VwGH 82/12/0079

VwGH82/12/007929.11.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Drexler, Dr. Närr und Dr. Herberth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde der Dr. ES in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Personalkommission der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt vom 10. Mai 1982, Zl. 788-WiPe/82, betreffend Weiterbestellung als Universitätsassistent, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1977 §3;
HSchAssG §4 Abs1;
HSchAssG §6 Abs3;
HSchAssG §6 Abs4;
UOG 1975 §40 Abs4;
UOG 1975 §40;
UOG 1975 §64 Abs3 litb;
UOG 1975 §64 Abs6;
UOG 1975 §65 Abs1 litc;
UOG 1975 §7 Abs1;
UOG 1975 §73 Abs3 liti;
BDG 1977 §3;
HSchAssG §4 Abs1;
HSchAssG §6 Abs3;
HSchAssG §6 Abs4;
UOG 1975 §40 Abs4;
UOG 1975 §40;
UOG 1975 §64 Abs3 litb;
UOG 1975 §64 Abs6;
UOG 1975 §65 Abs1 litc;
UOG 1975 §7 Abs1;
UOG 1975 §73 Abs3 liti;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.485,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 13. April 1982 beantragte die Beschwerdeführerin, die seit 1. August 1978 als Universitätsassistent (Institut für Sprachwissenschaft an der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stand und auf 2 Jahre (für die Zeit vom 1. August 1980 bis 31. Juli 1982) weiterbestellt wurde, ihre neuerliche Weiterbestellung auf 2 Jahre (für die Zeit vom 1. August 1982 bis 31. Juli 1984).

Diesem Antrag gab die belangte Behörde mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 10. Mai 1982 nicht Folge. Als Begründung führte sie nach Hinweisen auf die Bestimmungen des § 6 Abs. 1, 4 und 5 (lit. b) des Hochschulassistentengesetzes 1962, BGBl. Nr. 216, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 428/1975 sowie des § 40 Abs. 5 und des § 65 Abs. 1 lit. c des Universitäts-Organisationsgesetzes folgendes aus:

Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß sich die Beschwerdeführerin auch während ihres letzten Bestellungszeitraumes auf dem Gebiete der Allgemeinen Sprachwissenschaft gemäß den im Studienplan "Sprachwissenschaft" vorgesehenen Fachgebieten nicht zu qualifizieren vermocht habe. Unbeschadet dessen, daß die Beschwerdeführerin eine mit dem Kalkül "ausgezeichnet" beurteilte Dissertation zum Thema "Studien zur Sprache Michail Zoscekos, Lexikalisch-semantische Schichten skazhafter Texte in ihrer poetischen Funktionalität, unter Berücksichtigung des historischen Aspektes der Sprachentwicklung, Graz 1981" verfaßt habe und am 17. Februar 1982 an der Universität Graz promoviert worden sei, habe sie die im Rahmen der von ihr eingenommenen Planstelle vorgesehenen Lehr- und Forschungsaufgaben in Kerndisziplinen der Allgemeinen Sprachwissenschaft, die argumentative Standards aufweisen würden (wie z. B. historische Grammatik, Grammatiktheorie, Universalgrammatik bzw. Sprachtypologie, Erstsprachenerwerb, Psycholinguistik, Neurolinguistik, mathematische Modellbildung in der Linguistik und logische Semantik), nicht zu erfüllen vermocht. Ihre Dissertation falle nicht in das Gebiet der Allgemeinen Sprachwissenschaft und stelle daher auch keinen Qualifikationsnachweis für die von ihr eingenommene Planstelle dar. Gedruckte Publikationen lägen derzeit nicht vor. Ihre redaktionelle Tätigkeit für die Herausgabe der "Geschichte der russischen Sprache" aus dem Nachlaß von A. Issatschenko sei im Zuge des Ermittlungsverfahrens entsprechend gewürdigt worden. Das Ermittlungsverfahren habe weiters ergeben, daß die Beschwerdeführerin keinerlei Bereitschaft gezeigt habe, die vorhandenen Möglichkeiten des Institutes für Sprachwissenschaft für ihre sprachwissenschaftliche Ausbildung zu nutzen. Auch ihre Lehrtätigkeit sei als unzulänglich ermittelt worden. Bei der der Beschwerdeführerin gegebenen Gelegenheit, zu den für die Erledigung ihres Antrages vom 13. April 1982 ermittelten Sachverhalten Stellung zu nehmen (Parteiengehör), habe sie diese nicht entkräften können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über ihren Antrag auf Weiterbestellung als Hochschul (richtig wohl: Universitäts)assistent verletzt.

Die belangte Behörde legte Ablichtungen (in der Folge näher bezeichneter Teile) der Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde ist begründet.

Im vorliegenden Fall geht es um die zweite Weiterbestellung eines Universitätsassistenten gemäß dem § 6 Abs. 1 und 3 des Hochschulassistentengesetzes 1962 in Verbindung mit dem § 40 Abs. 1 und 5 des Universitäts-Organisationsgesetzes. Auf Grund des § 6 Abs. 3 des Hochschulassistentengesetzes 1962 ist eine Weiterbestellung nach Maßgabe der wissenschaftlichen Eignung des Universitätsassistenten auf vier oder höchstens zweimal auf je 2 Jahre auszusprechen. Dem Universitätsassistenten steht zwar kein Rechtsanspruch auf Weiterbestellung zu, er hat jedoch ein rechtliches Interesse an der Verlängerung seines Dienstverhältnisses bzw. an seiner Weiterbestellung. Daraus ergibt sich, daß dem Universitätsassistenten, der - wie im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin - noch als solcher und fristgerecht einen Antrag auf Weiterbestellung stellte, ein subjektives öffentliches Recht auf Rechtskontrolle zusteht, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch machte (siehe die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1980, Zl. 1498/79, Slg. N. F. Nr. 10053/A, und vom 20. September 1982, Zl. 81/12/0204). Die nach dem § 6 Abs. 1 des Hochschulassistentengesetzes 1962 in Verbindung mit dem § 40 Abs. 5 des Universitäts-Organisationsgesetzes für die Weiterbestellung bzw. Verlängerung des Dienstverhältnisses eines Universitätsassistenten zuständige Personalkommission - im vorliegenden Fall im Verwaltungsverfahren erste und letzte Instanz, weil die Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt gemäß dem § 12 Abs. 8 des Universitäts-Organisationsgesetzes nicht in Fakultäten gegliedert ist -, hat hiebei auf Grund des § 7 Abs. 4 des Universitäts-Organisationsgesetzes das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Abs. 4 und 5 und nach dem § 65 Abs. 2 des Universitäts-Organisationsgesetzes die Bestimmungen des § 15 Abs. 2 bis 5 und 7 bis 13 sinngemäß anzuwenden. Gemäß dem § 60 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Daraus, daß die freie Beweiswürdigung nicht mit Willkür gleichbedeutend ist, ergibt sich aber die unabdingbare Pflicht der Behörde, in ihrer Entscheidung die Erwägungen, von denen sie sich bei der Würdigung leiten ließ, zu begründen. Eine solche Begründung besteht in der Aufdeckung der Gedankengänge und Eindrücke, die maßgebend waren, das eine Beweismittel dem anderen vorzuziehen und eine Tatsache festzustellen (siehe die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1952, Zl. P12/51, Slg. N. F. Nr. 2411/A, und vom 24. April 1970, Zl. 1359/69). Wenn die Behörde den Ausführungen der Partei keinen Glauben schenkt, hat sie die Gründe dieser Beweiswürdigung im Bescheid auszuführen (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1948, Zl. 713/48, Slg. Nr. 606/A). Aus dem Umstand, daß eine Tatsache der Behörde allenfalls offenkundig ist, folgt noch nicht, daß sie es auch der Partei sein muß, und ihre Anführung in der Begründung darf nur unterlassen werden, wenn die Tatsache der Partei offenkundig angesehen werden kann (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1929, Zl. A 525/29, Slg. Nr. 15902/A). Auch Ermessensentscheidungen unterliegen der Begründungspflicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juni 1962, Zlen. 2391, 2392/59, Slg. N. F. Nr. 5817/A).

Aus der oben zitierten Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nun in Übereinstimmung mit dem Vorbringen in der Beschwerde, daß die belangte Behörde jedenfalls die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen in keiner Weise anführte. Bereits dieser Begründungsmangel erschwerte nicht nur der Beschwerdeführerin die Verfolgung ihrer Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof, sondern verwehrt diesem auch die Wahrnehmung seiner verfassungsrechtlichen Kontrollbefugnisse; er ist daher wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei vollständiger Erfüllung ihrer Begründungspflicht zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Selbst ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift - umso mehr die von der belangten Behörde mit ihrem Schriftsatz vom 11. August 1982 vorgelegten beiden (nach Erlassung des angefochtenen Bescheides erstatteten!) Gutachten - vermögen die fehlenden Erörterungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen.

Bereits die bisherigen Ausführungen zeigen, daß der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß dem § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Im Hinblick auf die Ausführungen der belangten Behörde in der von ihr erstatteten Gegenschrift ist jedoch zur Vermeidung von Mißverständnissen für das fortgesetzte Verfahren noch folgendes zu bemerken:

Vor der Entscheidung hat die Behörde der Partei in förmlicher Weise Gelegenheit zur Stellungnahme zu den als wesentlich angesehenen sachverhaltsbezogenen Einzelheiten zu geben. Diese Gelegenheit zur Stellungnahme erfordert die Gestaltung des Vorganges in einer Weise, die der Partei jeweils nicht nur seine Bedeutung zum Bewußtsein bringt, sondern ihr auch die Möglichkeit der Überlegung und entsprechenden Formulierung ihrer Stellungnahme bietet (siehe die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 1979, Zl. 1085/78, vom 27. März 1980, Zl. 58/79, und vom 9. April 1981, Zlen. 16/0132/80, 81/16/0063). Den von der belangten Behörde vorgelegten Sitzungsprotokollen vom 21. April und 5. Mai 1982 kann eine solche Gewährung des Parteiengehörs jedenfalls nicht entnommen werden, weil selbst unter Bedachtnahme auf die als Beilage 6 zur Sitzung vom 5. Mai 1982 genannte Zusammenfassung und Präzisierung der Argumente der Beschwerdeführerin auffällt, daß sie darin zwar auf das Gutachten des Universitätsprofessors Dr. J vom 27. April 1982 eingehen konnte, offensichtlich aber nicht mehr auf das des Universitätsprofessors Dr. B vom 3. Mai 1982. In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, daß sich das im Sitzungsprotokoll vom 21. April 1982 erwähnte Gutachten des Universitätsprofessors Dr. H nicht unter den von der belangten Behörde vorgelegten Ablichtungen der Verwaltungsakten befindet. Die Angaben einer Auskunftsperson (N), ihm seien Klagen über die mangelnde Vorbereitung der Lehrveranstaltungen der Beschwerdeführerin übermittelt worden, oder die Äußerung eines Mitgliedes der Personalkommission (M), ihm sei mitgeteilt worden, die Beschwerdeführerin habe ihre Lehrveranstaltungen unvorbereitet abgehalten, hätte die belangte Behörde jedenfalls zum Anlaß nehmen müssen, weitere Ermittlungen zu versuchen, ob diese Mitteilungen gemacht worden seien, wer sie gemacht habe und wie weit ihnen konkrete Beobachtungen zugrunde gelegen seien.

Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe die bei ihrer letzten Weiterbestellung am 26. Februar 1980 schriftlich festgesetzten Dienstpflichten erfüllt, wird von der belangten Behörde in der von ihr erstatteten Gegenschrift ausdrücklich als richtig bestätigt. Die belangte Behörde vertritt in diesem Zusammenhang jedoch die Auffassung, daraus lasse sich weder eine befürwortende Stellungnahme zum Weiterbestellungsantrag noch die Weiterbestellung der Beschwerdeführerin ableiten. Zu dieser Rechtsauffassung ist folgendes zu bemerken: Ein Universitätsassistent ist gemäß dem § 1 Abs. 2 des Hochschulassistentengesetzes 1962 in Verbindung mit dem § 40 Abs. 1 des Universitäts-Organisationsgesetzes Bundesbeamter, auf den die für das Dienstrecht der Bundesbeamten der allgemeinen Verwaltung jeweils geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften so weit sinngemäß Anwendung finden, als sich aus den Bestimmungen des Hochschulassistentengesetzes 1962 nichts anderes ergibt. Auf Grund des § 4 Abs. 1 des Hochschulassistentengesetzes 1962 in Verbindung mit dem § 40 Abs. 4 des Universitäts-Organisationsgesetzes hat der Universitätsassistent alle ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Es ist (eben) Pflicht der Personalkommission, die Dienstpflichten des Universitätsassistenten dem Gesetz entsprechend festzulegen.

Nicht rechtswidrig wäre die Abweisung des gegenständlichen Antrages auf Weiterbestellung zum Beispiel etwa dann, wenn in einem mängelfreien Ermittlungsverfahren etwa im Sinne der Angaben des Institutsvorstandes Universitätsprofessor Dr. P in der Sitzung vom 5. Mai 1982 festgestellt würde, daß die Weiterbestellung der Beschwerdeführerin für die Zeit vom 1. August 1980 bis 31. Juli 1982 nur im Hinblick auf ihre Erklärung, sie werde das Institut nach Ablauf dieser Bestellungsdauer verlassen, oder - wie in der Gegenschrift behauptet wird - hauptsächlich zur Ermöglichung des Abschlusses ihrer Dissertation erfolgt wäre.

Wien, am 29. November 1982

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