 erfolgen sollen. Dies ist bislang jedoch nicht erfolgt. Da das Schutzregime des Art. 6 der FFH-RL erst mit dem förmlichen Beschluß der Kommission bzw. des Habitatsausschusses auf die Gebiete anwendbar ist, kommt eine unmittelbare Anwendung des Art. 6 FFH-RL auf das betroffene Gebiet nicht in Frage. Schutzpflichten der Mitgliedsstaaten zugunsten potentieller Schutzgebiete ergeben sich jedoch aus der Loyalitäts- und Treueklausel des Art. 10 EGV. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung unterlassen die Mitgliedsstaaten alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele des EGV gefährden können, wobei sich diese Verpflichtung entgegen dem Wortlaut auch auf Ziele, die in Richtlinien festgelegt sind, bezieht (EuGH, Urteil vom 18.12.1997, Rs C-219/96 ). Die Mitgliedsstaaten haben sich jedweder Maßnahme zu enthalten, die geeignet sind, die praktische Wirksamkeit einer Richtlinie zu beeinträchtigen und das mit ihr beabsichtigte Ziel ernstlich in Frage zu stellen. Für potentielle FFH-Gebiete, die Aufnahme in die nationalen Gebietslisten gefunden haben und denen damit von den Mitgliedsstaaten selbst eine hohe ökologische Bedeutung attestiert wurde, ist daraus zumindestens ein Verschlechterungsverbot abzuleiten (Gellermann, Natura 2000 - Europäischer Habitatsschutz und seine Durchführung in der Bundesrepublik Deutschland - Berlin 1998 Seite 95). Bis zur endgültigen Festlegung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung dürfen zwischenzeitige Eingriffe die Gebietsqualität der normierten Flächen nicht derart beeinträchtigen, daß danach auch von ihrer Aufnahme in die Gemeinschaftsliste abzusehen ist (vgl. dt. BVerwG, Beschluß vom 21.1.1998 - 4 Vr 3/97 (4 A 9/97), NuR 1998, 267). Die Mitgliedsstaaten haben sicherzustellen, daß das Ziel der FFH-Richtlinie nicht unterlaufen wird, sodaß einstweilige Sicherstellungen der genannten Gebiete vorzunehmen sind (Iven, NuR 1996, 376).

Aufgrund des integrierten Ansatzes der unmittelbar anwendbaren IPPC-Richtlinie sowie der unmittelbaren Wirkung des Art. 10 EGV hätten diese Aspekte auch im Verfahren nach § 29 AWG Berücksichtigung finden müssen. Gemeinschaftsrechtlich ist daher die Versagung der Genehmigung der Untertagedeponie W/B geboten, da sie mit den Zielen der FFH-RL unvereinbar ist.

Der vorliegende Bescheid verstößt daher gegen gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen der FFH-RL sowie der Vogelschutzrichtlinie.

Die BF richten daher an den VwGH die

Anregung,

dem EuGH gemäß Art. 234 EGV die Frage der Vorabentscheidung vorzulegen, ob hinsichtlich jener Gebiete, die nach Art. 4 der FFH-RL der Kommission genannt wurden, bereits vor Beschluß der Liste von Gebieten mit gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung Schutzpflichten der Mitgliedsstaaten, insbesondere aufgrund Art. 10 EGV bestehen."

Die Auffassung der belangten Behörde, dass dieser Themenbereich ausschließlich öffentliche Interessen und keine Gefährdung subjektiv-öffentlicher Interessen der Berufungswerber betrifft, steht mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Einklang, wonach dieser im Erkenntnis vom 14. Oktober 2003, Zl. 2001/05/1171, ausgesprochen hat, dass die Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie), ABl. Nr. L 103/1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/24/EG des Rates vom 8. Juni 1994, ABl. Nr. L 164/9 und die Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie), ABl. Nr. L 206/7, keine individuellen Rechte für den Einzelnen begründen.

Davon abgesehen ist auf Folgendes zu verweisen:

Es kann dahingestellt bleiben, ob so genannten "potenziellen-FFH-Gebieten" der Schutz nach Art. 6 Abs. 2 bis 4 oder "Vorwirkungen" dieses Schutzes dahin zukommen, dass die in einem Genehmigungsverfahren angerufene Verwaltungsbehörde auch ohne formelle Ausweisung eines Schutzgebietes zur Untersagung der Ausführung eines Vorhabens verpflichtet wäre (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2002, Zl. 99/10/0159, und die dortigen Hinweise auf Lehre und Judikatur). Die belangte Behörde hat sich nämlich (hilfsweise) auch darauf gestützt, dass das betroffene Gebiet etwas weiter im Süden bzw. Südwesten des projektierten Naturschutzgebietes liege, wobei "aus heutiger Sicht" - diese Formulierung bezieht sich offenkundig auf die (gegenüber der früheren vom 31. Juli 1991) neuerliche naturschutzfachliche Begutachtung - keine Bedenken bestünden, weil weder Entlüftungsstollen (im geplanten Naturschutzgebiet) vorgesehen seien, noch vom Projekt Bereiche direkt berührt würden, die hohen Naturschutzwert hätten. Diesen sachverständigen Darlegungen sind die beschwerdeführenden Parteien nicht auf gleicher fachlicher Ebene (etwa durch ein Gutachten eines (privaten) naturschutzfachlichen Sachverständigen) entgegen getreten.

Insofern ist im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen (nachprüfenden) Kontrolle nicht zu sehen, dass das Schutzregime der Art. 4 Vogelschutz-Richtlinie und Art. 6 FFH-Richtlinie überhaupt auf das gegenständliche Projekt anzuwenden ist. Damit war aber auch die Anregung in der Beschwerde auf Vorlage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EGV nicht aufzugreifen.

Die Beschwerde war somit (wie im Spruch bezeichnet) als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Umrechnung beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zunächst den geltend gemachten Aufwandersatz für das Provisorialverfahren nach § 30 Abs. 2 VwGG; hat doch gemäß § 47 Abs. 1 VwGG nur eine obsiegende Partei Anspruch auf Aufwandersatz durch die unterlegene Partei und gibt es im Provisorialverfahren nach § 30 Abs. 2 VwGG weder eine obsiegende Partei, noch ist für dieses Verfahren in den §§ 47 bis 56 VwGG Aufwandersatz vorgesehen, sodass gemäß § 58 VwGG jede Partei den ihr im Provisorialverfahren erwachsenden Aufwandersatz selbst zu tragen hat. Weiters war das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei im Hinblick auf nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand

abzuweisen (nach § 36 Abs. 4 VwGG ist die Gegenschrift nur in doppelter Ausfertigung zu überreichen).

Wien, am 19. November 2003

Stichworte