VwGH Ra 2015/21/0121

VwGHRa 2015/21/01213.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des N S, zuletzt in M, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Oktober 2014, Zl. G307 2012019- 1/2E, betreffend Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
FrPolG 2005 §52;
FrPolG 2005 §65b idF 2011/I/038;
VwRallg;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
FrPolG 2005 §52;
FrPolG 2005 §65b idF 2011/I/038;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Revisionswerber stammt aus dem Kosovo und gelangte 1998 nach Österreich. Er stellte hier einen Asylantrag, dem letztlich mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 27. April 1999 Folge gegeben wurde; es wurde festgestellt, dass dem Revisionswerber die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Der Revisionswerber wurde straffällig. Er wurde deshalb zwischen 2002 und 2010 fünfmal vom Landesgericht Linz verurteilt, zuletzt - insbesondere - wegen des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten.

Vor allem im Hinblick auf die letztgenannte Verurteilung erkannte das Bundesasylamt mit Bescheid vom 2. März 2011 dem Revisionswerber den Status eines Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ab, erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zu und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 in den Kosovo aus. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nachdem der Revisionswerber mit weiterem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 2. Dezember 2013 neuerlich - insbesondere - wegen teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls teils durch Einbruch sowie teils als Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu einer unbedingten 30- monatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war - mit Erkenntnis vom 29. April 2014, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies es gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.

Mit Bescheid vom 14. August 2014 sprach das BFA aus, dass dem Revisionswerber Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werden. Unter einem wurde gegen den Revisionswerber gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Kosovo zulässig sei. Schließlich setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise mit einer Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 3. Oktober 2014 als unbegründet ab und es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Der Revisionswerber erhob Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Juni 2015, E 1719/2014-12, ab und trat sie unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision aber nur zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

Unter diesem Gesichtspunkt wird in der Revision geltend gemacht, die bekämpfte Entscheidung weiche "von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, insofern schon ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt grundsätzlich den persönlichen Interessen eines Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet ein großes Gewicht verleihen kann". Im konkreten Fall komme die Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin - die Eheschließung erfolgte am 8. Februar 2007 - hinzu und eine Aufenthaltsdauer von bereits 17 Jahren.

Dem ist zu entgegnen, dass die angesprochene "Zehn-Jahres-Grenze" in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rolle spielt, wenn einem Fremden, anders als im vorliegenden Fall, kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist (zu einem derartigen Fall siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 26. März 2015, Zl. 2013/22/0303). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit stand die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Ehegatten von österreichischen Staatsbürgern nie in Frage (siehe zu einem derartigen Fall, wenn auch unter dem Blickwinkel des § 69 Abs. 2 FPG idF vor dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz, etwa das hg. Erkenntnis vom 2. August 2013, Zl. 2012/21/0262). Im Übrigen ist dem Revisionswerber zu erwidern, dass auf ihn entgegen seiner Auffassung weder die Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) noch die Richtlinie betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (RL 2003/109/EG) anzuwenden ist. Die unter dem Blickwinkel aufenthaltsbeendender Maßnahmen innerstaatlich vorgesehene Gleichstellung von Ehegatten österreichischer Staatsbürger mit dem von der erstgenannten Richtlinie erfassten Personenkreis hat der Gesetzgeber aber mit Erlassung des FNG-Anpassungsgesetzes durch entsprechende Novellierung des per 1. Jänner 2014 gänzlich aufgehobenen § 65b FPG mit Wirkung vom 18. April 2013 beseitigt. Auch hierauf kann sich der Revisionswerber mithin nicht berufen.

Richtig ist, dass es nach der hg. Judikatur im Falle der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, wenn diese (auch) wegen strafrechtlichen Fehlverhaltens verhängt werden, vor allem im Rahmen der zu treffenden Gefährlichkeitsprognose einer näheren Auseinandersetzung mit diesem strafrechtlichen Fehlverhalten im Einzelnen bedarf (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis vom 19. Mai 2015, Ra 2014/21/0057). Vor dem Hintergrund, dass auch in der Revision keine Umstände geltend gemacht werden, welche die Delinquenz des Revisionswerbers in einem milderen Licht erscheinen lassen - der bloße Hinweis auf die Suchtgiftabhängigkeit des Revisionswerbers, welche für die gegenständliche "Beschaffungskriminalität" verantwortlich sei, reicht nicht hin -, lassen sich die entsprechenden Ausführungen des BVwG bzw. das von ihm erzielte Ergebnis letztlich mit der genannten Judikatur aber noch in Einklang bringen.

Die Revision vermag damit zusammenfassend keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen war.

Wien, am 3. September 2015

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