Rechtssatz
Das zu schädigende Recht muss nicht ein Vermögensrecht betreffen, sondern kann auch in der Schädigung eines konkreten öffentlichen Rechtes bestehen, worunter auch die Vereitelung einer bestimmten in der Rechtsordnung festgelegten staatlichen Maßnahme zu verstehen ist, wenn damit der bestimmte Zweck beeinträchtigt werden soll, den der Staat mit der Erlassung der dieser Maßnahme zugrundeliegenden Vorschrift erreichen will.
9 Os 16/78 | OGH | 02.10.1978 |
Veröff: EvBl 1979/82 S 243 = SSt 49/48 |
12 Os 95/78 | OGH | 14.12.1978 |
Ähnlich; Beisatz: Sowohl die Hintanhaltung einer Maßnahme als auch die rechtswidrige Vornahme eines - nicht bloß unbedeutenden - Eingriffes in konkrete Hoheitsrechte. (T1) <br/>Veröff: SSt 49/65 = ZVR 1979/236 S 282 |
12 Os 185/85 | OGH | 20.02.1986 |
Vgl auch; Beisatz: Durchführung eines Freihandverkaufs anstelle des richterlich angeordneten Versteigerungsverfahrens. (T2) <br/>Veröff: SSt 57/11 |
9 Os 7/86 | OGH | 15.10.1986 |
Ähnlich; Veröff: EvBl 1987/46 S 179 = SSt 57/75 |
11 Os 151/87 | OGH | 09.02.1988 |
Veröff: SSt 59/9 = EvBl 1988/104 S 467 |
12 Os 116/88 | OGH | 13.10.1988 |
Beisatz: Der staatliche Anspruch auf Vornahme effizienter betrieblicher Kontrollen durch den Bundeskellereiinspektor (Ausübung der Weinaufsicht im Sinne der §§ 25 ff WeinG 1961) entspricht den Kriterien eines derartigen konkreten Rechtes. (T3) |
16 Os 8/92 | OGH | 08.05.1992 |
Beisatz: Diese Voraussetzung trifft auch auf die Vereitelung konkreter in Verfahrensbestimmungen verankerter Rechte zu, so auf das staatliche Recht auf Präklusion verspäteter Anträge; auf die materielle Richtigkeit der Erledigung (in Ansehung des Grundanspruches) kommt es nicht an. (T5) |
11 Os 176/98 | OGH | 27.04.1999 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Einschreiten als Bauamtsleiter und Amtssachverständiger. (T6) |
11 Os 125/99 | OGH | 14.03.2000 |
Vgl auch; Beis wie T6; Beisatz: Das Recht auf gesetzmäßige Verwaltungsrechtspflege in einem unvoreingenommen geführten Verfahren ist ein unverzichtbares Recht (Rechtsgut der Allgemeinheit), über das weder ein Bürgermeister noch der Gemeinderat disponieren kann. (T7) |
12 Os 88/00 | OGH | 21.09.2000 |
Auch; Beisatz: Hier: Der mehrfache Verstoß gegen die bei der Diensteinteilung von Grenzorganen zwingend zu beachtenden spezifischen Auswahlkriterien, die eine wegen der Qualifikation der damit betrauten Organwalter effiziente staatliche Zollaufsicht sicherstellen sollen. (T8) |
12 Os 137/00 | OGH | 30.11.2000 |
Beisatz: Hier: Die Überlassung von Videokassetten an einen Strafgefangenen ohne - nach den analog anzuwendenden Bestimmungen der §§ 60, 62 und 64 StVG zur Sicherung eines geordneten Strafvollzugs unabdingbare - Prüfung, ob davon eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt, des erzieherischen Zwecks der Strafe oder ein Missbrauch zu befürchten ist. (T9) |
12 Os 97/02 | OGH | 07.11.2002 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Missachtung der im Falle einer Befangenheit zu beachtenden Vorschriften. (T10) |
11 Os 96/05k | OGH | 15.11.2005 |
Vgl auch; Beisatz: Der Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf Durchführung eines Verfahrens entsprechend den prozessualen Vorschriften zu schädigen, genügt nach ständiger Judikatur (bei Vorliegen auch der übrigen Tatbestandsmerkmale) für den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt. (T11) |
14 Os 73/07b | OGH | 28.08.2007 |
nur: Unter Schädigung eines konkreten öffentlichen Rechtes ist die Vereitelung einer bestimmten in der Rechtsordnung festgelegten staatlichen Maßnahme zu verstehen, wenn damit der bestimmte Zweck beeinträchtigt werden soll, den der Staat mit der Erlassung der dieser Maßnahme zugrundeliegenden Vorschrift erreichen will. (T12) |
11 Os 42/11b | OGH | 14.04.2011 |
Vgl; Beisatz: Hier: Auch Übergehung von gebührenrechtlichen Verfahrensvorschriften. (T13) |
13 Os 99/11z | OGH | 13.10.2011 |
Auch; Beisatz: § 302 Abs 1 StGB verlangt (ua), dass der Täter mit dem Vorsatz handelt, einen anderen an seinen Rechten zu schädigen. Steht dabei ein öffentliches Recht in Rede, ist es nach ständiger Judikatur und dem überwiegenden Teil der Lehre erforderlich, dass sich der Schädigungsvorsatz darauf bezieht, jenen Zweck zu beeinträchtigen, den der Staat mit der Erlassung der jeweiligen Vorschrift erreichen will. Soweit ein Teil der Lehre diesbezüglich einwendet, diese Sicht führe dazu, dass in Bezug auf öffentliche Rechte jeder wissentliche Befugnismissbrauch mit Schädigungsvorsatz erfolge, weil hinter jeder Rechtsvorschrift ein Zweck stehe (Bertel in WK-StGB - 2 § 302 Rz 93; Kienapfel/Schmoller, StudB BT III² § 302 Rz 59), wird übersehen, dass nicht auf das objektive Verhältnis zwischen der verletzten Ordnungsvorschrift und deren Zweck, sondern auf die subjektive Tatseite abzustellen ist. (T14) |
17 Os 10/12t | OGH | 02.10.2012 |
Vgl; Beisatz: Bei dem vom Vorsatz des Täters erfassten Recht muss es sich stets um ein konkretes handeln. Das hier angenommene Recht des Staats auf „ordnungsgemäße Vollziehung der das Melde‑ sowie das Ausländerbeschäftigungswesen regelnden Bestimmungen“ reicht als solches mangels Konkretisierung nicht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Vorsatz (auch) die Vereitelung eines bestimmten Zwecks der verletzten Bestimmungen umfasst. (T15) |
17 Os 21/12k | OGH | 25.02.2013 |
Vgl; Beisatz: Recht der Republik auf ordnungsgemäße Überprüfung der Sicherheitskontrollen am Flughafen ist ein konkretes Recht. (T16) |
17 Os 8/13z | OGH | 30.09.2013 |
Vgl auch; Beisatz: Beim Verständigungszettel „Lager Nr. 127“ handelt es sich um eine Information, die ausschließlich der Benachrichtigung des straßenverkehrsrechtlich beanstandeten Lenkers dient. Besteht aber die Funktion des Verständigungszettels „Lager Nr. 127“ gerade nicht in der Unterstützung gezielter Strafverfolgung (indem etwa im Sinn von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit staatlicher Verwaltung weitere, denselben Sachverhalt betreffende Anzeigen unterbunden werden sollen), kommt ein Vorsatz „dadurch“, also durch den Fehlgebrauch der Befugnis über die Ausstellung eines solchen Verständigungszettels zu entscheiden, den Staat in seinem Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, nicht in Betracht. (T17) |
17 Os 21/15i | OGH | 14.12.2015 |
Auch; Beisatz: Bei der Erlassung von raumordnungsrechtlichen Verordnungen kommt Missbrauch der Amtsgewalt (vor allem) dann in Betracht, wenn der Schädigungsvorsatz die Vereitelung von (in Gesetz oder Verordnung normierten) Raumordnungsgrundsätzen oder -zielen als Schutzzweck der durch (vorsätzlichen) Fehlgebrauch verletzten Vorschrift erfasst (hier zum Bgld. RaumplanungsG; vgl schon 17 Os 11/15v zum Oö. RaumordnungsG). (T18) |
17 Os 2/16x | OGH | 06.06.2016 |
Auch; Beisatz: Hier: Zum Schutzzweck der §§ 24, 24a KFG (Prüfung von Fahrtschreibern, digitalen Kontrollgeräten und Geschwindigkeitsbegrenzern). (T19) |
14 Os 78/19f | OGH | 07.10.2019 |
Vgl; Beisatz: Hier: Der staatliche Anspruch auf Erreichung des von § 19 SPG verfolgten Zwecks (Menschen bei Gefährdung nach den dort normierten Kriterien die erforderliche Hilfe zukommen zu lassen) stellt einen tauglichen Bezugspunkt des Schädigungsvorsatzes dar. (T20) |
14 Os 104/22h | OGH | 24.01.2023 |
Vgl; Beisatz: Hier: Das Recht des Staates auf Richtigkeit der Zulassungsevidenz. (T21) |
14 Os 7/24x | OGH | 20.02.2024 |
vgl; Beisatz: Hier: Im Zusammenhang mit befugnismissbräuchlicher Nichteinhaltung einschlägiger Vorschriften bei einer rituellen Schächtung durch den amtlichen Tierarzt. (T22) |
Dokumentnummer
JJR_19781002_OGH0002_0090OS00016_7800000_003
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