BVwG G306 2221972-2

BVwGG306 2221972-211.7.2022

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:G306.2221972.2.00

 

Spruch:

 

G306 2221972-2/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Kosovo, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2022, Zahl: XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

„I. Der Ihnen mit Bescheid vom 14.04.2005, Zahl: XXXX , zuerkannte Status des Asylberechtigten wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wird festgestellt, dass Ihnen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.“

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Mit Bescheid des damaligen Bundesalsylamtes (im Folgenden: BAA) wurde dem Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) auf Zuerkennung des internationalen Schutzes gemäß § 7 AsylG 1997 stattgeben und ihm in Österreich Asyl gewährt sowie festgestellt, dass ihm gemäß § 12 AsylG 1997 kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.2. Aufgrund wiederholter Verurteilungen wurde dem BF mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Zahl XXXX , vom 12.07.2019, der Status des Asylberechtigten aberkannt sowie der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen.

1.3. Mit Erkennntis des BVwG, Gz.: G306 2221972-1/15E, vom 06.08.2020, wurde der vom BF gegen den unter Punkt I.1.2. genannten Bescheid erhobenen Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid des BFA behoben.

2. Mit Urteil des LG XXXX zu Zahl XXXX , vom XXXX 2021, wurde der BF wegen der Vergehen des Diebstahls gemäß § 127 StGB, der Nötigung § 105 Abs. 1 StGB und der Körperverletzung § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, welche letztlich mit Urteil des OLG XXXX zu Zahl XXXX , vom XXXX 2021, auf 10 Monate erhöht wurde, verurteilt.

3. Am 10.02.2022 fand eine niederschrifltiche Einvernahme des BF vor dem BFA im Asylaberkennungsverfahren statt.

4. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 08.03.2022, wurde dem BF der mit Bescheid des BAA, vom 14.04.2005, Zahl XXXX , zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG aberkannt, gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetz nicht mehr zukomme (Sprucpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nciht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm. § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt V.), festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.) sowie gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. (Spruchpunkt VII.)

5. Mit per E-Mail am 04.04.2022 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die gänzliche Behebung des angefochtenen Bescheides und Feststellung, dass dem BF weiterhin der Status des Asylberechtigten zukomme, die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, die Aufhebung der Rückkehrentscheidung, die Behebung des Einreiseverbotes, die Reduktion der Befristung desselben sowie die Feststellung, dass die Abschiebung des BF in den Kosovo nicht zulässig sei, beantragt.

6. Die gegenständliche Beschwerde samt zugehörigem Veraltungsakt wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt und langten am 06.04.2022 ein.

7. Mit verfahrensleitendem Beschluss des BVwG, GZ.: G306 2221972-2/3Z, vom 03.05.2022, dem RV des BF zugestellt am 03.05.2022, wurden dem BF aktuelle Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat übersendet und diesem unter einem Parteiengehör gewährt. Zur Abgabe einer Stellungnahme wurden dem BF zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens eingeräumt

Der BF gab keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo, Angehöriger der Volksgruppe der Kosovaren, ledig, und kinderlos. Er bekennt sich zum moslemischen Glauben und ist der albanischen Sprache hinreichend mächtig.

Der BF wurde in Peja (auch Peje, Pec), auf dem heutigen Sataatsgebiet des Kosovo geboren, wo er bis zu seinem 8. Lebensjahr auch aufgewachsen und seine ersten beiden Schuljahre absolvierte. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Deutschland reiste der BF im Alter von neun Jahren nach Österreich und hält sich er seither durchgehend im Bundesgebiet auf.

Dem Vater des BF, XXXX , geb. XXXX , StA.: Kosovo, wurde mit Bescheid des BAA, Zahl XXXX , vom XXXX 2004, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nachdem bekannt wurde, dass dieser in seinem Herkunftsstaat zwei Menschen, konkret seinen Schwiegervater und seinen Schwager, ermordet hatte, deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren, 7 Monaten und 11 Tagen verurteilt wurde und letztlich aus der Haftanstalt geflohen ist, wurde mit Bescheid des BAA, Zahl XXXX , vom XXXX 2011, sein Asylverfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 3 AVG wiederaufgenommen, der Antrag des Vaters des BF auf Zuerkennung des internationalen Schutzstatus wegen Vorliegens eines Ausschlussgrundes und Nichtbesethens eines Verfolgungsgrundes abgewiesen, und dieser aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

Mit Bescheid des BAA vom 14.04.2005, Zl.: XXXX , wurde dem Antrag des BF auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Rahmen des Familiensverfahrens unter Bezugnahme auf seinen Vater gemäß § 7 AsylG 1997 stattgeben und ihm in Österreich Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm gemäß § 12 AsylG 1997, kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der BF ist suchtkrank und befindet sich in einer Substitutionstherapie unter Methadon. Er leidet jedoch an keiner schwerwiegenden Erkrankung und ist zudem arbeitsfähig.

Der BF hat bereits im Jahr 2018 eine gerichtlich angeordnete stationäre Suchtmitteltherapie im Rahmen einer bedingten Strafnachsicht gemäß § 39 SMG begonnen, jedoch diese wieder abgebrochen und leztlich ambulant fortgeführt.

Der BF ist dem Deutschen mächtig. Das Bestehen von Deutschkenntnissen einer bestimmten Niveaustufe konnte jedoch nicht festgestellt werden.

Der BF ging in den Zeiträumen 13.07.2009 bis 18.09.2009, 10.04.2012 bis 13.04.2012, 21.05.2012, 05.06.2012 bis 12.06.2012, 27.08.2012 bis 03.09.2012, 25.10.2012 bis 07.11.2012, 27.12.2012 bis 27.12.2012 sowie am 25.08.2020 Erwerbstätigkeiten in Österreich nach, und bezog zwischen 05.09.2012 und 21.05.2021 wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung.

In den Zeiträumen XXXX 2011 bis XXXX 2012, XXXX 2013 bis XXXX 2014, XXXX 2016 bis XXXX 2017, XXXX 2017 bis XXXX 2019, XXXX 2019 bis XXXX 2019 wurde der BF in Justizanstalten in Österreich angehalten, und befindet sich auch aktuell seit XXXX 2021 erneut in Strafhaft.

Im Bundesgebiet halten sich 5 Onkeln des BF samt deren Familien auf, jedoch pflegt der BF zu diesen keinen engen Kontakt.

Im Herkunftsstaat lebt die Mutter des BF, wobei der BF den Kontakt zu dieser jedoch vor Jahren abgebrochen hat. Der BF pflegt auch zu seinem Vater keinen Kontakt.

Der BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:

1. LG XXXX , vom XXXX 2010, RK XXXX 2010, wegen einer Jugendstraftat, dem Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls (großteils) durch Einbruch gemäß §§ 127, 129/1, 130 1. Und 4. Fall, 15/1 StGB, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe an mehreren Orten, im Zeitraum zwischen XXXX 2010 und XXXX 2010, in insgesamt 7 Angriffen, anderen Personen und Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen in einem Gesamtwert von EUR 1.330,-, großteils durch Einbruch, mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die durch Einbruch begangenen Diebstähle in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen.

Mildernd wurden dabei das Geständnis, die Unbescholtenheit sowie der teilweise Versuch, erschwerend jedoch die rasche Aufeinanderfolge der Taten sowie die Tat während anhängigem Verfahren gewertet.

Die bedingte Strafnachsicht wurde mit Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2013 widerrufen.

2. LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2010, RK XXXX 2010, wegen Jugendstraftaten, dem Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 129 Z 3 StGB, sowie den Vergehen der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs. 1 StGB, des Diebstahls gemäß § 127 StGB, der dauernden Sachentziehung gemäß § 135 Abs. 1 StGB, des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen gemäß § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, und der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von 7 Monaten, wovon 5 Monate bedingt nachgesehen wurden, in Bezug auf LG XXXX .

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe

I. Am XXXX 2010 in XXXX ,

a. K.S. durch Einbruch fremde bewegliche Sachen im Wert von unter EUR 1.220,80 mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er eine Sperrvorrichtung abbrach;

b. Nach dieser Tat das Kennzeichen des entwendeten Kleinkraftrades und die § 57a KFG Begutachtungsplakette vom besagten Kraftrad entfernt, sohin Urkunden, über die er nicht oder nicht alleine verfügen dürfte mit dem Vorsatz zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, vernichte und unterdrückte;

II. In der Nacht auf den XXXX 2010 in XXXX

a. R.V. bzw. Verfügungsberechtigte eines Personentransportunternehmens eine fremde bewegliche Sache, nämlich EUR 340,- Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

b. R.V. dadurch geschädigt, dass er ihm eine fremde bewegliche Sache aus seinem Gewahrsam dauernd entzog, ohne sich oder einem Dritten zuzueignen, indem er im Anschluss an die unter II.a. geschilderte Tathandlung die Geldbörse im Wert von etwa EUR 20,- in der das Bargeld enthalten war, wegwarf;

III. Am XXXX 2010 in XXXX C.F. durch Einbruch, nämlich Aufbrechen des Fahrradschlosses, eine fremde bewegliche Sache, und zwar ein Fahrrad im Wert von EUR 299,99 mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

IV. In XXXX

a. Am XXXX 2010 ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei er sich die Gewalt über das Fahrzeug mit dem zuvor widerrechtlich erlangten Schlüssel, den er in der Wohnung des N.H. unbefugt an sich nahm, somit durch eine in § 129 StGB geschilderte Handlung verschaffte, wobei durch die Tat am Fahrzeug ein Schaden in Höhe von EUR 891,- entstand;

b. Am XXXX 2010 M.O. vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wodurch dieser eine zweifache Kieferfraktur links verbunden mit dem Verlust eines Backenzahns, sohin eine an sich schwere Verletzung erlitt.

Mildernd wurden dabei die Unbescholtenheit sowie das Geständnis, erschwerend jedoch das Zusammentreffen zahlreicher Vergehen und Verbrechen sowie die Tatbegehung während anhängigen Verfahrens gewertet.

Die bedingte Strafnachsicht wurde mit Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2016 widerrufen.

3. LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2011, RK XXXX 2011, wegen einer Jugendstraftat, dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung gemäß § 87 Abs. 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, wovon 6 Monate bedingt nachgesehen wurden.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern am XXXX 2010 in XXXX C.H. eine schwere Körperverletzung absichtlich dadurch zugefügt, dass er ihm zunächst zwei Faustschläge ins Gesicht versetzte, worauf das Opfer zu Boden stürzte, und der BF gemeinsam mit einem Mittäter anschließend das Opfer zahlreiche Fußtritte gegen den Kopf versetzten, wodurch dieser ein Schädelhirntrauma verbunden mit Amnesie und eine Gehirnprellung, eine Impressionsfraktur der linken Kieferhöhlenwand, zahlreiche Hämatome, Hautabschürfungen im Gesicht und am rechten Ellenbogen sowie einer Rissquetschwunde im Bereich des rechten Scheitelbeins erlitt.

Mildernd wurde dabei die teilweise Geständigkeit, erschwerend jedoch der äußerst rasche Rückfall nach der Verurteilung vom XXXX 2010, 1 einschlägige Vorstrafe, sowie Tathandlungen vor der letzten Verurteilung ( XXXX 2010 zu der erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde) gewertet.

Der BF wurde mit Beschluss des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2011, am XXXX 2011 bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Mit Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2016, wurde die bedingte Entlassung des BF sowie die bedingte Strafnachsicht widerrufen.

4. LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2011, RK XXXX 2011, wegen Jugendstraftaten, der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15, 269 (1) 1. Fall StGB und der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 (1), 84 (1) StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in der Nacht auf den XXXX 2011 in XXXX ,

I. Im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit mehreren Mittätern J.O. durch Versetzen von Faustschlägen und Tritten vorsätzlich zumindest in Form von Prellungen samt Abschürfungen im Gesichtsbereich und einem Hämatom am linken Auge und einer Rissquetschwunde am Ellenhaken mit regionaler Schleimhautöffnung am Körper verletzt, wobei die Tat eine längere als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zur Folge hatte;

II. Einen Polizeibeamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner eigenen Festnahme sowie jener eines Mittäters dadurch zu hindern versucht, dass er den Beamten zu Seite stieß, sich aus dessen Fixierung beim Anlegen der Handfesseln losriss, wodurch der Beamte, im Zuge des sich zur Wehr Setzens des BF eine Prellung des linken Zeigefingers erlitt, und zweimal gezielt gegen seine Beine zu treten versuchte.

Mildernd wurden dabei das teilweise Geständnis sowie, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, erschwerend jedoch zwei einschlägige Vorstrafen, dass Zusammentreffen zweier Vergehen sowie der rasche Rückfall gewertet.

5. LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2012, RK XXXX 2012, wegen einer Jugendstraftat, dem Vergehen der Körperverletzung gemäß § 83 (1) StGB; Es wurde, in Bezug auf LG XXXX , XXXX , keine Zusatzstrafe ausgesprochen.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in der Nacht auf den XXXX 2011 in XXXX in bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei weiteren Mittätern F.B. vorsätzlich am Körper verletzt, indem sie unter anderem mit einem Straßenbesen auf ihn einschlugen und eintraten, wodurch dieser Prellungen des Kopfes und des linken Unterarmes, einer Bänderzerrung an der Halswirbelsäule und eine Abschürfung am linken Schulterblatt erlitt.

Mildernd wurden dabei keine Umstände, erschwerend jedoch zwei einschlägige Vorstrafen, der äußerst rasche Rückfall nach der Entlassung am 12.02.2011 sowie das Zusammentreffen von Vergehen gewertet.

6. LG XXXX , vom XXXX 2013, RK XXXX 2013, wegen einer Straftat als junger Erwachsener, dem Verbrechen des räuberischen Diebstahls gemäß §§ 127, 131 1. Fall StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe am XXXX 2012 in XXXX einer GmbH fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von EUR 153,70 mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der auf frischer Tat betreten, gegen die ihn an der Hand festhaltende Ladendetektivin Gewalt anwendete, um sich die Sachen zu erhalten, indem er ihr mit beiden Händen zwei starke Stöße im Bereich des Brustkorbes versetzte, wobei der zweite Stoß zum Sturz derselben führte und er dann mit seiner Beute flüchtete.

Mildernd wurden dabei die umfassende geständige Verantwortung, das Alter unter 21 Jahren sowie die teilweise Schadenswiedergutmachung, erschwerend jedoch die einschlägigen Vorstrafen sowie die eingetretene Körperverletzung beim Opfer gewertet.

7. BG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2013, RK XXXX 2013, wegen einer Straftat als junger Erwachsener, dem Vergehen des Diebstahls gemäß § 127 StGB, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von einem Monat in Bezug auf LG XXXX , Zl. XXXX .

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe am XXXX 2013 in XXXX eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Bargeldbetrag in der Höhe EUR 250,- dem Verfügungsberechtigten einer Firma mit dem Vorsatz weggenommen, sich und einen Dritten durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Mildernd wurden dabei das Alter unter 21 Jahren, das Geständnis sowie die Schadensgutmachung, erschwerend jedoch einschlägige Vorstrafen, der rasche Rückfall sowie die Tatbegehung während laufendem Strafverfahren gewertet.

8. LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2016, RK XXXX 2016, wegen der Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung gemäß § 107b (1) StGB sowie des Diebstahls gemäß § 127 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in XXXX und XXXX

I. In der Zeit zwischen Ende August 2015 bis XXXX 2016 gegen V.Z. längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er sie wiederholt am Körper misshandelte, sie schlug, zu Boden stieß und auf sie eintrat, sowie sie würgte, und sie in zahlreichen Fällen mit dem Umbringen gefährlich bedrohte, um sie in Furch und Unruhe zu versetzen, sowie mit Gewalt, nämlich durch Packen an verschiedenen Körperstellen und durch gefährliche Drohung zu Handlungen, Duldungen und (hauptsächlich) Unterlassungen nötigte, insbesondere zur Unterlassung, sich von ihm zu entfernen bzw. ihn zu verlassen, andere Personen auf ihre Notsituation hinzuweisen bzw. die Polizei zu verständigen, sohin mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben und gegen die Freiheit begangen;

II. In der Nacht vom XXXX 2015 auf XXXX 2012 in bewussten und gewolltem Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten Mittäter fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Mobiltelefone, eine Packung Zigaretten sowie eine Festplatte dem A.H. mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Dabei wurde mildernd das Geständnis, erschwerend jedoch das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, einschlägige Vorstrafen sowie die gesamte Vorstrafensituation und der rasche Rückfall gewertet.

9. LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2016, RK XXXX 2016, wegen der Vergehen des Entfremdens unbarer Zahlungsmittel gemäß § 241e (3) StGB, des schweren Diebstahls gemäß §§ 127, 128 (1) Z1 StGB sowie der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 (1) StGB, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 6 Monaten in Bezug auf LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2016.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe am XXXX 2015 in XXXX

I. N.A. eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Geldbörse mit EUR 325,- Bargeld während eines dem Bestohlenen zugestoßenen Bedrängnisses, mit dem Vorsatz weggenommen, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem er dem Opfer seine Geldtasche aus der Gesäßtasche seiner Hose zog, während dieses in eine körperliche Auseinandersetzung mit L.G. verwickelt und zahlreichen Schlägen ausgesetzt war;

II. Durch die zu I. geschilderte Tathandlung Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den Führerschein, den Aktivpass und die E-Card des Opfers, welche sich in der weggenommenen Geldtasche befanden, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden;

III. Durch die zu I. geschilderte Tathandlung ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, nämlich die Bankomatkarte des Opfers, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt.

Mildernd wurde dabei die teilweise geständige Verantwortung, erschwerend jedoch die 4 einschlägigen Vorstrafen, sowie das Zusammentreffen von mehreren Vergehen gewertet.

10. BG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2017, RK XXXX 2017, dem Vergehen der Körperverletzung gemäß § 83 (1) StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe am XXXX 2016 in der Justizanstalt XXXX den Y.R. durch Versetzen von mehreren Faustschlägen am Körper verletzt, wobei Y.R. eine Schwellung an der Unterlippe, ein Hämatom vom linken Unterlied und mehrere leichte Schwellungen im Bereich des Kopfes erlitten hat.

Mildernd wurde dabei das reumütig abgelegte Geständnis, erschwerend jedoch vier einschlägige Verurteilungen gewertet.

Mit Beschluss des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2017 wurde der BF am XXXX 2017 bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.

11. LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2018, RK XXXX 2018, den Vergehen der gefährlichen Drohung gemäß § 107 (1) StGB sowie der versuchten schweren Körperverletzung gemäß §§ 15, 83 (1), 85 (1) StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in der Nacht auf den XXXX 2017 in XXXX

a. Einen Polizeibeamten, welcher zuvor bei ihm vier Mobiltelefone sichergestellt hatte, sohin einen Beamten während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder Erfüllung seiner Pflichten, vorsätzlich am Körper verletzen versucht, indem er mit der rechten Hand einen Faustschlag gegen das Gesicht des Beamten anbringen wollte, wobei es infolge rechtzeitiger Ausweichbewegung beim Versuch blieb;

b. Im Zuge der Aufnahme in die Forensik des N.C. des Polizeibeamten D.J. durch die Äußerung: „Na warte, wenn ich hier rauskomme, dann werde ich dich finden und dir dein Gesicht brechen! Du wirst schon sehen, ich werde dich finden!“, gefährlich mit der Zufügung einer Körperverletzung bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Mildernd wurde dabei dass es teilweise beim Versuch blieb, erschwerend jedoch der äußerst rasche Rückfall, sechs einschlägige Vorstrafe, das Zusammentreffen von zwei Vergehen sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB, gewertet.

12. LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX 2019, RK XXXX 2019, wegen der Vergehen des schweren Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 15, 127, 128 (1) Z 5, 129 (1) Z 1 StGB, der Unterschlagung gemäß § 134 (1) StGB, sowie nach § 50 (1) Z 2 WaffG, zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in XXXX

A. Am XXXX 2019 mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, fremde bewegliche Sachen in einem EU 5.000,- überteigenden Wert, konkret in einem Gesamtwert von EUR 5.430,-, Verfügungsberechtigten einer Kanzlei durch Einbruch (gewaltsam) weggenommen, indem er sich durch gewaltsames Aufdrücken einer Tür und durch gewaltsames Aufdrücken der Lifttür Zutritt zu den Kanzleiräumlichkeiten verschaffte, aus denen er mehrere Gegenstände entwendete, wobei es zufolge Betretung auf frischer Tat beim Versuch blieb;

B. Wenn auch nur fahrlässig, eine Waffe, und zwar ein Springmesser, bis zur Sicherstellung durch die Polizei am XXXX 2019 besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG (bis XXXX 2022 aufrechtes Waffenverbot) verboten ist;

C. Am XXXX 2019 sich ein fremdes Gut, dass er gefunden hatte, nämlich ein Mobiltelefon im Wert von ca. EUR 250,-, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Mildernd wurden dabei das Geständnis und der Versuch, erschwerend jedoch 7 einschlägige Vorstrafen (aggraviert durch das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 StGB), der äußerst rasche Rückfall, die 2-fache Qualifikation beim Einbruchsdiebsstahl sowie das Zusammentreffen von Vergehen gewertet.

13. LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX 2021, in Rechtskraft erwachsen am XXXX 2021, wegen der Vergehen des Diebstahls gemäß § 127 StGB, der Nötigung § 105 Abs. 1 StGB und der Körperverletzung § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, verurteilt.

Der BF wurde mit besagtem Urteil für schuldig befunden, er habe am XXXX 2021 in XXXX ,

I. Verfügungsberechtigten nachgenanntenr Unternehmen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

a. Im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem weiteren unbekannten Täter (§ 12 StGB) einem Handelsunternehmen in zwei Angriffen Likör im Gesamtwert von EUR 53,96;

b. Im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer weiteren unbekannten Täterin (§ 12 StGB) einem Drogeriehandelsunternehmen ein Parfum im Wert von EUR 108,95, indem sie die Gegenstände in einem unbeobachteten Moment an sich nahmen und ohne zu bezahlen die Filiale der genannten Unternehmen verließen;

II. Marian H.

a. Mit Gewalt zu einer Unterlassung, nämlich seiner weiteren Anhaltung bis zum Eintreffen der verständigten Polizeibeamten, zu nötigen versucht (§ 15 StGB), indem er, als Marian H. in seiner Funktion als Security-Mitarbeiter den BF am Arm festhielt, diesem ein Bein stellte und ihm einen Kopfstoß versetzte, wobei es beim Versuch blieb, weil es Marian H. mit Hilfe weiterer Personen gelang, den BF festzuhalten;

b. Am Körper verletzt, durch die unter II.a. genannte Handlung, wodurch Marian H. eine blutende Wunde an der Lippe und eine Beule am Kinn erlitt.

Als mildernd wurden dabei das teilweise Geständnis, sowie, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als erschwerend 6 einschlägige Vorverurteilungen, das Zusammentreffen dreier Vergehen sowie die Faktenmehrheit beim Diebstahl gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.

Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Zur entscheidungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Kosovo

COVID-19

Letzte Änderung: 03.03.2022

Die Ausbreitung von COVID-10 kann weiterhin zu Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens führen. Kosovo ist von COVID-19 stark betroffen und ist als Hochrisikogebiet eingestuft (AA 24.1.2022). Laut WHO gab es im Kosovo von 3.1.2020 bis 27.1.2022 190.750 COVID-19-Fälle und 2.992 Todesfälle aufgrund von COVID-19 (WHO 28.1.2022)

Aufgrund der hohen Zahl an Neuinfektionen, vor allem mit der Corona-Variante Omikron, hat die kosovarische Regierung neue Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 genehmigt (WKO 24.1.2022).

Einreisenden ab 12 Jahre, unabhängig von der Staatsangehörigkeit und vom Reiseweg, ist die Einreise nur gestattet, wenn sie entweder

- eine Impfung mit drei Impfdosen im Herkunftsland zugelassener Impfstoffe nachweisen können, oder

- eine Impfdosis Johnson&Johnson/Janssen und eine weitere Impfdosis als Booster nachweisen können.

Für nicht vollständig im Sinne der vorgenannten Nr. 1 und 2 geimpfte Personen gilt folgendes Verfahren: Nachweis von zwei Impfdosen (oder eine Impfdosis Johnson&Johnson/Janssen) und PCR-Test, der zum Zeitpunkt der Einreise nicht älter als 48 Stunden alt sein darf (AA 24.1.2022; vgl. WKO 24.1.2022).

Die Nachweispflicht unter Nr. 1 bis 3 gilt auch für genesene Personen. Ausnahmen von der o.g. Nachweispflicht gelten für Berufskraftfahrer im Personen- oder Güterverkehr,ausländische Diplomaten, die in Kosovo akkreditiert sind, sowie -Truppenpersonal, kosovarische Staatsangehörige, die sich maximal 12 Stunden im Ausland aufgehalten haben, Minderjährige unter 12 Jahre, Minderjährige zwischen 12 und 16 Jahren mit einem negativen PCR-Test, der zum Zeitpunkt der Einreise nicht älter als 48 Stunden alt sein darf, Personen, bei denen wissenschaftlich nachgewiesene Kontraindikationen gegen eine COVID-19-Impfung bestehen, mit ärztlicher Bescheinigung und negativem PCR-Test (nicht älter als 48 Stunden). Kosovarische Staatsangehörige, die nicht den Nachweis erbringen können, dass sie mindestens zweimal gegen COVID-19 geimpft sind, müssen sich nach der Einreise in eine siebentägige Selbstisolation begeben (AA 24.1.2022).

Nationale Gesetze (am 7.12.2020 trat das Gesetz Nr. 07/L-016 zur wirtschaftlichen Erholung - COVID-19 mit einer Dotierung von ca. 360 Mio. Euro in Kraft) und internationale Unterstützung (der Internationale Währungsfonds (IMF) genehmigte im April 2020 eine Finanzierung in Höhe von 52 Mio. Euro für den Kosovo) sollen dem Land helfen, die Covid-Krise besser zu bewältigen (WKO 24.1.2022).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (24.1.2022): Kosovo: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kosovo-node/kosovosicherheit/207442 , Zugriff 28.1.2022

 WKO – Wirtschaftskammer Österreich (24.1.2022): Coronavirus: Situation in Kosovo - Aktuelle Lage und Info-Updates, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-situation-in-kosovo.html , Zugriff 28.1.2022

 WHO – World Health Organization (28.1.2022): Kosovo Situation, https://covid19.who.int/region/euro/country/xk , Zugriff 28.1.2022

Politische Lage

Letzte Änderung: 03.03.2022

Die am 15. Juni 2008 in Kraft getretene Verfassung sieht eine parlamentarische Demokratie mit Gewaltenteilung vor. Die politische Macht konzentriert sich beim Ministerpräsidenten. Ein umfassender Schutz der anerkannten Minderheiten ist gewährleistet (AA 19.4.2020). Die Verfassung garantiert einen umfassenden Schutz der anerkannten Minderheiten (AA 8.11.2021). Durch die Verfassung als ethnische Minderheiten anerkannt sind Serben, Roma, Ashkali, Ägypter, Türken, Bosniaken und Gorani (AA 18.10.2021; vgl. GIZ 3.2020b). Im Parlament stehen diesen 20 von 120 Sitzen zu, wobei 10 Sitze für Repräsentanten der serbischen Minderheit reserviert sind (GIZ 3.2020a). Die Republik Kosovo ist international von 97 Staaten anerkannt, nicht jedoch von Serbien. Das ungeklärte Verhältnis zu Serbien behindert die Annäherung Kosovos an EU und NATO. Seit 2011 vermittelt die EU einen politischen Dialog zwischen den beiden Ländern mit dem Ziel einer ehestmöglichen und umfassenden Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen (AA 8.11.2020). Dieser war von November 2018 bis Mitte 2020 durch Serbien unterbrochen worden. Im Juni 2020 erfolgte die Wiederaufnahme (AA 18.10.2021). Inzwischen wurden mehrere wichtige Vereinbarungen erzielt. In Kosovo sind einige internationale Missionen tätig: Die NATO-Mission KFOR mit ca. 3500 Soldaten, die EU-Rechtsstaatlichkeitsmission (EULEX), die Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK) sowie die OSZE-Mission (OmiK) (AA 8.11.2020).

Generell werden die Konsolidierung der Demokratie im Kosovo sowie deren Effizienz und Reaktionsfähigkeit im politischen Prozess durch eine Reihe von Faktoren wie beispielsweise eine mangelnde Rechenschaftspflicht der politischen Klasse untergraben. Die demokratischen Institutionen werden oftmals als undurchsichtig und wenig kooperativ in der Zusammenarbeit wahrgenommen. Trotzdem ist etwa ein Drittel der Bevölkerung mit Regierung und Parlament zufrieden. In den letzten vier Jahren konnte - wenngleich von einem niedrigen Niveau ausgehend - doch eine deutliche Verbesserung verzeichnet werden. Eine Umfrage der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) aus dem Jahr 2010 ergab, dass 75% der Kosovaren eine positive Einstellung zur Demokratie haben. Die hohe Zustimmung zur Demokratie hat unter den sozio-ökonomischen Veränderungen, dem Versöhnungsprozess der Regierung mit Serbien und den serbischen Gemeinden im Kosovo und den 2015 von der Opposition organisierten Straßenprotesten gelitten (BS 2020). Im Anschluss an die Neuwahlen von Mitte Februar 2021 wird die Regierung seit März 2021 von einer neuen Koalition aus VV (Vetevendosje – Selbstbestimmung) unter Premierminister Albin Kurti, der Wahlinitiative der bisherigen Parlamentspräsidentin und aktuellen Staatspräsidentin Vjosa Osmani sowie Parteien der ethnischen Minderheiten getragen (AA 18.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt (8.11.2021): Außen- und Europapolitik, Kosovo. Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kosovo-node/politisches-portraet/207468?openAccordionId=item-207450-0-panel , Zugriff 19.1.2022

 AA - Auswärtiges Amt (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Kosovo, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_RKS.pdf , Zugriff 17.4.2020

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Kosovo - Geschichte/Staat, Zugriff 19.1.2022. Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf.

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, Zugriff 19.1.2022. Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf.

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 03.03.2022

Im Norden des Kosovo (Gemeinden Zubin Potok, Leposavic, Zvecan und Nord-Mitrovica) bleibt die Lage angespannt (AA 6.1.2022; vgl. BMEIA 5.1.2022). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch künftig zu isolierten sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kommt, die die allgemeine Bewegungsfreiheit einschränken. In allen anderen Landesteilen Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil (AA 24.1.2022).

Teilweise gewalttätige Protestaktionen der Opposition gegen die Regierung haben sich seit dem ersten Halbjahr 2016 nicht mehr ereignet, das Potenzial für solche Proteste besteht aber weiterhin (AA 26.1.2022).

Eine Studie des angesehenen Kosovo Center for Security Studies zum Sicherheitsgefühl der Kosovaren aus dem Jahr 2018 ergab, dass sich 85,5% der Befragten in ihrem Zuhause (Wohnung, Haus), 78,8% in ihrer Stadt und 52,4% im Kosovo sicher fühlten. Albanische und nicht-serbische Minderheitenangehörige fühlen sich im Kosovo sicherer als Serben (KCSS 7.2019).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt (24.1.2022): Kosovo: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/kosovosicherheit/207442 , Zugriff 24.1.2022

 BMEIA – Bundesministerium Europäische und Internationale Angelegenheiten (26.1.2022: Reiseinformation – Kosovo, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/kosovo/ , Zugriff 26.1.2022

 KCSS - Kosovo Center for Security Studies (7.2019): Kosovo Security Barometer – Trends of Citizens’ Perceptions on Public safety in Kosovo (2016 – 2018), https://www.academia.edu/40117450/REPORT_BY_KCSS_TRENDS_OF_CITIZENS_PERCEPTIONS_ON_PUBLIC_SAFETY_IN_KOSOVO , Zugriff 19.1.2022

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 03.03.2022

Die gesetzgebende Gewalt wird vom kosovarischen Parlament ausgeübt, die exekutive Gewalt von der Regierung (Premierminister, Minister) und die richterliche Gewalt von den Gerichten, einschließlich des Obersten Gerichtshofs, der höchsten richterlichen Behörde, und des Verfassungsgerichts. Die Exekutive hat sich jedoch wiederholt (informell) in die Arbeit von Legislative und Judikative eingemischt und das Parlament wurde immer wieder dafür kritisiert, dass es sein verfassungsmäßiges Mandat zur Kontrolle der Regierung nicht ausübt. Die parlamentarischen Ausschüsse in der Versammlung wurden von der Exekutive ignoriert, wodurch ihre parlamentarische Kontrollfunktion wesentlich geschmälert wurde. Die Kontrolle und Ausgewogenheit der demokratisch gewählten Institutionen ist zwar formell festgelegt, in der Realität jedoch schwach und ineffizient (BS 2020).

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber diese Unabhängigkeit wird nach wie vor durch politische Autoritäten und ein hohes Maß an Korruption beeinträchtigt. EULEX und seine kosovarischen Pendants haben einige Fortschritte in Bezug auf Nachhaltigkeit, Rechenschaftspflicht, Freiheit von politischer Einmischung und Multiethnizität, einschließlich der Einhaltung europäischer Best Practices und internationaler Standards, erzielt. Dennoch hat eine 2016 durchgeführte Umfrage über die Wahrnehmung des Justizsystems durch die Bürger ergeben, dass nur 12,3% die Gerichte für unabhängig hielten, während 61,2% der Ansicht waren, dass Personen mit politischen Verbindungen weniger wahrscheinlich bestraft würden. 50,5% meinten, dass Justizbeamte Bestechungsgelder erhielten, oder verlangten und nur 36% konnten jüngste Verbesserungen im Justizsystem feststellen, während 24,4% davon überzeugt waren, dass keine Verbesserungen erzielt wurden (BS 2020).

Die Effizienz bei der Fallbearbeitung hat sich verbessert, der Rückstau an offenen Fällen hat sich seit 2016 um 85% verringert. Ein Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte ist zwar vorhanden, aber ineffizient. Eine unabhängige staatliche Rechtshilfekommission stellt kostenlose Rechtshilfe für Personen mit niedrigen Einkommen zur Verfügung. Bei Verletzung der Prozessrechte können sich Geschädigte an die Gerichte im Instanzenzug bis hin zum Verfassungsgerichtshof wenden (USDOS 30.3.2021).

Die Verfahren werden nicht immer ordnungsgemäß abgewickelt. Nach Angaben der Europäischen Kommission, der NGOs und der Institution der Ombudsperson ist die Justizverwaltung langsam und es fehlen die Mittel, um die Rechenschaftspflicht der Justizbeamten zu gewährleisten (USDOS 30.3.2021). Die Justizstrukturen sind politischer Einflussnahme ausgesetzt (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021), mit umstrittenen Ernennungen und unklaren Mandaten (USDOS 30.3.2021)

Eine komplexe Mischung aus Gesetzen, Regulierungen, verwaltungstechnischen Anweisungen und Gerichtspraktiken, sowie die illegale Beschlagnahmung oder mehrere Ansprüche auf dasselbe Grundstück erschweren die Lösung von Eigentumsstreitigkeiten infolge des Krieges. Mehr als 96% der diesbezüglichen Anträge stammt von ethnischen Serben (USDOS 30.3.2021).

Das Gesetz sieht faire und unparteiische Verfahren vor und trotz gravierender Mängel im Justizsystem wie etwa politischer Einmischung, wird das Recht im Allgemeinen umgesetzt. Die Prozesse sind öffentlich, die Angeklagten haben ein Recht auf die Unschuldsvermutung, auf unverzügliche Information über die gegen sie erhobenen Anklagen und auf ein faires, öffentliches Verfahren, bei dem sie sich in ihrer Muttersprache an das Gericht wenden können. Sie haben das Recht, zu schweigen oder sich der Aussage zu entschlagen, Beweise einzusehen, einen eigenen Rechtsbeistand zu haben und gegen Urteile zu berufen. Das Kosovo wendet keine Geschworenenprozesse an (USDOS 30.3.2021).

Die 'Free Legal Aid Agency' (FLAA) ist von der Regierung beauftragt, Personen mit niedrigem Einkommen kostenlosen Rechtsbeistand zu gewähren, und führt entsprechende Kampagnen durch, die sich an benachteiligte und marginalisierte Gemeinschaften richteten (USDOS 30.3.2021).

Kosovo befindet sich in einem Frühstadium in Bezug auf die Entwicklung eines funktionierenden Justizsystems. Die Verwaltung im Justizbereich ist weiterhin langsam, ineffizient und angreifbar aufgrund unangemessener politischer Einflussnahme. Gewisse Fortschritte gab es allerdings im Berichtszeitraum. So wurde etwa ein elektronisches Fallverwaltungssystem eingeführt und ein zentrales Strafregister etabliert. Herausforderungen bestehen allerdings, so gibt eine geplante Überprüfung und Neueinschätzung aller Richter und Staatsanwälte Anlass zu Sorge (EC 19.10.2021).

Die European Rule of Law Mission in Kosovo besteht seit 2008. EULEX‘s Hauptaufgabe ist die Unterstützung relevanter rechtsstaatlicher Institutionen im Kosovo auf ihrem Weg in Richtung verbesserter Effektivität, langfristiger Funktionsfähigkeit und Verantwortung, frei von politischer Einmischung und unter Beachtung internationaler Menschenrechtsstandards und -praktiken. Die Mission führt Beobachtungstätigkeiten aus und hat limitierte exekutive Befugnisse. Beobachtung ist eine Säule der Aktivitäten von EULEX, operationelle Aktivitäten bilden die andere Säule. Unter der Säule der Beobachtung werden ausgewählte Fälle im kosovarischen Justizsystem verfolgt. Hier liegt der Fokus auf die von EULEX ursprünglich betreuten Fälle, die 2018 an die lokale Justiz übergeben wurden. Im Rahmen der operationellen Säule wird die kosovarische Polizei unterstützt, vor allem bei Demonstrationen oder aber im internationalen Bereich (EULEX o.D.).

Quellen:

 BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Kosovo, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_RKS.pdf , Zugriff 24.1.2022

 EC - Europäische Kommission (19.10.2021): Kosovo* 2021 Report, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/document/download/ec34a067-8477-4adc-a123-054b7d62abc4_en , Zugriff 20.1.2022

 EULEX (o.D.): What is EULEX, https://www.eulex-kosovo.eu/?page=2 ,16, Zugriff 20.1.2022

 FH - Freedon House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2052769.html , Zugriff 21.1.2022

 USDOS - US Department of State (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

Der Kanun / Blutrache

Letzte Änderung: 03.03.2022

Die albanische Tradition der Blutrache ist nur noch vereinzelt anzutreffen. Allerdings sind insbesondere außerhalb der größeren Städte nicht selten Racheakte aus verschiedenen Gründen zu beobachten. Diese werden landläufig als „Blutrache“ bezeichnet und ohne Beachtung der einschränkenden Regeln des Kanun (der Eröffnung, Ablauf und Beendigung regelt) beharrlich betrieben, zum Teil mit blutigen bzw. tödlichen Folgen. Bei diesen Racheakten ist die Hemmschwelle, eine Schusswaffe zu benutzen, oft sehr niedrig. Beteiligte an solchen Taten werden verfolgt, angeklagt und verurteilt (AA 18.10.2021).

Historisch bedingt existierte in der kosovarischen Gesellschaft eine grundsätzliche Distanz gegenüber staatlichen Strukturen. Dies führte zur Ausbildung umfangreicher Prozesse der Gemeinschaftsbildung, welche u. a. in der Entwicklung von Stämmen, Clans, Patenschaften und Blutsverwandtschaft Ausdruck fand. Insbesondere in der albanischen Bergwelt basierte die Ordnung auf mündlich tradiertem Gewohnheitsrecht. Diese sogenannten Kanune variierten regional, wobei die bekannteste dieser Rechtsordnungen der Kanun Lekë Dukagjini ist. Die grundlegende soziale Einheit, auf der der Kanun basiert, ist die Großfamilie unter Führung des männlichen Familienältesten (Senioritätsprinzip). Der Kanun ist ein umfassendes Regelwerk und befasst sich mit weiten Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens wie Kirchen-, Ehe-, Erb-, Schuld-, Handels- und Strafrecht. Zentral für dieses Rechtsverständnis ist der Begriff der Ehre, was sich u.a. in der Bedeutung der Blutrache, aber auch des umfassenden Gastrechts ausdrückt. Die Rolle der Frauen im Kanun ist eine nachgeordnete und charakterisiert die marginale Stellung der Frau in der traditionellen albanischen (Hochland-)Gesellschaft (GIZ 3.2020b).

Die Blutrache, die teils Ausdruck Jahrzehnte alter Konflikte ist, war bis in die 1980er Jahre ein weitverbreitetes Phänomen in Albanien und im Kosovo. 1990 nahmen unter Führung von Anton Çetta, einem Professor für Ethnologie, ca. 100.000 Personen aus dem Kosovo, aus Albanien, Mazedonien und Montenegro an einer großen Aussöhnung von Familien teil, bei der ca. 2.000 Fälle der Blutrache versöhnt wurden. Obwohl er zunehmend an Bedeutung verliert, spielt der Kanun in entlegenen Regionen bis heute eine Rolle bei der Rechtsinterpretation. Nach dem Zusammenbruch der staatlichen Ordnung 1997 kam es in Albanien zu einer Renaissance der Blutrache, allerdings nicht nach den Regeln des Kanuns. Waren traditionell Frauen und Kinder vor der Blutrache geschützt, so sind heute auch diese Personengruppen von der Verfolgung betroffen. Bei der Bewertung krimineller Handlungen bzw. Formen der organisierten Kriminalität (in der Diaspora) spielen Aspekte des Gewohnheitsrechts aktuell eine Rolle (GIZ 3.2020b).

Blutrache stellt im Westen des Kosovo (und im Norden Albaniens) somit nach wie vor ein Problem dar und wird infolge der Migrationsbewegung von Albanern und Kosovo-Albanern hin und wieder auch ins Ausland getragen. Eine Grundregel ist, dass eine Ehrverletzung mit Blut vergolten werden muss – sonst werden der Geschädigte und seine Familie von der Dorfgemeinschaft geächtet, was den gesellschaftlichen Tod bedeutet. Dieser gesellschaftliche Zwang ist ein Grund, weshalb sich die Blutrache in einigen Gegenden von Albanien und Kosovo zäh halten kann. Da eine Tötung stets die Revanche der anderen Familie herausfordert, können sich die Kettentötungen einer Blutfehde über Jahrzehnte hinziehen und ganze Familien auslöschen. Ursprünglich verlangte der Ehrenkodex des Kanuns, dass nur an männlichen Familienmitgliedern Blutrache geübt werden darf – doch heute sind in Nordalbanien durchaus auch Frauen gefährdet. Nur innerhalb des eigenen Hauses sind betroffene Familien vor der Blutrache sicher. Eine Blutfehde kann aber durch Verhandlungen und ein Sühnegeld beendet werden, wenn die (zuletzt) geschädigte Familie einwilligt. Diese Sühne wird im albanische Kanun Blutgeld genannt (GRA o.D.).

Es bestehen keine Zufluchtsmöglichkeiten in anderen Landesteilen oder größeren Städten. Wegen der geringen Größe des Kosovo können Personen auch in größeren Städten sehr schnell gefunden werden, zumal Neuankömmlinge meist in einen Stadtteil ziehen, in dem bereits andere Personen aus ihrem Dorf oder Clan leben. Die größeren Städte setzten sich daher sozusagen aus 'ethnischen' Vierteln zusammen, in denen Familien Verwandtschaftsbeziehungen zu ihrem Heimatort und ihrem patrilinearen Clan bewahrten. Ferner ist es nicht möglich, von einem in einen anderen Landesteil zu ziehen und einfach unterzutauchen, da jede kosovo-albanische Person ihre Herkunft auf einen der zwölf Gründungsclans der Albaner in Kosovo zurückführen kann. Eine falsche Identität zu erfinden, die einer Überprüfung standhalten würde, ist daher kaum möglich. Zusätzlich werden Neuankömmlinge stets in einem Kontext sozialer Beziehungen eingeordnet, und Höflichkeitsnormen schreiben vor, sich bereits bei der ersten Begegnung nach Herkunft, Familienbeziehungen und Freunden einer Person zu erkundigen. Auch die Ombudsperson des Kosovo bestätigt, dass es kaum möglich ist, in anderen Landesteilen oder größeren Städten vor Blutrache Schutz zu finden (SFH 1.7.2016).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, Zugriff 19.1.2022. Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf.

 GRA – Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (o.D.): Belastete Begriffe. Blutrache/Vendetta, https://www.gra.ch/bildung/gra-glossar/begriffe/belastete-begriffe/blutrache-vendetta/ , Zugriff 19.1.2022

 SFH – Schweizer Flüchtlingshilfe (1.7.2016): Kosovo. Blutrache, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/europa/kosovo/160701-kos-blutrache.pdf , Zugriff 14.4.2020

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 10.03.2022

Die innere Sicherheit der Republik Kosovo beruht auf drei Komponenten: der Kosovo Polizei (KP), den unterstützenden internationalen EULEX-Polizeikräften (EU-Rechtstaatlichkeitsmission, Anm.) und den KFOR-Truppen (AA 18.10.2021).

Als eine ihrer Operationslinien unterstützt die KFOR Aufbau und Training der multiethnischen und zivil kontrollierten, leicht bewaffneten Sicherheitskräfte „Kosovo Security Force“ (KSF), die nach dem bisherigen Gesetzesrahmen nicht mehr als 2.500 Mitglieder und maximal 800 Reservisten hatten. Die KSF übernimmt derzeit primär zivile Aufgaben wie Krisenreaktion, Sprengmittelbeseitigung und Zivilschutz. Das am 14.12.2018 mit überwältigender parlamentarischer Mehrheit verabschiedete Gesetzespaket zur Transition in reguläre, defensiv ausgerichtete Streitkräfte unterwirft die KSF einem 10-jährigen Übergangsprozess, an dessen Ende ca. 5.000 leicht bewaffnete Defensivkräfte stehen sollen. Die kosovarische Regierung hat der NATO gegenüber schriftlich die volle Transparenz des Prozesses, die Bewahrung des multiethnischen Charakters der KSF sowie das Festhalten an den Bedingungen von UNSCR 1244 und dem KFOR-Mandat bekundet (AA 18.10.2021).

Die Polizei (Kosovo Police, KP) hat derzeit eine Stärke von 9.221 Personen (8.221 Uniformierte, 1.000 Zivilangestellte). Der Frauenanteil in der KP beträgt 15%; der Anteil der Angehörigen von Minderheiten liegt bei 15,5%. EULEX-Polizisten beraten Polizeidienststellen im gesamten Land. Für die parlamentarische Kontrolle der Sicherheitskräfte ist im Parlament der Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung zuständig (AA 18.10.2021).

Die in der Normalisierungsvereinbarung vereinbarte Integration der serbischen Polizeikräfte im Norden indie kosovarische Polizei ist abgeschlossen (AA 18.10.2021). Es gibt 464 Polizeibeamte (Angehörige der KP) pro 100.000 Einwohner. Dies übertrifft den EU-Durchschnitt, der sich im Jahr 2017 gemäß Eurostat auf 326 Beamte belief. Die „Kosovo Academy for Public Safety“ gewährleistet eine gute Ausbildung für Polizeibeamte und andere Angehörige des Sicherheitsapparats. Die Kapazität der Polizei zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist gut, jedoch unterliegt die Polizei immer noch Korruption und politischem Druck (EC 19.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 EC - Europäische Kommission (19.10.2021): Kosovo* 2021 Report, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/document/download/ec34a067-8477-4adc-a123-054b7d62abc4_en , Zugriff 20.1.2022

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 03.03.2022

Das Verbot der Folter sowie der grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe ist in der kosovarischen Verfassung verankert (AA 18.10.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). Die Gesetze werden aber uneinheitlich umgesetzt und es im Jahr 2020 gab anhaltende Vorwürfe, dass Gefangene von der Polizei und in geringerem Maße auch vom Personal des Strafvollzugsdienstes gefoltert und misshandelt wurden (UDOS 30.3.2021).

Unter der Ombudsperson des Kosovo (KOI) arbeitet der Nationale Präventionsmechanismus gegen Folter (National Preventive Mechanism against Torture – NPMT). Er führt in Gefängnissen, Haftanstalten, psychiatrischen Einrichtungen und Polizeistationen Inspektionen durch. Im März 2020 wurden Gefängnisbesuche aufgrund der COVID-Pandemie temporär ausgesetzt und stattdessen Hotlines sowie sichere Beschwerdeboxen vor Ort in Gefängnissen eingerichtet. Vor der Aussetzung gab es im Rahmen von 40 Besuchen keine Anschuldigungen wegen Folter, wiewohl Misshandlungen vorkommen (USDOS 30.3.2021).

Das Kosovo-Rehabilitationszentrum für Folteropfer (KRCT), die führende NGO des Landes in Fragen der Folter, gab ebenfalls an, im Laufe des Jahres 2020 keine glaubwürdigen Berichte über Folterungen erhalten zu haben, obwohl die Misshandlung von Gefangenen nach wie vor ein Problem darstellt (USDOS 30.3.2021).

Dem deutschen Ausawärtigen Amt waren im Oktober 2021 keine Fälle von Folter durch die lokale Polizei (KP) oder andere staatliche Stellen bekannt (AA 18.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 USDOS - US Department of State (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

Korruption

Letzte Änderung: 03.03.2022

Laut Gesetz steht Korruption von Beamten unter Strafe, aber die Regierung setzt diese Vorgaben nicht effektiv um. Korruption bei Beamten bleibt gelegentlich ungesühnt. Das Fehlen einer wirksamen Justizaufsicht und eine allgemeine Schwäche der Rechtsstaatlichkeit tragen zu diesem Problem bei. Gegen Korruptionsfälle wird routinemäßig wiederholt Berufung eingelegt, und das Justizsystem lässt oft Verjährungsfristen auslaufen, ohne die Fälle vor Gericht zu bringen. Die Antikorruptionsbehörde (ACA) und das Nationale Rechnungsprüfungsamt tragen gemeinsam die Verantwortung für die Bekämpfung staatlicher Korruption. Verurteilungen wegen Korruptionsvorwürfen machen weiterhin nur einen geringen Teil der untersuchten und angeklagten Fälle aus. NGOs berichten, dass Anklageerhebungen oft fehlschlagen, weil Staatsanwälte falsche Anklagen erheben oder Verfahrensfehler machen (USDOS 30.3.2021).

Die institutionellen Rahmenbedingungen zur Korruptionsbekämpfung sind schwach. Die Zuständigkeitsbereiche der vier primären Korruptionsbekämpfungsbehörden überlappen sich, was eine effiziente Koordinierung der Bemühungen erschwert. Die Behörden zeigen nur wenig Anstrengung, hochrangige Korruptionsfälle zu untersuchen, und wenn hochrangige Beamte doch verfolgt werden, so kommt es selten zu Verurteilungen. Mehrere Korruptions-Skandale unter Beteiligung von Regierungsbeamten wurden unter der Regierung Hoti offen gelegt. Im Oktober 2020 schaffte die Regierung Hoti die Anti-Korruptions Taskforce in der Polizei ab, die zehn Jahre lang hochrangige Korruptionsfälle untersucht hatte. Auch Hoti war im Jahr 2019 im Rahmen der Untersuchung eines Korruptionsfalls befragt worden (FH 3.3.2021).

Auch die Ergebnisse der EULEX-Anti-Korruptionsbemühungen waren minimal. Besonders hochrangige Korruptionsfälle wurden nicht einmal untersucht, was einen weitverbreiteten Eindruck der Straflosigkeit hervorrief. Es schien, als sollte wichtigen Persönlichkeiten der politischen Elite des Kosovo eine Untersuchung oder gar ein Gerichtsverfahren erspart bleiben, im höheren Interesse der Aufrechterhaltung des kosovarischen Staatsbildungsprojekts (BS 2020).

Zentrale Bereiche der Korruption sind neben dem Gesundheits- und Bildungswesen die Justiz, in der es regelmäßig zu politischer Einflussnahme kommt, außerdem die öffentliche Verwaltung, in der Nepotismus, Beschäftigung nach Parteibuch wie die Manipulation öffentlicher Ausschreibungsverfahren weit verbreitet sind. Politische Korruption, etwa bei der Besetzung von Aufsichtsräten herrscht auch bei öffentlichen Unternehmen vor. Die kosovarische Presse berichtet regelmäßig von Korruptionsskandalen, in die hochkarätige Partei- oder Regierungsvertreter verwickelt sein sollen. Zur Anklage kommt bisher jedoch nur ein kleiner Teil davon und zu Verurteilungen kommt es ganz selten. So wurde der frühere Minister Fatmir Limaj diverse Male, unter anderem von EULEX-Richtern, wegen Korruption angeklagt, zu einer Verurteilung kam es nie. Auch sein Bruder, Florim Limaj, der im Innenministerium mit der Bekämpfung von Korruption betraut war, wurde wegen Korruption angeklagt. Ähnlich gelagert war der Fall des Staatsanwalts Nazim Mustafi. Der mit der Bekämpfung von Korruption beauftragte Staatsanwalt wurde 2013 von einem EULEX-Gericht selbst zu fünf Jahren Haft verurteilt - wegen Bestechlichkeit. Nicht nur lokalen Richtern, Staatsanwälten und Polizei fehlt die politische Unabhängigkeit zur Verfolgung politisch sensibler Korruptionsfälle – selbst die EU-Rechtsstaatsmission EULEX erwies sich als außerordentlich ineffizient, hochkarätige Fälle politischer Korruption abzuurteilen. 2017 wurden laut offiziellen Statistiken von den Staatsanwaltschaften im Kosovo knapp 1.800 Personen wegen Korruption angeklagt, 90% davon waren Behördenvertreter. 2015 wurde eine behördenübergreifende Task Force gegen politisch sensible Korruption und organisierte Kriminalität geschaffen. Bis einschließlich 2018 kamen allerdings lediglich 27 Fälle zur Anklage, ganze 9 Personen wurden verurteilt. Nicht zuletzt wegen der ineffizienten Korruptionsbekämpfung haben zwei Drittel der Bevölkerung im Kosovo kein Vertrauen in die Justiz bzw. den Rechtsstaat (GIZ 3.2020a).

Transparency International listet den Kosovo in seinem „Corruption Perceptions Index“ 2021 auf Platz 104 von insgesamt 180 bewerteten Staaten. Damit bleibt die Bewertung im Vergleich zu 2020 gleich. Dies entspricht einer Verschlechterung um acht Plätze gegenüber 2018 (TI 1.2022; vgl. TI 1.2021). Im regionalen Vergleich zu seinen Nachbarländern liegt das Kosovo hinsichtlich des Ausmaßes an Korruption im Mittelfeld (GIZ 3.2020a).

Quellen:

 BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Kosovo, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_RKS.pdf , Zugriff 19.1.2022

 FH - Freedon House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2052769.html , Zugriff 21.1.2022

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Kosovo - Geschichte/Staat, Zugriff 21.1.2022. Die Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf.

 TI – Transparency International (1.2022): Corruptions Perceptions Index 2021, https://www.transparency.de/cpi/ , Zugriff 21.1.2022

 TI – Transparency International (1.2021): Corruptions Perceptions Index 2020, https://www.transparency.de/cpi/cpi-2020/cpi-2020-tabellarische-rangliste/ , Zugriff 21.1.2022

 USDOS - US Department of State (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung: 04.03.2022

Zahlreiche heimische und internationale Menschenrechtsorganisationen konnten ohne Einschränkungen seitens der Regierung ihren Aufgaben nachgehen, Menschenrechtsfälle untersuchen und die Ergebnisse darüber publizieren (USDOS 30.3.2021, vgl. FH 3.3.2021), sind dabei aber gelegentlich Druck seitens der Regierung ausgesetzt, Kritik an derselben zu beschränken (FH 3.3.2021). Generell kooperiert die Regierung aber mit NGOs und berücksichtigt ihre Ansichten (USDOS 30.3.2021).

Ca. 6.000 Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) sind im Kosovo registriert, wovon allerdings nur 10% als aktiv gelten. Im Kosovo gibt es durchaus eine zumindest jüngere Tradition der Zivilgesellschaft, die eine bedeutende Rolle in der kosovarischen Parallelgesellschaft der 1990er Jahre sowie während des Konflikts und in der folgenden Phase der Soforthilfe und des Wiederaufbaus einnahm. Hervorzuheben ist dabei die Rolle der „Mutter Teresa Gesellschaft“. Die zivilgesellschaftliche Szene ist aufgrund des hohen Anteils an Jugendlichen in der Gesellschaft hochdynamisch, aber weitestgehend unpolitisch. Die größte Anzahl der aktiven NGOs konzentriert sich auf die Zentren, wohingegen die Anzahl aktiver NGOs in ländlichen Gebieten gering ist. Die Gewerkschaften im Kosovo haben ca. 60.000 Mitglieder und sind mit einem Organisationsgrad von ca. 90% Abdeckung im öffentlichen Sektor ein gewichtiger Sozialpartner (GIZ 3.2020a).

Quellen:

 FH - Freedon House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2052769.html , Zugriff 21.1.2022

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Kosovo - Geschichte/Staat, Zugriff 19.1.2022. Die Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf.

 USDOS - US Department of State (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

Ombudsmann

Letzte Änderung: 10.03.2022

Die Institution der Ombudsperson hat die Befugnis, Anschuldigungen wegen Menschenrechtsverletzungen sowie den Missbrauch von staatlicher Autorität zu untersuchen und agiert als nationaler Präventionsmechanismus gegen Folter (National Preventive Mechanism against Torture – NPMT). Sie ist überdies die wichtigste Einrichtung zur Überwachung der Gefängnisse und kann, wenn ihre Empfehlungen nicht befolgt werden, die Fälle vor Gericht bringen. Weiters kann die Ombudsperson Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Gesetzen und anderen untergesetzlichen oder administrativen Rechtsakten, Richtlinien und Praktiken abgeben (USDOS 30.3.2021).

Im September 2020 wurde eine neue Ombudsperson ernannt. Die Institution der Ombudsperson nimmt ihr Mandat weiterhin wahr, schützt fundamentale Rechte und Freiheiten für alle, und stärkt ihre Kapazitäten, um Fälle effizient bearbeiten zu können. Die Implementierung der Empfehlungen der Ombudsperson durch andere Institutionen bleibt weiterhin eine Herausforderung, wiewohl sich die Akzeptanz der Vorschläge verbessert hat (EC 19.10.2021). Im Allgemeinen werden die Einflussmöglichkeiten der Ombudsperson als begrenzt eingeschätzt (AA 18.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 EC - Europäische Kommission (19.10.2021): Kosovo* 2021 Report, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/document/download/ec34a067-8477-4adc-a123-054b7d62abc4_en , Zugriff 20.1.2022

 USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

Wehrdienst und Rekrutierungen

Letzte Änderung: 04.03.2022

Es gibt im Kosovo keinen verpflichtenden Militärdienst (AA 18.10.2021).

Der Militärdienst im Kosovo ist freiwillig. Voraussetzung ist die kosovarische Staatsbürgerschaft und ein Mindestalter von 18 Jahren, ein Höchstalter von 30 Jahren für Offiziere und 25 Jahren für alle anderen Ränge darf nicht überschritten werden (CIA 18.1.2022).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 CIA - Central Intelligence Agency (18.1.2022): The World Factbook - Kosovo, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/kosovo/#military-and-security , Zugriff 21.1.2022

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 10.03.2022

Das Bekenntnis zu unveräußerlichen Menschenrechten ist in der Verfassung verankert (AA 18.10.2021). Nach Art. 22 der Verfassung gelten viele internationale Menschenrechtsabkommen unmittelbar (AA 18.10.2021; vgl. EC 19.10.2021) und haben Anwendungsvorrang. Seit November 2000 gibt es die Einrichtung einer Ombudsperson, die für alle Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen oder Amtsmissbrauch durch die zivilen Behörden im Kosovo zuständig ist, Hinweisen auf Menschenrechtsverletzungen nachgeht und in einem Jahresbericht an das Parlament Empfehlungen für deren Behebung gibt (AA 18.10.2021).

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen garantieren den Schutz der Menschenrechte sowie der fundamentalen Rechte gemäß europäischen Standards. Es sind jedoch weitere Anstrengungen zur Durchsetzung nötig. Die Anwendung der menschenrechtlichen Gesetzgebung und Strategien wird oft durch unzureichende finanzielle Mittel oder Mangel an anderen Ressourcen unterminiert, zuständige Behörden sind abhängig von ausländischen Gebern und nicht ausreichend involviert (EC 25.2.2019).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 EC - Europäische Kommission (19.10.2021): Kosovo* 2021 Report, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/document/download/ec34a067-8477-4adc-a123-054b7d62abc4_en , Zugriff 20.1.2022

Meinungs- und Pressefreiheit

Letzte Änderung: 10.03.2022

Meinungs- und Pressefreiheit sind durch die kosovarische Verfassung garantiert und in eigenen Gesetzen verankert (AA 18.10.2021; vgl. USDOS 30.3.2021, FH 3.3.2021). Der Kosovo verfügt über ein stabiles Informationssystem (IREX 14.7.2021). Die Rechte auf Meinungs- und Pressefreiheit können generell ohne staatliche Einschränkungen wahrgenommen werden, wenngleich es durch einzelne Staatsbeamte, Politiker, Unternehmen und radikale religiöse Gruppen zu Einschüchterungsversuchen von Medienvertretern und zu Bedrohung bzw. versuchter Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und organisierte Kriminalität kommt (AA 18.10.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). Laut Freedom House hielt die politische Einmischung im Medienbereich 2020 auf einem besorgniserregenden Niveau an (FH 3.3.2021). Die Medien haben auch Schwierigkeiten, Informationen, wie gesetzlich vorgesehen, von der Regierung und den öffentlichen Institutionen zu erhalten (USDOS 30.3.2021).

Medien im Kosovo bleiben entlang ethnischer Linien gespalten. Zugang zu Information ist oft auf bestimmte ethnische Gruppen limitiert. Zahlreiche Medien im Kosovo sind finanziell nicht stabil, was sie anfällig für politische Einflussnahme macht. Bedingt durch die COVID-Pandemie mussten viele Medien darauf verzichten, eine Printedition herauszugeben (RSF o.D.).

Drohungen und Angriffe gegen Journalisten haben sich 2021 fortgesetzt. Zwischen Januar und August 2020 registrierte der Verband der Journalisten des Kosovo einen physischen Angriff und 20 Drohungen gegen Journalisten und Medien (HRW 13.1.2022).

Während die Medienvielfalt durch die Expansion der Kabelnetzbetreiber zugenommen hat, beklagen Mitarbeiter von Fernsehsendern, dass die Kabelnetzbetreiber ihre Signale nicht übertragen, weil ihre Programme die Regierung kritisieren. Der Staat finanziert das öffentliche Radio und Fernsehen des Kosovo (RTK) direkt, was eine ausgesprochen regierungsfreundliche Berichterstattung zur Folge hat. Journalisten werden gelegentlich der Verleumdung von Regierungsbeamten beschuldigt, obwohl es Bemühungen gab, die Verleumdung zu entkriminalisieren. Da es den privaten Medien an stabilen und ausreichenden Einnahmen aus Verkäufen und Anzeigen mangelt, sind sie stark von ihren Eigentümern abhängig und müssen deren politische oder wirtschaftliche Interessen berücksichtigen. Neue Medienformate haben das Bewusstsein für strittige politische und soziale Fragen geschärft, die bisher nicht öffentlich diskutiert wurden, wie Homosexualität oder Korruption. Der Zugang zu Informationen über das Internet ist nicht eingeschränkt (BS 2020), Online-Inhalte werden nicht zensiert und es gibt keine glaubwürdigen Berichte, dass die Regierung private Online-Kommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwacht hätte (USDOS 30.3.2021).

Negative Propaganda gegen Minderheiten findet in den Medien nicht statt. Der öffentlich-rechtliche Fernseh-und Rundfunksender RTK strahlt Sendungen in den Minderheitensprachen Serbisch, Türkisch, Romanes, Goranisch und Bosnisch aus. Seit Juni 2013 sendet RTK 2 sein Programm ausschließlich in serbischer Sprache (AA 18.10.2021).

Es gab 2020 keine Berichte über eine direkte Zensur von Print- oder Rundfunkmedien, obwohl Journalisten behaupteten, dass der Druck von Politikern und organisierten kriminellen Gruppen häufig zur Selbstzensur führte. Einige Journalisten verzichteten aus Angst um ihre körperliche oder berufliche Sicherheit auf eine kritische investigative Berichterstattung. Journalisten erhielten gelegentlich Angebote finanzieller Vorteile als Gegenleistung für eine positive Berichterstattung oder für den Abbruch einer Untersuchung. Andere Journalisten beschwerten sich darüber, dass Medienbesitzer und -manager sie daran hinderten, regierungskritische Beiträge über die Regierung, politische Parteien oder bestimmte Funktionäre zu veröffentlichen oder zu senden. In einigen Fällen drohten die Eigentümer Berichten zufolge damit, Journalisten zu entlassen, wenn sie kritische Berichte verfassen würden. Die Journalisten beschwerten sich auch darüber, dass die Eigentümer sie daran hinderten, über Korruption auf hoher Regierungsebene zu berichten (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Kosovo, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_RKS.pdf , Zugriff 10.4.2020

 FH - Freedon House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2052769.html , Zugriff 21.1.2022

 HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Serbia/Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2066493.html , Zugriff 21.1.2022

 IREX – International Research and Exchanges Board (14.7.2021): IREX: Kosovo and Albania with a stable information system, Serbia and Bosnia with a weak system, https://www.txtreport.com/news/2021-07-14-irex--kosovo-and-albania-with-a-stable-information-system--serbia-and-bosnia-with-a-weak-system.S1FL2gnau.html , Zugriff 21.1.2022

 RSF – Reporters without borders (o.D.): Kosovo. Coronavirus crisis increases instability, https://rsf.org/en/kosovo , Zugriff 21.1.2022

 USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Letzte Änderung: 10.03.2022

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind durch die kosovarische Verfassung garantiert (AA 18.10.2021; vgl. USDOS 30.3.2021) und werden im Allgemeinen von der Regierung, EULEX und KFOR gewährleistet. Demonstrationen werden allerdings aus Sicherheitsgründen gelegentlich eingeschränkt (BS 2020).

In den meisten Teilen des Landes operieren die politischen Parteien frei und es gibt keine nennenswerten Hindernisse für deren Registrierung. In den kosovo-serbischen Mehrheitsbezirken berichteten oppositionelle und unabhängige Kandidaten, dass Druck ausgeübt worden wäre, sich von den Wahlen zurückzuziehen, und von Druck auf die Wähler, die Srpska-Liste zu unterstützen. Vertreter der kosovo-serbischen Opposition berichteten von Gewaltandrohungen während der Bürgermeisterwahlen am 19.5.2019 von Anhängern der Srpska-Liste und der serbischen Regierung. Die Parteizugehörigkeit spielt oft eine Rolle beim Zugang zu staatlichen Diensten und sozialen und Beschäftigungsmöglichkeiten (USDOS 30.3.2021). Die politische Opposition wird in ihrer Betätigung nicht eingeschränkt (AA 18.10.2021). Politische Parteien sind manchmal Einschüchterungen und Belästigungen ausgesetzt (FH 3.3.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 FH - Freedon House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2052769.html , Zugriff 21.1.2022

 USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

Todesstrafe

Letzte Änderung: 04.03.2022

Die Todesstrafe ist im Kosovo seit 2002 gesetzlich verboten (AI o.D.).

Das Verbot der Anwendung der Todesstrafe ist in der Verfassung verankert (AA 18.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 21.1.2022

 AI - Amnesty International (o.D.): Interaktive Weltkarte zur Todesstrafe, https://amnestywebsite.github.io/amnesty-death-penalty/?lang=en , Zugriff 21.1.2022

Religionsfreiheit

Letzte Änderung: 04.03.2022

Die Republik Kosovo ist gemäß Verfassung ein säkularer Staat (AA 18.10.2021; vgl. GIZ 3.2020b) und verhält sich in religiösen Angelegenheiten neutral. Religionsfreiheit wird nach Art. 38 der Verfassung garantiert. Einschränkungen der Religionsfreiheit sind nicht bekannt. Weder Apostasie oder Konversion noch Mission stehen unter Strafe (AA 19.10.2021). Weiters verbietet die Verfassung jegliche Diskriminierung aufgrund der Religion (USDOS 12.5.2021).

Das Gesetz über Religionsfreiheit stellt fest, dass alle Religionen und ihre Gemeinden im Kosovo, darunter die Islamische Gemeinde, die serbisch orthodoxe Kirche, die katholische Kirche, die jüdische Gemeinde, und die evangelische Kirche Schutz und Möglichkeiten gemäß diesem Gesetz offen stehen. Glaubensgemeinschaften wird zugestanden, religiöse Schulen und gemeinnützige Organisationen zu gründen sowie Zugang zu den öffentlichen Medien zu erhalten (USDOS 12.5.2021).

Das Gesetz erlaubt es religiösen Gruppen nicht, sich als juristische Personen registrieren zu lassen. Im September 2020 beschloss das Kabinett diesbezügliche Änderungen, aber im Parlament konnten diese Änderungen in Ermangelung einer Mindestzahl an positiven Stimmen nicht beschlossen werden (USDOS 12.5.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 21.1.2022

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, Zugriff 19.1.2022. Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf.

 USDOS – US Department of State (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2051639.html , Zugriff 21.1.2022

Ethnische Minderheiten

Letzte Änderung: 10.03.2022

Die Bevölkerung Kosovos setzt sich wie folgt zusammen: Albaner (92.9%), Bosniaken (1.6%), Serben (1.5%), Türken (1.1%), Ashkali (0.9%), Ägypter (0.7%), Gorani (0.6%), Roma (0.5%) und andere (0.2%). Diese Schätzungen beruhen auf dem Zensus von 2011, der den stark von Serben bewohnten nördlichen Kosovo nicht mit einschloss und überdies teilweise in den von Serben und Roma bewohnten Gemeinden im Süden boykottiert wurde (CIA 18.1.2022).

GIZ 3.2020b

Offiziell als Minderheiten anerkannt sind die Roma/Ashkali/Ägypter (RAE), Serben, Bosniaken, Türken und Gorani (AA 18.10.2021; vgl. GIZ 3.2020b). Offizielle Sprachen sind Albanisch und Serbisch, auf kommunaler Ebene auch Türkisch, Bosnisch und Romanes. Diese Minderheiten genießen laut Verfassung weitreichende Rechte. 20 der 120 Parlamentssitze sind für die nicht-albanischen Minderheiten (Serben 10, Türken 2, Bosniaken 3, Gorani 1 und RAE 4) garantiert. Es bedarf bei der Verabschiedung wichtiger Gesetze nicht nur der Mehrheit aller Abgeordneten, sondern getrennt davon auch der Mehrheit der Abgeordneten, die Minderheiten vertreten (AA 18.10.2021; vgl. ECMIK o.D.a). Die Bestimmungen des Ahtisaari-Pakets (seit September 2012 Bestandteil der Verfassung) erlauben weitgehende Autonomie auf Kommunalebene, wovon vor allem die Serben und Türken mit „eigenen“ Gemeinden profitieren, in denen sie die Mehrheit stellen (AA 18.10.2021). Die Vertretung der ethnischen Minderheiten im Parlament ist im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Bevölkerung überproportional ausgeprägt; gleichzeitig kritisieren die politischen Vertreter der ethnischen Minderheiten, dass sie in wichtigen Fragen nicht konsultiert werden. Seit November 2018, als das Land Zölle auf Produkte aus Serbien und Bosnien und Herzegowina erhob, boykottieren die Parlamentarier der Srpska-Liste im Wesentlichen die Teilnahme an den Verfahren der Versammlung (USDOS 30.3.2021).

Die Verfassung des Kosovo beinhaltet ein vollständiges Kapitel, das den Rechten der Gemeinschaften und ihrer Mitglieder gewidmet ist. Die Verfassung schützt und fördert die Rechte und Interessen der im Kosovo lebenden Gemeinschaften und ihrer Mitglieder. Sie stellt fest, dass das Kosovo eine multiethnische Gesellschaft ist, die aus albanischen und anderen Gemeinschaften besteht, die durch ihre legislativen, exekutiven und gerichtlichen Institutionen demokratisch und unter voller Achtung der Rechtsstaatlichkeit regiert wird, und garantiert allen ihren Bürgern volle und effektive Gleichheit. Die Verfassung definiert, dass die offiziellen Sprachen im Kosovo Albanisch und Serbisch sind. Türkisch, Bosnisch und die Sprachen der Roma können auf kommunaler Ebene den Status von Amtssprachen haben oder werden, wie gesetzlich vorgesehen, auf allen Ebenen offiziell verwendet (ECMIK o.D.a).

Hinweise auf intendierte staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit gibt es nicht. Die Einhaltung der im Anti-Diskriminierungsgesetz enthaltenen Diskriminierungsverbote wird durch das Büro des Menschenrechtskoordinators (Office of Good Governance) kontrolliert (AA 18.10.2021).

Die Teilhabe ethnischer Minderheiten an der Gesellschaft ist trotz grundrechtlicher Fundierung nur unzureichend gesichert und wird nicht ausreichend gefördert. Insbesondere die sogenannten RAE-Minderheiten (Roma, Ashkali, Egyptians) sind sozial stark marginalisiert. Die Exklusion auf den Arbeitsmärkten ist evident. RAE-Minderheiten sind von Armut überproportional stark betroffen. Auch die Inanspruchnahme von Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen durch Minderheiten ist, mit der Ausnahme der serbischen Minderheit, unterdurchschnittlich (GIZ 3.2020b).

Ein wichtiger Akteur zum Thema Minderheiten ist die NGO „European Center for Minority Issues Kosovo“ (ECMIK), die umfassende Informationen zur aktuellen Situation der verschiedenen Minderheiten im Kosovo inklusive Populationsgrößen, Altersstruktur, Kultur, Religion, Ausbildung, Sprache, politischer Vertretung etc. zur Verfügung stellt (ECMIK o.D.b).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 24.1.2022

 CIA - Central Intelligence Agency (18.1.2022): The World Factbook. Europe. Kosovo, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/kv.html , Zugriff 24.1.2021

 ECMIK – European Center for Minority Issues Kosovo (o.D.a): Kosovo’s Legal Framework, https://www.ecmikosovo.org/en/Kosovo 's-Legal-Framework, Zugriff 24.1.2021

 ECMIK – European Center for Minority Issues Kosovo (o.D.b): Communities in Kosovo, https://www.ecmikosovo.org/en/About-ECMI , Zugriff 24.1.2021

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, Zugriff 5.5.2020. Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf.

 USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 25.1.2022

Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung: 04.03.2022

Gesetzlich ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes vorgesehen, ebenso wie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung und die Regierung respektiert diese Rechte üblicherweise (USDOS 30.3.2021).

Alle Ethnien können sich im Kosovo grundsätzlich frei bewegen. Die Sicherheitskräfte bemühen sich um einen verstärkten Schutz für Minderheitengebiete und Enklaven. Angehörige von Minderheiten verlassen diese Gebiete – oftmals aufgrund eines subjektiv empfundenen Unsicherheitsgefühls und auch sprachlicher Barrieren – nur selten. Von der Freizügigkeit wird von Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern in jenen Gegenden, wo sich diese Gruppen in der Minderheit befinden, zum Teil kein Gebrauch gemacht. Ziele der Binnenmigration für Kosovo-Serben sind in der Regel mehrheitlich serbisch bewohnte Ortschaften (AA 18.10.2021).

Die Regierung betrachtet serbisch ausgestellte Personaldokumente mit Namen kosovarischer Städte nicht als gültige Reisedokumente, was es vielen Mitgliedern der kosovo-serbischen Gemeinschaft erschwert, frei nach und aus dem Kosovo zu reisen, es sei denn, sie benutzten die beiden Grenzübergänge zu Serbien, die sich in den kosovo-serbischen Mehrheitsgemeinden im Norden befinden (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 25.1.2022

 USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

Grundversorgung

Letzte Änderung: 10.03.2022

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Das Warenangebot entspricht in der Auswahl (nicht immer in der Qualität) westeuropäischen Standards (AA 18.10.2021).

Obwohl das Wirtschaftswachstum des Kosovo in den letzten zehn Jahren besser war als das seiner Nachbarn und weitgehend integrativ, reichte es nicht aus, um genügend formelle Arbeitsplätze, insbesondere für Frauen und Jugendliche, bereitzustellen oder die hohen Arbeitslosenquoten deutlich zu senken. Das Wachstumsmodell stützt sich in hohem Maße auf Überweisungen, um den Binnenkonsum anzukurbeln, hat sich aber in jüngster Zeit auf ein stärker investitions- und exportgetriebenes Wachstum verlagert (WB o.D.).

Für 2021 zeichnet sich ein äußerst positives Bild der kosovarischen Wirtschaft: getragen von der starken In- und Auslandsnachfrage wuchs die Wirtschaftsleistung in Q1 im Jahresvergleich um +4,1%, in Q2 um 16,7% und in Q3 um 14,5%. Der private Konsum erhöhte sich in den ersten drei Quartalen um 11%, der öffentliche Konsum um 8% und die Investitionen um 26%. Die Exporte von Gütern und Dienstleistungen wuchsen in den ersten drei Quartalen kräftig (+56% bzw. +117%), allerdings stiegen auch die Importe stark, sodass sich das Handelsbilanzdefizit weiter vergrößerte. Für 2022 wird ebenfalls mit einem kräftigen Wachstum von rund +5% gerechnet (WKO 19.1.2022).

Die kosovarische Wirtschaft leidet an einer unzureichenden Infrastruktur. Während es in den letzten Jahren zwar deutliche Verbesserungen hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur, v.a. beim Ausbau des Autobahnnetzes gegeben, hat, stellt die instabile Energieversorgung weiterhin ein schwerwiegendes Entwicklungsproblem dar. Problematisch ist auch die politische Instabilität mit häufigen Regierungswechseln und fehlender entwicklungsorientierter Wirtschaftspolitik. Das Wirtschaftssystem weist klare Charakteristika politischer Patronage auf, mit der Dominanz des öffentlichen Sektors. Dazu gehören einerseits die öffentliche Verwaltung, in der - basierend auf einer parteipolitisch motivierten Personalpolitik - extrem hohe Gehälter bezahlt werden, und andererseits ineffiziente, politisch kontrollierte öffentliche Unternehmen bei gleichzeitig schleppend voranschreitender Privatisierung. Hinzu kommt ein schwacher Rechtsstaat mit einer schwachen und politisierten Justiz und Polizei, teils kriegsbedingt noch immer unklaren Eigentumsverhältnissen, der mangelnden auch wirtschaftlichen Kontrolle über Teile des kosovarischen Territoriums, in erster Linie der vier mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden im Norden, sowie das Problem grassierender, systematischer Korruption (GIZ 3.2020c).

Vor diesem Hintergrund blüht weiterhin ein substantieller informeller Wirtschaftssektor, welcher marktwirtschaftliche Regeln unterläuft, Arbeiterrechte und den Sozialstaat aushöhlt. Die EU-Kommission schätzte 2019 den Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttosozialprodukt auf 30%. Das extreme Handelsbilanzdefizit macht Kosovo in hohem Maße von ausländischer Hilfe und Überweisungen abhängig. Der Anteil der informellen Wirtschaftsleistung ist immens – schätzungsweise zwischen 27% und 45%. Weitere Probleme sind die unzureichende Infrastruktur (Energie, Wasser und Verkehr), ungelöste rechtliche Verhältnisse, mangelnde Transparenz, Korruption, Kriminalität, etc. (GIZ 3.2020c).

Kosovos Arbeitslosenquote belief sich laut nationalem Statistikamt im September 2020 auf 24,6%. Im September 2019 waren es 24,5% gewesen (CEIC o.D.).

Der Arbeitsmarkt im Kosovo ist geprägt durch eine niedrige Erwerbsbeteiligung (Beschäftigungsqoute Ende 2019: 30,7%), ein hohes Maß an langfristiger Arbeitslosigkeit (über 70% aller Arbeitslosen) und Jugendarbeitslosigkeit (Jugendarbeitslosigkeitsquote 2019, Q4: 49,1%) sowie durch erhebliche Genderdisparitäten (Frauenbeschäftigungsquote 2016, Q4: 22,4%, gegenüber einer Männerbeschäftigungsquote von 60,2%). Im Kosovo existiert allerdings ein sehr ausgedehnter informeller, nicht von der Statistik erfasster Sektor, welcher z. B. einen Großteil der Frauen umfasst, die in der Subsistenzwirtschaft Leistungen im Agrarsektor erbringen. Jährlich drängen ungefähr 36.000 junge Arbeitssuchende neu auf den Arbeitsmarkt, von denen jedoch nur ein geringer Teil absorbiert werden kann. Dies führt unter anderem zu informellen Beschäftigungsverhältnissen oder Migration. Etwa ein Drittel aller jungen Kosovaren geht weder einer Schulbildung, Ausbildung oder Beschäftigung nach. Der Ausbildungsstand der jungen Kosovaren entspricht nicht den Bedürfnissen der Unternehmen nach qualifizierten Arbeitskräften. Dies führt dazu, dass trotz zahlreicher offener Arbeitsplätze eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht (GIZ 3.2020c).

Etwa 18% der kosovarischen Bevölkerung leben in absoluter Armut (täglich verfügbares Einkommen geringer als € 1,72) und 5,2% in extremer Armut (€ 1,20). Obwohl die einzelnen Studien und Armutsberichte nicht direkt vergleichbar sind, gibt es Hinweise dafür, dass sich das Ausmaß der Armut im Kosovo in den letzten zehn Jahren leicht reduziert hat. Armutsgefährdung korreliert stark mit Ethnizität (insbesondere die Gruppen der RAE (Roma, Ashkali, Ägypter) – Minderheiten sind von Armut überproportional stark betroffen), Alter (Kinder), Bildung (Geringqualifizierte), Geographie und Haushaltsgröße (große Familien, sowie Familien mit weiblichem Haushaltsvorstand). Der Lebensstandard ist im Kosovo sehr ungleich verteilt, mit Unterschieden in der durchschnittlichen Lebenserwartung von bis zu 10 Jahren zwischen einzelnen Gemeinden. Ein konsistentes geographisches Muster lässt sich jedoch nicht feststellen. Ein bedeutender Teil der Gesellschaft ist als mehrdimensional arm zu bezeichnen: Neben dem Mangel an pekuniären Ressourcen ist der Zugang zu sozialer Infrastruktur bzw. die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, wie z. B. fließendes Wasser, für viele Menschen begrenzt (GIZ 3.2020b).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 CEIC-Data – (o.D.): Kosovo. Arbeitslosenquote, https://www.ceicdata.com/de/indicator/kosovo/unemployment-rate , Zugriff 26.1.2022

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, Zugriff 26.1.2022. Quelle liegt in der Staatendokumentation auf.

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020c): Kosovo – Wirtschaft & Entwicklung, Zugriff 26.1.2022. Quelle liegt in der Staatendokumentation auf.

 WB – Weltbank (o.D.): The World Bank in Kosovo, https://www.worldbank.org/en/country/kosovo/overview , Zugriff 26.1.2022

 WKO – Wirtschaftskammer Österreich (19.1.2022): Die kosovarische Wirtschaft, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/die-kosovarische-wirtschaft.html , Zugriff 26.1.2022

Sozialbeihilfen

Letzte Änderung: 04.03.2022

Die Leistungsgewährung von staatlichen Sozialhilfeleistungen für bedürftige Personen erfolgt auf Grundlage des Gesetzes No. 2003/15. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Angehörige der Minderheiten werden zusätzlich von den in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (Municipal Office for Communities and Return, MOCR) betreut. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichert in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die in Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft (AA 18.10.2021).

Das Gesetz über die soziale Grundsicherung umfasst zwei Kategorien von Leistungsempfängern. Kategorie I definiert Familien als Leistungsempfänger, in denen alle Familienmitglieder temporär oder dauerhaft dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, z.B. Kinder bis 14 Jahren, Jugendliche bis 18 Jahren, sofern diese in das Bildungssystem integriert sind, Alleinerziehende mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren, Personen mit schwerer und dauerhafter Behinderung über 18 Jahren, ältere Personen über 65 Jahren. Kategorie II umfasst jene Familien, in denen mindestens ein Familienmitglied dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und in denen mindestens ein Kind jünger als 5 Jahre bzw. ein/e Waise jünger als 15 Jahre versorgt wird. Die Leistungen aus beiden Kategorien sind an strenge Bedürftigkeitsprüfungen gebunden. Die monatliche Unterstützungsleistung variiert von € 50 für eine einzelne Person bis zu maximal € 150 für eine Familie mit sieben oder mehr Mitgliedern, was einer Lohnersatzquote von 11,2% (Einzelperson) entspricht. 2018 empfingen ca. 25.300 Familien mit ca. 103.409 Familienmitgliedern Sozialhilfe, ein Bevölkerungsanteil von 6%. Die Gesamtaufwendungen sind mit ca. € 32.9 Mio. bzw. einem Anteil von 0,5% des BIPs gering. Im Kosovo gibt es zwei spezielle Institutionen, die sich auf die Versorgung von Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen (in Shtime) bzw. auf die Versorgung älterer Menschen (in Prishtina) spezialisiert haben. Daneben wurden jüngst fünf kommunale Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung sowie Einrichtungen für ältere Menschen eröffnet. Die Institutionen in Shtime und Prishtina wurden in der Vergangenheit wiederholt mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht (GIZ 3.2020b).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, Zugriff 17.4.2020. [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 04.03.2022

Die mangels eines öffentlichen Krankenversicherungssystems weiterhin staatlich finanzierte, medizinische Grundversorgung der Bevölkerung erfolgt in einem öffentlichen dreistufigen Gesundheitssystem. Es besteht aus Erstversorgungszentren, Krankenhäusern auf regionaler Ebene sowie einer spezialisierten medizinischen Versorgung durch die Universitätsklinik Pristina (SHSKUK) (AA 18.10.2021).

Die primäre Gesundheitsversorgung, d. h. die ambulante Grundversorgung durch Allgemeinmediziner und andere Fachärzte sowie medizinisches Assistenzpersonal, erfolgt in sogenannten Familien-Gesundheitszentren, die in der Verantwortung der jeweiligen Gemeinden betrieben und von diesen ko-finanziert werden. Die erforderlichen Sachmittel werden von den Gemeinden, die Personalkosten aus staatlichen Mitteln des Gesundheitsministeriums finanziert. Zur primären Erstversorgung der Bevölkerung stehen 234 Ambulanzen für Familienmedizin, 166 Zentren für Familienmedizin und 29 medizinische Hauptzentren zur Verfügung. In 28 regionalen Gesundheitshäusern werden Patienten durch Ärzte für Allgemeinmedizin sowie durch weitere Fachärzte, wie Ärzte für Pädiatrie, Dermatologie, Ophthalmologen, Gynäkologen und Zahnärzte, behandelt. 2017 wurde das medizinische Personal in der primären Erstversorgung umfangreich aufgestockt (AA 18.10.2021).

Die staatliche sekundäre Versorgung beinhaltet die ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung in acht Regionalkrankenhäusern (AA 18.10.2021) in Ferizaj/Urosevac, Gjakova/Djakovica, Gjilan/Gnjilane, Mitrovica-Nord und -Süd, Peja/Pec, Prizren und Vushtrri/Vucitrn (GIZ 3.2020b). Die tertiäre Gesundheitsversorgung wird durch die Universitätsklinik Pristina sowie staatliche Institute gewährleistet, die umfassende, auch komplexe medizinische Dienstleistungen anbieten. Gleichzeitig ist die Universitätsklinik für die sekundäre Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung der Region Pristina zuständig und wird dementsprechend stark frequentiert. Die Bettenkapazität zur stationären Behandlung von Patienten in den Krankenhäusern ist ausreichend (AA 18.10.2021).

Die Zahl der lizenzierten privaten Krankenhäuser in Kosovo belief sich 2019 auf 23. Die Nachfrage nach (lebenswichtigen) Medikamenten kann, trotz Verbesserungen in den letzten Jahren, nicht vollständig befriedigt werden, was einen Nährboden für die Entwicklung schwarzer und grauer Märkte bietet. Kosovo und Albanien besitzen die höchste Rate an intra-Krankenhaus-Infektionen im europäischen Vergleich, was insbesondere auf hygienische Probleme zurückzuführen ist. Die medizinische Infrastruktur im Kosovo bleibt trotz erheblicher Investitionen lückenhaft. Zusammen mit dem Mangel an medizinischem Fachwissen führt dies zum Problem, dass bestimmte Krankheiten (z. B. Leukämie, Nierenversagen) im Kosovo nicht behandelt werden können. Ein effizientes Informationsverarbeitungssystem fehlt gänzlich. Die Doppelfunktion von medizinischem Personal, welches gleichzeitig in öffentlichen und privaten Institutionen beschäftigt ist, führt zu substantiellen Interessenkonflikten. Entscheidungen über die Budgetverteilung scheinen zuweilen klar politisch motiviert zu sein und sind kaum evidenzbasiert. Schließlich erschweren die finanziellen Barrieren den Zugang zum Gesundheitssystem, was gravierende Ungleichheiten zur Folge hat. Wohlhabende Patienten fragen in zunehmendem Maße Leistungen privater Anbieter nach und/oder nutzen das Angebot (privater) medizinischer Akteure im Ausland (GIZ 3.2020b).

Bereits im Dezember 2012 wurde ein Gesetz zur Reform des Gesundheitssystems verabschiedet, im April 2014 ergänzend das Gesetz über die Krankenversicherung. Das Krankenversicherungsgesetz sieht eine staatliche, für alle kosovarischen Bürger obligatorische Krankenversicherung vor. Viele Einzelheiten sind aber nach wie vor ungeklärt. Die Implementierung der Krankenversicherung wird deshalb immer wieder verschoben.. Eine sofortige Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung nach Einführung des öffentlichen Krankenversicherungssystems wird derzeit als nicht realistisch eingestuft (AA 18.10.2021).Die Medikamentenversorgung und -beschaffung im staatlichen Gesundheitssystem wird zentral vom Gesundheitsministerium gesteuert. Auf seiner Homepage veröffentlicht das Gesundheitsministerium die aktuelle "Essential Drug List", in der alle als Basismedikamente und -wirkstoffe, Verbrauchsmaterialien sowie Zytostatika deklarierten Medikamente aufgelistet werden. Basismedikamente aus der „Essential Drug List“ stehen theoretisch allen Patienten kostenlos zur Verfügung. Allerdings können auch diese Medikamente nur im Rahmen des Jahresbudgets ausgegeben werden, welches in den letzten Jahren regelmäßig schon Mitte des Jahres aufgebraucht war. In der Folge müssen die entsprechenden Medikamente von Betroffenen doch privat gekauft und bezahlt werden. Gerade Neuerkrankte haben es so schwer, in den Genuss eines kostenlosen Bezugs staatlich finanzierter Medikamente zu kommen. Für medizinische Leistungen zahlen Patienten Eigenbeteiligungen, die nach vorgegebenen Sätzen pauschal erhoben werden. Von der Zuzahlungspflicht befreit sind Invaliden und Empfänger von Sozialhilfeleistungen, Schwangere, chronisch Kranke, Kinder bis zum 15. Lebensjahr, Schüler und Studenten bis zum Ende der Regelausbildungszeit, Kriegsveteranen, Rentner und Personen über 65 Jahren (AA 18.10.2021).

Trotz kontinuierlicher Verbesserungen der meisten Gesundheitsindikatoren bleibt die Gesundheitssituation insgesamt alarmierend. Die Säuglings- und Müttersterblichkeit gehört jeweils zu den höchsten in ganz Europa. Die Immunisierungsrate hat sich jüngst auf über 90% erhöht, bleibt allerdings niedrig unter den RAE-Minderheiten. Das Ausmaß der Umweltverschmutzung sowie der Umgang mit suchtgefährdenden Substanzen, insbesondere Tabak, stellen ein enormes Risiko für die Gesundheit der kosovarischen Bevölkerung dar (GIZ 3.2020b).

In Ermangelung einer universellen Gesundheitsversorgung sind Gemeinschaften von Roma und Ashkali, aufgrund ihrer schwierigen sozio-ökonomischen Lage, besonderen Schwierigkeiten beim Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen ausgesetzt. Nur der Zugang zu sehr grundlegenden Dienstleistungen ist kostenlos (EC 19.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 28.1.2022

 EC - Europäische Kommission (19.10.2021): Kosovo* 2021 Report, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/document/download/ec34a067-8477-4adc-a123-054b7d62abc4_en , Zugriff 20.1.2022

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, Zugriff 20.1.2022. [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

Diabetes/Dialyse

Letzte Änderung: 04.03.2022

Derzeit gibt es laut Gesundheitsministerium sieben Dialysezentren, die Patienten mit Hämodialyse oder Peritonealdialyse behandeln. Begleitmedikamente für Dialysepatienten, z.B. Medikamente gegen Herzerkrankungen, Anämie, etc. können wegen der knappen Haushaltslage im öffentlichen Gesundheitssystem zumeist nicht zur Verfügung gestellt werden. Sie müssen deshalb privat in den Apotheken im Kosovo um ca. 70-90 EURO/Monat gekauft werden (AA 18.10.2021).

Die Behandlung von Nierenversagen sowie Nierentransplantationen sind in Kosovo grundsätzlich nicht möglich (GIZ 3.2020).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Kosovo - Gesellschaft, Zugriff 19.1.2022. [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

Hepatitis

Letzte Änderung: 04.03.2022

Viele Gesundheitsbehörden und NGOs im Kosovo erkennen Hepatitis als potenzielle Bedrohung der öffentlichen Gesundheit an. Das Engagement der Gesundheitsbehörden ist deutlich zu erkennen, da viele Beteiligte - regionale Krankenhäuser, Hämodialysezentren, Bluttransfusionsstationen, NGOs und Spender - bereits an der Reaktion beteiligt sind, auch wenn sie durch die derzeitige Struktur der zentralisierten Tests und die Verfügbarkeit strategischer Mittel wie Laborreagenzien eingeschränkt sind (WHO 2019).

Quellen:

 WHO – World Health Organization (2019): Assessment of viral hepatitis in Kosovo (2019), https://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0017/417023/Assessment_of_Viral_Hepatitis_in_Kosovo.pdf , Zugriff 26.1.2022

HIV/Aids

Letzte Änderung: 04.03.2022

Kosovo ist ein Land mit niedriger HIV-Prävalenz. Von 1986 bis 2018 wurden im Kosovo lediglich 122 HIV-Fälle registriert (Optima 4.2019).

Kosovo hat nur eine geringe Rate an HIV-Infizierten, sowohl in der Bevölkerung als auch in Hochrisikoguppen (MSM - Homosexuelle Männer, PWID - Injektionsdrogenabhängige, FSW - Weibliche Sexarbeiterinnen) (Kastori 18.6.2019).

Gemäß einem Bericht der Ombudsperson im Kosovo ist Antiretrovirale (ARV) Therapie im Kosovo verfügbar. Im Jahr 2020 waren 35 Personen wegen HIV mittels ARV Therapie in Behandlung (OBD 27.1.2021).

Die Regierung übernimmt vollständig die Kosten für Methadon für das Drogen-Substitutionsprogramm (OST-Programm), die Kosten für antiretrovirale Medikamente und die Kosten für das Testen von Bluteinheiten auf sexuell übertragbare Infektionen, auch auf HIV. Die HIV-Bekämpfung im Kosovo orientiert sich am Nationalen Strategischen HIV/AIDS-Plan (NSAP) 2018-2022. Die Ziele dieses Plans bestehen darin, die HIV-Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung unter 0,1% und in Schlüsselpopulationen unter 1% zu halten und die Lebensqualität der von AIDS betroffenen Menschen im Kosovo zu verbessern (Optima 4.2019).

Es gab 2020 keine bestätigten Berichte über offizielle Diskriminierung von Personen mit HIV/AIDS (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

 Kastori - Kastrori, Legal Expert (18.6.2019): Terms of reference for consulting legal expert, https://kastori.net/listimi/legal-expert/ , Zugriff 28.1.2022

 OBD - Ombudsperson Institution Republic of Kosovo (27.1.2021): REPORT WITH RECOMMENDATION Ex officio Case No. 698/2020 on the access to health care services for people affected by the Human Immunodeficiency Virus (HIV) and Tuberculosis (TB), during the COVID-19 pandemic in Kosovo, https://www.theioi.org/downloads/elqhr/Kosovo%20-%20Ombudsman%20Institution%20-%20on%20the%20access%20to%20health%20care%20services%20for%20people%20affected%20by%20the%20Human%20Immunodeficiency%20Virus%20%28HIV%29%20and%20Tuberculosis%20%28TB%29%2C%20during%20the%20COVID-19%20pandemic%20in%20Kosovo%20-%20EN.pdf , Zugriff 26.1.2022

 Optima – Decision Science (4.2019): Improving the allocative efficiency of Kosovo‘s HIV-response, http://optimamodel.com/pubs/2019%20-%20Kosovo%20HIV.pdf , Zugriff 28.1.2022

 USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2048164.html , Zugriff 19.1.2022

Rückkehr

Letzte Änderung: 04.03.2022

Die meisten europäischen Staaten haben mit Kosovo bilaterale Rückübernahmeabkommen abgeschlossen (AA 18.10.2021). Diese Rückübernahmeabkommen werden problemlos implementiert. Asylanträge kosovarischer Bürger in der EU sinken seit 2015, dementsprechend sinken auch die Rückführungen. Die Zahl der aus den EU-Staaten in den Kosovo zurückgeführten Personen ist von 18.789 im Jahr 2015, 1.536 im Jahr 2019 auf 625 im Jahr 2020 gefallen (512 zwangsweise und 113 freiwillig). Im Jahr 2020 betrug die Rückkehrrate der in der EU aufhältigen kosovarischen Bürger, die seitens der Gastländer zum Verlassen des Territoriums angehalten wurden, in den Kosovo 29% (EC 19.10.2021).

Das kosovarische Innenministerium prüft vor seiner Zustimmung zu einer Rückführung aus Drittstaaten anhand von Dokumenten, bestehenden Registereinträgen und/oder Zeugenaussagen die Herkunft einer Person aus Kosovo und das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 32 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes für die kosovarische Staatsangehörigkeit. Daher ist davon auszugehen, dass in Rückführungsfällen die formellen Voraussetzungen für die Registrierung als „Resident of Kosovo“ erfüllt werden. Probleme entstehen für Eltern bei der Registrierung von im Ausland geborenen Kindern, wenn lediglich Geburtsanzeigen vorgelegt werden können, weil Standesämter mangels fehlender Identitätsdokumente der Eltern keine Geburtsurkunden ausstellen können. Seit Mai 2010 hat die kosovarische Regierung Strategien für die Reintegration von Rückkehrern verabschiedet (AA 18.10.2021).

Geleitet wird der gesamte Reintegrationsprozess von der Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern (Department for Reintegration of Repatriated Persons, DRRP) im kosovarischen Innenministerium. Die Bearbeitung von Anträgen zur nachhaltigen Integration durch die genannte Abteilung gestaltet sich derzeit langwierig, Anspruchsberechtigte müssen teilweise mehrere Wochen bzw. Monate warten, bis entsprechende Leistungen bewilligt werden. Das DRRP betreibt direkt im Gebäude des internationalen Flughafens Adem Jashari Pristina in der Nähe des Ankunftsbereichs das „Rückkehrbüro“. Es besteht ein 24-Stunden-Bereitschaftsdienst für medizinische Notfälle. Angehörige der Minderheiten werden zusätzlich von den in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (Municipal Office for Communities and Return, MOCR) betreut (AA 18.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

 EC - Europäische Kommission (19.10.2021): Kosovo 2021 Report, https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/document/download/ec34a067-8477-4adc-a123-054b7d62abc4_en , Zugriff 20.1.2022

Dokumente

Letzte Änderung: 04.03.2022

Personen mit gewöhnlichem Wohnsitz in Kosovo oder im Ausland lebende Kosovaren, die im zentralen Zivilregister erfasst sind, erhalten seit Ende Juli 2008 bis zu zehn Jahre gültige kosovarische Reisepässe (seit November 2011 auch mit biometrischen Merkmalen), die von Deutschland anerkannt werden (AA 18.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 19.1.2022

Serbische Pässe

Letzte Änderung: 04.03.2022

Zudem haben sämtliche Bewohner Kosovos die Möglichkeit, biometrische Pässe der Republik Serbien zu erlangen (da aus serbischer Perspektive Kosovo weiterhin ein Teil Serbiens ist). Bewohner von Kosovo müssen sich hierfür zu einer „Koordinierungsdirektion“ (Koordinaciona uprava) nach Belgrad begeben. Die dort ausgestellten Pässe unterscheiden sich von den regulären serbischen Pässen nur durch die ausstellende Behörde, berechtigen allerdings nicht zur visumfreien Einreise in das Schengen-Gebiet. In Südserbien sind Bearbeitungszentren für in Kosovo lebende Personen eingerichtet, sogenannte "Policijska uprava", also Polizeidienststellen, die biometrische Personalausweise ausgeben, Personenstandsangelegenheiten bearbeiten, etc. Ein großes Problem bei der Ausstellung serbischer Dokumente (insb. Personenstandsurkunden) an Kosovo-Albaner ist die oft deutliche Differenz der Schreibweisen der kosovarischen Namen bis hin zur völligen Verfremdung. Eine zweifelsfreie Identifikation ist so oft nicht möglich. Abfragen in den einschlägigen Datenbanken (auch im Visa-System) gehen ins Leere (AA 18.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 28.1.2022

Gefälschte Dokumente

Letzte Änderung: 04.03.2022

Es liegen kaum Erkenntnisse darüber vor, dass kosovarische Reisepässe gefälscht werden. Es kommt allerdings regelmäßig vor, dass in die Reisedokumente gefälschte Visa oder Aufenthaltstitel eingefügt werden. In der Vergangenheit wurden mehrfach Fälscherwerkstätten in Kosovo ausgehoben, hierbei wurden beträchtliche Mengen an gefälschten und blanko gestohlenen Reisedokumenten und Schengen-Aufenthaltstiteln beschlagnahmt (AA 18.10.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062874/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_18.10.2021.pdf , Zugriff 28.1.2022

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zu den Feststellungen:

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gerichts auf Grund des vorliegenden Aktes durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Die Feststellungen zum Aufenthalt im Herkunftsstaat und dortigen Schulbesuch, der Aufenthalt in Deutschland sowie die Einreise nach Österreich beruhen auf den konsistenten Angaben des BF vor dem BFA und ergibt sich die Einstufung von Kosovo als sicherer Herkunftstaat aus § 1 Z 2 HStV.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF samt den näheren Ausführungen zu den einzelnen Straftaten, die Widerrufe der bedingten Strafnachsichten und Entlassungen aus der Freiheitsstrafe sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat, beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie einer jeweiligen Ausfertigung der oben zitierten Strafurteile sowie des Urteils des ebenfalls oben zitierten Urteils des OLG XXXX .

Die Feststellungen zur seinerzeitien dem Vater des BF betreffenden Gewährung von internationalen Schutz, die erfolgte Wiederaufnahme seines Asylverfahrens, die letztlich erfolgte Abweisung seines Antrages sowie die dieser Entscheidung zugrundeliegenden Gründe, lassen sich einer Ausfertigung des oben zitierten Bescheides des BAA entnehmen (siehe AS 311ff)

Mangels Vorlage einer enstprechenden Bestätigung, wie beispielsweise eines Deutschsprachdiploms, konnte nicht festgestellt werden, dass der BF dem Deutschen auf einer bestimmten Niveaustufe mächtig ist.

Durch Abruf eines Sozialversicherungsauszuges konnten die Erwerbstätigkeiten sowie die Bezüge von Arbeitslosengeldleistungen des BF ermittelt werden und konnten durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister die Anhaltungen des BF in Justizanstalten in Österreich entnommen werden.

Den konsistenten Angaben des BF vor dem BFA folgen ferner die Feststellungen zum Fehlen enger Kontakte zu seinen Angehörigen in Österreich, zum Aufenthalt seiner Mutter im Kosovo sowie zum Abbruch jeglichen Kontaktes zu dieser und dem Vater des BF.

Die im Jahr 2018 begonnene gerichtlich angeordnete stationäre Suchttherapie, deren Abbruch und die ambulante Fortführung derselben durch den BF beruhen auf den konkreten Angaben des BF vor dem BFA am 10.02.2022. (siehe AS 761ff)

Die Albanischkenntnisse des BF beruhen auf seinen Angaben vor dem BFA am 10.02.2022. Der BF gab an Albanisch nach wie vor zu beherrschen, wenn auch nicht auf selbigem Niveau wie Deutsch. Dass er seine Muttersprache zur Gänze verlernt hätte, wurde vom BF jedoch nicht behauptet und könnte dies letztlich auch nicht nachvollzogen werden. Der BF ist im Kosovo geboren worden und lebte bis zu seinem 7. Lebensjahr dort. Fer gestand der BF bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 05.06.2019 ein, mit seiner Mutter wieder Kontakt aufgenommen zu haben und sich mit dieser in Albanisch verständigt zu haben. All dies lässt darauf schließen, dass der BF nach wie vor senie Muttersprache hinreichend beherrscht.

Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

2.2.2. Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und seiner Situation im Fall der Rückkehr in diesen, beruht auf dessen Angaben vor dem BFA, in der gegenständlichen Beschwerde. Zum eingeräumten Parteiengehör vom 03.05.2022 (3Z), gab der BF keine Stellungnahme ab.

Wie sich aus der niederschrifltichen Einvernahme des BF vor dem BFA ergibt, hatte der BF ausreichend Zeit und Gelegenheit, seine Fluchtgründe umfassend und im Detail im erstinstanzlichen Verfahren darzulegen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Im Übrigen wurde dieser von der belangten Behörde auch zur umfassenden und detaillierten Angabe von Fluchtgründen und zur Vorlage von allfälligen Beweismitteln aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt.

Vor dem Hintergrund, dass der Vater des BF zwei Personen aus der Familie seiner Frau ermordet hat kann dem BF dem Grunde nach Glauben geschenkt werden subjektiv empfundene Angst vor Blutrache ausgehend von der Opferfamilie aufgrund des Erreichens der Volljährigkeit zu haben. Jedoch vermochte der BF keine substantiierten Gefahrenmomente darzulegen, welche eine fundierte Annahme rechtfertigen, dass der BF tatsächlich einer Blutrache unterligen würde. Der BF reiste bereits im Kindesalter aus seinem Herkunftstaat aus und hält sich nunmehr seit seinem 10 Lebensjahr durchgehend in Österreich auf. Konkrete Bedrohungen wurden vom BF nicht vorgebracht und erweist sich das Vorbringen des BF, dass seine Mutter versucht hätte ihn zu einer Rückkehr nach Kosovo zu bewegen, als viel zu spekulativ und vage um allein aus der besagten Aufforderung seiner Mutter auf deren Versuch, den BF zum Zwecke des Vollzuges der bestehenden Blutrache gegen ihn zu bewegen. So kann den Länderfeststellungen zudem entnommen werden, dass es im Herkunftsstaat des BF zwar noch fallweise zu Blutfehden kommen kann, diese aber immer weniger werden und sch überwiegend auf den ländlichen Raum des Kosovo beschränken.

Letztlich ergibt sich – unbeschadet der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF – dass der BF wirksamen Schutz der Behörden des Herkunftsstaates in Anspruch nehmen kann. Dies geht aus den Feststellungen über die Lage im Herkunftsstaat des BF hervor, wonach dort ein wirksames System der polizeilichen Gefahrenabwehr, der Strafverfolgung sowie gerichtlichen Rechtsprechung eingerichtet ist und der Staat Kosovo gegen Blutracheakte vorgeht und die Täter straferchtlich verfolgt. Mit dem Vorbringen, der kosovarische Staat sei nicht in der Lage oder gewillt dem BF Schutz zu gewähren, zeigt dieser keinerlei nachhaltig wahrscheinliche Defizite der Schutzfähigkeit und -bereitschaft der Behörden und Gerichte des Herkunftsstaates auf.

Wenn auch allfällige Defizite im herkunftsstaatlichen Sicherheits- und Strafverfolgungssystem vorherrschen mögen, so kann darin jedoch noch keine systematische Korrumpierung und/oder Versagung dieser im Kosovo, sowie eine unweigerliche Betroffenheit des BF von diesen gesehen werden.

So ist in diesem Zusammenhang auf die international unterstützte Aufbauarbeit hinsichtlich kosovarischer Sicherheitsstrukturen und die jedem gesetzlich zustehende Möglichkeit der Beschwerdeerhebung gegen ihn gerichteter Verfolgungshandlungen bei Polizei und Staatsanwaltschaft zu verweisen. Zudem garantiert die kosovarische Verfassung die Einhaltung der Menschenrechte und die Unabhängigkeit der Justiz. Weiters sind auch vor Ort NGO´s zur Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte tätig, besteht im Falle des Verstoßes gegen diese die Möglichkeit der Beschwerdeerhebung an den Ombudsmann und liegt eine interethnische Besetzung der kosovarischen Polizeikräfte vor. Zudem ist Blutrache im Kosovo verboten, sind Exekutivorgane verpflichtet, verfolgte Menschen zu schützen, genießt die kosovarische Polizei einen guten Ruf und werden Blutrachetaten untersucht und verfolgt.

Sohin kann mit Blick auf die Länderfeststellungen jedenfalls auf die Schutzfähigkeit und –willigkeit der herkunftsstaatlichen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden geschlossen werden. Wie in der rechtlichen Beurteilung näher dargelegt wird – kann jedoch ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet und sohin auch nicht erwartet werden.

Wenn auch die wirtschaftliche Lage und der Arbeitsmarkt im Kosovo zudem allfällig angespannt sein mögen und eine hohe Arbeitslosenrate vorherrscht, vermag damit ebenfalls noch kein systematisches Versagen herkunftsstaatlicher Strukturen und eine unmittelbare Betroffenheit des BF aufgezeigt werden. Den Länderfeststellungen lässt sich vielmehr entnehmen, dass die Versorgung der kosovarischen Bevölkerung gesichert und ein Sozialsystem vorhanden ist. Warum gerade der BF keinen Zugang zu herkunftsstaatlichen Hilfsleistungen oder den kosovarischen Arbeitsmarkt haben sollte, vermochte der BF mit keinem Wort darzulegen. Insofern – in Ermangelung des Vorbringens konkreter verifizierbarer gegenteiliger Begründungen – kann davon ausgegangen werden, dass der BF Zugang zum kosovarischen Arbeitsmarkt sowie zu herkunftsstaatlichen Hilfsleistungen hat.

Letztlich bleibt festzuhalten, dass der BF seine Sozialisation im Kosovo erfahren hat, zumal er selbst vorgebracht hat bis zu seinem 7. Lebensjahr im Kosovo gelebt zu haben und nach wie vor der albansichen Sprache mächtig zu sein.

Aus einer Gesamtschau der Angaben des BF ergibt sich sohin, dass – wie in der rechtlichen Beurteilung noch näher dargelegt wird – eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende und dem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgungsgefahr nicht substantiiert vorgebracht wurde. Es konnte weder eine konkret gegen den BF gerichtete herkunftsstaatliche Verfolgungsgefahr festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche derartige Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen hätten lassen oder dessen Rückkehr im Wege stehen könnte.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den vom BVwG in das Verfahren eingebrachten oben angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Dabei wurden Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgericht, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Die Länderberichte wurden dem BF zu Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt sich dazu zu äußern, welche dieser jedoch ungenutzt ließ.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf eine Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Aberkennung des Stauts des Asylberechtigten (Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Der mit „Aberkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 7 AsylG 2005 lautet:

„§ 7. (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.

(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.“

Der mit „Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 6 AsylG 2005 lautet:

„§ 6. (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder

4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.“

Gemäß § 2 Abs. 3 AsylG ist ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er

1. wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, oder

2. mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist

rechtskräftig verurteilt worden ist.

Gemäß Art. 1 Abschnitt C der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), BGBl. Nr. 55/1955 und 78/1974, wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie

1. sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder

2. die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder

3. eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des neuen Heimatlandes genießt; oder

4. sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder

5. wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Die Bestimmungen der Z 5 sind nicht auf die in Z 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen;

6. staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren. Die Bestimmungen der Z 6 sind jedoch auf die in Z 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Personen nicht anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr früheres Aufenthaltsland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GFK kann der Vorteil dieser Bestimmung, d.h. des Verbotes der Ausweisung oder der Zurückweisung nach Art. 33 Abs. 1 GFK, von einem Flüchtling jedoch nicht in Anspruch genommen werden, der aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtkräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.

Gemäß Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (sog. Status-Richtlinie) erkennen die Mitgliedstaaten bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft ab, beenden diese oder lehnen ihre Verlängerung ab, wenn er gemäß Art. 11 nicht länger Flüchtling ist.

In Übereinstimmung mit Art. 1 Abschnitt C GFK bestimmt Art. 11 Abs. 1 Status-Richtlinie, dass ein Drittstaatsangehöriger nicht mehr Flüchtling ist, wenn er

a) sich freiwillig erneut dem Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, unterstellt;

b) nach dem Verlust seiner Staatsangehörigkeit diese freiwillig wiedererlangt hat;

c) eine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er erworben hat, genießt;

d) freiwillig in das Land, das er aus Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder außerhalb dessen er sich befindet, zurückgekehrt ist und sich dort niedergelassen hat;

e) nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt;

f) als eine Person, die keine Staatsangehörigkeit besitzt, nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling erkannt wurde, in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem er seien gewöhnlichen Wohnsitz hatte.

Gemäß Art. 11 Abs. 2 Status-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten bei der Prüfung von Abs. 1 lit. e und f zu untersuchen, ob die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend ist, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann.

3.1.2. Fallbezogen ergibt sich daraus:

Dem BF wurde in Österreich mit Bescheid des BAA vom 14.04.2005 die Flüchtlingseigenschaft im Rahmen des Familienverfahrens unter Bezugnahme auf den Vater des BF zuerkannt.

Gemäß § 75 Abs. 5 AsylG 2005 gilt einem Fremden, dem am oder nach dem 31. Dezember 2005 die Flüchtlingseigenschaft nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 oder früheren asylrechtlichen Vorschriften zugekommen ist oder zuerkannt wurde, soweit es zu keiner Aberkennung oder keinem Verlust der Flüchtlingseigenschaft gekommen ist, der Status des Asylberechtigten als zuerkannt.

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo. Ihm gilt daher der Status des Asylberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo als zuerkannt.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des Asylberechtigten auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützt. Er sei wegen besonders schweren Verbrechen rechtskräftig verurteilt worden und eine Gefahr für die Allgemeinheit. Außerdem wären die Umstände, die zur Zuerkennung des Asylstatus geführt hätten, inzwischen weggefallen. Damit macht das Bundesamt in ihrer Begründung auch den Aberkennungsgrund des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG geltend.

Gemäß Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Die Bestimmungen der Z 5 sind nicht auf die in Z 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen.

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet ist, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings darf es sich dabei nicht nur um vorübergehende Veränderungen handeln (vgl. RS 4 VwGH vom 31.01.2019, Ra 2018/14/0121, mit Verweis auf VwGH vom 21.11.2002, 99/20/0171, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Ob eine die Anwendung des Endigungsgrundes des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK rechtfertigende relevante Änderung der Verhältnisse im Herkunftsstaat eingetreten ist, hat die Behörde bzw. das VwG von Amts wegen zu ermitteln und unter Berücksichtigung der Fluchtgeschichte bzw. der Fluchtgründe eines Asylwerbers zu prüfen, ob diese noch immer einen asylrechtlich relevanten Aspekt haben könnten (vgl. RS 5 VwGH vom 31.01.2019, Ra 2018/14/0121, mit Verweis auf VwGH vom 19.12.2001, 2000/20/0318).

Wohl kann der Wegfall subjektiv empfundener Furcht allenfalls ein Indiz dafür sein, dass auch objektiv kein asylrechtlich relevanter Verfolgungsgrund mehr vorliegt, doch kann die subjektiv empfundene Furcht eines Flüchtlings vor Verfolgung allein nicht als einer der in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK angeführten Umstände gewertet werden. Diese Umstände sind gemäß dem Wortlaut der angeführten Konventionsstelle solche, auf Grund deren der Asylwerber als Flüchtling anerkannt worden ist. Durch den Wegfall (lediglich) des subjektiven Furchtempfindens eines Flüchtlings können die in Art. 1 Abschnitt C Z 5 dieser Konvention angeführten Voraussetzungen noch nicht als erfüllt angesehen werden; vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei den "Umständen" im Sinne der zitierten Bestimmung insbesondere um solche handeln muss, die sich auf grundlegende, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention angeführten Fluchtgründe betreffende (objektive) Veränderungen im Heimatstaat des Flüchtlings beziehen, auf Grund deren angenommen werden kann, dass der Anlass für die - begründete - Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht (vgl. RS 6 VwGH vom 31.01.2019, Ra 2018/14/0121, mit Verweis auf VwGH 29.01.1997, 95/01/0449, mwN).

Im vorliegenden Fall wurde dem BF aufgrund der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an dessen Vater vom diesem abgeleitet ebenfalls Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Der Antrag des Vaters des BF wurde jedoch nachträglich wegen falscher Angaben, fehlender Fluchtgründe und Vorliegens eines Ausschließungsgrundes, nach erfolgter Wiederaufnahme des Asylverfahrens, kein internationaler Schutz gewährt, und dieser aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

Dem BF ist insofern beizupflichten, dass im Falle einer Ableitung von Asyl im Rahmen des Familienverfahrens im Zuge eines Aberkennungsverfahrens die Fluchtgründe der Ankerperson und deren weiteres Schutzbedürfnis in die Entscheidung miteinzubeziehen wären. (vgl. VwGH 18.11.2021, Ra 2021/20/0389) Jedoch wurde das Asylverfahren des Vaters des BF bereits im Jahr 2011 im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens nicht nur wegen Bekanntwerdens von Ausschlussgründen, sondern auch mangels Fluchtgrundes letztlich negativ beschieden. Demzufolge kann der BF von seinem Vater auch keinen internationalen Schutz ableiten und sind sinngemäß demzufolge die Gründe für die damalige Schutzgewährung nachträglich weggefallen. (vgl. VwGH 07.01.2021, Ra 2020/18/0491: „Bestehen jene Umstände, auf Grund deren die Bezugsperson als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr, und kann es die Bezugsperson daher nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz ihres Heimatstaates zu stellen, besteht weder nach dem Zweck des internationalen Flüchtlingsschutzes noch nach jenem des Familienverfahrens nach dem AsylG 2005 eine Rechtfertigung dafür, den Asylstatus des Familienangehörigen, der diesen Status von der Bezugsperson nur abgeleitet hat, aufrecht zu erhalten.“)

Unbeschadet dessen, hat der BF jedoch einen eigenen Fluchtgrund im Zuge des gegenständlichen Asylaberkennungsverfahrens vorgebracht, den es im gegenständlichen Verfahren zu behandeln gilt. So befürchte der BF im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat aufgrund der Taten seines Vaters, konkret der Ermordung zweier Familienangehöriger der Familie seiner Frau (= Mutter des BF), von Blutrache seitens der Opferfamilie bedroht zu sein und vom Herkunftsstaat keine angemessene Hilfe erhalten zu können.

Dazu ist auszuführen, dass der Kosovo mittlerweile als souveräner Staat anerkannt wurde, die Albaner dort die Mehrheitsbevölkerung darstellen und Kosovo zudem als sicherer Herkunftsstaat iSd. Herkunftsstaatenverordnung gilt. Es findet dort derzeit auch kein bewaffneter Konflikt mehr statt.

Der BF vermochte eine Verfolgung seiner Person aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe (wie beispielsweise Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, politische Gesinnung, und dergleichen mehr) nciht glaubhaft machen.

Insoweit der BF zur Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat vorbringt, von Privatpersonen aufgrund einer bestehenden Blutfehde im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat bedroht zu werden, ist festzuhalten, dass selbst unter Wahrannahme die behauptete Verfolgung nicht von staatlichen Organen ausginge oder dem Herkunftsstaat sonst zurechenbar wäre. Bei der gegenständlichen Verfolgung durch Privatpersonen handle es sich weder um eine von einer staatlichen Behörde ausgehende noch um eine dem Staat zurechenbare Verfolgung, die von den staatlichen Einrichtungen geduldet würde.

Wie bereits oben ausgeführt – sind konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass die staatlichen Institutionen im Kosovo im Hinblick auf eine mögliche Verfolgung durch Privatpersonen tatsächlich weder schutzfähig noch schutzwillig wären, weder aus dem Vorbringen vor der belangten Behörde und in der Beschwerde noch aus den der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ersichtlich. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden kann, weshalb dem Fehlen eines solchen keine Asylrelevanz zukommt (VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177; 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191). So hat der BF auch in der Beschwerde nicht substantiiert dargelegt, warum die staatlichen Stellen des Herkunftsstaates, insbesondere die Sicherheits- und Justizbehörden, entgegen den diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, nicht in der Lage oder nicht willens wären, ihm vor allfälligen Übergriffen angemessenen Schutz zu bieten.

Auch sonst sind im gesamten Verfahren keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, die auf eine mögliche Asylrelevanz der behaupteten Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat hindeuten würden.

§ 7 Abs. 3 AsylG 2005 sieht vor, dass einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) der Status des Asylberechtigten nicht abzuerkennen ist, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach der Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat.

Gemäß § 2 Abs. 3 AsylG 2005 ist ein Fremder iSd Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit eines Landesgerichtes fällt (1.), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist rechtskräftig verurteilt worden ist. Gemäß § 2 Abs. 4 AsylG 2005 liegt eine nach diesem Bundesgesetz maßgebliche strafgerichtliche Verurteilung auch vor, wenn sie wegen einer Jugendstrafe erfolgt ist.

Der BF wurde aufgrund der festgestellten strafgerichtlichen Verurteilungen im Bundesgebiet iSd § 2 Abs. 3 und 4 AsylG straffällig. Eine Aberkennung gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG ist damit gemäß § 7 Abs. 3 AsylG 2005 gegenständlich trotz des Ablaufes von fünf Jahren ab der Zuerkennung noch zulässig.

Da alle Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten aus dem Grund des § 7 Abs. 1 Z 2 iVm. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK vorliegen, war die Beschwerde mit der entsprechenden Maßgabe als unbegründet abzuweisen. Demzufolge erübrigt sich ein Eigehen darauf, ob aufgrund der wiederholten Verurteilungen des BF auch (zusätzlich) die Asylaberkennungsvoraussetzungen iSd. § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG vorliegen.

Da sich die Aberkennung des Status des Asylberechtigten insgesamt als rechtmäßig erweist, hat die belangte Behörde auch gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 zu Recht festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher mit der Maßgabe, dass sich die Abweisung auf den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 stützt – als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des Bescheides):

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; 05.04.1995, 95/18/0530; 04.04.1997, 95/18/1127; 26.06.1997, 95/18/1291; 02.08.2000, 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011).

Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 08.06.2000, 99/20/0203; 17.09.2008, 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden und wurde auch nicht (substantiiert) behauptet.

Beim BF handelt es sich um einen erwachsenen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, wenn auch nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften, zumal er jedenfalls über Grundkenntnisse der albanischen Sprache verfügt.

Weiters kann nicht erkannt werden, dass dem BF im Falle einer Rückkehr in den Kosovo dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur - für Bewohner des Kosovo - dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), zumal es sich beim BF um einen erwachsenen und arbetisfähigen Mann handelt und von einer grundsätzlichen Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben ausgegangen werden kann. Auch wenn er über keinen Kontakt zu Familienangehörigen mehr im Kosovo pflegt, spricht er zumindest grundlegend Albanisch. Darüber hinaus ist auf die gesicherte Grundversorgung, öffentliche Sozialleistungen und allgemein zugängliche medizinische Versorgung sowie auf NGOs, Kirchen und Vereine zu verweisen. Im Herkunftstaat des BF besteht zudem die Möglichkeit der kostenlosen Fortführung der vom BF in Österreich begonnen Substitutionstherapie mit Methadon.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Kosovo nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

So zählt der BF auch nicht zu einer Risikopersonengruppe (siehe § 2 COVID-19-Risikogruppe-Verordnung) sodass erim Falle seiner Rückkehr – angesichts der in Österreich hohen Infektionszahlen – auch keinem erhöhten Risiko – bei Einhaltung allgemeiner Hygienestandards, Sozialregeln und Schutzmaßnahmen in Form von vermehrtem Händewaschen oder –desinfizieren, Abstand halten und Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes – an COVID-19 zu erkranken bzw. einen schwerwiegenden Krankheitsverlauf aufzuweisen, unterliegt.

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu den Spruchpunkten III. bis V. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Der mit „Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme“ betitelte § 10 AsylG lautet:

„§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.“

Der mit „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:

„§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.“

3.3.2. Der BF hält sich zumindest seit seinem zehnten Lebensjahr und somit seit 14 Jahren durchgehend in Österreich auf. Er war nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen iSd § 57 AsylG 2005 und auch kein Opfer von Gewalt im Bundesgebiet. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde substanziiert behauptet wurde.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der BF ist als Staatsangehöriger des Kosovo Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs 4 Z 1 iVm. Z 10 FPG. Ihm wurde mit der gegenständlichen Entscheidung der Status des Asylberechtigten aberkannt, ohne dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Es kommt ihm weiters kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,4. der Grad der Integration,5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Unter „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852 ff).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. etwa VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0168 mwN). Dem zuletzt zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes lag zugrunde, dass der Fremde am 15.08.2002 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und einen Asylantrag stellte, welcher letztlich mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 16.08.2008 abgewiesen, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17.03.2009, ab.

Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0005, mit Verweis auf nachfolgend angeführte Erkenntnisse unter anderem folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - als Anhaltspunkte dafür anerkannt, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Dazu zählen die Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. VwGH vom 26.02.2015, Ra 2014/22/0025, 18.10.2012, 2010/22/0136, 20.01.2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. VwGH Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0165, sowie 26.03.2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. VwGH Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie VwGH 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. VwGH23.05.2012, 2010/22/0128, sowie (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) vom 09.09.2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. VwGH 18.03.2014, 2013/22/0129, 31.01.2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. VwGH 10.12.2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. VwGH Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. VwGH 16.10.2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. VwGH Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. VwGH 2011/23/0365).

Umgekehrt hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0005, ebenfalls mit Verweis auf mehrere Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, dass ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale auch gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden können. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0165, 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, 03.09.2015, Ra 2015/21/0121, 25.04.2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (wie etwa das Ausländerbeschäftigungsgesetz; siehe VwGH 16.10.2012, 2012/18/0062, 25.04.2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (VwGH 20.07.2016, Ra 2016/22/0039), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. VwGH 31.01.2013, 2012/23/0006).

„Weiters entspricht es der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass auch im Fall einer Vielzahl einschlägiger rechtskräftiger Verurteilungen und insofern verhängter, beträchtlicher und überwiegend unbedingter Freiheitsstrafen, die verwirklichten Delikte in einer Gesamtbetrachtung als „besonders schweres Verbrechen“ qualifiziert werden können“ (vgl. VwGH 22.10.2020, Ra 2020/14/0456)

Im Ergebnis bedeutet das, dass auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen ist, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer (vgl. VwGH vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

Der BF reiste im Alter von 9 Jahren in das Bundesgebiet ein und hält sich seither bis zum Entscheidungszeitpunkt im Wesentlichen ununterbrochen, somit seit 17 Jahren auf.

Im Rahmen der nunmehr durchzuführenden Abwägung ist zu Gunsten des BF zu berücksichtigen, dass er bereits im jungen Alter von neun Jahren in das Bundesgebiet einreiste und sich hier infolge der Asylantragstellung und späteren Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bis zum Entscheidungszeitpunkt legal im Bundesgebiet aufhält. Er hat in Österreich die Schule besucht und spricht Deutsch. Der BF pflegt keinen Kontakt zu seiner Mutter und seinem Vater im Herkunftsstaat und leben Angehörige, konkret 5 Onkeln und dessen Familien, im Bundesgebiet.

Demgegenüber sind die lange Aufenthaltsdauer des BF sowie sein Privat- und Familienleben aus nachfolgenden Gründen erheblich zu relativieren:

Der BF wurde bereits mit seinem sechzehnten Lebensjahr erstmals straffällig und weist ingesamt 13 Verurteilungen auf. Fünf seiner Verurteilungen stellten Jugendstraftaten, zwei weitere Straftaten als Junger Erwachsener dar. Der BF wurde beginnend im Jahr 2010 bis jetzt zu unbedingten Freiheitsstrafen in einem Gesamtausmaß von 7 Jahren, 2 Monaten und 2 Wochen rechtskräftig verurteilt. Zudem wurde der BF zu insgesamt 1 Jahr und 5 Monaten bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen verurteilt, wobei die bedingten Strafnachsichten allesamt widerrufen wurden. Er wurde häufig in rascher Folge wieder rückfällig, bzw. beging Straftaten während offenen Probezeiten und während anhängigen Strafverfahren. Hervorzuheben ist dabei, dass ihn weder seine familiären Bindungen von der Begehung weiterer Straftaten abhalten konnte. In Anbetracht der vom BF zu verbüßenden Haftstrafen kann auch nicht erkannt werden, dass er erhebliche Zeit mit seinen Angehörigen im gemeinsamen Haushalt verbracht bzw. intensiven Kontakt zu diesen aufgebaut hätte. So gab der BF letztlich an, keinen engen Kontakt zu seinen Angehörigen im Bundesgbiet zu pflegen. Dem BF ist auch trotz der sehr langen Aufenthaltsdauer und insbesondere wegen der langen Haftstrafen bisher nicht gelungen, sich nachhaltig am Arbeitsmarkt zu integrieren. Wenn überhaupt, ging er nur wenige Male und für verhältnismäßig kurze Zeiten, sozialversicherten Erwerbstätigkeiten nach.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen und das diesen zugrundeliegende Verhalten kann im Ergebnis unter Berücksichtigung der Vielzahl an vom BF begangenen Straftaten als schwerwiegend angesehen werden. (vgl. dazu VwGH 22.10.2020, Ra 2020/14/0456) Das sich über viele Jahre hinweg fortsetzende strafbare Verhalten stellt somit ebenfalls eine erhebliche Minderung der Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet dar und relativiert auch seine familiären und persönlichen Bindungen, da ihn diese nicht von der weiteren Begehung von Straftaten abhalten konnten.

Der BF wurde wiederholt einschlägig wegen teils schwerer teils im Zusammenwirken mit einem/einer Mittäter/Mittäterin begangener Körperverletzungen und Diebstählen teils durch Einbruch teils gewerbsmäßig rechtskräftig verurteilt. Der BF schreckte auch nicht davor zurück auf einen Polizeibeamten einzuschlagen und zeigte sich bei seiner letzten Straftat zudem nicht bereit sich seiner Verantwortung zu stellen, und versuchte sich seiner rechtmäßigen Anhaltung durch einen Bediensteten der Security mit Gewalt zu entziehen, wobei der besagte Bedienstete vom BF verletzt wurde. Die Verurteilungshistorie des BF lässt erkennen, dass dieser eine nicht unbeachtliche Neigung zu Gewalt und Eigentumsdelikten hegt. (vgl. VwGH VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474; wonach ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität bestehe) Wenn der BF auch vorbringt, dass sein Verhalten auf seine Suchterkrankung zurückzuführen sei und er sich mittlerweile einsichtig zeige und sich therapieren lasse, ist ihm entgegegenzuhalten, in der Vergangenheit bereits eine Therapie erfolglos absolviert zu haben und sich aktuell noch in aufrechter Therapie zu befinden, sodass vor diesem Hintergrund, insbesondere der eingestandenen suchmittelabhängigkeitsinduzierten Rückfallgefährlichkeit – und der kriminellen Vorgeschichte des BF letztlich keine Aussagen über den weiteren Verlauf der Therapie, deren Erfolg oder eine nachhaltige Einstellungsänderung des BF getroffen werden kann.

Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, mwN). (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118) Dies hat auch sinngemäß für die Absolvierung von Therapien zur Bekämpfung von Suchterkrankungen zu gelten. So entspricht es der Rechtsprechung des VwGH, dass es grundsätzlich im Fall von strafbaren Handlungen infolge Gewöhnung an Suchtmittel neben dem Abschluss einer Therapie noch eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens bedarf, um einen Wegfall der Gefährdung annehmen zu können. (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/14/0374) Der BF befindet sich aktuell jedoch in Haft und kann daher keinen maßgeblichen Zeitraum des Wohlverhaltens vorweisen.

Das Vorliegen einer überwiegend positiven Zukunftsprognose im Sinne einer fehlenden Wahrscheinlichkeit für die Wiederholungsgefahr betreffend weitere Straftaten bzw. im Sinne einer positiven Resozialisierungsperspektive kann schon vor dem Hintergrund des bereits dargelegten massiven, langjährigen und unverbesserlichen Fehlverhaltens und insbesondere den immer wieder von den Strafgerichten – trotz oder gerade wegen des Umstandes, dass es sich zum Überwiegenden Teil um Jugendstraftaten oder Straftaten als Junger Erwachsener gehandelt hat – herangezogenen Strafbemessungsgründen nicht angenommen werden. Der BF wurde regelmäßig, zeitweise sogar in kurzen Abständen, erneut straffällig. Während oft mildernd sein Geständnis und sein Alter berücksichtig worden waren, so wurden als erschwerend regelmäßig die sich ständig anhäufenden einschlägigen Vorstrafen, die Begehung innerhalb von Probezeiten, während anhängigen Strafverfahren, die raschen Rückfälle sowie das Zusammentreffen von meist mehreren Verbrechen und/oder Vergehen gewertet.

Wie bereits ausgeführt, wurde der BF in einem Zeitraum von insgesamt 11 Jahren zu unbedingten Freiheitsstrafen von in Summe 7 Jahren, 2 Monaten und 2 Wochen rechtskräftig verurteilt und wurden zudem die bedingten Strafnachsichten im Hinblick auf weitere Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von 1 Jahr und 5 Monaten allesamt widerrufen und verbüßt der BF aktuell den noch offenen Teil seiner Freiheitsstrafen in Justizanstalten in Österreich. Ferner wurde der BF in der Vergangenheit zwar wiederholt bedingt aus seinen Freiheitsstrafen entlassen, jedoch mussten diese bedingten Strafnachsichten letztlich wegen Rückfällen des BF widerrufen werden.

Das Gesamtfehlverhalten des BF lässt darauf schließen, dass er über ein großes Maß an krimineller Energie verfügt, teils zu Gewalt neigt und bis zuletzt nicht gewillt war, sich an die Rechtsordnung der Republik Österreich zu halten. Eine letztlich positive Zukunftsprognose kann trotz der derzeitigen persönlichen Situation des BF vor dem Hintergrund, dass ihn seine familiären und sozialen Bindungen in Österreich nicht von seinem regelmäßigen strafbaren Verhalten abhalten konnten und er keinen engen Kontakt zu seinen Angehörigen in Österreich pflegt, nicht erblickt werden. Eine Wiederholungsgefahr in ähnlich gelagerten Situationen kann daher – bei noch aufrechter Suchttherapie – im Lichte der eben dargelegten Erwägungen nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Das BVwG kommt im konkreten Fall trotz der langen Aufenthaltsdauer von 17 Jahren und der familiären und privaten Bindungen des BF im Bundesgebiet im Ergebnis zum Schluss, dass die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung dennoch die persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat Kosovo unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Die Beschwerde gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, welche gemäß den dargestellten gesetzlichen Bestimmungen eine Folge der Aberkennung des Status des Asylberechtigten bei gleichzeitiger Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz ist, sowie gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung ist daher abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides:

Der mit „Frist für die freiwillige Ausreise“ betitelte § 55 FPG lautet:

„§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.“

Angesichts der langen Aufenthaltsdauer des BF in Österreich kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese trotz bestehender maßgeblicher Gefährund öffentlicher Interessen durch den BF, diesem zur Regelung seiner persönlichen Angelegenheiten im Bundesgebiet und Vorbereitung seiner Ausreise in seinen Herkunftsstaat eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise eingeräumt hat.

Magels Vorbringens und amtwegigen Feststellens des Bestehens besonderer Umstände iSd. § 55 Abs. 3 FPG war der Beschwerde sohin auch im besagten Umfang abzuweisen.

3.5. Zu Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

Neben der Aberkennung des Status des Asylberechtigten, der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, sowie der Erlassung einer Rückkehrentscheidung hat das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer weiters ein befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs.3 Z 1 FPG erlassen.

3.5.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

3.5.2. Im konkreten Fall ergibt sich daraus:

In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des BF (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311 mwN).

Hinsichtlich der von ihm begangenen Straftaten und dem zugrundeliegenden Verhalten wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

In Anbetracht der großen öffentlichen Interessen an der Verhinderung von Delikten gegen Leib und Leben sowie von Eigentumskriminalität sowie dem übrigen strafbaren Verhalten des BF, das sowohl unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit als auch anderer in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter öffentlicher Interessen gegeben ist, sowie der Dauer der aktuellen Freiheitsstrafe von 10 Monaten begegnet daher die Auffassung der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gegeben sind, keinen Bedenken.

Wie bereits oben ausgeführt wurde, kann hinsichtlich des BF zum Entscheidungszeitpunkt jedenfalls keine positive Zukunftsprognose getroffen werden, zumal er sich derzeit auch noch in Haft befindet.

Es sprechen daher bedeutende öffentliche Interessen gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK und auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für die Erlassung eines Einreiseverbotes.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist nämlich (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FPG, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062 mwN).

Im Hinblick auf die privaten und familiären Bindungen des BF in Österreich ist mit den aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF verbunden. Zur diesbezüglichen Zulässigkeit wird auf die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der gegen den BF erlassenen Rückkehrentscheidung verwiesen.

Den Interessen an einer Möglichkeit im Bundesgebiet zu verbleiben bzw. jederzeit einreisen zu können, stehen im Hinblick auf das gravierende Fehlverhalten erhebliche öffentliche Interessen entgegen, sodass ungeachtet der vorgebrachten privaten Interessen des BF vom Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Erlassung der Rückkehrentscheidung und Einreiseverbotes auszugehen ist.

Die vom BF gesetzten Handlungen beeinträchtigen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen, konkret von Delikten gegen fremdes Eigentum sowie gegen die körperliche Unversehrtheit von Menschen.

Es bedarf daher eines geraumen, nicht zu gering anzusetzenden Zeitraumes der Beobachtung des Wohlverhaltens des BF um sicherzustellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, und gewährleistet ist, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Österreich mehr hervorrufen wird.

In Anbetracht der persönlichen Bindungen in Österreich und den Umstand, dass der BF bereits seit seinem 10 Lebensjahr in Österreich lebt, erscheint die Erlassung eines 7-jährigen Einreiseverbotes gemessen an der negativen Zukunftsprognose des BF jedenfalls geboten.

Es war daher die Beschwerde auch im besagten Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR zu Fragen des Asyls, zur Überschreitung der Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK und zu Fragen des Art. 8 EMRK ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bei allen erheblichen Rechtsfragen an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR orientiert und hat diese – soweit erforderlich – auch zitiert.

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