OGH 9Os16/78

OGH9Os16/782.10.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer, in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A und andere wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von dem Angeklagten Leopold B gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 9. September 1977, GZ. 14 Vr 236/

75-59, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Friedrich A, Leopold B, Adolf C, Hermann Josef D, Franz E und Emmerich F nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie Anhörung der Ausführungen der Verteidiger Dr. Holter und Dr. Hochleitner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Ausspruch gemäß § 263 Abs. 2 StPO als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

I. Friedrich A ist schuldig, in der Zeit von Anfang Jänner 1970 bis März 1974 in Grieskirchen als Beamter der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen mit dem Vorsatz, dadurch den Staat und den Getreidewirtschaftsfonds an dem Recht auf mühlenseitige Abgabe von bewirtschaftetem Brotmehl im Detailverkauf nur an bezugsberechtigte Personen beziehungsweise auf Rückforderung von gewährten Stützungsbeträgen und Einforderung von Vermahlungsabgaben im Falle der Abgabe an nicht Bezugsberechtigte zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht zu haben, daß er für insgesamt 127.077 kg Brotmehl fingierte Brotmehlbedarfsnachweise ausstellte und falsche Meldungen erstattete;

II. Leopold B, Adolf C, Hermann Josef D, Franz E und Emmerich F sind schuldig, in der Zeit von Anfang Jänner 1970 bis März 1974 in Grieskirchen und Umgebung den Friedrich A zur Ausführung der unter Punkt I./ angeführten Tat dadurch vorsätzlich bestimmt zu haben, daß sie ihn ersuchten und veranlaßten, fingierte Brotmehlbedarfsnachweise auszustellen, und zwar a) Leopold B für

54.115 kg Brotmehl, b) Adolf C für 10.690 kg Brotmehl, c) Hermann Josef D für 31.902 kg Brotmehl, d) Franz E für 6.30 kg Brotmehl und

e) Emmerich F für 24.070 kg Brotmehl.

Es haben hiedurch begangen Friedrich A zu I. das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 2 StGB, Lepold B, Adolf C, Hermann Josef D, Franz E und Emmerich F zu II.

das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt in der Form der Bestimmungstäterschaft nach § 12, 302 Abs. 1

StGB und sie werden hiefür nach § 302 Abs. 1 StGB verurteilt, und zwar Friedrich A zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten und die übrigen Angeklagten gemäß § 37 StGB zu Geldstrafen, und zwar Leopold B zu 360 (dreihundertsechzig) Tagessätzen zu je S 500,-- (fünfhundert Schilling), Adolf C zu 200 (zweihundert) Tagessätzen zu je S 150,-- (hundertfünfzig Schilling), Hermann Josef D zu 300 (dreihundert) Tagessätzen zu je S 200

(zweihundert Schilling), Franz E zu 200 (zweihundert) Tagessätzen zu je S 120,-- (hundertzwanzig Schilling) und Emmerich F zu 300 (dreihundert) Tagessätzen zu je S 200,-- (zweihundert Schilling). Für den Fall der Uneinbringlichkeit werden die Ersatzfreiheitsstrafen bestimmt: bei Lepold B mit 180 (hundertachtzig) Tagen, bei Adolf C mit 100 (hundert) Tagen, bei Hermann Josef D mit 150 (hundertfünfzig) Tagen, bei Franz E mit 100 (hundert) Tagen und bei Emmerich F mit 150 (hundertfünfzig) Tagen. Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wird die über den Angeklagten A verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Ausspruch über den Ersatz der Kosten des Strafverfahrens wird aus dem Ersturteil übernommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Leopold B wird, soweit sie ziffernmäßig die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit. a StPO geltend macht, verworfen; im übrigen wird der Angeklagte Leopold B mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, nämlich insoweit sich diese auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 (der Sache nach Z 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO stützt, auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 31. Dezember 1918 geborene Fachinspektor der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen Friedrich A des Vergehens der falschen Beurkundung im Amt nach § 311 StGB, sowie die Müllermeister Leopold B, geboren am 11. Juli 1922, Adolf C, geboren am 10. März 1938, Hermann Josef D, geboren am 24. September 1924, Franz E, geboren am 25. Juni 1913, und Emmerich F, geboren am 20. September 1912, des Vergehens der falschen Beurkundung im Amt als Beteiligte nach § 12, 311 StGB schuldig erkannt.

Das Erstgericht ging dabei von folgender Sach- und Rechtslage aus:

Nach einer vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft auf Grund des (entgegen der Meinung des Erstgerichtes auch derzeit noch geltenden - vgl. BGBl. 1974/

810, 1976/298) § 5 LebensmittelbewirtschaftungsG 1952 (LBG 1952), BGBl. 183/52, erlassenen Verordnung, der sogenannten (in der I vom 29. Dezember 1956

kundgemachten) Anordnung 109 betreffend Brotgetreide (in der durch die Anordnungen 115, 127 /128/ und 129 geänderten Fassung - vgl. Farnleitner-Straberger, Österreichisches Preis- und Marktordnungsrecht2, S. 56 ff), dürfen Mühlen Brotmehl (Weizenbrotmehl bzw. Roggenmehl) nur an die mit Brotmehl handelnden Betriebe (Mehlgroßhandelsbetriebe) oder an Brotbackbetriebe liefern; ferner darf Brotmehl gegen Vorlage eines Bedarfsnachweises an Personen abgegeben werden, die bis zum Inkrafttreten dieser Anordnung wiederholt Brot für den eigenen Bedarf aus zugekauftem Mehl selbst hergestellt haben, oder durch Backbetriebe haben herstellen lassen, soweit sie sich nicht mit Brotgetreide aus der eigenen Ernte versorgen können (§ 9 Abs. 1 bis 3 der genannten Anordnung). Die Bedarfsnachweise werden (sofern als Antragsteller nicht eine Anstalt in Betracht kommt) von der Bezirksverwaltungsbehörde oder den Gemeinden auf Antrag des Haushaltsvorstandes ausgestellt und enthalten Namen und Anschrift des Antragstellers, die Anzahl der bezugsberechtigten Personen, die Menge an Brotmehl (Menge pro Kopf und Gesamtmenge) sowie die Angabe der Monate, für die der Bedarfsnachweis gilt (§ 10 Abs. 2 der Anordnung). Vor der - jeweils für drei Monate und in zweifacher Ausfertigung zu erfolgenden - Ausstellung des Bedarfsnachweises hat der ausstellende Beamte zu prüfen, ob die Voraussetzungen gemäß § 9 der Anordnung gegeben sind und ob die beantragte Menge an Brotmehl der Anzahl der bezugsberechtigten Personen entspricht (§ 10 Abs. 3 der Anordnung). Bei Bezug der auf dem Bedarfsnachweis angeführten Menge an Brotmehl ist der Bedarfsnachweis sodann vom Verkäufer zu entwerten und samt anhängender Durchschrift einzuziehen; Handelsmühlen sind verpflichtet, der monatlichen Mühlenmeldung das Original des Bedarfsnachweises anzuschließen und die Durchschrift in ihrem Betrieb aufzubewahren (§ 12 der Anordnung 109). Die Gemeinden wiederum haben (nach der vom Erstgericht festgestellten Praxis) die von ihnen bewilligten Bedarfsnachweismengen an die Bezirksverwaltungsbehörde und diese schließlich die von ihr und von den Gemeinden des Bezirks pro Quartal bewilligten Bedarfsnachweismengen dem Amte der Landesregierung zu melden, welches seinerseits dann entsprechende Meldungen an den Getreidewirtschaftsfonds durchführt. Im Rahmen der Getreidebewirtschaftung gewährt der Staat über den Getreidewirtschaftsfonds Subventionen in Form einer Getreidepreisstützung sowie eines Vermahlungszuschusses bei Vermahlung von Roggen und erhält eine Vermahlungsabgabe bei Vermahlung von Weizen. Auf Grund der Mühlenmeldungen zahlt daher der Getreidewirtschaftsfonds an die Müller die Getreidepreisstützung und den Vermahlungszuschuß und behält von ihnen bei Vermahlung von Weizen die Vermahlungsabgabe ein. Gemäß § 35 Abs. 2 MarktordnungsG 1967 (MOG 1967), BGBl. 1968/36, hat der Fonds jedoch Unternehmen, die Mahlerzeugnisse entgegen den Bestimmungen des Absatzes 1 (leg.cit.) - wonach Mahlerzeugnisse, die aus Getreide hergestellt werden, für das aus Bundesmitteln Stützungsbeträge gewährt werden oder für das der Fonds Ausgleichszuschüsse zu geben oder Ausgleichsbeträge zu fordern hat, nur für Zwecke der menschlichen Ernährung abgegeben und verwendet werden dürfen - oder ohne Bedarfsnachweis weitergeben oder verwenden, den Rückersatz der hiefür aus Bundesmitteln gewährten Stützungsbeträge durch Bescheid aufzutragen. Desgleichen ist der Fonds berechtigt, in diesen Fällen bei Roggenmehl den gewährten Vermahlungszuschuß durch Bescheid rückzufordern und bei Weizenbrotmehl den Betrag, der auf Grundlage einer dieser Mehlmenge entsprechenden Roggenvermahlung zu errechnen ist, mit Bescheid zur Zahlung vorzuschreiben. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen traten nun die Angeklagten Leopold B, Adolf C, Hermann Josef D, Franz E und Emmerich F Ende der 60iger Jahre an den Angeklagten Friedrich A mit dem Ersuchen heran, für sie Brotmehlbedarfsnachweise auszustellen, weil die Gemeinden nicht mehr so viele Brotmehlbedarfsnachweise wie früher ausstellten. Zu diesem Zweck sollte Friedrich A Namen aus alten Antragsformularen der jeweiligen Einzugsgemeinden der Mühlen heranziehen und die ihm seitens der Müller bekanntgegebenen Fehlmengen an Brotmehl auf diese Haushalte mengenmäßig aufteilen. Dieser Aufforderung kam der Angeklagte A nach, wobei er überdies aus alten Gemeindesammellisten oder aus Listen, die ihm einige Müller überließen, die Namen von Beziehern entnahm, und stellte, wie sich schließlich anläßlich von Prüfungen durch Organe des Getreidewirtschaftsfonds bei den betroffenen Müllereibetrieben herausstellte, in der Zeit von Anfang Jänner 1970

bis März 1974 fingierte Bedarfsnachweise, und zwar für Leopold B über eine Menge von 54.115 kg Brotmehl, für Adolf C über 10.690 kg Brotmehl, für Hermann Josef D über 31.902 kg Brotmehl, für Franz E über 6.300 kg Brotmehl und für Emmerich F über 24.070 kg Brotmehl aus; diese lauteten auf Personen, die teils nie Kunden irgendeines Müllers, teils unbekannt oder verstorben oder sogenannte 'Doppelbezieher' waren. Die Bedarfsnachweise schlossen die genannten Müller ihren Mühlenmeldungen zur Abdeckung der Fehlmengen, die sie ohne Bedarfsnachweise verkauft hatten, an. Friedrich A 'frisierte' seinerseits die von ihm an die Landesregierung zu erstattenden Meldungen.

Der Angeklagte A mißachtete hiebei aus Gefälligkeit wissentlich, wenngleich ohne Vorteil für sich und ohne einen auf Schädigung fremden Vermögens gerichteten Vorsatz, die ihm bekannten Vorschriften der Anordnung Nr. 109, indem er ohne Antrag und überprüfung Bedarfsnachweise auf Grund bloßer Mengenangaben ausstellte, fingierte Namen heranzog und die so ausgestellten Bedarfsnachweise den betreffenden Müllern direkt zukommen ließ (Bd V S 441, 443 d. A). Von diesen Falschbeurkundungen wußten auch die Angeklagten B, C, D, E und F und wollten dies auch, weil sie die Bedarfsnachweise für die Verrechnung mit dem Fonds brauchten, um einer 'Bestrafung' - gemeint:

einer Rückerstattung der staatlichen Getreidepreisstützung und des Vermahlungszuschusses - zu entgehen (Bd V S 443, 496 d. A). Auf Grund der Verfahrensergebnisse gelangte das Erstgericht (zunächst) zur Annahme, daß die Angeklagten nur nebulose Vorstellungen über die wirtschaftliche Bedeutung der Bedarfsnachweise hatten und der Meinung waren, daß diese ein Relikt der Nachkriegswirtschaft seien und nur noch statistischen Zwecken dienen, weshalb es ihrer Vorstellung nach gleichgültig gewesen sei, welche Personen in dem Bedarfsnachweis aufscheinen, soferne nur die darin ausgewiesenen Brotmehlmengen stimmen und diese an Personen abgegeben werden, die selber backen oder backen lassen. In der Folge wurden sodann diese Feststellungen (vorerst) in Ansehung des Angeklagten A dahin erweitert, daß dieser sich auch des hinter den Bedarfsnachweisen stehenden Stützungswesens bewußt war (Bd V S 442 d. A). Zwar wird ihm an jener Stelle der Entscheidungsgründe noch immer zugebilligt, er habe - wegen der Undurchschaubarkeit der betreffenden Zusammenhänge - der Meinung sein können, daß dem Zweck der Anordnung Nr. 109 schon dann Genüge getan werde, wenn die in den (fingierten) Bedarfsnachweisen angegebenen Brotmehlmengen mit den von Müllern ohne solche Nachweise an Personen, die einen Anspruch auf solche gehabt hatten, abgegebenen Mengen übereinstimmen.

Auch den Müllern selbst billigt das Gericht eine derartige Auffassung zu (Bd V S 443 d. A), erwähnt allerdings zugleich, es sei ihnen (ebenso wie dem A) bekannt gewesen, daß man 'bestraft' werde, wenn man keine Bedarfsnachweise vorlege, und sie (was auch A bekannt war) die Bedarfsnachweise für den Fonds brauchten, um einer (in der Erstattung der Stützungsbeträge und Zuschüsse bestehenden) 'Bestrafung' zu entgehen (Bd V S 443 d. A, insbesonders unten). In Verbindung damit wird klargestellt, daß die 'nebulosen' Vorstellungen sich (also) keineswegs bloß auf den (vermeintlichen) 'statistischen Charakter', sondern auch auf die Sanktion der Nichtvorlage der Bedarfsnachweise (nach den Urteilsgründen im Zusammenhang mithin auch auf den 'Straf-' oder 'Erstattungscharakter' des Rückersatzes) bezogen und sowohl der ausdrücklich genannte Landesbeamte A, als auch die anderen Angeklagten, hinsichtlich deren das Urteil ja davon ausgeht, daß sie sich das Gleiche vorstellten, irgendeine mögliche Schädigung des Staates in einem betreffenden Anspruch in Kauf nahmen (Bd V S 444

d. A letzter Satz; vgl. auch die Wiedergabe der Verantwortung der Angeklagten - vor allem bei der Gendarmerie -

im Urteil und zwar A insbes. S 456 bis 459, B S 469, C S 478 f, D S 482-483, E S 487 und F S 492/jeweils Bd V d. A).

Schließlich spricht das Urteil nochmals zusammenfassend aus, daß allen Angeklagten das Wissen um die finanziellen Folgen eigen war, die mit der Nichtvorlage von Bedarfsnachweisen verbunden sind - und diese nur verschieden gedeutet wurden: 'Strafe von 1,32 bis 1,35 Schilling', 'Ordnungsstrafe', 'Strafe von so und soviel' und 'dergleichen' - (Bd V S 496 d. A unten; siehe ferner mit Bezug auf A auch noch die späteren Ausführungen des Urteils, wonach der Genannte 'wußte, daß die Bedarfsnachweise in irgendeiner Form mit dem Stützungswesen in der Getreidewirtschaft im Zusammenhang stehen, wobei auch einmal von 1,32 S pro Kilogramm Brotmehl die Rede war' - Bd V S 511

d. A). Daß mit fingierten Bedarfsnachweisen Brotmehl an einen Personenkreis abgegeben wurde, der nicht vom § 9 Abs. 2 der Anordnung Nr. 109 erfaßt ist, in welchem Fall dem Staat durch Ausbezahlung von nicht gebührenden Stützungsbeträgen ein finanzieller Schaden entstanden wäre, wurde vom Erstgericht nicht als erwiesen angenommen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht - zusammengefaßt dargestellt - die Auffassung, daß durch die Ausstellung namensfingierter Bedarfsnachweise, welche dem Fonds gegenüber dieselbe rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung wie inhaltlich richtige Bedarfsnachweise und demnach auch keinen Rückerstattungsanspruch gemäß § 35 Abs. 2 MOG 1967 zur Folge gehabt hätten, der mit diesen verbundene Bewirtschaftungszweck nicht beeinträchtigt worden sei und die Angeklagten den Staat weder in einem Vermögensrecht noch sonst in einem konkreten Recht schädigen wollten. Verletzt worden sei nur der (abstrakte) Anspruch des Staates auf wahrheitsgemäße Ausstellung einer öffentlichen Beweiszwecken dienenden Urkunde. Das Erstgericht beurteilte daher das Tatverhalten der Angeklagten nicht als Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB, sondern lediglich als Vergehen der falschen Beurkundung im Amt nach § 311 StGB bzw. als Beteiligung an diesem Delikt (§ 12 zweiter und dritter Anwendungsfall StGB). Es gelangte sohin zu den eingangs erwähnten Schuldsprüchen; soweit den Angeklagten A, B, D und F von der Anklagebehörde neben dem Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt das tateinheitlich begangene Verbrechen des schweren (außer bei A auch) gewerbsmäßigen Betruges zur Last gelegt wurde, fällte es einen (formell unrichtigen) Freispruch. Ein Freispruch erging schließlich auch bezüglich des nur B betreffenden Anklagevorwurfs in Richtung des § 2 Abs. 2 PreistreibereiG. Dieses in seinem freisprechenden Teil und seitens der Angeklagten A, C, D, E und F unangefochten gebliebene Urteil wird vom Angeklagten Leopold B und von der Staatsanwaltschaft in Ansehung sämtlicher Angeklagter mit Nichtigkeitsbeschwerden bekämpft.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Leopold B:

Diese Nichtigkeitsbeschwerde stützt sich ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 9 lit. a und 10 StPO. Eine den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichende Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Vernehmung des Zeugen Dipl.Ing. J, durch dessen Aussage bewiesen werden sollte, daß Minderabdeckungen mit Bedarfsnachweisen vom Getreidewirtschaftsfonds zum Teil gänzlich toleriert, mit den fallweisen an die betreffenden Müller ergangenen Aufforderungen zur Nachbringung solcher Bedarfsnachweise keinerlei Sanktionen angedroht und nach Fristablauf wiederholt keine derartigen Sanktionen verhängt worden seien, die Kontrolle des Getreidewirtschaftsfonds gegenüber den Backbetrieben mithin seit Jahren nicht mehr gehandhabt worden sei und die Bäckermeldungen daher nur mehr statistischen Zwecken gedient hätten (Bd V S 349 f d. A).

Rechtliche Beurteilung

Das Vorliegen all dieser Umstände hat das Schöffengericht indes ohnehin zu Gunsten der Angeklagten als erwiesen angenommen und seiner Entscheidung zugrundegelegt (Bd V S 442 f, 502, 504, 505 d. A). Durch die Abstandnahme von der begehrten Beweisaufnahme kann sich der Beschwerdeführer daher nicht mit Grund für beschwert erachten.

Inwiefern diesen vom Erstgericht festgestellten Tatsachen aber für die rechtliche Beurteilung des Tatverhaltens der Angeklagten (in Richtung eines Mißbrauchs der Amtsgewalt) Bedeutung zukommt, wird bei Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft erörtert werden.

Soweit in der Verfahrensrüge außerdem geltend gemacht wird, der Zeuge Dipl.Ing. J hätte auf Grund der Kenntnis des Betriebes und der Persönlichkeit des Beschwerdeführers bekunden können, daß diesem die Verleitung eines Beamten zu einem unkorrekten Verhalten nicht zuzutrauen sei (Bd V, S 548 d. A) fehlt es schon an der formellen Voraussetzung eines konformen, sich auch auf dieses Beweisthema beziehenden Antrages in der Hauptverhandlung.

Im übrigen liefe ein solcher Antrag, wäre er gestellt worden, auf das Begehren nach Vernehmung eines bloßen Leumundszeugen zur Bewertung der ausschließlich vom Schöffengericht in freier Beweiswürdigung zu beurteilenden Glaubwürdigkeit der (auch eine Bestimmung des Friedrich A zu einer Falschbeurkundung leugnenden) Verantwortung des Angeklagten B hinaus; ein derartiger Leumundsbeweis wäre aber nur unter besonderen, hier jedenfalls nicht gegebenen Umständen zulässig (vgl. EvBl. 1970/106 u.a.).

Die Verfahrensrüge ist demnach unbegründet.

Zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO bezeichnet der Beschwerdeführer das Urteil in mehrfacher Richtung als im Ausspruch über entscheidungswesentliche Umstände offenbar nur unzureichend, widersprüchlich und unvollständig begründet.

Die Mängelrüge versagt.

Zur entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellung, der Angeklagte B habe Friedrich A durch das Ersuchen, bei Ausstellung von Bedarfsnachweisen Namen aus früheren Antragsformularen, Gemeindelisten oder Eigenlisten zu verwenden, dazu bestimmt, in einer Vielzahl von Fällen Bedarfsnachweise ohne Anträge von Brotmehlbeziehern und ohne Prüfung der Bezugsberechtigung auszustellen, und darin fingierte Namen von Bezugsberechtigten einzusetzen, gelangte das Erstgericht im wesentlichen auf Grund der Angaben des Angeklagten A bei seinen Einvernahmen durch seinen Dienstvorgesetzten Hofrat Dr. Johann K und durch den Leiter der Agrarabteilung der Oberösterreichischen Landesregierung Dr. Franz L (Bd V S 507, 508 d. A). Warum es diesen aus eigenem Antrieb ohne Drängen und Vorhalte gemachten Angaben des Angeklagten A Glauben geschenkt, seine anderslautende spätere Darstellung sowie die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers und der übrigen Angeklagten dagegen als bloße Schutzbehauptung abgelehnt hat, wird in den Urteilsgründen in schlüssiger Weise dargelegt (Bd V S 507 ff d. A), wobei das Erstgericht auch den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstand, er habe sich im Gegensatz zu den übrigen Angeklagten im wesentlichen widerspruchsfrei verantwortet, im Urteil ausdrücklich erwähnte (Bd V, S 475 d. A). Mit der hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Beweiskraft positiven Beurteilung von Ergebnissen des Vorverfahrens - in dem der Angeklagte A unter anderem deponierte, fingierte Brotbedarfsnachweise auch über Ersuchen des Angeklagten B ausgestellt zu haben (Bd I S 367, Bd II S 816 u. 847 d. A) - steht durchaus nicht im Widerspruch, wenn das Erstgericht vermeint, daß die erhebenden Behörden und Organe im Vorverfahren selbst von unrichtigen rechtlichen Voraussetzungen (über die rechtliche Natur des Bedarfsnachweises) ausgingen, da ein solcher Rechtsirrtum seitens der vernehmenden Beamten eine richtige Erfassung des den Gegenstand der Vernehmungen bildenden Sachverhaltes in tatsächlicher Hinsicht keineswegs ausschließt. Den Beschwerdeausführungen zuwider hat sich das Erstgericht auch mit der Frage befaßt, warum der Angeklagte A seitens der Mitangeklagten dazu bestimmt wurde, fingierte Brotmehlbedarfsnachweise ohne Anträge der Brotmehlbezieher und Prüfung der Bezugsberechtigung auszustellen und als ein jedenfalls auch auf den Angeklagten B zutreffendes Tatmotiv angeführt, daß die Gemeinden nicht mehr so viel Brotmehlbedarfsnachweise ausgestellt hätten wie früher (vgl. Bd V S 431, 443 d.

A). Aus all diesen Gründen konnte das Erstgericht auf Grund der Verfahrensergebnisse ohne Verstoß gegen die Gesetze der Logik zu dem Ergebnis gelangen, daß (auch) der Angeklagte B die Falschbeurkundungen durch A in Ansehung der gegenständlichen Bedarfsnachweise vorsätzlich veranlaßt hat.

Dem Beschwerdeeinwand, das angefochtene Urteil sei im bezüglichen Schuldspruch unvollständig begründet, weil darin die Aussagen der im Vorverfahren vernommenen Zeugen Elisabeth M (Bd. II S 91 d. A), Josef N (Bd III S 351, Bd IV S 13 d. A), Josef O (Bd III S 421, Bd IV S 9 d. A) und Josef P (Bd II S 453, Bd. IV S 11 d. A), denen zufolge im Betrieb des Angeklagten B kein Brotmehl ohne Bedarfsnachweis verabreicht worden sei, mit Stillschweigen übergangen worden seien, ist zunächst entgegenzuhalten, daß auf diese Aussagen bei der Urteilsfindung und Urteilsbegründung keine Rücksicht zu nehmen war, da auf ihre Verlesung von den Parteien einverständlich verzichtet wurde und sie sohin nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren (Bd V S 193 ff, insbes. 196 d. A). Im übrigen aber läßt sich aus den bezüglichen Aussagen lediglich ableiten, daß die Zeugin M als Buchhalterin des Angeklagten Brotmehl nur gegen Vorlage eines von der jeweiligen Gemeinde oder von der Bezirkshauptmannschaft ausgestellten Bedarfsnachweise abgegeben hat und die anderen genannten Zeugen solches nur gegen Vorlage eines ordnungsgemäß ausgestellten Bedarfsnachweises bezogen haben. Hingegen läßt sich daraus nichts für die Beurteilung der entscheidenden Frage gewinnen, über wessen Veranlassung es zur Ausstellung und Verwendung namensfingierter Bedarfsnachweise gekommen ist. Dem Urteil haftet demnach auch in diesem Belange weder ein formeller Begründungsmangel, noch, wie der Beschwerdeführer insoweit auch unter ziffernmäßiger Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs. 1 Z 9

lit. a StPO darzutun versucht, ein Feststellungsmangel an. Mit seinen weitwendigen Ausführungen zur Mängelrüge vermag der Beschwerdeführer sohin nach keiner Richtung den Nachweis eines formellen Begründungsmangels im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO zu erbringen; vielmehr erschöpfen sich diese in einer unzulässigen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der unter Verwertung aller wesentlichen Verfahrensergebnisse schlüssig und zureichend begründeten freien richterlichen Beweiswürdigung nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Auf den vom Beschwerdeführer unter ziffernmäßiger Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 10

StPO, sachlich jedoch aus dem Grunde der Z 9 lit. a der zitierten Gesetzesstelle erhobenen Beschwerdeeinwand, die Unterstellung des festgestellten Sachverhaltes unter den Tatbestand des § 311 StGB verstoße gegen Grundsätze des § 61 StGB, war nicht weiter einzugehen, da das Verhalten der Angeklagten, wie im folgenden dargelegt werden wird, bei richtiger rechtlicher Beurteilung den Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB teils in der Form der Bestimmungstäterschaft nach § 12

StGB erfüllt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Staatsanwaltschaft ficht das Urteil nämlich insoferne an, als die Angeklagten bloß wegen des Vergehens nach dem § 311 StGB (bzw. der Beteiligung an diesem Delikt nach dem § 12 StGB) und nicht wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB (bzw. der Beteiligung daran nach dem § 12 StGB) verurteilt wurden. In ihrer nur auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß durch die bewußt unwahre Beurkundung der Bezugsberechtigung einer bestimmten (fingierten) Person und Feststellung des Anspruchs derselben auf eine bestimmte Bezugsmenge an Brotmehl seitens des Angeklagten A (unter Beteiligung der übrigen Angeklagten) zum Zwecke der Sicherung der Getreidebewirtschaftung und der Unterbindung einer unrechtmäßigen Verwendung von Brotmehl normierte behördliche Maßnahmen bewußt beeinträchtigt, sohin ein konkretes Recht des Staates vorsätzlich verletzt worden sei.

Außerdem sei der Staat bzw. der Getreidewirtschaftsfonds durch das Tatverhalten der Angeklagten auch in seinem Rückersatz- und Rückerstattungsanspruch nach § 35 Abs. 2

MOG 1967, also an seinem Vermögen geschädigt worden. Die Beschwerde ist begründet.

Das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB erfordert unter anderem eine tätergewollte Schädigung eines anderen, die allerdings nicht notwendig ein Vermögensrecht betreffen muß, sondern auch in der Schädigung eines anderen Rechtsgutes, insbesondere eines konkreten öffentlichen Rechtes bestehen kann. Nach ständiger Rechtsprechung ist darunter die Vereitlung einer bestimmten in der Rechtsordnung festgelegten staatlichen Maßnahme zu verstehen, wenn damit der bestimmte Zweck beeinträchtigt werden soll, den der Staat mit der Erlassung der dieser Maßnahme zugrundeliegenden Vorschrift erreichen will; die Schädigung eines bloß allgemeinen staatlichen Kontroll- oder Aufsichtsrechtes oder die Mißachtung interner Dienstvorschriften ohne Gefährdung des dahinter stehenden gesetzlichen Zwecks genügt hingegen nicht. Auf dem Gebiet der Lebensmittelbewirtschaftung hat der Gesetzgeber in den auch zur Tatzeit geltenden Vorschriften des LBG 1952 in Verbindung mit den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen Anordnungen getroffen, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eine lückenlose Bewirtschaftung von Brotmehl sichern sollen. Unter anderem ist die Ausstellung von Bedarfsnachweisen vorgesehen, die die Müller zum Abverkauf von subventioniertem Brotmehl an die darin genannten Personen berechtigen und dem Staat zum Nachweis dienen, daß von den Müllern auch im Detailverkauf, ebenso wie im (Groß-) Handel, Brotmehl nur an Berechtigte abgegeben werde, von denen angenommen werden kann, daß sie das Brotmehl dann auch tatsächlich der menschlichen Ernährung zuführen. Nach den eingangs zitierten Vorschriften haben die zuständigen Behörden (Gemeinde oder Bezirkshauptmannschaft) bei der Ausstellung von Bedarfsnachweisen zu prüfen, ob beim jeweiligen Antragsteller die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind und welche Bezugsmenge ihm zusteht; sodann haben sie zu beurkunden, daß die im amtlichen Formular des Bedarfsnachweises festgelegten und mit der Unterschrift des ausstellenden Organs und mit Amtssiegel bekräftigten Angaben den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen und gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften geprüft wurden. Dieser Vorgang stellt keinen bloßen Formalakt, sondern einen der Sicherung bestimmter öffentlicher Interessen, nämlich der Sicherung der Getreidebewirtschaftung dienenden staatlichen Vollzugsakt dar, durch den sich die Verwaltung die Gewißheit über die Abgabe von subventioniertem Brotmehl nur an bezugsberechtigte Personen verschaffen will. Durch eine bewußt unwahre Beurkundung der Prüfung der Bezugsvoraussetzungen in Ansehung einer bestimmten (tatsächlich jedoch fingierten) Person und Bestätigung des Anspruchs derselben auf eine bestimmte Bezugsmenge an Brotmehl, obwohl die betreffende, im Bedarfsnachweis genannte Person in Wirklichkeit keinen Anspruch hat, mißbraucht ein Beamter daher wissentlich sein Amt. Er handelt dabei auch mit dem Vorsatz, eine konkrete Maßnahme der Verwaltung zu vereiteln und den Staat in einem konkreten Recht zu schädigen, wenn er, wie vorliegend, in Kenntnis des Umstandes, daß der Staat hiedurch an seinem Recht auf Rückforderung jener Subventionen Schaden nehmen kann, die auf Brotmengen entfallen, welche an nicht bezugsberechtigte Personen abgegeben wurden, eine nicht stattgefundene Prüfung materieller Anspruchsvoraussetzungen einer bestimmten Person mit positivem Ergebnis vortäuscht, deren tatsächliche Durchführung dem vom Gesetz normierten, den einschlägigen Vorschriften zufolge nicht bloß in einer mengenmäßigen Erfassung der abgegebenen Brotmehlmenge bestehenden Kontrollzweck der Getreidebewirtschaftung dienen sollte. Denn es hat der Staat ein konkretes Recht darauf, daß die (ausnahmsweise) mühlenseitige Abgabe von preisgestütztem Brotmehl, welches (ebenso wie Brotgetreide) im Interesse der heimischen Produktion, zur Erhaltung der Preisstabilität und zur Vermeidung von Versorgungsstörungen bewirtschaftet ist (§ 23 Abs. 1 Marktordnungsgesetz), an eine Person, die nicht Inhaber eines Mehlgroßhandels- oder Brotbackbetriebes ist, nur bei ordnungsgemäß festgestelltem Vorliegen aller in der Anordnung 109 genannten bezüglichen Voraussetzungen und nicht auf Grund eines bloß fingierten Bedarfsnachweises, also praktisch ohne einen solchen ('schwarz') erfolgt (vgl. SSt. 42/19; EvBl. 1973/108; EvBl. 1954/14).

So gesehen ist das Verhalten des Angeklagten Friedrich A, zu dem ihn die übrigen Angeklagten vorsätzlich bestimmten, als doloser Eingriff in ein konkretes Recht des Staates zu beurteilen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang nach dem Gesagten, ob etwa das in den bezüglichen Bedarfsnachweisen aufscheinende subventionierte Brotmehl an einen Personenkreis gelangt ist, der, hätte eine behördliche Prüfung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen stattgefunden, nach den einschlägigen Bewirtschaftungsvorschriften bezugsberechtigt gewesen wäre, und ob das Brotmehl letztlich tatsächlich der menschlichen Ernährung zugeführt wurde. Ebensowenig ist von Belang, daß die Angeklagten die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Funktion des Bedarfsnachweises im Rahmen der Getreidewirtschaft nicht näher kannten; genug daran, daß sie den Urteilsfeststellungen zufolge davon Kenntnis hatten, daß die bezüglichen Bedarfsnachweise unter Mißachtung der ihnen bekannten einschlägigen und noch in Geltung stehenden Rechtsvorschriften über die Getreidebewirtschaftung ohne Antrag und Prüfung durch den ausstellenden Beamten auf fingierten Namen ausgestellt und sodann zur Abdeckung von Brotmehlfehlmengen im Detailverkauf verwendet wurden und sich überdies des hinter den Bedarfsnachweisen stehenden Stützungswesens bewußt waren (Bd V S 442 d. A). Denn es ist eine genaue juristische Kenntnis vom Inhalt des von ihnen verletzten staatlichen Rechtes nicht erforderlich. Es genügt diesbezüglich vielmehr schon eine wenn auch laienhafte Vorstellung des Täters von diesem Recht, die das Erstgericht - nach dem oben Gesagten - im Urteil mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt hat. Auch kommt es nur den zuständigen Organen der Verwaltung zu, zu entscheiden, inwieweit sie ihr im Gesetz vorgesehenes Kontrollrecht, um sich von der tatsächlichen Einhaltung der Bewirtschaftungsvorschriften zu überzeugen, in concreto ausüben; unerheblich ist, ob die staatlichen Organe tatsächlich kontrollieren, daß im Detailverkauf ab Mühle subventioniertes Brotmehl nur an bezugsberechtigte Personen abgegeben wird, und ob und inwieweit eine ausreichende, nicht nur die Brotmehlmenge, sondern auch die bezugsberechtigten Personen umfassende Kontrolle überhaupt möglich ist.

Die Angeklagten verantworten demnach Mißbrauch der Amtsgewalt (als Beteiligte gemäß § 12 StGB) schon in Ansehung des konkreten Rechtes des Staates auf mühlenseitige Abgabe von subventioniertem Brotgetreide und Brotmehl im Detailhandel nur an bezugsberechtigte Personen, sodaß der weiteren Frage, ob die Tat auch ein Vermögensrecht des Staates erfaßt hat, für die Subsumtion unter den genannten Tatbestand an sich ausschlaggebende Bedeutung nicht (mehr) zukommt.

Der Beschwerdeführerin ist jedoch auch darin beizupflichten, daß - objektiv - eine Schädigung des Staates (nicht nur in einem konkreten Recht, sondern) auch in seinem Vermögen eingetreten ist. Am Vermögen wird der Staat nämlich schon dann geschädigt, wenn jemand - sei es unter wissentlichem Mißbrauch der Befugnis eines Beamten, in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, sei es nur durch zur Täuschung staatlicher Organe bestimmte Manipulationen - eine aus öffentlichen Mitteln zu gewährende Vergütung für erbrachte Leistungen erwirkt, ohne die Formvorschriften einzuhalten, deren Beachtung im Interesse der Allgemeinheit als wesentliche Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch vorgesehen ist. Dadurch, daß der Täter eine Vergütung erlangt, ohne daß die für ihre Inanspruchnahme bestehenden formellen Voraussetzungen erfüllt sind, wird der betreffende Rechtsträger selbst dann geschädigt, wenn die Herauslockung der Vergütung deshalb erfolgt, weil der Täter ein öquivalent für eine tatsächlich erbrachte Leistung zu erlangen trachtet, bezüglich der er jedoch die Vergütungsvoraussetzungen nicht nachzuweisen vermag.

Wer demnach vorsätzlich Organe des Getreidewirtschaftsfonds durch fingierte Brotmehlbedarfsnachweise zur Auszahlung von Stützungsbeträgen und Vermahlungszuschüssen veranlaßt, die deren Empfänger nicht bzw. nicht in dem beantragten Ausmaß zustünden, schädigt dadurch den Staat an seinem Vermögen auch dann, wenn er bezweckt, mit den fingierten Bedarfsnachweisen Fehlmengen an Brotgetreide abzudecken und in der Verrechnung mit dem Getreidewirtschaftsfonds unterzubringen, für die ihm bei Vorlage inhaltlich richtiger Bedarfsnachweise oder bei Erstattung die tatsächlich vermahlten Brotmehlmengen richtig wiedergebender Mühlenmeldungen Stützungsbeträge und Vermahlungszuschüsse gewährt worden wären (EvBl. 1965/334;

RZ 1963, 102 u.a.).

Keinesfalls kann in diesem Zusammenhang der Auffassung des Erstgerichtes gefolgt werden, daß dem Getreidewirtschaftsfonds gegenüber fingierte Bedarfsnachweise dieselbe rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung hätten, wie inhaltlich richtige und demnach vorliegend ein Rückersatzanspruch des Staates gar nicht entstanden sei. Denn, wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, ist die Ausstellung eines Bedarfsnachweises an bestimmte in Ansehung einer bezugsberechtigten Person festgestellte Anspruchsvoraussetzungen, wie Anzahl der berechtigten Personen und Menge des benötigten Brotmehls gebunden.

Schon der Umstand, daß nach den einschlägigen Vorschriften gewisse Beschränkungen in der Bezugsmenge und Anspruchsvoraussetzungen einer bestimmten bezugsberechtigten Person zur Erlangung eines Bedarfsnachweises festgelegt sind, verbietet daher eine Auslegung, es komme auf den Inhalt des Bedarfsnachweises gar nicht an. Diesbezüglich nahm nun das Erstgericht in Ansehung des Angeklagten Friedrich A als erwiesen an, daß er, wiewohl er wußte, es stehe hinter dem Bedarfsnachweis das Stützungswesen und, ohne die näheren Zusammenhänge zwischen den Bedarfsnachweisen und der Getreidepreisstützung, sowie der Vermahlungszuschüsse und Vermahlungsabgaben zu kennen, sich seine Vorstellungen auch auf den Rückerstattungsanspruch des Staates bei Abgabe von Mahlprodukten ohne Bedarfsnachweis bezogen, dennoch nicht von dem Vorsatz geleitet war, den Staat auch an seinem Vermögen zu schädigen (Bd V, S 442 f d. A). Hinsichtlich der Angeklagten B, C, D, E und F stellte das Erstgericht hingegen fest, daß diese die Bedarfsnachweise verwendeten, um den finanziellen Sanktionen des Fonds bei Nichtvorlage von Bedarfsnachweisen zu entgehen (Bd V, S 443 d. A). Damit hat es aber bei den letztgenannten Angeklagten (auch) das Vorliegen eines auf Vermögensschädigung im dargelegten Sinn gerichteten Vorsatzes und somit eine vorsätzliche Vermögensschädigung des Staates bzw. des Getreidewirtschaftsfonds im Ausmaß der zu Unrecht gewährten Stützungsbeträge und Vermahlungszuschüsse (von ca. 1,35 S pro Kilogramm), welche auf die in den fingierten Bedarfsnachweisen bezeichneten Brotmengen entfallen (Bd V, S 411 und 441 d. A), bejaht. Dem kommt allerdings vorliegend im Ergebnis keine Bedeutung zu, weil diese Angeklagten durch ihre unabhängig voneinander begangenen Taten der Republik Österreich bzw. dem Getreidewirtschaftsfonds betrügerisch jeweils keinen S 100.000,--

übersteigenden Schaden zugefügt haben und sohin durch die Unterstellung der Tat unter die - gegenüber § 103 StG eindeutig mildere - Bestimmung des § 302 StGB der Schuldund Unrechtsgehalt des deliktischen Verhaltens voll erfaßt und eintätiges Zusammentreffen - wie dies in der Nichtigkeitsbeschwerde auch gar nicht beantragt wird

-

mit dem Verbrechen bzw. Vergehen des Betruges nicht anzunehmen ist. Daß die Absicht der Täter auf die wiederkehrende Begehung von in jedem einzelnen Fall, mithin jeweils für sich allein, schwere Betrugshandlungen gerichtet gewesen ist (EvBl. 1977/182; RZ 1976/129 = LSK 1976/387) hat das Erstgericht nicht festgestellt. Solche Feststellungen hätten im Hinblick auf die den einzelnen Bedarfsnachweisen jeweils zugrundeliegenden Brotmehlmengen, aus denen in keinem Fall ein 5.000 S übersteigender Schaden resultierte, bei der gegebenen Sachlage auch nicht getroffen werden können. Demnach waren in Stattgebung der von der Staatsanwaltschaft erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagte Friedrich A wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und die Angeklagten Leopold B, Adolf C, Hermann Josef D, Franz E und Emmerich F wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt als Bestimmungstäter nach § 12, 302 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen. Bei der sohin erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafen nahm der Oberste Gerichtshof bei sämtlichen Angeklagten die Wiederholung der strafbaren Handlungen während eines längeren Zeitraumes als erschwerend und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die Schadensgutmachung und das lange Zurückliegen der Straftaten, bei A überdies die zur Wahrheitsfindung beitragenden Angaben im Vorverfahren als mildernd an.

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe erachtete der Oberste Gerichtshof beim Angeklagten A die aus dem Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe für schuld- und tatangemessen. Bei den übrigen Angeklagten sah er hingegen die im § 37 Abs. 1 StGB normierten Voraussetzungen für die Verhängung von Geldstrafen an Stelle von (kurzfristigen) Freiheitsstrafen für gegeben an. Es wurden daher über sie die im Spruch angeführten Geldstrafen verhängt. Die Anzahl der Tagessätze ist unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze des § 32 StGB sowie die oben angeführten Strafzumessungsgründe schuldangemessen. Ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen des Leopold B von etwa S 25.000,-- bis S 27.000,--, des Adolf C von etwa S 10.000,-, des Hermann Josef D und des Franz E von je S 8.000,-- sowie des Emmerich F von S 12.000,--

und von Sorgepflichten des Leopold B und des Franz E für die Ehegattin, des Adolf C für Gattin und drei Kinder, des Hermann Josef D für Gattin und ein Kind, sowie des Emmerich F für Ehefrau und Mutter, wobei auch berücksichtigt wurde, daß die Angeklagten über zum Teil erheblichen Realbesitz verfügen, entspricht die Höhe der Tagessätze den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dieser Angeklagten.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen waren gemäß § 19 Abs. 3 StGB die aus dem Spruch ersichtlichen Ersatzfreiheitsstrafen festzusetzen.

Dem Angeklagten A, der sich nach den Angaben seines Vorgesetzten - abgesehen von den zeitlich doch schon länger zurückliegenden Verfehlungen - bisher als fleißiger und gewissenhafter Beamter bewährt hat, konnte der Oberste Gerichtshof die über ihn verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsehen. Hinsichtlich der übrigen Angeklagten kam jedoch eine bedingte Strafnachsicht nicht in Betracht, weil bei ihnen die spezialpräventiv erforderliche Effektivität der Strafe nur durch die Bezahlung der Geldstrafe erreicht werden kann.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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