Normen
AVG §42 Abs1;
AVG §58 Abs2 impl;
AVG §60;
AVG §42 Abs1;
AVG §58 Abs2 impl;
AVG §60;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1.1. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juni 1980 die wasserrechtliche Bewilligung zur Herstellung eines Baggerteiches mit einer Gesamtfläche von ca. 14 ha auf den Grundstücken n1 und n2, KG. G zur Schotterentnahme von rund 160.000 m3 und zur Nutzung des Grundwasserteiches als Sportfischteich erteilt.
1.2. Die mitbeteiligte Partei (in der Folge: mP) beantragte mit Schreiben vom 21. April 1981 die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Erweiterung des auf den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken n1 und n2 KG. G, durch eine Naßbaggerung entstandenen Grundwasserteiches in Richtung Nordost, um diesen Teich künftig als Bade- und Sportfischteich zu nutzen. Nach der Projektsbeschreibung liegt der bereits bestehende Grundwasserteich am grundwasserstromabwärtigen Ende des Grundwasserschongebietes "Mitterndorfer Senke". Für die Nutzung des Badesees ist beabsichtigt, insgesamt 103 Badeparzellen (97 zu je ca. 500 m2, 5 zu je ca. 1.500 m2) zu schaffen. Die Grundstücke n1 und n2 KG. G, sind von den unter 1.1. genannten Grundstücken des Beschwerdeführers durch das Grundstück n3 (Weg), KG. G, getrennt.
1.3. Mit Bescheid vom 4. Dezember 1981 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich der mP die von ihr beantragte wasserrechtliche Bewilligung und wies gleichzeitig die vom nunmehrigen Beschwerdeführer gegen dieses Vorhaben erhobenen Einwendungen als unzulässig zurück. Auf Grund der dagegen gerichteten Berufung des Beschwerdeführers behob der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft diesen Bescheid mit seinem Bescheid vom 6. Mai 1982 sowohl hinsichtlich der Bewilligung der Naßbaggerung und der Folgenutzung als auch hinsichtlich der Zurückweisung der Einwendungen des Beschwerdeführers und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurück (§ 66 Abs. 2 AVG 1950).
1.4. Nach Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich daraufhin mit Bescheid vom 30. Juni 1982 der mP die wasserrechtliche Bewilligung zur 1. Naßbaggerung auf den Grundstücken n1 und n2 , KG. G - und
2. Nutzung des Grundwasserteiches als Badeteich und als extensiv betriebener Sportfischteich ohne Zufütterung, jeweils nach Maßgabe der im Abschnitt A enthaltenen Projektsbeschreibung und bei Einhaltung der im Abschnitt B angeführten Bedingungen. Die Einwendungen des nunmehrigen Beschwerdeführers wurden, soweit sie sich auf wasserrechtliche Belange, insbesondere eine Beeinträchtigung des ihm mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juni 1980 erteilten Wasserbenutzungsrechtes beziehen, als unbegründet abgewiesen, im übrigen als unzulässig zurückgewiesen.
2. Mit Bescheid vom 31. Jänner 1983 wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) die gegen Spruchpunkt 2. des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. Juni 1982, soweit damit die Bewilligung zur Nutzung des Grundwasserteiches als Badeteich erteilt wurde, erhobene Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers gemäß § 66 AVG 1950 "infolge Präklusion" ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens - nämlich: durch die bekämpfte wasserrechtliche Bewilligung werde der Sportfischteich des Beschwerdeführers ganz wesentlich berührt;
weder in der Projektsbeschreibung noch im Bewilligungsverfahren sei auf bestehende und mögliche künftige Nutzungen des Grundwasserteiches des Beschwerdeführers Bedacht genommen worden;
da nicht feststellbar sei, welche Auswirkungen die Badeteichbewilligung auf den gesamten Grundwasserkörper und damit auf den Fischteich des Beschwerdeführers haben werde, sei das verfahrensgegenständliche Badeteichprojekt noch nicht genügend geprüft worden; der Beschwerdeführer werde ein Fachgutachten nachreichen - sowie Zitierung des § 42 Abs. 1 AVG 1950 und der vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom 22. Juni 1982 und anläßlich der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 1982 zu dem Vorhaben der mP abgegebenen Erklärungen folgendes aus: Zunächst folge aus der persönlichen Teilnahme des Beschwerdeführers an der mündlichen Verhandlung, daß die im Schriftsatz vom Vortag unter der Bedingung seiner Nichtteilnahme an der Verhandlung abgegebenen Einwendungen als hinfällig anzusehen seien. Weiters sei die in der Berufung vorgetragene Einwendung hinsichtlich der wasserrechtlichen Bewilligung zur Nutzung des Grundwasserteiches als Badeteich (Spruchpunt 2. des erstinstanzlichen Bescheides) bei der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 1982 vom Beschwerdeführer nicht erhoben worden. Auf der anderen Seite habe der Beschwerdeführer die während der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Einwendungen betreffend die Behinderung und Störung der Bewirtschaftung seiner landwirtschaftlichen Flächen und hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung seines Sanierungs- und Folgenutzungsprojektes durch die von der mP beabsichtigte Baggerung nicht mehr zum Gegenstand der Berufung gemacht. Auf Grund dieser Tatsachen - so die Schlußfolgerung der belangten Behörde - sei der Beschwerdeführer hinsichtlich der in der Berufung vorgebrachten Einwendung betreffend die Badeteichnutzung im Sinne des § 42 AVG 1950 als präkludiert anzusehen. Die Berufung sei daher spruchgemäß abzuweisen gewesen. "Im übrigen" sah sich die belangte Behörde im Anschluß daran noch veranlaßt "festzuhalten", daß auf Grund der schlüssigen Gutachten der im Ermittlungsverfahren zugezogenen Sachverständigen eine im Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 6. Mai 1982 für möglich gehaltene Beeinträchtigung des dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juni 1980 bewilligten Wasserbenutzungsrechtes auszuschließen sei. Es sei daher das seitens des Beschwerdeführers in Aussicht gestellte, jedoch "bis jetzt" nicht übermittelte Gutachten für die gegenständliche Entscheidung entbehrlich gewesen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch ihn primär in seinem ihm mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juni 1980 erteilten Wasserbenutzungsrecht (oben 1.1.), ferner in seinem Eigentumsrecht und in seinem Recht auf über die ihm erteilte wasserrechtliche Bewilligung hinausgehende Nutzung des Grundwassers als Privatgewässer auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die Aufhebung dieses Bescheides.
4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme der belangten Behörde, seine bei der am 23. Juni 1982 stattgefundenen mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen hätten sich nicht auf die von der mP beantragte Badeteichnutzung, sondern nur auf die beabsichtigte Naßbaggerung bezogen - mit der Folge, daß er mit seiner nach Ansicht der belangten Behörde erstmals in der Berufung vorgebrachten Einwendung betreffend die Badeteichnutzung als präkludiert anzusehen sei. Diese Annahme erweise sich im Hinblick auf die in der Verhandlungsschrift vom 23. Juni 1982 festgehaltene Erklärung des Beschwerdeführers, in der er mitgeteilt habe, seine Ausführungen in der Verhandlungsschrift vom 17. November 1981 und in der Berufung vom 23. Dezember 1981 aufrecht zu erhalten, als aktenwidrig. Sowohl in der Verhandlung am 17. November 1981 als auch in der Berufung vom 23. Dezember 1981 habe er ausführlich zur Frage einer Grundwasserverunreinigung durch die von der mP beantragte Badeteichnutzung Stellung genommen und zu erkennen gegeben, daß er sich dadurch in seinem subjektiven Recht auf Nutzung des in seinem Eigentum stehenden benachbarten Baggersees als Sportfischteich beschwert erachte.
2. In ihrer Gegenschrift stellte die belangte Behörde hiezu fest, daß sich die Frage der Präklusion im Lichte der vom Verhandlungsleiter in der Verhandlung am 23. Juni 1982 abgegebenen Erklärung, wonach der nunmehrige Beschwerdeführer mitgeteilt habe, seine Ausführungen in der Verhandlungsschrift vom 17. November 1981 und in der Berufungsschrift vom 23. Dezember 1981 aufrecht zu erhalten, "nunmehr anders darstellt". Denn auf Grund dieser Einwendungen müsse dem Beschwerdeführer beigepflichtet werden, "daß die von der belangten Behörde angenommene Präklusion nicht eingetreten sein könnte". Unabhängig davon - so fährt die belangte Behörde in der Gegenschrift fort hätten jedoch die von der Erstinstanz eingeholten Sachverständigengutachten den Nachweis erbracht, daß der Beschwerdeführer durch das gegenständliche Vorhaben in einem wasserrechtlich geschützten Recht nicht verletzt werden könne. Insbesondere liege eine Beeinträchtigung des dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juni 1980 erteilten Wasserbenutzungsrechtes nicht vor. Insofern sei es daher gerechtfertigt gewesen, die Berufung des Beschwerdeführers abzuweisen.
3.1. Den vorstehenden Ausführungen zufolge hat die belangte Behörde ausdrücklich eingeräumt, auf Grund einer ihr unterlaufenen Aktenwidrigkeit zu dem Ergebnis gelangt zu sein, der Beschwerdeführer sei mit seiner Einwendung hinsichtlich der von der mP beantragten Badeteichnutzung präkludiert. Der Verwaltungsgerichtshof geht demnach für seine weiteren Erwägungen -
auch in Übereinstimmung mit dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten - davon aus, daß die von der belangten Behörde angenommene Präklusion des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist.
3.2. Soweit die belangte Behörde auf die Ermittlungsergebnisse in Form der Sachverständigengutachten verweist und daraus den Schluß zieht, auf Grund deren Eindeutigkeit sei eine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers (Beeinträchtigung seines ihm mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juni 1980 erteilten Wasserbenutzungsrechtes) ausgeschlossen, somit darzutun versucht, daß sie mit ihrem die Berufung des Beschwerdeführers abweisenden Bescheid zu einer im Ergebnis richtigen Entscheidung gelangt sei, so vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Dies aus folgenden Gründen:
Wie der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. März 1980, Slg. Nr. 10.074/A, zum Ausdruck gebracht hat, besteht der der materiellen Rechtskraft fähige Abspruch eines Bescheides nicht nur aus dem Spruch allein, sondern aus dem Spruch in Verbindung mit der Begründung, und zwar insoweit, als sich aus ihr der von der Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt, d.h. der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung dienende Sachverhalt ergibt. Betrachtet man nun die Begründung des angefochtenen Bescheides, so besteht kein Zweifel, daß der von der belangten Behörde als entscheidungswesentlich angenommene Sachverhalt sich ausschließlich aus die nach Meinung der belangten Behörde eingetretene Präklusion des Beschwerdeführers darlegenden Feststellungen zusammensetzt. Maßgeblich für die abweisliche Entscheidung der belangten Behörde war sohin allein der (aktenwidrig) angenommene Eintritt der Präklusion des Beschwerdeführers. Im Lichte der vom Verwaltungsgerichtshof im vorzitierten Erkenntnis vertretenen Rechtsauffassung ist die Begründung in eben diesem Umfang als von der materiellen Rechtskraft des bekämpften Bescheides mitumfaßt anzusehen. Daß die belangte Behörde die Absicht hatte, ihre Entscheidung allein auf den Rechtsgrund der Präklusion im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG 1950 zu stützen, ergibt sich neben der insoweit hinsichtlich Aufbau und Formulierung eindeutigen Begründung auch aus der in den Spruch des Bescheides aufgenommenen Wortfolge "infolge Präklusion". Diese Wendung stellt ein Bindeglied dar, das im vorliegenden Fall die Einheit von Spruch und tragendem Teil der Begründung im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 21. März 1980, Slg. Nr. 10.074/A, zusätzlich unterstreicht. Unter diesem Blickwinkel muß der Versuch der belangten Behörde scheitern, gleichsam unter Auswechslung der tragenden Begründung, jene im Anschluß an den Satz "Die Berufung war daher spruchgemäß abzuweisen." aufgenommenen, lediglich als obiter dictum zu verstehenden Ausführungen ("Im übrigen ist festzuhalten, daß ...") als tragfähige Grundlage für die abweisliche Entscheidung heranzuziehen.
Abgesehen davon, vermöchten die in Rede stehenden Ausführungen, selbst wenn man ihnen mit der belangten Behörde mehr als nur informativen Charakter beimessen wollte, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu begründen, da die bloße und völlig undifferenzierte Bezugnahme auf die "schlüssigen Gutachten der im Ermittlungsverfahren zugezogenen Sachverständigen" den Anforderungen des § 60 AVG 1950 die Begründungspflicht der Behörde nicht gerecht würde. Mit diesem Pauschalhinweis hätte die belangte Behörde weder in eindeutiger Weise dargetan, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen sie bei der getroffenen Entscheidung ausgegangen ist, noch die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefaßt. Schließlich aber würde sich der von der belangten Behörde ins Auge gefaßte Rückzug auf das besagte obiter dictum als eine den Spruch des Bescheides tragende Begründung insofern als verfehlt erweisen, als es ihr ausgehend von dem im bekämpften Bescheid eingenommenen Rechtsstandpunkt, wonach Präklusion des Beschwerdeführers eingetreten sei, verwehrt wäre, in eine sachliche Prüfung des (ihrer aktenwidrigen Annahme zufolge) präkludierten Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers einzutreten.
3. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, war der in Beschwerde gezogene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
4. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zu der Bemerkung veranlaßt, daß die Verwaltungsbehörden jeden Hinweis darauf haben vermissen lassen, worauf sich die Zuständigkeit des Landeshauptmannes als Wasserrechtsbehörde erster Instanz (vgl. § 99 WRG 1959) im Beschwerdefall gegründet hat.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da zum einen eine gesonderte Vergütung von Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Ersatz für Schriftsatzaufwand nicht vorgesehen ist, zum anderen der für die Rechtsverfolgung notwendige Aufwand für Bundesstempel (nur) S 450,-
- betrug.
Wien, am 8. Mai 1984
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