European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00067.18W.0830.000
Spruch:
I. Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
II. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO
zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Entscheidungsgründe:
Der am ***** geborene Kläger, ein Rechts- und Handelswissenschafter, war seit 1. 6. 1987 bei der W***** Genossenschaft mit beschränkter Haftung (in der Folge: Genossenschaft), einem Kreditinstitut im Bereich des V*****sektors, beschäftigt. 1995 wurde er zum Geschäftsleiter gemäß § 2 BWG und Vorstandsmitglied bestellt. Im Dienstvertrag des Klägers war unter anderem die Anwendung der unternehmensinternen Pensionszuschussregelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 festgehalten. Diese sah nach 20 vollendeten Dienstjahren einen Pensionszuschuss des Dienstgebers von 10 % des letzten kollektivvertraglichen Monatsbezugs vor.
In der gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrates und des Vorstandes der Genossenschaft am 13. 6. 1990 wurde beschlossen, die seit August 1960 bestehende betriebsinterne Pensionszuschussregelung per 1. 7. 1990 außer Kraft zu setzen. Für Mitarbeiter, deren Dienstverhältnis vor dem 1. 7. 1990 begonnen hatte – darunter der Kläger – wurde die Pensionszuschussregelung Inhalt des jeweiligen Einzelarbeitsvertrags.
Eine Pensionszuschussregelung war auch im Kollektivvertrag für die Angestellten der gewerblichen Kreditgenossenschaften in der ab 1. 2. 1994 geltenden Fassung im Abschnitt B enthalten. Ein Anspruch auf Pensionszuschuss entstand auch hier nach 20 pensionsanrechenbaren Dienstjahren. Im Zusatzkollektivvertrag war festgehalten, dass „die V*****bank“ verpflichtet sei, bis 31. 12. 1997 einen Pensionskassenvertrag mit der V***** Pensionskassen AG abzuschließen und dass damit die bisher geltende kollektivvertragliche Pensionszuschussregelung außer Kraft trete. Der Zusatzkollektivvertrag differenzierte hinsichtlich der Pensionsordnung zwischen drei Gruppen von Dienstnehmern. Der Abschnitt B1 der Pensionsordnung galt nur für Dienstnehmer, die zum 1. 7. 1996 mindestens 20 pensionsanrechenbare Dienstjahre hatten und für alle Dienstnehmer, die bereits einen Anspruch auf Pensionszuschuss erworben hatten oder Pensionszuschuss bezogen. Sogenannte B2-Mitarbeiter waren Dienstnehmer, die zum 1. 7. 1996 weniger als 20 pensionsanrechenbare Dienstjahre hatten, B3 solche Mitarbeiter, die ab 1. 1. 1996 in die V*****bank eintraten.
In einer gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrates und Vorstandes der Genossenschaft vom 30. 10. 1997 wurde die Frage der Auslagerung von Pensionsansprüchen der B2‑Mitarbeiter in eine Pensionskasse besprochen. Es wurde unter anderem festgehalten, dass es neben Mitarbeitern, die („nur“) dem Kollektivvertrag unterliegen, zusätzlich noch Mitarbeiter gebe, für die die Pensionszuschussregelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 existiere. Für all jene Mitarbeiter, die vor dem 1. 7. 1990 eingetreten seien, sei diese nämlich zum Inhalt des Einzelarbeitsvertrags geworden. Vorstand und Aufsichtsrat bestätigten, dass „diese Pensionszuschussregelung für den nachstehenden Personenkreis im vollen Umfang weiterhin aufrecht bleibt, wobei die aus den Dienstgeberbeiträgen resultierende Pension aus der Pensionskasse auf diesen Pensionszuschuss angerechnet wird“. Anschließend führte das Sitzungsprotokoll die davon betroffenen 13 Mitarbeiter namentlich an, darunter den Kläger.
In einer gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrates und Vorstandes am 27. 8. 1998 wurde besprochen, den B1‑Mitarbeitern die Übertragung ihrer Pensionsansprüche gegen die Genossenschaft an die V***** Pensionskassen AG anzubieten. Weiters sollte diesen Mitarbeitern eine Pensionsabfindung im Ausmaß von 50 % des Deckungserfordernisses aus Anlass der Übertragung des restlichen Teils an die Pensionskasse angeboten werden, um diesen langgedienten Mitarbeitern einen besonderen Anreiz zum Wechsel zu bieten. Dieses Angebot galt auch für die beiden Geschäftsleiter, darunter der Kläger, wozu der Aufsichtsrat ausdrücklich seine Zustimmung erteilte.
Auch für den Kläger wurde (wie für die B1‑Mitarbeiter) daher von der V***** Pensionskassen AG eine Berechnung betreffend die „Übertragung der Pensionsansprüche an die Pensionskasse“ übermittelt. Eingangs dieses an den Kläger gerichteten Schreibens heißt es wie folgt: „Durch den Zusatzkollektivvertrag zum Kollektivvertrag für die Angestellten der gewerblichen Kreditgenossenschaften wird der Ihnen zustehende Pensionszuschuss bereits teilweise über die Pensionskasse finanziert. Im Zusatzkollektivvertrag ist auch die Möglichkeit vorgesehen, die verbleibende Pensionsverpflichtung der Bank Ihnen gegenüber an die Pensionskasse zu übertragen. Dadurch wird die gesamte Zusatzpension künftig von der Pensionskasse ausbezahlt.“ Auf Grundlage der dem Schreiben angeschlossenen Berechnung stimmte der Kläger am 11. 9. 1998 der „teilweisen Übertragung [s]einer Pensionsanwartschaft in die Pensionskasse zu“, ersuchte „um Zusendung der Vertragsunterlagen“ und „um Abfindung [s]einer Pensionszusage in Höhe von 50 %“.
Für alle Vereinbarungen zwischen dem Kläger (der eigentlich B2 zuzuordnen gewesen wäre) und der Genossenschaft wurden die von der Pensionskasse (für die B1‑Mitarbeiter) erstellten Musterformulare verwendet. Am 11. 9. 1998 unterfertigten der Kläger und die Genossenschaft ein solches „Vertragsmuster für die teilweise Übertragung der Pensionszuschussregelung in die Pensionskasse“, worin unter anderem festgehalten war: „Dadurch erlöschen die §§ 18 bis 38 und § 44 des Kollektivvertrages und alle sonstigen auf Einzelvereinbarung oder Betriebsvereinbarung beruhenden Pensionsansprüche gegen die V*****bank und werden zur Gänze durch die Leistungen der Pensionskasse ersetzt. […] Sollten hinsichtlich des Pensionskassenvertrages vom Kollektivvertrag abweichende günstigere Regelungen in Einzelvereinbarungen oder Betriebsvereinbarungen (höhere Pensionskassenbeiträge oder ein abweichender Übertragungsbetrag) zulässigerweise vereinbart worden sein, bleiben diese unberührt.“
Ebenfalls unter Verwendung eines Vertragsmusters der Pensionskasse, das in der Personalabteilung der Genossenschaft nur hinsichtlich der persönlichen Daten und der Beträge ergänzt worden war, schloss die Genossenschaft (dabei vertreten unter anderem durch das damalige Vorstandsmitglied der Genossenschaft Mag. P*****) am 14. 9. 1998 mit dem Kläger folgende Vereinbarung (Beilage ./2 des Gerichtsakts):
„1. Herr Mag. Dr. S***** hat gemäß Dienstvertrag vom 2. 1. 1995 in Verbindung mit dem Vorstands- und Aufsichtsratsbeschluss vom 30. Oktober 1997 Anspruch auf Pensionszuschuß gemäß dem Kollektivvertrag für die Angestellten der gewerblichen Kreditgenossenschaft idF Februar 1994.
Über ausdrücklichen Wunsch des Dienstnehmers (siehe Beilage) wird vereinbart, eine Pensionsabfindung in Höhe von 50 % des in der Beilage errechneten Übertragungsbetrages, das sind S 1,680.326,00 zu leisten.
Grundlage dieser Abfindungsvereinbarung ist die Berechnung laut Beilage 2 zur Vereinbarung über die Übertragung der Pensionszuschußregelung in die Pensionskasse vom 11. September 1998, die hiermit von beiden Vertragsparteien als richtig und vollständig anerkannt und dieser Vereinbarung zugrundegelegt wird.
2. Die Übertragung des Restbetrages in Höhe von 50 %, das sind S 1,680.326,00 in die V***** Pensionskassen AG erfolgt in einer gesonderten Vereinbarung zwischen der W***** Genossenschaft m.b.H. und Herrn Mag. Dr. R***** S*****.
3. Zur Auszahlung der Pensionsabfindung wird folgendes vereinbart: Die Überweisung der Pensionsabfindung in Höhe von S 1,680.326,00 erfolgt im Zuge der Gehaltsverrechnung per 1. Oktober 1998.
4. Mit Erhalt der oben vereinbarten Abfindung und der Übertragung in die Pensionskasse sind sämtliche Pensionsansprüche von Herrn Mag. Dr. R***** S***** gegen die W***** Genossenschaft m.b.H. abgegolten, Pensionsansprüche bestehen nunmehr ausschließlich gegenüber der V***** Pensionskassen AG.“
Tatsächlich erhielt der Kläger wie zu Punkt 3 vereinbart die Pensionsabfindung in Höhe von 1,680.326 ATS ausbezahlt. Er verwendete den Betrag zur teilweisen Tilgung eines Kredites.
„Der Kläger war damals mit der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 samt Klausel in Punkt 4 einverstanden, weil er die betriebsinterne Pensionszuschussregelung ohnehin als 'totes Recht' ansah und davon ausging, dass sein einzelvertraglicher Pensionsanspruch nur subsidiär wirken würde und die Pensionskasse aufgrund des hohen Übertragungsbetrages jedenfalls mehr erwirtschaften würde, als sich nach der einzelvertraglichen Zusage ergeben könnte. Der Verzicht gegenüber der Bank hatte damals aus seiner [Sicht] somit keinen Nachteil. “ (Feststellung auf S 12 des Ersturteils)
Nachdem sich die Erlöse der Pensionskasse über die Jahre nicht so entwickelt hatten, wie man bei den ursprünglichen Berechnungen Ende der 1990er Jahre angenommen hatte, wurde es für die Genossenschaft notwendig, für jene Mitarbeiter, die an der einzelvertraglichen Pensionszusage festgehalten hatten, Rückstellungen zu bilden. In einem Aktenvermerk vom 1. 2. 2005 hielt der Kläger als zuständiger Geschäftsleiter unter Hinweis auf das Protokoll der 5. gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrates und Vorstandes vom 13. 6. 1990, S 30, fest, dass es für einen beschränkten Personenkreis eine hausinterne Pensionszuschussregelung gebe, die kraft einzelvertraglicher Zusage einzelnen Mitarbeitern gegenüber bestehe. Für die Bilanz zum 31. 12. 2003 sei erstmals ein versicherungsmathematisches Gutachten eingeholt worden zwecks Berechnung eines etwaigen Fehlbetrags aus der Leistung der Pensionskasse im Vergleich zum einzelvertraglichen Pensionszuschuss, der nach 30 im Haus verbrachten Dienstjahren maximal 20 % der Bemessungsgrundlage und bei mindestens 20 pensionsanrechenbaren Dienstjahren im Haus 10 % des letzten Bezugs einschließlich der Sozialausgaben betrage. Voraussetzung für eine Differenzberechnung sei das Vorliegen eines Leistungsausweises der Pensionskasse gewesen, der auf den gleichen Pensionsantritt (Männer 65 Jahre, Frauen 60 Jahre) abstelle wie die einzelvertragliche Pensionszuschussregelung. Da sich die Pensionsleistungen aus der Pensionskasse in den vergangenen drei Jahren stetig reduziert hätten statt sich prognosegemäß zu erhöhen, sei erstmals im Jahr 2003 ein solches Gutachten in Auftrag gegeben worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass bei einem Teil der Berechtigten tatsächlich ein Zuschuss aus der hausinternen Regelung dazukomme, weil die Performance der Pensionskasse dermaßen gering sei, dass selbst ein 10 oder 20%iger Zuschuss höher als die Leistungen aus der Pensionskasse sei.
Mit Einbringungs- und Sachgründungsvertrag vom 28. 6. 2012 wurde das gesamte Unternehmen der Genossenschaft mit allen Rechten und Pflichten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 92 Abs 4 BWG) in die beklagte Aktiengesellschaft eingebracht. In der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrates der Beklagten vom 28. 6. 2012 wurden der Kläger für die Dauer von fünf Jahren und Mag. M***** für die Dauer von drei Jahren als Vorstandsmitglieder bestellt. Mit 20. 10. 2012 wurde die Beklagte in das Firmenbuch eingetragen.
Der Aufsichtsrat der Beklagten wollte, dass die beiden neuen Vorstände, die bislang Geschäftsleiter und Angestellte der Genossenschaft gewesen waren, durch die Umwandlung der Bank in eine Aktiengesellschaft keine Nachteile erlitten. Beabsichtigt war, sie so zu stellen, wie sie stünden, wenn die Bank weiter eine Genossenschaft geblieben wäre. Um „klare Verhältnisse“ zu schaffen, beauftragte der Aufsichtsrat Rechtsanwalt Dr. V*****, mit den beiden neuen Vorständen neue Verträge auszuhandeln. Prokuristin Mag. S***** wurde vom Aufsichtsrat mit „Erhebungen“ zur aktuellen arbeitsrechtlichen Situation der beiden neuen Vorstände befasst. Sie informierte Dr. V***** mit E‑Mail vom 10. 7. 2012 über die Rechtsgrundlagen der bisherigen Beschäftigung („Beide Herren sind derzeit Dienstnehmer der W***** Genossenschaft m.b.H., wobei neben den abgeschlossenen Dienstverträgen (Anlage ./1 und Anlage ./2) alle einschlägigen arbeitsrechtlichen Normen für Angestellte im Sinne des AngG sowie der Kollektivvertrag der V*****banken und die Arbeitsordnung vom 27. 3. 1968 (Anlage ./3) zur Anwendung kommen. Nur für Herrn Dr. S***** gilt außerdem die Pensionszuschussregelung idF vom 10. 8. 1960 (Anlage ./4). Diese Dienstverhältnisse würden grundsätzlich mit der Einbringung des Unternehmens in die Tochter-AG gemäß § 92 Abs 4 auf die Tochter AG übergehen.“) und teilte ihm die von ihm zu klärenden Punkte mit. Abgeklärt werden sollte insbesondere, welche steuerlichen Folgen beachtet werden müssten, inwieweit der Inhalt der derzeitigen Dienstverträge und die bisher geltenden Rechtsgrundlagen im neuen Anstellungsvertrag für anwendbar erklärt werden könnten, wie der bisher erworbene Abfertigungsanspruch zu behandeln sei, insbesondere wann die Abfertigung fällig und auf Basis welcher Bemessungsgrundlage diese zu errechnen wäre, und wie die Zeiten als Vorstandsmitglied für die Pensionszuschussregelung zu zählen seien. Mit der E-Mail wurden Dr. V***** die beiden Dienstverträge, die Arbeitsordnung und die Pensionszuschussregelung idF vom 10. 8. 1960 übermittelt.
Der Kläger ließ sich auf entsprechende Verhandlungen mit Dr. V***** ein, zumal ihm Dr. F***** namens des Aufsichtsrates immer wieder zugesichert hatte, dass durch die Einbringung der Genossenschaft in die AG für ihn kein Nachteil entstehen würde und er sich unter anderem von einer späteren Auszahlung und günstigen steuerlichen Behandlung der Abfertigung Vorteile versprach.
Am 17. 10. 2012 übermittelte Dr. V***** mit E‑Mail an den Kläger „einen Erstentwurf der Neufassung Ihres Anstellungsvertrages“ und merkte zum Entwurf unter anderem an: „Zur Höhe und Ausgestaltung Ihrer Pensionszuschuss-Regelungen fehlen uns bislang relevante Informationen, um deren Erteilung wir Sie zur Vervollständigung des Vertrages ersuchen.“ In Punkt 1.5 des Erstentwurfs hieß es, formuliert von Dr. V*****, wie folgt: „[…] Für die Berechnung des Pensionsvorschuss gemäß Kollektivvertrag oder gemäß Pensionszuschussregelung vom 10. 8. 1960 (Beilage ./4) bleibt jedoch die Regelung gemäß Punkt 6 lit a) des Dienstvertrages vom 2. 1. 1995 (Beilage ./1) aufrecht, sodass bei Abschluss dieses Vorstandsvertrages insgesamt 25,75 Vordienstjahre anzurechnen sind.“ Bei einer (dem Word-Dokument inkorporierten) Glosse neben diesem Absatz führte Dr. V***** aus, dass sich aus dem Dienstvertrag nicht eindeutig ergebe, ob für den Kläger die Pensionszuschussregelung vom 10. 8. 1960 oder der Kollektivvertrag Anwendung finden solle. Es werde daher um „Anweisung“ ersucht.
In einer E‑Mail vom 24. 10. 2012 an die Prokuristin Mag. S*****, welche in Kopie auch an den Kläger ging, führte Dr. V***** aus, dass die Pensionszuschussregelung gemäß dem von ihr übermittelten Aktenvermerk eine vertragliche Zusage zwischen der Genossenschaft und den Vorständen sei, welche auf die beklagte Aktiengesellschaft übergehe. Aufgrund des vertraglichen Charakters könne diese freiwillige Leistung einer Einigung der Parteien zugeführt werden und sollte daher im Vertragsentwurf näher geregelt werden. Die Details wolle er am 31. 10. 2012 besprechen.
Mit E-Mail vom 29. 10. 2012 übermittelte der Kläger Dr. V***** für die Besprechung am 31. 10. 2012 „einen (überarbeiteten) Entwurf des Anstellungsvertrages, mit dem das dienstnehmerähnliche Anstellungsverhältnis stärker betont werden soll“. Dieser Entwurf sah unter anderem vor, dass vereinbart werde, „dass sämtliche Bestimmungen des Dienstvertrages vom 2. 1. 1995 [...] oder die Inhalt des Einzelvertrages gewordene Pensionszuschussregelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 (siehe sowohl Seite 30 des Protokolls über die 5. gemeinsame Sitzung des Aufsichtsrates und Vorstandes vom 13. 6. 1990 als auch Punkt 8 der Tagesordnung der 6. gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrates und Vorstandes vom 30. 10. 1997) […] auch für das Anstellungsverhältnis als Vorstand der Gesellschaft weitergelten“. Den Passus „insgesamt 25,75 Vordienstjahre“ in Punkt 1.5. des Entwurfs Dris. V***** änderte er in „insgesamt 33,5 (= 25,75 + 8) Vordienstjahre“ ab.
Eine Ausfertigung der Vereinbarung vom 14. 9. 1998, die er kannte, weil er zwischenzeitig mehrmals in seinem Personalakt Nachschau gehalten hatte, übermittelte der Kläger nicht an Dr. V*****. Der Kläger entschied sich „bewusst dafür, diese Urkunde nicht vorzulegen, den seinerzeitigen Verzicht nicht zu erwähnen und dem von Dr. V***** im Erstentwurf enthaltenen Passus zum Pensionszuschuss nicht zu widersprechen sondern vielmehr in seinem Sinne weiter zu modifizieren“ (dislozierte Feststellung auf S 33 des Ersturteils – unerledigte Tatsachenrüge). „[D]er Kläger [versuchte] trotz im Jahr 1998 erfolgtem Verzicht auf sämtliche Ansprüche aus dem Pensionszuschuss gegen seine damalige Dienstgeberin gegenüber der nunmehrigen beklagten Partei [...], im Zuge der Vertragsverhandlungen einen Anspruch auf Pensionszuschuss gegen die beklagte Partei zu erwirken“ (dislozierte Feststellung auf Seite 36 des Ersturteils – unerledigte Tatsachenrüge).
Am 31. 10. 2012 fand eine Besprechung über die Vertragsdetails statt. Am 15. 11. 2012 übersandte der Kläger an Dr. V***** neuerlich eine von ihm überarbeitete Fassung des Vorstandsvertrags [Anstellungsvertrags], in die die Ergebnisse des Gesprächs eingearbeitet worden waren. Dort heißt es unter der Überschrift „Anwendung von Angestelltenrecht/Abfertigung/Pensionszuschuss“:
„2.1. Soweit dieser Vorstandsvertrag nicht günstigere Bestimmungen enthält und soweit deren Anwendung mit den aktienrechtlichen un[d] satzungsmäßigen Regelungen vereinbar ist, sind die Bestimmungen des AngG– einschließlich seiner Verweisungsnormen, jedoch unter Ausschluss des Arbeitszeitgesetzes – und die Pensionszuschuß-Regelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 auf das Anstellungsverhältnis sinngemäß anzuwenden. Für die Pensionszuschußregelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 werden drei Vorstandsjahre sowie fünf Jahre für die beiden Universitätsstudien (wie bisher) angerechnet. Pensionsbemessungsgrundlage ist – wie bisher – der letzte Monatsbezug. Die Gesellschaft leistet einen Beitrag von 7,2 % des Monatsbezuges an die V***** Pensionskassen AG. Da die im Punkt 2.1 genannte zusätzliche
Pensionszuschußregelung in der Fassung von 10. 8. 1960 zum Inhalt des Einzelarbeitsvertrages mit dem nunmehrigen Organwalter wurde, gilt diese subsidiär zur Pensionskassenregelung, d.h. diese kommt dann ebenfalls zur Anwendung, wenn der monatliche Pensionszuschuss aus der Pensionskassen AG für den Organwalter geringer ausfällt, als jener, der sich aus der zusätzlichen Pensionszuschussregelung vom 10. 8. 1960 errechnet.“
Nach weiterem – vom Erstgericht festgestellten – Geschehen übermittelte Dr. V***** am 4. 9. 2013 an den Kläger und die Aufsichtsräte Dr. H***** und Dr. F***** die letzte Vertragsfassung, auf die er sich mit dem Kläger schließlich geeinigt hatte und die nur noch vom Aufsichtsrat „abgesegnet“ hätte werden müssen. Dieser Vertragsentwurf sah unter anderem Folgendes vor:
„1. Überleitung von Rechtsverhältnissen/Vertragsgegenstand/Anrechnung:
1.1. Durch die Einbringung ist das Anstellungsverhältnis zwischen Organwalter und Genossenschaft auf die Gesellschaft übergegangen. Als Mitglied des Vorstands einer Bank-Aktiengesellschaft treffen den Organwalter jedoch teilweise andere Rechte und Pflichten als ein Vorstandsmitglied/Geschäftsleiter einer Kreditgenossenschaft, weshalb eine Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf Basis des Dienstvertrages 2. 1. 1995 samt Zusatz vom 22. 3. 2012 (Beilage ./1; das „Arbeitsverhältnis“) in das Anstellungsverhältnis gemäß diesem Vorstandsvertrag (das „Anstellungsverhältnis“) vereinbart wird.
1.2. Die Vertragspartner vereinbaren daher, dass das Arbeitsverhältnis durch die Einbringung nicht beendet wird, sondern mit dem durch diesen Vorstandsvertrag angepassten Inhalt als freier Dienstvertrag weiterbesteht. Die Rechte des Organwalters aus dem Arbeitsverhältnis sollen im Rahmen des Anstellungsverhältnisses erhalten bleiben, sodass sich aus der Überleitung des Arbeitsverhältnisses für den Organwalter keine Nachteile ergeben; siehe im Einzelnen noch Punkt 2.
1.3. Ansprüche des Organwalters gegen die Gesellschaft aufgrund des Arbeitsverhältnisses werden daher nicht im Zeitpunkt der Einbringung fällig, sondern in das Anstellungsverhältnis übernommen (zur Abfertigung siehe Punkt 2.3.).
[…]
1.7. Einvernehmlich festgehalten wird, dass der Organwalter zum Zeitpunkt der Eintragung offene Ansprüche auf
a. 72 Urlaubstage,
b. Abfertigung in Höhe eines Jahresbezuges
hat, welche in das Anstellungsverhältnis übertragen werden (siehe zur Abfertigung noch Punkt 2.3).
2. Anwendung von Angestelltenrecht/Pensions-zuschuss/Abfertigung
2.1. Soweit sich aus diesem Vorstandsvertrag nicht anderes ergibt und soweit deren Anwendung mit den aktienrechtlichen und satzungsmäßigen Regelungen vereinbar ist, sind die Bestimmungen des AngG – einschließlich seiner Verweisungsnormen jedoch unter Ausschluss des Arbeitszeitgesetzes – sinngemäß und die Pensions-zuschussregelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 samt Aufsichtsratsprotokollen (Beilage ./4) auf das Anstellungsverhältnis wie bisher anzuwenden. Ebenso sind Betriebsvereinbarungen, betriebliche Übungen und der für das Unternehmen der Gesellschaft maßgebliche Kollektivvertrag, ab Einbringung also jener für Angestellte der Banken und Bankiers und die Arbeitsordnung vom 27. 3. 1968 (Beilage ./3) auch ohne ausdrückliche Anordnung sinngemäß auf das Anstellungsverhältnis anzuwenden, sodass eine wirtschaftliche oder rechtliche Schlechterstellung des Organwalters gegenüber der Gesellschaft, ausgenommen aufgrund zwingender aktiengesetzlicher Vorgaben, – im Vergleich zu seiner Stellung gegenüber der Genossenschaft im Rahmen des Arbeitsverhältnisses – ausgeschlossen ist.
2.2. Pensionszuschuss: Die Gesellschaft leistet (aufgrund der Vereinbarung vom 11. 9. 1998 für die teilweise Übertragung der Pensionszuschußregelung in die Pensionskasse; Beilage ./5) einen Beitrag von 7,2 % des Monatsbezuges (jedoch jedenfalls ohne die Gehaltskomponenten gemäß Punkt 5.2.; darin enthalten ist ein 4 %‑iger Kompensationsbeitrag für die seinerzeitige altersabhängige Kürzung des Deckungserfordernisses) an die V***** Pensionskassen AG (derzeit zu KundenNr. 3*****). Die Pensionszuschussregelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 (Beilage ./4) wurde zusätzlich zum Inhalt des Einzelarbeitsvertrages des Organwalters im Rahmen des Arbeitsverhältnisses (siehe sowohl Seite 30 des Protokolls über die 5. gemeinsame Sitzung des Aufsichtsrates und Vorstandes vom 13. 6. 1990 als auch Punkt 8. der Tagesordnung der 6. gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrats und Vorstands vom 30. 10. 1997 jeweils der Genossenschaft). Aufgrund der Überleitung wird diese Pensionszuschussregelung wie sie zur Genossenschaft bestand, nunmehr auch zum Inhalt des Anstellungsverhältnisses und gilt subsidiär sowie verhältnismäßig zur Pensionskassenregelung, sodass die aus den Dienstgeberbeiträgen resultierende Pension aus der Pensionskassa auf den Pensionszuschuss gemäß Pensionszuschussregelung vom 10. 8. 1960 (Beilage ./4) angerechnet wird.
Für Zwecke der Pensionszuschussregelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 (Beilage ./4) werden gemäß Punkt 6. lit a) des Dienstvertrages vom 2. 1. 1995 (Beilage ./1) wie bisher drei Vordienstjahre sowie fünf Jahre für die beiden Universitätsstudien angerechnet. Pensionsbemessungsgrundlage ist der letzte Monatsbezug.
2.3. Abfertigung: Für den Abfertigungsanspruch des Organwalters gemäß § 23 AngG sind auch die bereits für die Genossenschaft geleisteten Dienstzeiten (Punkt 1.4.) zu berücksichtigen. Der bis zum 19. 10. 2012 erworbene gesetzliche Abfertigungsanspruch wird stehengelassen und gelangt erst bei Beendigung dieses Anstellungsverhältnisses zur Auszahlung. Die Gesellschaft verzichtet im Hinblick auf die stehengelassene Abfertigung jedenfalls auf sämtliche Einwendungen der Verjährung, Verfristung oder sonstigen Verspätung (siehe im Übrigen Punkt 1.6.).
Der Organwalter erhält bei Ausscheiden eine Abfertigung nach Maßgabe des § 23 AngG. Es gilt als wohlverstanden, dass diese Abfertigung um das zum Zeitpunkt des Ausscheidens für den Organwalter bei der betrieblichen Vorsorgekasse veranlagte Kapital (vor Lohnsteuerabzug) reduziert wird. [...]“
Während der gesamten Vertragsverhandlungen mit dem Kläger übermittelte Dr. V***** die jeweils aktuellen Fassungen der Vorstandsvertragsentwürfe an seine beiden Ansprechpartner im Aufsichtsrat Dr. H***** und Dr. F*****. Die Aufsichtsräte A***** und Mag. P*****, die Ende der 1990er‑Jahre bereits in der Genossenschaft tätig und damals in die Auslagerung der Pensionsansprüche in die Pensionskassa involviert gewesen waren, waren mit den nunmehrigen Vertragsverhandlungen nicht direkt befasst.
Am 26. 9. 2013 fand eine Besprechung über die (einzelvertraglichen) Pensionsansprüche der (wie der Kläger im Protokoll der 6. gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrates und Vorstandes vom 30. 10. 1997 als Pensionzuschuss-berechtigte namentlich angeführten) B2‑Mitarbeiterin R***** Pa***** statt. Mag. M*****, Frau Pe***** und der Kläger besprachen dabei auch die Frage, ob weitere Mitarbeiter, die vor dem 1. 7. 1990 im Unternehmen gewesen seien, Anspruch auf eine hausinterne Pensionszuschussregelung hätten. Im Anschluss an diese Besprechung beauftragte Mag. M***** Frau Pe***** damit, Unterlagen zur damaligen Vorgehensweise beizuschaffen. Am 1. 10. 2013 erhielt Mag. M***** von Frau Pe*****, die daraufhin im sogenannten Pensionskassenordner und im Personalakt des Klägers Nachschau gehalten hatte, erstmals die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 vorgelegt, die er bei einem Vieraugengespräch am 3. 10. 2013 dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. H***** weitergab, der an diesem Tag von der Existenz dieser Vereinbarung erfuhr [dislozierte Feststellung auf S 38 der Ersturteils unter offenkundiger Namensverwechslung von Dr. H***** und Dr. V*****; Anm].
Am Nachmittag des Freitag, dem 4. 10. 2013, trafen einander der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. H***** und der Aufsichtsrat Dr. F*****, wobei Dr. H***** die Abfindungsvereinbarung vom 14. 9. 1998 und den Letztentwurf des neuen Vorstandsvertrags mitbrachte. Die Vereinbarung vom 14. 9. 1998, die auch Dr. F***** noch nicht gekannt hatte, veranlasste ihn am Montag, dem 7. 10. 2013, bei Dr. V***** nachzufragen, warum in Punkt 2.2. des Vorstandsvertrags eine Pensionszuschussregelung enthalten sei, obwohl der Kläger laut Vereinbarung vom 14. 9. 1998 doch gar keinen Anspruch auf einzelvertragliche oder auf Betriebsvereinbarung beruhende Pensionsansprüche mehr habe. Erst durch diese Anfrage des Aufsichtsrats erfuhr der beauftragte Verhandler Dr. V*****, dass es mit der Beilage . /2 eine Abfindungsvereinbarung betreffend Pensionsansprüche des Klägers gegeben hatte. Den Personalakt des Klägers, in dem diese Urkunde enthalten gewesen war, hatte er sich aus eigenem nicht angeschaut, sondern sich nur jenen Unterlagen gewidmet, die ihm der Kläger und Mag. S***** zur Verfügung gestellt hatten. Dr. V***** war davon ausgegangen, dass er die Informationen, die er brauchte, richtig und vollständig bekommen würde, weshalb er es nicht für notwendig erachtete, selbst in den Personalakt des Klägers Einsicht zu nehmen, obwohl er dazu jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte. Auch sonst hatte (außer dem Kläger selbst) vor Frau Pe***** niemand von der Beklagten anlässlich der Vertragsverhandlungen in den Personalakt des Klägers, der im Büro von Frau Pe***** aufbewahrt wird, Einsicht genommen.
Am 9. 10. 2013 antwortete Dr. V***** dem Aufsichtsrat, schilderte überblicksmäßig die bisherige Vertragsentwicklung und hielt fest, dass ihm die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 bislang nicht vorgelegen sei. Nachdem er bei seinen Aufsichtsratskollegen Rücksprache gehalten hatte, ging Dr. F***** am Donnerstag, dem 10. 10. 2013, persönlich in die Bank und verlangte vom Kläger Aufklärung zur Frage seiner Pensionsansprüche. Er übergab ihm ein Schreiben, in dem der Kläger aufgefordert wurde, Stellung dazu zu nehmen, warum er der Meinung sei, dass die Pensionszuschussregelung in der Fassung vom 10. 8. 1960 nach wie vor für ihn Anwendung finde, obgleich ihm „aufgrund der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 kein Anspruch mehr auf auf einzelvertragliche oder auf Betriebsvereinbarung beruhende Pensionsansprüche mehr zusteht, sondern nur noch Ansprüche aus der Leistung gegenüber der Pensionskasse“. Dem Kläger wurde die Möglichkeit einer Stellungnahme bis zum 15. 10. 2013 eingeräumt und er wurde bis dahin widerruflich vom Dienst freigestellt (suspendiert).
In der Stellungnahme vom 13. 10. 2013 erläuterte der Kläger, dass er „wie sich nun herausstellt, irrtümlicherweise“ überzeugt gewesen sei, dass die bankinterne Pensionszuschussregelung für ihn als Geschäftsleiter der Kreditgenossenschaft wie für alle anderen im Protokoll vom 30. 10. 1997 namentlich genannten Personen subsidiär gelte. Er „stehe nicht an, den Passus [zum Pensionszuschuss] aus dem Vertragsentwurf zu streichen“.
Nachdem sich der Aufsichtsrat mit dieser Stellungnahme befasst hatte und zum Ergebnis gekommen war, dass nun kein Vertrauen mehr in den Kläger bestehe, entschloss man sich, die Zusammenarbeit mit dem Kläger sofort zu beenden. Mit Schreiben vom 15. 10. 2013 an den Kläger erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Beklagten mit sofortiger Wirkung den Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorstand gemäß § 75 Abs 4 AktG wegen grober Pflichtverletzung und Vertrauensunwürdigkeit. Im selben Schreiben wurde „analog der Bestimmung des § 27 Angestelltengesetz“ die sofortige Entlassung des Klägers ausgesprochen.
Der Kläger begehrt von der Beklagten 1.003.057,99 EUR samt Zinsen. Mit Wirkung 20. 10. 2012 (Eintragung der Beklagten im Firmenbuch) habe aufgrund seiner Bestellung zum Vorstand der Beklagten sein Angestelltendienstverhältnis zur Genossenschaft geendet, womit sein gesetzlicher Abfertigungsanspruch fällig geworden sei. Ihm stehe eine Abfertigung im Ausmaß von zwölf Monatsentgelten in der Höhe von gesamt 223.051,38 EUR zu. Er sei unberechtigt entlassen worden, weshalb ihm das vertraglich vereinbarte Entgelt bis zum Ende der vereinbarten Funktionsperiode als Vorstand am 19. 10. 2017 zustehe, dies seien 737.102,68 EUR samt Zinsen. Außerdem habe er Anspruch auf Bezahlung der Pensionskassenbeiträge für den Zeitraum Oktober 2013 bis November 2016, weshalb die Beklagte schuldig sei, ihm – zu Handen der V***** Pensionskassen AG – 42.903,93 EUR zu zahlen. Zudem begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte schuldig sei, 1. ihm für den Zeitraum vom 1. 12. 2016 bis einschließlich 19. 10. 2017 sämtliche ihm aus dem Dienstverhältnis zur Beklagten zustehenden Entgeltansprüche und sonstige Ansprüche jeweils bei Fälligkeit zu bezahlen, 2. im Zeitraum 1. 12. 2016 bis einschließlich 19. 10. 2017 auf der Grundlage der Pensionsvereinbarung ihm zustehende Beiträge zu Handen der V***** Pensionskassen AG jeweils bei Fälligkeit zu entrichten, und 3. ihm einen allfälligen steuerlichen Differenzschaden, welcher ihm daraus entstehe, dass die ihm zustehende gesetzliche Abfertigung nicht fristgemäß von der Beklagten ausbezahlt worden sei, zur Gänze zu ersetzen. Im Übrigen erhob der Kläger gegen die Entlassung einen Verfristungseinwand sowie einen Mitverschuldenseinwand.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger sei berechtigt entlassen worden. Er habe versucht, die direkte Leistungszusage auf einen Pensionszuschuss wieder aufleben zu lassen, indem er dem Vertragsverfasser absichtlich die Verzichtsurkunde vom 14. 9. 1998 unterschlagen und in der Folge eine Vertragsformulierung empfohlen habe, welche das alte Pensionsrecht, auf das er ausdrücklich verzichtet gehabt habe, wieder in Geltung gesetzt hätte. Dieses Verhalten sei besonders verwerflich, weil er selbst seinerzeit der Verantwortliche für die Umwandlungen der ursprünglichen direkten Leistungszusagen in beitragsorientierte Pensionszusagen gewesen sei. Selbst wenn er von einer subsidiären Weitergeltung des einzelvertraglichen Pensionszuschusses ausgegangen wäre, hätte er Rechtsanwalt Dr. V***** auf die Abfindungserklärung vom 14. 9. 1998 hinweisen und die entsprechenden Vereinbarungen vorlegen müssen. Nach dem Ausscheiden des Klägers seien der Beklagten weitere Entlassungsgründe bekannt geworden. Im Zuge einer Prüfung durch die Oesterreichische Nationalbank im Jahre 2013 habe er bestimmte von ihm zu verantwortende Mängel der EDV absichtlich verschwiegen („Sparzinsen-vorrat“, „Buchungskosten“). Er habe auch Fehler gegenüber der Innenrevision vertuscht. Daraus seien der Beklagten Schäden in der Höhe von 112.500 EUR entstanden, welche die Beklagte gegen die Klagsforderung compensando einwende. Weiters habe der unter anderem für die Verwaltung der bankeigenen Liegenschaften alleinverantwortliche Kläger aus reiner Bequemlichkeit die Vermietung der Wohnung Top 2 in dem der Beklagten gehörenden Haus H*****gasse 7, *****, unterlassen, woraus ein ebenfalls compensando eingewendeter Schaden von 6.000 EUR resultiere. Bei den von der Parfümerie D***** GmbH im Haus K***** Straße 26, *****, angemieteten Bestandobjekten habe er eine infolge Eigentümerwechsel mögliche Mietzinsanhebung unterlassen, was einen weiteren Grund für die Entlassung darstelle; den Mietzinsentgang von 2.100.911,27 EUR wendete die Beklagte gleichfalls als Schadenersatzforderung compensando ein.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen – vom Obersten Gerichtshof zum Teil um den Inhalt unstrittig echter Urkunden ergänzten (vgl
RIS‑Justiz
RS0121557 [T3]
) – sowie weitere Feststellungen. Die Entlassung sei berechtigt, weil der Kläger den Verhandlungsführern der Beklagten durch das Vorenthalten der Beilage ./2 (= Vereinbarung vom 14. 9. 1998) in über Monate laufenden Vertragsverhandlungen die Möglichkeit genommen habe, aus eigenem zu beurteilen, wie die dort enthaltene Klausel zu verstehen sei. Sämtliche entlassungsabhängigen und für den Zeitraum nach Ausspruch der Entlassung geltend gemachten Ansprüche stünden somit nicht zu. Solange die Parteien miteinander Gespräche über das rechtliche Schicksal des bei Betriebsübergang vorliegenden Dienstverhältnisses geführt hätten, könne auch noch nicht von einer Fälligkeit der Abfertigung ausgegangen werden; diese sei frühestens mit dem Scheitern der Gespräche durch den Ausspruch der Entlassung fällig geworden. Ob die Abfertigung zustehe, hänge daher gleichfalls von der – vom Erstgericht bejahten – Frage ab, ob die Entlassung des Klägers zu Recht ausgesprochen worden sei. Die Nachlässigkeit des Nichteinsichtnehmens der Beklagten in den Personalakt erreiche kein für ein Mitverschulden relevantes Ausmaß, zumal der Kläger bislang ein seriöses, langgedientes Mitglied der Führungsriege gewesen sei und man daher davon ausgegangen sei, über derartige Unterlagen informiert zu werden.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil in ein dahingehendes Teilurteil ab, dass die Klagsforderung auf Zahlung von 214.958,54 EUR brutto samt 9,08 % Zinsen seit 15. 10. 2013 an den Kläger als zu Recht bestehend erkannt wurde; im Übrigen wurde die Klagsabweisung bestätigt. Die Entscheidung über die eingewendeten Gegenforderungen bis zur Höhe der zu Recht bestehenden Klagsforderung sowie über die Kosten des Verfahrens behielt das Berufungsgericht der Endentscheidung vor.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts mit folgenden Einschränkungen:
- Das Berufungsgericht nahm nicht wie das Erstgericht an, bei den seit 2003 jährlich vom Kläger namens der Genossenschaft beauftragten Berechnungen und Rückstellungen seien eigene einzelvertragliche Pensionsansprüche des Klägers zunächst nicht berücksichtigt worden. Vielmehr ging das Berufungsgericht aufgrund des übereinstimmenden Vorbringens der Parteien davon aus, dass der Kläger ab einschließlich der Bilanz für das Jahr 2003 einen Versicherungsmathematiker mit der Berechnung allenfalls erforderlicher Rückstellungen für die Dienstnehmer mit einer einzelvertraglichen Pensionszuschussregelung, darunter auch für seine eigene Person, beauftragt hatte.
- Das Berufungsgericht legte seiner Entscheidung den – oben wiedergegebenen – Wortlaut der E‑Mail Dris. V***** an den Kläger vom 17. 10. 2012 zugrunde (worin der Kläger um die Erteilung relevanter Informationen zu seiner Pensionszuschussregelung ersucht wurde) und ging damit nicht wie das Erstgericht davon aus, dass Dr. V***** den Kläger mit dieser E-Mail um diesbezügliche „Informationen/Unterlagen“ ersuchte.
- Das Berufungsgericht verwarf die Tatsachenrügen des Klägers gegen mehrere Passagen im Ersturteil („und er entschied sich – obwohl Dr. V***** zum Pensionszuschuss weitere Unterlagen verlangt hatte(Blg ./M) – daher bewusst dafür, diese Urkunde nicht vorzulegen, den seinerzeitigen Verzicht nicht zu erwähnen und dem von Dr. V***** im Erstentwurf enthaltenen Passus zum Pensionszuschuss nicht zu widersprechen sondern vielmehr in seinem Sinne weiter zu modifizieren“ [Ersturteil Seite 33]; „Realistisch ist vielmehr, dass, wie in den neunziger Jahren allgemein üblich, offenbar auch der Kläger davon ausging, dass die Performance der Pensionskasse gute Erträge und eine für ihn zufriedenstellend hohe Pension erwirtschaften würde.“ [Ersturteil S 30]; „Wer, wenn nicht der Kläger als Geschäftsleiter, wäre damals in der Lage gewesen, den Pkt 4 dieses Musterformulars 'klarer' zu formulieren oder seinen wahren Wünschen entsprechend abändern zu lassen.“ [Ersturteil Seite 30]; „Dass der Kläger, wie er selbst im Widerspruch zu Frau Pe***** zugestand, vermeintliche eigene Pensionszuschuss-Ansprüche nicht in die Rückstellungen einbeziehen ließ ('Für mich selbst gab es nie auch nur einen Cent einer Rückstellung, das war niemals erforderlich'), spricht dafür, dass der Kläger jedenfalls 2005 noch wusste, dass er auf diese Ansprüche verzichtet hatte. Wäre das nämlich nicht der Fall gewesen, so hätte man doch ab dann auch für seine (einzelvertraglichen Pensions)Ansprüche vorsichtshalber Rückstellungen bilden müssen und nicht nur bis in die Neunziger Jahre.“ [Ersturteil Seite 31]; „Es ist daher nachvollziehbar, dass in diesem Umfeld, schließlich verhandelte er mit einer jahrelangen, verdienten ('fit und proper' – Blg ./29) Führungskraft einer Bank, damit gerechnet hatte, dass ihm die Unterlagen (vom Kläger) zur Verfügung gestellt würden.“ [Ersturteil Seite 35]); „Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Kläger trotz im Jahr 1998 erfolgtem Verzicht auf sämtliche Ansprüche aus dem Pensionszuschuss gegen seine damalige Dienstgeberin gegenüber der nunmehrigen beklagten Partei versuchte, im Zuge der Vertragsverhandlungen einen Anspruch auf Pensionszuschuss gegen die beklagte Partei zu erwirken.“ [Ersturteil Seite 36]; der Kläger, mag er dies vielleicht vorher wirklich vergessen gehabt haben, die Blg ./2 im Zuge dieser Vorgänge gefunden und gelesen haben muss [Ersturteil Seite 32 f]) mit der Begründung, es handle sich um keine dislozierten Feststellungen, sondern bloß um Erwägungen bzw Ausführungen des Erstgerichts im Rahmen seiner Beweiswürdigung bzw rechtlichen Beurteilung.
- Zur Tatsachenrüge gegen die festgestellte Motivation des Klägers für sein Einverständnis mit der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 samt Klausel in Punkt 4. vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, die soweit unstrittige weitere Vorgangsweise des Klägers, ab der Bilanz 2003 auch für sich (und die anderen Mitarbeiter mit einer „subsidiären“ einzelvertraglichen Pensionszusage) versicherungsmathematische Berechnungen für allenfalls erforderliche Rückstellungen zu veranlassen, sowie der Inhalt seiner Stellungnahme vom 13. 10. 2013 sprächen „tatsächlich deutlich“ für die gewünschte Ersatzfeststellung (diese lautete: „Der Kläger war damals mit der Vereinbarung Blg ./2 (samt Klausel in Pkt 4.) einverstanden. Er ging nämlich davon aus, dass die gesamte Vereinbarung Blg ./2 und somit auch die Abgeltungsklausel im Punkt 4. sich nur auf den Pensionszuschuss gemäß dem Kollektivvertrag bezieht. Er ging weiters davon aus, dass nach wie vor die bankinterne Pensionszuschussregelung für ihn subsidiär gelten wird. Der Kläger hat die Klausel in Pkt 4. nicht als Verzicht auf die einzelvertragliche Pensionszusage aufgefasst.“). Auch diese Tatsachengrundlage würde jedoch nach Ansicht des Berufungsgerichts „im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung des Entlassungsgrundes führen“.
Rechtlich führte das Berufungsgericht insbesondere aus, selbst bei der vom Kläger vertretenen Auslegung bewirke die Abfindungsvereinbarung vom 14. 9. 1998 offensichtlich eine ganz wesentliche Änderung des Inhalts der einzelvertraglichen Pensionszuschussvereinbarung. Selbst wenn der Kläger von einer Weitergeltung der einzelvertraglichen Regelung ausgegangen sei, bleibe unverständlich, warum er die für seinen vertraglichen Pensionsanspruch jedenfalls zentrale Abfindungsvereinbarung Rechtsanwalt Dr. V***** verschwiegen habe. Konkret bringe der Kläger dafür auch keine Rechtfertigung vor. Eine drohende Schädigung der Beklagten durch dieses Verschweigen sei keinesfalls ausgeschlossen gewesen, da nach dem zuletzt vorgesehenen Vertragstext vom 4. 9. 2013 der Pensionszuschuss schlicht die Differenz zwischen der sich nach der Zuschussregelung vom 10. 8. 1960 ergebenden Höhe und der tatsächlich ausbezahlten Pensionskassenleistung gewesen wäre, dies ohne Berücksichtigung des bereits ausbezahlten Abfindungsbetrags. Es liege nahe, dass die Beklagte dem Kläger nach seiner Pensionierung als Vorstand den Pensionszuschuss entsprechend dieser Vertragsklausel in voller Höhe ausgezahlt hätte beziehungsweise sogar auszahlen hätte müssen. Der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit, für dessen Erfüllung weder eine Schädigungsabsicht auf Seiten des Arbeitnehmers noch ein konkreter Schadenseintritt beim Arbeitgeber erforderlich sei und ein bloß fahrlässiges Verhalten genüge, sei verwirklicht. Das Verhalten des Klägers, bei den Vertragsverhandlungen die erfolgte Abfindungsvereinbarung zu verschweigen und demgegenüber eine Formulierung vorzuschlagen, wonach ihm ein Pensionszuschuss in Höhe der Differenz zur tatsächlich ausbezahlten Pensionskassenleistung zustehe, habe nach dem Auftauchen der entsprechenden Abfindungsvereinbarung aus Sicht des Dienstgebers nur so verstanden werden können, dass sich der Kläger dadurch einen Pensionszuschuss jedenfalls in einer ihm nicht zustehenden Höhe erschleichen habe wollen. Dass die Abfindungsvereinbarung auf die Höhe des ihm zustehenden einzelvertraglichen Pensionszuschusses jedenfalls eine Auswirkung haben müsse, sei offensichtlich. Selbst wenn ihm die Konsequenzen seiner Vorgangsweise nicht bewusst gewesen wären, habe der Kläger diesen Vertrauensverlust jedenfalls fahrlässig zu verantworten. Die Beurteilung einer Handlung oder Unterlassung als ein Verschulden sei ein Akt der rechtlichen Beurteilung, sodass das Berufungsvorbringen, das Erstgericht habe keine Feststellungen zur inneren Tatseite des Klägers getroffen, ins Leere gehe.
Dass der Aufsichtsrat bzw der von ihm beauftragte Rechtsanwalt Dr. V***** im Zuge eigener Erhebungen auch in den Personalakt des Klägers Einsicht nehmen und dabei die Abfindungsvereinbarung erkennen hätte können, ändere nichts daran, dass sich die Beklagte zunächst vom Kläger erwarten habe können, dass dieser in den Gesprächen zur Vertragsgestaltung dem Vertragsverfasser die für die Formulierung seines Pensionsanspruchs wesentlichen Informationen erteile und nicht eine Vertragsformulierung veranlasse, aufgrund der er einen ihm so nicht zugestandenen Pensionszuschuss geltend machen könne. Soweit der Kläger ein (überwiegendes) Mitverschulden der Beklagten einwende und dazu darauf verweise, dass das nunmehrige Aufsichtsratsmitglied Mag. P***** die Abfindungsvereinbarung vom 14. 9. 1998 für die Beklagte unterfertigt habe, sei ihm entgegenzuhalten, dass der Entlassungsvorwurf darin bestehe, dass der Kläger gegenüber dem vom Aufsichtsrat beauftragten Rechtsanwalt die Abfindungsvereinbarung verschwiegen und die Formulierung eines Pensionszuschusses ohne Berücksichtigung dieser Abfindungsvereinbarung veranlasst habe. Dass das Aufsichtsratsmitglied Mag. P***** an diesem Verhalten des Klägers eine Mitschuld treffe, sei nicht nachvollziehbar. Die Kenntnis des Mag. P***** von der Abfindungsvereinbarung könnte allenfalls ein Mitverschulden an einem Schaden aus dem abgeschlossenen schriftlichen Vorstandsvertrag begründen. Die Tatsache, dass Mag. P***** die Abfindungsvereinbarung im Jahr 1998 unterfertigt habe, habe in keiner Weise zum Verschweigen dieser Vereinbarung seitens des Klägers gegenüber Dr. V***** beigetragen.
Die Entlassung sei auch unverzüglich ausgesprochen worden wie auch von einer Verwirkung des Entlassungsrechts hier keine Rede sein könne.
Im Ergebnis betrachtete das Berufungsgericht die Entlassung als berechtigt, weshalb die Abweisung der Zahlungsbegehren auf Kündigungsentschädigung an den Kläger und an die Pensionskasse sowie der entsprechenden Feststellungsbegehren als Teilurteil zu bestätigen gewesen sei.
Zur teilweisen Abänderung im klagsstattgebenden Sinn führte das Berufungsgericht aus, der Grundsatz der weisungsfreien Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand schließe eine persönliche Abhängigkeit als Wesensmerkmal des Arbeitsverhältnisses aus, sodass der Anstellungsvertrag des einzelnen Vorstandsmitglieds kein Dienstvertrag, sondern ein sogenannter „freier Dienstvertrag“ sei. Der Anspruch des Klägers auf Abfertigung sei daher mit seiner Bestellung zum Vorstandsmitglied entstanden und fällig geworden. Richtig sei wohl, dass eine Vereinbarung mit dem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, die Abfertigung aus dem bisherigen Angestelltenverhältnis nicht auszuzahlen, sondern auf den Abfertigungsanspruch weiterhin das AngG anzuwenden und die als Angestellter zurückgelegten Zeiten einzubeziehen, einem Günstigkeitsvergleich im Sinne des § 3 ArbVG standhalte und dadurch auch die Fälligkeit des aus dem Angestelltenverhältnis erfließenden Abfertigungsanspruchs hinausgeschoben werde. Zu einer solchen Vereinbarung sei es jedoch hier nicht gekommen. Wohl sei es richtig, dass sich der Kläger und der vom Aufsichtsrat beauftragte Rechtsanwalt Dr. V***** zuletzt auf einen Vertragsentwurf geeinigt hätten, der eine solche Vereinbarung vorgesehen habe. Unterfertigt und damit abgeschlossen sei diese Vereinbarung jedoch nicht worden. Die vom Kläger auf Grundlage der Gehaltsabrechnung für Oktober 2012 vorgenommene Berechnung des Abfertigungsanspruchs sei zutreffend. Es errechne sich ein dem Kläger zustehender Abfertigungsanspruch in der Höhe von 214.958,54 EUR brutto.
Hinsichtlich der Abweisung eines (Abfertigungs‑)Betrags von 8.092,84 EUR (223.051,38 EUR – 214.958,54 EUR) samt Zinsen erwuchs das Berufungsurteil in Rechtskraft, ebenso hinsichtlich der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens bezüglich der zugesprochenen Abfertigung von 214.958,54 EUR und hinsichtlich der Abweisung des Feststellungsbegehrens bezüglich des steuerlichen Differenzschadens.
Gegen den klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit einem auf gänzliche Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag, hilfsweise mit einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Gegen den klagsabweisenden Teil des Berufungsurteils, soweit dieser nicht unangefochten in Rechtskraft erwuchs, richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit einem auf gänzliche Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag, hilfsweise mit einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die Beklagte beantragt in ihrer vom Senat freigestellten Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision des Klägers mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Die außerordentliche Revision des Klägers ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.
I. Zur außerordentlichen Revision der Beklagten:
I.1. Das Berufungsgericht ging zutreffend davon aus, dass Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft keine Arbeitnehmer sind. Sie stehen in keinem abhängigen Arbeitsverhältnis; soweit ein „Anstellungsvertrag“ (§ 75 Abs 1 AktG) besteht, begründet dieser lediglich ein sogenanntes freies Dienstverhältnis (
8 ObS 3/14w; 7 Ob 22/17m; vgl RIS‑Justiz RS0027993). Hierin liegt begründet, dass mit der
Bestellung eines Angestellten zum
Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft sein bisheriges Angestelltenverhältnis – zumindest im Zweifel (Rebhahn in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 1151 Rz 239; Schörghofer/Tinhofer in Kalss/Frotz/Schörghofer, Handbuch für den Vorstand [2017] Kap 7 Rz 3 mwH) – nicht bloß ruht (so noch 3 Ob 232/53 = HS 2104 = RIS‑Justiz RS0026464), sondern erlischt und aufgrund der damit vorliegenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Abfertigungsanspruch fällig geworden ist (9 ObS 5/89; 9 ObS 6/89 = ZAS 1989/28 [Schima]). Nach ständiger Rechtsprechung ist es aber – wie ebenso bereits vom Berufungsgericht erkannt – zulässig zu vereinbaren, die Abfertigung aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis nicht auszuzahlen, sondern insbesondere auf den Abfertigungsanspruch weiterhin das AngG anzuwenden und die als Angestellter zurückgelegten Zeiten einzubeziehen; eine solche Vereinbarung hält einem Günstigkeitsvergleich im Sinne des § 3 ArbVG stand (RIS‑Justiz RS0028466).
I.2. Die Beklagte zieht in ihrer außerordentlichen Revision nun nicht in Zweifel, dass ohne eine besondere Vereinbarung durch den Eintritt eines Angestellten in den Vorstand der Abfertigungsanspruch entsteht und fällig ist. Sie will aber aus dem Sachverhalt eine Vereinbarung über die Nichtauszahlung der Abfertigung unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ableiten, also den Abschluss einer besonderen Vereinbarung. Das Berufungsgericht hat eine solche verneint, weil es – aufgrund der Entlassung des Klägers – nicht mehr zur Unterfertigung des zwischen Rechtsanwalt Dr. V***** und dem Kläger ausgehandelten Vertrags gekommen sei. Die Beklagte begründet die Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision damit, dass in diesem Punkt dem Berufungsurteil eine grobe Fehlbeurteilung anhafte; das Berufungsgericht hätte trotz fehlender Unterfertigung von einer wirksamen Vereinbarung auszugehen gehabt.
I.2.1. Zum Abschluss des sogenannten „Anstellungsvertrages“ mit dem Vorstandsmitglied ist nach § 75 Abs 1 letzter Satz AngG der Aufsichtsrat berufen (Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG II5 § 76 AktG Rz 75; Kalss in Kalss/Schauer, Gesellschaftsrecht2 Rz 3/374; Nowotny in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 75 Rz 17; Herzer/Strobl in Gratzl/Hausmaninger/Justich, Handbuch zur Aktiengesellschaft I [2017] Kap 6 Rz 32). Wenn die Beklagte sich darauf beruft, dass Dr. V***** und der Kläger sich nach den Feststellungen letztlich über den Vertragstext geeinigt hätten und damit bereits ein Vertrag geschlossen worden sei, so übergeht sie, dass Dr. V***** allein mit der Aushandlung und Erstellung eines (schriftlichen) Vertrags, nicht aber mit dessen Abschluss befasst war. Dies wurde von Dr. V***** auch immer nach außen hin kommuniziert, zumal die von ihm vorbereiteten, sowohl dem Kläger als auch Mitgliedern des Aufsichtsrates übermittelten Vertragsentwürfe immer eine Unterfertigung des Vertrags durch einerseits den Kläger, andererseits den Vorsitzenden des Aufsichtsrates Dr. H***** vorsahen.
I.2.2. Angesichts dieses Umstands sowie jenem, dass es zu keiner Vertragsunterfertigung mehr kam, ist es auch keinesfalls eine grobe Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht aus anderen festgestellten Umständen– etwa jenen, dass der Kläger am Rande der Aufsichtsratssitzung vom 12. 9. 2013 gefragt wurde, ob man das Thema Abfertigung nicht endlich erledigen könnte und er nicht doch einverstanden wäre, sich die Abfertigung gleich auszahlen zu lassen, und der Kläger hierauf ein Berechnungsblatt übermittelte aus dem ersichtlich war, dass er von einer Abfertigung von mehr als 220.000 EUR ausging, und er erklärte, er sei mit einer Auszahlung einverstanden, sollte er diesen Betrag bekommen und das Ganze sicher mit 6 % versteuert werden – nicht den Schluss zog, es sei sehr wohl eine Vereinbarung getroffen worden, dem Kläger die Abfertigung (noch) nicht auszuzahlen. Gerade wenn ein schriftlicher Vertrag geschlossen werden sollte, ist besondere Vorsicht geboten, trotz der unterbliebenen Unterfertigung einen schlüssigen Vertragsschluss (§ 863 ABGB) anzunehmen. Ob durch ein schlüssiges Verhalten ein
Vertrag zustande gekommen ist, hängt im Übrigen typischerweise von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0081754 [T8]). Nur bei einer – hier jedenfalls nicht vorliegenden – groben Fehlbeurteilung ist die Frage, ob ein Vertrag schlüssig zustandegekommen ist, revisibel (
RIS‑Justiz RS0043253 [T7]).
I.3. Das Berufungsgericht erachtete den Abfertigungsanspruch mangels Abschlusses einer entgegenstehenden Vereinbarung als mit Eintritt des Klägers in den Vorstand entstanden und fällig geworden, sprach dem Kläger aber Zinsen erst ab dem 15. 10. 2013, dem Tag der Entlassung, zu. Zumal bis dahin Verhandlungen über die Übernahme der Abfertigungsanwartschaft in das freie Dienstverhältnis geführt worden seien, sei von einem einvernehmlichen Hinausschieben der Fälligkeit des fällig gewordenen Anspruchs auszugehen. Das Berufungsgericht nahm somit eine (ändernde) Stundung des mit dem Eintritt des Klägers in den Vorstand fällig gewordenen Abfertigungsanspruchs bis zum Scheitern der Vertragsverhandlungen durch Ausspruch der Entlassung an.
Stundung hat den Eintritt der Fälligkeit zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0033283). Warum sich die Ansicht des Berufungsgerichts, die Parteien hätten einvernehmlich die Fälligkeit des fällig gewordenen Anspruchs hinausgeschoben (sodass eine ändernde Stundung vorliege), und seine Ansicht, der Anspruch des Klägers auf Abfertigung sei mit seiner Bestellung zum Vorstandsmitglied entstanden und fällig geworden, widersprechen sollen, erschließt sich dem Revisionsgericht nicht.
Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage war die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.
II. Zur außerordentlichen Revision des Klägers:
Zu den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO):
II.1. Der Kläger erblickt eine Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils und hilfsweise einen wesentlichen Verfahrensmangel darin, dass in diesem bestimmte erstgerichtliche Feststellungen „nicht ausdrücklich erwähnt“ wurden.
Dies überzeugt nicht.
Nach der Rechtsprechung kann die in einem Berufungsurteil enthaltene unrichtige
Wiedergabe der Feststellungen des Erstgerichts eine Aktenwidrigkeit begründen (RIS‑Justiz
RS0116014 [T3]),
die aber dadurch zu bereinigen ist, dass der Oberste Gerichtshof seiner rechtlichen Beurteilung die Feststellungen des Erstgerichts zugrunde legt (RIS‑Justiz
RS0116014; 9 ObA 20/16f). Das „Unerwähntlassen“ von Feststellungen durch das Berufungsgericht ist von Vornherein nicht geeignet, eine Aktenwidrigkeit oder einen relevanten Verfahrensmangel zu begründen, zumal solche Feststellungen vom Revisionsgericht umso mehr ohne weiteres seiner Entscheidung zugrunde zu legen sind.
II.2. Der Kläger rügt als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, das Berufungsgericht habe auf den Seiten 38 f des Berufungsurteils betreffend die in seinen (unerledigt gebliebenen) Tatsachenrügen enthaltenen Ersatzfeststellungen die Ansicht vertreten, diese führten „im Wesentlichen“ zu einer bestimmten, vom Berufungsgericht näher beschriebenen Änderung der Tatsachengrundlage (welche das Berufungsgericht sodann dahingehend rechtlich beurteilte, dass auch auf dieser Grundlage der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit verwirklicht sei). Damit stehe nicht genau fest, von welcher Sachverhaltsgrundlage das Berufungsgericht ausgehe, „was für die Ausführung der Revision von Relevanz ist“.
Dem Kläger ist zu erwidern, dass das Berufungsgericht auf Seite 38 (iVm Punkt 2.3.) seines Teilurteils klar festhielt, aufgrund des übereinstimmenden Vorbringens der Parteien davon auszugehen, dass der Kläger ab einschließlich der Bilanz für das Jahr 2003 einen Versicherungsmathematiker mit der Berechnung allenfalls erforderlicher Rückstellungen für die Dienstnehmer mit einer einzelvertraglichen Pensionszuschussregelung, darunter auch für seine eigene Person, beauftragt hat, und es die entgegenstehende Feststellung auf Seite 13 des Ersturteils, er hätte dies für seine eigene Person nicht getan, nicht übernehme. Ebenso hielt es auf Seite 38 (iVm Punkt 2.5.) seines Teilurteils klar fest, vom Wortlaut der E-Mail vom 17. 10. 2012 auszugehen und nicht von der dessen Inhalt nicht präzis wiedergebenden Feststellung des Erstgerichts, Dr. V***** habe um „Informationen/Unterlagen“ ersucht.
Wenn das Berufungsgericht im Weiteren unter Zugrundelegung von vom Kläger gewünschten Ersatzfeststellungen ausführte, auch diesfalls ändere sich am rechtlichen Ergebnis nichts, so legte es bloß dar, dass seines Erachtens die Nichterledigung der betreffenden Tatsachenrügen jedenfalls kein relevanter Verfahrensmangel des Berufungsverfahrens sei und damit eine Erledigung der betreffenden Tatsachenrügen unterbleiben könne. Es wäre daher am Kläger gelegen, in seiner Verfahrensrüge in der außerordentlichen Revision darzulegen, dass unter Zugrundelegung der Ersatzfeststellungen seiner Klage stattzugeben gewesen wäre. Solche Ausführungen enthält das Rechtsmittel nicht.
Auch unter Zugrundelegung dessen, dass der Kläger nicht vorsätzlich agiert haben sollte (er nämlich in der Abfindungsvereinbarung keinen Verzicht auf seinen „subsidiären“ einzelvertraglichen Pensionsanspruch gesehen haben sollte), erweist sich – wie noch dargelegt werdenwird – die Entlassung als gerechtfertigt, zumal für den Kläger erkennbar die Verzichtsvereinbarung vom 14. 9. 1998 für den Vertragsverhandler Dr. V***** von großem Interesse gewesen wäre und für den Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit fahrlässiges Verhalten des Dienstnehmers ausreicht. Auch vermochte – wie bereits vom Berufungsgericht erkannt – die (feststehende) Kenntnis Dris. V***** von der Übertragungsvereinbarung vom 11. 9. 1998 einen Hinweis des Klägers auf die Verzichtsvereinbarung vom 14. 9. 1998 nicht überflüssig zu machen; die Vereinbarung vom 11. 9. 1998 erwähnte nämlich nicht die Auszahlung der Hälfte des zu übertragenden Deckungserfordernisses an den Kläger.
II.3. Der Kläger rügt als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, dass das Berufungsgericht mehrere seiner Tatsachenrügen unerledigt gelassen habe:
Die Tatsachenrüge gegen die Feststellung „Erst durch diese Anfrage des Aufsichtsrats erfuhr der beauftragte Verhandler Dr. V*****, dass es mit der Blg ./2 eine Abfindungsvereinbarung betreffend Pensionsansprüche des Klägers gegeben hatte.“ wurde vom Berufungsgericht gesetzeskonform verworfen.
Der vermeintlichen Tatsachenfeststellung „ Realistisch ist vielmehr, dass, wie in den neunziger Jahren allgemein üblich, offenbar auch der Kläger davon ausging, dass die Performance der Pensionskasse gute Erträge und eine für ihn zufriedenstellend hohe Pension erwirtschaften würde. “ [Ersturteil Seite 30] kommt in rechtlicher Hinsicht keine Entscheidungsrelevanz zu, zumal hier kein Motivirrtum des Klägers zu beurteilen ist. Die Tatsachenrüge ging damit jedenfalls ins Leere.
Bei der Passage „Wer, wenn nicht der Kläger als Geschäftsleiter, wäre damals in der Lage gewesen, den Pkt 4 dieses Musterformulars 'klarer' zu formulieren oder seinen wahren Wünschen entsprechend abändern zu lassen.“ auf Seite 30 des Ersturteils handelt es sich eindeutig um keine Tatsachenfeststellung.
Der vermeintlichen Tatsachenfeststellung„Dass der Kläger, wie er selbst im Widerspruch zu Frau Pe***** zugestand, vermeintliche eigene Pensionszuschuss-Ansprüche nicht in die Rückstellungen einbeziehen ließ ('Für mich selbst gab es nie auch nur einen Cent einer Rückstellung, das war niemals erforderlich'), spricht dafür, dass der Kläger jedenfalls 2005 noch wusste, dass er auf diese Ansprüche verzichtet hatte. Wäre das nämlich nicht der Fall gewesen, so hätte man doch ab dann auch für seine (einzelvertraglichen Pensions) Ansprüche vorsichtshalber Rückstellungen bilden müssen und nicht nur bis in die Neunziger Jahre.“ [Ersturteil Seite 31] kommt keine Entscheidungsrelevanz zu, zumal die Frage, was der Kläger 2005 wusste, für die Entscheidung des Falles in rechtlicher Hinsicht ohne Belang ist.
Auch die vermeintliche Tatsachenfeststellung „Es ist daher nachvollziehbar, dass in diesem Umfeld, schließlich verhandelte er mit einer jahrelangen, verdienten ('fit und proper' – Blg ./29) Führungskraft einer Bank, damit gerechnet hatte, dass ihm die Unterlagen (vom Kläger) zur Verfügung gestellt würden.“ [Ersturteil Seite 35]) ist rechtlich ohne Bedeutung, zumal es nicht auf die Beweggründe Dris. V***** ankommt, nicht in den Personalakt Einsicht zu nehmen.
Der Passage „Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Kläger trotz im Jahr 1998 erfolgtem Verzicht auf sämtliche Ansprüche aus dem Pensionszuschuss gegen seine damalige Dienstgeberin gegenüber der nunmehrigen beklagten Partei versuchte, im Zuge der Vertragsverhandlungen einen Anspruch auf Pensionszuschuss gegen die beklagte Partei zu erwirken.“ auf Seite 36 des Ersturteils kommt Feststellungscharakter zu, wobei sich die Feststellung inhaltlich zum Teil mit der noch gesondert zu behandelnden (ebenso) dislozierten Feststellung auf Seite 33 des Ersturteils deckt, sodass für beide dasselbe gilt bzw diese als Einheit zu betrachten sind.
Die Passage „der Kläger, mag er dies vielleicht vorher wirklich vergessen gehabt haben, die Blg ./2 im Zuge dieser Vorgänge gefunden und gelesen haben muss“ auf Seite 32 f des Ersturteils deckt sich inhaltlich mit der Feststellung auf Seite 18 des Ersturteils „Eine Ausfertigung der Vereinbarung vom 14. 9. 1998, die er kannte, weil er zwischenzeitig mehrmals in seinem Personalakt Nachschau gehalten hatte, übermittelte der Kläger nicht an Dr. V*****.“; die hiergegen erhobene Tatsachenrüge hat das Berufungsgericht gesetzeskonform verworfen.
Zur Rechtsrüge:
II.4. Der Kläger vertritt in seiner Rechtsrüge im Wesentlichen die Ansicht, die Feststellungen des Erstgerichts reichten nicht hin, um gegen ihn den Vorwurf zu erheben, er hätte der Beklagten die Existenz der Vereinbarung vom 11. 9. 1998 (vorsätzlich) „verheimlicht“ oder „verschwiegen“. Zu seiner „subjektiven Tatseite“ fehlten Feststellungen. Soweit das Erstgericht hierzu dislozierte Feststellungen getroffen habe, habe das Berufungsgericht die betreffende Tatsachenrüge in der Berufung nicht erledigt, was der Kläger hilfsweise als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt.
Der Kläger habe bei richtigem Verständnis mit der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 nicht auf den einzelvertraglichen Pensionszuschuss verzichtet, wovon er guten Glaubens ausgegangen sei. Ihm sei nicht vorzuwerfen, fahrlässig die Aufklärungsbedürftigkeit der anderen Seite nicht erkannt zu haben. Beim Verhandeln seines eigenen Vorstandsvertrags habe ihn keine besondere Aufklärungspflicht gegenüber der Beklagten getroffen. Die Beklagte sei Vertragspartner der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 gewesen; welche Verträge man abgeschlossen habe, müsse jeder sorgfältige Vertragspartner im redlichen Geschäftsverkehr selbst wissen. Der Beklagten sei es auch jederzeit möglich gewesen, die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 dem Personalakt zu entnehmen. Das (zumindest seinerzeitige) Wissen einzelner Aufsichtsratsmitglieder von der Vereinbarung sei dem Aufsichtsrat und damit der Beklagten selbst zuzurechnen. Dass die Beklagte Dr. V***** zur Vertragsverfassung eingeschaltet habe, der kein Wissen von der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 gehabt habe, dürfe nicht zu Lasten des Klägers gehen. Der Kläger habe daher keinen Entlassungsgrund gesetzt.
Die Entlassung sei im Übrigen verspätet ausgesprochen worden, wie sie auch „verwirkt“ sei und gegen Treu und Glauben verstoße. Bei Bejahung einer berechtigten und rechtzeitigen Entlassung wäre zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass die Beklagte sich nicht selbst über die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 informiert habe, adäquat kausal und schuldhaft im Sinne des § 1162c ABGB die Auflösung des freien Dienstvertrags bewirkt habe.
II.5. Die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts zur „subjektiven Tatseite“ des Klägers, insbesondere jene auf Seite 33 des Ersturteils, klammerte das Berufungsgericht aus dem Sachverhalt aus, zumal es sich seines Erachtens gerade nicht um (dislozierte) Feststellungen handelte.
Die Zuordnung einzelner Teile eines Urteils zu den Feststellungen hängt nicht vom Aufbau des Urteils ab, weshalb
auch in der rechtlichen Beurteilung oder in der Beweiswürdigung enthaltene, aber eindeutig dem Tatsachenbereich zuzuordnende Ausführungen als („dislozierte“) Tatsachenfeststellungen zu behandeln sind (RIS‑Justiz
RS0043110). Die (vom Kläger in Punkt 4.7. der Berufung mit Tatsachenrüge bekämpfte) Ausführung des Erstgerichts auf Seite 33 des Ersturteils, der Kläger habe sich bewusst dafür entschieden, die Urkunde über die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 nicht vorzulegen, den seinerzeitigen Verzicht nicht zu erwähnen und dem von Dr. V***** im Erstentwurf enthaltenen Passus zum Pensionsanspruch nicht zu widersprechen, sondern ihn vielmehr in seinem Sinne weiter zu modifizieren, hat eindeutig Feststellungscharakter. Es liegt durch die Nichterledigung der Tatsachenrüge gegen diese dislozierte Feststellung eine – in der Revision ordnungsgemäß gerügte – Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vor (E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 503 Rz 11).
Ein Verfahrensmangel nach § 503 Z 2 ZPO kann aber nur dann zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts führen, wenn er wesentlich für die Entscheidung war und sich auf diese auswirken konnte (9 ObA 150/15x; RIS‑Justiz RS0116273). Die Frage, ob dem Kläger Vorsatz zur Last fällt, ist – wie bereits vom Berufungsgericht erkannt – für die Frage der Berechtigung der Entlassung ohne Bedeutung (hierzu sogleich unter Punkt II.6.). Ihre Beantwortung ist auch nicht im Lichte des vom Kläger erhobenen Mitverschuldenseinwands erforderlich (hierzu unter Punkt II.7.), sodass sich die Nichterledigung der Tatsachenrüge letztlich nicht als entscheidungsrelevant erweist.
II.6. Die Streitparteien standen seit Eintritt des Klägers in den Vorstand in einem freien Dienstverhältnis (vgl Punkt I.1.).
Auf ein solches sind jene arbeitsrechtlichen Normen, die nicht vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers ausgehen und den sozial Schwächeren schützen sollen, analog anwendbar (
RIS‑Justiz
Analog anzuwenden sind auch die Entlassungsgründe des § 27 AngG, soweit davon nicht nur ganz arbeitnehmerspezifische Umstände umfasst sind (
RIS‑Justiz
RS0021758 [T15]), daher auch der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 letzter Fall AngG (8 Ob 563/89 [unter Punkt 2.]).
II.6.1. Unter den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 letzter Fall AngG fällt jede Handlung oder Unterlassung eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt, weil dieser befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, sodass dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind (RIS‑Justiz RS0029547). Die Vertrauensverwirkung kann auch auf Handlungen des Angestellten beruhen, die mit dem Dienstverhältnis in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen (RIS‑Justiz RS0029333; RS0029343). An Angestellte in leitender Stellung sind dabei im Allgemeinen strengere Anforderungen zu stellen (RIS‑Justiz RS0029652; RS0029341).
Für den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 letzter Fall AngG genügt Fahrlässigkeit; Schädigungsabsicht oder Schadenseintritt sind nicht erforderlich (RIS‑Justiz RS0029531). Die Begehungshandlung muss pflichtwidrig und schuldhaft sein (RIS‑Justiz RS0029531 [T10]). Das essentielle Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung dient der Abgrenzung zu einer auf einem nur geringfügigen Verschulden (etwa einem unbedeutenden Versehen) beruhenden, vergleichsweise geringfügigen Verfehlung (RIS‑Justiz RS0029531 [T9]).
Je weniger intensiv die Schuld ist, um so eher ist dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar (RIS‑Justiz RS0029531 [T12]).
II.6.2. Während des freien Dienstverhältnisses verhandelten die Parteien über den Abschluss eines schriftlichen Anstellungsvertrags (§ 75 Abs 1 letzter Satz AktG). Mit diesem wären unter anderem das neue (freie) Dienstverhältnis des Klägers, das Schicksal von dessen vorherigem Angestelltenverhältnis und die noch offenen Ansprüche des Klägers aus demselben genauer geregelt worden. Dass das Aushandeln des eigenen Anstellungsvertrags ein außerdienstliches Verhalten des Klägers war, steht der Heranziehung des Entlassungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit nicht entgegen, zumal die Vertrauensverwirkung auch auf Handlungen des Angestellten beruhen kann, die mit dem Dienstverhältnis in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen.
II.6.3. Dem Kläger wird von der Beklagten vorgeworfen, ihr bzw dem von ihr für die Vertragsverhandlungen beauftragten Rechtsanwalt Dr. V***** gegenüber die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 „verheimlicht“, „verschwiegen“ oder trotz ihrer Aufklärungsbedürftigkeit zumindest unerwähnt gelassen zu haben. Es wird damit ein Unterlassen des Klägers geltend gemacht. Die Qualifizierung einer Unterlassung unter den Tatbestand des § 27 Z 1 letzter Fall AngG setzt voraus, dass eine Rechtspflicht zum Handeln bestand (Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG [2005] § 27 Rz 73).
Jeder Geschäftspartner muss grundsätzlich die
eigenen Interessen selbst wahrnehmen (RIS‑Justiz RS0014811 [T6]; RS0016390 [T7]; RS0014820 [T1]). Deshalb besteht keine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner über alle Umstände aufzuklären, die auf seine Entschließung einen Einfluss haben können (RIS‑Justiz RS0014811 [T10]; RS0016390 [T4, T11]; RS0014820 [T4]). Eine Aufklärungspflicht ist aber dann zu bejahen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs eine Aufklärung erwarten durfte (RIS‑Justiz RS0016390 [T3]), so etwa, wenn diesem ein Schaden droht (RIS‑Justiz RS0014811 [T1, T5]) oder der andere aus besonderen Gründen verpflichtet ist, den Irrenden aufzuklären (RIS‑Justiz RS0014811 [T9]). Entscheidend ist, ob nach Lage des Falles eine Aufklärungsnotwendigkeit besteht (RIS‑Justiz RS0016390 [T5]) und der andere Teil eine Aufklärung erwarten durfte (RIS‑Justiz RS0016390 [T7]), somit ob ein Schutzbedürfnis des Vertragspartners vorliegt (RIS‑Justiz RS0016390 [T16]).
„Besondere Umstände“, die eine Verpflichtung zur Information des anderen nach sich ziehen, können vorliegen, wenn der andere Auskünfte oder Belehrungen verlangt (vgl RIS‑Justiz RS0014811 [T18]; RS0016207). Verweigert der Gefragte die Informationserteilung, kann hierin eine Einschränkung der berechtigten Erwartung des Fragenden, vom anderen informiert zu werden, liegen (siehe A. Reich‑Rohrwig , Aufklärungspflichten vor Vertrags-abschluss unter besonderer Berücksichtigung des Unternehmenskaufs [2015] 246). Antwortet der Gefragte, kann der andere hingegen grundsätzlich von der Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Information ausgehen (A. Reich‑Rohrwig aaO 223).
„Besondere Umstände“ liegen auch – abseits von Umsatzgeschäften und ähnlichen Geschäften, in welchen die Ausnützung eines Informationsvorsprungs grundsätzlich unbedenklich ist (vgl 3 Ob 111/09h) – in einer Situation vor, in der sich der andere zwar grundsätzlich selbst informieren könnte und müsste, seinem Gegenüber aber der Umstand, dessen Relevanz für die Entscheidungsfindung des anderen und dessen aktuelles Nichtwissen vom Umstand bekannt ist. Hier wäre es unbillig, dürfte der Wissende den anderen in Unkenntnis lassen. In einem solchen Fall liegt eine subsidiäre Informationspflicht des Wissenden vor, mag die Verletzung der Obliegenheit zur Selbstinformation dem anderen auch zum Mitverschulden gereichen (siehe A. Reich‑Rohrwig aaO 156, 326 f, 601).
II.6.4. In 9 ObA 192/02d wurde der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit als verwirklicht beurteilt, weil ein Geschäftsführer einer GmbH, der ohne entsprechende Rechtsgrundlage eine Urlaubsablöse für 14 Tage in der Höhe von 57.000 ATS in Anspruch nahm, obwohl ihm bewusst war, dass Gespräche über eine einvernehmliche Auflösung seines Dienstverhältnisses unmittelbar bevorstanden, im Gespräch mit einem Mitglied des Aufsichtsrates die erhaltene Zahlung mit keinem Wort erwähnte, obwohl er nicht damit rechnen konnte, dass seinem Gesprächspartner dieser Umstand bekannt sein musste.
In 9 ObA 103/15k wurde in einem Fall, in dem der Arbeitnehmer seine Nebenbeschäftigungen bereits dem Vorgänger des Direktors schriftlich gemeldet hatte, nicht aber abermals dem neuen Direktor, die Verneinung des Entlassungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit durch das Berufungsgericht nicht als korrekturbedürftig qualifiziert und die außerordentliche Revision zurückgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, warum es dem neuen Direktor nicht zumutbar gewesen sein soll, die Informationen etwa den in der Direktion aufliegenden Unterlagen zu entnehmen.
II.6.5. Im vorliegenden Fall musste der Kläger damit rechnen, dass seinem Gesprächspartner – dem vom Aufsichtsrat mit dem Aushandeln eines Anstellungsvertrags beauftragten Rechtsanwalt Dr. V***** – die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 unbekannt war, zumal diese während der Vertragsverhandlungen und in den Vertragsentwürfen niemals Erwähnung fand. Da in der Vereinbarung vorgesehen war, dass mit Erhalt einer Pensionsabfindung in Höhe von 50 %, nämlich von 1.680.326 ATS, und der Übertragung des Restbetrags in Höhe von 50 %, nämlich weiterer 1.680.326 ATS in die V***** Pensionskassen AG „sämtliche“ Pensionsansprüche des Klägers gegen die Genossenschaft abgegolten seien und solche nunmehr „ausschließlich“ gegenüber der V***** Pensionskassen AG bestünden, war dem Kläger auch erkennbar, dass es sich bei der Vereinbarung um einen Umstand handelte, der auf die Entscheidungsfindung der Beklagten jedenfalls einen großen Einfluss haben könnte. Aufgrund der langen verstrichenen Zeit musste der Kläger davon ausgehen, dass das Aufsichtsratsmitglied Mag. P*****, der die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 namens der Genossenschaft mitunterfertigt hatte, diese bereits vergessen hatte. Da Dr. V***** die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 monatelang niemals thematisierte, musste der Kläger auch annehmen, dass sich am offenkundigen Informationsdefizit der anderen Seite auch nichts ändern werde. Hinzu kommt (und dies unterscheidet den Fall wesentlich von jenem zu 9 ObA 103/15k), dass Dr. V***** den Kläger anfänglich der Übermittlung des Erstentwurfs gerade um die Erteilung relevanter Informationen zur Höhe und Ausgestaltung seiner Pensionszuschussregelungen ersucht hatte und er in der Folge diesem Ersuchen zumindest insofern entsprach, dass er (auch) in Hinsicht auf die angesprochene Thematik Formulierungsvorschläge machte, bei welchen auf diverse Details hingewiesen wurde, nämlich auf ganz bestimmte Sitzungen des Aufsichtsrates und des Vorstandes. Dadurch konnte – wovon der Kläger ausgehen musste – bei Dr. V***** der Eindruck entstehen, ihm seien sämtliche Eckpunkte des bisherigen Geschehens bereits bekannt.
Der Oberste Gerichtshof vermag daher dem Berufungsgericht nicht entgegenzutreten, wenn es von einer Rechtspflicht des Klägers zur Information der Beklagten bzw Dris. V***** über die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 ausging.
II.6.6. Dem Kläger war nach den Feststellungen die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 aufgrund von von ihm getätigter Einsichtnahmen in seinen eigenen Personalakt während der Vertragsverhandlungen mit Dr. V***** bewusst. Damit ist dem Kläger in Bezug auf die unterlassene Unterrichtung der anderen Seite über die Vereinbarung zumindest eine – jedenfalls nicht bloß geringfügige (vgl RIS‑Justiz RS0029531 [T9]) – Fahrlässigkeit anzulasten. Die Entlassung des Klägers war damit – auch angesichts dessen, dass an leitende Mitarbeiter strengere Maßstäbe anzulegen sind (RIS‑Justiz RS0029652) und der Kläger sogar als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft fungierte – berechtigt.
II.6.7. Die Frage, was der Kläger mit seiner– vermeintlich – absichtlichen Unterlassung der Information von Dr. V***** über die Existenz der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 erreichen wollte, gehört dem Tatsachenbereich an. Da es für die Frage der Berechtigung der Entlassung gerade nicht darauf ankommt, ob der Kläger mit Absicht handelte und – wie noch zu zeigen sein wird – mangels eines Mitverschuldens der Beklagten im Sinne des § 1162c ABGB bzw § 32 AngG diese Frage auch für die betreffende Mitverschuldensregel nicht von Relevanz ist, bedarf sie keiner Klärung; ein sekundärer Feststellungsmangel liegt nicht vor.
II.6.8. Dem deutlichen Wortlaut der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 nach verzichtete der Kläger auf sämtliche Pensionsansprüche gegen die Genossenschaft gegen Auszahlung von 1.680.326 ATS an ihn und Übertragung weiterer 1.680.326 ATS an die Vi***** Pensionskassen AG. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vereinbarung entgegen dem deutlichen Wortlaut womöglich dahingehend ausgelegt werden könnte, keinen gänzlichen Verzicht auf Pensionsansprüche zu enthalten. Jedenfalls hatte der von der Beklagten hinzugezogene Vertragsverhandler ein offenkundiges Interesse, von der Vereinbarung in Kenntnis zu sein. Der Frage der „richtigen“ Auslegung der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 kommt daher keine Entscheidungsrelevanz zu. Ob der Kläger durch die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einer vermeintlichen, für ihn günstigeren Auslegung des Punktes 4 der Vereinbarung vom 14. 9. 1998 überrascht wurde, was der Kläger in der außerordentlichen Revision als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt, erweist sich demnach als irrelevant.
II.7.1. Der Kläger erhob einen Mitverschuldenseinwand. Er hält in der außerordentlichen Revision seine Ansicht aufrecht, dass die Beklagte, indem sie nicht selbst in den Personalakt Einsicht nahm, in welcher die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 auflag, ein sorgfaltswidriges Verhalten gesetzt habe, das für seine Entlassung adäquat-kausal gewesen sei. Ohne die Sorgfaltspflichtverletzungen der Beklagten bzw des ihr zuzurechnenden Rechtsanwalts Dr. V***** hätte keine wie auch immer geartete Aufklärungspflicht seinerseits bestanden. Eine etwaige fahrlässige Nichtaufklärung seinerseits sei nur durch das von der Beklagten selbst zu vertretende fahrlässige Verhalten, insbesondere die fahrlässige Unwissenheit der Beklagten bzw ihres Anwalts bedingt. Folglich habe es jedenfalls zur Anwendung des § 1162c ABGB zu kommen.
II.7.2. Auf freie Dienstverhältnisse ist im Wege der Analogie die in § 1162c ABGB sowie § 32 AngG enthaltene Mitverschuldensregel anzuwenden ( Pfeil in Neumayr/Reissner , ZellKomm 3 § 32 AngG Rz 3 und §§ 1162‑1162d Rz 10; Neumayr in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.02 § 1162c Rz 1).
II.7.2.1. Nach dieser Mitverschuldensregel hat der Richter, wenn beide Teile ein Verschulden an dem Rücktritt oder der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses trifft, nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt. An der Berechtigung der Entlassung ändert ein Mitverschulden des Arbeitgebers jedoch nichts. Das pflichtwidrige und schuldhafte Verhalten des entlassenen Arbeitnehmers wird dadurch zwar nicht beseitigt, aber es erscheint in einem anderen abgeschwächten Licht (4 Ob 17/83 = Arb 10.222; RIS‑Justiz RS0028217; Pfeil in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1162c ABGB Rz 2 mwN).
II.7.2.2. Die Mitverschuldensregel des § 1162c ABGB bzw des § 32 AngG ist grundsätzlich nur bei berechtigter vorzeitiger Auflösung anwendbar, insbesondere dann, wenn beide Teile ein Verschulden trifft, das als so schwerwiegend zu beurteilen ist, dass auf beiden Seiten jeweils ein Austrittsgrund bzw ein Entlassungsgrund verwirklicht wird, und zwar unabhängig davon, ob der Erklärende Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ist (RIS Justiz RS0116864 [T1]). Das Mitverschulden des Auflösenden muss aber nicht unbedingt so weit gehen, dass es als Auflösungsgrund beurteilt werden müsste; es muss aber doch ein Verschulden des Auflösenden an der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses und nicht etwa ein Verschulden des Auflösenden schlechthin vorliegen (vgl RIS‑Justiz RS0028220; Neumayr in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 1162c Rz 3). Das als Mitverschulden gewertete Fehlverhalten muss für die Auflösung des Dienstverhältnisses adäquat kausal gewesen sein (Kuras in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 32 Rz 8; Pfeil in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 32 AngG Rz 6). Kommt den eigenen „Verschuldensbeiträgen“ des die Auflösung Erklärenden nicht das Gewicht von berechtigten Auflösungsgründen zu, ist eine unmittelbare Kausalität für das Fehlverhalten des Erklärungsempfängers – das im Sinne der ständigen Judikatur sein Fehlverhalten in einem anderen Licht erscheinen lässt – erforderlich (Kuras in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 32 Rz 9). Ein typischer Anwendungsfall des Mitverschuldenseinwands bei berechtigter Entlassung ist, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber einen Entlassungsgrund setzte, indem er diesen schlug, er zuvor jedoch vom Arbeitgeber provoziert worden war (8 ObA 202/95).
II.7.2.3. Bloße Aufsichtsverletzungen seitens des Dienstgebers führen nach Lehre (Krejci in Rummel, ABGB3 § 1162c Rz 3) und Rechtsprechung nicht schon zu einem Mitverschulden des Dienstgebers im Sinne des § 32 AngG bzw § 1162c ABGB. So wurde bereits im Plenarbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 22. 6. 1927, Präs 554/26(= SZ 9/82 = JB 28 neu = Arb 3687) entschieden, dass der Fall eines wegen Untreue berechtigt entlassenen Dienstnehmers, der den Dienstgeber im Gerichtsverfahren vorwarf, er habe es an seiner erforderlichen Kontrolle und Beaufsichtigung fehlen lassen, „nicht […] angetan ist, ein brauchbares Beispiel des Mitverschuldens des Dienstgebers an der vom Dienstnehmer verschuldeten vorzeitigen Entlassung des letzteren darzustellen“. In 9 ObA 94/14k bezeichnete der erkennende Senat – in der Terminologie des für außerordentliche Revisionen geltenden Prüfungsmaßstabs (vgl 6 Ob 46/14d) – es in einem Beschluss auf Zurückweisung einer außerordentlichen Revision als „nicht unvertretbar“, dass das Berufungsgericht in den von der Arbeitnehmerin behaupteten fehlenden organisatorischen Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen der Arbeitgeberin, die einen Befugnismissbrauch der Arbeitnehmerin überhaupt verhindern hätten sollen, kein schuldhaftes Verhalten der Arbeitgeberin im Sinne des zu beurteilenden Mitverschuldenseinwands nach § 1162c ABGB bzw § 32 AngG gesehen hatte.
II.7.2.4. Eine parallele Wertung lässtdie Rechtsprechung zur schadenersatzrechtlichen Mitverschuldensbestimmung des § 1304 ABGB erkennen. So wird judiziert, dass der auf Schadenersatz in Anspruch genommene Geschäftsführer nicht als Mitverschulden der Gesellschaft einwenden kann, die Gesellschafter hätten ihrer Kontrollbefugnis nach § 35 Abs 1 Z 5 GmbHG nicht entsprochen (6 Ob 183/13z = RWZ 2014/26 [Wenger]). Als Grund hierfür ist anzusehen, dass die Sorgfaltspflicht des zur Geschäftsführung berufenen Organs gerade auch dann besteht, wenn die Gesellschafter ihre Kontrollbefugnisse nicht oder nur ungenügend wahrnehmen (Enzinger in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG § 35 Rz 74; vgl ferner Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1304 Rz 7a).
II.7.2.5. Auch in den in Punkt II.7.2.3. zitierten Fällen Präs 554/26 und 9 ObA 94/14k ist als Grund dafür, dass der Arbeitnehmer mangelnde Überwachung und Kontrolle nicht als Mitverschulden des Arbeitgebers im Sinne des § 32 AngG bzw § 1162c ABGB einwenden konnte, anzusehen, dass es einem Arbeitnehmer auch dann und gerade dann nicht gestattet ist, sich als untreu oder vertrauensunwürdig zu erweisen, wenn der Arbeitgeber ihn nicht ohnehin beaufsichtigt, kontrolliert und überwacht. Auch hat eine Überwachung (Kontrolle, Beaufsichtigung) des Arbeitnehmers nicht den Sinn, ihn vor den Nachteilen einer von ihm gesetzten Untreue oder Vertrauensunwürdigkeit zu schützen; vielmehr erfolgt die Überwachung (Kontrolle, Beaufsichtigung) einzig im Eigeninteresse des Arbeitgebers.
II.7.2.6. Diese Wertungen sind auf den vorliegenden Fall übertragbar: Vergleichbar den Fällen von Arbeitgebern, die Überwachungsmaßnahmen unterlassen und damit eine Situation schaffen, die fahrlässige oder vorsätzliche schädliche Handlungen der Arbeitnehmer begünstigen, schuf die Beklagte hier durch das Unterlassen der Einsichtnahme in den Personalakt bloß eine Lage, die es dem Kläger ermöglichte, durch Aushandeln eines neuen Vertrags beinahe (nämlich verhindert bloß durch die unterbliebene Vertragsunterfertigung) ein Recht zu erlangen, auf welches er bereits vor Jahren zumindest nach dem Wortlaut der damaligen Verzichtsvereinbarung umfassend verzichtet hatte. Es liegt hierin mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs kein Mitverschulden der Beklagten im Sinne des § 32 AngG oder § 1162c ABGB. Auf die Mitverschuldensbestimmung kann sich der Kläger damit nicht berufen.
II.8.1. Das Entlassungsrecht war – wie bereits vom Erstgericht zutreffend ausgeführt – nicht verfristet.
Bei einem zweifelhaften Sachverhalt ist der Dienstgeber verpflichtet, die zur Feststellung des Sachverhalts erforderlichen und zumutbaren Erhebungen ohne Verzögerung durchzuführen (RIS‑Justiz RS0029345), wie er auch (immer) berechtigt ist, dem Dienstnehmer Gelegenheit zu geben, vor der Entlassung Stellung zu nehmen (jüngst 9 ObA 54/18h mwN). Die Verpflichtung zur Nachforschung nach einem
Entlassungsgrund besteht aber nur dann, wenn dem Dienstgeber konkrete Umstände zur Kenntnis gelangt sind, die die Annahme rechtfertigen, dass das Verhalten des Dienstnehmers eine
Entlassung rechtfertigt (
RIS‑Justiz
RS0029345). De
r Grundsatz, dass Entlassungsgründe bei sonstiger Verfristung unverzüglich,
dass heißt ohne schuldhaftes Zögern, geltend zu machen sind, beruht auf dem Gedanken, dass ein Arbeitgeber, der eine Verfehlung seines Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des
Entlassungsrechts im konkreten Fall verzichtet (RIS‑Justiz
RS0031799 [T15]).
II.8.2. Für eine Verfristung bietet der festgestellte Sachverhalt keinen Anlass: Am Dienstag, dem 1. 10. 2013, erhielt der Vorstandskollege des Klägers Mag. M***** erstmals die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 vorgelegt, die er bei einem Vieraugengespräch am Donnerstag, dem 3. 10. 2013, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. H***** weitergab, der sich am Folgetag mit dem Aufsichtsrat Dr. F***** traf, woraufhin am Montag, dem 7. 10. 2013, bei Dr. V***** nachgefragt wurde, der am Mittwoch, dem 9. 10. 2013, antwortete, woraufhin Dr. F***** am Donnerstag, dem 10. 10. 2013, den Kläger aufsuchte und ihm ein Schreiben übergab, in dem dieser aufgefordert wurde, bis zum 15. 10. 2013 Stellung zu nehmen. Nach Einlangen der Stellungnahme vom 13. 10. 2013 befasste sich der Aufsichtsrat mit der Angelegenheit und kam zum Ergebnis, dass kein Vertrauen mehr in den Kläger bestehe, und man entschloss sich, die Zusammenarbeit mit dem Kläger sofort zu beenden. Mit Schreiben vom 15. 10. 2013 wurde die Entlassung ausgesprochen.
II.9. Das Berufungsgericht hat den Einwand des Klägers, das Entlassungsrecht sei verwirkt, mit zutreffender Begründung verworfen, auf die verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO). Gegen diese Begründung wird in der außerordentlichen Revision des Klägers nichts Stichhältiges vorgetragen.
II.10. Warum seine Entlassung gegen Treu und Glauben verstoßen solle, legt der Kläger (auch) in der außerordentlichen Revision nicht nachvollziehbar dar. Dass der Kläger lange Zeit mit Dr. V***** über den Anstellungsvertrag (Vorstandsvertrag) verhandelte und dabei wiederholt auch die Klausel über den Pensionszuschuss überarbeitet wurde, obgleich der Kläger zumindest erkennen musste, dass Dr. V***** die Vereinbarung vom 14. 9. 1998 unbekannt war und dass dieser – hätte er von ihr Kenntnis – aller Wahrscheinlichkeit nach jegliche Vereinbarung eines Pensionszuschusses ablehnen würde, begründete die Vertrauensunwürdigkeit des Klägers. Aus der langen Verhandlungsdauer lässt sich kein Verstoß der Beklagten beim Ausspruch der Entlassung ableiten.
Die außerordentliche Revision des Klägers erweist sich damit als nicht berechtigt.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 3 ZPO.
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