Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und unter Anwendung des § 41 Abs 1 StGB die Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Jahre herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16. März 1959 geborene jugoslawische Staatsangehörige Ljubisa A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach §§ 75; 28 Abs 1 StGB zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 25. Oktober 1980 in Baden I./ versucht hat, Verica B vorsätzlich zu töten, indem er ihr mit einem Messer Stiche in die Bauchgegend und gegen den Kopf versetzte, sowie ihr das Messer am Hals ansetzte;
II./ Leposava B durch Versetzen mehrerer Stiche gegen den Kopf vorsätzlich verletzt hat, wobei er ihr Schnitt- und Stichverletzungen im Bereich der linken Augenbraue, am Scheitel rechts sowie am linken Daumenballen zufügte.
Die Geschwornen hatten die im Sinne des Punktes I des Schuldspruches auf das Verbrechen des versuchten Mordes gerichtete Hauptfrage I stimmeneinhellig bejaht und demzufolge die nur für den Fall der Verneinung dieser Frage gestellte Eventualfrage II auf versuchten Totschlag im Sinne der §§ 15, 76 StGB unbeantwortet gelassen, hingegen die auf das an Leposava B verübte Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1 StGB gerichtete Hauptfrage III (mit 4 Ja- gegen 4 Neinstimmen) verneint und die für diesen Fall im Sinne des Punktes II des Schuldspruches abgefaßte Eventualfrage IV stimmeneinhellig bejaht. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Ljubisa A aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1
StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde und macht, der Sache nach lediglich in bezug auf den erstbezeichneten Schuldspruch wegen Verbrechens des versuchten Mordes, geltend, daß die Geschwornen nur auf Grund einer unvollständigen Rechtsbelehrung über die (privilegierenden) Voraussetzungen eines Totschlages im Sinne des § 76 StGB, insbesondere hinsichtlich des Erfordernisses einer 'allgemein begreiflichen Gemütsbewegung', zur Bejahung der Hauptfrage I - statt der Eventualfrage II - bestimmt worden sein konnten.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer die Behauptung einer solchen Unvollständigkeit bloß auf Vermutungen stützt und bezüglich des erforderlichen Inhaltes (vgl § 321 Abs 2 StPO) der den Geschwornen schriftlich zu erteilenden Rechtsbelehrung im Grundsätzlichen übersieht, daß deren Gegenstand nur Rechtsbegriffe und rechtliche Umstände bilden, nicht aber auch solche des konkreten Falles, die sich aus dem Beweisverfahren ergeben oder für die Beweiswürdigung der Geschwornen in Betracht kommen mögen, kann vorliegend von einer Unrichtigkeit oder auch nur Unvollständigkeit der den Geschwornen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung (siehe S 331 ff d.A) keine Rede sein:
Gerade die vom Beschwerdeführer aufgeworfene (Rechts-) Frage, wann eine allgemein begreifliche Gemütsbewegung vorliegt, in der sich der Täter zur Tötung eines Menschen (oder zu einem solchen Versuch) hinreißen ließ, wird nämlich in der den Geschwornen schriftlich erteilten Rechtsbelehrung (siehe S 334/335 d.A) eingehend und in Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung und dem einschlägigen Schrifttum (siehe Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 4 ff zu § 76; Kienapfel, BT I RN 47 ff zu § 76 StGB; vgl auch jüngst Mayerhofer, 'Mord und Totschlag in Österreich', ÖJZ 1980, S 290 ff) ohnehin ausführlich erörtert und hiebei zutreffend dargelegt, daß von einer allgemein begreiflichen Gemütsbewegung nur dann gesprochen werden kann, wenn das Verhältnis zwischen dem sie herbeiführenden Anlaß und dem eingetretenen psychischen Ausnahmezustand allgemein verständlich ist, d h, wenn ein Durchschnittsmensch sich vorstellen kann, auch er wäre unter den gegebenen Umständen des Einzelfalles in eine solche Gemütsverfassung geraten.
Mit dem weiteren, gleichfalls zutreffenden Hinweis darauf, daß hiebei einerseits, neben den konkreten Tatumständen, auch die psychologischen Zusammenhänge Berücksichtigung finden müssen, andererseits aber die Ursache der Gemütsbewegung sittlich verständlich sein muß und nicht in einem psychisch abnormen Persönlichkeitsbild des Täters oder in allenfalls vorhandenen verwerflichen Leidenschaften und Neigungen liegen darf, erfaßt die Rechtsbelehrung voll und ganz den Sinn und Zweck des Tatbilderfordernisses der allgemeinen Begreiflichkeit der Gemütsbewegung und die damit vom Gesetzgeber verfolgten Intentionen (vgl SSt 46/49).
Eine darüber hinausgehende Rücksichtnahme auf eine (möglicherweise) in der besonderen 'Mentalität eines im südlichen resp balkanischen Lebensbereich aufgewachsenen Menschen' (mit-)begründete Überreaktion des Täters - wie dies offenbar dem Beschwerdeführer vorschwebt - wäre mit dem in der Rechtsbelehrung richtig dargelegten Erfordernis, die Prüfung der allgemeinen Verständlichkeit der Gemütsbewegung nach dem objektiv (-normativen) Maßstab eines rechtstreuen Durchschnittsmenschen vorzunehmen, nicht vereinbar. Da sich somit das allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Beschwerdevorbringen als nicht stichhältig erweist, war der Nichtigkeitsbeschwerde der Erfolg zu versagen. Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art, als mildernd das abgelegte Geständnis (von dem angenommen wurde, daß es sich um ein reumütiges handelt, da der Angeklagte in der Hauptverhandlung trotz Abschwächung der Darstellung der Tat im Vorverfahren den Eindruck erweckte, daß ihm diese ehrlich leid tue), weiters die Erregung im Tatzeitpunkt und den Umstand, daß es hinsichtlich des Hauptfaktums beim Versuch geblieben ist. Die Berufung des Angeklagten, welche eine Herabsetzung der verhängten Strafe begehrt, ist im Ergebnis berechtigt. Zu den vom Geschwornengericht im übrigen zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe kommt als weiterer mildernder Umstand noch der bisherige ordentliche Lebenswandel des Angeklagten hinzu. Wenn man ferner berücksichtigt, daß der Angeklagte zur Tatzeit das 21. Lebensjahr noch nicht wesentlich überschritten hatte, durch seine starke Liebesbeziehung in eine Enge getrieben wurde, aus der er bei seiner durch fremde Lebensformen geprägten Mentalität und überdies von der Mutter des Opfers noch provoziert, keinen anderen Ausweg sah, als die vom ihm geliebte Frau und sich selbst zu töten, überwiegen die Milderungsgründe nicht nur der Zahl, sondern auch dem Gewichte nach die Erschwerungsumstände beträchtlich. Nach Lage des Falles lassen aber diese in der Person des Täters gelegenen Umstände die Aussicht begründet erscheinen, daß der Täter auch bei Verhängung einer, das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde, sodaß unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 Abs 1 StGB die Strafe wie im Spruche auf ein schuldangemessenes Maß herabgesetzt werden konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
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