Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ing. Johann H***** (im zweiten Rechtsgang) des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er vom 21. Juli 1993 bis Mitte 1996 in Langenzersdorf als Bauamtsleiter dieser Gemeinde, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, die Gemeinde Langenzersdorf in (richtig: an) ihrem Recht auf eine gesetzmäßige Verwaltungsrechtspflege, insbesondere in (an) ihrem konkreten öffentlichen Recht auf Feststellung der Baugenehmigungsvoraussetzungen in einem unvoreingenommen geführten Verfahren zu schädigen, seine Befugnis, im Rahmen der Gemeinde Langenzersdorf Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass er, obwohl er bei der Vornahme dieser Amtsgeschäfte befangen war, weil er für die Firma A***** *****GmbH, die als Bewilligungswerber auftrat, als Planer tätig gewesen war, sich seiner Amtsausübung nicht enthielt, seine Vertretung nicht veranlasste, als Planverfasser für den Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz zur Überprüfung der Pläne auf deren Übereinstimmung mit der niederösterreichischen Bauordnung und niederösterreichischen Bebauungsbestimmungen vornahm, an den nach der niederösterreichischen Bauordnung zwingend vorgesehenen mündlichen Verhandlungen als ebenfalls zwingend beizuziehender Amtssachverständiger der Gemeinde Langenzersdorf teilnahm und den Bürgermeister als den zur Entscheidung berufenen Organ der Gemeinde Erledigungsentwürfe für Baubewilligungen betreffend die EZ ***** der KG Langenzersdorf zur Genehmigung vorlegte, die mit den gesetzlichen Grundlagen nicht in Einklang standen und die in der Folge mit diesem rechtswidrigen Inhalt erlassen wurden, weil die Bauanträge genehmigt wurden.
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich eine auf die Z 3, 4, 5, 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie ist nicht im Recht.
Rechtliche Beurteilung
Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund (Z 3) macht der Beschwerdeführer geltend, das Erstgericht hätte im Urteilsspruch jede Konkretisierung unterlassen, welche Erledigungen mit welchen gesetzlichen Grundlagen nicht im Einklang standen.
Er übersieht dabei aber, dass der Befugnismissbrauch bereits darin besteht, dass er gleichzeitig Planverfasser und sachverständiges Überprüfungsorgan bei den Bauverhandlungen war, sowie darüber hinaus dem Bürgermeister als dem eigentlichen Entscheidungsträger die Erledigungsentwürfe vorbereitete. Auf die materielle Richtigkeit der Entscheidung kam es dabei nicht an (siehe Vorentscheidung im ersten Rechtsgang 11 Os 176/98).
Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Abweisung des Antrages auf Vernehmung des (derzeitigen Bürgermeisters) Gerhard W*****, der als Zeuge bestätigen sollte, dass der Angeklagte auch vor und nach dem gegenständlichen Verwaltungsakt mit der Planung und Überprüfung von Gebäuden für die Gemeinde Langenzersdorf von dieser beauftragt und hiefür auch gesondert honoriert wurde.
Die Rechtserheblichkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, dass die Gemeinde Langenzersdorf auf ihr Recht auf gesetzmäßige Verwaltungsrechtspflege in einem unvoreingenommen geführten Verfahren verzichtet hätte und er daher ein solches Recht gar nicht habe schädigen können.
Abgesehen davon, dass sich der Beweisantrag auf Fälle bezieht, in welchen der Angeklagte von der Gemeinde zur Planung beauftragt worden war, während im aktuellen Fall der Auftrag von privater Seite kam, handelt es sich beim genannten Recht um ein unverzichtbares Recht (Rechtsgut der Allgemeinheit), über das weder der Bürgermeister noch der Gemeinderat disponieren kann (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 3 RN 36 f). Auch ein allenfalls gesetzwidriges (wenn auch bisher noch nicht inkriminiertes) Vorgehen des Bürgermeisters kann daher weder die Tatbestandsmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Angeklagten beseitigen.
Entgegen der Rechtsansicht des Nichtigkeitswerbers betrifft das Beweisthema somit keinen für die Schuldfrage relevanten Umstand.
Auf der angeführten rechtlichen Basis ist aber auch der Mängelrüge (Z 5), die eine Unvollständigkeit darin erblickt, dass Feststellungen über das Verhalten der Gemeinde trotz vorliegender Beweisergebnisse nicht oder nicht im Sinne des Angeklagten getroffen wurden, der Boden entzogen, weil davon keine für die Entscheidung wesentlichen Tatsachen betroffen werden.
Die Rechtsrügen (Z 9 lit a und lit b) sind teils unbegründet, teils nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Wie bereits zur Verfahrensrüge angeführt können die Gemeinde oder ihre Repräsentanten auf ihr Recht auf eine gesetzmäßige Verwaltungsrechtspflege weder generell noch im Einzelfall ausdrücklich oder konkludent verzichten. Daher ist - entgegen der Beschwerde - dem Erstgericht kein Fehler bei der rechtlichen Beurteilung unterlaufen (Z 9 lit a) und es bedarf keiner weiteren Feststellungen über sonstige Aufträge der Marktgemeinde Langenzersdorf an den Angeklagten (Z 9 lit b).
Das die verschiedenen Formen des Irrtums behauptende Vorbringen übergeht insbesondere jene Konstatierungen, wonach Ing. H***** von seiner "Befangenheit" wusste, ihm die Bestimmung des § 7 AVG daher bekannt war, wegen seiner "Funktion am Gemeindeamt" auf dem von ihm gezeichneten Plänen nicht als Verfasser aufscheinen wollte, diese daher von seiner Tochter und deren Lebensgefährten übernommen und unter ihrem Namen bei der Gemeinde zur Genehmigung eingereicht wurden (US 4 f). Mangels Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt ist der materiell-rechtliche Nichtigkeitsgrund insoweit nicht prozessordnungsgemäß dargestellt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zur Gänze zu verwerfen.
Die Tatrichter verhängten über Ing. Johann H***** nach § 302 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 43 a Abs 2 StGB eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 700 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Tagen sowie darüber hinaus eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, welche sie gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsahen.
Bei der Strafzumessung werteten sie als erschwerend keinen Umstand, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und den teilweisen Beitrag zur Wahrheitsfindung.
Gegen den Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er unter Anwendung des § 41 StGB die Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden, zur Gänze bedingt nachzusehenden Freiheitsstrafe anstrebt.
Entgegen dem Berufungsvorbringen stellt das "Verhalten der Gemeinde" weder an sich einen Milderungsgrund dar noch vermag es die besonderen Milderungsgründe des § 34 Abs 1 Z 11 und (richtig:) 12 StGB zu begründen. Wie bereits zur Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt, war sich der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen des Unrechtmäßigen seines Verhaltens bewusst und hat Verschleierungshandlungen vorgenommen, sodass die geltend gemachten Umstände nicht als mildernd zu werten sind.
Die vom Erstgericht gefundene Sanktion entspricht vielmehr dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und besteht daher für eine Veränderung kein Anlass.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390 a StPO.
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