OGH 12Os7/85

OGH12Os7/857.3.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.März 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral (Berichterstatter), Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Loidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Roland A wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 5.Dezember 1985, GZ. 10 Vr 755/84-44, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Eckhard, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30.Mai 1964 geborene Maschinenschlossergeselle Roland A der Verbrechen (zu I./) der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB, (zu II./) des Mordes nach § 75 StGB und (zu III./) des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB schuldig erkannt. Die Geschwornen hatten die an sie im Sinne dieser Schuldsprüche gerichteten Hauptfragen jeweils stimmeneinhellig bejaht. Eventual- oder Zusatzfragen waren nicht gestellt worden. Diesem Wahrspruch zufolge hat Roland A in Kolbnitz I./ am 10.Mai 1981 versucht, Monika B mit Gewalt, nämlich durch Erfassen am Hals und Niederwerfen, zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen;

II./ am 18.März 1984 Monika B durch Versetzen von Messerstichen in Bauch und Brust, Aufschlitzen des Bauches und Durchschneiden der Kehle vorsätzlich getötet;

III./ am 20.März 1984 fremde bewegliche Sachen, und zwar Süßigkeiten, Mehlspeisen, Getränke sowie zwei Decken im Gesamtwert von ca. 450 S, Verfügungsberechtigten der REISSECK-Fremdenverkehrsgesellschaft durch Einbruch und Einsteigen in das Stationsgebäude mit Bereicherungsvorsatz weggenommen. Der Sache nach nur den Schuldspruch wegen Mordes bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs. 1 Z. 5, 6, 8 und 13 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund hält der Beschwerdeführer durch die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einholung eines Fakultätsgutachtens für verwirklicht. Dieser Beweisantrag war gestellt worden, weil beim Angeklagten 'ein Bruch im zeitlichen Zusammenhang zwischen bewußter Tathandlung (Mord) und nachfolgender Handlung (Verstümmelung) bestehe'. Der Angeklagte sei geradezu unter Zwang gestanden, die Verstümmelungshandlungen durchzuführen und für diese nicht mehr dispositionsfähig gewesen. über Befragen des Vorsitzenden, ob dieser Antrag nur bezüglich der Verstümmelungen gestellt werde, erklärte der Verteidiger, dies 'vorsichtshalber' auch für den Mord zu tun. Der Schwurgerichtshof wies die Beweisanträge sodann unter Hinweis auf das schlüssige Gutachten des Sachverständigen und die Verantwortung des Angeklagten ab (S. 406, 407).

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge ist nicht berechtigt.

Die nach dem Mord vorgenommene Verstümmelung des Leichnams gehört nicht mehr zum Tatbild (des Mordes). Der Antrag, mit dem unter Beweis gestellt werden sollte, daß im Zeitpunkt der Verstümmelung der Angeklagte nicht zurechnungsfähig war, betrifft daher einen weder für die Schuld, noch für den anzuwendenden Strafsatz erheblichen Sachverhalt. Aber auch wenn man davon ausgehen will, daß das Beweisthema die Zurechnungsfähigkeit im Zeitpunkt des Mordes betrifft, mangelt es an den im § 126 StPO bezeichneten Voraussetzungen für die Einholung eines Fakultätsgutachtens, ist doch das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. C - wie auch der Beschwerdeführer nicht bestreiten kann - frei von den in den §§ 125, 126 StPO angeführten Mängeln, die allein die Beiziehung eines weiteren (zweiten) Sachverständigen oder allenfalls die Einholung eines Fakultätsgutachtens rechtfertigen (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr. 133

zu § 281 Abs. 1 Z. 4). Die Erklärung des Sachverständigen, man könnte dem Angeklagten für den Tatablauf nach Versetzen der ersten schweren Stiche zubilligen, daß er hier in einem rauschhaften Erregungszustand die weiteren (verstümmelnden) Verletzungen ohne volle Selbstkontrolle gesetzt habe, sodaß man für diesen Abschnitt der Tat von einer gewissen Einengung des Bewußtseins und der davon abhängigen Selbstkontrolle reden könne (S. 405), begründen - wie nur der Vollständigkeit halber noch beigefügt sei - entgegen der offenbar vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht keine Widersprüchlichkeit des Gutachtens, weil auch damit keine Aufhebung der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten aufgezeigt wird. Das Unterbleiben einer Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags nach § 76 StGB verwirklicht nach Meinung des Beschwerdeführers den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z. 6 StPO, ohne daß er jedoch darzutun vermöchte, auf Grund welcher in der Hauptverhandlung hervorgekommenen Tatsachen eine solche Frage indiziert gewesen wäre. Nicht jede hochgradige Gemütserregung des Täters führt nämlich schon zur privilegierenden Beurteilung nach § 76 StGB, sondern erst die allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung (vgl. Moos, WK., RZ. 26 ff., insbesondere 29 und 34 zu § 76 StGB). Für eine solche findet sich aber weder in der Verantwortung des Angeklagten selbst, noch sonst in den Ergebnissen des Beweisverfahrens auch nur der geringste Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer vermag übrigens selbst nicht aufzuzeigen, was seine Gemütsbewegung, wenn ihm eine solche überhaupt bereits für den Entschluß zur Tötung der Monika B zugebilligt werden kann, allgemein begreiflich erscheinen ließe, fehlt doch jeder äußere, insbesondere in der Person des Mordopfers gelegene Anlaß hiefür (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 § 76, RN. 5, 6).

Zum Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO führt der Beschwerdeführer aus, die Rechtsbelehrung sei deshalb unrichtig, weil nicht dargelegt werde, daß die Verstümmelung des Opfers nach erfolgter Tötung nicht unter Strafe gestellt sei. Abgesehen davon, daß nach den Beschwerdeausführungen die Relevanz dieser unterbliebenen Belehrung nur in der Strafbemessung liegt (Heranziehung des besonders grausamen Vorgehens beim Mord als erschwerend) und es sich daher in Wahrheit um ein zur Berufung gehörendes Vorbringen handelt, wird in der Rechtsbelehrung das Tatbild des Mordes im Einklang mit dem Gesetz richtig beschrieben (S. 412). Auf Besonderheiten des konkreten Falles in tatsächlicher Beziehung einzugehen, ist nicht Aufgabe der Rechtsbelehrung; hiefür dient gegebenenfalls die im Anschluß an sie abzuhaltende mündliche Besprechung mit den Geschwornen (§ 323 Abs. 2 StPO). Eine (zusätzliche) Beurteilung nach § 190 Abs. 1 StGB (Mißhandlung eines Leichnams), war im vorliegenden Fall gar nicht Gegenstand der Fragestellung an die Geschwornen.

Den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 13 StPO hält der Beschwerdeführer für verwirklicht, weil über ihn die Höchststrafe verhängt wurde, obwohl ihm auch Milderungsgründe zugebilligt wurden. Der behauptete Nichtigkeitsgrund liegt jedoch, soweit hier in Betracht kommend, nur vor, wenn die Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens über(- oder unter-)schritten wurden.

Die Obergrenze des Strafrahmens, aber auch die nach der Strafzumessungsregel des § 36 StGB maximal zulässige Freiheitsstrafe von 20 Jahren (vgl. SSt. 49/1) wurde vorliegend nicht überschritten, sodaß der behauptete Nichtigkeitsgrund nicht gegeben ist.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28, 36, 75 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend das Zusammentreffen von drei Verbrechen und das besonders grausame Vorgehen beim Mord, als mildernd hingegen das Geständnis, die Unbescholtenheit und den Umstand an, daß es im Falle des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf beim Versuch geblieben ist.

Die Berufung des Angeklagten, welche Strafherabsetzung anstrebt, ist im Ergebnis unbegründet.

Ihr ist zwar einzuräumen, daß sich der Angeklagte in einer gewissen Konfliktsituation befand, welche allerdings die schreckliche Mordtat nicht erklären kann und daher von geringem Gewicht ist. Unrichtig ist demgegenüber die vom Berufungswerber vertretene Auffassung, daß das Vorliegen der sonst vom Erstgericht zutreffend erkannten Milderungsgründe die Verhängung der Höchststrafe verbiete. Denn die vorliegenden Erschwerungsgründe, insbesondere das besonders grausame Vorgehen beim Mord (vgl. S. 396) wiegen so schwer, daß die mildernden Umstände bei weitem kompensiert werden (§ 32 Abs. 3 StGB). Bedenkt man ferner, daß der Angeklagte als besonders gefährlicher Triebtäter einzustufen und damit die Zukunftsprognose äußerst ungünstig ist, erweist sich die vom Geschwornengericht verhängte Strafe dem Schuld- und Unrechtsgehalt angepaßt und nicht überhöht. Aus diesen Erwägungen war auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

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