Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei 213 EUR (darin enthalten 35,50 EUR an USt) der Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beiden Streitteile sind die Kinder des am 6. 8. 2003 verstorbenen gemeinsamen Vaters und der am 31. 12. 2003 verstorbenen gemeinsamen Mutter. Aus den Feststellungen ist für die im Revisionsverfahren noch strittigen Fragen hervorzuheben, dass es im Jahr 1999 zwischen dem Kläger und den Eltern zum Bruch der Beziehungen kam, während die Beklagte schon immer ein herzliches Verhältnis zu ihren Eltern hatte, das auch weiter bestand. Sie hat sich um die kranken Eltern (Vater Schlaganfall, leichte Lähmung, Mutter Herzinfarkte und allgemeine Beeinträchtigung) gekümmert und diese ab 1999 beinahe täglich besucht, jedenfalls aber täglich mit ihnen telefoniert. Diese Besuche dauerten oft mehrere Stunden. Sie organisierte nicht nur die Fremdpflege durch Fachpersonal, sondern begleitete die Eltern auch zu den notwendigen Arztterminen, besorgte die erforderlichen Medikamente und kümmerte sich um deren Einnahme durch die Eltern. Sie erledigte für ihre Eltern Bankgänge und sonstige Besorgungen, wie etwa Geschenke für Freunde, aber auch die Wäsche und besorgte die erforderlichen Bewilligungen für Rollstuhl und Pflegebett. Sie stand ihnen zur Verfügung, wenn dringende Hilfe notwendig war. Ab Mitte 2002 organisierte sie auch den Haushalt der Eltern mit den dort lebenden wechselnden Pflegerinnen und stand weiter für Erledigungen außer Haus zur Verfügung. Sie besuchte ihre Eltern weiter täglich und unterstützte sie psychisch. Dazu verminderte sie auch ab dem Jahr 2002 ihre Beschäftigung im Architekturbüro ihres Gatten von früher 30 Stunden auf 20 Stunden pro Woche.
Der Vater der Streitparteien hatte als Pensionist ein jährliches Nettoeinkommen von etwa 60.000 EUR und bezog auch zusätzlich noch Pflegegeld der Stufe 2 in Höhe von 268 EUR monatlich. Die Mutter bezog ebenfalls Pflegegeld vom 1. 2. 1999 bis 31. 5. 2002 in Höhe der Stufe 3 im Ausmaß von 413,50 EUR und dann im Ausmaß von 842,40 EUR.
Nach dem Streit im Jahre 1999 wurde die Beklagte von beiden Eltern jeweils zur Alleinerbin eingesetzt. In dem Verlassenschaftsverfahren nach dem Vater, der im August 2003 verstarb, erklärte sie als Vertreterin des Nachlasses der Mutter, die im Dezember 2003 verstarb den unwiderruflichen Verzicht auf deren Pflichtteilsanspruch sowie das gesetzliche Vorausvermächtnis und ein Legat. Die Mutter hatte noch vor ihrem Tod sowohl den Geschwistern als auch deren Gatten erklärt, sie wolle nichts. In dem Abhandlungsverfahren hatte der Kläger dann die Offenlegung der Konten begehrt, was von der Beklagten abgelehnt wurde. Im Verlassenschaftsverfahren nach dem Vater wurde letztlich ein reiner Nachlass von 295.034,28 EUR zugrundegelegt und der Beklagten eingeantwortet, in jenem nach der Mutter ein reiner Nachlass von 55.838,84 EUR und ebenfalls der Beklagten eingeantwortet. Diese überwies dem Kläger insgesamt 61.494,79 EUR, davon entfallend 48.248,46 EUR auf den Pflichtteilsanspruch nach dem Vater und 13.246,33 EUR auf jenen nach der Mutter. Im Verlassenschaftsverfahren hat der Kläger seinen Pflichtteil geltend gemacht.
Der Vater hatte davor in den Jahren 2000 bis 2003 sechs Sparbücher dotiert, und zwar jeweils bis zu einem Wert von 13.000 EUR und diese sechs Sparbücher mit einem Gesamtwert von 81.161,18 EUR der Beklagten im Laufe der Zeit, aber nie gleichzeitig, sondern in etwa gleichbleibenden Abständen, teilweise nach besonders intensiven Betreuungsphasen auch früher übergeben.
Weiters bekam die Beklagte vom Vater Ohrringe im Gesamtwert von 1.400 EUR, ein Piano der Marke Bösendorfer im Wert von 8.500 EUR und zu ihrem 50. Geburtstag weitere 5.000 EUR mit dem Auftrag, sich etwas „Schönes“ zu kaufen. Die Beklagte kaufte sich von diesem Betrag Geschirr, Besteck und Kleidung und zeigte dies auch ihrem Vater.
Die Schenkung des Vaters an die Beklagte hinsichtlich des Klaviers hing damit zusammen, dass diese und ihr Sohn Anfang der 90er Jahre begonnen hatten, Klavier zu lernen, und der Vater ihr 1993 statt des davor verwendeten elektronischen Klaviers das erwähnte Piano der Marke Bösendorfer schenkte. Von ihrer Mutter erhielt die Beklagte Ohrringe im Wert von 600 EUR und Schmuckgegenstände im Gesamtwert von 3.399 EUR. Auch der Gattin des Klägers hatte die Mutter ein Klavier im Wert von etwa 1.500 EUR geschenkt. Darüber hinaus erhielt die Beklagte von ihrem Vater anlässlich dessen 75. Geburtstags auch ein Bild des Malers Max Weiler. Dieses wurde vorweg mit einem Verkehrswert von 15.000 EUR und in weiterer Folge vom Sachverständigen der Beklagten mit 10.000 EUR bzw bezogen auf den Zeitpunkt 1987 6.000 EUR geschätzt.
Die Mutter erhielt nach dem Tod des Vaters der Streitteile in der Zeit von September 2003 bis Dezember 2003 Pensionszahlungen in Höhe von insgesamt 34.350,53 EUR netto. Davon entfielen 26.799,13 EUR netto, die Ende September überwiesen wurden, auf die Pension für September und Oktober sowie das sogenannte Sterbequartal. Die Beklagte erhielt von diesem Geld von der Mutter 17.000 EUR mit dem Auftrag, dieses Geld zum Zweck der Errichtung des Grabes des Vaters und der Mutter sowie dessen Pflege und die Gedächtnispflege zu verwenden. Die Kosten nach dem Tod des Vaters wurden im Verlassenschaftsverfahren mit 9.910,45 EUR angesetzt.
Der Kläger begehrte an Pflichtteilsergänzungsansprüchen nach seinem Vater 20.195,27 EUR abzüglich anzurechnender Schenkungen an den Kläger von 4.360,37 EUR sohin 15.834,90 EUR. Er stützte dies auf die Schenkungen hinsichtlich der Brilliantohrringe und der Korallenohrringe (zusammen 1.400 EUR), des Pianos (10.000 EUR), des Bildes (15.000 EUR), der Sparbücher (81.161,18 EUR), der Rückleistung der Begräbniskosten (9.910,45 EUR) und der Schenkung anlässlich des 50. Geburtstags. Im Zusammenhang mit der Einantwortung der Verlassenschaft der Mutter begehrte der Kläger eine Pflichtteilsergänzung von 19.180,82 EUR und stützte dies auf die genannten Schenkungen sowie den Erlass des Pflichtteils der Mutter (49.172,38 EUR) diversen Schmuck (1.399 EUR), Korallenohrringe (600 EUR) und die Witwengeldforderung (5.356,61 EUR). Der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach der Mutter ergebe sich daraus, dass diese zugunsten der Beklagten auf ihren Pflichtteilsanspruch und Ergänzungsanspruch verzichtet habe. Die 5.356,81 EUR seien im Verlassenschaftsverfahren nach der Mutter fälschlich als Passiva für die Begräbniskosten geltend gemacht worden, obwohl die Klägerin diese Kosten bereits davor erhalten habe. Eine sittliche Rechtfertigung der Geschenke liege nicht vor, da die Eltern ohnehin professionelle Pflege erhalten haben. Die Leistungen hinsichtlich der Sparbücher seien auch aus dem Stammvermögen erfolgt und haben dieses geschmälert und jedenfalls den Umfang von kleineren Schenkungen die anrechnungsfrei sein könnten, überschritten. Insgesamt sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte ohnehin als Alleinerbin eingesetzt gewesen sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung und wendete zusammengefasst ein, dass sie weit über die Erfüllung der Beistandspflicht nach § 137 Abs 2 ABGB ihre Eltern gepflegt habe und es sich daher um Zuwendungen in Entsprechung einer sittlichen Pflicht iSd § 785 Abs 3 ABGB gehandelt habe. Die Sparbücher haben nicht einmal ein Drittel der laufenden Einkünfte dargestellt und sohin das Stammvermögen nicht geschmälert. Auch die Bezahlung des Bösendorfer Piano sei aus dem laufenden Einkommen erfolgt. Der Verzicht der Mutter auf den Pflichtteil nach dem Tod des Vaters stelle keine Schenkung dar und erhöhe auch nicht den Pflichtteilsanspruch des Klägers als Noterben.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Ausmaß von 15.418,10 EUR sA statt und wies es im Umfang von 19.597,41 EUR sA ab. Es folgerte rechtlich zusammengefasst, dass der Verzicht der Mutter auf ihren Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des Vaters zu keiner Erhöhung des Pflichtteilsanspruchs des Klägers führe, sich aber als Schenkung an die Tochter darstelle. Der Schenkungsbegriff des § 785 ABGB sei wirtschaftlich zu betrachten und erfasse alle Rechtshandlungen, durch die nach der Absicht des Erblassers eine andere Person auf Kosten des erblasserischen Vermögens unentgeltlich bereichert werden solle, sohin auch den einseitigen Verzicht. Von der Zugrundelegung bei der Berechnung des Schenkungspflichtteils seien nach § 785 Abs 3 ABGB Schenkungen ausgenommen, die der Erblasser aus Einkünften ohne Schmälerung seines Stammvermögens mache. Darunter falle, was nach Erfüllung sämtlicher Verbindlichkeiten, insbesondere des Lebensaufwandes und der Unterhaltsverpflichtungen, bei ordentlicher Vorsorge für die Deckung künftiger Verpflichtungen erspart werden könne. Zugrundezulegen seien grundsätzlich die im Laufe des letzten Jahres vor der Schenkung ersparten Einkünfte. Bei mehreren Schenkungen müssten diese insgesamt Deckung finden. Unter Zugrundelegung der doch eher hohen Einkünfte des Vaters samt Pflegegeld sei davon auszugehen, dass sich dieser rund 30.000 EUR im Jahr hätte zur Seite legen können. Allein auf die absoluten Beträge komme es nicht an. Ausgehend vom hohen Lebensstandard aller Beteiligten und dem Umstand, dass auch früher in der Familie Geschenke höheren Wertes gegeben worden seien, finden die der Beklagten geschenkten Sparbücher in dieser Ausnahme noch Deckung. Dies gelte auch für die bereits 1993 erfolgte Schenkung des Pianos und die Schenkung von 5.000 EUR aus Anlass des 50. Geburtstags. Letztere wäre auch sittlich gerechtfertigt.
Nach § 785 Abs 3 dritter Fall ABGB seien darüber hinaus Schenkungen nicht zu berücksichtigen, die der Erblasser in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksicht des Anstands gemacht habe. Das Geldgeschenk aus Anlass des 50. Geburtstags sowie die diversen Schmuckgegenstände seien darunter zu subsumieren. Das gelte jedoch nicht für das Bild des Malers Max Weiler, das immerhin einen Verkehrswert von 15.000 EUR habe. Insoweit bestehe ein Pflichtteilsergänzungsanspruch von 2.500 EUR. Bei der Mutter sei die Schenkung durch den Erlass des Pflichtteilsanspruchs im Wert von 49.172,38 EUR sowie des Ergänzungsanspruchs in Höhe von 20.195,27 EUR zu berücksichtigen. Während die Zahlung aus dem Sterbequartal noch im Rahmen des laufenden Einkommens erfolgt sei, handle es sich bei dem Verzicht auf den Pflichtteil und den Pflichtteilsergänzungsanspruch um heranzuziehende Schenkungen. Diese seien auch nicht im Rahmen der Erfüllung einer sittlichen Pflicht erfolgt. Dazu dienten schon die diversen Schmuckstücke. Insgesamt habe daher der Kläger Anspruch auf ein Sechstel des Werts des Bildes, also 2.500 EUR, ein Viertel davon wegen der Unterlassung der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs, also weitere 625 EUR und ein Viertel für die unterlassene Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs von 49.172,38 EUR, damit 12.293,10 EUR, insgesamt also 15.418,10 EUR.
Das Berufungsgericht gab weder der Berufung des Klägers gegen den klagsabweisenden Teil noch der Berufung der Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil Folge. Es verwies nach § 500a ZPO auf die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Ergänzend führte es zusammengefasst aus, dass entgegen der Ansicht des Klägers nicht nur „kleine“ Geschenke von der Ausnahme des § 785 Abs 3 ABGB erster Fall erfasst seien. Die Frage, ob ein Geschenk aus dem Stamm des Vermögens oder aus laufenden Einkünften gemacht werde, könne stets nur einzelfallbezogen unter Bedachtnahme auf den Willen des Geschenkgebers gelöst werden. Würden die Einkünfte aber länger als ein Jahr behalten werden, so könne dies als Zuordnung zum Stamm des Vermögens gewertet werden. Zutreffend sei daher das Erstgericht davon ausgegangen, dass die Sparbücher ebenso wie das Piano in den laufenden Einkünften Deckung finden. Der Betrag von 17.000 EUR sei der Beklagten auch mit einem bestimmten Auftrag, und zwar nicht nur der Errichtung des Grabes, sondern auch von dessen Pflege übergeben worden.
Zur Berufung der Beklagten verwies das Berufungsgericht darauf, dass die Anschaffung eines wertvollen Gemäldes eines bekannten Malers für die Absicht spreche, dieses längere Zeit oder auf Dauer zu behalten und dass dieses daher dem Stamm des Vermögens zuzurechnen sei. Zur Unterlassung der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs sei entsprechend der herrschenden Ansicht der Lehre aber auch der Rechtsprechung vom wirtschaftlichen Schenkungsbegriff auszugehen und dies daher der Beklagten zuzurechnen. Eine sittliche Verpflichtung zu diesen Schenkungen sei nicht nachgewiesen. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, was unter „Einkünften“ iSd § 785 Abs 3 ABGB erster Fall zu verstehen sei, nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobenen Revisionen des Klägers und der Beklagten sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
§ 785 Abs 1 ABGB legt grundsätzlich fest, dass auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder Ehegatten bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen sind. Zweck dieser Bestimmungen ist es einerseits einer Einschränkung der Pflichtteilsrechte vorzubeugen und andererseits einen Ausgleich zwischen den Pflichtteilsberechtigten herbeizuführen (Welser in Rummel ABGB3 § 785 Rz 1; Apathy in KBB § 785 Rz 1; Likar-Peer in Ferrari/Likar-Peer Erbrecht, 414 uva). Von dieser Grundregel sieht § 785 Abs 3 ABGB dann als Ausnahmen vor, dass solche Schenkungen unberücksichtigt bleiben, die der Erblasser aus Einkünften ohne Schmälerung seines Stammvermögens macht, oder solche, die zu gemeinnützigen Zwecken erfolgen bzw solchen, die in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksicht des Anstands gemacht werden.
Im vorliegenden Fall vorweg zu klären ist nun, inwieweit überhaupt im Verzicht der Mutter auf ihre eigenen Pflichtteilsansprüche zugunsten der Beklagten eine Schenkung iSd § 785 Abs 1 ABGB zu sehen ist. Der Schenkungsbegriff wird - wie auch die Vorinstanzen bereits ausführten - vom Obersten Gerichtshof und weitgehend auch der Lehre (vgl etwa Egger in Schwimann ABGB3 § 785 Rz 3; Kralik, Erbrecht, 301; Likar-Peer aaO 414) wirtschaftlich betrachtet, also darauf abgestellt, ob jemand unentgeltlich einen Vermögenswert erhält und dadurch eine Wertminderung des Nachlasses eintritt. Dementsprechend wird auch davon ausgegangen, dass der Verzicht auf ein Recht als Schenkung qualifiziert werden kann (Kralik aaO; Likar-Peer aaO; Apathy aaO, Rz 2). Bei wirtschaftlicher Betrachtung stellt der zugunsten der Beklagten als Alleinerbin erfolgte Verzicht der Mutter auf den Pflichtteilsanspruch eine Schenkung dar.
Ausgehend davon ist zu beurteilen, inwieweit die Schenkungen unter die Ausnahmetatbestände des § 785 Abs 3 ABGB fallen.
Dabei stellt sich einleitend die Frage, was unter „Einkünften“, aus denen Schenkungen ohne Schmälerung des Stammvermögens gegeben werden, zu verstehen ist. Eindeutig ist in diesem Zusammenhang, dass von diesen Einkünften jedenfalls die für den Lebensunterhalt, die laufenden Verbindlichkeiten und die erforderliche Vorsorge notwendigen Beträge abzuziehen sind (vgl dazu etwa Umlauft, Die Anrechnung von Schenkungen und Vorempfängen im Erb- und Pflichtteilsrecht, 190, Kralik aaO 302). Auch ist in diesem Zusammenhang klarzustellen, dass das Geschenk selbst nicht zu den Einkünften gehört oder daraus angeschafft werden muss, wenn es nur durch den Wert der Einkünfte gedeckt ist (Kralik aaO, 302, Umlauft aaO, 190).
Entgegen der offensichtlich noch dem Verständnis des ABGB zugrundeliegenden Annahme wird nunmehr regelmäßig auch der „Stamm“ des Vermögens durch das Ansparen aus den „Einkünften“ gebildet. Es stellt sich daher die Frage, unter welchen Voraussetzungen diese angesparten Einkünfte zum „Stamm“ des Vermögens gehören bzw über welchen Zeitraum hinweg die angesparten Einkünfte zu summieren sind, um festzustellen, ob die Schenkung noch aus den Einkünften ohne Schmälerung des Stamms des Vermögens erfolgen konnte. In der Lehre wird dazu von Umlauft (aaO) und Kralik (aaO, 302) die Ansicht vertreten, dass als Beobachtungszeitraum das letzte Jahr vor der Schenkung heranzuziehen ist. Daraus mögen sich nun verschiedene Schwierigkeiten bei mehreren Schenkungen und mehreren Bezugszeiträumen ergeben. Im Wesentlichen bietet aber dieser zeitbezogene Ansatz eine zutreffende Orientierung. Wird doch auch in anderen Zusammenhängen oft nach einem Jahr abgerechnet und eine Orientierungsgröße geschaffen. Die von den Vorinstanzen ausgeschiedenen Schenkungen halten sich im Rahmen der doch eher hohen laufenden Einkünfte der jeweiligen Jahre.
Fraglich bleibt damit noch der vom Kläger erhobene Einwand, dass es sich nur um „kleinere“ Geschenke handeln könne. Eine dahingehende Einschränkung findet sich im Gesetz nicht. In der Lehre wird von Umlauft (aaO, 189) unter Hinweis auf den Herrenhausbericht die Ansicht vertreten, dass der Zweck der Bestimmung darin liege, weitwendige und schikanöse Untersuchungen anlässlich der Pflichtteilsermittlung wegen „kleinerer“ Geschenke zu verhindern. Der von ihm zitierte Auszug aus dem Herrenhausbericht hält fest, dass es nicht zu „unerträglichen Beschränkungen der Bewegungsfreiheit des Erblassers“ sowie des Beschenkten kommen solle. Ein unmittelbarer Hinweis auf „kleinere“ Geschenke lässt sich dem also nicht entnehmen. Eine Beschränkung kann allenfalls darin gesehen werden, dass aperiodische oder besonders große Einkünfte regelmäßig auch der Bildung des Vermögensstamms oder auch der Vorsorge dienen und insoweit nicht von der Ausnahme des § 785 Abs 3 erster Fall ABGB erfasst sind. Auf das regelmäßige Einkommen in einem Ausmaß, wie es etwa auch noch durch die Bestimmungen des IESG gesichert ist, kann dies aber jedenfalls nicht angewendet werden. Wenn der Vater der Beklagten in den letzten drei bis vier Jahren ohne feststellbare Einschränkung irgendwelcher Lebensbedürfnisse oder Vorsorgeerfordernisse Geld zur Seite und auf Sparbücher gelegt hat und diese kontinuierlich dann der Beklagten ausgefolgt hat und ihr damit etwa 25 % der Einkünfte des Beobachtungszeitraums geschenkt hat, kann das noch als vom ersten Fall des § 785 Abs 3 ABGB erfasst angesehen werden. Dies gilt umso mehr für das bereits 1993 geschenkte Piano. Die Revision hinsichtlich der übrigen Geschenke ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nur darauf verwiesen wird, dass die Beklagte Alleinerbin sei.
Zur Revision der Beklagten ist ergänzend darauf zu verweisen, dass die Beklagte keine näheren Ausführungen dazu gemacht hat, welches Einkommen der Vater in der Zeit als er ihr das Gemälde geschenkt hatte, sondern nur allgemein auf dessen Einkommen verwiesen hat (AS 104). Insoweit hat sie sich auch nicht darauf gestützt, dass diese Schenkung ohnehin aus den Einkünften gedeckt gewesen sei, sondern sich im Wesentlichen auf einen „Tausch“ mit einem von ihr gemalten Bild berufen (AS 285 f; vgl auch die Erörterung 210 f).
Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Ausnahme des § 785 Abs 3 ABGB liegt aber beim Beschenkten (allgemein RIS-Justiz RS0037797 mwN).
Im Ergebnis war daher beiden Revisionen nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
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