OGH 14Os138/11t

OGH14Os138/11t3.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian P***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Christian P***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 21. Juli 2011, GZ 608 Hv 1/11a‑178, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen I/A/3, I/B und II/B, in dem diesen zu Grunde liegenden Wahrspruch zu den Hauptfragen 4, 5 und 10, demnach auch in den Strafaussprüchen einschließlich der (Christian P***** betreffenden) Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Christian P***** und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Christian P***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Christian P***** (zu I/A/1 bis 3 und I/B) und Wolfgang K***** (zu II/A/1 bis 3 und II/B) der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, beide teilweise als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben (soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde und die amtswegige Maßnahme relevant)

(I) Christian P*****

A) als Polizeibeamter mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, und zwar

1) den Staat an seinem „konkreten Recht auf Verwendung der von ihm verarbeiteten Daten lediglich aus dienstlich berechtigtem Anlass“ sowie die Betroffenen an ihrem Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 Abs 1 DSG 2000) „in Vollziehung des Sicherheitspolizeigesetzes“ dadurch, dass er folgende Abfragen aus den Protokoll- und Anzeigedaten (PAD) und dem zentralen Melderegister (ZMR) tätigte und (das Ergebnis der Abfragen) weitergab, nämlich

a) am 3. Dezember 2008 jeweils eine Anfrage im ZMR unter dem Bezugstitel „JD“ (Journaldienst) über alle im Wohnhaus 1130 Wien, V*****, wohnhaften ‑ im Urteil namentlich genannten ‑ Personen, wobei diese Abfragemöglichkeit ausschließlich Behörden vorbehalten ist;

b) am 12. Dezember 2008 Anfragen in den PAD betreffend zwei ‑ im Urteil namentlich genannte ‑ Personen, wobei er die erhobenen Daten in der Folge am selben Tag telefonisch an Wolfgang K***** weitergab;

2) „am 3.12.2008 den Staat an seinem konkreten Recht auf Vornahme kriminalpolizeilicher Ermittlungen nach Maßgabe strafprozessualer Bestimmungen sowie den Betroffenen an seinem konkreten Recht auf gesetzeskonforme Ausübung kriminalpolizeilicher Befugnisse (§ 5 StPO), indem er als Exekutivbeamter des Landespolizeikommandos Niederösterreich in der Zeit von 09:30 Uhr bis 10:10 Uhr im Rahmen seines Dienstes bei der Polizeiinspektion S*****, Bezirk T*****, mit dem zivilen Polizeidienstfahrzeug Renault Megane Kombi, Deckkennzeichen *****, eine Observation nächst dem früheren Wohnhaus von Ex-Botschafter R***** A***** in 1130 Wien, V***** durchführte, ohne hiezu einen Ermittlungsauftrag erhalten zu haben und ohne als Polizeibeamter der Polizeiinspektion S***** örtlich und sachlich zuständig zu sein“;

3) „am 16.1.2009 den Staat an seinem Recht auf ordnungsgemäße Durchführung internationaler Polizeikooperation sowie des Grundrechtes auf Datenschutz (§ 1 Abs 1 DSG 2000) der Betroffenen, insbesondere des Rechtes von Vertrauenspersonen auf Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Daten (§ 54b Abs 2 SPG), indem er Informationen über eine laufende internationale Polizeikooperation, nämlich die ihm von einem Polizeibeamten im BKA BK 5.3.1. Büro VE-Ost II zugekommenen Informationen, wonach internationale Ermittlungen in Bezug auf einen illegalen Handel mit Kriegsmaterial von Kasachstan über die Ukraine stattfinden, per E-Mail am 16.1.2009 an Leonid B***** weiterleitete und so eine mögliche Gefährdung einer Vertrauensperson, die der Polizei diesbezüglich Informationen zukommen ließ, verursachte;“

B) am 23. Dezember 2008 den Polizeibeamten Wolfgang K***** durch die Aufforderung, Abfragen über in Österreich aufhältige, im Urteil näher genannte, kasachische Staatsangehörige durchzuführen und die erhobenen Daten an ihn zu übermitteln, zu der unter Punkt II/A(1) näher bezeichneten strafbaren Handlung bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), wobei er die ihm von Wolfgang K***** übermittelten, im Urteil abermals namentlich genannte Personen betreffenden Daten am 29. Dezember 2008 an Leonid B***** per E-Mail weiterleitete;

(II) Wolfgang K*****

A) als Polizeibeamter mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, nämlich den Staat an seinem „konkreten Recht auf Verwendung der von ihm verarbeiteten Daten lediglich aus dienstlich berechtigtem Anlass“ sowie die Betroffenen an ihrem Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 Abs 1 DSG 2000), seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze, nämlich des Sicherheitspolizeigesetzes, Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich dadurch missbraucht, dass er Abfragen aus den Protokoll- und Anzeigedaten (PAD), dem zentralen Melderegister (ZMR) sowie dem elektronischen kriminalpolizeilichen Informationssystem (EKIS) tätigte, und zwar

1) zwischen 23. und 28. Dezember 2008 Abfragen in den PAD, wobei er die solcherart erhobenen, im Urteil namentlich genannte Personen betreffenden Daten in der Folge an Christian P***** weitergab;

B) am 10. Dezember 2008 den Polizeibeamten Christian P***** durch die Aufforderung, Abfragen über im Urteil namentlich genannte, Personen durchzuführen und die erhobenen Daten an ihn zu übermitteln, zu der unter Punkt I/A/1/b näher bezeichneten strafbaren Handlung bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB).

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Schuldsprüche I/A/2 und 3 richtet sich die aus den Gründen der Z 6, 8 und 11 lit a des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian P*****, der teilweise Berechtigung zukommt.

Zu Recht macht der Beschwerdeführer im Rahmen der Rechtsrüge (Z 11 lit a, der Sache nach Z 12) geltend, dass der dem Schuldspruch I/A/3 zu Grunde liegende Wahrspruch (zur Hauptfrage 4) keine taugliche Sachverhaltsgrundlage für die (rechtliche) Annahme bietet, der Beschwerdeführer habe durch die Weitergabe von Informationen die ihm eingeräumte Befugnis, in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht. Das bloße Offenbaren eines Geheimnisses, das einem Beamten ausschließlich kraft seines Amtes zugänglich wurde, das er sich aber nicht durch wissentlichen Fehlgebrauch seiner Befugnis gezielt beschafft hat, ist nämlich nur dann dem Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (und nicht dem Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs 1 StGB) zu subsumieren, wenn der Beamte bei Tatbegehung (also bei Preisgabe der Information) in Ausübung einer ihm zustehenden Befugnis, namens des Rechtsträgers als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, gehandelt hat, sein konkretes Tatverhalten also in (engem) Zusammenhang mit den von ihm als Organ des Rechtsträgers zu besorgenden Aufgaben steht (eingehend: 14 Os 23/11f, EvBl 2011/136, 928 mwN; Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch4 § 302 Rz 24 ff und § 310 Rz 27). Derartiges ist dem Wahrspruch, demzufolge der Beschwerdeführer die ihm von einem Polizeibeamten „zugekommenen Informationen“ an Leonid B***** weiterleitete, ohne nähere Aussagen zur Art der Beschaffung oder zum Aufgabenbereich des Beschwerdeführers zu treffen, nicht zu entnehmen.

Da der aufgezeigte Rechtsfehler die Aufhebung des davon betroffenen Schuldspruchs I/A/3 einschließlich des zu Grunde liegenden Wahrspruchs (zur Hauptfrage 4) bereits bei der nichtöffentlichen Beratung erfordert, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat (§§ 285e, 344 StPO), erübrigt sich eine Erörterung der zu diesem Schuldspruch ausgeführten Fragenrüge (Z 6), die unterbliebene Fragestellung nach dem Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs 1 StGB einwendet.

Im zweiten Rechtsgang werden ‑ im Fall eines Schuldspruchs nach § 302 Abs 1 StGB ‑ als Grundlage richtiger Subsumtion Feststellungen dazu zu treffen sein, ob sich der Beschwerdeführer die inkriminierten Informationen durch gezielten Fehlgebrauch seiner ‑ abstrakten (vgl RIS‑Justiz RS0096134) ‑ Befugnis beschafft hat (vgl etwa ON 162 S 35 ff und ON 177 S 11 ff) oder die Preisgabe des Geheimnisses in (engem) Zusammenhang mit dem ihm zukommenden Aufgabenbereich stand. Weiters bedürfte es zur subjektiven Tatseite klarer Aussagen zu einem (oder mehreren) konkreten Recht(en) als Bezugspunkt des (zumindest bedingten) Schädigungsvorsatzes. Im Hinblick auf das angenommene Recht des Staates „auf ordnungsgemäße Durchführung internationaler Polizeikooperation“ wäre durch Feststellungen zu klären, inwieweit nach Vorstellung des Täters von ihm gefährdete (oder vereitelte) staatliche Maßnahmen dem Schutz eines bestimmten ‑ vom Staat (Österreich) im Zusammenhang mit einer „laufenden internationalen Polizeikooperation“ betreffend „einen illegalen Handel mit Kriegsmaterial von Kasachstan über die Ukraine“ verfolgten ‑ Zwecks dienten (vgl RIS-Justiz RS0096141). Waren nach Art der Informationen die Interessen einer Vertrauensperson konkret betroffen, sollte in die Prüfung (neben deren Recht auf Datenschutz) auch jenes auf Schutz vor Gefährdungen, insbesondere von Leben, Gesundheit oder Freiheit (vgl § 54b Abs 1 und Abs 2 SPG) einbezogen werden.

Ein Schuldspruch wegen des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs 1 StGB würde voraussetzen, dass das inkriminierte Verhalten (das Offenbaren oder Verwerten tatbildlicher Geheimnisse) geeignet ist, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse (zumindest abstrakt) zu gefährden; auch dies müsste vom bedingten Vorsatz des Täters umfasst sein. Auf der Feststellungsebene wäre auch zu klären, ob der Angeklagte vom Geheimnis ausschließlich aufgrund seiner amtlichen Tätigkeit Kenntnis erlangt hat (näher dazu: Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch4 § 310 Rz 7 ff, 14 f und 25).

Soweit die zum Schuldspruch I/A/2 ausgeführte Instruktionsrüge (Z 8) eine Belehrung der Geschworenen über den Begriff „Amtsgeschäfte“, insbesondere darüber, ob darunter auch faktische Verrichtungen fallen, vermisst, übergeht sie die entsprechenden Passagen der schriftlichen Instruktion (Blg ./C zu ON 177 S 6 f) und verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0119549). Eine kasuistische Belehrung über aus dem Beweisverfahren sich ergebende Konstellationen oder eine Rückführung der Tatbestandsmerkmale auf den konkreten Sachverhalt sieht das Gesetz nicht vor (Philipp, WK-StPO § 321 Rz 13 ff).

Weshalb ein vom Tatbestand des § 302 Abs 1 StGB geforderter (wissentlicher) Missbrauch der Befugnis ‑ entgegen der ständigen Rechtsprechung (vgl RIS‑Justiz RS0096134, RS0096112; Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch4 § 302 Rz 15) ‑ (im Einzelfall gegebene) örtliche und sachliche Zuständigkeit des Täters sowie einen diesem erteilten Dienstauftrag voraussetzen sollte, legt die zum gleichen Schuldspruch ausgeführte Rechtsrüge (Z 11 lit a), die sich insofern in einer nicht methodengerecht aus dem Gesetz abgeleiteten Rechtsbehauptung erschöpft, nicht dar (vgl RIS‑Justiz RS0118429). Das Element des Missbrauchs kommt im Übrigen gerade im bewussten Überschreiten der (konkret gezogenen) Grenzen (abstrakt) eingeräumter Befugnis zum Ausdruck.

Bleibt mit Blick auf §§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall, 344 StPO der Vollständigkeit halber anzumerken:

„Observation“ ist gemäß § 129 Z 1 StPO das „heimliche Überwachen des Verhaltens einer Person“. Es handelt sich um eine Ermittlungsmaßnahme, die als Eingriff in (Grund-)Rechte (insbesondere § 1 DSG 2000 [vgl zum Begriff der personenbezogenen Daten: Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 4 Anm 2] und Art 8 Abs 1 MRK [vgl Zerbes, WK‑StPO Vor §§ 129-133 Rz 13]) der betroffenen Person von der Kriminalpolizei nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen (vgl §§ 1 Abs 2, 5 Abs 2 und 130 Abs 1 StPO) durchgeführt werden darf. Die Verwendung des Rechtsbegriffs „Observation“, bei dem es sich nicht um ein normatives Tatbestandsmerkmal (des § 302 Abs 1 StGB) handelt, ist unter dem Aspekt ausreichenden Sachverhaltsbezugs des Wahrspruchs ‑ weil dieser auch ausdrücklich auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung Bezug nimmt (und deshalb etwa eine auf § 54 Abs 2 SPG gestützte Ermittlung nicht in Betracht kommt) ‑ keineswegs undeutlich (vgl RIS-Justiz RS0100780; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 27 ff und 57). Der Wahrspruch bringt somit unmissverständlich zum Ausdruck, dass sich der Beschwerdeführer zum früheren Wohnhaus des R***** A***** begab, um dort (missbräuchlich) das Verhalten wenigstens einer der dort ‑ aufgrund der zuvor durchgeführten Abfragen (vgl den dem Schuldspruch A/I/1 zugrundeliegenden Wahrspruch zur Hauptfrage 1) ‑ erwartungsgemäß aufhältigen Personen heimlich und gezielt (Zerbes, WK-StPO § 129 Rz 4 f) zu überwachen und dabei mit dem Vorsatz handelte, (zumindest) deren oben dargestellte (auch durch § 5 StPO geschützte) Rechte zu verletzen.

Im Übrigen sind unter dem Begriff „Amtsgeschäfte“ auch faktische Verrichtungen zu verstehen, sofern diese einer Rechtshandlung annähernd gleichwertig sind. Gleichwertigkeit liegt nicht nur bei einer besonderen Qualität des Handelns vor, sondern wenn ein hypothetischer Vergleich ergibt, dass die aus der (missbräuchlichen) faktischen Verrichtung resultierende Rechtsschädigung auch durch eine darauf abzielende (missbräuchliche) Rechtshandlung hätte bewirkt werden können. In diesem Sinn greift eine von einem Kriminalbeamten ‑ von sich aus (tatsächlich) durchgeführte (vgl § 133 Abs 1 StPO) ‑ Observation jedenfalls nicht weniger in die Rechte der von der Ermittlungsmaßnahme betroffenen Person ein als eine (gedachte) entsprechende Rechtshandlung (etwa in Form einer Anordnung durch die Staatsanwaltschaft [§ 102 Abs 1 StPO]; Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch4 § 302 Rz 19 mwN und 59). Übt ein Beamter die ihm eingeräumte Befugnis zur Vornahme einer gleichwertigen ‑ wie hier im Fall einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsmaßnahme ‑ zum Kern seines (abstrakten) Aufgabenbereichs zählenden faktischen Verrichtung (auch subjektiv im Bewusstsein, im Dienst zu handeln) missbräuchlich aus, stellt sich die Frage, ob dieselbe Rechtsgutbeeinträchtigung im Ergebnis „von jeder anderen Privatperson“ (ohne Ausübung einer amtlichen Gewalt) herbeigeführt werden könnte, nicht (vgl 12 Os 111/94; 12 Os 110/00). Die vom Beschwerdeführer erwähnte Rechtsprechung betrifft entweder entsprechenden Rechthandlungen nicht gleichwertige Tätigkeiten (vgl RIS‑Justiz RS0094532) oder Handlungen, die ein Beamter zwar während des Dienstes, jedoch gerade nicht in Wahrnehmung seiner Befugnis, Amtsgeschäfte vorzunehmen, setzt (vgl RIS-Justiz RS0096437).

Zur amtswegigen Maßnahme:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof von dem angefochtenen Urteil zum Nachteil beider Angeklagter anhaftender Nichtigkeit, die von Amts wegen wahrzunehmen war (§§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall, 344 StPO).

Die Schuldsprüche I/B und II/B weisen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur subjektiven Tatseite auf (§ 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO). Voraussetzung für die Strafbarkeit als Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt ist in subjektiver Hinsicht, dass der Bestimmende es für gewiss hält, der Beamte werde bei bestimmungsgemäßem Verhalten (zumindest) vorsätzlich seine Befugnis missbrauchen (RIS-Justiz RS0108964). Der den Schuldsprüchen zu Grunde liegende Wahrspruch (zu den Hauptfragen 5 und 10) enthält keine Aussage zur subjektiven Tatseite. Deren Erwähnung darf in der Frage nach den gesetzlichen Merkmalen der strafbaren Handlung aber nur dann unterbleiben, wenn nicht eine vom Mindesterfordernis des § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz (§ 7 Abs 1) StGB abweichende Vorsatzform ‑ wie hier beim Bestimmungstäter Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) ‑ Voraussetzung der Strafbarkeit ist (vgl RIS-Justiz RS0113270; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 33). Hinzu kommt, dass die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung (§ 321 StPO) gerade in diesem Punkt missverständlich war (vgl Blg ./C zu ON 177 S 8 f).

Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler war eine Aufhebung der davon betroffenen Schuldsprüche I/A/3, I/B und II/B samt dem zu Grunde liegenden Wahrspruch zu den Hauptfragen 4, 5 und 10, demgemäß auch der Strafaussprüche (einschließlich der Christian P***** betreffenden Vorhaftanrechnung) bereits bei der nichtöffentlichen Beratung unumgänglich (§§ 285e, 344 StPO).

Die Sache war im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht zu verweisen, weil für die verbleibenden Anklagevorwürfe (zufolge rechtskräftiger Verneinung der Hauptfrage 6 nach dem in Idealkonkurrenz angelasteten Vergehen des geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil Österreichs nach § 256 StGB) nunmehr das Schöffengericht sachlich zuständig ist. Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht seiner Entscheidung (auch) den unberührt gebliebenen Teil des Wahrspruchs und die darauf beruhenden Schuldsprüche zu Grunde zu legen haben (RIS-Justiz RS0101029; Ratz, WK-StPO § 289 Rz 12, 16 und 19).

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte Christian P***** und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO; er bezieht sich nicht auf das amtswegige Vorgehen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).

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