OGH 2Ob186/10g

OGH2Ob186/10g29.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Sol, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Elisabeth L*****, 2. Robert Michael K*****, und 3. DI Thomas K*****, sämtliche vertreten durch Dr. Bernhard Krump, Rechtsanwalt in Hausmannstätten, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am 18. Oktober 2005 verstorbenen Robert K*****, vertreten durch die erbantrittserklärte Erbin Hermine K*****, diese vertreten durch Dr. Günther Gsellmann, Rechtsanwalt in Graz, wegen 1. (erstklagende Partei) 7.000 EUR sA, sowie 2. (sämtliche klagende Parteien) Rechnungslegung (Streitinteresse jeweils: 5.000 EUR) und Abgabe einer Erklärung (Streitinteresse jeweils: 2.100 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 4. August 2010, GZ 17 R 47/10x-25, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Graz-West vom 8. Jänner 2010, GZ 5 C 832/08p-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird, soweit sie von der zweitklagenden und der drittklagenden Partei erhoben wurde, nicht Folge gegeben; soweit sie von der erstklagenden Partei erhoben wurde, wird ihr teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei 3.525,85 EUR samt 4 % Zinsen seit 13. 10. 2008 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei auch schuldig, der erstklagenden Partei weitere 3.474,15 EUR samt 4 % Zinsen aus 7.000 EUR vom 18. 10. 2005 bis 12. 10. 2008 und aus 3.474,15 EUR seit 13. 10. 2008 zu bezahlen, wird abgewiesen.

3. Das weitere Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig,

a) den klagenden Parteien zur Ermittlung deren (weiterer) Pflichtteile vollständig, nachvollziehbar verzeichnet und belegt offen zu legen

- sämtliche Robert K***** zur Zeit seines Todes gehörigen Ersparnisse,

- sämtliche Zuwendungen des Robert K***** an seine Ehefrau Hermine K***** (pflichtteilsrelevante Vorempfänge und/oder Schenkungen),

- sämtliche Zuwendungen des Robert K***** an seine Tochter Karina K***** (pflichtteilsrelvante Vorempfänge und/oder Schenkungen),

- sämtliche Zuwendungen des Robert K***** an zu nennende Dritte (pflichtteilsrelevante Vorempfänge und/oder Schenkungen)

und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu beeiden sowie

b) den sich aufgrund dieser Rechnungslegung gegenüber bisherigen Bemessungsgrundlagen ergebenden Pflichtteilsfehlbetrag samt 4 % Zinsen seit 18. 10. 2005 zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten bleibe, wird abgewiesen.

4. Das zu Punkt 3. gestellte Eventualbegehren, es möge festgestellt werden, dass die beklagte Partei zur Leistung weiterer Fehlbeträge des den klagenden Parteien gebührenden Pflichtteils (erstklagende Partei ein Neuntel, zweitklagende und drittklagende Partei je ein Achtzehntel) je samt 4 % Zinsen seit 18. 10. 2005 verpflichtet ist, wird abgewiesen.

5. Das weitere Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Offenbarung des Bankgeheimnisses durch Kreditinstitute, insbesondere des Bankhauses K***** (Filiale *****), den klagenden Parteien gegenüber über sämtliches bei diesen Kreditinstituten von Robert K***** veranlagtes oder veranlagt gewesenes Sparvermögen ausdrücklich und schriftlich zuzustimmen und die Kläger zu ermächtigen, diese Zustimmung für die beklagte Partei gegenüber den Kreditinstituten zu erklären, wird abgewiesen.“

Jede der klagenden Parteien ist schuldig, der beklagten Partei an anteiligen Verfahrenskosten aller drei Instanzen 1.777,98 EUR (darin 296,34 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei an anteiliger Pauschalgebühr aller drei Instanzen 406,39 EUR binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstklägerin ist die Tochter aus der ersten Ehe des am 18. 10. 2005 verstorbenen Robert K*****. Der Zweitkläger und der Drittkläger sind die Söhne des im Jahr 1996 vorverstorbenen Bruders der Erstklägerin Robert Wolfgang K*****, demnach die Enkel des Erblassers. Im Testament vom 6. 12. 1994 wurde die (zweite) Ehefrau des Erblassers Hermine K***** zur Alleinerbin bestimmt. Aus dieser Ehe stammt die gemeinsame Tochter Karina K*****. Das Verlassenschaftsverfahren, in dem die Witwe und Testamentserbin bereits eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben hat, ist beim Bezirksgericht Graz-West nach wie vor anhängig.

Mit der am 6. 10. 2008 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Erstklägerin von der durch die Witwe vertretenen Verlassenschaft die Zahlung von 7.000 EUR sA als „Teilpflichtteil“. Sämtliche drei Kläger stellten überdies das Begehren die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihnen zur Ermittlung ihrer weiteren Pflichtteilsansprüche sämtliche dem Erblasser zur Zeit seines Todes gehörigen Ersparnisse sowie sämtliche Zuwendungen des Erblassers an seine zweite Ehefrau, der Tochter aus der zweiten Ehe und an zu nennende Dritte (jeweils pflichtteilsrelevante Vorempfänge und Schenkungen) vollständig, nachvollziehbar verzeichnet und belegt offen zu legen, die Richtigkeit und Vollständigkeit zu beeiden sowie den sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Pflichtteilsfehlbetrag samt Anhang zu bezahlen, wobei die Bezifferung dieses Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten bleibe. Hilfsweise wurde ein Feststellungsbegehren gestellt. In einem weiteren Punkt ihrer Klage begehrten die Kläger die beklagte Partei zu verpflichten, „der Offenbarung des Bankgeheimnisses durch Kreditinstitute, insbesondere der Bankhaus K***** (Filiale *****) den Klägern gegenüber über sämtliches bei diesen Kreditinstituten von Robert K***** veranlagtes oder veranlagt gewesenes Sparvermögen ausdrücklich und schriftlich zuzustimmen und werden die Kläger ermächtigt, diese Zustimmung für die beklagte Partei gegenüber den Kreditinstituten zu erklären“.

Zu ihrem Zahlungsbegehren brachte die Erstklägerin vor, ausgehend von dem im Verlassenschaftsverfahren ermittelten Aktivvermögen sei der Berechnung ihres Pflichtteils ein reiner Nachlass von 34.064,98 EUR zugrunde zu legen. Ein Neuntel hievon betrage 3.785 EUR, davon sei das vom Erblasser erhaltene Heiratsgut von 726,72 EUR in Abzug zu bringen, sodass sich aus dem Nachlasspflichtteil ein Anspruch von 3.058,28 EUR errechne. Hinzu komme der Anspruch aus dem Schenkungspflichtteil, der aus der mit 39.000 EUR zu veranschlagenden Schenkung eines Hälfteanteils der Eigentumswohnung an die zweite Ehefrau des Erblassers und aus weiteren (nicht näher spezifizierten) Schenkungen im Wert von 5.341,46 EUR zu bilden sei. Dies ergebe einen Schenkungspflichtteil von 4.926,83 EUR, der noch um anrechenbare Schenkungen an die Erstklägerin im Wert von 908,42 EUR zu vermindern sei. Abgerundet stehe der Erstklägerin somit zumindest ein Betrag von 7.000 EUR als Summe von Nachlass- und Schenkungspflichtteil zu. Die der Tochter aus zweiter Ehe allenfalls geschenkten Sparbücher seien zwar ebenfalls als Schenkung anzurechnen, hätten aber nur geringe Auswirkungen auf den Schenkungspflichtteil.

Ihr weiteres Begehren stützten die Kläger auf die Behauptung, dass die durch die Witwe vertretene beklagte Partei Nachlassvermögen verheimliche und verschleiere, die Einsicht in Aufzeichnungen und Unterlagen des Erblassers, Auskünfte auch über pflichtteilsrelevante Zuwendungen sowie Rechnungslegung, schlicht also jegliche Mitwirkung an der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für ihre Pflichtteilsansprüche verweigere. Es müsse aber ein beträchtliches Vermögen vorhanden sein, habe doch der Erblasser kurz vor seinem Tod in zahlreichen Gesprächen stets betont, dass er eine hohe Pension beziehe, über ausreichend Barmittel für einen guten Heimplatz verfüge, dass ferner sein Begräbnis abgesichert und noch einiges Geld für alle Nachkommen vorhanden sei. Er habe sich mehrfach über die schlechte Behandlung durch seine zweite Ehefrau beklagt und angekündigt, der Erstklägerin seine Aufzeichnungen über sein Hab und Gut zu übergeben. Aus diesen und weiteren Äußerungen des Erblassers sei zu schließen, dass er ein Vermögen von rund 70.000 EUR angespart habe. Um dem Auskunftsverlangen der Kläger vollständig zu entsprechen, sei auch die Mitwirkung „der Kreditinstitute“ erforderlich. Die Kläger hätten ein Recht auf Kontrolle der unglaubwürdigen Angaben der beklagten Partei und wollten selbst Nachforschungen anstellen, wozu es der begehrten Zustimmungserklärung bedürfe.

Die beklagte Partei hielt dem Zahlungsbegehren der Erstklägerin entgegen, sie müsse sich die gemäß ihrer Bestätigung vom 12. 1. 1976 erhaltene Heiratsausstattung von 60.000 S (= 4.360,37 EUR) als Vorempfang und eine „Erbteilsauszahlung“ vom 2. 10. 1980 im Betrag von 10.000 S (= 726,73 EUR) als Schenkung anrechnen lassen, wobei diese Beträge gemäß dem Verbraucherpreisindex (VPI) 1976 auf (insgesamt) 11.773,26 EUR aufzuwerten seien. Der Erblasser habe zu Gunsten seiner jüngeren Tochter zwei durch Losungswort gesicherte Sparbücher angelegt und sie ihr unter Mitteilung des Losungsworts noch zu Lebzeiten übergeben, sodass sie die alleinige Verfügungsberechtigte über diese Sparkonten sei. Die Einzahlungen des Erblassers seien nicht zu Lasten des Stammvermögens erfolgt. Das Manifestationsbegehren sei unberechtigt, weil die von den Klägern vermuteten Vermögenswerte nicht existierten. Die Erbin habe im Verlassenschaftsverfahren vollständige und richtige Angaben gemacht; was nicht vorhanden sei, könne nicht vorgelegt werden. Das Zustimmungsbegehren sei rechtlich nicht gedeckt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dabei ging es im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die Erstklägerin heiratete am 3. 5. 1975 und erhielt deshalb von ihrem Vater einen Betrag von 60.000 S als „Heiratsausstattung“. Sie erhielt von ihm außerdem „anrechenbare Schenkungen“ an Bargeld in Höhe von 908,42 EUR.

Am 6. 9. 1980 verstarb die erste Ehefrau des Erblassers, die Mutter der Erstklägerin. Der Nachlass wurde den hinterbliebenen Kindern und dem Witwer zu je einem Drittel eingeantwortet, wobei auf die Erstklägerin ein Betrag von 18.213,97 S entfiel. Am 2. 10. 1980 übergab der Erblasser der Erstklägerin einen Betrag von 20.000 S, den er in seinem Wirtschaftsbuch als „Nachlassrate, Mutti-Vati“ bezeichnete. In den Aufzeichnungen der Erstklägerin ist diese Zuwendung als „Geldgeschenk Mutti und Vati (Erbteil-Anzahlung)“ vermerkt. Am 17. 12. 1980 übergab ihr der Erblasser weitere 20.000 S als „Erbteil-Teilauszahlung für Mutti“. Zwischen November 1979 und Oktober 1981 erhielt die Erstklägerin weitere Geldzuwendungen von durchschnittlich etwa 250 EUR pro Jahr. Für den Zeitraum ab Oktober 1981 konnten allfällige weitere schenkungsweise Geldzuwendungen an die Erstklägerin oder sonstige Pflichtteilsberechtigte nicht festgestellt werden.

Im August 1981 lernte der Erblasser seine spätere zweite Ehefrau kennen, die er am 18. 8. 1992 heiratete. Bereits am 15. 11. 1990 war die gemeinsame Tochter geboren worden. Mit Vertrag vom 13. 12. 1994 übertrug der Erblasser im Wege der Schenkung das Hälfteeigentum an der Ehewohnung auf seine Ehefrau. Der Verkehrswert der Ehewohnung betrug im Jahr 2006 78.800 EUR. Für seine jüngere Tochter legte der Erblasser zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt beim Bankhaus K***** ein Sparbuch an, auf das er laufend kleinere Beträge, meistens 37 EUR, einzahlte. Am 27. 10. 2004 betrug der Einlagestand 6.375,93 EUR. Am 28. 10. 2004 eröffnete der Erblasser ein weiteres Sparbuch, auf welches er vom ersten Sparbuch 6.000 EUR übertrug. Das erste Sparkonto wurde weiterhin mit monatlichen Zahlungen von 37 EUR dotiert.

Der Erblasser hatte zuletzt monatliche Pensionseinkünfte von 1.868,90 EUR (14 mal jährlich), von dem er die laufenden Zahlungen und die Kosten des täglichen Lebens seiner Familie sowie der gemeinsamen Urlaube bestritt. Seine Ehefrau führte den Haushalt. Daneben arbeitete sie in den letzten zehn Jahren als Hilfskraft bei der Post, wo sie zuletzt 700 EUR (14 mal jährlich) verdiente.

Im August 2005 äußerte der Erblasser gegenüber den Klägern und weiteren Personen, dass er vorhabe, in ein Altersheim zu übersiedeln. Er sei in einem schlechten gesundheitlichen Zustand und seine Ehefrau schaffe die Betreuung nicht. Er wolle auch nicht, dass ihn seine jüngere Tochter als Pflegefall erlebe. Er habe sich bereits erkundigt und ein bestimmtes Altersheim besichtigt. Für seine dortige Unterbringung habe er genug Geld. Ende August oder Anfang September 2005 erlitt der Erblasser einen Herzinfarkt. Er verstarb am 18. 10. 2005 im Krankenhaus.

In seinem Testament vom 6. 12. 1994 hatte er den „ausdrücklichen Wunsch“ geäußert, dass seine Kinder aus erster Ehe die ihnen gebührenden Pflichtteile nicht geltend machen sollten. Gegenüber seiner (zweiten) Ehefrau hatte er mehrmals erwähnt, dass er nur sie und seine Tochter versorgt wissen wolle. Seine Kinder (aus erster Ehe) hätten „schon alles bekommen“.

Im Verlassenschaftsverfahren gab die Witwe bei der Todfallsaufnahme am 14. 11. 2005 das Konto des Erblassers, dessen Wohnungshälfte und das Fahrzeug als vorhandenes Aktivvermögen an. Sie erklärte, dass keine weiteren in die Verlassenschaft fallende Guthaben (Sparbücher, Konten und dergleichen) vorhanden seien. Anlässlich der Tagsatzung zur Abgabe der Erbantrittserklärung bestritt der anwesende Schwiegersohn des Erblassers im Namen der Erstklägerin und des Drittklägers die Vollständigkeit dieser Angaben, worauf die Witwe bekräftigte, dass sie die vom Einschreiter vermuteten Sparbücher im Nachlass nicht aufgefunden habe. Das Bankhaus K***** teilte dem Gerichtskommissär mit, dass es neben dem Pensionskonto keine weiteren Konten des Erblassers bzw auf diesen lautende legitimierte Werte im Hause gebe.

Am 16. 3. 2008 übermittelten die Kläger eine Sachverhaltsmitteilung an die Staatsanwaltschaft Graz. Sie beantragten zu überprüfen, ob die Witwe für die Bemessung des Pflichtteils relevante Sparguthaben entweder veruntreut oder unterschlagen habe oder solche in betrügerischer Weise als nicht existent vorgebe. Auch im Rahmen der daraufhin durchgeführten polizeilichen Erhebungen blieb die Witwe bei ihrer Aussage, dass der Erblasser kein nennenswertes Vermögen hinterlassen und sie weder Sparbücher noch Hinweise darauf gefunden habe.

Anlässlich eines Besuchs im Bankhaus K***** am 4. 2. 2009 entband die Witwe die Mitarbeiter des Bankhauses in Gegenwart des Klagevertreters von der Verschwiegenheitspflicht. Sie erklärten, dass der Erblasser an seinem Todestag über zwei Sparbucheinlagen verfügt habe, wobei es sich um die bereits bekannten Sparbücher (für die Tochter) handelte.

Tatsächlich existieren keine über die Angaben der Witwe hinausgehende sonstige Vermögenswerte des Erblassers, insbesondere keine Sparbücher.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zum Zahlungsbegehren der Erstklägerin aus, der für die Berechnung des Pflichtteils relevante reine Nachlass betrage 37.049,02 EUR. Zuzüglich der nach dem VPI 1976 zum September 2005 aufgewerteten Heiratsausstattung von 10.360,24 EUR ergebe dies eine Bemessungsgrundlage von 47.409,26 EUR, aus der sich der Nachlasspflichtteil von einem Neuntel mit 5.267,69 EUR errechne. Nach Abzug des Vorempfangs verbleibe kein weiterer Anspruch der Erstklägerin. Bei der Berechnung des Schenkungspflichtteils könne nur die Schenkung der Wohnungshälfte an die nunmehrige Witwe in dem von den Klägern zugestandenen Wert von 39.000 EUR und die von der Erstklägerin angegebene Schenkung von 908,42 EUR an sie berücksichtigt werden. Ausgehend vom reinen Nachlass errechne sich der erhöhte Pflichtteil der Erstklägerin mit 8.550,82 EUR, wovon der mit 5.267,69 EUR ermittelte Nachlasspflichtteil abzuziehen sei. Des Weiteren seien sämtliche Schenkungen an die Erstklägerin abzuziehen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Erstklägerin neben den von ihr selbst angeführten 908,42 EUR in den Jahren 1980/81 (als „Geldgeschenk Mutti/Vati“ bzw „Erbteilanzahlung“) insgesamt weitere 40.000 S (= 2.906,91 EUR) erhalten habe. Da ihr aus dem Nachlass ihrer Mutter nur ein Betrag von 18.213,97 S zugestanden sei, müsse der Restbetrag von 21.786,03 S (= 1.583,25 EUR) als Schenkung angerechnet werden. Nach dem VPI 1976 aufgewertet ergebe dies einen Betrag von 3.635,14 EUR, sodass auch aus dem Schenkungspflichtteil kein Anspruch mehr bestehe.

Zum Manifestationsbegehren vertrat das Erstgericht die Ansicht, eine Pflicht zur Rechnungslegung iSd ersten Falls des Art XLII Abs 1 EGZPO bestehe nicht, weil das abgeführte Beweisverfahren keinen Hinweis darauf erbracht habe, dass die Vertreterin der beklagten Partei Kenntnis über weiteres Vermögen des Erblassers habe. Sie könne nicht zu Angaben über etwas, was sie nicht wisse, verhalten werden. Auch ein Verheimlichen oder Verschweigen iSd zweiten Falls des Art XLII Abs 1 EGZPO liege nicht vor. Die beklagte Partei habe jede erforderliche Mitarbeit geleistet, um das von den Klägern vermutete Sparvermögen ausfindig zu machen. Dem Zustimmungsbegehren habe die beklagte Partei bereits während des Verfahrens entsprochen.

Das von den Klägern angerufene Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands (gemeint wohl: je Kläger) sowohl hinsichtlich des Rechnungslegungsbegehrens als auch des Zustimmungsbegehrens zwar 5.000 EUR, insgesamt aber einschließlich des Zahlungsbegehrens (der Erstklägerin) nicht auch 30.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision jeweils zulässig sei.

Das Berufungsgericht stellte eingangs seiner Ausführungen klar, dass es die Anberaumung einer Berufungsverhandlung nicht für erforderlich halte; den darauf gerichteten Antrag der Kläger wies es wegen Fehlens der Antragslegitimation ab. Die Mängel- und Beweisrüge ließ es insoweit unerledigt, als diese die Feststellungen über die auf den Schenkungspflichtteil der Erstklägerin angerechneten Geldzuwendungen des Erblassers betraf; diese Feststellungen seien mangels rechtlicher Relevanz nicht zu übernehmen.

Rechtlich erwog das Berufungsgericht zum Zahlungsbegehren der Erstklägerin, das Heiratsgut sei gemäß § 788 ABGB in den Pflichtteil einzurechnen. Die Erstklägerin habe nicht vorgebracht, dass der erhaltene Geldbetrag zur Anschaffung bestimmter Sachen gegeben und dieselben innerhalb angemessener Frist angeschafft worden seien. Der in diesem Zusammenhang gerügte Feststellungsmangel liege nicht vor. Das Erstgericht habe das der Erstklägerin zugewendete Heiratsgut daher zutreffend nach dem VPI 1976 aufgewertet. Da ein Vorempfang iSd § 788 ABGB auf den gesamten Pflichtteil - sohin auch auf den Schenkungspflichtteil - anzurechnen sei, stehe der Erstklägerin kein weiterer Anspruch zu. Darauf, ob sie außer dem Heiratsgut noch andere auf den erhöhten Pflichtteil anrechenbare Zuwendungen erhalten habe, komme es nicht an.

Auch das Manifestationsbegehren sei nicht berechtigt. Nach dem ersten Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO sei die beklagte Partei nur zur eidlichen Angabe des Vermögens, nach dem zweiten Fall nur zur eidlichen Angabe dessen, was ihr von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bekannt sei, verpflichtet. Soweit das Klagebegehren die eidliche Bekanntgabe von pflichtteilserhöhenden Zuwendungen des Erblassers zu dessen Lebzeiten, die Vorlage von Belegen und die Zustimmung (Ermächtigung) zu Kontenöffnungen umfasse, fehle es an einer gesetzlichen Deckung in Art XLII EGZPO. Auch wenn an die Bescheinigung der Vermutung der klagenden Noterben über das Vorhandensein von Vermögen grundsätzlich keine großen Anforderungen zu stellen seien, hätten sie ihre Besorgnis im konkreten Fall nicht hinreichend belegt. Dass der Erblasser von einem Sparvermögen gesprochen habe, reiche nicht aus. Da feststehe, dass keine weiteren Sparbücher vorhanden seien und die beklagte Partei (die Witwe) von der Verschweigung und Verheimlichung des angeblichen Vermögens keine Kenntnis habe, könne dem Manifestations- und Zustimmungsbegehren kein Erfolg beschieden sein.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu der in der Berufung aufgeworfenen Frage, ob ein in Bargeld gegebenes Heiratsgut typischerweise als zur Anschaffung von Hausrat, also zur Anschaffung beweglicher, der schnellen Abnützung unterliegender Gegenstände gegeben gelte, deren tatsächliche, ohne unnötigen Aufschub getätigte Anschaffung vermutet werde, oder ob es diesbezüglicher Behauptungen der anrechnungspflichtigen Person bedürfe, keine Rechtsprechung aufgefunden worden sei. Des Weiteren sei die Rechtsprechung zur Frage der Anrechnung von Vorempfängen uneinheitlich: Laut 6 Ob 627/91 seien Vorempfänge nur auf den Nachlasspflichtteil anzurechnen, nach 2 Ob 609/86 hingegen auf den ganzen Pflichtteil. Es fehle auch an Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage, ob der bloße Nachweis, dass der Erblasser entsprechendes Vermögen behauptet habe, zur Bescheinigung der Besorgnis, in Unkenntnis über das wahre Vermögen zu sein, ausreiche oder nicht. Dies gelte schließlich auch für den Umfang des Manifestationsbegehrens, insbesondere, ob auch eine Verpflichtung zur Vorlage vorhandener Belege und die Zustimmung (Ermächtigung) zu Kontenöffnungen zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die Revision sämtlicher Kläger mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Vorauszuschicken ist, dass nach ständiger Rechtsprechung mehrere Pflichtteilsberechtigte nicht materielle, sondern lediglich formelle Streitgenossen iSd § 11 Z 2 ZPO sind (2 Ob 646/85; 6 Ob 256/07a; RIS-Justiz RS0012879). Ihre Ansprüche sind nicht zusammenzurechnen (RIS-Justiz RS0035615). Die Zulässigkeit der Revision ist daher für jeden einzelnen Streitgenossen gesondert zu beurteilen (RIS-Justiz RS0035588, RS0035710). Das gilt auch für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu lösen ist (vgl Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 151).

Die Kläger sind daher in Ansehung ihres Manifestations- und Zustimmungsbegehrens bloß formelle Streitgenossen, das Leistungsbegehren wurde hingegen allein von der Erstklägerin geltend gemacht. Die Revision ist in Ansehung aller Kläger zulässig, weil es sowohl zum Leistungsbegehren als auch zum Manifestationsbegehren klarstellender Ausführungen durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Nur hinsichtlich des Leistungsbegehrens ist die Revision auch teilweise berechtigt.

I. Zur Revision insgesamt:

Der geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO; vgl RIS-Justiz RS0125957).

II. Zum Leistungsbegehren der Erstklägerin:

Die Erstklägerin macht zusammengefasst geltend, das Berufungsgericht habe die Beweislast für die Verwendung des Heiratsguts zu ihren Lasten unrichtig beurteilt. Das Heiratsgut werde typischerweise zur Anschaffung von Hausrat und sonstigen beweglichen Konsumgütern im Rahmen der ehelichen Hausstandsgründung gegeben und sei als entsprechend verwendet anzusehen. Solche Sachen seien nach einem Zeitraum von 30 Jahren wertlos. Ein anrechenbarer Vorempfang liege demnach nicht vor. Bei einem reinen Nachlass von 37.049,02 EUR und dem Wert der der nunmehrigen Witwe geschenkten Wohnungshälfte von 39.000 EUR errechne sich der „offene Pflichtteilsrest“ mit 8.449,90 EUR, sodass das Leistungsbegehren von 7.000 EUR jedenfalls berechtigt sei. Im Übrigen seien Vorempfänge nur auf den Nachlasspflichtteil anzurechnen, der Schenkungspflichtteil bleibe davon unberührt.

Hiezu wurde erwogen:

1. Die anrechenbaren Vorempfänge sind in § 788 ABGB aufgezählt. In dieser Bestimmung wurde ua das vom Erblasser seiner Tochter zu Lebzeiten gegebene Heiratsgut genannt. Darunter waren nach einhelliger Auffassung alle zur Versorgung der Tochter aus Anlass der Eheschließung und im Hinblick auf die Gründung eines eigenen Hausstands gegebenen Zuwendungen des Erblassers zu verstehen, gleichgültig, ob sie als Heiratsgut (ieS), Ausstattung oder Aussteuer bezeichnet wurden (vgl Welser in Rummel, ABGB³ §§ 788, 789 Rz 9; Eccher in Schwimann, ABGB³ § 789 Rz 10; Umlauft, Die Anrechnung von Schenkungen und Vorempfängen im Erb- und Pflichtteilsrecht [2001], 21 ff).

Durch das FamRÄG 2009, BGBl I 2009/75, wurde mit Inkrafttreten am 1. 1. 2010 (Art 18 § 2 leg cit) der Ausstattungsanspruch der Kinder (unter Aufhebung der bis dahin in Geltung gestandenen §§ 1218 f und §§ 1224 bis 1232 ABGB) geschlechtsneutral in § 1220 ABGB geregelt. Gleichzeitig wurde § 788 ABGB an die Neuregelung angepasst. Da die Voraussetzungen des Anspruchs dieselben blieben (2 Ob 57/10m mwN), kann auch auf die bisherige Lehre und Rechtsprechung zu § 788 ABGB zurückgegriffen werden.

2. Vorempfänge sind anzurechnen, wenn dies bei Geltendmachung des Pflichtteils ein Noterbe oder der Erbe verlangt (Welser aaO §§ 788, 789 Rz 4). Vor der Einantwortung muss dieses Verlangen auch der beklagten Verlassenschaft offen stehen. Die Beweislast für den Vorempfang trifft stets denjenigen, der die Anrechnung begehrt (3 Ob 47/97a; Apathy, KBB³ §§ 788-789 Rz 1).

Die Erstklägerin hat in erster Instanz nicht bestritten, dass sie sich den vom Erblasser als Heiratsgut erhaltenen Geldbetrag als Vorempfang iSd § 788 ABGB anrechnen lassen muss. Ihre Behauptung, bei diesem Heiratsgut handle es sich um eine Zuwendung vom 2. 10. 1980, die am 12. 1. 1976 nur „aus Gefälligkeit“ bestätigte Zahlung einer „Heiratsaustattung“ von 60.000 S habe sie hingegen nie erhalten, ist durch die den Obersten Gerichtshof bindende gegenteilige Feststellung der Vorinstanzen widerlegt. Weitere (Eventual-)Einwände hat die Erstklägerin nicht erhoben.

Bei dieser Sachlage hat aber die beklagte Partei ihrer Beweislast entsprochen. Es bedarf daher keiner ergänzenden Feststellung zur Klärung der erst im Rechtsmittelverfahren aufgeworfenen Fragen, „aus wessen Einkommen bzw Vermögen“ das Heiratsgut stammte oder in welchem Ausmaß im Jahr 1975 ein - nach überwiegender Ansicht für die Anrechnung ohnedies nicht maßgeblicher (vgl Apathy, KBB³ §§ 788-789 Rz 2; Kralik, Erbrecht [1983] 293; Welser aaO §§ 788-789 Rz 9; Eccher aaO § 789 Rz 10; Umlauft aaO 23) - Rechtsanspruch der Erstklägerin auf die „Heiratsausstattung“ bestand. Da die Auffassung, dass die Zuwendung einer „Heiratsausstattung“ (auch) Schenkungscharakter haben könnte, in der Revision überdies ausdrücklich abgelehnt wird, sind auch weitere Überlegungen zu diesem Thema nicht erforderlich (vgl dazu etwa 3 Ob 47/97a; Welser aaO §§ 788-789 Rz 9; Schauer, Rechtsprobleme bei der Anrechnung im Erbrecht, JBl 1980, 449 [455 f]).

3. § 794 ABGB regelt die Bewertung von beweglichen und unbeweglichen Sachen, die vom Erblasser als Vorempfang oder Schenkung gegeben wurden (Welser aaO § 794 Rz 1). Obwohl es an einer Bewertungsregel für Bargeldempfänge fehlt, sind nach herrschender Rechtsprechung und Lehre auch Vorausempfänge von Bargeld - sei es Vorempfang oder Schenkung - nach dem inneren Wert aufzuwerten, was in der Regel nach dem Lebenshaltungskostenindex zu geschehen hat (6 Ob 627/91; 2 Ob 225/08i; Apathy aaO § 794 Rz 3; Welser aaO § 794 Rz 8; Eccher aaO § 794 Rz 2 mwN; Kralik aaO 299; vgl auch Umlauft aaO 257 ff). Wurde das bare Geld allerdings zur Anschaffung einer bestimmten Sache (Wohnung, Einrichtung, Kleidung, Fahrzeug) gegeben und hat der Empfänger die Sache auch ohne unnötigen Aufschub erworben, so werden die Regeln über die Bewertung der Sache und nicht jene über den Empfang des Geldes angewendet (6 Ob 627/91; 2 Ob 225/08i; Apathy aaO § 794 Rz 3; Kralik aaO 299 f; Umlauft aaO 258).

Zweck des Ausstattungsanspruchs ist, wie erörtert, eine angemessene Starthilfe bei der Gründung einer eigenen Familie durch das Kind (vgl auch 2 Ob 57/10m mwN; RIS-Justiz RS0022248; Koch in KBB³ §§ 1220-1221 Rz 1). Die Ausstattung (das Heiratsgut) kann aber über die eigentliche Starthilfe (etwa zur Beschaffung einer Wohnung samt Einrichtung) hinausgehen, sofern nur die Zuwendung der Erleichterung der ehelichen Lebensführung dient (6 Ob 154/01t mwN; RIS-Justiz RS0022248 [T2]).

Die widmungsgemäße Verwendung einer Ausstattung (des Heiratsguts) durch Anschaffung von Einrichtungsgegenständen, Hausrat und kurzlebigen Gütern mag zwar dem Regelfall entsprechen, im konkreten Fall liegen dazu aber weder Behauptungen noch Feststellungen vor. Die Beweislast für die zeitnahe tatsächliche Verwendung der erhaltenen Ausstattung im Sinne der zu unterstellenden Widmung trifft jedoch - wie das Berufungsgericht richtig erkannte - die Erstklägerin, strebt diese doch eine von der grundsätzlich gebotenen Aufwertung eines Bargeldempfangs abweichende Lösung an. Dies folgt schon aus der allgemeinen Beweislastregel, wonach grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat (RIS-Justiz RS0037797). Hat daher die beklagte Verlassenschaft den (ihr obliegenden) Beweis eines anrechnungspflichtigen Vorempfangs durch Zuwendung von Bargeld erbracht, so liegt es am Empfänger der Zuwendung, jene tatsächlichen Umstände zu behaupten und zu beweisen, aus denen eine Aufwertung zu unterbleiben hat. Indem die Erstklägerin den Erhalt der Zuwendung überhaupt bestritt, hat sie diesen Beweis nicht einmal angetreten.

Die Vorinstanzen haben daher die von der Erstklägerin entweder 1975 oder 1976 empfangene Ausstattung zutreffend auf den Zeitpunkt des Erbanfalls aufgewertet, wobei sich die Erstklägerin weder gegen die Berechnungsmethode noch das rechnerische Ergebnis wendet. Der folgenden Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs der Erstklägerin ist demnach ein anrechnungspflichtiger Vorempfang im Wert von 10.360,24 EUR zugrunde zu legen.

4. Die Anrechnung von Vorempfängen auf den Pflichtteil erfolgt derart, dass die anrechnungspflichtigen Posten dem reinen Nachlass rechnerisch hinzugeschlagen werden. Von der Summe werden ziffernmäßig die Pflichtteile ermittelt und beim einzelnen Noterben wird sein eigener anrechnungspflichtiger Vorempfang abgezogen. Der Abzug erfolgt somit vom ganzen Nachlasspflichtteil und nicht bloß von der durch die Anrechnung bewirkten Erhöhung (7 Ob 2373/96p; Apathy aaO §§ 788-789, Rz 4; Welser aaO §§ 788, 789 Rz 5).

Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Erstklägerin, deren Pflichtteil unstrittig ein Neuntel des reinen Nachlasses beträgt, aus dem Nachlasspflichtteil keinen Anspruch gegen die Verlassenschaft hat: 37.049,02 EUR (reiner Nachlass) + 10.360,24 EUR (Vorempfang) = 47.409,26 EUR : 9 = 5.267,69 EUR (erhöhter Pflichtteil) - 10.360,24 EUR = -5.092,55 EUR.

5. Bei der Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs muss allerdings zwischen dem Nachlasspflichtteil und dem Schenkungspflichtteil unterschieden werden (2 Ob 529/95; Apathy in KBB³ § 785 Rz 1). Auch die Berücksichtigung einer Schenkung (§ 785 ABGB) erfolgt rechnerisch dadurch, dass ihr Wert (§ 794 ABGB) dem reinen Nachlass zugeschlagen und auf dieser Basis neuerlich der Pflichtteil ermittelt wird. Der Mehrbetrag, der sich im Vergleich zum Nachlasspflichtteil ergibt, ist der Schenkungspflichtteil oder die Pflichtteilserhöhung. Jeder Noterbe muss sich gemäß § 787 Abs 2 ABGB die ihm gemachte Schenkung nur auf die Pflichtteilserhöhung, also nicht auf den „ganzen“ Pflichtteil anrechnen lassen (vgl 7 Ob 2373/96p; 6 Ob 117/02b; 9 Ob 7/11m; RIS-Justiz RS0107684; Apathy aaO § 785 Rz 4 und § 787 Rz 3). Im Gegensatz dazu sind Vorempfänge (§ 788 ABGB) und Vorschüsse (§ 789 ABGB) auf den „ganzen“ bzw „gesamten“ Pflichtteil anzurechnen (RIS-Justiz RS0012979).

6. Hat ein Noterbe sowohl Vorempfänge als auch Schenkungen erhalten, kann sich im Hinblick auf den zuletzt zitierten Rechtssatz die Frage stellen, ob ein den Nachlasspflichtteil übersteigender (übermäßiger) Vorempfang, wie er auch hier vorliegt (vgl Punkt II.4), auch den Schenkungspflichtteil vermindert. Rabl (Die historische Entwicklung der Anrechnung von Vorempfängen und Vorschüssen auf den Pflichtteil seit den Vorentwürfen zum ABGB, NZ 1998, 7 [14] FN 110) bemängelte in diesem Zusammenhang, dass sich aus den Formulierungen in Rechtsprechung und Lehre keine eindeutige Aussage ableiten lasse, ob mit dem „ganzen“ oder „gesamten“ Pflichtteil nur der um den Vorempfang oder Vorschuss erhöhte gemeine Pflichtteil (im Sinne des Nachlasspflichtteils) gemeint sei, oder ob dieser auch die Pflichtteilserhöhung durch die Schenkung umfasse.

6.1 Der vom Berufungsgericht (und Rabl aaO) zitierten Entscheidung 2 Ob 609/86 = SZ 59/146 lag zugrunde, dass der Kläger nur den Nachlasspflichtteil und nicht auch einen Schenkungspflichtteil forderte, wobei die Rechtsnatur der Zuwendung als Schenkung oder Vorempfang strittig war. Um die Bedeutung dieser Streitfrage hervorzuheben, wurden die unterschiedlichen Anrechnungsregeln dargestellt. Demnach kam bei der Beurteilung der Zuwendung als Schenkung eine Anrechnung nicht in Betracht. Denn Schenkungen seien „nur nach Maßgabe der §§ 787 Abs 2 und 951 Abs 2 ABGB auf die durch die Veranschlagung bewirkte Erhöhung des Pflichtteils und nicht, wie in den Fällen des § 788 ABGB, auf den gesamten Pflichtteil anzurechnen“ (ähnlich 7 Ob 547/92). Die Aussagekraft dieser (und einer weiteren vergleichbaren) Formulierung erschöpft sich darin, dass Schenkungen an einen Noterben, der nur den Nachlasspflichtteil, nicht aber auch den Schenkungspflichtteil geltend macht, dessen Pflichtteilsanspruch nicht mindern können (vgl Apathy aaO § 787 Rz 3).

Die vor allem von Umlauft (aaO 96 FN 360) kritisierte und als „vereinzelt“ bezeichnete Entscheidung 6 Ob 627/91 = JBl 1992, 709 enthielt zwar die (richtige) Aussage, dass Vorempfänge und Vorschüsse auf den Nachlasspflichtteil (gemeinen Pflichtteil) anzurechnen sind. Auch im damals entschiedenen Fall war aber ein Schenkungspflichtteil (nicht mehr) Verfahrensgegenstand.

Eine uneinheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wie sie das Berufungsgericht und Umlauft vermuten, ist aus diesen Entscheidungen nicht ableitbar. Ihnen kann lediglich die übereinstimmende Rechtsansicht entnommen werden, dass sich die Anrechnung nach den §§ 788 f ABGB auf den Nachlasspflichtteil, die Schenkungsanrechnung hingegen nur auf den Schenkungspflichtteil bezieht (Apathy aaO §§ 788-789 Rz 1; vgl auch Bittner/Hawel in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 §§ 788, 789 Rz 1). Für die Lösung des hier anstehenden Problems sind jedoch aus beiden Entscheidungen keine wesentlichen Aufschlüsse zu gewinnen.

Deutlicher wurde der Oberste Gerichtshof allerdings in der bereits zitierten Entscheidung 7 Ob 2373/96p = SZ 70/107, in der er ausführte, dass die in den §§ 788 f ABGB genannten Zuwendungen vom „ganzen Nachlasspflichtteil“ abzuziehen seien. Dies könnte im Sinne eines entsprechenden Verständnisses der Formulierung „ganzer Pflichtteil“ in der zitierten Vorjudikatur zu deuten sein. Auch der 7. Senat hatte aber letztlich nicht das Problem zu lösen, wie im Falle eines „übermäßigen“ Vorempfangs bei gleichzeitiger Geltendmachung eines Schenkungspflichtteils vorzugehen ist.

6.2 Im Schrifttum ist diese Frage umstritten:

Kralik (aaO 306) vertrat die Ansicht, der übersteigende Wert der Vorempfänge sei auch bei der Berechnung des Schenkungspflichtteils in Abzug zu bringen, denn Vorempfänge seien nur von der Erstattung (§ 793 ABGB) befreit.

Laut Umlauft (aaO 96 FN 360; vgl auch 227) hätten Vorempfänge kraft gesetzlicher Vermutung (§ 788 ABGB) bzw kraft Vereinbarung (§ 789 ABGB) eine weit größere „Affinität“ zur Verteilung des Nachlassvermögens als Schenkungen iSd § 785 ABGB. Wenn nun sogar Schenkungen, die nicht diese Nähe zur Verteilung des Nachlassvermögens des Erblassers hätten, auf den Schenkungspflichtteil anzurechnen seien (§ 787 Abs 2 ABGB), dann müsse dies umso mehr für Vorempfänge iSd §§ 788 f ABGB gelten, die eine intensivere Verflechtung mit der Verteilung des erblasserischen Vermögens hätten.

Für Samek (Das österreichische Pflichtteilsrecht samt Anrechnungsrecht [2004] 159 f) wäre es „nicht gerecht“, wenn ein Noterbe, der schon zu Lebzeiten einen seinen Nachlasspflichtteil übersteigenden Vorempfang erhalten hat, sich den verbleibenden Rest nicht auf den allenfalls entstehenden Schenkungspflichtteil anrechnen lassen müsste und somit den vollen Schenkungspflichtteil fordern könnte, wodurch er im Verhältnis zu anderen Noterben doppelt begünstigt wäre.

Schließlich hält auch Likar-Peer (in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht [2007] 424) das referierte Ergebnis mit der Begründung für sachgerecht, dass auch der Schenkungspflichtteil ein Pflichtteilsanspruch sei.

Demgegenüber interpretiert Welser (Vorschläge zur Neuregelung der Anrechnung beim Pflichtteil, NZ 1998, 40 [41]) die - (auch) von ihm als reformbedürftig empfundene - aktuelle Rechtslage dahin, dass Vorempfänge immer nur auf den Nachlasspflichtteil, nicht aber auf den Schenkungspflichtteil anzurechnen seien (ders in Koziol/Welser II13 560; von diesem Verständnis ausgehend auch Fischer-Czermak, Die erbrechtliche Anrechnung und ihre Unzulänglichkeiten, NZ 1998, 2 [5]; ferner Aichberger-Beig in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Vermögensnachfolge [2010] § 4 Rz 67; vgl auch Jud, Entwicklungen im Recht der Anrechnung beim Pflichtteil, AnwBl 2000, 716 [717] mit Hinweis auf diese „überwiegende“ Rechtsansicht). Seiner Ansicht nach müsse der Nachlasspflichtteil (auch unter Berücksichtigung der Vorempfänge) wegen der unterschiedlichen Folgen vom Schenkungspflichtteil getrennt behandelt werden. Während die Anrechnung von Schenkungen nur dem Pflichtteilsberechtigten nütze, könne jene von Vorempfängen auch zum Vorteil des Testamentserben sein. Bei Vorempfängen gebe es keine Rückerstattung, bei Schenkungen hingegen schon (§ 951 ABGB). Vorempfänge könnten nur Deszendenten erhalten, Schenkungen jede beliebige Person. Die Anrechnung von Vorempfängen sei in jedem Fall unbefristet möglich, anderes gelte bei bestimmten Beschenkten nach § 785 Abs 3 ABGB. Dieselbe Zuwendung könne nicht zugleich Vorempfang und Schenkung sein. Sei die Zuwendung bei § 788 ABGB in Anschlag zu bringen, so sei sie als Schenkung nicht zu berücksichtigen (Welser in NZ 1998, 41; ders in Rummel, ABGB³ § 785 Rz 28; ders in Koziol/Welser aaO 560; vgl auch Schauer, Rechtsprobleme bei der Anrechnung im Erbrecht, JBl 1980, 449 [454]; Scheuba in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Vermögensnachfolge [2010] § 9 Rz 88).

6.3 Den überzeugenden Argumenten Welsers ist zu folgen, zeigen sie doch die (trotz der bisherigen Reformbestrebungen nach wie vor) höchst unterschiedlichen Rechtsfolgen der Anrechnung von Vorempfängen bzw Vorschüssen und Schenkungen deutlich auf, die konsequenterweise auch die Anrechnung eines übermäßigen Vorempfangs auf den Schenkungspflichtteil verbieten. Welser (in NZ 1998, 40) ist darin beizupflichten, dass der - auch rechtshistorisch bedingten (vgl dazu Rabl aaO; Jud, Zur Entwicklung der Schenkungsanrechnung im ABGB, NZ 1998, 16) - Disharmonie der Anrechnungsregeln in wesentlichen Punkten „auch durch größte Auslegungskunst“ keine Abhilfe geschaffen werden kann. Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts der den Nachlasspflichtteil übersteigende Vorempfang der Erstklägerin auf ihren noch darzulegenden Anspruch aus dem Schenkungspflichtteil nicht angerechnet werden kann.

7. Anders als die Anrechnung des Vorempfangs können die Schenkungsanrechnung gemäß § 785 Abs 1 ABGB nur pflichtteilsberechtigte Nachkommen in gerader Linie und der Ehegatte (Apathy aaO § 785 Rz 3), nicht aber der Erbe (bzw die Verlassenschaft) begehren. Der Grund hiefür liegt darin, dass die Schenkungsanrechnung niemals zu einer Begünstigung des Erben führen kann (Jud, AnwBl 2000, 721). § 785 Abs 2 ABGB stellt für das Anrechnungsbegehren eines Kindes darauf ab, dass die Schenkung zu einem Zeitpunkt gemacht wurde, zu dem der Erblasser ein pflichtteilberechtigtes Kind hatte, während er dem Ehegatten das Anrechnungsrecht hinsichtlich jener Schenkungen einräumt, die während seiner Ehe mit dem Erblasser erfolgen. Voraussetzung für die Anrechnung auf Verlangen des Ehegatten ist daher, dass die Schenkung während aufrechter Ehe erfolgte und die Ehe im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch aufrecht ist (1 Ob 652/92; 6 Ob 154/06z; Apathy aaO § 785 Rz 3; Welser in Rummel aaO § 785 Rz 5). Der erhöhte Pflichtteilsanspruch ist im Prozessweg gegen den Nachlass bzw den Erben, allenfalls auch gegen den Beschenkten, durchzusetzen (Apathy aaO § 785 Rz 7).

7.1 Ausgehend von diesen Kriterien kommt hier zunächst die vom Erstgericht erwogene Anrechnung von Schenkungen, welche die Erstklägerin und deren Bruder in den Jahren 1980 und 1981 vom Erblasser erhalten haben soll, schon mangels Verlangens eines hiezu Berechtigten nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass die beklagte Verlassenschaft nicht zum Kreis der Anrechnungsberechtigten gehört, käme auch der Witwe im Hinblick auf die erst im Jahr 1992 erfolgte Eheschließung kein Anrechnungsrecht zu. Es schadet daher nicht, dass das Berufungsgericht die erstinstanzlichen Feststellungen über diese Geldzuwendungen „mangels rechtlicher Relevanz“ nicht übernommen hat. Erwägungen, ob es sich bei diesen Zuwendungen um Vorschüsse iSd § 789 ABGB gehandelt haben könnte, wurden weder von den Streitteilen noch von den Vorinstanzen angestellt und können daher auch im Revisionsverfahren auf sich beruhen.

7.2 Die Revisionsausführungen zu der „anrechnungspflichtigen Schenkung“ von Spareinlagen an die Tochter aus zweiter Ehe beschränken sich auf die Behauptung, die Vorinstanzen hätten hiezu bisher „keine genügenden Feststellungen“ getroffen. Dieser Vorwurf ist unzutreffend. Den vorhandenen Feststellungen (US 18) lässt sich entnehmen, dass der Erblasser die Sparkonten im Wesentlichen mit monatlichen Zahlungen in Höhe von 37 EUR dotierte. Die beklagte Partei berief sich insoweit auf die Anrechnungsfreiheit gemäß § 785 Abs 3 erster Fall ABGB (Zuwendung aus den Einkünften ohne Schmälerung des Stammvermögens); diesem Einwand ist das Erstgericht zumindest im Ergebnis gefolgt (US 34). Die Erstklägerin enthält sich (wie schon in der Berufung) der Darlegung von Gründen, aus denen die Einbeziehung dieser Zuwendungen in den Schenkungspflichtteil dennoch geboten wäre. Somit erübrigt sich aber auch eine nähere Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung (9 Ob 48/10i) und Lehre (vgl etwa Kralik aaO 302) zu diesem Thema. Die in Rede stehenden Spareinlagen haben bei der Berechnung des Schenkungspflichtteils vielmehr außer Ansatz zu bleiben.

7.3 In Ansatz zu bringen ist hingegen die 1994 erfolgte schenkungsweise Übertragung des Hälfteanteils an einer Wohnung des Erblassers in das Eigentum der nunmehrigen Witwe mit dem vom Berufungsgericht zu Recht als unstrittig bezeichneten Wert von 39.000 EUR. Die Erstklägerin legt wie schon in erster Instanz auch ihren in der Revision angestellten Berechnungen diesen Wert zugrunde (S 13), sodass ihre an anderer Stelle des Rechtsmittels geäußerten Vorbehalte (S 17) nicht recht verständlich sind. Diese widersprechen im Übrigen der herrschenden Ansicht, wonach auch bei unbeweglichen Sachen der Wert des Geschenks zum Zeitpunkt des Erbanfalls und nicht zum Zeitpunkt der Schenkung maßgeblich ist (2 Ob 529/95; RIS-Justiz RS0012973; Apathy aaO § 794 Rz 2 f).

7.4 Schließlich kann sich die Erstklägerin durch die vorinstanzliche Anrechnung einer von ihr selbst ausdrücklich als „anrechenbare Schenkung des Verstorbenen“ an sie bezeichneten Zuwendung von 908,42 EUR (AS 24) nicht beschwert erachten.

8. Der Schenkungspflichtteil der Erstklägerin errechnet sich daher wie folgt: 37.049,02 EUR (reiner Nachlass) + 39.000 EUR (Schenkung) + 908,42 EUR (Schenkung) = 76.957,44 EUR : 9 = 8.550,83 EUR (erhöhter Pflichtteil) - 4.116,56 EUR (Nachlasspflichtteil) = 4.434,27 EUR (Schenkungspflichtteil). Nach Abzug der Schenkung von 908,42 EUR verbleibt ein der Erstklägerin zustehender Betrag von 3.525,85 EUR.

Für den Eintritt der Verzugsfolgen ist beim Schenkungspflichtteil auf das Begehren des Berechtigten auf Durchführung der Anrechnung abzustellen (6 Ob 109/03b mwN; RIS-Justiz RS0117847; Schauer, Verzugszinsen und Pflichtteilsanrechnung, NZ 1987, 114 [119]), weshalb hier der Erstklägerin Zinsen ab dem Tag der Klagsbehändigung gebühren.

Insoweit ist die Revision berechtigt.

III. Zum Manifestations- samt Eventualbegehren sowie zum „Zustimmungsbegehren“ sämtlicher Kläger:

Die Kläger stehen auf dem Standpunkt, die Angaben des Erblassers über sein beträchtliches Sparvermögen und sein überdurchschnittlich hohes Pensionseinkommen rechtfertigten die für den ersten Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO ausreichende subjektiv begründete Besorgnis, dass ihnen nicht das gesamte Nachlassvermögen bekannt sei. Selbst wenn solches Vermögen zu verneinen wäre, müssten über viele Jahre hinweg erhebliche Überalimentationen seiner zweiten Ehefrau und der gemeinsamen Tochter stattgefunden haben, die wie anrechnungspflichtige Schenkungen zu behandeln seien. Beim zweiten Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO sei nicht auf das Wissen der Witwe sondern auf jenes des Verstorbenen abzustellen. Die Witwe sei verpflichtet, sich durch Nachforschungen dessen Wissensstand über das vorhandene Vermögen anzueignen. Soweit sie selbst oder die gemeinsame Tochter Zuwendungen erhalten hätten, seien diese der Witwe jedenfalls bekannt. Die Verschaffung der Möglichkeit der Überprüfung der Rechnungslegung durch Einsicht in Belege sei durch Rechtsprechung gedeckt. Es bestehe ein berechtigtes Interesse der Noterben, eigene Nachforschungen bei Kreditinstituten über vorhandenes Sparvermögen anzustellen, weshalb auch dem „Zustimmungsbegehren“ stattzugeben gewesen wäre. Jedenfalls sei aber das auf Feststellung der künftigen Zahlungspflicht gerichtete Eventualbegehren berechtigt, könne doch das Hervorkommen von weiterem Nachlassvermögen oder das Bekanntwerden pflichtteilsrelevanter Zuwendungen nicht ausgeschlossen werden.

Hiezu wurde erwogen:

1. Wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ein Vermögen anzugeben verpflichtet ist, oder wer von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, ist nach Art XLII Abs 1 EGZPO zur beeideten Angabe des Vermögens oder der Schulden verpflichtet. Der erste Fall schafft keinen eigenen Anspruch auf Angabe eines Vermögens oder von Schulden, sondern setzt vielmehr eine zivilrechtliche Verpflichtung des Beklagten dazu voraus (RIS-Justiz RS0034986). Im Gegensatz dazu normiert der zweite Fall einen eigenen privatrechtlichen Anspruch auf Angabe eines Vermögens (RIS-Justiz RS0034834). Für beide Fälle fordert Art XLII Abs 2 EGZPO ein privatrechtliches Interesse des Klägers.

2. Ein gesetzlich verankerter materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten wird insbesondere aus den §§ 784, 804 ABGB abgeleitet. Er richtet sich gegen die Verlassenschaft bzw (nach Einantwortung) gegen den Erben und umfasst neben dem vorhandenen Nachlassvermögen auch Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat (vgl 6 Ob 206/02s; 2 Ob 316/02p). Die Durchsetzung dieses Anspruchs mittels Manifestationsbegehrens nach dem ersten Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO ist nicht davon abhängig, dass der Noterbe eine Gefährdung seiner Pflichtteilsforderung befürchtet; es genügt vielmehr seine subjektiv begründete Besorgnis, dass ihm nicht das ganze Nachlassvermögen bekannt sei. Das Begehren ist an keine weitere Voraussetzung gebunden, die Ausübung des Rechts wird nur durch das Schikaneverbot beschränkt (vgl SZ 48/19; 6 Ob 136/07d; RIS-Justiz RS0012974).

2.1 Mag nach diesen Kriterien der Auskunftsanspruch der Kläger hinsichtlich des Nachlassvermögens auch grundsätzlich zu bejahen sein, so muss einem Erfolg des Manifestationsbegehrens insoweit doch die den Obersten Gerichtshof bindende erstinstanzliche Feststellung entgegen stehen, dass über das von der beklagten Partei bereits bekannt gegebene Nachlassvermögen hinaus tatsächlich keine weiteren Vermögenswerte, insbesondere keine Sparbücher, existieren. Die subjektive Besorgnis der Kläger, ihnen seien Teile des Nachlassvermögens unbekannt, erweist sich aufgrund dieser Feststellung als unbegründet. Sie kann daher nicht mehr Grundlage eines stattgebenden Urteils über das Manifestationsbegehren sein (vgl 7 Ob 269/02p). Dessen Ziel, die Schwierigkeiten bei der Erhebung eines Leistungsbegehrens zu beheben (6 Ob 206/02s; 7 Ob 147/06b), ist infolge der besagten Feststellung obsolet.

2.2 Soweit das Manifestationsbegehren auf die Offenlegung „pflichtteilsrelevanter“ Vorempfänge und Schenkungen des Erblassers gerichtet ist, oblag es den Klägern (nur), ihre subjektive Besorgnis, von derartigen Zuwendungen keine Kenntnis zu haben, in der Klage „begründet“ darzulegen (vgl 2 Ob 316/02p). Entsprechendes lässt die Rechtsprechung auch bei Anträgen auf Bewilligung der Nachlassseparation iSd § 812 ABGB genügen, weshalb die dazu ergangenen Grundsätze sinngemäß herangezogen werden können. Demnach hätte es zwar nicht der Bescheinigung, wohl aber zumindest der schlüssigen Behauptung konkreter Umstände bedurft, welche die subjektive Besorgnis begründet erscheinen ließen (vgl 2 Ob 225/06m; 3 Ob 227/07i; 4 Ob 134/08x; je mwN; RIS-Justiz RS0013068).

Das insoweit maßgebliche Vorbringen der Kläger erschöpfte sich in der Behauptung, sie hätten allen Grund zur Besorgnis, dass ihnen „bei weitem“ nicht alle pflichtteilserhöhenden Vorempfänge und Schenkungen bekannt seien (AS 5). Dass sich aus den Äußerungen des Erblassers konkrete Anhaltspunkte für solche Zuwendungen ergeben hätten, geht aus ihrem Vorbringen (und auch aus den Feststellungen) nicht hervor, zumal der Erblasser noch kurz vor seinem Tod das Vorhandensein von Sparvermögen und die Ausfolgung entsprechender Verzeichnisse an die Erstklägerin angekündigt haben soll. Die Schlussfolgerung, bei Nichtexistenz solcher Sparbücher müssten eben zu Lebzeiten entsprechende Geldzuwendungen an die nunmehrige Witwe und die gemeinsame Tochter erfolgt sein (AS 132), steht mit diesem Vorbringen im Widerspruch und ist rein theoretischer Natur.

Unter diesen Umständen ist aber die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten ihre Besorgnis nicht hinreichend „belegt“ (besser: begründet), nicht zu beanstanden.

3. Voraussetzung für den Anspruch nach dem zweiten Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO ist, dass der Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung des anzugebenden Vermögens vermutlich Kenntnis hat. Dabei ist kein strenger Maßstab anzulegen. Schon der bloße, durch objektive Anhaltspunkte gestützte und vom Kläger zu bescheinigende Verdacht einer entsprechenden Kenntnis reicht aus (vgl 7 Ob 147/06b mwN; 3 Ob 47/11z; RIS-Justiz RS0034823). Die Verschweigung oder Verheimlichung von Vermögen setzt zwar kein deliktisches, wohl aber ein aktives Verhalten voraus. Gefordert wird ein bewusstes absichtliches Verschweigen oder Verheimlichen und damit eine Tätigkeit, die diesen Erfolg bezweckt. Die bloße Verweigerung der Auskunft über ein Vermögen oder sonst passives Verhalten erfüllt dagegen den Tatbestand nicht (vgl 7 Ob 269/02p mwN; 2 Ob 200/09i; 3 Ob 47/11z; RIS-Justiz RS0034828, RS0034859, RS0034872).

Die Kläger werfen der Witwe (als Vertreterin der beklagten Verlassenschaft) vor, sich an den Ermittlungen nicht bzw nicht ausreichend zu beteiligen, Auskünfte zu verweigern und dadurch Nachlassvermögen und Zuwendungen des Erblassers zu verheimlichen und zu verschleiern. Sie argumentieren auch damit, dass auf das Wissen des Erblassers abzustellen sei, dieser aber nicht mehr reden könne, sodass schon als natürliche Folge seines Todes „Verschweigung“ eingetreten sei. Aktives Tun, von dem die Witwe Kenntnis erlangt haben könnte, wird damit nicht behauptet. Solches geht auch aus den Feststellungen nicht hervor. Aus diesem Grund ist auch der Tatbestand des zweiten Falls des Art XLII Abs 1 EGZPO nicht erfüllt.

4. Das Manifestationsbegehren der Kläger muss aus den dargelegten Erwägungen somit erfolglos bleiben. Den im Zusammenhang mit diesem Begehren in der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts als erheblich erachteten Rechtsfragen kommt keine für die Entscheidung maßgebliche Bedeutung zu. Auf sie ist nicht weiter einzugehen. Dieses Zwischenergebnis macht die Befassung mit dem auf die Feststellung einer (künftigen) Zahlungspflicht gerichteten Eventualbegehren erforderlich.

5. Nach ständiger Rechtsprechung ist Erfolgsvoraussetzung eines Feststellungsbegehrens das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung, bei dessen Mangel das Begehren mit Urteil abzuweisen ist (RIS-Justiz RS0039201). Es wird in Lehre und Rechtsprechung bejaht, wenn ein aktueller Anlass zur präventiven Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses besteht, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Rechtsverhältnis durch eine ernsthafte Unsicherheit gefährdet erscheint, etwa wenn der Beklagte Rechte des Klägers „hartnäckig“ bestreitet. Die Feststellungsklage soll vorbeugenden Rechtsschutz gewähren und ist daher immer schon dann zulässig, wenn aufgrund des Verhaltens des Beklagten eine erhebliche objektive Ungewissheit über den Bestand des Rechts entstanden ist und diese Ungewissheit durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt wird (vgl 6 Ob 335/00h; 9 Ob 53/03i; 2 Ob 138/08w; RIS-Justiz RS0038968, RS0039202, RS0039007). Das Feststellungsinteresse, das auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu prüfen und zu beachten ist (RIS-Justiz RS0039123), muss schon bei Einlangen der Klage vorliegen, jedenfalls aber in dem Zeitpunkt, in dem die mündliche Verhandlung über die Klage geschlossen wird (2 Ob 31/07h mwN).

Die Kläger begründen ihr rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (nur) damit, dass das Hervorkommen weiteren Nachlassvermögens oder das Bekanntwerden pflichtteilserhöhender Zuwendungen nicht ausgeschlossen werden könne. Nach den bereits erörterten Verfahrensergebnissen ist jedoch das spätere Hervorkommen von Nachlassvermögen auszuschließen, für das Vorliegen noch unbekannter pflichtteilsrelevanter Zuwendungen ergibt sich nicht einmal aus dem Prozessvorbringen der Kläger ein konkreter Anhaltspunkt. Unter diesen Umständen kann von einer „ernsthaften Unsicherheit“ bzw einer „erheblichen objektiven Ungewissheit“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung keine Rede sein. Das Feststellungsinteresse der Kläger wurde daher von den Vorinstanzen (zumindest implizit) zutreffend verneint.

6. Angesichts der (positiven) Feststellung des Erstgerichts, dass weitere Vermögenswerte, insbesondere Sparbücher des Erblassers nicht vorhanden seien, ist das von den Klägern behauptete rechtliche Interesse, bei „den Kreditinstituten“ selbständige Nachforschungen betreiben zu können, nicht erkennbar. Das „Zustimmungsbegehren“ kann schon aus diesem Grund nicht erfolgreich sein, weshalb nicht weiter geprüft werden muss, ob für ein solches Begehren überhaupt eine Rechtsgrundlage besteht.

7. Die Revision erweist sich aus den angeführten Gründen in Ansehung der erörterten Punkte des Klagebegehrens (soweit sie vom Zweitkläger und vom Drittkläger erhoben wurde, daher zur Gänze) als nicht berechtigt.

IV. Ergebnis und Kosten:

Infolge teilweiser Stattgebung der Revision hinsichtlich des Leistungsbegehrens der Erstklägerin ist das angefochtene Urteil wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 41, § 43 Abs 1, § 46 Abs 1 und § 50 ZPO. Da die Kläger formelle Streitgenossen sind, haften sie analog § 46 Abs 1 ZPO jeweils nur entsprechend ihrem Anteil am Gesamtstreitwert (vgl 2 Ob 195/09d). Dieser beträgt beim Zweitkläger und beim Drittkläger in allen Instanzen rund 25 %, bei der Erstklägerin 50 %. Da die Erstklägerin mit 25 % ihres Begehrens obsiegte, ist sie der beklagten Partei zum Ersatz von 50 % des auf sie entfallenden Kostenanteils verpflichtet, woraus sich insgesamt ebenfalls eine Ersatzquote von 25 % der Gesamtkosten ergibt. Für die Revisionsbeantwortung gebührt der beklagten Partei nur ein Einheitssatz von 50 %. Von den aufgewendeten Pauschalgebühren sind der Erstklägerin 12,5 % zu ersetzen.

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