VwGH Ro 2015/19/0001

VwGHRo 2015/19/000110.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Feiel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Revision des L T in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfeldergürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. April 2015, Zl. W144 1302021-2/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §3 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs3;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2 idF 2011/I/038;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3;
AsylG 2005 §10 Abs1;
AsylG 2005 §10 Abs2 Z2 idF 2011/I/038;
AsylG 2005 §10 Abs6 idF 2011/I/038;
AsylG 2005 §10 Abs7 idF 2011/I/038;
AsylG 2005 §10 idF 2009/I/029;
AsylG 2005 §10 idF 2011/I/038;
AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §5;
AsylG 2005 §52 Abs9;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
AsylG 2005 §58;
AsylG 2005 §61 Abs1 Z2;
AsylG 2005 §61 Abs2;
AsylG 2005 §75 Abs1;
AsylG 2005 §75 Abs10;
AsylG 2005 §75 Abs19;
AsylG 2005 §75 Abs20;
AsylG 2005 §75 Abs23;
AsylG 2005 §75 Abs4;
AsylG 2005 §75 Abs8;
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1;
AsylGHG 2008 §23 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §68;
B-VG Art129c;
B-VG Art151 Abs51 Z7;
B-VG Art151 Abs51 Z8;
B-VG Art151 Abs51 Z9;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
FrPolG 2005 §55;
FrPolG 2005 §59 Abs2;
MRK Art3;
MRK Art8;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGVG 2014 §16 Abs1;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RO2015190001.J00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird in Spruchpunkt B.III., soweit dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel nach § 55 und § 57 AsylG 2005 erteilt wird, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wird, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, und die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, und soweit gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision abgewiesen.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste am 20. Juli 2005 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag nach dem Asylgesetz 1997 (AsylG). Das Bundesasylamt (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 11. Juni 2006 gemäß § 7 AsylG ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Revisionswerber nach Nigeria ausgewiesen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. März 2012 insoweit Folge, als der bekämpfte Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen wurde.

In der Folge wurde der Revisionswerber am 9. Mai 2012 vor dem Bundesasylamt neuerlich vernommen.

Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2013 erhob der Revisionswerber Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht an den Asylgerichtshof. Er brachte vor, das Bundesasylamt habe trotz Entscheidungsreife über den Antrag des Revisionswerbers nicht innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist entschieden.

Das Bundesasylamt führte - vom Asylgerichtshof aufgefordert, sich zur Säumnisbeschwerde zu äußern - in seiner an dieses Gericht erstatteten Stellungnahme vom 9. August 2013 aus, eine Entscheidung über den Antrag des Revisionswerbers sei innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Zeit wegen der hohen und ständig steigenden Zahl der zu bearbeitenden Fälle nicht möglich gewesen. Die deshalb aufgetretene Verzögerung in der Bearbeitung des Antrages des Revisionswerbers sei somit nicht auf ein Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen.

Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis vom 13. April 2015 gab das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) statt (Spruchpunkt A.). Unter einem wies das Verwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers, den dieses Gericht als solchen auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) wertete, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt B.I.) als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt B.II.) ab. Unter einem erteilte es dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte das Verwaltungsgericht gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt B.III.). Des Weiteren sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt C.).

Zu seiner Zuständigkeit führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es gebe keine Übergangsbestimmungen "zum Umgang mit dem gegenständlichen Devolutionsantrag hinsichtlich der neuen Rechtslage". Es schließe sich jenen Literaturmeinungen an, wonach das gegenständliche Verfahren als Säumnisbeschwerdeverfahren nach dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) fortzuführen sei. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde am 2. Juli 2013 sei die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 8 VwGVG - das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz sei seit der Zurückverweisung durch den Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. März 2012 wieder beim Bundesasylamt anhängig gewesen - verstrichen gewesen. Die gegenständliche Säumnisbeschwerde sei daher nicht "verfrüht" erhoben worden und damit zulässig. Angesichts der Stellungnahme des Bundesasylamtes, wonach eine fristgerechte Erledigung des Verfahrens wegen der Arbeitsauslastung infolge der hohen und ständig steigenden Zahl der zu bearbeitenden Fälle nicht möglich gewesen sei, sei von einer durch die Behörde zu verantwortenden Untätigkeit auszugehen. Es liege ein überwiegendes Verschulden der Behörde vor.

Bezogen auf den vom Revisionswerber gestellten Antrag führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die von ihm vorgebrachten Ereignisse zur geltend gemachten Bedrohungssituation sowie zu seinem persönlichen Umfeld hätten nicht als gegeben festgestellt werden können. Seinen diesbezüglichen Angaben sei - aufgrund der vom Verwaltungsgericht näher dargelegten Widersprüche - die Glaubwürdigkeit zu versagen. Im Fall der Rückführung in sein Heimatland werde der Revisionswerber, der über eine Schulausbildung verfüge, arbeitsfähig und gesund sei, und dem die Teilnahme am Erwerbsleben möglich sei, zudem in der Lage sein, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.

Umstände, die gemäß § 57 AsylG 2005 zur amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels an den Revisionswerber führen müssten, lägen nicht vor; es sei dazu auch nichts Substantiiertes dargetan worden.

Über ein schützenswertes Familienleben in Österreich verfüge der Revisionswerber - so das Bundesverwaltungsgericht in seiner Begründung weiter - mangels jeglichen familiären Anknüpfungspunktes im Bundesgebiet nicht. Das Bestehen eines solchen habe er auch nicht behauptet. Der durch die "Ausweisung" des Revisionswerbers aus dem Bundesgebiet erfolgte Eingriff in sein Privatleben sei durch das Überwiegen des öffentlichen Interesses gegenüber seinem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt. Der Aufenthalt des Revisionswerbers im Bundesgebiet seit Juli 2005 könne gemessen an der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts als "knapp ausreichend langer Zeitraum" qualifiziert werden. Der Revisionswerber sei aber im Bundesgebiet zweimal strafgerichtlich verurteilt worden sei. Er habe sich zwar seit mehreren Jahren wohlverhalten. Allerdings werde die Tilgung der Verurteilungen voraussichtlich erst mit 25. Juni 2017 eintreten. Somit liege keine Unbescholtenheit vor. Zudem verfüge der Revisionswerber nur über geringe Deutschkenntnisse. Er habe sich trotz der langen Verfahrensdauer - nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass er "eine völlig unglaubwürdige Fluchtgeschichte präsentiert und bis zuletzt in der Beschwerdeverhandlung versucht" habe, "die Behörden über sein persönliches Umfeld im Heimatland zu täuschen" - seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein müssen. Soweit er ein in englischer Sprache gehaltenes Empfehlungsschreiben der "Englisch sprechenden afrikanischen katholischen Gemeinschaft" vorgelegt habe, sei daraus "eher ersichtlich, dass er in der afrikanischen Gemeinschaft in Wien verwurzelt" sei, sodass "hieraus kein Integrationsaspekt zu gewinnen" sei. Auch mit der Vorlage von zwei weiteren wortgleichen Unterstützungsschreiben sei - wenngleich diese für den Revisionswerber sprächen - noch keine eindrucksvolle Einbindung in einen österreichischen Freundeskreis dargetan worden. Der Revisionswerber gehe im Bundesgebiet zwar einer beruflichen Tätigkeit als Zeitungsverteiler nach, bei der er monatlich zwischen EUR 400,-- und EUR 500,-- verdiene. Dennoch schlage bei einer Abwägung die zu geringe soziale bzw. integrative Komponente zu seinen Lasten aus. Bei der Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) sei daher davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes das persönliche Interesse des Revisionswerbers am Verbleib im Bundesgebiet überwiege. Demgemäß habe auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005, die voraussetze, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten sei, nicht von Amts wegen zu erfolgen.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria unzulässig wäre, seien schon im Hinblick auf die Entscheidung, derzufolge ihm subsidiärer Schutz nicht gewährt werde, nicht hervorgekommen.

Die festgesetzte Frist für die freiwillige Ausreise entspreche der gesetzlichen Anordnung des § 55 Abs. 2 zweiter Satz FPG. Diese Frist erscheine fallbezogen angemessen. Besondere Umstände, die die Festlegung einer anderen Frist geboten hätten, seien weder behauptet worden noch sonst hervorgekommen.

Die Revision sei zulässig, weil es zum Umgang mit bereits anhängigen "Devolutionsanträgen" in Übergangsfällen nach der neuen Rechtslage weder eine ausdrückliche Übergangsbestimmung noch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (ordentliche) Revision. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Vorverfahren gemäß § 30a VwGG durchgeführt und anschließend dem Verwaltungsgerichtshof die Verfahrensakten vorgelegt. Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision, die aus den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen zulässig ist, erwogen:

I. Grundsätzliches zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

1.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/21/0064, anlässlich der Revision gegen eine von einem Landesverwaltungsgericht ausgesprochene Zurückweisung eines vor dem 1. Jänner 2014 in einer Angelegenheit nach dem FPG bei der Bundesministerin für Inneres (BMI) eingebrachten Devolutionsantrages des Näheren mit der Frage befasst, wer ab 1. Jänner 2014 berufen ist, das Verfahren über die diesbezügliche Verwaltungssache zu führen.

1.2. In dieser Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt festgehalten:

"Die BMI hätte den bei ihr eingelangten Devolutionsantrag dadurch erledigen können, dass sie ihn entweder zurückweist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen eines Überganges der Zuständigkeit zur Entscheidung auf sie nicht vorgelegen wären, oder ihn im Grunde des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG abweist, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der untergeordneten Behörde zurückzuführen wäre, oder indem sie über den vom Revisionswerber gestellten Ausfolgeantrag abspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zlen. 98/07/0107 bis 0109). Letzteres nahm die BMI vor und bejahte damit - implizit - das Vorliegen der Voraussetzungen für den Zuständigkeitsübergang iSd § 73 Abs. 2 AVG. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht die Zuständigkeit zur Entscheidung über den zugrundeliegenden Antrag auf die Oberbehörde aber schon mit dem Einlangen des Antrages bei dieser Behörde über, wenn die Voraussetzungen für einen Devolutionsantrag iSd § 73 AVG vorliegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2012, Zl. 2009/03/0070, mwN). § 73 Abs. 2 AVG normiert sohin einen ex lege eintretenden Übergang der Entscheidungspflicht bei Vorliegen eines zulässigen Devolutionsantrages mit dessen Einlangen (vgl. das Erkenntnis vom 26. Juni 2013, Zl. 2011/03/0240, mwN).

Nun ist im vorliegenden Fall unbestritten, dass der an die BMI gerichtete Devolutionsantrag vom 22. Oktober 2012 zulässig war. Demnach ist die Pflicht zur Entscheidung über den Antrag des Revisionswerbers auf Ausfolgung seines Reisepasses vom 27. Oktober 2009 auf die BMI bereits mit dem Einlangen des Devolutionsantrages bei ihr am 24. Oktober 2013 übergegangen, zumal die Zulässigkeit eines Devolutionsantrages nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Einbringung zu beurteilen ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2002, Zl. 2001/07/0040, mwN).

Davon ausgehend bestand diese Zuständigkeit der BMI bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013. Im Zusammenhang mit der Einführung der sogenannten 'Zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit' mit 1. Jänner 2014 wurde nämlich in die Z 8 des Art. 151 Abs. 51 B-VG folgende Übergangsregelung aufgenommen:

'8. Mit 1. Jänner 2014 werden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der unabhängige Finanzsenat (im Folgenden: unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst; ferner werden die in der Anlage genannten Verwaltungsbehörden (im Folgenden: sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen

Behörden anhängigen Verfahren ... geht auf die Verwaltungsgerichte

über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, ...'

Letzteres wird in den Materialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (RV 1618 BlgNR 24. GP  21 f) damit begründet, dass 'ferner ... die Zuständigkeit zur Weiterführung von Verfahren vor Behörden, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, auf die Verwaltungsgerichte übergehen' soll und dass 'sich der Zuständigkeitsübergang nicht nur auf Verfahren vor aufzulösenden Behörden beziehen, sondern alle Zuständigkeiten betreffen (soll), die nach dem vorgeschlagenen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit von Verwaltungsgerichten wahrgenommen werden sollen.' Aus der zitierten Verfassungsbestimmung folgt daher, dass die Zuständigkeit zur Erledigung des bei der BMI als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde anhängig gewesenen Verfahrens mit Ablauf des 31. Dezember 2013 auf die Verwaltungsgerichte überging (vgl. in diesem Sinn auch Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 41 bis 43 und Rz. 45 iVm 48 zu Art. 151 Abs. 51 B-VG, wonach mit dessen Z 8 angeordnet werde, dass die Zuständigkeit zur Weiterführung der am 31. Dezember 2013 (u.a.) bei sachlich in Betracht kommenden obersten Behörden aufgrund eines Devolutionsantrages anhängigen Verfahren, deren Gegenstand die Nichterlassung eines Bescheides ist, auf die Verwaltungsgerichte übergeht). Dem Revisionswerber kann daher nicht gefolgt werden, wenn er in der Revision auch meint, es finde sich 'keine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die einer Weiterführung des Verfahrens durch die Bundesministerin entgegen stünde'."

2.1. Die im Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde am 2. Juli 2013 geltende Rechtslage stellt sich auszugsweise wie folgt dar:

Art. 129c B-VG:

"B. Asylgerichtshof

Artikel 129c. Der Asylgerichtshof erkennt nach Erschöpfung des Instanzenzuges

  1. 1. über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen,
  2. 2. über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Asylsachen."

    § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG):

    "Verfahren

§ 23. (1) Soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs 'Berufung' der Begriff 'Beschwerde' tritt.

(2) ..."

§ 61 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 AsylG 2005:

"Asylgerichtshof

§ 61. (1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 oder 3a vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

  1. 1. ...
  2. 2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

(3) ..."

§ 73 AVG:

"4. Abschnitt: Entscheidungspflicht

§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."

2.2. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass der (seit Ablauf des 31. Dezember 2013 nicht mehr existente) Asylgerichtshof in den von ihm geführten Verfahren an sich das AVG sinngemäß anzuwenden hatte, soweit sich aus dem AsylG 2005 nicht anderes ergab. Somit war grundsätzlich auch § 73 AVG als maßgeblich anzusehen, wobei § 61 Abs. 2 AsylG 2005 betreffend Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Sonderbestimmungen enthielt, die allerdings unverkennbar dem § 73 Abs. 2 AVG nachgebildet waren.

§ 61 Abs. 2 AsylG 2005 legte - dem Vorbild des § 73 Abs. 2 AVG folgend - fest, dass Säumnisbeschwerden beim Asylgerichtshof einzubringen waren und im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof überging. Die Beschwerde war abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen war.

2.3. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber angeordnet hatte, dass auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG sinngemäß anzuwenden waren, und zudem eine für an den Asylgerichtshof erhobene Säumnisbeschwerden geschaffene Sondernorm der vergleichbaren des AVG entspricht, haben die oben wiedergegebenen Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 26. Juni 2014 auch in der gegenständlichen Konstellation betreffend den Übergang der Zuständigkeit auf den Asylgerichtshof Platz zu greifen.

2.4. Im gegenständlichen Fall lagen im Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde jene Voraussetzungen, die gemäß § 61 Abs. 2 AsylG 2005 für den Übergang der Zuständigkeit auf den Asylgerichtshof maßgeblich waren, vor. Das wird auch in der Revision, die sich insoweit nur gegen den Umfang der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (siehe dazu unten) richtet, nicht bestritten.

Ausgehend davon ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die Zuständigkeit über die gegenständliche Verwaltungssache zu entscheiden, mit dem Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde an den Asylgerichtshof übergegangen ist; mit anderen Worten: das Verfahren über den im Juli 2005 gestellten Asylantrag war ab diesem Zeitpunkt bei diesem Gericht anhängig.

2.5. Nach Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wurde der Asylgerichtshof zum Verwaltungsgericht des Bundes; die Mitglieder des Asylgerichtshofes wurden zu Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes des Bundes. Diese Bestimmung war nach dem erklärten Willen des Verfassungsgesetzgebers zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr. 51/2012, so zu verstehen, dass "sonstige Übergangsbestimmungen für den Asylgerichtshof (zB betreffend die bei ihm mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängigen Verfahren) (...) im Hinblick auf die sich aus dem ersten Satz ergebende Behördenkontinuität entbehrlich" waren (RV 1618 BlgNR 24. GP , 21). Daraus folgt, dass in allen Verfahren, die beim Asylgerichtshof anhängig waren, ab 1. Jänner 2014 unabhängig davon, in welchem Stadium sich das Verfahren befunden hat, das Bundesverwaltungsgericht zuständig wurde. Dem Art. 151 Abs. 51 Z 8 und 9 B-VG gleichgelagerte (verfassungsgesetzliche) Übergangsbestimmungen bedurfte es daher in Bezug auf die beim Asylgerichtshof anhängig gewesenen Verfahren nicht (vgl. Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz 39 zu Art. 151 Abs. 51 B-VG).

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zu Ende zu führen. Das trifft nach dem Gesagten auf das gegenständliche Verfahren zu.

Im Zeitpunkt seiner Entscheidung war somit das Bundesverwaltungsgericht zuständig, in der gegenständlichen Verwaltungssache zu entscheiden.

II. Zum Umfang des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungssache) und in der Sache selbst

3. Der Revisionswerber bringt vor, zwar hätte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des Überganges der Zuständigkeit über die Fragen der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten zu entscheiden gehabt, nicht aber auch darüber, ob ihm von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Durch die Vorgangsweise des Bundesverwaltungsgerichts werde ihm eine Instanz genommen. Aus der Bestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005, wonach nach der dort vorgesehenen Zurückverweisung die Verwaltungsbehörde nicht an die Abwägungen des Verwaltungsgerichts gebunden sein soll, ergebe sich nämlich die Intention des Gesetzgebers, den Verlust einer Instanz für den Rechtsunterworfenen vermeiden zu wollen.

4.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Rechtslage nach dem VwGVG festgehalten, dass - im Fall einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde nach Vorlage derselben oder Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs. 1 VwGVG - die Zuständigkeit, über die betriebene Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht übergeht. Es hat dann in der Verwaltungssache zu entscheiden. Ein ausdrücklicher Abspruch über die Stattgebung der Säumnisbeschwerde ist nicht vorzunehmen. Es ist hinreichend, aber auch im Hinblick auf § 29 Abs. 1 VwGVG geboten, dass das Verwaltungsgericht in seiner Begründung offenlegt, weshalb es davon ausgeht, die Zuständigkeit sei übergegangen. Im Regelfall bewirkt ein dennoch solcherart vorgenommener Ausspruch aber keine Verletzung in subjektiven Rechten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2015, Ra 2015/19/0075).

4.2. Dies gilt auch in einem Übergangsfall, wie dem vorliegenden, in dem die Zuständigkeit, über die Verwaltungssache zu entscheiden, nicht aufgrund der Bestimmungen des VwGVG, sondern der oben dargestellten (Übergangs‑)Bestimmungen auf das Verwaltungsgericht übergegangen ist.

4.3. Aus den nunmehr für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geltenden - und vom Bundesverwaltungsgericht anzuwendenden - Bestimmungen des VwGVG ergibt sich keine für die Beurteilung des gegenständlichen Falles maßgebliche Einschränkung der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes.

5.1. Entscheidend zur Festlegung des Prozessgegenstandes vor dem Bundesverwaltungsgericht ist die Beurteilung, was im gegenständlichen Fall als Verwaltungssache anzusehen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu vom Verwaltungsgericht zu führende Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0134, mwN).

Dies hat sinngemäß zu gelten, wenn das Verwaltungsgericht aufgrund einer Säumnisbeschwerde zur Erledigung der Verwaltungssache zuständig wird. In einem solchen Fall hat das Verwaltungsgericht (nur) jene Angelegenheit(en) zu erledigen, die die (säumige) Verwaltungsbehörde zum Inhalt ihres Spruches zu machen gehabt hätte.

Dies bedeutet aber auch, dass das Verwaltungsgericht infolge des Überganges der Zuständigkeit, in der Verwaltungssache zu entscheiden, nicht ausschließlich auf das ursprüngliche Antragsbegehren eingeschränkt ist. Es hat vielmehr die Verwaltungsangelegenheit insgesamt zu erledigen (wobei dies - was klarzustellen ist - auch eine prozessuale Erledigung nicht ausschließt). Somit ist das Verwaltungsgericht auch dafür zuständig, (allfällige) nach dem Gesetz mit der Erledigung des Antrages ausdrücklich von Amts wegen zu verbindende Aussprüche (erstmals) zu tätigen.

5.2. Zwar hat das Verwaltungsgericht bei einer Entscheidung, mit der es eine Verwaltungssache erledigt, an sich die im Zeitpunkt dieser Entscheidung sich darbietende Sach- und Rechtslage anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2015, Ra 2015/03/0022). Dies muss aber dann anders gesehen werden, wenn das Gesetz ausdrücklich - wie hier, was im Folgenden zu zeigen ist - die Anwendung einer bestimmten Rechtslage gebietet.

5.3. An dieser Stelle ist zudem darauf hinzuweisen, dass es sich - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat - bei den hier in Rede stehenden Aussprüchen um voneinander rechtlich trennbare Aussprüche handelt. Demgemäß sind diese Aussprüche separat anfechtbar; sie können auch unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen. Es besteht zwischen diesen gemäß den maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 und des FPG insofern ein rechtlicher Zusammenhang, als es für manche Aussprüche Tatbestandsvoraussetzung ist, dass bereits andere Aussprüche getätigt wurden und zudem manche Aussprüche miteinander zu verbinden sind, sodass im Fall der Aufhebung eines Spruches ein darauf rechtlich aufbauender Ausspruch seine Grundlage verlieren kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2015, Ra 2014/20/0121, den hg. Beschluss vom 29. April 2015, Fr 2014/20/0047, sowie in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom 28. April 2015, Ra 2014/18/0146 bis 0152; vgl. bezogen auf die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise auch die bis 31. Dezember 2013 geltende Bestimmung des § 59 Abs. 2 FPG sowie die dazu ergangenen hg. Beschlüsse vom 16. November 2012, 2012/21/0235, und vom 16. Mai 2013, 2013/21/0060, wonach der Gesetzgeber die Möglichkeit der eigenständigen Anfechtung dieses Ausspruches unter näher bestimmten Umständen sogar ausdrücklich vorsah).

6.1. Der Revisionswerber hat seinen Antrag, mit dem Begehren, ihm Asyl zu gewähren, am 20. Juli 2005 persönlich beim Bundesasylamt eingebracht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte somit zunächst jedenfalls über diesen Antrag zu entscheiden.

6.2. Im Zeitpunkt der Einbringung dieses Antrages stand das - gemäß § 73 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft getretene - Asylgesetz 1997 in Geltung.

Gemäß § 75 Abs. 1 des - (nach § 73 Abs. 1 AsylG 2005) am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen - Asylgesetzes 2005 sind am 31. Dezember 2005 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängig sind oder werden, § 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

§ 75 Abs. 8 AsylG 2005 sieht zudem vor, dass § 10 AsylG 2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 auf alle am oder nach dem 1. Jänner 2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Ausweisungsentscheidung nach dem Asylgesetz 1997, die vor dem 1. Jänner 2010 erlassen wurde, als eine Ausweisungsentscheidung nach § 10, die Zurückweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997 als Zurückweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 und die Abweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 gilt.

Gemäß § 75 Abs. 10 AsylG 2005 sind die §§ 2 Abs. 1 Z 25 und Abs. 3, 15 Abs. 1 Z 4 und 6, 18 Abs. 2 und 3, 22 Abs. 3, 11 Z 7, 23 Abs. 1, 7 und 8, 27 Abs. 4 und 5, 57 Abs. 10 und Abs. 11 Z 2 sowie 62 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 auch auf alle am oder nach dem 1. Jänner 2010 nach dem Asylgesetz 1997 anhängigen Verfahren anzuwenden. Die §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 sind auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass keine Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 3 Asylgesetz 1997 zu erteilen und festzustellen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Eine Ausweisung hat in diesen Fällen zu unterbleiben.

6.3.1. Somit hätte das Bundesverwaltungsgericht bezogen auf den (vor dem 31. März 2009 gestellten) Asylantrag des Revisionswerbers das Asylgesetz 1997 anzuwenden gehabt.

6.3.2. Indem das Verwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 abgewiesen hat, hat es sohin die Rechtslage verkannt. Diese Fehlbeurteilung führt allerdings nicht zur Aufhebung der diesbezüglichen im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen Aussprüche.

6.3.3. Voraussetzung für eine solche Aufhebung ist, dass - bezogen auf eine nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG erhobene Revision, wie sie hier verfahrensgegenständlich ist - eine Verletzung in subjektiven Rechten vorliegt.

6.3.4. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 1997 begehren Fremde, die in Österreich Schutz vor Verfolgung (Art. Abschnitt 1 A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) suchen, mit einem Asylantrag die Gewährung von Asyl. Ein gesonderter Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft ist nicht zulässig.

Unter der Überschrift "Subsidiärer Schutz" sah § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 vor, dass, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist, die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen hat, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. hat, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist und die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden. § 57 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) legte in seinem Abs. 1 fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach § 57 Abs. 2 FrG ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

6.3.5. Gemäß dem vom Bundesverwaltungsgericht zur Anwendung gebrachten § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden nach § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 (oder - was fallbezogen aber nicht von Relevanz ist - der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005) zu verbinden.

§ 75 Abs. 5 AsylG 2005 sieht vor, dass einem Fremden, dem am oder nach dem 31. Dezember 2005 die Flüchtlingseigenschaft nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 oder früheren asylrechtlichen Vorschriften zugekommen ist oder zuerkannt wurde, der Status des Asylberechtigten als zuerkannt gilt, soweit es zu keiner Aberkennung oder keinem Verlust der Flüchtlingseigenschaft gekommen ist. Gemäß § 75 Abs. 6 AsylG 2005 gilt einem Fremden, dem am oder nach dem 31. Dezember 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 oder des Asylgesetzes 1997 zugekommen ist oder zuerkannt wurde, der Status des subsidiär Schutzberechtigten als zuerkannt.

6.3.6. Soweit es die angefochtene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betrifft, seinem Antrag keine Folge zu geben, erachtet sich der Revisionswerber in seinem "Recht auf Zuerkennung von internationalem Schutz" verletzt. In der Sache selbst bekämpft er einerseits die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ihm hinsichtlich der vorgebrachten Gründe für die Flucht aus seinem Heimatland kein Glauben geschenkt wurde. Andererseits macht die Revision geltend, das Bundesverwaltungsgericht hätte bei rechtsrichtiger Würdigung aktueller Länderberichte zum Ergebnis kommen müssen, dass er bei der Rückkehr in sein Heimatland keine Lebensgrundlage finden könnte.

6.3.7. Ausgehend von der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen rechtlichen Prüfung konnte der Revisionswerber - nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund seines Vorbringens, mit dem er seinen Antrag begründete, und seiner Ausführungen in der Revision - allein durch die Anwendung der für die hier maßgebliche Beurteilung gleichgelagerten Bestimmungen des AsylG 2005 statt derjenigen des Asylgesetzes 1997 nicht in subjektiven Rechten verletzt sein.

6.3.8. Am Boden der als unglaubwürdig eingestuften Angaben des Revisionswerbers zu seiner "Fluchtgeschichte" wäre nämlich sein Antrag auch bei Anwendung des § 3 Abs. 1 Asylgesetz 1997 abzuweisen gewesen. Dass das Bundesverwaltungsgericht sich dabei auf § 3 Asylgesetz 2005 stützte, führt somit zu keinen Rechtsnachteilen für den Revisionswerber. In diesem Zusammenhang ist auch auf § 75 Abs. 4 AsylG 2005 hinzuweisen, wonach ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG) begründen. Daraus erhellt, dass auch der Gesetzgeber davon ausging, dass in all diesen Verfahren - trotz zwischenzeitiger Änderungen der Rechtslage durch Institutionalisierung in unterschiedlichen Gesetzen - der maßgebliche Prüfgegenstand als ident anzusehen ist.

6.3.9. Das Bundesverwaltungsgericht kam des Weiteren zum Ergebnis, eine Verletzung relevanter Rechtsvorschriften - insbesondere des Art. 3 EMRK - finde im Fall der Abschiebung des Revisionswerbers in sein Heimatland nicht statt. Mit der Abweisung seines Antrages in der Frage, ob der Revisionswerber als Flüchtling iSd GFK anzusehen ist, wäre demnach gemäß - dem hier aufgrund des § 75 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwendenden - § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 der Ausspruch zu verbinden gewesen, dass festgestellt werde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Revisionswerbers in seinen Herkunftsstaat Nigeria zulässig sei. Eine solche Entscheidung gilt allerdings gemäß § 75 Abs. 8 AsylG 2005 als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005. Nach der letztgenannten Bestimmung (dieser Verweis bezieht sich auf § 10 AsylG 2005 in der Fassung des BGBl. I Nr. 38/2011; eine vergleichbare Bestimmung findet sich nunmehr in § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005) ist eine Entscheidung nach dem AsylG 2005 mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt). Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber auch beim hier in Rede stehenden Ausspruch davon ausging, der Prüfgegenstand nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 und nach § 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 sei ident.

6.3.10. Zusammengefasst ergibt sich somit, dass das Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungssache im Rahmen der Prüfung, ob dem noch nach dem Asylgesetz 1997 gestellten Antrag des Revisionswerbers Folge zu geben sei und dem im Zusammenhang mit der Antragsabweisung zu treffenden Ausspruch, ob ihm subsidiärer Schutz zustehe, unter dem Blickwinkel, dass es nicht auf die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 abgestellt hat, nicht überschritten hat.

6.4. Was den Inhalt dieser Entscheidungen anlangt, vermag die Revision, deren Schwergewicht ohnedies in der Bekämpfung der Rückkehrentscheidung und der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels liegt, nicht mit Erfolg aufzuzeigen, dass dem Bundesverwaltungsgericht ein für den Ausgang des Verfahrens relevanter Verfahrensfehler unterlaufen ist. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers stellt sich die - nach seiner Anhörung im Rahmen einer Verhandlung erfolgte - Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als unschlüssig dar. Soweit der Revisionswerber fehlende Erhebungen zur Situation in Nigeria bemängelt, legt er nicht dar, zu welchen anderen oder zusätzlichen für ihn günstigen Feststellungen das Verwaltungsgericht im Rahmen ergänzender Ermittlungen hätte kommen können. Auf dem Boden der getroffenen Feststellungen wiederum ist die rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, weder könne er als Flüchtling iSd GFK eingestuft werden noch sei seine Abschiebung - insbesondere bezogen auf Art. 3 EMRK - unzulässig, nicht zu beanstanden.

Die Revision war daher, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte B.I. und B.II. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6.5.1. § 75 Abs. 8 AsylG 2005 sieht vor, dass § 10 AsylG 2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 auf alle am oder nach dem 1. Jänner 2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Ausweisungsentscheidung nach dem Asylgesetz 1997, die vor dem 1. Jänner 2010 erlassen wurde, als eine Ausweisungsentscheidung nach § 10, die Zurückweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997 als Zurückweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 und die Abweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gilt.

Gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 bleiben Ausweisungen, die gemäß § 10 AsylG 2005 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012.

Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht, wenn es in den Fällen des § 75 Abs. 18 und 19 AsylG 2005 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes (Z 1), jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes (Z 2), den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes (Z 3), jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes (Z 4), den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 5), oder den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird (Z 6), in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das (mit 1. Jänner 2014 geschaffene) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.

6.5.2. Die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 stellt in ihren unterschiedlichen Tatbeständen durchwegs darauf ab, dass eine Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag durch das Bundesasylamt vorliegt. Sie erfasst seinem Wortlaut nach nicht jenen Fall, in dem das Bundesverwaltungsgericht im Weg einer vor dem 1. Jänner 2014 an den Asylgerichtshof gerichteten Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zuständig wurde.

6.5.3. Eine Übergangsbestimmung, die eine dem § 75 Abs. 20 AsylG 2005 vergleichbare Regelung für einen solchen Fall enthält, wie er hier vorliegt, fehlt. Es stellt sich daher die Frage, ob es sich dabei um eine Lücke im Gesetz handelt und diese gegebenenfalls durch die analoge Anwendung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zu schließen wäre.

6.5.4. Voraussetzung für die analoge Anwendung verwandter Rechtsvorschriften ist das Bestehen einer echten Gesetzeslücke; das heißt einer planwidrigen und daher durch Analogie zu schließenden Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Eine Lücke ist demnach nur dort anzunehmen, wo das Gesetz (gemessen an der mit der seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie) unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2014, Ro 2014/12/0008, mwN).

6.5.5. Betracht man § 75 Abs. 20 AsylG 2005, ist festzuhalten, dass diese Bestimmung auf das Vorliegen einer Entscheidung des Bundesasylamtes abstellt. Jedoch erfasst § 75 Abs. 20 AsylG 2005 nicht jeden von dieser Behörde erlassenen Bescheid. Die Entscheidung muss "in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz" stehen. Eine vom Bundesasylamt auf der Grundlage des § 5 AsylG 2005 erlassene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wird - obgleich eine solche Entscheidung zweifellos "in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz" steht - von § 75 Abs. 20 AsylG 2005 ebenfalls nicht erfasst.

Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber die Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 - und sei es auch innerhalb der Kategorie der Anträge auf internationalen Schutz - bloß versehentlich herbeigeführt hätte, gibt es nicht. Ausgehend davon, dass sich der Gesetzgeber bewusst war, dass § 75 Abs. 20 AsylG 2005 nicht auf alle nach § 75 Abs. 19 AsylG 2005 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führenden Verfahren anzuwenden sein wird, sondern vielmehr eine Beschränkung auf bestimmte ausdrücklich genannte Verfahren vornahm, verbietet sich die Annahme einer Lücke. Die analoge Anwendung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 auf einen Fall, wie den vorliegenden, scheidet somit schon deshalb aus.

6.6.1. Nach dem Gesagten sind die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die übrigen vom Bundesverwaltungsgericht getätigten Aussprüche nicht schon gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 unzulässig. Es ist - wie bei der Abweisung des vom Revisionswerber gestellten Antrages - aber auch hier jedenfalls zudem zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht mit seinen übrigen Entscheidungen die Sache seines Verfahrens überschritten hat (zumal auch ein Zurückverweisungsausspruch in analoger Anwendung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 vorausgesetzt hätte, dass eine Entscheidung über die Rückkehrentscheidung überhaupt Prozessgegenstand im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht war).

6.6.2. Aus der oben wiedergegebenen Bestimmungen des § 75 Abs. 8 AsylG 2005 ergibt sich, dass - mit den dort genannten Maßgaben - § 10 AsylG 2005 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 auf alle am oder nach dem 1. Jänner 2010 anhängigen Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 anzuwenden ist. Jene Maßgabe des § 75 Abs. 8 AsylG 2005, wonach die Abweisung eines Asylantrages nach dem Asylgesetz 1997, mit der festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, als Abweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gilt, ist nach dem oben Gesagten erfüllt anzusehen. Die noch in § 75 Abs. 1 AsylG 2005 enthaltene Anordnung einer Anwendbarkeit des § 10 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 29/2009 auf nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängigen Anträge erweist sich vor dem Hintergrund der später erlassenen und hier anzuwendenden Norm des § 75 Abs. 8 AsylG 2005 als nicht (mehr) maßgeblich.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Solcherart erlassene Ausweisungen (arg.: "Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr 87/2012 erlassen wurden") bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem

1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012.

Demnach war das Bundesverwaltungsgericht dazu berufen, im Rahmen des von ihm geführten Verfahrens nach der abschlägigen Entscheidung über den vom Revisionswerber gestellten Antrag zu prüfen, ob gegen den Revisionswerber eine Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 zu erlassen ist und gegebenenfalls eine solche auszusprechen.

Somit erweist sich die Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen, im Zeitpunkt seiner Entscheidung geltenden Bestimmungen des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, des § 55 und § 57 jeweils iVm § 58 Abs. 1 bis 3 AsylG 2005, des § 52 Abs. 9 sowie des § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als rechtlich verfehlt.

Für die auf § 55 und § 57 jeweils iVm § 58 Abs. 1 bis 3 AsylG 2005, des § 52 Abs. 9 sowie des § 55 Abs. 1 bis 3 FPG gegründeten Aussprüche (zur Rückkehrentscheidung sh sogleich unter Pkt. 6.6.3.) mangelte es sohin dem Bundesverwaltungsgericht jedenfalls an einer Zuständigkeit, was die Revision zu Recht geltend macht. Die diesbezüglichen in Spruchpunkt B.III. enthaltenen Aussprüche waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts aufzuheben.

Einer Aufhebung des (an sich nicht vorzunehmenden; vgl. oben Pkt. 4.1.) Spruchpunktes A. bedurfte es in diesem Zusammenhang hingegen nicht, weil der Revisionswerber dadurch nicht in Rechten verletzt wurde. Die Säumnisbeschwerde bezog sich nämlich auf die Geltendmachung der Verletzung der Entscheidungspflicht infolge der unterbliebenen Entscheidung über den vom Revisionswerber gestellten verfahrenseinleitenden Antrag, nicht auch auf die im Fall seiner Abweisung von Amts wegen zu verbindenden Aussprüche. Die in Spruchpunkt A ausgesprochene (nicht näher differenzierende) Stattgebung ist daher auch nur in diesem Licht zu verstehen. Es muss daher an dieser Stelle auch nicht weiter darauf eingegangen werden, ob die Erhebung einer Säumnisbeschwerde betreffend die von Amts wegen zu tätigenden Aussprüche zulässig gewesen wäre.

6.6.3. Der Verwaltungsgerichtshof kann aber keine Überschreitung des Prozessgegenstandes darin sehen, dass das Bundesverwaltungsgericht, statt, wie in § 75 Abs. 8 AsylG 2005 vorgesehen, einer Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 eine Rückkehrentscheidung nach dem FPG erlassen hat. Eine solche Ausweisung gilt nämlich ohnedies gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 als aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012. Zwar spricht das Gesetz in § 75 Abs. 23 AsylG 2005 von Ausweisungen, die gemäß § 10 AsylG 2005 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen "wurden". Eine strikte Interpretation dahingehend, dass der Gesetzgeber damit aber nur jene Fälle erfassen wollte, in denen bis zum Inkrafttreten des § 75 Abs. 23 AsylG 2005 bereits eine Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 erlassen war, verbietet sich aber angesichts des Zweckes des § 75 Abs. 23 AsylG 2005, sämtliche aufenthaltsbeendende Maßnahmen in das seit dem 1. Jänner 2014 geltende gesetzliche Regime aufenthaltsbeendender Maßnahmen überzuführen; ungeachtet dessen, dass dieser Zweck mit den Übergangsbestimmungen nach dem Gesagten nicht vollständig erreicht werden mag. Vielmehr sollten damit erkennbar die bis 31. Dezember 2013 geltenden Anordnungen des § 10 Abs. 6 und Abs. 7 AsylG 2005 (idF BGBl. I Nr. 38/2011, Abs. 6: "Ausweisungen nach Abs. 1 bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht." Abs. 7: "Wird eine Ausweisung durchsetzbar, gilt sie als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, (...)") fortgeschrieben werden. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits in seinem Erkenntnis vom 30. Juli 2015, Ra 2014/22/0131, festgehalten, dass der Verweis in § 75 Abs. 23 AsylG 2005 auf "Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr 87/2012 erlassen wurden" nicht bloß Ausweisungen bis zum Tag der Kundmachung der genannten Novelle, sondern (jedenfalls auch) alle bis zum Außerkrafttreten des § 10 AsylG 2005 in der Fassung vor BGBl. I Nr. 87/2012 (mit Ablauf des 31. Dezember 2013) nach dieser Bestimmung erlassene Ausweisungen erfasst. Es wird nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt abgestellt, sondern darauf, nach welcher Rechtsgrundlage die Ausweisung ausgesprochen wurde. Ist aber nur die Rechtsgrundlage maßgeblich, kann nichts anderes gelten, wenn auf diese Norm gestützte Ausweisungen erst nach dem Außerkrafttreten dieser Bestimmung erlassen wurden, aber diese Norm infolge von Übergangsbestimmungen auf bestimmte (Übergangs‑)Fälle weiterhin anzuwenden ist.

Eine Rechtsverletzung ist somit insofern zu verneinen, als das Bundesverwaltungsgericht statt der vom Gesetz vorgesehenen Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 eine auf den im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gestützte - ohne mit einem Einreiseverbot verbundene - Rückkehrentscheidung erlassen hat (vgl. zur nicht gegebenen Überschreitung des Verfahrensgegenstandes bei vor dem FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, nach dem FPG erlassenen und mit Berufung angefochtenen Ausweisungen und im Zuge des Berufungsverfahrens nach Inkrafttreten des FrÄG 2011 erlassenen ohne mit einem Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidungen etwa den hg. Beschluss vom 19. April 2012, 2012/21/0062, sowie das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2012, 2011/21/0277).

7.1. Dem Bundesverwaltungsgericht ist allerdings bei der Prüfung, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gerechtfertigt ist, im Rahmen der Interessenabwägung ein Fehler unterlaufen.

7.2. Gemäß dem hier maßgeblichen § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 sind Ausweisungen nach § 10 Abs. 1 leg. cit. unzulässig, wenn diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (lit. a); das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (lit. b); die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (lit. c); der Grad der Integration (lit. d); die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden (lit. e); die strafgerichtliche Unbescholtenheit (lit. f); Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (lit. g); die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (lit. h); die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (lit. i).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zulässig ist, eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Das persönliche Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2013, 2011/18/0036, mwN).

7.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen bzw. eine auf einen unrechtmäßigen Aufenthalt gegründete aufenthaltsbeendende Maßnahme als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, können solche aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ausnahmsweise auch nach einem mehr als zehn Jahre dauernden Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 22. Jänner 2013). Zuweilen wurde - ausgehend von den zugunsten eines Fremden festgestellten Umständen - diese Rechtsprechung auch auf einen knapp zehn Jahre noch nicht erreichenden Aufenthalt angewendet (vgl. zu einem Aufenthalt von mehr als neuneinhalb Jahren das hg. Erkenntnis vom 9. September 2014, 2013/22/0247).

Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (vgl. den hg. Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0054). Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. den hg. Beschluss vom 3. September 2015, Ra 2015/21/0121, mwN).

7.4. Der Sache nach ging das Bundesverwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung aus, als es die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Revisionswerber, der sich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses im April 2015 bereits neun Jahre und neun Monate im Bundesgebiet aufhielt, als zulässig ansah.

Das Verwaltungsgericht sprach dem Revisionswerber nicht ab, Schritte zu seiner Integration gesetzt zu haben, beließ es allerdings dabei, im Rahmen der zu seinen Lasten sprechenden Umstände, abgesehen vom während des - worauf fallbezogen besonders hinzuweisen ist: seit Juli 2005 anhängigen - Asylverfahrens unsicheren Aufenthaltsstatus, zu erwähnen, dass die beiden gegen ihn früher ergangenen Verurteilungen noch nicht getilgt seien. Feststellungen zum Zeitpunkt und der Art des jeweiligen Fehlverhaltens enthält die angefochtene Entscheidung nicht. Solcher Feststellungen hätte es allerdings bedurft, um in gesetzmäßiger Weise beurteilen zu können, ob das in den Jahren 2005 und 2006 zur Verurteilung gelangte Verhalten trotz des seitdem vom Revisionswerber gezeigten und auch vom Verwaltungsgericht festgestellten Wohlverhaltens eine solche Vergrößerung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung zu begründen vermag, sodass sich selbst nach einem so langen Aufenthalt im Bundesgebiet die Erlassung der gegenständlichen Aufenthaltsbeendigung als zulässig darstellt.

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht, das die Maßgeblichkeit solcher Feststellungen für die rechtliche Beurteilung verkannt hat, die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Der entsprechende Ausspruch des angefochtenen Erkenntnisses war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

8. Von der Durchführung der in der Revision beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 und Z 6 VwGG abgesehen werden.

9. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 10. November 2015

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