OGH 7Ob269/02p

OGH7Ob269/02p15.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Herta W*****, vertreten durch Dr. Helmut Buchgraber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Monika H*****, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter und Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 122.479,99 (= EUR 8.900,97) sA und eidliche Vermögensangabe (Streitwert EUR 7.267,28), über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 12. Oktober 2001, GZ 41 R 228/01k-29, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 19. März 2001, GZ 44 C 522/99p-17, infolge Berufung beider Streitteile teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 938,16 (darin enthalten EUR 156,36 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Das Berufungsgericht hat zunächst ausgesprochen, dass die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, weil Tatfragen an den Obersten Gerichtshof nicht herangetragen werden könnten und eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen gewesen sei. Über Antrag der Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO hat das Berufungsgericht diesen Ausspruch aber dahin abgeändert, dass es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte. Die Klägerin vermöge zwar hinsichtlich ihres Begehrens auf Bezahlung von Benützungsentgelt keinen Widerspruch der Berufungsentscheidung zu oberstgerichtlicher Rechtsprechung (und damit keinen tauglichen Zulassungsgrund) aufzuzeigen. Betreffend das Rechnungslegungsbegehren zeige die Revision hingegen das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage auf:

Den (von der Revisionswerberin) zitierten Entscheidungen (1 Ob 152/98d und 5 Ob 30/01z) sei nämlich nicht mit Sicherheit zu entnehmen, ob dort ein konkretes Sachverhaltssubstrat betreffend die "Kenntnis" des Beklagten (von der Verschweigung oder Verheimlichung des anzugebenden Vermögens) zur Beurteilung vorgelegen sei oder diesbezüglich nur non-liquet-Feststellungen getroffen worden seien. Im vorliegenden Fall habe das Erstgericht ausdrücklich die Tatsachenfeststellung getroffen, dass die Beklagte "keine Kenntnis hatte, welche Gegenstände im Detail sich zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin in deren Wohnung befunden haben". Es existiere keine oberstgerichtliche Rechtsprechung, "inwieweit eine derartige Tatsachenfeststellung der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung betreffend die Anforderungen an die entsprechende, von der klagenden Partei zu erbringende Bescheinigung die Anwendung entzieht". Dies stelle keine bloße Entscheidung im Einzelfall dar, weil eine grundsätzliche Klarstellung der Beweislastverteilung bei derartigen Konstellationen durch den Obersten Gerichtshof jedenfalls der Rechtsfortbildung diene.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem geänderten Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, sind die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO für die Zulässigkeit der Revision nicht gegeben:

Dem Berufungsgericht erscheint seine Entscheidung offenbar unter dem Blickwinkel des Art XLII EGZPO, zweiter Fall, problematisch, wonach derjenige zur Angabe eines verschwiegenen oder verheimlichten Vermögens verpflichtet ist, der von der Verschweigung oder Verheimlichung des anzugebenden Vermögens vermutlich Kenntnis hat. Diese Bestimmung schafft im Gegensatz zum ersten Fall des Art XLII EGZPO einen eigenen privatrechtlichen Anspruch auf Angabe des Vermögens (SZ 59/13, EvBl 1985/152; NZ 1986, 35; RIS-Justiz RS0034834 und RS0034866). Die Verschweigung und Verheimlichung von Vermögen setzt kein deliktisches Verhalten voraus (EFSlg XXIV/7; RIS-Justiz RS0034879 und RS0034859), wohl aber ein bewusstes absichtliches Verschweigen oder Verheimlichen und damit eine Tätigkeit, die diesen Erfolg bezweckt (EvBl 1985/152; NZ 1986, 35; SZ 69/119). Passiv legitimiert ist jeder, der von der Verschweigung oder Verheimlichung vermutlich Kenntnis hat. Dabei ist nach stRsp kein strenger Maßstab an die vom Kläger zu bescheinigende Kenntnis anzulegen. Schon der bloße (durch objektive Anhaltspunkte gestützte) Verdacht, dass der Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung Kenntnis hat, reicht aus (SZ 63/30; RZ 1993, 98/34; RIS-Justiz RS0034823, zuletzt etwa 5 Ob 30/01z; Fasching Komm II 95; Fucik in Rechberger² Rz 3 zu Art XLII EGZPO).

Während im ersten Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO (wonach derjenige, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet ist, mittels Urteiles dazu verhalten werden kann, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens oder der Schulden anzugeben, was ihm von diesem Vermögen oder von den Schulden bekannt ist) das Klagebegehren auf eidliche Angabe des Vermögens zu lauten hat, ist es im (hier - mangels eine die Beklagte treffende entsprechende gesetzliche Verpflichtung - allein noch interessierenden) zweiten Fall leg cit auf Angabe dessen zu richten, was dem Gegner von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bekannt ist (SZ 23/45; EvBl 1958/368). Ein solches Klagebegehren hat die Klägerin, indem sie begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr binnen 14 Tagen ein Verzeichnis des Vermögens der Erblasserin zum 1. 9. 1996 (Todestag) vorzulegen und einen Eid dahin zu leisten, dass ihre Angaben richtig und vollständig sind, im weiteren Sinne wohl erhoben.

Diesem Manifestationsbegehren steht jedoch die von der Klägerin in der Berufung bekämpfte, vom Berufungsgericht aber ausdrücklich gebilligte, erstgerichtliche Feststellung entgegen, dass die Beklagte keine Kenntnis davon hatte, welche Gegenstände im Detail sich zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin in deren Wohnung befunden haben. Diese Feststellung ist nämlich, wie das Berufungsgericht ausdrücklich betont hat, dahin zu verstehen, dass der Klägerin die (ihr obliegende) Bescheinigung (arg: "vermutlich"), dass die Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens, das anzugeben von ihr gefordert wird, Kenntnis hat, nicht gelungen ist. Damit liegt, was vom Berufungsgericht verkannt wird, gar kein - revisibles - Problem der Beweislastverteilung vor, sondern es geht nur um die Frage, ob der beweispflichtigen (bzw bescheinigungspflichtigen) Partei der Nachweis (die Bescheinigung) einer bestimmten Tatsache gelungen ist. Diese - hier von den Vorinstanzen verneinte - Frage betrifft die Beweiswürdigung und ist daher im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbar (RIS-Justiz RS0112242 und RS0043371). Der vom Berufungsgericht angenommene Zulassungsgrund ist daher nicht gegeben.

Im Hinblick darauf, dass die Klägerin in der Klage eine Reihe von Gegenständen nennt, die am Todestag der Erblasserin noch vorhanden gewesen, nun aber unbekannten Aufenthalts seien, sei noch ergänzend angemerkt, dass es einheitlicher Rechtsprechung entspricht, dass mit der Klage nach Art XLII EGZPO (Manifestationsklage) nach dem Aufenthaltsort bekannter Vermögensstücke nicht geforscht werden kann (SZ 13/260). Wenn der Kläger das Vermögen, welches ihm der Beklagte anzugeben hat, genau nach seinen Bestandteilen und nach seiner Beschaffenheit kennt und weiß, dass der Beklagte diese Gegenstände in Besitz genommen hat, wenn ihm auch nicht bekannt sein mag, wo die Sachen verborgen wurden, ist die Manifestationsklage nicht statthaft (SZ 23/45).

Ein tauglicher Zulassungsgrund liegt aber auch hinsichtlich der Abweisung des Leistungsbegehrens nicht vor. Dass Benützungsentgelt nicht geschuldet wird, wenn der betreffende Gegenstand (hier die Wohnung) von der Beklagten gar nicht benützt wurde und auch keine Vertragsbeziehung zwischen dieser und dem Eigentümer (hier dem Wohnungseigentümer bzw Fruchgenussberechtigten) gegeben ist, liegt auf der Hand. Soweit die Klägerin weiterhin meint, ihre Forderung auf Ersatz der Mietentgelte auf den Titel des Schadenersatzes stützen zu können und sich dazu auf die Entscheidung 7 Ob 2366/96h beruft, setzt sie sich darüber hinweg, dass dort eine Bestandsache über die vereinbarte Bestandzeit hinaus vom Bestandnehmer weiter verwendet wurde, weshalb der vorliegende Fall, wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, mit der dort entschiedenen Causa nicht vergleichbar ist.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO erweist sich das Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig und war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen.

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