Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Paul Edward H*****, ein gebürtiger Österreicher, lebte seit langem in den Vereinigten Staaten und war amerikanischer Staatsbürger. Er verstarb am 9. 9. 1997 im Krankenhaus St. Pölten unter Hinterlassung eines nicht unbeträchtlichen in Österreich befindlichen Vermögens, unter anderem bestand dieses aus Liegenschaften, Sparbüchern, einem Wertpapierdepot und Forderungen, zuletzt wurde ein Reinnachlass von 16,209.491,48 S vom Gerichtskommissär Mag. Johann Z***** ermittelt.
Die Revisionsrekurswerber sind bedingt erbserklärte Erben nach Paul Edward H*****.
Der Verstorbene hatte zu Lebzeiten HR Dr. Konrad S***** mit der Verwaltung seines in Österreich befindlichen Vermögens beauftragt.
Mit Beschluss vom 27. 1. 1999 wurde HR Dr. Konrad S***** vom Verlassenschaftsgericht der Auftrag erteilt, sämtliche Auskünfte wie zB über Spar- und sonstige Guthaben sowie über Forderungen des Erblassers dem Erbenmachthaber Dr. S***** zu erteilen sowie diesem alle schriftlichen Unterlagen und Urkunden wie Grundbuch-Darlehensurkunden, Miet- und Pachtverträge, Versicherungspolizzen, Sparbücher etc auszufolgen.
Bei Errichtung des Inventars am 22. 9. 2000 vor dem Gerichtskommissär blieben zahlreiche Punkte strittig, insbesondere die Saldierung mehrerer Sparbücher nach dem Tod des Verstorbenen, die Nachlasszugehörigkeit etlicher Sparbücher sowie der Verbleib von Darlehensrückzahlungen von Schuldnern des Erblassers.
Am 31. 8. 2000 stellten die erbserklärten Erben beim Verlassenschaftsgericht den Antrag, HR Dr. S***** in seiner Eigenschaft als ehemaliger Vermögensverwalter des Erblassers hinsichtlich des in Österreich befindlichen Vermögens dazu zu verhalten, vollständige Angaben und Auskünfte zu erteilen, insbesondere an den Erbenmachthaber sämtliche verlassenschaftszugehörigen Unterlagen auszufolgen und unter Eid zu bestätigen, dass sämtliche Angaben und Auskünfte sowie die Ausfolgung von Unterlagen vollständig und richtig sei, dies bei sonstiger Exekution unter Anwendung von Beugemaßnahmen. Dr. S*****, der als Vermögensverwalter im Besitz sämtlicher Informationen und Unterlagen gewesen sei, habe zwar einige Unterlagen betreffend das Vermögen des Verstorbenen übergeben, die jedoch unvollständig seien. Es existierten diverse Zahlungsbestätigungen, Mietverträge und vermögenszugehörige Aufstellungen, zu denen sich Dr. S***** weigere, Auskünfte zu erteilen und entsprechende Unterlagen zu übergeben. Er stehe auf dem Standpunkt, der Erbenmachthaber habe ihm gegenüber konkrete Fragen zu stellen und nur auf diese sich zu äußern wäre er verpflichtet.
Hingegen sei der Erbenmachthaber in Kenntnis konkreter Umstände gelangt, die in den vom früheren Vermögensverwalter übergebenen Unterlagen keine Deckung fänden. Insbesondere von Dr. S***** an teilweise insolvente Personen gewährte, nur mangelhaft abgesicherte Darlehen seien nicht geklärt, Dr. S***** verweigere dazu konkrete Angaben. Insgesamt fehle der Verlassenschaft ein Betrag von etwa S 5,4 Mio.
Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag ohne Anhörung des Antragsgegners mit Beschluss vom 6. 10. 2000, wobei die Begründung sich darin erschöpft, dass der ehemalige Vermögensverwalter es bisher unterlassen habe, dem Erbenmachthaber vollständige Angaben und Auskünfte zu erteilen. Einem gegen diesen Beschluss von HR Dr. Konrad S***** erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht Folge, hob den bezeichneten erstgerichtlichen Beschluss auf, erklärte das Verfahren vor dem Erstgericht ab Antragstellung für nichtig und sprach aus, dass der Antrag im streitigen Verfahren als Klage nach Art XLII EGZPO zu behandeln sei.
Das Rekursgericht bejahte eine Rechnungslegungspflicht nach § 1012 ABGB gegenüber dem ruhenden Nachlass, was als Rechtsgrundlage für das Begehren und die begehrte Eidesleistung nach Art XLII EGZPO zu werten sei. Im Verlassenschaftsverfahren selbst sei eine derartige Eidesleistung jedoch nicht vorgesehen. Ein solcher Anspruch sei nicht im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens, sondern im streitigen Verfahren geltend zu machen. Für die in § 98 AußStrG normierte Verpflichtung, dem Gerichtskommissär Auskünfte über das Nachlassvermögen zu erteilen, stehe das Mittel der eidlichen Vermögensangabe nach Art XLII EGZPO nicht analog zur Verfügung. Darüber hinaus sei das Begehren auch nicht auf Offenbarung des Vermögens und Übergabe der Unterlagen an das Gericht bzw den Gerichtskommissär, sondern an den Erbenmachthaber gerichtet.
Damit sei über den vorliegenden Antrag aber nicht im Verlassenschaftsverfahren zu entscheiden, sondern der streitige Rechtsweg zu beschreiten. Nach § 40a JN sei ein falsch bezeichnetes Rechtsschutzgesuch nicht zurückzuweisen, sondern umzudeuten und im richtigen Verfahren zu behandeln. Dies bedinge die Nichtigerklärung des bereits durchgeführten Verfahrens über den Antrag.
Im weiteren Verfahren sei den Einschreitern Gelegenheit zur Verbesserung ihres Rechtsschutzgesuchs zu erteilen, dies unter anderem auch zur Feststellung der Zuständigkeit für die Behandlung einer solchen Klage.
Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil verschiedentlich vom Höchstgericht eine analoge Anwendung der Bestimmung des Art XLII EGZPO im außerstreitigen Verfahren vorgenommen worden sei (8 Ob 518/87; 8 Ob 255/99d), diese Entscheidungen jedoch Aufteilungsverfahren nach §§ 81f EheG betroffen hätten, sodass zur Frage einer analogen Anwendung im Verlassenschaftsverfahren bisher keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der erbserklärten Erben als Vertreter der Verlassenschaft mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Art XLII EGZPO regelt in Abs 1 zwei Fälle. Danach kann zum einen derjenige, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts dazu verpflichtet ist, ein Vermögen anzugeben, durch Urteil dazu und zur Beeidigung dieser Vermögensangabe verhalten werden. Diese Bestimmung schafft keine eigene zivilrechtliche Verpflichtung, sondern setzt eine solche voraus (SZ 67/195 ua). Im Unterschied dazu normiert Abs 1 zweiter Fall einen eigenen privatrechtlichen Anspruch auf Angabe eines Vermögens. Voraussetzung dafür ist, dass der Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung des anzugebenden Vermögens vermutlich Kenntnis hat. Dabei ist kein strenger Maßstab anzulegen, schon der bloße Verdacht einer entsprechenden Kenntnis reicht aus (SZ 69/260; RIS-Justiz RS0034852; 0034834).
In beiden Fällen ist ein privatrechtliches Interesse an der Ermittlung des Vermögens Voraussetzung der Befugnis zur Klage.
Welchen der bezeichneten Ansprüche die erbserklärten Erben durchsetzen wollen, wird nicht ganz deutlich, berufen sie sich doch einerseits auf die Abrechnungsverpflichtung des Vermögensverwalters des Verstorbenen, andererseits aber auch auf absichtliche Verschweigung und Verheimlichung von Vermögenswerten und Unterlagen sowie auf Vorgänge, die erst während des Verlassenschaftsverfahrens stattgefunden haben.
Dies muss im jetzigen Stadium aber auch nicht geklärt werden.
Die Rechtsprechung kennt sehr wohl die Bejahung von Manifestationsansprüchen, die sich aus dem Erbrecht ergeben, etwa die des Pflichtteilsberechtigten gegen die Verlassenschaft, konkret gegen jene eidespflichtige Person, die den Nachlass verwaltet und am ehesten über seinen Umfang unterrichtet ist. Dazu ist jedoch der Klagsweg zu beschreiten (vgl Welser in Rummel2 Rz 17 zu §§ 762 bis 764 ABGB; Rz 21 zu § 785 ABGB, SZ 48/19; Schubert in Rummel2 Rz 3 zu § 951 ABGB mwN).
Es trifft zu, dass der Oberste Gerichtshof die analoge Anwendung des Manifestationsverfahrens im Rahmen eines Außerstreitverfahrens nach §§ 81 ff EheG bejahte (vgl SZ 69/174; 8 Ob 255/99d). Zentrale Begründung dafür ist jedoch, dass § 235 Abs 1 AußStrG eine Erweiterung des Aufteilungsverfahrens normiert, indem dort eine Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs bei Ansprüchen, die das eheliche Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse betreffen, angeordnet wird. Es bestehe also ein Vorrang des Aufteilungsverfahrens, soweit aufzuteilendes Vermögen der Ehegatten betroffen sei. Deshalb sei die Frage, ob ein Ehegatte gegen den anderen den Anspruch auf Rechnungslegung nach dem bürgerlichen Recht habe oder wegen Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens einen Anspruch auf eidliche Vermögensangabe habe, im Aufteilungsverfahren zu beurteilen, sodass der Außerstreitrichter - wie sonst der Richter in einem Verfahren nach Art XLII EGZPO zunächst über den Manifestationsanspruch und dann über den sich daraus ergebenden Aufteilungsanspruch zu entscheiden habe (8 Ob 255/99d unter Bezug auf SZ 69/174).
Eine allgemeine analoge Anwendbarkeit der nach gesetzlicher Anordnung (Art XLII Abs 2 EGZPO) ins streitige Verfahren verwiesenen Manifestationsklage als Antrag im außerstreitigen Verfahren lässt sich daraus keineswegs ableiten.
Im Verlassenschaftsverfahren trägt § 98 AußStrG dem Gerichtskommissär auf, sich über den Zustand des Vermögens durch Untersuchungen der Verlassenschaftsschriften und der vorhandenen Urkunden, durch eigene Besichtigung der Güter und Fahrnisse, Vernehmung der Erben, Verwandten und Hausgenossen, Benützung der öffentlichen Bücher und Gerichtsakten und anderer schicklicher Mittel, vollständige Aufklärung zu verschaffen. Nach § 97 AußStrG muss das Inventar ein genaues und vollständiges Verzeichnis alles beweglichen und unbeweglichen Vermögens, in dessen Besitz sich der Erblasser zur Zeit des Todes befunden hat, enthalten. Um sich über den Zustand dieses Vermögens vollständige Aufklärung zu verschaffen, aber nur soweit es dieser Zweck erfordert, steht dem Abhandlungsgericht die Bestimmung des § 98 AußStrG zur Verfügung (SZ 70/46; ÖBA 1994, 731).
Die Ausforschung des Vermögens des Erblassers zum Zweck der vollständigen Inventarisierung obliegt daher im Verlassenschaftsverfahren dem Gericht bzw dem Gerichtskommissär als Beauftragtem des Gerichts (zu den Pflichten des Gerichtskommissärs im Zusammenhang mit § 98 AußStrG vgl 1 Ob 2309/96g). Im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens besteht daher kein Anknüpfungspunkt dahin, dass Parteien des Verlassenschaftsverfahrens, etwa die erbserklärten Erben in dieser Hinsicht tätig zu werden hätten bzw mit gesetzlichen Ermächtigungen etwa im Sinn des § 98 oder § 43 AußStrG ausgestattet wären. Infolge Fehlens solcher Bestimmungen verbietet sich eine analoge Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Manifestationsverfahren im außerstreitigen Verlassenschaftsverfahren jedenfalls für die Verfahrensparteien.
Dass außerhalb des Verlassenschaftsverfahrens nämlich in einem streitigen Verfahren nach Art XLII EGZPO privatrechtliches Interesse an der Ermittlung des Vermögens gegenüber einem früheren Vermögensverwalter des Verstorbenen geltend gemacht werden kann, ist nicht von der Hand zu weisen (vgl SZ 69/119; ÖBA 1994, 731).
Im Übrigen sei auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes zur Verbesserungsmöglichkeit hingewiesen.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)