OGH 12Os137/00

OGH12Os137/0030.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. November 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roland P***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 12. Juli 2000, GZ 11 Vr 515/98-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Roland P***** wurde des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er "als Beamter der Justizanstalt Garsten im Range eines Revierinspektors mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an seinem konkreten Recht auf Durchführung eines den Bestimmungen des EGStVG und der VZO entsprechenden Strafvollzuges zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, auf die nachangeführte Art und Weise wissentlich missbraucht, und zwar indem er zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt im August/September 1998 dem Strafgefangenen Adolf H***** den Besitz gemäß dem § 33 StVG unerlaubter Gegenstände, nämlich von 10 Stück bespielter Videokassetten, ermöglichte, indem er die ihm von Albert R*****, geb. S***** zur Verfügung gestellten Videokassetten auf seiner Baustelle in Garsten übernahm und verdeckt während seiner Dienstzeit als Justizwachebeamter in die Anstalt einbrachte."

Rechtliche Beurteilung

Nach den den Schuldspruch tragenden - zusammengefasst wiedergegebenen - erstgerichtlichen Feststellungen übernahm der Angeklagte tatplangemäß von der Freundin eines Strafgefangenen zehn Videokassetten, unter denen sich auch pornographische Videoaufnahmen befanden, auf einer privaten Baustelle und transportierte diese im Wissen um die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens und seines Befugnismissbrauches unter Umgehung der gebotenen Kontrolle verdeckt in die Zelle des (dazu als Bestimmungstäter wegen Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB) mitverurteilten Strafgefangenen Adolf H*****e. Er handelte dabei in der Absicht, den Staat durch die unkontrollierte Einbringung dieser Videokassetten "an seinem Aufsichtsrecht über in eine Justizanstalt einzubringende Gegenstände zu schädigen" (US 9, 11f). Die Überlassung von Videokassetten an einen Strafgefangenen ohne - nach den analog anzuwendenden Bestimmungen der §§ 60, 62 und 64 StVG zur Sicherung eines geordneten Strafvollzugs unabdingbare - Prüfung, ob davon eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt, des erzieherischen Zwecks der Strafe oder ein Missbrauch zu befürchten ist, schädigt den Staat an einem konkreten öffentlichen Recht, weil dadurch eine bestimmte in der Rechtsordnung festgelegte staatliche Maßnahme vereitelt und damit der bestimmte Zweck, den der Staat mit der Erlassung der dieser Maßnahme zugrundeliegenden Vorschrift erreichen will, beeinträchtigt wurde (SSt 49/48 = EvBl 1979/82 ua). Somit betrifft der Einwand mangelnder Erörterung der Verantwortung des Beschwerdeführers, ohnehin kontrolliert zu haben, "ob es sich wirklich um Videofilme in Videokassetten handelt" (Z 5), keine entscheidungsrelevante Tatsache.

Soweit die Mängelrüge ferner unter dem Aspekt unvollständiger Urteilsbegründung dem vom Erstgericht im Zusammenhang mit der verdeckten Verbringung der Videokassetten in die Justizanstalt (ua) im umgangssprachlichen Sinn verwendeten Begriff des "Schmuggels" dessen finanzstrafrechtliche Definition unterlegt, ist auf die dazu bereits dargelegten unmissverständlichen weiteren Konstatierungen der Tatrichter zur im Urteil individualisierten Tathandlung zu verweisen, die ein aus Sicht formaler Nichtigkeit fassbares Begründungsdefizit nicht erkennen lassen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt insgesamt eine prozessordnungsgemäße Ausführung.

Sie übergeht zunächst mit der Reklamation vermeintlich fehlender Feststellungen zu jenem konkreten Recht, dessen Schädigung vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war, die eingangs dargelegten Urteilsannahmen über die tatbedingte Hintansetzung des - auf die Durchsetzung der gesetzlichen Strafzwecke (§ 20 StVG) ausgerichteten - staatlichen Kontrollrechtes in Ausübung der Strafvollzugshoheit, worauf das pflichtwidrige und Strafgefangene kritiklos begünstigende inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers plangemäß hinauslief. Der aus der Tatsache, dass der Mitverurteilte Adolf H***** einen anstaltseigenen Videorecorder und von der Anstaltsleitung zur Verfügung gestellte Videokassetten im anstaltsinternen Bereich verwaltete, indem er sie Strafgefangenen zum vorübergehenden Gebrauch überließ (S 9), abgeleitete Beschwerdeeinwand, vom Angeklagten sei "nichts in die Anstalt gebracht worden, was für den Drittangeklagten (H*****) ... nicht ohnehin erlangbar gewesen wäre", fußt auf urteilsfremden Prämissen. Abgesehen davon verfehlt der Beschwerdeführer mit der Relevierung ersichtlich allein quantitativer Gesichtspunkte den hier sinnfällig durch qualitative Kriterien (Überlassung unkontrollierter Videokassetten unter anderem pornographischen Inhalts) determinierten zentralen Kern der Problematik einer Schädigung des staatlichen Rechts auf geordneten Strafvollzug.

Da der Schöffensenat es ausdrücklich als erwiesen beurteilte, dass der Angeklagte im Wissen um das Verbot handelte, Strafgefangenen die Gewahrsame an ungeprüften Videokassetten zu übertragen (abermals US 11f), ist die Beschwerdeargumentation vermeintlicher Feststellungsmängel "in Bezug auf den Umfang" der den Beschwerdeführer treffenden Obliegenheiten denklogisch nicht nachvollziehbar.

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht prozessordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285a, 285d StPO).

Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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