OGH 11Os96/05k

OGH11Os96/05k15.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. November 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter U***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. Mai 2005, GZ 4 Hv 55/05f-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er

in der Zeit von zumindest April 1999 bis September 2003 als Bürgermeister der Marktgemeinde T***** seine Befugnis, im Namen dieser Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mit dem Vorsatz, dadurch das Land *****, die Marktgemeinde T***** sowie die Grundstückseigentümer DI Dr. Franz F***** und Maria F***** in ihren Rechten zu schädigen, dadurch missbraucht hatte, dass er es unterlassen hatte, über

(1) die gegen den Bescheid vom 23. Juli 1997, GZ 811/6-1997/F, mit dem die Verpflichtung der Liegenschaftseigentümer DI Dr. Franz F***** und Maria F***** ausgesprochen worden war, die Abwässer ihres in der Marktgemeinde T***** gelegenen Grundstücks auf eigene Kosten über eine Hauskanalanlage in die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, am 31. Juli 1997 erhobene Berufung nach Einstellung der Erhebungstätigkeit am 18. Jänner 1999 entweder gemäß § 64a Abs 1 AVG selbst zu entscheiden oder diese dem Gemeinderat als Berufungsbehörde vorzulegen sowie

(2) den in der Berufungsschrift (Punkt 1) enthaltenen Antrag der Berufungswerber, ihnen eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung zu gewähren, zu entscheiden,

und die Akten erst aufgrund einer mit einem Devolutionsantrag verbundenen Urgenz vom 6. Juni 2003 im September oder Oktober 2003 dem Gemeinderat zur Entscheidung weitergeleitet hatte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes, indem sie behauptet, die Verletzung von Dienst- oder Verfahrensvorschriften durch einen Beamten (§ 74 Abs 1 Z 4 StGB) stelle für sich keine Schädigung iSd § 302 Abs 1 StGB dar, ohne diese Prämisse methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588 f). Die bloße Berufung auf eine hiezu im wissenschaftlichen Schrifttum vertretene Meinung genügt dem Erfordernis der methodisch vertretbaren Ableitung aus dem Gesetz nicht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 590). Es sei daher nur der Vollständigkeit halber festgehalten, dass der Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf Durchführung eines Verfahrens entsprechend den prozessualen Vorschriften zu schädigen, nach ständiger Judikatur (bei Vorliegen auch der übrigen Tatbestandsmerkmale) sehr wohl für den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt (§ 302 Abs 1 StGB) genügt (SSt 57/75, zuletzt 13 Os 149/04).

Ausgehend von der Feststellung dieses Vorsatzes (US 8 f) beziehen sich die Ausführungen zur Frage, ob der Beschwerdeführer (darüber hinaus auch) die betroffenen Liegenschaftseigentümer an ihren Rechten schädigen wollte, nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen.

Aus diesem Grund kann auch das Vorbringen der Mängel- (Z 5) und der Tatsachenrüge (Z 5a), das sich ausschließlich gegen die Annahme des auf Herbeiführung eines Schadens am Vermögen der Liegenschaftseigentümer gerichteten Vorsatzes des Beschwerdeführers wendet, auf sich beruhen.

Soweit diese Beschwerdeausführungen als auf einen allfälligen (tatsächlich erfolgten) Schadenseintritt oder (auch nur) dessen Möglichkeit bezogen zu verstehen sind, genügt der Hinweis, dass damit kein tatbestandsrelevanter Umstand angesprochen wird (15 Os 71/99, zuletzt 13 Os 149/04).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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