Rechtssatz
"Allgemein begreiflich" bedeutet, dass die Ursache der Gemütsbewegung sittlich verständlich sein muss und nicht im Charakter des Täters oder in dessen verwerflichen Neigungen oder Leidenschaften, sondern lediglich in äußeren Umständen zu suchen ist.
10 Os 71/75 | OGH | 09.09.1975 |
Veröff: EvBl 1976/119 S 218 = RZ 1975/97 S 206 |
10 Os 97/75 | OGH | 14.10.1975 |
Vgl auch; Beisatz: Das Kriterium der "allgemein begreiflichen (heftigen) Gemütsbewegung" im Sinne des § 76 StGB ist den früher (alte Fassung des § 136 StG) bedeutsamen Merkmal der "entschuldbaren (heftigen) Gemütsbewegung" nicht gleichzusetzen. (T1) |
10 Os 115/75 | OGH | 28.10.1975 |
Vgl auch; Beisatz: Eine ohne adäquate äußere Ursache nur aus einer abnormen charakterlichen Beschaffenheit des Täters resultierende heftige Gemütsbewegung ist grundsätzlich nicht "allgemein" begreiflich. (T2) |
11 Os 154/75 | OGH | 21.01.1976 |
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11 Os 108/76 | OGH | 01.10.1976 |
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11 Os 128/77 | OGH | 04.10.1977 |
Auch |
13 Os 135/76 | OGH | 24.10.1977 |
Ähnlich |
11 Os 34/78 | OGH | 11.04.1978 |
Ähnlich; Beisatz: Eine heftige Gemütsbewegung, die ihre Ursache in einem psychisch abnormen Persönlichkeitsbild hat, ist nicht "allgemein" begreiflich. (T3) Veröff: ÖJZ-LSK 1978/199 |
12 Os 152/80 | OGH | 06.11.1980 |
Beisatz: Gemütsbewegung als Folge eines Suchtgiftmissbrauchs (Entzugserscheinungen) nicht allgemein begreiflich. (T4) |
9 Os 96/84 | OGH | 21.08.1984 |
Vgl auch; Beisatz: Rachsucht = Charaktermangel. (T5) |
12 Os 37/85 | OGH | 09.05.1985 |
Vgl auch; Beis wie T3; Beisatz: Hier: Aggressionsbereitschaft und individuelle Neigung zu Erregungszuständen bei Alkoholisierung. (T6) |
12 Os 83/85 | OGH | 22.08.1985 |
Vgl auch; Beisatz: Verwerflichkeit der Motivation schließt die allgemeine Begreiflichkeit der Gemütsbewegung aus. (T7) Veröff: JBl 1986,261 |
12 Os 122/86 | OGH | 27.11.1986 |
Vgl auch; Beis wie T3; Beisatz: Überreaktion ("Durchdrehen") aufgrund des Vorhalts des Opfers, "doch nicht kindisch zu sein". (T8) |
12 Os 108/93 | OGH | 07.10.1993 |
Vgl auch; Beisatz: Ein verwerflicher Beweggrund für die tatauslösende heftige Gemütsbewegung schließt die Unterstellung unter § 76 StGB mangels allgemeiner Begreiflichkeit aus. (T9) |
14 Os 114/95 | OGH | 03.10.1995 |
Vgl auch; Beisatz: Medikamentenmissbrauch. (T10) |
15 Os 72/97 | OGH | 03.07.1997 |
Auch; Beisatz: Hier: Enthemmung nach Alkohol-, Suchtgift- und Medikamentenkonsum in Verbindung mit der abnormen Persönlichkeit; § 76 StGB kann nur dann angenommen werden, wenn der Affekt unabhängig von diesem Alkohol- und Drogenkonsum allgemein begreiflich ist. (T11) |
14 Os 111/99 | OGH | 21.09.1999 |
Auch; Beisatz: Nicht jede psychische Abnormität per se schließt die allgemeine Begreiflichkeit aus. Eine sittlich-rechtsethisch verständliche Affekthandlung kommt bei einer Psychopathie des Täters nur dann in Frage, wenn in der zur Tat führenden Ausgangssituation auch ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundender Mensch zwar von Art des Täters (Moos in WK § 76 Rz 34), jedoch ohne dessen psychopathischem Zustand in einen gleichgelagerten tiefgreifenden Affekt hätte geraten können (Moos in WK § 76 Rz 38). (T12) |
11 Os 22/05b | OGH | 03.05.2005 |
Auch; Beisatz: Allgemein begreiflich ist ein Affektzustand iSd § 76 StGB dann, wenn er dem Verhalten eines mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen entspricht, dem Täter also kein sittlicher Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er in diesen Erregungszustand geriet. (T13) |
14 Os 86/05m | OGH | 20.09.2005 |
Auch; Beisatz: Die allgemeine Begreiflichkeit der heftigen Gemütsbewegung ist immer dann auszuschließen, wenn der Affektsturm auf Charaktermängel, ausgeprägte Psychopathien oder Triebstörungen zurückzuführen ist. Ein aus seiner gestörten Persönlichkeit resultierender Irrtum des Angeklagten über den Ausgangspunkt seines Affektsturms vermag daher - mangels allgemeiner Begreiflichkeit - die Privilegierung des §76 StGB nicht zu rechtfertigen. (T14) |
14 Os 61/07p | OGH | 10.07.2007 |
Auch; Beis wie T14 nur: Die allgemeine Begreiflichkeit der heftigen Gemütsbewegung ist immer dann auszuschließen, wenn der Affektsturm auf Charaktermängel, ausgeprägte Psychopathien oder Triebstörungen zurückzuführen ist. (T15); Beisatz: gerichtspsychiatrischen Sachverständigen konstatierten Tendenz zu heftigen emotionalen Reaktionen aus nichtigen Anlässen. (T16) |
15 Os 86/22v | OGH | 18.10.2022 |
Vgl; Beis wie T3; Beis wie T12; Beis wie T14; Beis wie T15 |
Dokumentnummer
JJR_19750909_OGH0002_0100OS00071_7500000_001
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