AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W220.2193024.1.00
Spruch:
im namen der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch Mag. Julian MOTAMEDI, Rechtsanwalt in 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018, Zl.: 1069734003/150529926, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.11.2021, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 19.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Zu diesem Antrag auf internationalen Schutz wurde der Beschwerdeführer am 21.05.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 05.07.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei er zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst vorbrachte, von einem Nachbarn seit dem Jahr 2008 regelmäßig angezeigt und in der Folge auch attackiert worden zu sein, weil dieser den Beschwerdeführer und seine Familie beschuldigt habe, sein Kind umgebracht zu haben; zuletzt sei der Beschwerdeführer im Jahr 2013 attackiert worden. Außerdem habe er seit dem Jahr 2009 eine Freundin gehabt, die Christin gewesen sei; er selbst sei aber Sikh, weshalb ihre Familien gegen eine Heirat gewesen seien. Er sei von den Familienangehörigen seiner Freundin bedroht worden.
Mit oben zitiertem Bescheid vom 07.03.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Am 25.11.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Punjabi und der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers statt, in welcher der Beschwerdeführer als Verfahrenspartei zu seinen persönlichen Lebensumständen sowie zu seinen Fluchtgründen befragt wurde; zudem wurde die Ehefrau des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien und der Glaubensrichtung der Sikh sowie der Volksgruppe der Punjabi zugehörig. Er führt die im Kopf dieser Entscheidung ersichtlichen Personalien.
Der Beschwerdeführer ist in Indien, im Bundesstaat Punjab, geboren und dort bis zu seiner Ausreise im März 2015 aufgewachsen. Er absolvierte in Indien Schulbildung im Umfang von zehn Jahren und besuchte im Anschluss zwei Jahre ein College. Er arbeitete in Indien im familieneigenen Unternehmen (Vermietung von Hallen für Veranstaltungen, Betrieb einer Bäckerei und Landwirtschaft); die Familie des Beschwerdeführers in Indien war bzw. ist wohlhabend. Der Vater, der Bruder und die beiden Schwestern des Beschwerdeführers leben ebenso wie zahlreiche Onkeln und Tanten des Beschwerdeführers nach wie vor in Indien; der Beschwerdeführer hat zu seinen Familienangehörigen regelmäßig Kontakt. Der Beschwerdeführer beherrscht Punjabi und spricht auch etwas Englisch und Hindi.
Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Einreise im Mai 2015 durchgehend in Österreich auf und ist meldebehördlich registriert. Er absolvierte am 24.02.2020 die Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 und kann sich in einfachem Deutsch unterhalten.
Am 15.01.2020 heiratete der Beschwerdeführer in Österreich eine in Österreich lebende indische Staatsangehörige. Die Ehefrau des Beschwerdeführers reiste erstmals im Jahr 2014 aus Indien aus und kam nach Österreich, um als Au-Pair zu arbeiten. Nach einem Jahr ging sie nach Deutschland, wo sie ebenfalls ein Jahr als Au-Pair tätig war. Im Jahr 2016 lebte sie wieder in Indien, bis sie im Herbst 2016 wieder nach Österreich kam, wo sie seitdem lebt. Sie verfügte stets über eine Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG; derzeit verfügt sie über einen bis 12.09.2022 gültigen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“. Die Ehefrau des Beschwerdeführers war in Österreich zuletzt bis Jänner 2020 als Kellnerin in einem Café beschäftigt, verlor ihren Job aber durch die Schließung dieses Cafés. In Zukunft würde sie gerne als Kindergärtnerin arbeiten. Sie verfügt nach wie vor über zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte in Indien, insbesondere ihre Eltern, zu denen sie fast täglich Kontakt hat.
Am XXXX 2021 wurde das gemeinsame Kind des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in Österreich geboren. Das Kind des Beschwerdeführers besitzt die indische Staatsangehörigkeit. Der Beschwerdeführer lebt zusammen mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind in einer Mietwohnung.
Der Beschwerdeführer bezog lediglich von Mai bis Juli 2015 Grundversorgungsleistungen und ist in Österreich selbsterhaltungsfähig, indem er selbstständig ein Transportunternehmen betreibt. Er meldete im November 2015 das nach wie vor aufrechte Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“, sowie im Juni 2021 das nach wie vor aufrechte Gewerbe „Vermietung von beweglichen Sachen ausgenommen Waffen, Medizinprodukte und Luftfahrzeuge“ an. Im Jahr 2020 erzielte der einkommensteuerpflichtige und sozialversicherte Beschwerdeführer aus seinen Gewerbebetrieben Einkünfte in Höhe von 21.090,26 Euro, im Jahr 2019 12.086,06 Euro, im Jahr 2018 11.563,78 Euro, im Jahr 2017 9.161,00 Euro und im Jahr 2016 8.809,00 Euro. Der Beschwerdeführer beschäftigt in seinem Unternehmen fünf Angestellte, die als Fahrer arbeiten, und hat Verträge mit mehreren Subunternehmern.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über soziale Anknüpfungspunkte in Form eines Freundes- und Bekanntenkreises.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer wurde in Indien nicht von seinem Nachbarn geschlagen, nicht im Zuge eines von seinem Nachbarn verursachten Autounfalls verletzt und nicht von seinem Nachbarn bzw. dessen Komplizen in anderen Landesteilen Indiens aufgespürt, weil er von seinem Nachbarn beschuldigt wurde, dessen Kind umgebracht zu haben. Der Beschwerdeführer wurde weiters nicht von Familienangehörigen eines Mädchens, mit dem er eine Beziehung führte, mit dem Tod bedroht und geschlagen, weil er Sikh ist und das Mädchen Christin war. Dem Beschwerdeführer drohte in der Vergangenheit bzw. drohen aktuell im Fall einer Rückkehr nach Indien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ungerechtfertigte konkrete und individuelle physische und/oder psychische Eingriffe erheblicher Intensität in seine persönliche Sphäre. Selbst für den Fall, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Indien von seinem Nachbarn und/oder den Familienangehörigen seiner ehemaligen Freundin bedroht werden sollte, kann er sich in anderen Landesteilen, etwa in der Stadt Delhi, niederlassen und würde dort nicht gefunden werden; überdies kann er sich an die indischen Behörden, die bezüglich der vorgebrachten Bedrohung schutzfähig und –willig sind, wenden.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Indien:
Der Beschwerdeführer läuft nicht konkret Gefahr, in seinem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden oder in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten.
Die aktuell vorherrschende COVID-19-Pandemie stellt kein Rückkehrhindernis dar. Der Beschwerdeführer ist körperlich gesund und gehört im Hinblick auf sein Alter sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Indien eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung erleiden würde. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.
1.4. Zur maßgeblichen Situation in Indien:
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Indien, Version 4, gekürzt auf die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen:
„COVID-19
Letzte Änderung: 21.05.2021
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie verhängte die indische Regierung am 25. März 2020 eine Ausgangssperre über das gesamte Land, die nur in Einzelfällen (Herstellung lebensnotwendiger Produkte und Dienstleistungen, Einkaufen für den persönlichen Bedarf, Arztbesuche, usw.) durchbrochen werden durfte. Trotz der Ausgangssperre sanken die Infektionszahlen nicht. Seit der ersten Aufsperrphase, die am 8. Juni 2020 begann, schießt die Zahl der Infektionen noch steiler als bisher nach oben. Größte Herausforderung während der Krise waren die Millionen von Wanderarbeitern, die praktisch über Nacht arbeitslos wurden, jedoch auf Grund der Ausgangssperre nicht in ihre Dörfer zurückkehren konnten (ÖB 9.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Viele von ihnen wurden mehrere Wochen in Lagern unter Quarantäne gestellt (also de facto eingesperrt), teilweise mit nur schlechter Versorgung (ÖB 9.2020). Menschen mit Beeinträchtigungen sind von coronabedingten Maßnahme wie Abriegelungen und sozialen Distanzierungen besonders betroffen. Der Zugangs zu medizinischer Versorgung und lebenswichtigen Gütern und der Ausübung sozialer Distanzierung, insbesondere für diejenigen, die persönliche Unterstützung für Aufgaben des täglichen Lebens erhalten (HRW 13.1.2021). Während der ersten Wochen der COVID-19 Pandemie, wurden Muslime für die Verbreitung des Coronavirus, auch von Vertretern der Regierungsparteien verantwortlich gemacht (FH 3.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021).
Nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums vom 11. Oktober 2020 wurden seit Beginn der Pandemie mehr als sieben Millionen Infektionen mit COVID registriert. Die täglichen offiziellen Fallzahlen stiegen zwar zuletzt weniger schnell als noch im September, die Neuinfektionen nehmen in absoluten Zahlen jedoch schneller zu als in jedem anderen Land der Welt. Medien berichten in einigen Teilen des Landes von einem Mangel an medizinischem Sauerstoff in Krankenhäusern (BAMF 12.10.2020).
Die Lage in Indien, dass mit Bezug auf das Infektionsgeschehen (neben den USA und Brasilien) zu den am schwersten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Ländern weltweit zählt, hat sich sich gegenüber dem Sommer 2020 mit damals fast 100.000 Neuinfektionen pro Tag inzwischen etwas entspannt. Es erkranken offiziellen Angaben zufolge nach wie vor etwa 40.000 Menschen täglich am Virus. In den Ballungszentren kann die medizinische Versorgung weitestgehend aufrecht erhalten werden (GTAI 3.12.2020). Indiens Wirtschaft wurde durch die COVID-19-Pandemie stark beeinträchtigt (DFAT 10.12.2020; vgl. GTAI 3.12.2020). Das Land rutschte im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2020-21 erstmals in eine wirtschaftliche Rezession (PRC 18.3.2021). Es wird allgemein erwartet, dass das Land ab 2021 zu einem nachhaltigen Wachstum zurückkehren wird (DFAT 10.12.2020; vgl. GTAI 3.12.2020). Nach dem zweimonatigen harten Lockdown im Frühjahr 2020 hat die indische Regierung das öffentliche Leben im Rahmen ihrer Unlock-Strategie schrittweise wieder hochgefahren. Die Bundesstaaten und Unionsterritorien haben dabei weitreichendere Entscheidungsbefugnisse, welche Lockerungen sie umsetzen und welche nicht. Mit den bestehenden Einschränkungen sollen vor allem Superspreader-Events wie religiöse Großveranstaltungen und Hochzeiten eingedämmt werden. Massentests, Kontaktnachverfolgung, Isolierung von Infizierten und die Abschottung von Gebieten mit hohen Fallzahlen (Containment Zones) sollen helfen, das Virus zurückzudrängen (GTAI 3.12.2020; vgl. WKO 13.1.2021). Es kann daher vereinzelt und regional sowie zeitlich begrenzt zu erneuten Lockdowns kommen. Eine Skizzierung in „Red Zone“, „Orange Zone“ und „Green Zone“ wird von der Regierung des Bundesstaates/Unionsterritoriums in Absprache mit dem Gesundheitsministerium und der nationalen Regierung entschieden (WKO 13.1.2021).
Gegen regierungskritische Äußerungen, auch im Zusammenhang mit Maßnahmen der Regierung im Umgang mit der COVID-19 Pandemie wurden mittels aus der Kolonialzeit stammenden Gesetzen zur Staatsverhetzung und dem im Jahr 2000 erlassenen IT-Gesetz vorgegangen (FH 3.3.2021). Medienvertreter sehen sich Drohungen, Verhaftungen, Strafverfahren oder körperlichen Angriffen durch Mobs oder der Polizei wegen der Berichterstattung über die Pandemie ausgesetzt (HRW 13.1.2021). Mehrere von der Regierung zur Eindämmung einer Verbreitung der Pandemie getroffenen Maßnahmen wurden von Menschenrechtsanwälten als invasiv angesehen (FH 3.3.2021).
Im ersten Quartal 2021 wird Indien mit einem Anstieg der Fallzahlen vor einer zweiten COVID-19 Welle erfasst (TOI 21.3.2021; vgl. TFE 20.3.2021) und verzeichnete im Zeitraum ab April/Mai 2021 die höchsten Zahlen an täglichen Todesfällen wegen des Coronavirus seit Beginn der Pandemie (BAMF 3.5.2021). Kritik äußert sich aus dem Umstand heraus, dass Indien, ob seiner Pharmaindustrie, als "Apotheke der Welt" durch die Lieferung von Covid-19-Impfstoffen an viele Länder der Welt genießt (FE 20.3.2021; vgl. TOI 21.3.2021), gleichzeitig jedoch bei der Durchimpfung der eigenen Bevölkerung landesweit lediglich einen Wert von rund zwei Prozent erreicht (HO 28.4.2021).
Auch der Umstand, dass im Zuge der Regionalwahlen in einigen Bundesstaaten große Kundgebungen mit zum Teil Zehntausender Besucher abgehalten wurden, wie auch die Durchführung des hinuistischen Festes Kumbh-Mela in Haridwar im nördlichen Bundesstaat Uttarakhand, an dem im Zeitraum von Jänner 2021 bis zum 27. April knapp 25 Millionen Hindus vor Ort teilgenommen haben, attestieren der indischen regierung eine "praktizierte Sorglosigkeit". Die Aussage der BJP bei einer Wahlveranstaltung im Bundestaat Assam in der verkündet wurde, "Wahlveranstaltungen und religiöse Zusammenkünfte tragen nicht zur Verbreitung von Covid-19 bei", wird kritisiert (BAMF 3.5.2021; vgl. HO 28.4.2021).
Seit Mai 2021 sind alle Erwachsenen impfberechtigt, davor nur über 45-Jährige. In mehreren Bundesstaaten des Landes ist der Impfstoff ausgegangen, Hilfsgüter aus mehreren Ländern wie Beatmungsgeräte, Anlagen zur Sauerstofferzeugung, Medikamente und Impfstoff werden Indien von der internationalen Staatengemeionschaft zur Verfügung gestellt. Medienberichten zufolge will Indien die eigene Impfstoffproduktion bis Juni 2021 erhöhen, von der staalichen indischen Eisenbahngesellschaft gab bekannt, 4.000 Waggons mit einer Kapazität von 64.000 Betten als provisorische Stationen für Corona-Patienten bereitzustellen (BAMF 3.5.2021).
Alle Experten davon aus, dass kurzfristig die Fallzahlen wie auch die Zahlen der Toten weiter ansteigen werden, da das staatliche Gesundheitssystem in vielen Landesteilen schon jetzt an seine Grenzen gestoßen ist. Eine mittelfristige Prognose ist noch unklar. Eine Hoffnung stellt, bedingt durch den bereits erfolgten sehr breiten Ansteckung der Bevölkerung das Erreichen einer Herdenimmunität dar (HO 25.4.2021).
[…]
Sicherheitslage
Letzte Änderung: 28.05.2021
Indien hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer regionalen Hegemonialmacht in Südostasien entwickelt. Nachdem sich das Land während des Kalten Krieges vor allem innerhalb der Blockfreienbewegung profilierte, verfolgt es heute eine eindeutig pro-westliche Politik. Das Land ist ein wichtiger Handelspartner der EU und der Vereinigten Staaten (BICC 1.2021).
Es gibt in Indien eine Vielzahl von Spannungen und Konflikten, Gewalt ist an der Tagesordnung (GIZ 1.2021a). Aufstände gibt es auch in den nordöstlichen Bundesstaaten Assam, Manipur, Nagaland sowie in Teilen Tripuras. In der Vergangenheit konnte eine Zunahme von Terroranschlägen in Indien, besonders in den großen Stadtzentren, verzeichnet werden. Mit Ausnahme der verheerenden Anschläge auf ein Hotel in Mumbai im November 2008, wird Indien bis heute zwar von vermehrten, jedoch kleineren Anschlägen heimgesucht (BICC 1.2021). Aber auch in den restlichen Landesteilen gab es in den letzten Jahren Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund. Im März 2017 platzierte eine Zelle des „Islamischen Staates“ (IS) in der Hauptstadt des Bundesstaates Madhya Pradesh eine Bombe in einem Passagierzug. Die Terrorzelle soll laut Polizeiangaben auch einen Anschlag auf eine Kundgebung von Premierminister Modi geplant haben (bpb 12.12.2017). Das Land unterstützt die US-amerikanischen Maßnahmen gegen den internationalen Terrorismus. Intern wurde eine drakonische neue Anti-Terror-Gesetzgebung verabschiedet, die Prevention of Terrorism Ordinance (POTO), von der Menschenrechtsgruppen fürchten, dass sie auch gegen legitime politische Gegner missbraucht werden könnte (BICC 1.2021).
Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir (ÖB 9.2020; vgl. BICC 1.2021) und der von separatistischen Gruppen bedrohte Nordosten Indiens (ÖB 9.2020; vgl. BICC 1.2021, AA 23.9.2020). Der Punjab blieb im vergangenen Jahren von Terroranschlägen und Unruhen verschont (im Punjab wurden 2020 insgesamt 18 Vorfälle im Zusammenhang mit Terrorismus registriert (SATP 3.5.2021a). Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People’s Liberation Front etc.) einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, sondern vielmehr als „communal violence“ bezeichnet (ÖB 9.2020).
Gewalttätige Operationen maoistischer Gruppierungen in den ostzentralen Bergregionen Indiens dauern an (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.7.2020, FH 3.3.2021). Rebellen heben illegale Steuern ein, beschlagnahmen Lebensmittel und Unterkünfte und beteiligen sich an Entführungen und Zwangsrekrutierungen von Kindern und Erwachsenen. Zehntausende Zivilisten wurden durch die Gewalt vertrieben und leben in von der Regierung geführten Lagern. Unabhängig davon greifen in den sieben nordöstlichen Bundesstaaten Indiens mehr als 40 aufständische Gruppierungen, welche entweder eine größere Autonomie oder die vollständige Unabhängigkeit ihrer ethnischen oder Stammesgruppen anstreben, weiterhin Sicherheitskräfte an. Auch kommt es weiterhin zu Gewalttaten unter den Gruppierungen, welche sich in Bombenanschlägen, Morden, Entführungen, Vergewaltigungen von Zivilisten und in der Bildung von umfangreichen Erpressungsnetzwerken ausdrücken (FH 3.3.2021).
Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 812 Todesopfer durch terroristische Gewalt. Im Jahr 2018 wurden 940 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2019 kamen 621 Menschen durch Terrorakte. 2020 belief sich die Opferzahl terroristischer Gewalt landesweit auf insgesamt 591 Tote. 2021 wurden bis zum 3. Mai insgesamt 164 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 3.5.2021b).
Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen (z. B. Maoistisch-umstürzlerische) Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 23.9.2020).
Bauernproteste, die sich gegen die von der indischen Regierung verabschiedeten Gesetze zur Liberalisierung des Agrarsektors richten, dauern seit Monaten an. Widerstand hat sich vor allem bei Sikhs im Punjab – dem Brotkorb Indiens - formiert. Inzwischen protestieren aber auch Bauern in anderen Teilen des Landes. Als im Januar 2021 die Proteste in New Delhi gewalttätig wurden, antwortete die Regierung mit harten Maßnahmen. Da bei den Protesten viele Sikhs beteiligt sind und u.a. eine Sikh-Flagge im Roten Fort in Delhi gehisst wurde, unterstellt die indische Regierung eine Beteiligung der Khalistan-Bewegung an den Protesten (BAMF 22.3.2021).
[…]
Punjab
Letzte Änderung: 31.05.2021
Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren von anderen Unionsstaaten oder Pakistan aus. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland (ÖB 9.2020).
Der illegale Waffen- und Drogenhandel von Pakistan in den indischen Punjab hat sich in letzter Zeit verdreifacht. Es gibt Anzeichen von konzertierten Versuchen militanter Sikh-Gruppierungen im Ausland gemeinsam mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI, die aufständische Bewegung in Punjab wiederzubeleben. Indischen Geheimdienstinformationen zufolge werden Kämpfer der Babbar Khalsa International (BKI), einer militanten Sikh-Organisation in Pakistan von islamischen Terrorgruppen wie Lashkar-e-Toiba (LeT) trainiert, BKI hat angeblich ein gemeinsames Büro mit der LeT im pakistanischen West-Punjab errichtet. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der aufständischen Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 9.2020). Im Punjab (und anderen Konfliktzonen) haben die Behörden besondere Befugnisse, ohne Haftbefehl Personen zu suchen und zu inhaftieren (USDOS 30.3.2021; vgl. BBC 20.10.2015). Die Menschenrechtslage im Punjab stellt sich nicht anders dar als im übrigen Indien (ÖB 9.2020).
Neben den angeführten Formen der Gewalt, stellen Ehrenmorde vor allem in Punjab (sowie Uttar Pradesh und Haryana) weiterhin ein Problem dar (USDOS 30.3.2021).
Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Mio. im Punjab (MoHA o.D.). Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass Sikhs alleine auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit von der Polizei willkürlich verhaftet oder misshandelt würden. Auch stellen die Sikhs 60 Prozent der Bevölkerung des Punjabs, einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen (ÖB 9.2020).
Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 25 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt in Punjab. Im Jahr 2018 wurden drei Personen durch Terrorakte getötet, 2019 waren es zwei Todesopfer und im Jahr 2020 wurden durch terroristische Gewalt drei Todesopfer registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen]. Bis zum 3.5.2021 wurden für Beobachtungszeitraum 2020 keine Opfer von verübten Terrorakten aufgezeichnet (SATP 3.5.2021).
In Indien ist die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit rechtlich garantiert und praktisch von den Behörden auch respektiert. In manchen Grenzgebieten sind allerdings Sonderaufenthaltsgenehmigungen notwendig. Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit sich in anderen Landesteilen niederzulassen, Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut. Sikhs können ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben (ÖB 9.2020).
Im Zuge der Bauernproteste gegen die 2020 beschlossene Liberalisierung des Agrarsektors ist ein neues, gegen die religiöse Minderheit der Sikhs gerichtetes politisches Narrativ von der hindunationalistischen BJP instrumentalisiert worden, nachdem sich Widerstand gegen die Marktrefom auch bei den Sikhs aus dem Punjab formiert hatte. Politiker der Bharatiya Janata Party (BJP) unterstellten den protestierenden Sikhs vereinzelt, für ein unabhängiges Khalistan zu kämpfen und weckten damit in der Bevölkerung Erinnerungen an die Bewegung aus den 1980er und 1990er Jahren (BAMF 12.4.2021).
Aktive Mitglieder von verbotenen militanten Sikh-Gruppierungen, wie Babbar Khalsa International, müssen mit polizeilicher Verfolgung rechnen (ÖB 9.2020).
[…]
Rechtsschutz / Justizwesen
Letzte Änderung: 31.05.2021
In Indien sind viele Grundrechte und -freiheiten verfassungsmäßig verbrieft und die verfassungsmäßig garantierte unabhängige Justiz bleibt vielmals wichtiger Rechtegarant. Die häufig überlange Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie verbreitete Korruption, vor allem im Strafverfahren, schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (AA 23.9.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Die Regeldauer eines Strafverfahrens (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahre (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 23.9.2020). Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft, was dazu führt, dass Zeugen aufgrund von Bestechung und/oder Bedrohung, vor Gericht häufig nicht frei aussagen (AA 23.9.2020). Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption. Vorurteile z.B. gegenüber Angehörigen niederer Kasten oder Indigenen dürften zudem eine nicht unerhebliche Rolle spielen (AA 23.9.2020; vgl. FH 3.3.2021).
Das Gerichtswesen ist von der Exekutive getrennt (FH 3.3.2021). Das Justizsystem gliedert sich in den Supreme Court, das Oberste Gericht mit Sitz in Delhi; das als Verfassungsgericht die Streitigkeiten zwischen Zentralstaat und Unionsstaaten regelt. Es ist auch Appellationsinstanz für bestimmte Kategorien von Urteilen wie etwa bei Todesurteilen. Der High Court bzw. das Obergericht besteht in jedem Unionsstaat. Es ist Kollegialgericht als Appellationsinstanz sowohl in Zivil- wie auch in Strafsachen und führt auch die Dienst- und Personalaufsicht über die Untergerichte des Staates aus, um so die Justiz von den Einflüssen der Exekutive abzuschirmen. Subordinate Civil and Criminal Courts sind untergeordnete Gerichtsinstanzen in den Distrikten der jeweiligen Unionsstaaten und nach Zivil- und Strafrecht aufgeteilt. Fälle werden durch Einzelrichter entschieden. Richter am District und Sessions Court entscheiden in Personalunion sowohl über zivilrechtliche als auch strafrechtliche Fälle (als District Judge über Zivilrechtsfälle, als Sessions Judge über Straffälle). Unterhalb des District Judge gibt es noch den Subordinate Judge, unter diesem den Munsif für Zivilsachen. Unter dem Sessions Judge fungiert der 1st Class Judicial Magistrate und, unter diesem der 2nd Class Judicial Magistrate, jeweils für minder schwere Strafsachen (ÖB 9.2020).
Insbesondere auf unteren Ebenen der Justiz ist Korruption verbreitet und die meisten Bürger haben große Schwierigkeiten, ihr Recht bei Gericht durchzusetzen. Das System ist rückständig und stark unterbesetzt, was zu langer Untersuchungshaft für eine große Zahl von Verdächtigen führt. Vielen von ihnen bleiben so länger im Gefängnis, als es der eigentliche Strafrahmen wäre. Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen erlaubt die Inhaftierung ohne Anklage oder aufgrund von vage definierten Vergehen (FH 3.3.2021). Die Dauer der Untersuchungshaft ist entsprechend zumeist exzessiv lang. Außer bei mit Todesstrafe bedrohten Delikten, soll der Haftrichter nach Ablauf der Hälfte der drohenden Höchststrafe eine Haftprüfung und eine Freilassung auf Kaution anordnen. Allerdings nimmt der Betroffene mit einem solchen Antrag in Kauf, dass der Fall über lange Zeit gar nicht weiterverfolgt wird. Mittlerweile sind ca. 70 Prozent aller Gefangenen Untersuchungshäftlinge, viele wegen geringfügiger Taten, denen die Mittel für eine Kautionsstellung fehlen (AA 23.9.2020).
In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z.B. das Recht auf ein faires Verfahren) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt (AA 23.9.2020).
Die Inhaftierung eines Verdächtigen durch die Polizei ohne Haftbefehl darf nach den allgemeinen Gesetzen nur 24 Stunden dauern. Eine Anklageerhebung soll bei Delikten mit bis zu zehn Jahren Strafandrohung innerhalb von 60, in Fällen mit höherer Strafandrohung innerhalb von 90 Tagen erfolgen. Diese Fristen werden regelmäßig überschritten. Festnahmen erfolgen jedoch häufig aus Gründen der präventiven Gefahrenabwehr sowie im Rahmen der Sondergesetze zur inneren Sicherheit, z.B. aufgrund des Gesetzes über nationale Sicherheit ("National Security Act", 1956) oder des lokalen Gesetzes über öffentliche Sicherheit ("Jammu and Kashmir Public Safety Act", 1978). Festgenommene Personen können auf Grundlage dieser Gesetze bis zu einem bzw. zwei Jahren (in Fällen des Public Safety Act) ohne Anklage in Präventivhaft gehalten werden. Auch zur Zeugenvernehmung können gemäß Strafprozessordnung Personen über mehrere Tage festgehalten werden, sofern eine Fluchtgefahr besteht. Fälle von Sippenhaft sind nicht bekannt (AA 23.9.2020).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass unerlaubte Ermittlungsmethoden angewendet werden, insbesondere um ein Geständnis zu erlangen. Das gilt insbesondere bei Fällen mit terroristischem oder politischem Hintergrund oder solchen mit besonderem öffentlichem Interesse. Es ist nicht unüblich, dass Häftlinge misshandelt werden, in einigen Fällen sogar mit Todesfolge. Folter durch Polizeibeamte, Armee und paramilitärische Einheiten bleibt häufig ungeahndet, weil die Opfer ihre Rechte nicht kennen oder eingeschüchtert werden (AA 23.9.2020).
Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung, ausgenommen bei Anwendung des "Unlawful Activities Prevention Act (UAPA)", und sie haben das Recht, ihren Anwalt frei zu wählen. Das Strafgesetz sieht öffentliche Verhandlungen vor, außer in Verfahren, in denen die Aussagen Staatsgeheimnisse oder die Staatssicherheit betreffen können. Es gibt kostenfreie Rechtsberatung für bedürftige Angeklagte, aber in der Praxis ist der Zugang zu kompetenter Beratung oft begrenzt. Gerichte sind verpflichtet Urteile öffentlich zu verkünden und es gibt effektive Wege der Berufung auf beinahe allen Ebenen der Justiz. Angeklagte haben das Recht, die Aussage zu verweigern und sich nicht schuldig zu bekennen (USDOS 30.3.2021).
Gerichtliche Ladungen in strafrechtlichen Angelegenheiten sind im Criminal Procedure Code 1973 (CrPC, Chapter 4, §§61-69), in zivilrechtlichen Angelegenheiten im Code of Civil Procedure 1908/2002 geregelt. Jede Ladung muss schriftlich, in zweifacher Ausführung ausgestellt sein, vom vorsitzenden Richter unterfertigt und mit Gerichtssiegel versehen sein. Ladungen werden gemäß CrPC prinzipiell durch einen Polizeibeamten oder durch einen Gerichtsbeamten an den Betroffenen persönlich zugestellt. Dieser hat den Erhalt zu bestätigen. In Abwesenheit kann die Ladung an ein erwachsenes männliches Mitglied der Familie übergeben werden, welches den Erhalt bestätigt. Falls die Ladung nicht zugestellt werden kann, wird eine Kopie der Ladung an die Residenz des Geladenen sichtbar angebracht. Danach entscheidet das Gericht, ob die Ladung rechtmäßig erfolgt ist, oder ob eine neue Ladung erfolgen wird. Eine Kopie der Ladung kann zusätzlich per Post an die Heim- oder Arbeitsadresse des Betroffenen eingeschrieben geschickt werden. Falls dem Gericht bekannt wird, dass der Betroffene die Annahme der Ladung verweigert hat, gilt die Ladung dennoch als zugestellt. Gemäß Code of Civil Procedure kann die Ladung des Gerichtes auch über ein gerichtlich genehmigtes Kurierservice erfolgen (ÖB 9.2020).
Indische Einzelpersonen - oder NGOs im Namen von Einzelpersonen oder Gruppen - können sogenannte Rechtsstreitpetitionen von öffentlichem Interesse ("Public Interest Litigation petitions", PIL) bei jedem Gericht einreichen, oder beim Obersten Bundesgericht, dem „Supreme Court“ einbringen, um rechtliche Wiedergutmachung für öffentliche Rechtsverletzungen einzufordern (CM 2.8.2017).
Im ländlichen Indien gibt es auch informelle Ratssitzungen, deren Entscheidungen manchmal zu Gewalt gegen Personen führt, die soziale Regeln brechen - was besonders Frauen und Angehörige unterer Kasten betrifft (FH 3.3.2021).
Sicherheitsbehörden
Letzte Änderung: 31.05.2021
Die indische Polizei (Indian Police Service) ist keine direkte Strafverfolgungs- oder Vollzugsbehörde (BICC 1.2021) und untersteht den Bundesstaaten (AA 23.9.2020). Sie fungiert vielmehr als Ausbildungs- und Rekrutierungsstelle für Führungsoffiziere der Polizei in den Bundesstaaten. Im Hinblick auf die föderalen Strukturen ist die Polizei dezentral in den einzelnen Bundesstaaten organisiert. Die einzelnen Einheiten haben jedoch angesichts eines nationalen Polizeigesetzes, zahlreichen nationalen Strafrechten und der zentralen Rekrutierungsstelle für Führungskräfte eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Allgemein ist die Polizei mit der Strafverfolgung, Verbrechensprävention und -bekämpfung sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung betraut und übt gleichzeitig eine teilweise Kontrolle über die verschiedenen Geheimdienste aus. Innerhalb der Polizei gibt es eine Kriminalpolizei (Criminal Investigation Department - CID), in die wiederum eine Sondereinheit (Special Branch) integriert ist. Während erstere mit nationalen und die Bundesstaaten übergreifenden Verbrechen betraut ist, hat die Sondereinheit Informationsbeschaffung und Überwachung jeglicher subversiver Elemente und Personen zur Aufgabe. In fast allen Bundesstaaten sind spezielle Polizeieinheiten aufgestellt worden, die sich mit Frauen und Kindern beschäftigen. Kontrolliert wird ein Großteil der Strafverfolgungsbehörden vom Innenministerium (Ministry of Home Affairs) (BICC 1.2021).
Ein Mangel an Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Polizei entsteht neben den strukturellen Defiziten auch durch häufige Berichte über Menschenrechtsverletzungen wie Folter, außergerichtliche Tötungen und Drohungen, die mutmaßlich durch die Polizei verübt wurden (BICC 1.2021; vgl. FH 3.3.2021). Es gibt zwar Ermittlungen und Verfolgungen von Einzelfällen, aber eine unzureichende Durchsetzung wie auch ein Mangel an ausgebildeten Polizeibeamten tragen zu einer geringen Effizienz bei (USDOS 30.3.2021). Es mangelt nach wie vor an Verantwortlichkeit für Misshandlung durch die Polizei und an der Durchsetzung von Polizeireformen (HRW 13.1.2021).
Das indische Militär ist der zivilen Verwaltung unterstellt und hat in der Vergangenheit wenig Interesse an einer politischen Rolle gezeigt. Der Oberbefehl obliegt dem Präsidenten. Ihrem Selbstverständnis nach ist die Armee zwar die „Beschützerin der Nation“, aber nur im militärischen Sinne (BICC 1.2021). Das Militär kann im Inland eingesetzt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit notwendig ist (AA 23.9.2020; vgl. BICC 1.2021). Paramilitärischen Einheiten werden als Teil der Streitkräfte, vor allem bei internen Konflikten eingesetzt, so in Jammu und Kaschmir sowie in den nordöstlichen Bundesstaaten. Bei diesen Einsätzen kommt es oft zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen (BICC 1.2021).
Den Sicherheitskräften, sowohl der Polizei, den paramilitärischen Einheiten als auch dem Militär, werden schwere Menschenrechtsverletzungen bei ihren Einsätzen in den Krisengebieten des Landes nachgesagt (BICC 7.2020).
Für den Einsatz von Streitkräften - vor allem von Landstreitkräften - in Unruhegebieten und gegen Terroristen wird als Rechtsgrundlage der "Armed Forces Special Powers Act" (AFSPA) zur Aufrechterhaltung von „Recht und Ordnung“ herangezogen (USDOS 30.3.2021). Das Gesetz gibt den Sicherheitskräften in „Unruhegebieten“ weitgehende Befugnisse zum Gebrauch von Gewalt, zu Festnahmen ohne Haftbefehl und Durchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl (AA 23.9.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Das Gesetz zur Verhinderung ungesetzlicher Aktivitäten (Unlawful Activities Prevention Act, UAPA) gibt den Behörden die Möglichkeit, Personen in Fällen im Zusammenhang mit Aufständen oder Terrorismus festzuhalten (USDOS 30.3.2021). Den Sicherheitskräften wird durch den Armed Forces (Special Powers) Act selbst bei schweren Menschenrechtsverletzungen (HRW 13.1.2021) weitgehende Immunität vor Strafverfolgung gewährt (AA 23.9.2020; vgl. FH 3.3.2021, USDOS 30.3.2021).
Im Juli 2016 ließ das Oberste Gericht in einem Zwischenurteil zum AFSPA in Manipur erste Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes erkennen. Der Schutz der Menschenrechte sei auch unter den Regelungen des AFSPA unbedingt zu gewährleisten. Das umstrittene Sonderermächtigungsgesetz wurde im April 2018 für den Bundesstaat Meghalaya aufgehoben, im Bundesstaat Arunachal Pradesh auf acht Polizeidistrikte beschränkt und ist seit April 2019 in drei weiteren Polizeidistrikten von Arunachal Pradesh teilweise aufgehoben. Unverändert in Kraft ist es in folgenden als Unruhegebiete geltenden Staaten: Assam, Nagaland sowie in Teilen von Manipur. Für den Bundesstaat Jammu und Kashmir existiert eine eigene Fassung (AA 23.9.2020).
Die unter anderem auch in den von linksextremistischen Gruppen (sogenannten Naxaliten) betroffenen Bundesstaaten Zentralindiens eingesetzten paramilitärischen Einheiten Indiens unterstehen zu weiten Teilen dem Innenministerium (AA 23.9.2020). Dazu zählen insbesondere die National Security Guard (NSG), aus Angehörigen des Heeres und der Polizei zusammengestellte Spezialtruppe für Personenschutz, auch als "Black Cat" bekannt, die Rashtriya Rifles, eine Spezialtruppe zum Schutz der Verkehrs- und Nachrichtenverbindungen bei inneren Unruhen und zur Bekämpfung von bewaffneten Rebellionen, die Central Reserve Police Force (CRPF) - die Bundesreservepolizei, eine militärisch ausgerüstete Polizeitruppe für Sondereinsätze - die Border Security Force (BSF - Bundesgrenzschutz) als größte und am besten ausgestattete Miliz zum Schutz der Grenzen zu Pakistan, Bangladesch und Myanmar. Sie wird aber auch zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung in anderen Landesteilen eingesetzt. Die sogenannten Assam Rifles sind zuständig für Grenzverteidigung im Nordosten - die Indo-Tibetan Border Force (ITBP) werden als Indo-Tibetische Grenzpolizei, die Küstenwache und die Railway Protective Force zum Schutz der nationalen Eisenbahn und die Central Industrial Security Force zum Werkschutz der Staatsbetriebe verantwortlich (ÖB 9.2020). Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 23.9.2020).
Die Grenzspezialkräfte ("Special Frontier Force") unterstehen dem Büro des Premierministers. Die sogenannten Grenzspezialkräfte sind eine Eliteeinheit, die an sensiblen Abschnitten im Grenzgebiet zu China eingesetzt werden. Sie agieren im Rahmen der Geheimdienste, des sogenannten Aufklärungsbüros ("Intelligence Bureau" - Inlandsgeheimdienst) und dem Forschungs- und Analyseflügel ("Research and Analysis Wing" - Auslandsgeheimdienst) (War Heros of India, 15.1.2017).
Folter und unmenschliche Behandlung
Letzte Änderung: 31.05.2021
Indien hat im Jahr 1997 das UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe unterzeichnet, jedoch bisher nicht ratifiziert (AA 23.9.2020). Es sind außerdem keine für die Ratifizierung notwendigen Änderungen der nationalen Gesetzgebung eingeleitet worden (BICC 1.2021). Ein Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Folter (Bill on the Prevention of Torture), welcher innerstaatliche Voraussetzung der Ratifizierung der UN Anti-Folterkonvention ist, wurde vom Parlament bisher nicht verabschiedet (AA 23.9.2020; vgl. FH 3.3.2021).
Folter ist in Indien zwar verboten (AA 23.9.2020) und der indische Staat verfolgt Folterer grundsätzlich und veranstaltet Kampagnen zur Bewusstseinsbildung bei den Sicherheitskräften, doch bleiben Menschenrechtsverletzungen von Polizeibeamten und paramilitärischen Einheiten häufig ungeahndet und führen nicht einmal zu Ermittlungsverfahren, weil Opfer ihre Rechte nicht kennen, eingeschüchtert werden oder die Folter nicht überleben (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020). Besonders gefährdet sind Angehörige unterer Kasten und andere sozial benachteiligte Bevölkerungsschichten (ÖB 9.2020; vgl. FH 3.3.2021). Es gibt Berichte, dass Folter im Beobachtungszeitraum angewendet wurde (USDOS 30.3.2021). Die der Nationalen Menschenrechtskommission gemeldeten Zahlen lassen darauf schließen, dass sich im Jahr 2019 1.723 Todesfälle in richterlichem oder polizeilichem Gewahrsam ereignet haben (FH 3.3.2021).
Aufgrund von Folter erlangte Aussagen sind zwar vor Gericht nicht zur Verwertung zugelassen (AA 23.9.2020), es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass unerlaubte Ermittlungsmethoden angewendet werden, insbesondere um ein Geständnis zu erlangene (AA 23.9.2020). Trotz der Trainings für Senior Police Officers, bleiben willkürliche Verhaftungen, Folter und erzwungene Geständnisse durch Sicherheitskräfte verbreitet (ÖB 9.2020).
Es kommt immer wieder zu willkürlichen Übergriffen der Staatsorgane, insbesondere der Polizeikräfte, vor allem gegenüber Häftlingen in Polizeigewahrsam, die unter Umständen auch tödlich enden (TIE 24.9.2020). In einigen Fällen wird von willkürlichen und nicht gemeldeten Verhaftungen berichtet, bei denen dem Verhafteten mitunter ausreichend Wasser und Nahrung vorenthalten werden. Von Ausnahmen abgesehen, werden gesetzeswidrige Handlungen in diesem Bereich geahndet. Die angerufenen Gerichte haben hierbei in den letzten Jahren verstärkt Verantwortung gezeigt, zumal NGOs und die Presse kritisch über die ihnen bekannt gewordenen Fälle berichten. Auch über Übergriffe der Militärs und der paramilitärischen Gruppen bei ihren Einsätzen im Inneren (vor allem in Jammu und Kaschmir sowie in Indiens Nordosten) berichten Menschenrechtsorganisationen und die Nationale Menschenrechtskommission. Auch diese werden vereinzelt (militär-) gerichtlich geahndet, Prozess und Prozessausgang bleiben allerdings geheim (ÖB 9.2020).
Gelegentlich wird auch von Tötungen bei gestellten Zwischenfällen (sog. "encounter killings") berichtet. So wurden in einem aufsehenerregenden Fall im Dezember 2019 in Hyderabad vier einer Gruppenvergewaltigung und des Mordes beschuldigte Verdächtigte von der Polizei bei einem angeblichen Lokalaugenscheines "auf der Flucht" erschossen. Die Tat wurde von Teilen der Gesellschaft und einigen Politikern explizit begrüßt (AA 23.9.2020).
Fälle von Folter in Polizeigewahrsam und außergerichtlichen Tötungen machten deutlich, dass es nach wie vor an Verantwortlichkeit für polizeiliche Übergriffe mangelt und Polizeireformen nicht durchgesetzt werden können (HRW 13.1.2021).
Korruption
Letzte Änderung: 31.05.2021
Korruption ist weit verbreitet (AA 23.9.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Indien scheint im Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index) von Transparency International (TI) im Jahre 2020 mit einer Bewertung von 40 (von 100) (0 sehr korrupt, 100 kaum korrupt) auf dem 86. Platz von 180 Staaten auf (2019: Bewertung 40, 80. Rang von 180 Staaten) (TI 2021; vgl. TI 2020).
NGOs berichten, dass üblicherweise Bestechungsgelder bezahlt werden, um Dienstleistungen wie Polizeischutz, Schuleinschreibung, Zugang zu Wasserversorgung oder Beihilfen zu beschleunigen (USDOS 30.3.2021). Die unteren Bereiche des Gerichtswesens sind von Korruption betroffen und die meisten Bürger haben Schwierigkeiten, Recht durch die Gerichte zu erhalten (FH 3.4.2020). Korruption ist auf allen Regierungsebenen vertreten (USDOS 30.3.2021).
Obwohl Politiker und Beamte regelmäßig bei der Entgegennahme von Bestechungsgeldern erwischt werden, gibt es zahlreiche Korruptionsfälle, die unbemerkt und unbestraft bleiben (FH 3.3.2021). Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Dienst vor, in der Praxis kommen Staatsdiener mit korrupten Praktiken häufig straflos davon (USDOS 30.3.2021).
Groß angelegte politische Korruptionsskandale haben wiederholt Bestechlichkeit und anderes Fehlverhalten aufgedeckt, doch wird den Behörden eine selektive, parteiische Durchsetzung bei Bestrafungen vorgeworfen (FH 3.3.2021).
Die Regierung berichtet, dass zwischen März 2019 und Februar 2020 insgesamt 12.458 Korruptionsbeschwerden gemeldet worden sind. Von diesen wurden 12.066 Fälle behandelt oder aufgeklärt. Darüber hinaus wird durch die Regierung festgestellt, dass durch die Central Vigilance Commission, die sich mit Korruption in der Regierung befasst, im Jahr 2019 insgesamt 2.752 Fälle überprüft wurden. Mehr als 950 Fälle waren 2019 noch nicht abgeschlossen (USDOS 30.3.2021). Ende 2020 waren davon noch knapp 590 Fälle beim Central Bureau of Investigation (CBI) seit über einem Jahr zur Untersuchung anhängig. Sechs davon betreffen Personen des politischen Lebens (TET 11.2.2021).
Eine von Transparency International und Local Circles durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass ein Einsatz von Bestechungsgeldern immer noch das effizienteste Mittel darstellt, um die Arbeit von Regierungsstellen abzuwickeln. Die Zahl jener Personen, die zugaben, ein Bestechungsgeld bei Behörden erlegt zu haben, lag 2019 bei 51 Prozent (2017: 45 Prozent). Die drei korruptionsanfälligsten Bereiche sind Grundbucheintragungen und Grundstücksangelegenheiten, sowie die Polizei und die kommunalen Vertretungen (IT 26.11.2019; vgl. IT 11.10.2018).
[…]
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung: 31.05.2021
Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 23.9.2020). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 9.2020). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 23.9.2020). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden. Es gibt glaubhafte Berichte über extralegale Tötungen (AA 23.9.2020).
Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 1.2021). Eine verallgemeinernde Bewertung der Menschenrechtslage ist für Indien kaum möglich: Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 23.9.2020). Während die Bürger-und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatisti-sche Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsver-letzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entfüh-rungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hin-richtungen vorgeworfen. Es gibt Befürchtungen, dass die neue, drakonische Anti-Terror-Gesetzgebung die Menschenrechtslage verschlimmern wird und dass diese Gesetze gegen politische Gegner missbraucht werden. Frauen, Mitglieder ethnischer undreligiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert. Den Sicherheitskräften wird Parteilichkeit vorgeworfen, besonders hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten. Die Stimmung wird durch hindu-nationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 1.2021 vgl. USDOS 30.3.2021, FH 3.3.2021, ÖB 9.2020).
Menschenrechtsprobleme umfassen unter anderem Hinweise auf willkürliche Hinrichtungen, Verschleppung, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet. Gesellschaftliche Gewalt auf der Grundlage von Konfession und Kaste gibt nach wie vor Anlass zur Sorge. Muslime und Dalit-Gruppen aus den unteren Kasten sind auch weiterhin am stärksten gefährdet (USDOS 30.3.2021). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tief verwurzelte soziale Praktiken, nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 23.9.2020).
In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein (USDOS 10.6.2020), Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 30.3.2021).
[…]
Todesstrafe
Letzte Änderung: 31.05.2021
Gemäß Art. 53 Strafgesetzbuch von 1860 (Indian Penal Code) gilt für bestimmte Verbrechen die Todesstrafe (Mord, Hochverrat, Anstiftung zu Selbstmord eines Kindes, terroristische Gewalttat, Besitz von tödlichem Sprengstoff, wiederholter Drogenhandel, Vergewaltigung von Kindern etc.). In Militärgesetzen ist die Todesstrafe als Regelstrafe für schwere Fälle von Kollaboration, Meuterei und Fahnenflucht vorgesehen. Ende 2001 trat eine Änderung des Sprengstoffgesetzes in Kraft, die den Besitz tödlicher Sprengstoffe mit der Todesstrafe bedroht. Die Antiterrorgesetzgebung sieht für „terroristische Straftaten“, durch die Menschen zu Tode kommen, ebenfalls die Todesstrafe vor (AA 23.9.2020). Vergewaltigungen von Mädchen unter zwölf Jahren können seit August 2018 zwar mit der Todesstrafe geahndet werden (AA 19.7.2019), doch wird der Umsetzung dieser Forderung einhergehende, rechtliche Möglichkeiten für Überlebende sexueller Gewalt am Land, wie Stigmatisierung, Angst vor Vergeltung, feindselige oder abweisende Reaktionen durch die Polizei und mangelnder Zugang zu angemessener rechtlicher und medizinischer Unterstützung nicht ausreichend berücksichtigt (HRW 13.1.2021).
Die indische Regierung hat im Jahr 2012 das inoffizielle Memorandum in Bezug auf die Todesstrafe aufgehoben (HRW 22.11.2012). Der Supreme Court stellte 2018 die Verfassungsmäßigkeit der Todesstrafe nicht infrage, rief die Gerichte aber zu einer besonders sorgfältigen Prüfung der Fälle ("rarest of rare cases") auf (ÖB 9.2020; vgl. AA 19.7.2019). 2020 wurden 77 Personen zum Tode verurteilt (vgl. 2019: 102 Todesurteile) (AI 4.2021; vgl. ÖB 9.2020, AI 21.4.2020).
Am 20.3.2020 wurden vier Todesurteile im Fall einer 2012 begangenen Gruppenvergewaltigung vollstreckt (AA 23.9.2020; vgl. ZO 20.3.2020, BBC 20.3.2020, IT 20.3.2020). Die Hinrichtungen wurden in den letzten Monaten durch Einsprüche und Gnadengesuche der Verurteilten immer wieder verschoben. Der aus der schrittweisen Abarbeitung der Rechtsbehelfe resultierende Aufschub - trotz enormen Drucks aus Politik und Öffentlichkeit - demonstriert das prinzipielle funktionieren des indischen Rechtsstaates (AA 23.9.2020). Es waren dies die ersten Hinrichtungen seit dem Jahr 2015 (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020).
Etwa 370 bis 500 zum Tode verurteilte Gefangene sitzen in den Haftanstalten des Landes ein (AI 4.2021; vgl. HRW 18.1.2018, DW 5.5.2017, AA 23.9.2020, CLS 22.4.2020).
Religionsfreiheit
Letzte Änderung: 31.05.2021
Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit (USDOS 10.6.2020; vgl. AA 23.9.2020), sieht einen säkularen Staat vor, fordert den Staat auf, alle Religionen unparteiisch zu behandeln und verbietet Diskriminierung auf religiöser Basis. Nationales und bundesstaatliches Recht gewähren die Religionsfreiheit jedoch unter dem Vorbehalt der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral (USDOS 10.6.2020).
Neben den vier Religionen indischen Ursprungs - dem Hinduismus, dem Buddhismus, dem Jainismus und dem Sikhismus - gibt es in Indien den Islam und das Christentum sowie noch wenige andere Religionen. Die Inder sind laut dem indischen Zensus von 2011 zu 79,8 Prozent Hindus, 14,2 Prozent Muslime, 2,3 Prozent Christen und zu 1,7 Prozent Sikhs. Die restlichen 2 Prozent verteilen sich auf die anderen Religionsgemeinschaften (GIZ 1.2021d). Das friedliche Nebeneinander im multiethnischen und multireligiösen Indien ist zwar die Norm, allerdings sind in einigen Unionsstaaten religiöse Minderheiten immer wieder das Ziel fundamentalistischer Fanatiker, oft auch mit Unterstützung lokaler Politiker (ÖB 9.2020). Muslime, Sikhs, Christen, Parsis, Janais und Buddhisten gelten als gesetzlich anerkannte Minderheitengruppen unter den religiösen Gruppierungen (USDOS 10.6.2020). Das Gesetz legt fest, dass die Regierung die Existenz dieser religiösen Minderheiten schützt und Konditionen für die Förderung ihrer individuellen Identitäten begünstigt. Bundesstaatliche Regierungen sind dazu befugt, religiösen Gruppen gesetzlich den Status von Minderheiten zuzuerkennen (USDOS 10.6.2020).
Trotz des insgesamt friedlichen Zusammenlebens existieren zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften Spannungen, die in der Vergangenheit auch zu massiven Gewaltausbrüchen („riots“, Pogrome) führten (AA 23.9.2020). Im Jahr 2019 verschlechterten sich die Bedingungen für Religionsfreiheit weiter drastisch und religiöse Minderheiten werden zunehmend bedroht. Nach der Wiederwahl der Bharatiya Janata Party (BJP) im Mai nutzte die nationale Regierung ihre gestärkte parlamentarische Mehrheit, um auf nationaler Ebene die Religionsfreiheit einzuschränken. Besonders betroffen von diesen Maßnahmen sind Angehörige der Muslime (USCIRF 4.2020). Berichten zufolge kommt es zu religiös motivierten Diskriminierungen, Morden, Überfällen, Unruhen, Zwangskonversionen, Aktionen, die das Recht des Einzelnen auf Ausübung seiner religiösen Überzeugung einschränken sollen sowie zu Diskriminierung und Vandalismus (USDOS 10.6.2020). In den letzten Jahren häufen sich Berichte, wonach die Religionszugehörigkeit noch mehr als zuvor zu einem bestimmenden Identitätsmerkmal für den Einzelnen in der indischen Gesellschaft wird, wodurch Angehörige religiöser Minderheiten ein Gefühl des Ausgeschlossen-Werdens entwickeln (AA 23.9.2020). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als „communal violence“ bezeichnet (ÖB 9.2020).
Gewalt gegen religiöse Minderheiten, wurde 2017 in Indien zu einer zunehmenden Bedrohung (HRW 18.1.2018), doch hat es die Regierung verabsäumt, Richtlinien des Obersten Gerichtshofs zur Verhinderung, wie auch der Untersuchung von Angriffen auf religiöse Minderheiten und andere gefährdete Gemeinschaften, welche häufig von BJP-Anhängern angeführt werden, umzusetzen (HRW 14.1.2020). 2019 hat es die Regierung verabsäumt, die Vorgaben des Obersten Gerichtshofs zur Verhinderung und Aufklärung von Übergriffen des in vielen Fällen von Bharatiya Janata Party (BJP)-Anhängern angeführten Mobs auf religiöse Minderheiten und andere vulnerable Bevölkerungsgruppen umzusetzen (HRW 14.1.2020).
Die Gesetzgebung in mehreren Staaten mit hinduistischer Mehrheit verbietet religiöse Konversion, die aus Zwang oder "Verlockung" erfolgt, was sehr weit ausgelegt werden kann, um Personen, die missionarisch tätig sind, zu verfolgen, manche Bundesstaaten fordern für Konversion eine Genehmigung der Regierung (FH 3.3.2021). Neun der 28 Bundesstaaten haben Gesetze, die religiöse Konversion einschränken: Arunachal Pradesh, Chhattisgarh, Gujarat, Himachal Pradesh, Jharkhand, Madhya Pradesh, Odisha, Rajasthan und Uttarakhand. Ein solches Gesetz in Rajasthan, das 2008 verabschiedet wurde, wurde 2017 von der Zentralregierung zurückgewiesen und ist nach wie vor nicht implementiert. Im August 2019 fügte die Legislative des Bundesstaates Himachal Pradesh "Nötigung" der Liste der Konversionsverbrechen hinzu, die auch Bekehrung durch "Betrug", "Gewalt" und "Anstiftung" umfassen. Die Definition von "Verführung" wurde erweitert und umfasst nun auch „das Angebot einer Versuchung“ (USDOS 10.6.2020).
Die Nationale Kommission für Minderheiten, welcher Vertreter der sechs ausgewiesenen religiösen Minderheiten und der Nationalen Menschenrechtskommission angehören, untersucht Vorwürfe von religiöser Diskriminierung. Das Ministerium für Minderheitenangelegenheiten ist auch befugt, Untersuchungen anzustellen. Diese Stellen verfügen jedoch über keine Durchsetzungsbefugnisse, sondern legen ihre gewonnenen Erkenntnisse zu Untersuchungen auf Grundlage schriftlicher Klagen durch Beschwerdeführer bei, welche strafrechtliche oder zivilrechtliche Verstöße geltend machen, und legen ihre Ergebnisse den Strafverfolgungsbehörden zur Stellungnahme vor. 18 der 28 Bundesstaaten des Landes und das National Capital Territory of Delhi verfügen über staatliche Minderheitenkommissionen, die auch Vorwürfe religiöser Diskriminierung untersuchen (USDOS 10.6.2020).
Personenstandsgesetze gelten nur für bestimmte Religionsgemeinschaften in Fragen der Ehe, Scheidung, Adoption und Vererbung. Das hinduistische, das christliche, das Parsi und das islamische Personenstandsgesetz sind rechtlich anerkannt und gerichtlich durchsetzbar (USDOS 10.6.2020).
Der Wahlsieg der Hindu-nationalistischen BJP im Jahr 2014 löste in der Öffentlichkeit eine intensive Diskussion über das Spannungsfeld zwischen den Werten einer säkularen Verfassung und einer in Teilen zutiefst religiösen Bevölkerung aus; und ging auch mit der Zunahme eines strammen (Hindu-) Nationalismus einher. Den erneuten deutlichen Wahlsieg der BJP 2019 sehen einzelne Gruppen daher mit Sorge (AA 23.9.2020).
Nach Angaben des Innenministeriums (MHA) fanden zwischen 2008 und 2017 7.484 Vorfälle gemeinschaftlicher Gewalt statt, bei denen mehr als 1.100 Menschen getötet wurden. Daten des Innenministeriums für 2018 bis 2019 liegen nicht vor, doch halten Vorfälle kommunaler Gewalt an (USDOS 10.6.2020). Hassverbrechen, gegen religiöse Minderheiten werden zumeist ungestraft begangen (AI 7.4.2021).
Christen
Letzte Änderung: 31.05.2021
2,3 Prozent der Inder sind Christen (GIZ 1.2021d). Christliche Bevölkerungsanteile finden sich im gesamten Land, aber in größerer Konzentration im Nordosten und in den südlichen Bundesstaaten Kerala, Tamil Nadu und Goa. In drei kleinen Bundesstaaten im Nordosten (Nagaland, Mizoram, und Meghalaya) stellen die Christen die Mehrheit (USDOS 10.6.2020).
Verschiedenen Quellen zufolge kommt es christlichen Gemeinden gegenüber zu Fällen von Gewalt und Belästigungen (USDOS 10.6.2020; vgl. CWS 17.2.2020). Kirchen werden immer häufiger das Ziel von Anschlägen (LZ 3.12.2019) in Form von Lynchjustiz, die zumeist über soziale Medien organisiert werden (USCIRF 4.2020).
Berichte christlicher Organisationen (z. B. von Missio) beschäftigen sich mit der Lage von Christen in Indien und fokussieren neben den Anti-Konversionsgesetzen insbesondere auf immer wieder vorkommende Gewalttaten gegen Christen. Einige christliche Organisationen vermelden einen Anstieg von Gewalt gegen Christen, wobei häufig die Methodik und die Datengrundlage der vorgelegten Berichte auch außerhalb Indiens kritisiert werden. Offiziell dokumentierte Zahlen gibt es nicht (AA 23.9.2020). In einigen Unionsstaaten wie gab es immer wieder Übergriffe gegen christliche Dörfer. Diese Gewaltaktionen gehen auf das Konto extremer Hindu-Organisationen, die keine andere Religion als den Hinduismus tolerieren und die durch Hetzkampagnen der lokalen Politiker gegen die "zum Christentum Konvertierten" dazu aufgestachelt werden (ÖB 9.2020).
Laut Alliance for Defending Freedom India (ADF) verzeichnete die Notrufnummer des United Christian Forum im Jahr 2019 mehr als 300 Fälle von Massengewalt gegen Christen aller Denominationen im Land. Die NGO Persecution Relief berichtete für das Jahr 2019 über 527 Fälle von Verfolgung gegen Christen, verglichen mit 477 im Jahr 2018. Die NGO berichtete, dass die häufigsten Formen der Verfolgung „Drohungen, Belästigungen und Einschüchterungen“ seien, auf die 199 von 527 Vorfällen entfielen. Sie gab auch an, dass die Zahl der Vorfälle im Laufe des Jahres um 60 Prozent höher war als die 2016 gemeldete Zahlen (USDOS 10.6.2020). Im Zeitraum 1. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 wurden zwölf Christen ermordet. Die Angriffe auf Kirchen und religiöse Besitztümer hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt und liegt nun bei 76 Fällen, 45 Häuser von Christen wurden bei Anschlägen beschädigt. Mindestens 72 Christen wurden aufgrund ihres Glaubens festgenommen. Mindestens 15 Christinnen wurden Opfer von Vergewaltigung (OD o.D.).
Seit Beginn der zweiten Amtszeit von Indiens Premierminister Narendra Modi im Mai 2019 habe es eine Serie von Gewalttaten gegen Christen in Uttar Pradesh und fünf weiteren Bundesstaaten gegeben. Christen werfen der Bharatiya Janata Party (BJP) vor, im Namen der Religion begangene Gewalttaten zu dulden (DS 31.7.2019).
Während die Verfassung das Recht auf religiöse Bekehrungen schützt, haben zehn Bundesstaaten Anti-Bekehrungsgesetze, die eine Bekehrung unter Strafe stellen. Es bestehen viele vage Formulierungen, die als Verbot von einvernehmlichen Bekehrungen interpretiert werden können. 2019 hat der BJP-regierte Bundesstaat Himachal Pradesh die Strafen für Zwangskonversionen erhöht (USCIRF 4.2020). Anti-Konversionsgesetze werden routinemäßig eingesetzt, um Gewalt gegen christliche Ziele zu rechtfertigen und Feindseligkeiten gegenüber Minderheiten zu erzeugen (CWS 9.2018).
Groß angelegte, sogenannte "Homecoming-Zeremonien", das sind religiöse Rückkonversionen, werden landesweit von Vertretern der Sangh Parivar angeführt. Diese behaupten "Beschützer" der Hindutva-Ideologie zu sein und begründen die Fortsetzung dieser Kampagnen damit, dass alle Inder ursprünglich Hindus waren und später aus Zwang oder durch Verlockungen zum Christentum oder zum Islam konvertierten (CWS 9.2018).
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Sikhs
Letzte Änderung: 31.05.2021
In Indien leben rund 20,8 Millionen Sikhs. Der Sikhismus ist die vorherrschende Religion im Bundesstaat Punjab (ca. 16 Millionen Menschen) mit bedeutenden Bevölkerungszahlen in Haryana (1,2 Millionen), Delhi (570.581), Rajasthan (872.930), Uttar Pradesh (643.500) und Uttarakhand (295.530) (DFAT 10.12.2020).
Die Sikhs (60 Prozent der Bevölkerung des Punjabs), stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen (auch bundesweit – praktisch alle indischen Generalstabschefs der Bundesarmee waren bisher Sikhs) offen (ÖB 9.2020).
In der Verfassung werden Sikhs, Buddhisten und Jains im Hinduismus zusammengefasst. Der Sikhismus stellt also rechtlich keine eigenständige Religion dar. Streitpunkte zwischen den Sikh-Gruppen ist das Ausmaß in dem die Autonomie eines unabhängigen Sikh-Staates, bekannt als "Khalistan", unterstützt werden soll (DFAT 10.12.2020). Im Dezember 2019 verabschiedete das Parlament das Citizenship (Amendment) Act (CAA), dass einen beschleunigten Weg zur Staatsbürgerschaft für Sikhs vorsieht (USDOS 30.3.2021).
Die sezessionistische Terrorbewegung für ein unabhängiges "Khalistan" wurde 1993 zerschlagen. Es gibt allerdings Anzeichen von konzertierten Versuchen militanter Sikh-Gruppierungen im Ausland gemeinsam mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI, die militante Bewegung in Punjab wieder zu beleben, auch wenn der harte Kern der in Indien verbotenen Sikh-Gruppierungen wie der Babbar Khalsa International (BKI) in andere Unionsstaaten bzw. nach Pakistan ausgewichen ist. Unterstützung in finanzieller- und logistischer Form erfolgt insbesondere aus Pakistan (vom Geheimdienst ISI) und vom westlichen Ausland (UK, Deutschland, Kanada usw.) (ÖB 9.2020).
Andere in Indien verbotenen militanten Sikh-Organisationen sind: Babbar Khalsa International, Khalistan Commando Force, Khalistan Zindabad Force und International Sikh Youth Federation. Aktive Mitglieder von verbotenen militanten Sikh-Gruppierungen müssen mit polizeilicher Verfolgung rechnen (ÖB 9.2020). Indischen Geheimdienstinformationen zufolge werden BKI-Militante in Pakistan von islamischen Terrorgruppen wie Lashkar-e-Toiba (LeT) trainiert. Angeblich hat der BKI gemeinsam mit der LeT im pakistanischen West Punjab ein gemeinsames Büro errichtet. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der militanten Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 9.2020). Es erfolgen jedoch Verhaftungen, sobald jemand offen eine verbotene Organisation (z.B. die Bewegung Khalistan) untersützt (ÖB 9.2020).
Sikhs können Ziele von örtlich begrenzter Diskriminierung sein. Es wird angenommen, dass Sikhs in Indien im Allgemeinen einem geringes Maß an offizieller und gesellschaftlicher Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind (DFAT 10.12.2020). Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass Sikhs alleine auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit von der Polizei willkürlich verhaftet oder misshandelt würden (ÖB 9.2020). Doch werden die seit Monaten in Indien andauernden Bauernproteste gegen die von der Regierung verabschiedeten Gesetze zur Liberalisierung des Agrarsektors auch von den Sikhs im Punjab, die vom bisherigen System profitierten, mitgetragen. Das hissen einer Sikh-Flagge im Roten Fort in Delhi interpretiert die indische Regierung als Beteiligung der "Khalistan-Bewegung" an den Protesten (BAMF 22.3.2021). Gegen protestierende Angehörige der Sikhs wurden Ermittlungen wegen ihrer angeblichen Verbindung zu separatistischen Gruppen einleitet (HRW 19.2.2021).
Ethnische Minderheiten
Letzte Änderung: 31.05.2021
Minderheiten sind nach indischem Recht als religiöse und sprachliche Minderheiten definiert (ÖB 9.2020).
Obwohl laut Verfassung die Kastendiskriminierung verboten ist, bleibt die Registrierung zum Zwecke positiver Förderprogramme bestehen, und die Regierung betreibt weiterhin verschiedene Programme, um Mitglieder niederer Kasten zu stärken (USDOS 30.3.2021). Besonders auf dem Land bleiben Diskriminierungen aufgrund der Kastenzugehörigkeit jedoch weit verbreitet (BAMF 30.9.2019). Kritiker behaupten, dass viele der Unterstützungsprogramme zur Förderung Angehöriger der unteren Kasten an den Folgen einer mangelhafter Umsetzung und Korruption leiden (USDOS 30.3.2021).
Noch immer werden in Indien – trotz umfangreicher Förderprogramme und verfassungsmäßigem Verbot der Benachteiligung aufgrund von Kastenzugehörigkeit – Angehörige von niederen Kasten und Kastenlose (sogenannte Dalits, offiziell: „Scheduled Castes“, rund 16,6 Prozent der Gesamtbevölkerung) diskriminiert. Diese Benachteiligung ist in der Struktur der indischen Gesellschaft angelegt, fußt auf sozialen und religiösen Traditionen und verläuft vielfach implizit (AA 23.9.2020).
Mob-geleitete Gewaltakte gegenüber Angehörige von Minderheiten durch extremistische Hindu-Gruppen, die der regierenden BJP (Bharatiya Janata Party) angehören, setzten sich das ganze Jahr 2019 über fort (HRW 14.1.2020). Die Lage für Minderheiten und benachteiligte Gruppen hat sich im letzten Jahr verschlechtert, was auch - aber nicht nur - Konsequenz der Politik der im Frühjahr 2019 mit großer Mehrheit wiedergewählten Regierung von Premierminister Modi ist. Dennoch gilt: Trotz vieler, teils durchaus gravierender Defizite im Menschenrechtsbereich ist die Stabilität Indiens als rechtsstaatliche Demokratie mit weitgehenden individuellen Freiheitsrechten – besonders im regionalen Vergleich – nicht gefährdet (AA 23.9.2020).
Zum Schutz der benachteiligten Gruppen und zur Gewährleistung ihrer Repräsentation im Unterhaus des Parlaments, muss jeder Bundesstaat Sitze für die geschützten Kasten und Stämme in Proportion zur Bevölkerung des Staates reservieren. Nur Kandidaten, die diesen Gruppen angehören dürfen an den Wahlen in den reservierten Wahlkreisen teilnehmen. Mitglieder der Minderheitenbevölkerung dienten als Premierminister, Vizepräsidenten, Richter des Obersten Gerichts und Mitglieder des Parlaments (USDOS 30.3.2021).
Im Nordosten des Landes, sind die Auseinandersetzungen um den Zugang zu Land und die Verteilung der Erträge vor allem ethno-politischer Natur. Die Hauptursachen, die auf die britische Kolonialzeit zurückgehen, liegen zum einen in der wirtschaftlichen Abhängigkeit, Rückständigkeit und politischen Marginalisierung der Region und zum anderen in den Konflikten zwischen den kulturell und ethnisch sehr unterschiedlichen Stammes- und Bevölkerungsgruppen. Die Nordostregion unterscheidet sich kulturell und ethnisch erheblich vom restlichen Indien. Bis heute fühlt sich die lokale Bevölkerung um ihre wirtschaftliche und politische Macht betrogen. Dies erklärt auch den Widerstand gegen (illegale) Einwanderung aus Bangladesch und das neue Staatsbürgerschaftsgesetz. Auch bei der Schaffung der indischen Bundesstaaten wurden die Interessen der lokalen Bevölkerung sowie die Siedlungsgebiete der unterschiedlichen Stämme und Ethnien nur unzureichend berücksichtigt. Die indische Regierung reagierte auf die Aufstände zunächst mit massiver Militärpräsenz. Vor diesem Hintergrund hat sich der Nordosten zum Nährboden für separatistische Bestrebungen und Konflikte entwickelt (BPB 28.9.2020). Die Situation von Kindern aus sozial und wirtschaftlich marginalisierten Gemeinschaften bleiben weiterhin in ganz Indien ein ernsthaftes Problem (HRW 17.1.2019).
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Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung: 31.05.2021
Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 23.9.2020), allerdings verlangen Zentralregierung und die Bundesstaatenregierungen vor Reiseantritt von indischen Staatsbürgern spezielle Genehmigungen, um bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen betreten zu dürfen (USDOS 30.3.2021). Darüber hinaus wird von Einschränkungen der Bewegungsfreiheit für Angehörige der Dalits berichtet. Auch sind die Regierungen der Bundesstaaten angewiesen, die Bewegungsfreiheit der Rohingya auf bestimmte Orte zu beschränken (USDOS 30.3.2021).
Die Regierung kann jedem Antragsteller per Gesetz die Ausstellung eines Reisepasses verweigern, wenn der Antragsteller an Aktivitäten außerhalb des Landes teilnimmt, "die der Souveränität und Integrität der Nation abträglich sind". Der Trend, die Ausfertigung und Aktualisierung von Reisedokumenten für Bürger aus Jammu und Kaschmir zu verzögern, hält weiterhin an. Eine Bearbeitung kann bis zu zwei Jahre dauern. Berichten zufolge unterziehen die Behörden in Jammu und Kaschmir geborene Antragsteller, einschließlich der Kinder von dort stationierten Militäroffizieren, zusätzliche Sicherheitsüberprüfungen, bevor sie entsprechende Reisedokumente ausstellen (USDOS 30.3.2021).
Angesichts massiv gestiegener COVID-19-Infektionszahlen können nächtliche Ausgangssperren oder Lockdowns in allen Städten/Bundesstaaten ohne lange Vorankündigung verhängt werden (BMEIA 10.5.2021). Zunehmend werden Ausgangssperren orts- und lageabhängig verhängt. Viele Bundesstaaten führen zudem oft kurzfristig Einreisebeschränkungen und Kontrollmaßnahmen sowie sonstige einschränkende Maßnahmen ein. Das Verbindungsangebot des nationalen Eisenbahn- und Flugverkehrs ist gegenwärtig stark reduziert, die Einreise auf dem Landweg ist weiterhin nicht möglich (AA 30.4.2021).
Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem (DFAT 10.12.2020), sodass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss. Die Einführung der Aadhaar-Karte im Jahre 2009 hat hieran nichts geändert, da die Registrierung nach wie vor auf freiwilliger Basis erfolgt (AA 23.9.2020). In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, sodass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 9.2020).
Meldewesen
Letzte Änderung: 31.05.2021
Noch gibt es in Indien kein nationales Melderegister bzw. Staatsbürgerschaftsregister (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020, DFAT 10.12.2021). Allerdings besteht für alle Einwohner (auch ausländische StaatsbürgerInnen) die freiwillige Möglichkeit, sich umfassend mittels Aadhaar (12-stellige, individuelle Nummer) registrieren zu lassen (ÖB 9.2020). Flüchtlinge sind von dieser Möglichkeit jedoch ausgeschlossen (USDOS 30.3.2021). Als Sicherheitsmaßnahme für die Registrierung dienen ein digitales Foto, Fingerabdrücke aller 10 Finger sowie ein Irisscan. Mittels Aadhaar ist es dann möglich, Sozialleistungen von der öffentlichen Hand zu erhalten. Auf Grund der umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen (Irisscan, Fingerabrücke) ist das System relativ fälschungssicher. Mittlerweile wurden über 1,2 Mrd. Aadhaar-Registrierungen vorgenommen, womit ein Großteil der indischen Bevölkerung erfasst ist (ÖB 9.2020).
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Grundversorgung und Wirtschaft
Letzte Änderung: 31.05.2021
Die Anzahl jener Personen, die in Indien unter der absoluten Armutsgrenze (1,90 USD/Tag Kaufkraft) leben, konnte zwischen 2012 und 2019 von 256 Mio. auf 76 Mio. reduziert werden. Gemäß Schätzungen könnten durch die COVID-Krise allerdings bis zu 200 Millionen Menschen wieder in die absolute Armut zurückgedrängt werden (ÖB 9.2020).
Im Geschäftsjahr 2020/21 (1.April 2020 – 31.März 2021) brach Indiens BIP Wachstum mit einem Minus von sieben bis neun Prozent deutlich ein. Der massivste Wachstumsrückgang seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1947, verdeutlicht die Auswirkungen der strengen Lockdown Maßnahmen in der ersten sechs Monaten des Vorjahres (WKO 4.2021; vgl. TIE 26.1.2021). 80 Prozent der Arbeiterschaft im informellen Sektor während des Lockdown ihre Arbeit verloren (AAAI 8.2020). Hundertausende Wanderarbeiter flohen in den Wochen danach aus den Städten. Weil auch der Zug- und Bahnverkehr von der Regierung ausgesetzt wurde, müssten viele Arbeiter zum Teil auf den Autobahnen und Gleisen Hunderte Kilometer zu Fuß in ihre Dörfer zurücklegen. Hunderte starben dabei (HO 28.4.2021). Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen sind für die Armen besonders gravierend (SZ 25.1.2021; vgl. HO 28.4.2021).
Ab Oktober 2020 konnte wieder ein starker Wachstumsanstieg verzeichnet werden. Die Investitionsförderungsprogramm der Regierung und die Erleichterung der Vergabebedingungen für Investitionskredite haben sehr wesentlich zum Wiederanspringen der Konjunktur beigetragen (WKO 4.2021). Für 2021 wird ein Wirtschaftswachstum von mehr als sieben Prozent erwartet (TIE 26.1.2021).
Der indische Arbeitsmarkt wird durch den informellen Sektor dominiert. Er umfasst Familien- und Kleinbetriebe der Landwirtschaft, des produzierenden Gewerbes sowie des Dienstleistungsbereichs und unterliegt keiner Kontrolle oder Besteuerung des Staates. Infolgedessen bestehen in diesem Bereich keine rechtsverbindlichen Bestimmungen oder formal geregelte Arbeitsverhältnisse. Annähernd 90 Prozent der Beschäftigten werden dem informellen Sektor zugerechnet – sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (Wienmann 2019; vgl. AAAI 8.2020).
Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle frei ist (BAMF 2020; vgl. PIB 23.7.2018). Einige Bundesstaaten geben Arbeitssuchenden eine finanzielle Unterstützung für die Dauer von drei Jahren. Für weitere Informationen sollte die jeweilige lokale Vermittlungsagentur kontaktiert werden. Diese bieten auch Beratungen an, bei denen sie Informationen zu Verfügung stellen (BAMF 2020).
Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zumeist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an, die sich ebenfalls an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat). Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmern ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 2020).
Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz (AA 23.9.2020). Ein Programm, demzufolge 800 Mio. Menschen gratis Lebensmittelrationen erhalten (also etwa 2/3 der Bevölkerung) wurde bis November 2020 verlängert. Die Ausmaße dieses Programms verdeutlichen, wie hart Indien von der COVID-Krise und dem damit verbundenen Einbruch der Wirtschaft betroffen ist (ÖB 9.2020).
Im September 2018 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des biometrischen Identifikationsprojekts Aadhaar. Im Juli 2019 verabschiedete das Parlament Änderungen zum Aadhaar-Gesetz. Damit wird der Weg für den Einsatz der Daten durch private Nutzer frei. Die geplanten Änderungen gaben Anlass zur Besorgnis hinsichtlich der Privatsphäre und des Datenschutzes und wurden angesichts eines Entscheids des Obersten Gerichtshofs vom September 2018 vorgenommen, welcher eine Nutzung von Aadhaar für andere Zwecke als den Zugang zu staatlichen Leistungen und die Erhebung von Steuern beschränkt (HRW 14.1.2020). Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 rund 1,2 Milliarden indischer Bürger eine Aadhaar-ID ausgestellt (ORF 27.9.2018; vgl. DFAT 10.12.2020). Ursprünglich wurde das System eingeführt, um Steuerbetrug entgegenzuwirken. In den folgenden Jahren wurde der Umfang jedoch stark ausgeweitet: In einigen indischen Bundesstaaten werden mittels Aadhaar Pensionen, Stipendien und die Essensausgabe für arme Menschen abgewickelt (ORF 27.9.2018). Um eine Aadhaar-Karte zu erhalten, sind keine umfangreichen Unterlagen erforderlich, und es stehen mehrere Optionen zur Verfügung, wodurch sie auch für ärmere Bürger ohne Papiere zugänglich ist. Die Verwendung biometrischer Daten, einschließlich Gesichtsauthentifizierung, Iris und Fingerabdruck, soll die doppelte Vergabe von UIDs an ein und dieselbe Person reduzieren oder verhindern. Während es möglich sein kann, eine Aadhaar-Karte unter falschem Namen zu erhalten, ist es weniger wahrscheinlich, dass eine Person mit denselben biometrischen Daten eine zweite Aadhaar-Karte unter einem anderen Namen erhalten kann (DFAT 10.12.2020). Aadhaar stellt für den Großteil der Bevölkerung den einzigen Zugang zu einem staatlich anerkannten Ausweis dar. Diejenigen, die sich bei Aadhaar angemeldet haben, erhielten nach der Übermittlung ihrer Fingerabdrücke und Netzhautscans eine eindeutige zwölfstellige Identifikationsnummer (BBC 26.9.2018; vgl. DFAT 10.12.2020). Die Aadhaar-Karte selbst ist kein sicheres Dokument, da sie auf Papier gedruckt wird, und obwohl sie nicht wie ein Personalausweis behandelt werden sollte, ist sie es in der Praxis doch (DFAT 10.12.2020).
Menschenrechtsgruppen äußern Bedenken, dass die Bedingungen zur Registrierung für Aadhaar arme und marginalisierte Menschen daran hindern, wesentliche, verfassungsmäßig garantierte Dienstleistungen wie etwa Nahrung und Gesundheitsversorgung zu erhalten (HRW 13.1.2018).
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 31.05.2021
Indiens Gesundheitssystem steht bedingt durch einem akuten Mangel an Infrastruktur, einem Mangel an qualifiziertem Personal im Gesundheitssektor vor einer Reihe von Herausforderungen. Artikel 47 der Verfassung überträgt den Bundesstaaten die Verantwortung für die Anhebung des Ernährungs- und Lebensstandards sowie für die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit. Infolgedessen besteht eine große Diskrepanz zwischen den Leistungen des gesundheitssektors der einzelnen Bundesstaaten, wie auch zwischen städtischen und ländlichen Gebieten (DFAT 10.12.2020).
Eine gesundheitliche Minimalversorgung wird vom Staat im Prinzip kostenfrei gewährt (ÖB 9.2020; vgl. BAMF 2020). Sie ist aber durchwegs unzureichend (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020). Einige wenige private Krankenhäuser in den größten Städten gewährleisten europäische Standards. Im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut (AA 23.9.2020). Darüber hinaus gibt es viele weitere Institutionen, die bezahlbare Behandlungen anbieten (BAMF 2020). Ebenfalls gibt es Gemeindegesundheitszentren und spezialisierte Kliniken. Diese sind für alle möglichen generellen Gesundheitsfragen ausgestattet und bilden die Basis des Gesundheitswesens in städtischen Gegenden. Sie werden von der Regierung betrieben und nehmen auf Empfehlung der Ersteinrichtungen Patienten auf. Jede dieser Einrichtungen ist für 120.000 Menschen aus städtischen bzw. 80.000 Patienten aus abgeschiedenen Orten zuständig. Für weitere Behandlungen können Patienten von den Gemeindegesundheitszentren zu Allgemeinkrankenhäusern transferiert werden. Die Zentren besitzen daher auch die Funktion einer Erstüberweisungseinrichtung. Sie sind dazu verpflichtet, durchgängig Neugeborenen- bzw. Kinderfürsorge zu leisten sowie Blutkonservenvorräte zu besitzen. Für den Rest der Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben (BAMF 2020).
Seit 2017 sind landesweit 5.624 Gemeindegesundheitszentren verfügbar. Die Zentralregierung in New Delhi betreibt auch 189 Aam Aadmi Mohalla-Kliniken für die medizinische Grundversorgung. Staatliche Gesundheitszentren bilden die Basis des öffentlichen Gesundheitswesens. Dies sind meist Ein-Personen-Kliniken, die auch kleine Operationen anbieten. Diese Zentren sind grundsätzlich in der Nähe aller Dörfer zu finden. Insgesamt gibt es mehr als 25.650 solcher Kliniken in Indien. 60 Prozent dieser Kliniken werden lediglich von nur einem Arzt betrieben. Einige Zentren besitzen spezielle Schwerpunkte, darunter Programme zu Kinder-Schutzimpfungen, Seuchenbekämpfung, Verhütung, Schwangerschaft und bestimmte Notfälle (BAMF 2020).
Von den Patienten wird viel Geduld abverlangt, da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Gesundheitssektors sehr groß ist. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen fortschrittlicher Infrastruktur und qualifizierterem Personal einen besseren Ruf, ein Großteil der Bevölkerung kann sich diesen aber nicht leisten. In allen größeren Städten gibt es Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich. Fast alle gängigen Medikamente sind in Indien (meist als Generika westlicher Produkte) auf dem Markt erhältlich. Für den (relativ geringen) Teil der Bevölkerung, welcher sich in einem formellen Arbeitsverhältnis befindet, besteht das Konzept der sozialen Absicherung aus Beitragszahlungen in staatliche Kassen sowie einer Anzahl von – vom Arbeitgeber zu entrichtenden – diversen Pauschalbeträgen. Abgedeckt werden dadurch Zahlungen für Renten, Krankenversicherung, Mutterkarenz sowie Abfindungen für Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit (ÖB 9.2020). Für 10.000 Inder stehen 0,8 praktizierende Ärzte (StBA 16.12.2020) und 0,5 Klinikbetten je tausend Einwohnern zur Verfügung (StBA 16.12.2020; vgl. GTAI 23.4.2020). Zwölf indische Bundesstaaten (Bihar, Jharkhand, Gujarat, Uttar Pradesh, Andhra Pradesh, Chhattisgarh, Madhya Pradesh, Haryana, Maharashtra, Odisha, Assam und Manipur), in denen etwa 70 Prozent der gesamten Bevölkerung Indiens leben, verfügen über weniger als den nationalen Durchschnitt von 55 öffentlichen Krankenhausbetten pro 100.000 Einwohner (DFAT 10.12.2020).
Im September 2019 wurde mit der Einführung des indienweiten Pradhan Mantri Jan Arogya Abhiyaan begonnen (auch "Modicare" genannt), einer Krankenversicherung, die insgesamt 500 Millionen Staatsbürger umfassen soll, welche sich ansonsten keine Krankenversicherung leisten können. Diese Krankenversicherung deckt die wichtigsten Risiken und Kosten ab. Dazu kommen noch verschiedene öffentliche Krankenversicherungen in einzelnen Unionsstaaten mit unterschiedlichem Empfänger- und Leistungsumfang (ÖB 9.2020). Eine private Gesundheitsversorgung ist vergleichbar teuer und die Patienten müssen einen Großteil der Kosten selber zahlen. Für den Zugang zu den Leistungen ist grundsätzlich ein gültiger Personalausweis nötig (Adhaar card, Voter ID, PAN) (BAMF 2020).
Seit Mitte Februar 2021 steigen die Coronavirus-Infektionen in Indien wieder an. Bis dahin hatte sich seit dem vorläufigen Pandemie Höhepunkt im September 2020 die Lage fast wieder normalisiert. In einigen Städten wie z.B. Mumbai und Bangalore und zuletzt auch in New Delhi wurden Eindämmungsmaßnahmen ergriffen, um den Druck auf das das Gesundheitssystem zu reduzieren. Diese Maßnahmen blieben aber, zumindest bisher, sowohl lokal als auch zeitlich beschränkt (WKO 4.2021). Ein Problem in Indien bleiben die Einhaltung der individuellen Vorsichtsmaßnahmen (Abstand halten, Masken tragen und Hände waschen). Sowohl bei politischen Kundgebungen als auch an öffentlichen Feiertagen, wie zuletzt beim Frühlingsfest Holi Ende März, wurde die Maskenpflicht bei weitem nicht flächendeckend eingehalten (WKO 4.2021). Die Regierung will möglichst rasch das landesweite Impfprogramm umsetzen. Im ersten Schritt sollen bis August 2021 insgesamt 300 Millionen Menschen geimpft werden und bis Ende 2022 eine Immunisierung der Bevölkerung erreicht werden. Mit Stand Ende März 2021 sind 63 Millionen Inder geimpft. Personen, die älter als 45 Jahre sind seit 1. April zur Impfung zugelassen (WKO 4.2021).
Die staatliche Krankenversicherung erfasst nur indische StaatsbürgerInnen unterhalb der Armutsgrenze. Für den Rest der Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben. Bekannte Versicherer sind General Insurance, Bharti AAA, HDFC ERGO, Bajaj, Religare, Apollo Munich, New India Assurance, Max Bupa etc. (BAMF 2020).
In Indien sind fast alle gängigen Medikamente auf dem Markt erhältlich (AA 23.9.2020). Apotheken sind in Indien zahlreich und auch in entlegenen Städten vorhanden (BAMF 2020). Die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien ist der weltweit größte Hersteller von Generika und Medikamente kosten einen Bruchteil der Preise in Europa (AA 23.9.2020). Die Kosten für die notwendigsten Medikamente sind staatlich kontrolliert, sodass diese weitreichend erhältlich sind (BAMF 2020).
Rückkehr
Letzte Änderung: 31.05.2021
Allein die Tatsache, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung (AA 23.9.2020; vgl. DFAT 10.12.2020). Abgeschobene erfahren bei der Rückkehr nach Indien von den indischen Behörden grundsätzlich keine nachteiligen Konsequenzen, abgesehen von einer Prüfung der Papiere und gelegentlichen Befragung durch die Sicherheitsbehörden. Gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020).
Aktivisten, die im Ausland eine in Indien verbotene terroristische Vereinigung unterstützen, werden hierfür nach ihrer Rückkehr strafrechtlich verfolgt, sofern ihre Aktivitäten den indischen Behörden bekannt geworden sind. Es ist strafbar, zu Terrorgruppen Kontakte zu unterhalten oder an Handlungen beteiligt zu sein, die die Souveränität, Integrität oder Sicherheit Indiens gefährden. Menschenrechtsorganisationen berichten über Schikanen der indischen Polizei gegen Personen, die wegen terroristischer Aktivitäten verurteilt wurden, selbst wenn diese ihre Strafe bereits verbüßt haben (ÖB 9.2020). Auslandsaktivitäten bestimmter Gruppen (Sikhs, Kaschmiris) werden von indischer Seite beobachtet und registriert (ÖB 9.2020).
Indien verfügt über kein zentrales Meldesystem, das es der Behörde ermöglicht, den Aufenthaltsort von Einwohnern im eigenen Bundesstaat zu überprüfen, geschweige denn in einem der anderen Bundesstaaten oder Unionsterritorien (DFAT 10.12.2020). Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder von Bekannten angewiesen (ÖB 9.2020).“
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu der Staatsangehörigkeit und der Volksgruppen- sowie Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren (Seiten 4 und 6 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung), an denen kein Grund zu zweifeln besteht. Die Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers ergeben sich ebenso aus seinen gleichbleibenden Angaben im Verfahren (Seite 4 der Niederschrift der Verhandlung; AS 3 und 69). Zu den von einer anonymen Person übermittelten Kopien von Seiten eines indischen Reisepasses lautend auf den Beschwerdeführer bzw. zu den beiden in diesem Zusammenhang von der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers gestellten Anträgen (Überprüfung des in der Reisepasskopie ersichtlichen Schengenvisums, das vom Schlepper gefälscht worden sei und nicht vom Beschwerdeführer in der belgischen Botschaft in Neu-Delhi beantragt worden sei – Seite 6 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, sowie „Einholung eines LIB oder einer Auskunft bei der Botschaft“ zur Echtheit des Schengenvisums sowie zur Person, welche dieses beantragt hat – Seite 26 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) ist festzuhalten, dass die beantragten Ermittlungen mangels Erheblichkeit unterbleiben konnten. Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers erfolgt unter Würdigung seiner Angaben im gesamten Verfahren sowie der vorgelegten, in Zusammenhang mit seinem Fluchtvorbringen sowie seiner Integration in Österreich stehenden Unterlagen (siehe unten); eine Relevanz der Tatsache, ob der Beschwerdeführer über einen Reisepass verfügt oder nicht, besteht nicht, zumal der Beschwerdeführer lediglich eine Verfolgung durch Privatpersonen über einen längeren Zeitraum, nicht aber durch die indischen Behörden vorbrachte (siehe unten).
Die Feststellungen zum Herkunfts- und Aufenthaltsort, der Schulbildung, der Berufserfahrung, den Familienangehörigen und den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den dahingehend im Wesentlichen gleichbleibenden und plausiblen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren (Seiten 6 bis 9 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung; AS 3, 5 und 71). Die in der Stellungnahme vom 02.12.2021 völlig unsubstantiiert aufgestellte Behauptung, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine Person handle, welche keinerlei Vermögen mehr in Indien besitze und vor dem finanziellen und kulturellen Nichts stehen würde, ist angesichts der ausdrücklichen eigenen Angaben des Beschwerdeführers, zuletzt in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 25.11.2021, nicht nachvollziehbar (siehe im Übrigen zur Möglichkeit der Rückkehr nach Indien unten).
Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und seinen Deutschkenntnissen ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen (insbesondere Beilage ./A der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) in Verbindung mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers (Seiten 17 und 20f der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) und Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister.
Die Feststellungen zum Familienstand und den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers sowie den Lebensumständen seiner in Österreich lebenden Familienangehörigen ergeben sich aus den plausiblen und übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Seiten 4, 17 bis 19 und 27 bis 33) und den damit im Einklang stehenden, vorgelegten Unterlagen (insbesondere Heiratsurkunde des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, Geburtsurkunde des Kindes des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, Mietvertrag des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau für eine Wohnung – Beilage ./A der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, und Kopie des Aufenthaltstitels der Ehefrau des Beschwerdeführers – OZ 7) in Verbindung mit Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister betreffend den Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen.
Die Feststellungen zum Bezug von Grundversorgungsleistungen und den wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers (Seiten 17, 21 und 23f der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) in Verbindung mit den diesbezüglich vorgelegten Unterlagen (insbesondere Einkommenssteuerbescheide, Auszüge aus dem Gewerbeinformationssystem, Umsatzsteuerbescheid 2020, Unbedenklichkeitsbescheinigung der SVS, Frachtvereinbarung, Werkverträge des Beschwerdeführers und Auszahlungsjournale – Beilage ./A der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, OZ 7) und einer Einsichtnahme in das Grundversorgungs-Informationssystem.
Die Feststellung zu den sozialen Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus seinen eigenen, vor dem Hintergrund seiner Aktivitäten und seines Aufenthalts in Österreich plausiblen Angaben im Verfahren (Seite 24 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung).
Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (Seite 3 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) und dem Umstand, dass Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers im Verfahren nicht behauptet wurden und auch sonst nicht hervorgekommen sind, in Verbindung mit den in Österreich verrichteten Tätigkeiten des Beschwerdeführers (siehe oben).
Die Feststellung zur Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister.
2.2. Zu den Feststellungen hinsichtlich des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers:
Das Bundesverwaltungsgericht geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des dabei gewonnenen persönlichen Eindrucks der erkennenden Richterin davon aus, dass der Beschwerdeführer in Indien nicht individuell und konkret bedroht oder verfolgt worden ist und im Fall einer Rückkehr nach Indien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt ist.
Der Beschwerdeführer brachte zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst vor, dass er von einem Nachbarn seit dem Jahr 2008 regelmäßig angezeigt und in der Folge auch attackiert worden sei, weil dieser den Beschwerdeführer und seine Familie beschuldigt habe, sein Kind umgebracht zu haben; zuletzt sei der Beschwerdeführer im Jahr 2013 attackiert worden. Außerdem habe er seit dem Jahr 2009 eine Freundin gehabt, die Christin gewesen sei; er selbst sei aber Sikh, weshalb ihre Familien gegen eine Heirat gewesen seien. Er sei von den Familienangehörigen seiner Freundin bedroht worden.
Zunächst ist auffällig, dass der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung am 21.05.2015 zu seinen Fluchtgründen nur vorbrachte, seit dem Jahr 2009 eine Freundin gehabt zu haben, die Christin gewesen sei. Ihre Familienangehörigen seien jedoch gegen eine Heirat des Beschwerdeführers und seiner Freundin gewesen, weil der Beschwerdeführer Sikh sei, und hätten sie den Beschwerdeführer verfolgt und mit dem Tod bedroht (AS 11). In weiterer Folge steigerte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sein Fluchtvorbringen dahingehend, dass er zusätzlich zur behaupteten Verfolgung durch die Familienangehörigen seiner Freundin erstmals angab, seit dem Jahr 2008 regelmäßig von seinem Nachbarn angezeigt worden zu sein, weil dieser die Familie des Beschwerdeführers beschuldigt habe, sein Kind umgebracht zu haben; dieser Nachbar habe einen Unfall verursacht, infolgedessen der Beschwerdeführer sechs Monate im Spital gelegen sei, er habe den Beschwerdeführer zusammengeschlagen und habe ihn auch in Mumbai verfolgt (AS 71 und 73). Gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 dient die Erstbefragung zwar „insbesondere“ der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden und hat sich nicht auf die „näheren“ Fluchtgründe zu beziehen, ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert (vgl. zur Verwertbarkeit von Angaben bei der Erstbefragung etwa VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0252). Es wird daher im vorliegenden Fall zwar nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung nicht in erster Linie auf die Fluchtgründe des Beschwerdeführers bezog und diese nur in aller Kürze angegeben sowie protokolliert wurden. Weshalb der Beschwerdeführer die angebliche Verfolgung durch seinen Nachbarn in seiner Erstbefragung nicht erwähnte, ist jedoch angesichts der Intensität der geschilderten Ereignisse nicht nachvollziehbar und zumindest als (weiteres) Indiz für ein insgesamt nicht glaubhaftes Fluchtvorbringen zu werten.
Auffällig ist weiters, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht einmal ansatzweise in der Lage war, anzugeben, wann ungefähr er seinen Entschluss zur Ausreise aus Indien fasste, sondern lediglich wiederholt erklärte, sich nicht erinnern zu können und am 19.05.2015 nach Österreich gekommen zu sein, bis er schließlich um die Möglichkeit ersuchte, sich dazu mit seiner Rechtsvertretung zu beraten (Seite 9 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Der Beschwerdeführer vermochte nicht einmal den Ort seiner Abreise zu nennen (Seite 10 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) und wiederholte in weiterer Folge wieder nur, sich nicht mehr erinnern zu können (Seite 11 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Demgegenüber hatte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch angegeben, dass er gesehen habe, wie die Familienangehörigen seiner Freundin gekommen seien und deshalb seine Freundin abgeholt habe und mit dieser zu einem Schlepper und weiter nach Delhi gefahren sei. Der Schlepper habe gesagt, dass der Beschwerdeführer zuerst mit einer Gruppe von Männern wegfliege und seine Freundin später nachkomme; seine Freundin sei nun immer noch in Delhi und habe er zuletzt am 03.07.2016 mit ihr gesprochen (AS 73). Dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nicht mehr fähig war, auch nur eine ungefähre Beschreibung dieses vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sehr konkret geschilderten Ablaufs seiner Ausreise anzugeben, spricht jedenfalls gegen die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers, da zu erwarten wäre, dass der Beschwerdeführer trotz des seit seiner Ausreise verstrichenen Zeitraumes zumindest die Eckdaten seiner Ausreise nennen kann, wenn er tatsächlich genötigt gewesen wäre, aus dem Grund der Verfolgung der Familienangehörigen seiner Freundin zu flüchten und seine Freundin, wie vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vermeint, zurückgelassen hätte.
Der Beschwerdeführer setzte dieses Aussageverhalten in der mündlichen Verhandlung weiters auch auf die Aufforderung der Schilderung seiner Fluchtgründe fort [Seite 11 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung: „RI: Was waren denn die Gründe, aus denen Sie Ihre Heimat verlassen haben? BF: Ich habe ein Mädchen geliebt, das aus einer christlichen Familie kommt. Meine Familie war dagegen, dass wir heiraten. Das war das erste Problem. Das zweite Problem ist gewesen … ich kann mich nicht an alles genau erinnern. Ein Kind ist in unserem Dorf gestorben und man hat mich beschuldigt, dass ich dieses Kind getötet hätte. RI: Wann sind diese Vorfälle genau gewesen und was hat sich im Detail zugetragen? BF: Ich kann mich nicht erinnern. RI: Denken Sie in Ruhe nach und sagen Sie mir dann Ihre Fluchtgründe. BF: (BF denkt nach)“]. Die von der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers daraufhin beantragte Einvernahme des vormaligen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers zum Beweis dafür, dass sämtliche Unterlagen das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend bis zum 24.11.2021 bei diesem vorlagen (Seiten 11f der Niederschrift der mündlichen Verhandlung), kann mangels Erheblichkeit dieser Tatsache unterbleiben; der Beschwerdeführer wurde nach seiner Erinnerung an seinen Angaben nach erlebte Ereignisse und nicht nach dem protokollierten Inhalt seiner früheren Aussagen befragt.
Der Beschwerdeführer war in weiterer Folge auch trotz konkreter, gezielt auf sein vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erstattetes Fluchtvorbringen gerichteter Fragen, nicht in der Lage, auch nur grundlegend die angeblichen Fluchtgründe zu schildern, die ihn schließlich zum Verlassen seines Herkunftsstaates bewogen hätten (Seiten 12 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung: „RI: Erzählen Sie mir bitte, seit wann haben Sie das Mädchen gekannt, wie hat sich alles genauer zugetragen und hat Sie jemals irgendjemand bedroht oder gar attackiert? BF: Die genauen Daten weiß ich nicht mehr. Das Mädchen habe ich in einem Spital getroffen. RI: Wann war das ungefähr? War das 5 Jahre oder 5 Monate vor Ihrer Ausreise oder kürzer? BF: Ich weiß es nicht mehr.“). Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angegeben hatte, dass er seine Freundin im Juni 2009 kennengelernt habe, im Jahr 2014 ihre und seine Eltern von ihrer Freundschaft erfahren hätten und er in der Folge vom Bruder seiner Freundin mit dem Tod bedroht worden sei und einen Schlepper aufgesucht habe, als er gesehen habe, dass die Eltern seiner Freundin mit ca. 25 Leuten gekommen seien (AS 72), und außerdem zur angeblichen Verfolgung durch seinen Nachbarn ausgeführt hatte, infolge eines von diesem verursachten Unfalls sechs Monate im Spital gelegen zu sein, wo er die ganze Zeit über von der Polizei überwacht worden sei, weil sein Leben in Gefahr gewesen sei, und zuletzt im August/September 2013 vom Bruder seines Nachbarn mit ca. zehn bis fünfzehn Leuten attackiert worden zu sein (AS 73), wäre zu erwarten, dass der Beschwerdeführer sich an derartige Eingriffe und Ereignisse, hätten diese tatsächlich wie von ihm beschrieben stattgefunden, auch Jahre später zumindest in Grundzügen erinnern würde.
Widersprüchlich zu seinem Vorbringen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, demzufolge er alleine bei einem Anwalt gewesen sei, als er gesehen habe, dass die Familienangehörigen seiner Freundin gekommen seien, weshalb er in weiterer Folge seine Frau vom Hotel geholt habe, vermeinte er zudem in der mündlichen Verhandlung, bei Gericht gewesen zu sein; im Gericht sei er von den Familienangehörigen seiner Freundin geschlagen worden (Seite 14 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung).
Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte der Beschwerdeführer weiters erklärt, gemeinsam mit seiner Freundin nach Delhi gefahren zu sein, um mit ihr ins Ausland zu reisen, wobei seine Freundin zunächst zurückgeblieben sei und er zuletzt am 03.07.2016 mit ihr gesprochen habe, als sie nach wie vor in Delhi gewesen sei (AS 73). Gegensätzlich dazu gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, seit seiner Flucht vom Gericht keinen Kontakt mehr mit seiner Freundin gehabt zu haben (Seite 14 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung).
Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist außerdem insofern nicht plausibel, als nicht nachvollziehbar ist, weshalb gerade der Beschwerdeführer von seinem Nachbarn attackiert worden sein sollte, obwohl dieser die gesamte Familie des Beschwerdeführers beschuldigt habe, und es den Familienangehörigen des Beschwerdeführers problemlos möglich (gewesen) sei, weiter am Herkunftsort zu leben (AS 71 und 73).
Schließlich brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung keinerlei konkrete Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr nach Indien vor, sondern vermeinte er zunächst nur vage, es könnte alles passieren, und sagte in weiterer Folge bloß aus, mit seiner Familie in Österreich bleiben zu wollen (Seiten 14f der Niederschrift der mündlichen Verhandlung), bis er letztlich angab, es könne sein, dass er dort angegriffen würde, allerdings ohne darzulegen, wer ihn aus welchem Grund „angreifen“ würde (Seiten 15f der Niederschrift der mündlichen Verhandlung).
Zu den vom Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegten, in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht mehr erwähnten Unterlagen (AS 67 und 109ff) ist festzuhalten, dass einerseits der Beschwerdeführer selbst angegeben hatte, dass die Polizei keine Zeugen oder Beweismittel gefunden habe, den Beschwerdeführer im Krankenhaus zu seinem eigenen Schutz überwacht habe und dass der Beschwerdeführer die Bedrohung durch seinen Nachbarn nicht angezeigt habe, da er nicht gewollt habe, dass der Streit eskaliere (AS 73 und 77); dass der Beschwerdeführer gegen die behauptete Bedrohung durch seinen Nachbarn keinen Schutz erhalten hätte, ist aus diesen Angaben nicht zu schließen. Andererseits ist den vorgelegten Unterlagen (AS 109ff) nicht zu entnehmen, dass es überhaupt zu einer wie immer gearteten Bedrohung oder Verfolgung des Beschwerdeführers gekommen wäre; im Gegenteil geht aus diesen hervor, dass der Sohn des Nachbarn des Beschwerdeführers ausgerutscht und in einem See ertrunken sei (AS 121) und der Streit zwischen den Familienangehörigen des Beschwerdeführers und ihrem Nachbarn einvernehmlich beigelegt worden wäre (AS 109). Auch den zum vom Beschwerdeführer geschilderten Vorfall im Jahr 2013, als er in seinem Haus vom Bruder seines Nachbarn und zehn bis fünfzehn Leuten attackiert worden sei (AS 73), vorgelegten Unterlagen ist kein Bezug zu diesem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers oder eine Bedrohung des Beschwerdeführers zu entnehmen (AS 173ff). Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sind daher nicht geeignet, sein erstattetes Fluchtvorbringen zu belegen oder zu unterstützen. Die bloße Tatsache, dass der Beschwerdeführer von seinem Nachbarn angezeigt wurde, begründet – vor dem Hintergrund des dargestellten polizeilichen Vorgehens – jedenfalls keinen derart erheblichen Eingriff in die Sphäre des Beschwerdeführers, der dem Beschwerdeführer die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes (zu dessen Existenz siehe auch noch unten) unzumutbar machen würde.
In einer Gesamtschau ist somit aufgrund der nicht gleichgebliebenen, unplausiblen und gesteigerten Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in der Vergangenheit bzw. aktuell im Fall einer Rückkehr nach Indien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ungerechtfertigte konkrete und individuelle physische und/oder psychische Eingriffe erheblicher Intensität in seine persönliche Sphäre durch seinen Nachbarn und/oder die Familienangehörigen seiner ehemaligen Freundin drohten bzw. drohen.
Selbst für den Fall des Zutreffens der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen – Bedrohung durch seinen ehemaligen Nachbarn und/oder Familienangehörige seiner früheren Freundin – kann sich der Beschwerdeführer überdies in einem andere Teil Indiens, etwa in der Stadt Delhi, niederlassen, wobei diesfalls weder die Familienangehörigen der früheren Freundin des Beschwerdeführers noch der ehemalige Nachbar des Beschwerdeführers in der Lage wären, den Beschwerdeführer zu finden. Die Bewegungsfreiheit innerhalb Indiens ist gewährleistet; zudem gibt es kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in anderen Landesteilen möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss. Die Einführung der Aadhaar-Karte im Jahre 2009 hat daran nichts geändert, da die Registrierung nach wie vor auf freiwilliger Basis erfolgt. Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren zunächst bezüglich der Familienangehörigen seiner ehemaligen Freundin nicht vor, dass diese Kontakte zur Polizei hätten oder sonst in ganz Indien in besonderer Weise vernetzt wären, was auch aus dem vom Beschwerdeführer geschilderten Fluchtvorbringen nicht zu erschließen ist. Inwiefern diese Personen in der Lage sein sollten, den Beschwerdeführer in ganz Indien bzw. konkret in einer Metropole wie Delhi zu finden, ist nicht ersichtlich. Das in Bezug auf seinen Nachbarn erstattete Vorbringen, dass dieser bei der Polizei arbeite und ihn daher auch in Mumbai gefunden habe, weil er die Telefonate des Beschwerdeführers mitgehört habe (AS 73), ist nicht plausibel, zumal der Beschwerdeführer nicht erklärte, woher er dies wisse und auf die Frage, wie ein einfacher Polizist an derartige Daten gelangen könne, nur vage meinte, der Nachbar habe in einem Zentralbüro gearbeitet und dort diese Möglichkeit gehabt (AS 77). Selbst für den Fall des Zutreffens dieser Angaben wäre es dem Beschwerdeführer überdies zumutbar, bei Telefonaten mit seinen Eltern nicht seinen genauen Aufenthaltsort zu nennen. Es ist daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Familienangehörigen seiner früheren Freundin und/oder sein ehemaliger Nachbar in der Lage wären, ihn im Fall einer Ansiedlung in einem anderen Landesteil Indiens zu finden (zur Möglichkeit bzw. Zumutbarkeit unter sonstigen Aspekten siehe noch unten).
Überdies ist den Länderfeststellungen zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer – selbst für den Fall des Zutreffens seiner Angaben – die Möglichkeit hätte, sich an staatliche Institutionen zu wenden, um Hilfe zu erhalten. Konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass die staatlichen Institutionen Indiens im Hinblick auf eine mögliche Verfolgung durch Privatpersonen nicht schutzfähig oder nicht schutzwillig wären, sind aus den vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Informationen zur aktuellen Lage in Indien nicht zu schließen. Den Feststellungen ist zu entnehmen, dass Indien grundsätzlich über ein funktionierendes Rechtsschutz- und Justizwesen sowie Sicherheitswesen verfügt, wobei die Polizei etwa mit Strafverfolgung, Verbrechensprävention und -bekämpfung sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung betraut ist, und ist somit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer wirksamen Schutz der zuständigen Behörden seines Herkunftsstaates vor der behaupteten privaten Verfolgung durch seinen vormaligen Nachbarn und die Familienangehörigen seiner ehemaligen Freundin in Anspruch nehmen könnte. Auch wenn nicht übersehen wird, dass den Länderberichten zufolge Korruption weit verbreitet ist und strukturelle Defizite bestehen, ist den Länderfeststellungen insgesamt zu entnehmen, dass der indische Staat willens und in der Lage ist, Gesetzesübertretungen zu ahnden und seine Bürger vor Übergriffen Privater zu schützen. Diese Einschätzung wird zudem auch durch das Vorbringen des Beschwerdeführers zu dem angeblichen Streit mit seinem ehemaligen Nachbarn, wonach die Polizei keine Zeugen oder Beweismittel gefunden habe, den Beschwerdeführer im Krankenhaus zu seinem eigenen Schutz überwacht habe und der Beschwerdeführer die Bedrohung durch seinen Nachbarn nicht angezeigt habe, da er nicht gewollt habe, dass der Streit eskaliere (AS 73 und 77), sowie die vorgelegten Unterlagen (AS 109ff), aus denen umfassende Ermittlungen der Polizei hervorgehen, bestätigt. Dass der Beschwerdeführer keinen ausreichenden staatlichen Schutz vor der behaupteten Verfolgung durch die genannten Privatpersonen erhalten hätte oder in Zukunft erhalten würde, ist somit nicht ersichtlich, wobei auch der Umstand, dass der ehemalige Nachbar des Beschwerdeführers angeblich bei der Polizei arbeite (AS 73), daran nichts ändert, zumal dieser Umstand mit den vom Beschwerdeführer behaupteten Gründen, aus denen sein Nachbar ihn bedroht habe, nicht in Verbindung steht und der Beschwerdeführer nicht vorbrachte, aus diesem Grund keinen oder weniger Schutz erhalten zu haben und dies auch weder aus dem sonstigen Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. den vorgelegten Unterlagen noch den Länderfeststellungen zu erschließen ist.
2.3. Zu den Feststellungen hinsichtlich einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Indien:
Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Indien gefährdet wäre, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, von der Todesstrafe bedroht wäre oder in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde, sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht substantiiert dargetan:
Wie oben dargelegt, ist der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Indien keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt, sodass unter diesem Aspekt keine Gefährdung des Beschwerdeführers ersichtlich ist.
Aus den gegenständlichen Länderberichten ergibt sich weiters nicht, dass die willkürliche Gewalt im Bundesstaat Punjab oder in Delhi ein Ausmaß erreicht, dass es im Allgemeinen für Zivilisten wahrscheinlich erscheint, dass sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein werden. Im Hinblick auf die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln wird nicht übersehen, dass die Anzahl jener Personen, die in Indien unter der absoluten Armutsgrenze (1,90 USD/Tag Kaufkraft) leben, zwar zwischen 2012 und 2019 von 256 Millionen auf 76 Millionen reduziert werden konnte, allerdings durch die COVID-19-Pandemie bis 200 Millionen Menschen wieder in die absolute Armut zurückgedrängt wurden und 80% der Arbeiterschaft im informellen Sektor, der den indischen Arbeitsmarkt dominiert, während des Lockdowns ihre Arbeit verloren. Es ist aber nicht ersichtlich, dass eine das Überleben sichernde Grundversorgung nicht mehr gewährleistet wäre; die Regierung bietet eine Vielzahl an Sozialhilfen an. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, verfügt über eine insgesamt zwölfjährige Ausbildung, beherrscht die Sprache Punjabi und zudem etwas Hindi und Englisch, stammt aus einer wohlhabenden Familie und verfügt über in Indien erworbene Berufserfahrung im familieneigenen Unternehmen (Vermietung von Hallen für Veranstaltungen, Betrieb einer Bäckerei und Landwirtschaft) sowie überdies in Österreich erworbene Berufserfahrung als Transportunternehmer, was ihm auch in Indien zugutekommt. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Indien an den Herkunftsort oder einer Ansiedlung in anderen Landesteilen, etwa in der Stadt Delhi, in der Lage sein wird, seinen notwendigen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften und sich seine Existenz bzw. einen angemessenen Lebensstandard zu sichern. Zudem verfügt der Beschwerdeführer in Indien auch nach wie vor über Familienangehörige (insbesondere seine Mutter und seine Geschwister), zu denen er Kontakt hat, sodass er daher auf ein Unterstützungsnetzwerk zurückgreifen könnte. Vor diesem Hintergrund und jenem der getroffenen Länderfeststellungen sind daher keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass der Beschwerdeführer in Indien in seiner Existenz bedroht wäre; solches wurde auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht. Es ist dem Beschwerdeführer daher möglich und zumutbar, im Fall einer Rückkehr nach Indien am Herkunftsort oder auch in einer größeren Stadt, etwa Delhi, (wieder) Fuß zu fassen. Landesweite Bewegungsfreiheit ist in Indien grundsätzlich gewährt.
Die notorische Lage in Indien betreffend die COVID-19-Pandemie sowie die Definition von Risikogruppen ergeben sich aus allgemein zugänglichen, wissenschaftsbasierten Informationen von WHO (https://www.who.int ) und CDC (https://www.cdc.gov/ ) sowie auf Basis von Informationen der österreichischen Bundesregierung (https://www.oesterreich.gv.at/?gclid=EAIaIQobChMI0ZWfp52a6QIVRaqaCh2o2gR4EAAYASAAEgL9NfD_BwE ) und aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten. Dabei wird nicht verkannt, dass Indien zu den am schwersten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Ländern weltweit zählt, das staatliche Gesundheitssystem in vielen Landesteilen an seine Grenzen gestoßen ist und in einigen Teilen des Landes von einem Mangel an medizinischem Sauerstoff in Krankenhäusern berichtet wird, auch wenn zumindest in den Ballungszentren die medizinische Versorgung weitgehend aufrechterhalten werden kann. Da der Beschwerdeführer jedoch gesund ist und im Hinblick auf sein Alter sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 angehört, besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Indien eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung erleiden würde. COVID-19-Schutzimpfungen werden überdies sowohl in Österreich als auch – wenngleich aufgrund mangelnder Kapazitäten in verringertem Ausmaß – in Indien durchgeführt.
2.4. Zu den Feststellungen hinsichtlich der maßgeblichen Situation in Indien:
Die Beurteilung der maßgeblichen Situation in Indien stützt sich auf aktuelle Länderberichte, die in Auszügen unter Punkt II.1.4. in diesem Erkenntnis wiedergegeben sind. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
In der mündlichen Verhandlung wurde sichergestellt, dass der Beschwerdeführer bzw. seine Rechtsvertretung über die der gegenständlichen Entscheidung zugrundeliegenden Länderberichte verfügen und eine einwöchige Frist zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme eingeräumt, welche mit Schreiben vom 02.12.2021 wahrgenommen wurde. Dabei wurde vorgebracht, dass im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie von einer dramatischen Situation in Indien, das zu den diesbezüglich am schwersten betroffenen Ländern weltweit gehöre, auszugehen sei, wobei in den Berichten die Delta-Variante noch keine Erwähnung finde. Große Menschenansammlungen seien von der Regierung trotz der dramatischen Zahlen und des Mangels an Impfstoff und medizinischen Hilfsgütern in breiten Teilen des Landes wohlwollend in Kauf genommen worden. Das Gesundheitssystem sei an seine Grenzen gestoßen und sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen; auch die Zahl der an COVID-19 erkrankten Kinder sei enorm angestiegen. Den dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde liegenden Länderfeststellungen wurde damit nicht entgegengetreten (zu den beweiswürdigenden Erwägungen unter Berücksichtigung dieser Länderfeststellungen siehe oben).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig.
3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten):
3.2.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 mwN). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Herkunftsstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 06.09.2018, Ra 2017/18/0055; vgl. auch VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100, mwN).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Herkunftsstaates bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Herkunftsstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (vgl. etwa VwGH 25.09.2018, Ra 2017/01/0203; 26.06.2018, Ra 2018/20/0307, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat asylrelevanten Charakter, wenn der Herkunftsstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. etwa VwGH 12.06.2018, Ra 2018/20/0177; 19.10.2017, Ra 2017/20/0069). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der „Glaubhaftmachung“ im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften im Sinne der ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, das heißt er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beurteilung des rechtlichen Begriffs der Glaubhaftmachung auf der Grundlage positiv getroffener Feststellungen von Seiten des erkennenden Verwaltungsgerichtes vorzunehmen, aber im Fall der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können derartige positive Feststellungen vom Verwaltungsgericht nicht getroffen werden (VwGH 28.06.2016, Ra 2018/19/0262; vgl. auch VwGH 18.11.2015, Ra 2015/18/0237-0240, mwN). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).
Der Antrag ist gemäß § 11 AsylG 2005 abzuweisen, wenn der Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat Schutz gewährleistet werden kann und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann. Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist nach Art. 8 der Statusrichtlinie zu prüfen, ob der Antragsteller in diesen Landesteil sicher und legal reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
3.2.1.2. Wie beweiswürdigend aufgezeigt, kommt dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den behaupteten Fluchtgründen keine Glaubhaftigkeit zu. Es ist dem Beschwerdeführer, wie beweiswürdigend dargelegt, insgesamt nicht gelungen, eine aktuelle asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in seinem Herkunftsstaat glaubhaft darzutun.
Wie ebenso beweiswürdigend ausgeführt, kann sich der Beschwerdeführer zudem – selbst für den Fall des Zutreffens seiner Angaben zum Fluchtgrund – auch in einem anderen Landesteil Indiens, etwa in der Stadt Delhi, niederlassen, wobei weder die Familienangehörigen der früheren Freundin des Beschwerdeführers noch der ehemalige Nachbar des Beschwerdeführers in der Lage wären, den Beschwerdeführer zu finden. Die Ansiedlung in einem anderen Landesteil Indiens, etwa in der Stadt Delhi, ist dem Beschwerdeführer möglich und auch zumutbar, wie unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Beschwerdeführers und vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen aufgezeigt wurde (siehe dazu auch noch unten zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten).
Schließlich kann der Beschwerdeführer sich auch für den Fall des Zutreffens seiner Angaben an die indischen Behörden wenden und würde er seitens dieser wirksamen Schutz vor der behaupteten privaten Verfolgung durch seinen vormaligen Nachbarn und die Familienangehörigen seiner ehemaligen Freundin erhalten. Es ist, wie beweiswürdigend dargelegt, nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer in Indien systematisch keine Hilfe durch die indischen Behörden zukommen würde und wurden keine fallbezogenen Umstände aufgezeigt, die gegen eine Schutzfähigkeit und –willigkeit der indischen Behörden im Allgemeinen sprechen würden. Anhaltspunkte, aus denen zu schließen wäre, dass der Beschwerdeführer aktuell nicht in der Lage wäre, an diesem staatlichen Schutz in Indien wirksam teilzuhaben, sind nicht hervorgekommen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.
3.2.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten):
3.2.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunfts-staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zu den Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie auseinandergesetzt und festgehalten, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Judikatur beginnend mit seinem Urteil vom 18.12.2014, C-542/13, M'Bodj, klargestellt habe, dass die Statusrichtlinie die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nur in Fällen realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs im Sinn des Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden nach Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie bei Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) vorsehe. Nicht umfasst seien dagegen insbesondere Fälle, in denen eine Rückkehr aufgrund allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland – etwa im Gesundheitssystem –, die nicht von Dritten (Akteuren) verursacht würden, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde. Dem nationalen Gesetzgeber sei es – nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union – auch unter Mitbeachtung des Art. 3 Statusrichtlinie verboten, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuerkennen würden (vgl. allerdings zur Zulässigkeit der Erstreckung des Schutzes auf Angehörige eines Schutzberechtigten VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040, unter Hinweis auf EuGH 04.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova).
Im Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, erkannte der Verwaltungsgerichtshof jedoch, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des Gerichtshofes der Euro-päischen Union dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer – unionsrechtlich nicht geforderten – Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der Statusrichtlinie zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben. Der Verwaltungsgerichtshof halte daher an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat – auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht werde – die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen könne.
Ausgehend davon ist demnach zu prüfen, ob im Falle der Rückführung eines Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde und somit zu einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 führt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528; vgl. auch VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053, mwN).
Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. etwa VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0425; 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes).
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, mwN).
In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinzuweisen, wonach es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit Verweis auf EGMR 05.09.2013, I gegen Schweden, Nr. 61 204/09). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
3.2.2.2. Wie die Beweiswürdigung ergeben hat, vermochte der Beschwerdeführer eine Bedrohung im Herkunftsstaat nicht glaubhaft darzutun, weshalb auf Grund des konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers auch keinerlei Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG 2005 erkannt werden kann.
Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 8 AsylG 2005 bedroht wäre.
Unter Berücksichtigung der dem gegenständlichen Erkenntnis zugrundeliegenden Feststellungen zur Lage in Indien sowie den oben zu den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers und zur Situation des Beschwerdeführers im Fall einer Rückkehr dargelegten beweiswürdigenden Erwägungen kann auch nicht angenommen werden, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, der in Indien aufgewachsen ist und über umfangreiche Schulbildung und Arbeitserfahrung verfügt, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geriete. Wie beweiswürdigend dargelegt, ist es dem Beschwerdeführer – vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen – möglich und zumutbar, sich in seinem Herkunftsstaat – am Herkunftsort oder in anderen Landesteilen, wie etwa der Stadt Delhi – den notwendigen Unterhalt bzw. einen angemessenen Lebensstandard zu sichern. Zudem verfügt er im Herkunftsstaat über Familienangehörige, zu denen er Kontakt hat, weshalb auch von daher nicht angenommen werden kann, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage geraten würde. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG nicht.
Eine völlige Perspektivenlosigkeit für den Beschwerdeführer kann somit schlichtweg nicht erkannt werden. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.
Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch aus schlechten Lebensbedingungen keine gegenständlich relevante Gefährdung bzw. Bedrohung abgeleitet werden (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021; vgl. auch VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059, wonach z.B. die Situation einer in einem beheizbaren Zelt von neun Quadratmetern untergebrachten fünfköpfigen Familie zwar als prekär, aber unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK als noch erträglich zu beurteilen sei).
Außergewöhnliche, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene Umstände, angesichts derer die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien die Garantien des Art. 3 EMRK verletzen würde, sind unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt – auch unter Bedachtnahme auf die COVID-19-Pandemie – nicht zu erblicken.
Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass dieser im Fall seiner Rückkehr nach Indien in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr nach Indien an den Herkunftsort möglich ist und ihm zudem auch eine Niederlassung in anderen Landesteilen Indiens, konkret etwa in der Stadt Delhi, möglich und zumutbar ist.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist somit als unbegründet abzuweisen.
3.2.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005):
3.2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
3.2.3.2. Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG nicht seit mindestens einem Jahr geduldet ist, nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen erforderlich ist und der Beschwerdeführer nicht Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können sowie der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist, ist eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 nicht von Amts wegen zu erteilen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ist somit als unbegründet abzuweisen.
3.2.4. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides (Erlassung einer Rückkehrentscheidung):
3.2.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. auch VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben ist nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt, sondern erfasst auch faktische Familienbindungen, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben. Auch eine aufrechte Lebensgemeinschaft fällt unter das von Art. 8 EMRK geschützte Familienleben (VwGH 09.09.2013, 2013/22/0220 mit Hinweis auf E vom 19.03.2013, 2012/21/0178, E vom 30.08.2011, 2009/21/0197, und E vom 21.04.2011, 2011/01/0131). Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern beispielsweise auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; vgl. auch VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN). Es kann jedoch auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen „kann“ und somit schon allein aufgrund eines Aufenthaltes von weniger als drei Jahren von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen gegenüber den privaten Interessen auszugehen wäre (vgl. etwa VwGH 28.01.2016, Ra 2015/21/0191, mwN).
Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216, mwH).
3.2.4.2. Im vorliegenden Fall fällt die gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zu Lasten des Beschwerdeführers aus:
3.2.4.2.1. Zunächst ist zum Privatleben des Beschwerdeführers auszuführen, dass der Beschwerdeführer sich bereits seit Mai 2015 in Österreich aufhält, sodass jedenfalls schon aus diesem Grund von einem nach Art. 8 EMRK geschützten Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen ist. Es ist daher in weiterer Folge die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Privatleben des Beschwerdeführers zu prüfen:
Der Beschwerdeführer hält sich seit der Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutzes im Mai 2015 durchgehend und aufgrund des ihm während des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz zukommenden, vorübergehenden Aufenthaltsrechtes rechtmäßig in Österreich auf; das Verfahren über diesen einzigen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ist seit 19.05.2015 anhängig, ohne dass dem Beschwerdeführer diese Verfahrensdauer zuzurechnen wäre. Der Beschwerdeführer lebt weiters in einer Mietwohnung, ist seit kurz nach seiner Einreise selbständig erwerbstätig, sozialversichert, einkommenssteuerpflichtig und selbsterhaltungsfähig (zuletzt erzielte der Beschwerdeführer im Jahr 2020 aus seinen Gewerbebetrieben Einkünfte in Höhe von 21.090,26 Euro); derzeit betreibt er ein Transportunternehmen, in dem er fünf Angestellte beschäftigt, und hat außerdem Verträge mit mehreren Subunternehmern. Er bezog lediglich von Mai bis Juli 2015 Grundversorgungsleistungen, absolvierte am 24.02.2020 die Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 und kann sich in einfachem Deutsch unterhalten und verfügt in Österreich über soziale Anknüpfungspunkte in Form eines Freundes- und Bekanntenkreises. Im Fall des Beschwerdeführers sind daher nachhaltige integrationsbegründende Aspekte vorhanden, die zu Gunsten eines schützenswerten Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich zu berücksichtigen sind.
Allerdings ist der Beschwerdeführer unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und hat dadurch gegen die öffentliche Ordnung verstoßen. Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seiner privaten Interessen ist aber insbesondere maßgeblich dadurch gemindert, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein musste: Der Beschwerdeführer durfte sich hier bisher nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).
Zum Vorbringen der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus an den Beschwerdeführer sei gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK geboten und sei es evident, dass der Beschwerdeführer durch seinen Fleiß maßgeblich auch erstens an der Versorgung vieler Apotheken mit Medikamenten, die vor allem in der Pandemie notwendig seien, mitwirke und darüber hinaus der Beschwerdeführer seinen gesellschaftlichen Beitrag leiste, indem er Steuern abführe, Dienstnehmer beschäftige und dafür sorge, dass Sozialversicherungsbeiträge geleistet würden (Seiten 25f der Niederschrift der mündlichen Verhandlung), ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen: Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich zur Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG bereits festgehalten, dass die Berücksichtigung einer Berufsausübung als öffentliches Interesse zugunsten des Fremden unzulässig ist und es maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste; es muss unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht akzeptiert werden, dass der Fremde mit seinem Verhalten letztlich versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen (VwGH 22.01.2021, Ra 2020/20/0426).
Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).
Den privaten Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich stehen starke Bindungen zu Indien gegenüber: Der Beschwerdeführer ist in Indien, im Bundesstaat Punjab, geboren und dort bis zu seiner Ausreise im März 2015 aufgewachsen. Er absolvierte in Indien Schulbildung im Umfang von zehn Jahren und besuchte im Anschluss zwei Jahre ein College. Er arbeitete weiters in Indien im familieneigenen Unternehmen (Vermietung von Hallen für Veranstaltungen, Betrieb einer Bäckerei und Landwirtschaft); die Familie des Beschwerdeführers in Indien war bzw. ist wohlhabend. Der Vater, der Bruder und die beiden Schwestern des Beschwerdeführers leben ebenso wie zahlreiche Onkeln und Tanten des Beschwerdeführers nach wie vor in Indien; der Beschwerdeführer hat zu seinen Familienangehörigen regelmäßig Kontakt. Der Beschwerdeführer beherrscht Punjabi und spricht auch etwas Englisch und Hindi. Es ist daher davon auszugehen, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Indien in der Lage sein wird, sich in die dortige Gesellschaft problemlos wieder einzugliedern und Fuß zu fassen.
Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu (VwGH 07.09.2016, Ra 2016/19/0168). Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall in einer Gesamtschau schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.
3.2.4.2.2. Zum Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ist weiters festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in Österreich zusammen mit seiner in Österreich aufenthaltsberechtigten Ehefrau und dem gemeinsamen Kind in einer Wohnung lebt, sodass jedenfalls ein nach Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich besteht.
Legt das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde, dass der in Österreich aufenthaltsberechtigten Ehefrau eines Fremden und seinen Kindern eine „Wiederansiedlung“ im Herkunftsstaat zur Fortführung des gemeinsamen Familienlebens mit dem Fremden nicht zumutbar ist, hat das Verwaltungsgericht zu beurteilen, ob es bei Umsetzung der erlassenen Rückkehrentscheidung zu einer dauerhaften Trennung des Fremden von seinen Familienangehörigen kommt. Bei der Annahme, der Fremde könne „eine Familienzusammenführung beantragen“, hat das Verwaltungsgericht zu beurteilen, ob diese Möglichkeit eine realistische Alternative darstellt (VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282). Eine solche Trennung ist im Ergebnis nicht schon wegen des Eingehens der Beziehung während des unsicheren Aufenthalts, sondern nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den „Familiennachzug“ (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271; VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0235; VwGH 24.9.2019, Ra 2019/20/0446).
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob der Familie des Beschwerdeführers die Wiederansiedlung im Herkunftsstaat möglich und zumutbar ist:
Sowohl die Ehefrau des Beschwerdeführers als auch das gemeinsame, in Österreich geborene Kind des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sind indische Staatsangehörige. Eine (Wieder-)Ansiedlung in ihrem Herkunftsstaat Indien ist ihnen daher möglich; gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht hervorgekommen.
Der Ehefrau und dem Kind des Beschwerdeführers ist es auch zumutbar, das Familienleben des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat fortzusetzen:
Die Ehefrau des Beschwerdeführers reiste erstmals im Jahr 2014 nach Österreich, um als Au-Pair zu arbeiten. Nach einem Jahr ging sie nach Deutschland, wo sie ebenfalls ein Jahr als Au-Pair tätig war. Im Jahr 2016 lebte sie wieder in Indien, bis sie im Herbst 2016 wieder nach Österreich kam, wo sie seitdem auf Basis von Aufenthaltsberechtigungen nach dem NAG lebt. Die Ehefrau des Beschwerdeführers hält sich somit zwar bereits seit Herbst 2016 wieder durchgehend in Österreich auf, verfügt aber ungeachtet dessen über eine starke Bindung zu ihrem Herkunftsstaat Indien, wo sie bis zum Jahr 2014 lebte und nach wie vor über enge familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, insbesondere ihre Eltern, zu denen sie fast täglich Kontakt hat. Anhaltspunkte für das Bestehen gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder sonstiger, gegen eine Fortsetzung des Familienlebens mit dem Beschwerdeführer in Indien sprechende Umstände sind nicht hervorgekommen. Wie oben dargelegt, stammt der Beschwerdeführer aus einer wohlhabenden Familie, verfügt ebenfalls über enge familiäre Anknüpfungspunkte in Indien und langjährige Schulbildung sowie Berufserfahrung im familieneigenen Unternehmen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ging in Österreich zuletzt bis Jänner 2020 einer Beschäftigung nach; seitdem war sie – somit auch vor der Schwangerschaft mit dem gemeinsamen Kind – nicht erwerbstätig; auch das Bestehen besonders enger sozialer Bindungen der Ehefrau des Beschwerdeführers in Österreich ist nicht hervorgekommen. Der Ehefrau des Beschwerdeführers ist daher eine Fortsetzung des Familienlebens mit dem Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat Indien zumutbar, zumal sie die Ehe mit dem Beschwerdeführer am 15.01.2020 schloss, somit zu einem Zeitpunkt, als ihr bewusst sein musste, dass der Beschwerdeführer als Asylwerber lediglich über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in Österreich verfügte und sie nicht mit Sicherheit damit rechnen konnte, dass der Beschwerdeführer ein darüberhinausgehendes Aufenthaltsrecht in Österreich erhalten würde.
In einer Gesamtabwägung ist es daher dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau zumutbar, ihr Familienleben in Indien fortzusetzen.
Es ist weiters zu prüfen, ob die Fortsetzung des Familienlebens im Herkunftsstaat auch dem Kind des Beschwerdeführers zumutbar ist:
Das Kind des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau wurde am XXXX 2021 in Österreich geboren, besitzt ebenfalls die indische Staatsangehörigkeit und lebt mit seinen Eltern im Familienverband. Aufgrund des Alters des Kindes des Beschwerdeführers, das noch nicht in den Kindergarten geht und dessen Kernfamilie sein Hauptbezugspunkt ist, ist nicht davon auszugehen, dass es in Österreich bereits ein Privatleben außerhalb des Familienverbandes entwickelt hat. Das Kind des Beschwerdeführers befindet sich zudem mit rund neun Monaten in einem anpassungsfähigen Alter, in dem ihm mangels Bestehens enger Bindungen zu Österreich eine Übersiedlung nach Indien im Familienverband mit seinen Eltern und eine Eingliederung in Indien möglich und zumutbar ist, zumal es bereits derzeit mit seinen in Indien sozialisierten Eltern aufwächst und insofern mit den sprachlichen und kulturellen Gegebenheiten zumindest über seine Eltern vertraut ist. Anhaltspunkte für das Bestehen gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder sonstiger, gegen eine Fortsetzung des Familienlebens mit dem Beschwerdeführer in Indien sprechende Umstände sind wiederum nicht hervorgekommen. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der aus einer wohlhabenden Familie stammt sowie langjährige, in Indien erworbene Berufserfahrung im familieneigenen Unternehmen verfügt, und seine Ehefrau, die in Indien aufgewachsen ist und ebenso wie der Beschwerdeführer nach wie vor über enge familiäre Anknüpfungspunkte in Indien verfügt, den Lebensunterhalt für ihr Kind sichern können werden. Auch dem Kind des Beschwerdeführers ist daher die Fortsetzung des Familienlebens mit dem Beschwerdeführer in Indien zumutbar.
Da allen Familienmitgliedern die Fortsetzung des Familienlebens im Herkunftsstaat möglich und zumutbar ist, greift die Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht in das Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner Ehefrau und seinem minderjährigen Kind ein, zumal die EMRK keine generelle Verpflichtung eines Konventionsstaates umfasst, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die verschiedenen Familienmitglieder anzuerkennen (VwGH 15.10.2003, 2000/21/0210; EGMR 28.11.1996, Fall Ahmut, ÖJZ 1997/22).
Überdies ist es dem Beschwerdeführer für den Fall, dass er gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem minderjährigen Kind in Zukunft in Österreich leben will, auch möglich und zumutbar, die Familienzusammenführung von Indien aus zu beantragen. Der Beschwerdeführer ist in Österreich bereits seit mehreren Jahren selbstständig erwerbstätig und dadurch selbsterhaltungsfähig, wobei anhand dieser Erwerbstätigkeit auch von einer zukünftigen Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen ist (zuletzt erzielte der Beschwerdeführer im Jahr 2020 aus seinen Gewerbebetrieben Einkünfte in Höhe von 21.090,26 Euro), lebt gemeinsam mit seiner Ehefrau in einer Mietwohnung, wobei es keinen Grund für die Annahme gibt, dass diese Wohnung nicht ortsüblich ist, und hat die Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 bestanden. Die Ehefrau des Beschwerdeführers war in Österreich als Au-Pair tätig und zuletzt bis Jänner 2020 als Kellnerin beschäftigt. Angesichts ihrer Berufserfahrung ist davon auszugehen, dass auch sie in Zukunft wieder in der Lage sein wird, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und zusätzlich zum Einkommen des Beschwerdeführers ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG an den Beschwerdeführer im Rahmen einer Familienzusammenführung (§ 46 NAG) mit seiner in Österreich auf Basis eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ aufenthaltsberechtigten Ehefrau erscheint daher insgesamt realistisch. Es ist dem Beschwerdeführer zumutbar, die Dauer dieses Verfahrens in Indien abzuwarten; der Ehefrau und dem Kind des Beschwerdeführers ist es, wie bereits dargelegt, möglich und zumutbar, ihr Familienleben mit dem Beschwerdeführer in dieser Zeit in Indien fortzusetzen.
3.2.4.2.3. Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet in einer Gesamtschau überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des nach Art. 8 EMRK geschützten Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Die Erlassung der Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer ist daher im vorliegenden Fall geboten und verhältnismäßig.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ist demnach als unbegründet abzuweisen.
3.2.5. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides (Zulässigkeit der Abschiebung):
3.2.5.1. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg.cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seiner Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wären, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005.
Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.2.5.2. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat die belangte Behörde zu Recht festgestellt, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gegeben ist, da nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde; insbesondere werden dadurch die Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. beziehungsweise 13. ZPEMRK nicht verletzt und ist damit für den Beschwerdeführer keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden und steht der Abschiebung keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegen.
Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien ist daher zulässig.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides ist somit als unbegründet abzuweisen.
3.2.6. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides (Frist für die freiwillige Ausreise):
3.2.6.1. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt; die Frist beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
3.2.6.2. Solches wurde nicht dargetan und liegen keine Anhaltspunkte vor, die in concreto für eine längere Frist sprächen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ist demnach als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25 Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist – soweit diese nicht unvertretbar ist – nicht revisibel (vgl. z.B. VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0149, mwN).
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
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