Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 18 (achzehn) Jahre erhöht.
Darauf wird der Angeklagte mit seiner Berufung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann T***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des teils vollendeten (Faktum 1), teils versuchten (Faktum 2) Mordes nach den §§ 75, 15 StGB schuldig erkannt, weil er (zu 1) am 30.6.1995 in R***** Karlheinz G***** durch Versetzen von sechs Messerstichen getötet und (zu 2) Ilse A***** zu töten versucht hat, indem er ihr mit einem Messer in der Hand nachlief.
Die Geschworenen haben die anklagekonformen Hauptfragen nach Mord und nach Mordversuch bejaht und die (nur die Hauptfrage nach vollendetem Mord betreffenden) Zusatzfragen nach Notwehr und Notwehrexzeß verneint. Die weitere anklagekonforme Hauptfrage, ob Johann T***** im Frühjahr 1993 und am 26. Juni 1995 versucht hat, Ilse A***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen, wurde von den Geschworenen verneint; folgerichtig wurde der Angeklagte vom Anklagevorwurf der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB gemäß § 336 StPO - insoweit rechtskräftig - freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 6 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welche das Unterbleiben einer auf das Verbrechen des Totschlags nach § 76 StGB gerichteten Eventualfrage, sinngemäß auch die verabsäumte Fragestellung nach versuchtem Totschlag, als Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung rügt.
Die Rüge versagt.
Der gegenüber Mord (§ 75 StGB) vom Gesetz mit geringerer Strafe bedrohte Totschlag (§ 76 StGB) ist dadurch charakterisiert, daß sich der Täter zur vorsätzlichen Tötung eines anderen in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung hinreißen läßt. Eine "heftige Gemütsbewegung" im Sinn dieser Gesetzesbestimmung verlangt einen tiefgreifenden Affekt, der die verstandesmäßigen Erwägungen zurückdrängt und den von ihm ergriffenen Täter mitreißt. Um "allgemein begreiflich" zu sein, muß der für den Tatentschluß kausale und im Tatzeitpunkt noch nicht abgeklungene tiefgreifende Affekt des Täters derart entstanden sein, daß sich auch ein rechtsgetreuer Durchschnittsmensch vorstellen könnte, in dieser Situation und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles gleichfalls in eine solche Gemütsverfassung zu geraten (vgl Leukauf/Steininger Komm3 RN 5 ff; Moos im WK Rz 29 ff; Kienapfel BT3 Rz 26; Bertel/Schwaighofer BT4 Rz 3 - jeweils zu § 76). Die Stellung der vom Beschwerdeführer vermißten Eventualfragen nach (teilweise versuchtem) Totschlag hätte demzufolge gemäß § 314 Abs 1 StPO vorausgesetzt, daß in der Hauptverhandlung entsprechende Tatsachen vorgebracht worden wären, nach denen, wären sie als erwiesen angenommen, sich der Angeklagte zu der ihm angelasteten Tötung eines Menschen und versuchten Tötung eines anderen Menschen in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung hätte hinreißen lassen.
Derartige Umstände sind nicht ersichtlich und werden auch von der Beschwerde nicht aufgezeigt. Daß Ilse A***** mit Karlheinz G***** eine Lebensgemeinschaft unterhielt, ist schon im Hinblick darauf, daß nach eigener Darstellung der Beschwerdeführers eine vorgebliche intime Beziehung zu dieser Frau bereits im Sommer 1994 friktionsfrei zu Ende gegangen war (siehe insb S 321, 322/II), völlig ungeeignet, eine darauf zurückzuführende affektbedingte Beeinträchtigung zur Tatzeit zu indizieren. Der Beschwerdeführer selbst hat sich im Zuge seiner mehrfachen Vernehmungen vor der Gendarmerie, vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung auch gar nicht darauf berufen, aus diesem Anlaß in eine die Tathandlungen auslösende heftige Gemütsbewegung geraten zu sein; er stellte die inkriminierten Messerstiche gegen Karlheinz G***** vielmehr zum einen gleichsam als Notwehrhandlungen gegen einen zumindest vermeintlichen Angriff des Genannten dar, zum anderen erklärte er dessen Tod als ein von seinem Vorsatz überhaupt nicht erfaßtes (Unfalls-)Geschehen; ein Aggressionsverhalten gegen Ilse A***** stellte er schlechthin in Abrede (siehe insb S 9 ff, 40 ff/I, 328 ff/II). Da auch dem vom Beschwerdeführer (allerdings ohen Anführung irgendeiner Belegstelle) herangezogenen Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. K*****, der dem Beschwerdeführer die Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit attestierte und sich außerstande zeigte, aus fachlicher Sicht über das Motiv des Täters eine Aussage zu machen (S 386 ff/II), ein den Beschwerdestandpunkt stützendes Substrat nicht zu entnehmen ist, hat der Schwurgerichtshof zu Recht davon Abstand genommen, die durch die Verfahrensergebnisse nicht indizierten Eventualfragen nach (teils vollendetem, teils versuchtem) Totschlag zu stellen.
Die - wie auch von der Generalprokuratur aufgezeigt - zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 15 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Jahren. Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen (richtig: die Wiederholung mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art), als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und den Umstand, daß es in einem Falle beim Versuch geblieben ist. Weiters berücksichtigte es nach § 32 Abs 1 StGB - im Ergebnis als weitere mildernde Umstände - den Verlust der bisherigen Tätigkeit als Hobbygärtner bzw Hundebetreuer der Ilse A***** und eine "gewisse Eifersucht".
Gegen den Strafausspruch richten sich die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Jener beantragt die Herabsetzung, diese die Erhöhung des Strafausmaßes.
Nur die Berufung der Staatsanwaltschaft ist berechtigt. Zutreffend zeigt sie auf, daß der Verlust der Beschäftigung bei Ilse A***** nicht als schuldmildernd in Betracht kommt, was auch für die von den Geschworenen berücksichtigte Eifersucht gilt. So gesehen, reduzieren sich die Strafzumessungsgründe auf den besonders gravierend ins Gewicht fallenden erschwerenden Umstand der Tatwiederholung, welchem die Milderungsgründe des bisherigen ordentlichen Lebenswandels und des zum Versuch gediehenen wiederholten Verbrechens entgegenstehen. In deren Abwägung und unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters ist die vom Geschworenengericht verhängte Freiheitsstrafe zu gering ausgemessen und war sohin tatschuldgerecht zu erhöhten. Hierauf war der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen.
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