OGH 13Os93/75 (RS0092197)

OGH13Os93/7518.10.2022

Rechtssatz

Es ist nur eine solche Gemütsbewegung zu berücksichtigen, die im Verhältnis zu ihrem Anlass allgemein, das heißt für einen Durchschnittsmenschen - als objektiver Maßstab - in dem Sinne verständlich ist, dass sich dieser vorstellen kann, auch er geriete unter den gegebenen besonderen Umständen in eine solche Gemütsverfassung.

Normen

StGB §76

13 Os 93/75OGH19.09.1975

Veröff: EvBl 1976/87 S 162 = SSt 46/49

10 Os 97/75OGH14.10.1975

Vgl auch; Beisatz: Der Anlass der heftigen Gemütsbewegung muss so geartet sein, dass auch einem Durchschnittsmenschen, der nicht die in der Tat zum Ausdruck kommende schädliche Gesinnung oder Charaktereigenschaft des Täters aufweist, in dessen Lage ein solcher hochgradiger Affekt zuzubilligen wäre. (T1)

11 Os 108/76OGH01.10.1976
12 Os 11/77OGH14.04.1977
13 Os 135/76OGH24.10.1977
11 Os 72/78OGH12.09.1978
11 Os 132/78OGH10.10.1978
11 Os 167/79OGH16.01.1980
12 Os 152/80OGH06.11.1980
12 Os 166/80OGH22.01.1981
12 Os 123/81OGH10.09.1981
9 Os 179/81OGH22.12.1981
13 Os 185/81OGH15.04.1982

Vgl auch; Veröff: EvBl 1982/181 S 578 = RZ 1982/64 S 245

10 Os 10/82OGH16.03.1982

Vgl auch

9 Os 95/82OGH17.08.1982
11 Os 33/83OGH13.04.1983

Vgl auch

10 Os 74/83OGH31.05.1983

Ähnlich

12 Os 59/83OGH06.10.1983

Vgl auch

12 Os 173/83OGH26.01.1984

Vgl auch

11 Os 29/84OGH21.03.1984

Vgl auch; Beisatz: Anlegung eines objektiv-normativen Maßstab. (T2)

9 Os 192/83OGH07.05.1984

Vgl auch; Veröff: SSt 55/21

12 Os 74/84OGH14.06.1984

Vgl auch

12 Os 164/84OGH31.01.1985

Vgl auch

12 Os 83/85OGH22.08.1985

Beisatz: Dieser objektive Maßstab kann auch bei geistesschwachen, aber noch zurechnungsfähigen Tätern zur Anwendung gelangen, weil er nicht auf ein intellektuelles Durchschnittsniveau, sondern auf durchschnittliche Rechtstreue (Verbundenheit mit den rechtlich geschützten Werten) der Maßfigur abstellt; für unter dem charakterlichen Niveau der Maßfigur liegende Charaktereigenschaften, die den Affektdurchbruch herbeigeführt oder gefördert haben, haftet sohin auch der geistig primitive Täter. Von diesem entscheidenden Charakterzug (durchschnittliche Rechtstreue) abgesehen, muss sich jedoch die Maßfigur dem individuellen Täter möglichst annähern, ihm also hinsichtlich sozialer Stellung, Lebenskreis, Alter, körperlichen Eigenschaften, Gesundheit, Beruf, Bildung, Herkunft etc gleich gedacht werden. Demnach kommt es auf den rechtstreuen Menschen von der geistigen und körperlichen Beschaffenheit des Täters in der speziellen Tatsituation an - individualisierter objektiver Maßstab. (T3)

9 Os 182/85OGH15.01.1986

Ähnlich

10 Os 19/86OGH16.09.1986

Vgl auch

13 Os 46/87OGH14.05.1987

Vgl auch

13 Os 183/87OGH28.01.1988

Vgl auch; Veröff: SSt 59/8

11 Os 91/88OGH09.08.1988

Vgl auch

14 Os 123/88OGH12.10.1988

Vgl auch

15 Os 21/89OGH07.03.1989

Vgl auch

11 Os 50/89OGH06.06.1989

Vgl auch; Beisatz: Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist ua auf eine Maßfigur durchschnittlicher Rechtstreue abzustellen. (T4)

16 Os 32/89OGH13.10.1989
11 Os 140/89OGH07.02.1990

Vgl auch

14 Os 61/90OGH11.09.1990

Vgl auch

14 Os 89/91OGH01.10.1991

Vgl auch

14 Os 76/92OGH30.06.1992

Vgl auch

14 Os 95/92OGH01.09.1992

Vgl auch

13 Os 133/92OGH08.01.1993
15 Os 154/92OGH11.03.1993

Vgl auch; Beis wie T4

11 Os 26/94OGH19.04.1994

Vgl auch; Beisatz: Allgemein begreiflich ist die heftige Gemütsbewegung - also der Affekt - dann, wenn auch ein durchschnittlich rechtstreuer Mensch von der geistigen und körperlichen Beschaffenheit des Täters in der spezifischen Situation in jenen psychischen Ausnahmezustand geraten wäre. (T5)

15 Os 24/96OGH11.04.1996

Vgl auch

14 Os 197/95OGH19.03.1996

Ähnlich

11 Os 150/96OGH05.11.1996

Vgl auch; Beis wie T4

12 Os 101/97OGH16.10.1997

Beis wie T2; Beis wie T5

14 Os 111/99OGH21.09.1999

Beisatz: Demnach unterliegt zwar nicht die Tat, wohl aber der konkrete Affekt des Täters in seiner ganzen Dimension - einschließlich seiner tatkausalen Heftigkeit - in Relation zum Anlass einer rechtsethischen Bewertung; insoweit muss er sittlich verständlich sein, um privilegierend im Sinne des § 76 StGB zu wirken (Kienapfel BT I4 § 76 RN 29; JBl 1986, 261). (T6)

12 Os 163/99OGH17.02.2000
14 Os 158/99OGH14.03.2000

Auch; Beisatz: Die Ursache der Gemütsbewegung muss sittlich verständlich sein und darf nicht im Charakter des Täters oder in seinen verwerflichen Neigungen oder Leidenschaften und auch nicht in einem psychisch abnormen Persönlichkeitsbild, sondern lediglich in äußeren Umständen zu suchen sein. (T7) Beisatz: Der Wunsch eines Unmündigen zu sterben versetzt einen Menschen von durchschnittlicher Rechtstreue nicht in einen psychischen Ausnahmezustand. (T8)

15 Os 81/02OGH05.09.2002

Auch; Beisatz: Eine allgemeine Begreiflichkeit des hochgradigen Affekts ist nur gegeben, wenn der psychische Ausnahmezustand (in seiner tatkausalen Heftigkeit) im Verhältnis zu seinem Anlass auch einem durchschnittlich rechtstreuen Menschen von der geistigen und körperlichen Beschaffenheit des Täters in der spezifischen Tatsituation derart verständlich wäre, dass dieser sich vorstellen könnte, er geriete unter den gegebenen besonderen Umständen in eine solche Gemütsverfassung. (T9)

15 Os 153/02OGH09.01.2003

Auch

15 Os 150/03OGH19.02.2004

Auch; Beis wie T6 nur: Der Affekt muss in Relation zum Anlass sittlich verständlich sein. (T10)

11 Os 135/03OGH10.02.2004

Auch

14 Os 97/06fOGH10.10.2006

Vgl auch

11 Os 72/07hOGH25.09.2007

Auch

11 Os 63/07kOGH25.09.2007

Auch

13 Os 6/08vOGH13.02.2008

Auch; Beis wie T9

15 Os 86/22vOGH18.10.2022

Vgl; Beis wie T7

Dokumentnummer

JJR_19750919_OGH0002_0130OS00093_7500000_003