BVwG W241 2245519-1

BVwGW241 2245519-125.1.2021

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:2245519.1.00

 

Spruch:

W241 2245519-1/8E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Usbekistan, vertreten durch die BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2021, Zahl 1267132600/200705201, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.01.2022 zu Recht:

 

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

 

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Verfahrensgang:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein usbekischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 10.08.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

 

1.2. In seiner Erstbefragung am 22.12.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, dass er politisch verfolgt werde. Er hätte sich regimekritisch geäußert, weshalb er festgenommen worden wäre. Man hätte ihn zwar freigelassen, jedoch sei er bei einer weiteren Einvernahme geschlagen und bedroht worden, weshalb er das Land verlassen habe.

 

1.3. Bei seiner Einvernahme am 30.03.2021 vor dem BFA machte der BF zuerst Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und Integrationsbemühungen in Österreich. In der Folge machte er Angaben zu seinen Fluchtgründen, wobei er zusammengefasst vorbrachte, dass er wegen seiner Aussagen während der Präsentation seiner Diplomarbeit bezüglich der kriminellen Machenschaften des Präsidenten politisch verfolgt werde. Er wäre zwei Mal verhört worden, wobei sein Laptop durchsucht und er nach seinen Verbindungen zu Oppositionellen befragt worden wäre. Auch wäre er ein Mal mit der Hand auf die Brust gestoßen worden. Der Vater, der XXXX gewesen sei und später als XXXX gearbeitet hätte, hätte durch seine guten Kontakte erfahren, dass er wegen illegaler Aktionen gegen die Verfassung strafrechtlich angeklagt werden solle. Auch wäre im Raum gestanden, dass er in seiner Arbeit als korrupter XXXX hingestellt werde, was ebenfalls mit Gefängnis bedroht wäre. Da ihm ferner die Polizisten gedroht hätten, ihn umzubringen, hätte er das Land verlassen.

 

1.4. Vom BF wurden folgende Dokumente vorgelegt:

 

- Usbekischer Reisepass, gültig bis 11.04.2027

- Bestätigung über das Vorbereitungsmodul auf den Pflichtschulabschlusslehrgang

- Schreiben einer Universität in Usbekistan

- Maturazeugnis

- Bachelor-Zeugnis

- Zertifikat: Cambridge English, Level B2, vom 21.12.2017

- Steuerregistrierungsbescheinigung

- Flugticket von Catania am 04.08.2020 über Wien am 05.08.2020 nach Stockholm

 

1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 27.07.2021 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

 

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF sei unglaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Usbekistan. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.

 

Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Usbekistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

 

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse – im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen – glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Usbekistan wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.

 

Eine Furcht vor einer Verfolgung aus politischen Gründen vermochte der BF aufgrund seines unplausiblen und nicht nachvollziehbaren Vorbringens nicht glaubhaft zu machen.

 

Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage in Usbekistan nicht drohe.

 

1.6. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wurde dem BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

 

1.7. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seiner gewillkürten Vertretung vom 10.08.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein.

 

In der Beschwerdebegründung wurden Ausführungen über die Menschenrechtssituation in Usbekistan getätigt und das Fluchtvorbringen im Wesentlichen wiederholt. Auch sei zu prüfen gewesen, ob der BF als nunmehriger Agnostiker aufgrund seiner Abwendung zum Islam verfolgt werden könnte.

 

1.8. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 18.08.2021 beim BVwG ein.

 

1.9. Das BVwG führte am 11.01.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Usbekisch durch, zu der der BF im Beisein seines gewillkürten Vertreters persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

 

Dabei legte der BF vor:

 

 eine Gewerbeanmeldung für einen Botendienst

 zwei Kontoauszüge

 einen mit einem Restaurant abgeschlossenen Vertrag

 eine Beitragsvorschreibung der Sozialversicherung

 eine Bestätigung der Burgenländischen Volkshochschulen betreffend die Absolvierung von Brückenmodulen zur Vorbereitung auf den Pflichtschulabschlusslehrgang

 

Danach machte er Angaben zu seinem Reiseweg, seinen persönlichen Verhältnissen sowie den fluchtauslösenden Ereignissen in Usbekistan.

 

2. Beweisaufnahme:

 

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

 Einsicht in die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA sowie die Beschwerde

 Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation)

 Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 11.01.2022 und Einsicht in das in das Verfahren eingebrachte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 18.11.2021

 Einsicht in die vom BF vorgelegten Schriftstücke.

 

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

 

Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:

3.1. Zur Person des BF:

 

3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger von Usbekistan und ledig. Der BF ist sunnitischer Moslem, bezeichnet sich aber aktuell als Agnostiker. Er spricht Usbekisch, Englisch, Russisch und gebrochenes, aber verständliches Deutsch.

 

Die Eltern des BF sind in der Nähe der Stadt XXXX aufhältig, ferner leben dort noch ein Bruder und eine Schwester. Drei Onkel väterlicherseits und eine Tante väterlicherseits sowie zwei Onkel und zwei Tanten mütterlicherseits sind ebenfalls in Usbekistan wohnhaft.Es besteht Kontakt zu den Angehörigen.

 

Der BF hat neun Jahre die Grundschule sowie drei Jahre eine Höhere Schule besucht und diese mit der Matura abgeschlossen. Danach hat er ein vierjähriges Bachelorstudium im Fachbereich XXXX begonnen, welches er im XXXX abgeschlossen hat. Im XXXX hat der BF mit einem zweiten Studium im Bereich XXXX begonnen.

 

Neben dem Studium hat der BF als XXXX bei seinem Onkel und danach bei einer Fabrik für XXXX gearbeitet.

 

Der BF hatte keine finanziellen Probleme, die finanzielle Lage wurde als gut bezeichnet. Der BF konnte sich durch seine Tätigkeiten seinen Lebensunterhalt finanzieren.

 

3.1.2. Hinweise auf lebensbedrohende oder schwerwiegende Krankheiten des BF haben sich keine ergeben. Er ist im erwerbsfähigen Alter und hat eine gute mehrjährige Schulbildung genossen. Darüber hinaus hat er Berufserfahrung.

 

3.1.3. Der BF ist seinen Angaben nach im Usbekistan geboren und aufgewachsen. Er verließ Usbekistan am XXXX offiziell mit einem Schengen-Visum und reiste über Moskau nach Barcelona. Dort hielt er sich ca. eine Woche auf. Dann reiste er nach Malta, wo er illegal bis zu seiner Reise über Italien nach Österreich blieb. Hier stellte er am 10.08.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

3.1.4. Der BF hält sich seit August 2020 in Österreich auf und spricht gebrochenes, aber verständliches Deutsch. Deutschkurse hat der BF bis jetzt keine erfolgreich abgeschlossen. Er hat eine ungarische Freundin, bezieht keine Grundversorgung mehr und ist selbsterhaltungsfähig, da er ein Gewerbe als Kurierfahrer angemeldet hat und aktuell ausübt. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

 

3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

 

3.2.1. Der BF hat sein Vorbringen, dass er im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan aufgrund seiner politischen Äußerungen bzw. aufgrund falscher Korruptionsvorwürfe zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt oder getötet werde, nicht glaubhaft gemacht.

 

Es kann nicht festgestellt, dass dem BF in Usbekistan eine ihn unmittelbar persönlich treffende, asylrelevante Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung drohen würde.

 

3.2.2. Der BF hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses noch seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme. Der BF war politisch nicht tätig und gehörte nie einer politischen Partei an.

 

3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

 

3.3.1. Es konnte vom BF nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

 

3.3.2. Der BF ist im erwerbsfähigen Alter. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonst bekannt geworden.

 

Bei einer Rückkehr des BF nach Usbekistan besteht für diesen als arbeitsfähigen jungen Mann ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf, der über eine gute (Hoch-)Schulbildung, Arbeitserfahrung und mehrere familiäre Bezugspunkte im Herkunftsstaat verfügt, auch unter besonderer Berücksichtigung der gegenwärtigen Lage aufgrund der Corona-Pandemie keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose oder existenzbedrohende Situation zu geraten.

 

Im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des COVID 19-Virus ist festzuhalten, dass der BF keine relevanten Vorerkrankungen aufweist und nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt.

 

Im Falle einer Verbringung des BF in ihren Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

 

 

3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Usbekistan vom 18.11.2021):

 

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

 

2. Covid-19-Situation

Usbekistan ist von Covid-19 stark betroffen, wobei von einer hohen Dunkelziffer bei den Infektionszahlen auszugehen ist (AA 29.10.2021). Es gilt Maskenpflicht grundsätzlich in öffentlichen Bereichen und im öffentlichen Verkehr. Örtliche Hygiene- und Abstandsvorschriften können sich kurzfristig ändern (BMEIA 11.10.2021). Schutzmaßnahmen gelten im ganzen Land und können im Anlassfall in betroffenen Regionen auch verschärft werden. Aktuell sind landesweit fast alle öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen, Hotels, Restaurants und Geschäfte geöffnet (WKO 3.11.2021). Das Abhalten von Massenveranstaltungen ist unter Einhaltung der Maskenpflicht usw. wieder erlaubt (GM 20.9.2021). Die Verpflichtung zur Verwendung von Schutzmasken, Abstandhalten und persönlicher Hygiene besteht weiterhin und wird auch wieder stärker kontrolliert (WKO 3.11.2021). Derzeit sind die meisten einschränkenden Maßnahmen aufgehoben. Bei Verstößen gegen die Hygienevorschriften können hohe Geldstrafen verhängt werden (AA 29.10.2021).

 

Usbekistan startete am 1.4.2021 mit der Massenimpfung gegen COVID-19 (WKO 3.11.2021). Unternehmen und Organisationen werden landesweit durch die Gesundheitsbehörden angehalten, ihre Mitarbeiter zu impfen. Arbeitgeber sind berechtigt, Covid-Impfverweigerer zu entlassen. Für einzelne Bevölkerungsgruppen gilt eine Impfpflicht. Folgende Impfstoffe kommen in Usbekistan zur Anwendung: ZF-UZ-VAC2001, AstraZeneca, Sputnik V, Moderna, Biontech. Mit Stand 30.6.2021 waren 4% der Bevölkerung vollständig geimpft (ZA 1.8.2021; vgl. ZA 1.10.2021, SR 4.8.2021). Covid-Impfungen sind kostenlos (GM o.D.). Es gibt zahlreiche Covid-Testlabors, und das Ergebnis ist rasch erhältlich (WKO 3.11.2021).

 

Die Einreise nach Usbekistan wird nur nach Vorlage eines negativen PCR-Tests gestattet, welcher nicht älter als 72 Stunden sein darf (WKO 3.11.2021; vgl. AA 29.10.2021). Es gibt keine Einreiseerleichterungen für Geimpfte und Genesene. Die Flughäfen in Usbekistan sind geöffnet, und sowohl internationale als auch nationale Flüge mit verschiedenen internationalen Fluglinien finden statt (WKO 3.11.2021). Der Grenzübergang zu Lande ist erfahrungsgemäß nicht immer möglich. Die usbekische Regierung gibt Änderungen von Regelungen zur Einreise sowie zur Eindämmung der Pandemie mitunter sehr kurzfristig bekannt, zum Teil nur über soziale Medien (AA 29.10.2021).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.10.2021): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790 , Zugriff 10.11.2021

- BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (11.10.2021): Reiseinformation: Usbekistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/ , Zugriff 10.11.2021

- GM – Gesundheitsministerium [Usbekistan] (20.9.2021): Разрешено проведение массовых мероприятий [Erlaubt ist Durchführung von Massenveranstaltungen], https://ssv.uz/ru/news/ssv-madanij-kngilochar-ommavij-tadbirlar-va-jiilishlarni-tkazish-tartiblariga-zgartirish-kiritildi , Zugriff 10.11.2021

- GM – Gesundheitsministerium [Usbekistan] (o.D.): Часто задаваемые ВОПРОСЫ И ОТВЕТЫ о вакцинах против COVID-19 [FAQs und Antworten zu Covid-19-Impfstoffen], http://coronavirus.uz/ru/lists/view/1948 , Zugriff 10.11.2021

- SR – Stan Radar (4.8.2021): В Узбекистане будут отстранять от работы за отказ от вакцины — закон [In Usbekistan wird es wegen Impfverweigerungen Entlassungen geben – Gesetz], https://stanradar.com/news/full/45887-v-uzbekistane-budut-otstranjat-ot-raboty-za-otkaz-ot-vaktsiny-zakon.html , Zugriff 10.11.2021

- WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (3.11.2021): Coronavirus: Situation in Usbekistan, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-usbekistan.html , Zugriff 10.11.2021

- ZA – Zentralasien-Analysen (1.10.2021): Chronik 9.7.-20.9.2021 Usbekistan (Nr. 149), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/149/ZentralasienAnalysen149.pdf , Zugriff 10.11.2021

- ZA – Zentralasien-Analysen (1.8.2021): Chronik 24.5.-8.7.2021 Usbekistan (Nr. 148), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/148/ZentralasienAnalysen148.pdf , Zugriff 10.11.2021

 

3. Politische Lage

Usbekistans politisches System zählt zu den autoritären Systemen (HRW 13.1.2021; vgl. FH 28.4.2021, BS 2020, SWP 7.2020, ÖB 9.2020). Die Legislative und die Justiz sind der Exekutive untergeordnet. Innerhalb der Exekutive verfügt der Präsident über die meisten Machtbefugnisse. Der Präsident wird für maximal zwei Amtszeiten von jeweils fünf Jahren direkt gewählt (FH 3.3.2021; vgl. BS 2020, KAS 16.1.2020, SWP 7.2020, AA 9.3.2021a, AA 9.3.2021b). Gegenseitige Kontrollmechanismen innerhalb der Regierung fehlen (FH 6.5.2020). Der Präsident ernennt und entlässt unter anderem den Ministerpräsidenten, Minister, die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte (GIZ 12.2020a; vgl. CIA 26.10.2021, BAMF 8.2021). Der Einsetzung eines neuen Ministerkabinetts durch den Präsidenten muss seit 2019 das Parlament zustimmen (SWP 7.2020).

 

Im Zuge der Präsidentenwahl vom 24.10.2021 erfolgte die Wiederwahl von Schawkat Miromonowitsch Mirsijojew als Staatspräsident für eine zweite Amtsperiode mit einem Stimmenanteil von 80,1%. Insgesamt traten 5 Kandidaten, darunter eine Frau, zur Wahl an. Die Wahlbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellte fehlenden Pluralismus und Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren fest. Mitglieder der Opposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Wahlbeteiligung betrug 80,8% (OSZE 25.10.2021; vgl. BAMF 8.11.2021, ZWK 25.10.2021). Schlüsselpositionen sind von Mitgliedern der Familie des Präsidenten besetzt (FH 3.3.2021; vgl. SWP 7.2020).

 

Usbekistan hat ein Zweikammer-Parlament (Olij Maschlis), dessen Abgeordnete für fünf Jahre gewählt werden. Das Unterhaus umfasst 150 Sitze und wird direkt gewählt. Das Oberhaus, der Senat, besteht aus 100 Abgeordneten. 84 Abgeordnete werden von Regionalräten gewählt, und 16 Abgeordnete werden vom Präsidenten ernannt (FH 3.3.2021; vgl. FH 6.5.2020, AA 9.3.2021b).

 

Die letzten Parlamentswahlen (Wahl des Unterhauses) fanden im Dezember 2019 statt (Stichwahl 5.1.2020) (USDOS 30.3.2021; vgl. EN 6.1.2020, AI 16.4.2020). Die Wahlbeteiligung betrug im ersten Wahlgang 71,1% und im zweiten Wahlgang 62,8% (ZA 31.1.2020). Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE stellte fest, dass sich zwar die gesetzlichen Vorgaben gebessert haben und unabhängige Stimmen auf mehr Toleranz stießen, dass jedoch ein echter Wettbewerb nicht stattgefunden hat und die Verfahrensregeln am Wahltag nicht gänzlich eingehalten wurden. Es kam unter anderem zu mehrfachen Stimmabgaben. OSZE-Wahlbeobachter zeigten sich wegen des Fehlens unabhängiger Oppositionsparteien besorgt. Auch waren keine unabhängigen Kandidaten zugelassen. Es wurde eine Frauenquote von 30% für das Parlament eingeführt (OSZE 13.5.2020; vgl. USDOS 30.3.2021, AI 16.4.2020, HRW 13.1.2021, FH 3.3.2021, BS 2020). Im Zuge der letzten Parlamentswahl kam die Präsidentenpartei, die Liberaldemokraten, auf 53 Sitze (35%). Die Demokratische Partei Millij Tiklanisch (Nationale Wiedergeburt) kam auf 36 Sitze (24%), die Sozialdemokratische Partei Adolat (Gerechtigkeit) auf 24 Sitze (16%), und die Volksdemokratische Partei kam auf 22 Sitze (15%). Die Ökologische Partei Usbekistans kam auf 15 Sitze (10%). Alle diese Parteien sind regierungsfreundlich (OSZE 13.5.2020; vgl. KAS 16.1.2020, FH 3.3.2021).

 

Mahallas (Nachbarschaftskomitees) sind gemäß der Verfassung lokale Selbstverwaltungskörper. Seit 1992 sind sie in den Staatsapparat eingegliedert. Dadurch wurden die Mahallas zu Einrichtungen, welche vom Staat strikt kontrolliert werden (FH 28.4.2021; vgl. GIZ 12.2020a, USDOS 30.3.2021).

 

Mit der Europäischen Union hat Usbekistan ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen abgeschlossen, welches 1999 in Kraft trat (AA 9.3.2021b; vgl. EEAS 17.11.2020).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021a): Usbekistan: Steckbrief, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/steckbrief/206788?openAccordionId=item-206802-1-panel , Zugriff 10.11.2021

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021b): Usbekistan: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/politisches-portrait/206826 , Zugriff 10.11.2021

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.11.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw45-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3 , Zugriff 16.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- EEAS – European Union External Action Service (17.11.2020): Factsheet: EU-Uzbekistan Relations, https://eeas.europa.eu/sites/default/files/eeas-ca_ministerial_factsheets-2020-uzbekistan-v5.pdf , Zugriff 30.10.2021

- EN – Eurasianet (6.1.2020): Uzbekistan: Little change in parliament, but more women represented, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022185.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021

- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (12.2020a): Länderinformationsportal: Usbekistan – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat/ , Zugriff 5.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- KAS – Konrad Adenauer Stiftung (16.1.2020): Ergebnisse der Parlamentswahlen in Usbekistan, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/ergebnisse-der-parlamentswahlen-in-usbekistan-2019 , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (25.10.2021): INTERNATIONAL ELECTION OBSERVATION MISSION – Republic of Uzbekistan – Presidential Election 24 October 2021 – STATEMENT OF PRELIMINARY FINDINGS AND CONCLUSIONS, https://www.osce.org/files/f/documents/4/9/502203.pdf , Zugriff 10.11.2021

- OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (13.5.2020): REPUBLIC OF UZBEKISTAN: PARLIAMENTARY ELECTIONS 22 December 2019 - ODIHR Election Observation Mission Final Report, https://www.osce.org/files/f/documents/9/3/452170_1.pdf , Zugriff 10.11.2021

- SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik / Andrea Schmitz (7.2020): Die Transformation Usbekistans: Strategien und Perspektiven, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2020S13_Usbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

- ZA – Zentralasien-Analysen (31.1.2020): Parlamentswahlen in Usbekistan: Trotz »Neuer Wahlen« alles beim Alten?, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/139/ZentralasienAnalysen139.pdf , Zugriff 10.11.2021

- ZWK – Zentrale Wahlkommission [Usbekistan] (25.10.2021): Предварительные результаты выборов Президента Республики Узбекистан [Vorläufiges Ergebnis der Präsidentenwahl der Republik Usbekistan], https://saylov2021.uz/ru/news/2021/10/25/ozbekiston-respublikasi-prezidentligiga-sajlov-otkazuvchi-sajlov-uchastkalarining-barchasida-sajlov-byulletenlari-sanab-chiqildi , Zugriff 16.11.2021

 

 

 

4. Sicherheitslage

Landesweit, aber insbesondere in den Grenzregionen zu Afghanistan und in den Grenzgebieten zu Tadschikistan und Kirgisistan, ist von einer latenten Gefährdung durch islamistisch orientierte extremistische Gruppen auszugehen (AA 29.10.2021). Derzeit ist die Landgrenze zu Afghanistan geschlossen (BMEIA 11.10.2021). Die usbekischen Vollzugsbehörden unterhalten eine Terroristen-Watchlist (USDOS 24.6.2020a). Laut usbekischen Behörden schlossen sich in den vergangenen Jahren tausende usbekische Bürger verschiedenen islamistischen militanten Gruppierungen in Syrien und Irak an (RFE/RL 19.2.2020). Usbekische Staatsangehörige stellen einen nicht geringen Teil von Foreign Terrorist Fighters (FTF) (ÖB 9.2020). Im April 2021 wurden 24 Frauen und 69 Kinder (Familien von IS-Kämpfern) aus Syrien repatriiert. Bisher repatriierte Usbekistan 438 Frauen und Kinder aus Syrien, Irak und Afghanistan (Reuters 30.4.2021; vgl. ÖB 9.2020).

 

Die Islamische Bewegung Usbekistans verfolgt das Ziel eines Regierungsumsturzes und der Schaffung eines islamischen Staats. Die Bewegung ist vor allem in Afghanistan aktiv. Die Islamische Bewegung Usbekistans unterhält seit einem Jahrzehnt Beziehungen zur El Kaida und den Taliban. 2015 legte die Islamische Bewegung Usbekistans den Treueeid auf ISIS ab. Die zahlenmäßige Stärke der Islamischen Bewegung Usbekistans ist unbekannt (USDOS 24.6.2020b).

 

Immer wieder kommt es zu ethnischen Unruhen im Raum des Ferganatals – dem Dreiländereck, wo sich die Landesgrenzen von Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan treffen (RFE/RL 5.6.2020). Das Ferganatal ist von zum Teil strittigen Grenzverläufen betroffen (BMEIA 11.10.2021). Im Nahbereich des Ferganatals befinden sich zahlreiche Exklaven, beispielsweise die Exklave Sokh. Diese Exklave gehört zu Usbekistan, ist mit ethnischen Tadschiken besiedelt, immer wieder ein Unruheherd und befindet sich in Kirgisien [ca. 20 Kilometer von der nächstgelegenen usbekischen Stadt, Rishtan, auf dem Festland entfernt] (RFE/RL 5.6.2020). Im März 2021 einigten sich die Ministerpräsidenten von Usbekistan und Kirgistan auf einen Vertrag zur Beendigung der Grenzstreitigkeiten, beispielsweise in Bezug auf die 85.000 Einwohner umfassende Exklave Sokh. Der Vertrag sieht unter anderem die Öffnung zahlreicher Grenzübergänge vor und eine Einigung über umstrittene Gebietsteile, darunter Zugang zu Bewässerungsinfrastrukturen (EN 26.3.2021).

 

Außenpolitisch bekennt sich die Regierung zur Neutralität (SWP 7.2020; vgl. ÖB 9.2020).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.10.2021): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790 , Zugriff 10.11.2021

- BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (11.10.2021): Reiseinformation: Usbekistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/ , Zugriff 10.11.2021

- EN – Eurasianet (26.3.2021): Kyrgyzstan, Uzbekistan sign deal to end border disputes, https://www.ecoi.net/de/dokument/2047906.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- Reuters (30.4.2021): Uzbekistan repatriates 93 women, children from Syrian camp, https://www.reuters.com/world/middle-east/uzbekistan-repatriates-93-women-children-syrian-camp-2021-04-30/ , Zugriff 10.11.2021

- RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (5.6.2020): Uzbek President Visits Eastern Region Wracked By Ethnic Unrest, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031008.html , Zugriff 10.11.2021

- RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (19.2.2020): Uzbekistan Detains 21 Suspected Members Of Banned Islamist Militant Group, https://www.ecoi.net/de/dokument/2024972.html , Zugriff 10.11.2021

- SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik / Andrea Schmitz (7.2020): Die Transformation Usbekistans: Strategien und Perspektiven, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2020S13_Usbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (24.6.2020a): Country Report on Terrorism 2019 - Chapter 1 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2032580.html , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (24.6.2020b): Country Report on Terrorism 2019 - Chapter 5 - Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), https://www.ecoi.net/de/dokument/2032623.html , Zugriff 10.11.2021

 

5. Rechtsschutz / Justizwesen

In der Praxis ist die Justiz weder unabhängig noch unparteilich, obwohl dies von der Verfassung garantiert ist (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRCC 20.4.2020, ÖB 9.2020). Die Justiz ist politischem Druck durch die Exekutive und Legislative ausgesetzt (FH 3.3.2021; vgl. BS 2020, UNHRCC 20.4.2020, ÖB 9.2020).

 

Richter werden vom Obersten Justizrat nach Zustimmung des Senats für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt und können vom Obersten Justizrat entlassen werden (USDOS 30.3.2021; vgl. BAMF 8.2021). Die Richter der Höchstgerichte werden vom Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt (CIA 26.10.2021; vgl. UNHRCC 20.4.2020). Der Präsident spielt eine gewichtige Rolle bei der Ernennung von Mitgliedern des Obersten Justizrats (UNHRCC 20.4.2020). Experten berichten über einen Mangel an qualifiziertem Personal in der Justiz, über Korruption und die dominierende Rolle von Staatsanwälten im Justizsystem. In Usbekistan gibt es nur wenige Rechtsanwälte, vor allem außerhalb der Hauptstadt (FH 6.5.2020; vgl. UNHRCC 20.4.2020).

 

Gesetzlich ist das Recht auf ein faires und öffentliches Gerichtsverfahren garantiert, jedoch wird dieses Recht in der Praxis nicht immer respektiert (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, FH 28.4.2021). Obwohl gemäß dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, folgen Richter für gewöhnlich den Empfehlungen der Staatsanwälte. Angeklagte haben unter anderem das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen und Beweismittel vorzulegen. Jedoch lehnen Richter Anträge der Verteidigung häufig ab und verweigern damit die Ladung zusätzlicher Zeugen sowie die Aufnahme entlastender Beweismittel. Bei Bedarf werden ein Rechtsbeistand und Dolmetscher kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubhaften Berichten zufolge handeln staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 30.3.2021).

 

Die Generalstaatsanwaltschaft und Gesetzesvollzugsbehörden setzen gelegentlich Mitglieder der Justiz unter Druck, um so die Urteilsfindung zu beeinflussen. Richter stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnisse und Zeugenaussagen, welche in manchen Fällen durch Misshandlungen, Bedrohung Familienangehöriger oder anderweitig durch Zwang gewonnen wurden. Diese Methoden wenden Behörden üblicherweise vor allem in Fällen von religiösem Extremismus an. Gesetzlich ist es verboten, im Rahmen von Gerichtsverfahren Beweismaterial zu verwerten, welches durch Folter gewonnen wurde. Es gibt ein Recht auf Berufung. Zwar führen Berufungen selten zur Aufhebung eines Urteils, doch kann in manchen Fällen eine Verringerung oder Aussetzung von Strafen erwirkt werden (USDOS 30.3.2021).

 

Bürger können bei Zivilgerichten wegen behaupteter Menschenrechtsverletzungen durch Beamte (mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern) Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Gerichtsentscheidungen beeinflussen (USDOS 30.3.2021).

 

Quellen:

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRCC – United Nations Human Rights Council (20.4.2020): General Assembly: Visit to Uzbekistan – Report of the Special Rapporteur on the independence of judges and lawyers (A/HRC/44/47/Add.1), https://www.ecoi.net/en/file/local/2032720/A_HRC_44_47_Add.1_E.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

6. Sicherheitsbehörden

Zivilbehörden üben im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus, jedoch sind die Strukturen der zivilen Behörden von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 30.3.2021). Usbekistans Sicherheitsdienste verfügen über weitreichende Befugnisse (HRW 13.1.2021). Es gibt Berichte, dass die Regierung bzw. Regierungsvertreter rechtswidrige und willkürliche Tötungen begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Es kam zu einer leichten Steigerung von Strafverfolgungen von Beamten, welche beschuldigt wurden, Missbrauchsdelikte begangen zu haben (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020).

 

Usbekistan verfügt über vier Institutionen zur Untersuchung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und Untersuchung allgemeiner Straftaten ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Der Nationale Sicherheitsdienst, dessen Vorsitzender direkt dem Präsidenten gegenüber berichtspflichtig ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und nachrichtendienstlichen Themen, einschließlich Terrorismus, Korruption, organisiertem Verbrechen, Grenzkontrollen und Suchtgift. Die Generalstaatsanwaltschaft ist für die Strafverfolgung und die Untersuchung von Straftaten zuständig (USDOS 30.3.2021). Die Nationalgarde ist für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verantwortlich. Sie widmet sich unter anderem der Terrorismusbekämpfung und leitet die Untersuchung von Straftaten ein. Die Nationalgarde hat polizeiliche Aufgaben, z.B. Schutz der öffentlichen Ordnung bei Versammlungen und Demonstrationen, Fahndungseinsätze und Ermittlungen in Strafsachen sowie Kontrolle der Einfuhr, Verbreitung und Ausfuhr von Waffen. Die umfangreichen Kompetenzen der Nationalgarde machen diese zu einem militarisierten Gesetzesvollzugsorgan (FH 6.5.2020; vgl. USDOS 30.3.2021, SWP 7.2020).

 

Die Regierung benutzt die geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahallas) als Informationsquelle über potenzielle „Extremisten“. Diese Komitees bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten für die Regierung und Gesetzesvollzugsbehörden und geben Auskunft über Mitglieder der Ortsgemeinschaft. Mahallas in ländlichen Gebieten sind tendenziell einflussreicher als in Städten (USDOS 30.3.2021).

 

Usbekistans Streitkräfte setzen sich aus der Armee, Luftstreitkräften, Luftabwehrkräften, der Nationalgarde und den internen Sicherheitstruppen des Innenministeriums zusammen. Die Gesamttruppenstärke der Streitkräfte sowie der Sicherheitsdienste beträgt gemäß Schätzungen aus dem Jahr 2021 zwischen 50.000 und 60.000 (CIA 26.10.2021).

 

Seit September 1994 ist Usbekistan Mitglied von Interpol (Interpol o.D.).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- Interpol (o.D.): Member Countries: Uzbekistan, https://www.interpol.int/Who-we-are/Member-countries/Asia-South-Pacific/UZBEKISTAN , Zugriff 10.11.2021

- SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik / Andrea Schmitz (7.2020): Die Transformation Usbekistans: Strategien und Perspektiven, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2020S13_Usbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

7. Folter und unmenschliche Behandlung

Gemäß dem Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen sind Folter und Misshandlungen zur Erlangung von Geständnissen, zur Informationsbeschaffung und als Strafmaßnahme für Verdächtige und Inhaftierte weiterhin verbreitet. Gesetzlich ist die Anwendung von Folter sowie unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Land verboten. Im November 2019 rief Usbekistan einen Nationalen Anti-Folter-Präventionsmechanismus ins Leben. Am 10. August 2020 unterzeichnete der Präsident ein Dekret, welches zur Bekämpfung von Folter von Gefangenen unter anderem die Anwesenheit eines Verteidigers während Zeugenbefragungen vorsieht. Usbekistan hat den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter ratifiziert. Das Fakultativprotokoll der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen ratifizierte Usbekistan nicht (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020, AI 7.4.2021, HRW 13.1.2021, FH 3.3.2021, AA 9.3.2021b, UNCAT 14.1.2020). Ehemalige politische Häftlinge berichten, geschlagen und gefoltert worden zu sein. Gemäß der Ombudsperson ereignen sich 80 bis 90% der Folterfälle bzw. -beschwerden in Untersuchungshaftanstalten (USDOS 30.3.2021). Es kam in manchen Fällen zu Entlassungen und Strafverfolgung von Beamten, welche in Missbrauchsfälle involviert gewesen waren (FH 3.3.2021).

 

Gerichten ist es untersagt, Beweise zu verwenden, welche durch Folter gewonnen wurden (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Der UN-Menschenrechtsausschuss zeigt sich besorgt über die zu restriktive Definition des Folterbegriffs im Strafgesetzbuch. Demnach kommen als mögliche Folteropfer nur Beteiligte an Strafverfahren und ihre nahen Angehörigen in Frage (UNHRC 1.5.2020; vgl. ÖB 9.2020). Auch der Täter-Typus ist eingegrenzt. Der UN-Menschenrechtsausschuss kritisiert, dass in den Genuss von Amnestien auch Personen kommen, welche wegen Folter oder Misshandlungen verurteilt wurden (UNHRC 1.5.2020). Das Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen zeigt sich besorgt, dass Folterdelikte mit nur höchstens zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind (UNCAT 14.1.2020).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021b): Usbekistan: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/politisches-portrait/206826 , Zugriff 10.11.2021

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNCAT – United Nations Committee against Torture (14.1.2020): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CAT/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2023235/G2000804.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

8. Korruption

Korruption ist weit verbreitet (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020, BAMF 8.2021). Von Korruption betroffen sind unter anderem der Bildungssektor, das Gesundheitswesen (FH 6.5.2020; vgl. BS 2020) und die Justiz (USDOS 30.3.2021). Bestechungen unter Beamten der unteren und mittleren Ebenen sind gebräuchlich und finden teilweise nicht einmal verdeckt statt (FH 3.3.2021). Es ist gelungen, die Kleinkorruption von Beamten der unteren Ebenen einzudämmen, doch verschließen die Behörden ihre Augen vor Korruption, Nepotismus und anderen Formen von Machtmissbrauch der regierenden Eliten (FH 6.5.2020).

 

Anti-Korruptionsmechanismen sind schwer umsetzbar (BS 2020). Korruption durch Beamte ist strafbar, jedoch setzt die Regierung die gesetzlichen Vorgaben nicht effektiv um. Beamte, welche in korrupte Aktivitäten verwickelt sind, bleiben häufig straffrei (USDOS 30.3.2021). Entgegen internationalen Standards sind nicht alle Formen von Korruption unter Strafe gestellt (UNHRC 1.5.2020). 2020 wurde durch ein präsidentielles Dekret die Anti-Korruptionsagentur geschaffen. Zu ihren Aufgaben gehört die Untersuchung von Korruptionsdelikten. Die Anti-Korruptionsagentur ist dem Präsidenten unterstellt und hat Berichtspflichten gegenüber dem Parlament (USDOS 30.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Es existiert eine zwischenbehördliche Anti-Korruptionskommission (BS 2020).

 

Gemäß dem Corruption Perceptions Index 2020 von Transparency International wird Usbekistan mit 26 von 100 Punkten bewertet (0=sehr korrupt, 100=sehr wenig korrupt). Usbekistan liegt auf Rang 146 von 180 untersuchten Staaten, gleichauf mit Bangladesch und der Zentralafrikanischen Republik (Der Corruption Perceptions Index misst das von Experten und Geschäftsleuten wahrgenommene Korruptionsniveau im öffentlichen Sektor) (TI 2021).

 

Quellen:

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- TI – Transparency International (2021): Corruption Perceptions Index 2020, https://images.transparencycdn.org/images/2020_Report_CPI_EN.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Die Zivilgesellschaft wird von der Regierung strikt kontrolliert (FH 6.5.2020) und ist sehr schwach ausgeprägt (BS 2020).

 

Die mächtigsten und aktivsten NGOs in Usbekistan sind die sogenannten GONGOs, also NGOs, welche von der Regierung organisiert werden und inoffiziell mit dem politischen Regime verbunden sind (FH 6.5.2020; vgl. BS 2020, BAMF 8.2021).

 

Die Tätigkeiten von NGOs werden von Behörden kontrolliert (USDOS 30.3.2021). NGOs dürfen nicht politisch aktiv sein und müssen Auslandsreisen sowie den Erhalt ausländischer finanzieller Unterstützung vom Justizministerium genehmigen lassen (UNHRC 1.5.2020). Für internationale NGOs sind Verwaltungsstrafen vorgesehen, wenn sie sich politisch engagieren oder Aktivitäten setzen, welche die Regierung nicht im Vorfeld genehmigt hat (USDOS 30.3.2021). Mehr als 8.500 NGOS sind registriert (BS 2020). Die Registrierungsanforderungen sind hoch. Registrierungsangelegenheiten obliegen dem Justizministerium. Die Registrierung einiger unabhängiger NGOs wurde behindert (USDOS 30.3.2021). Nicht-registrierte Nichtregierungsorganisationen sind mit Unterdrückung und Belästigungen konfrontiert (FH 3.3.2021).

 

In Usbekistan sind mehrere einheimische Menschenrechtsgruppen aktiv. Die Regierung behindert des Öfteren die Tätigkeiten dieser Gruppen, beispielsweise in Bezug auf Veröffentlichungen zu Menschenrechtsfällen. Zwar zeigen Regierungsbeamte ein wenig Kooperationsbereitschaft, aber manchmal werden Menschenrechts- und Bürgergesellschaftsaktivisten von der Regierung belästigt und eingeschüchtert. Menschenrechtsaktivisten und politische Oppositionelle gehen davon aus, dass ihre Telefone abgehört und ihre Aktivitäten von Sicherheitsbehörden überwacht werden (USDOS 30.3.2021). Die Regierung hat zwei einheimische Menschenrechts-NGOs, Ezgulik und die unabhängige Menschenrechtsorganisation Usbekistans, offiziell registriert. Vertreter von Ezgulik berichten über eine verbesserte Zusammenarbeit mit Regierungsbeamten. Die Regierung lehnte die Registrierungsanträge der meisten anderen einheimischen Gruppen ab. Im März 2020 wurde eine unabhängige NGO registriert. Diese trägt die Bezeichnung Huquqiy Tayanch („Rechtliche Unterstützung“) und widmet sich den Rechten Inhaftierter (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 7.4.2021, FH 3.3.2021, FH 4.3.2020).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030954.html , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

10. Wehrdienst und Rekrutierungen

In Usbekistan herrscht Wehrpflicht für Männer von 18 bis 27 Jahren. Die Dienstzeit beträgt 1 Jahr. Rekruten haben die Möglichkeit, gegen Zahlung eines Geldbetrags diese Dienstzeit zu verkürzen und bis zu einem Alter von 27 Jahren weiterhin als Reservist zur Verfügung zu stehen. Usbekische Bürger, welche ihre Wehrpflicht abgeleistet haben, genießen Privilegien in Bezug auf berufliche Anstellungen und Zulassung zu höheren Bildungseinrichtungen (Stand 2019) (CIA 26.10.2021). Personen ab 17 Jahren dürfen als Kadetten eine militärische Ausbildung durchlaufen und werden als Mitglieder der Streitkräfte klassifiziert. Wehrdienstverweigerung bzw. Wehrersatzdienst ist seit 1992 in bestimmten Fällen (aus religiösen Gründen) erlaubt (IFOR 1.2020). Gesetzlich ist die Rekrutierung von Kindern durch das staatliche Militär und nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen verboten (USDOL 29.9.2021).

 

Quellen:

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- IFOR – International Fellowship of Reconciliation (1.2020): Submission by the International Fellowship of Reconciliation to the 128th Session of the Human Rights Committee UZBEKISTAN (Military service, conscientious objection and related issues), https://www.ecoi.net/en/file/local/2025761/INT_CCPR_CSS_UZB_41381_E.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOL – US Department of Labor [USA] (29.9.2021): 2020 Findings on the Worst Forms of Child Labor: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2061991.html , Zugriff 10.11.2021

 

11. Allgemeine Menschenrechtslage

Von Freedom House wird Usbekistan als ein unfreies Land (not free) eingestuft (FH 3.3.2021). Zu den gravierendsten Menschenrechtsproblematiken in Usbekistan gehören: Berichte über körperliche und seelische Misshandlungen Inhaftierter durch Sicherheitskräfte (teils mit Todesfolge); willkürliche Verhaftungen, Isolationshaft und verlängerte Haftzeiten; politische Gefangene; Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs-, Bewegungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft; Fehlen freier und fairer Wahlen; Menschenhandel, einschließlich Zwangsarbeit; Kriminalisierung sexueller Beziehungen zwischen Männern; Diskriminierung von LGBTI-Personen (USDOS 30.3.2021).

 

Für den Schutz der Menschenrechte sind mehrere Institutionen zuständig, darunter: das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte; Komitee für demokratische Institutionen; NGOs und Selbstverwaltungskörper der Bürger im Parlament; das Nationale Zentrum für Menschenrechte (BS 2020). Das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte untersucht Menschenrechtsverletzungen, unterstützt die Anpassung der Gesetzgebung an internationale Standards, vermittelt in Streitigkeiten zwischen Bürgern und gibt nicht-verbindliche Empfehlungen ab hinsichtlich Entscheidungen von Regierungsbehörden. Das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte darf unangekündigt Haftanstalten inspizieren (USDOS 30.3.2021). Die Ombudsperson ist dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Das Büro der Ombudsperson ist personell und finanziell unzureichend ausgestattet (UNCAT 14.1.2020).

 

Im Zuge des jährlichen Menschenrechtsdialogs zwischen Usbekistan und der Europäischen Union zeigte sich die EU besorgt über Meinungsfreiheitsdefizite, das Thema NGO-Registrierungen, Folter und Misshandlungen in Gefängnissen, Frauenrechte und Diskriminierungen. Die Europäische Union betonte die Notwendigkeit, ehemalige Gefangene zu rehabilitieren (HRW 13.1.2021).

 

Im Oktober 2020 wurde Usbekistan bei der Plenarsitzung der UN-Generalversammlung erstmalig in den UN-Menschenrechtsrat gewählt (ZA 4.12.2020; vgl. ÖB 9.2020).

 

Quellen:

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

-

- UNCAT – United Nations Committee against Torture (14.1.2020): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CAT/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2023235/G2000804.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

- ZA – Zentralasien-Analysen (4.12.2020): Chronik 28.9.-27.11.2020 Usbekistan (Nr. 144), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/144/ZentralasienAnalysen144.pdf , Zugriff 10.11.2021

 

11.1. Menschenhandel

Die Regierung Usbekistans erfüllt die Mindeststandards für die Bekämpfung von Menschenhandel nicht vollständig, unternimmt diesbezüglich jedoch erhebliche Anstrengungen (USDOS 1.7.2021).

 

Usbeken sind im In- und Ausland Menschenhandel ausgesetzt (USDOS 1.7.2021). Kinderarbeit ist nicht weit verbreitet, doch wird über Fälle von Kinderarbeit im Baumwollsektor berichtet (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021). Die Behörden machen Fortschritte bei der Bekämpfung von Zwangsarbeit bei der Baumwollernte, beispielsweise durch Privatisierungen, Lohnerhöhungen, bessere Arbeitsbedingungen für Erntehelfer, Verringerung der Anzahl von Baumwollanbauflächen und Ankauf von Erntegeräten. Es kommt vor, dass unabhängige Beobachter der Arbeitssituation im Baumwollsektor Belästigungen ausgesetzt sind. Trotz eines Verbots durch die Regierung gibt es Fälle lokaler Beamter, welche Lehrer, Schüler, Studierende, Privatangestellte usw. zur Zwangsarbeit in verschiedenen Bereichen verpflichten (USDOS 1.7.2021; vgl. AI 7.4.2021, HRW 13.1.2021, ÖB 9.2020). Kinder, die in Institutionen untergebracht sind, sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, Opfer von Sexhandel zu werden (USDOS 1.7.2021). Mehrere lokale Beamte, welche Zwangsarbeiter eingesetzt hatten, wurden 2019 strafrechtlich verfolgt und erhielten Geldstrafen (FH 4.3.2020).

 

Das Strafgesetzbuch kriminalisiert den Arbeits- und Sexhandel und sieht Freiheitsstrafen von drei bis fünf Jahren (erwachsene Opfer) bzw. acht bis 12 Jahren (minderjährige Opfer) vor. Die Anzahl von Ermittlungen, Strafverfolgungen, Verurteilungen und verhängten Haftstrafen ist gestiegen. Die Regierung führte 566 Ermittlungen durch und setzte Strafverfolgungsmaßnahmen in 93 Fällen. Darunter befanden sich 51 Fälle sexueller Ausbeutung, 3 Fälle von Zwangsarbeit und 39 Fälle, welche Ausbeutung von Kindern betrafen. Die Regierung berichtet von 100 Verurteilungen im Bereich Menschenhandel. Das Innenministerium unterhält eine Ermittlungseinheit, welche sich mit Menschenhandelsdelikten befasst. Gemeinsam mit internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft bot die Regierung spezifische Menschenhandelsschulungen für Polizei, Richter und Mitglieder anderer Behörden an (USDOS 1.7.2021).

 

In Taschkent existiert eine von der Regierung betriebene und finanzierte Einrichtung für Männer, Frauen und Kinder, welche einen offiziellen Menschenhandelsopfer-Status besitzen. Diese Einrichtung bietet Unterkunft, medizinische, psychologische und rechtliche Unterstützung sowie Hilfe bei der Arbeitssuche an. 2020 wurden dort 92 Opfer unterstützt (USDOS 1.7.2021).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030954.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (1.7.2021): 2021 Trafficking in Persons Report: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2055308.html , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

12. Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, doch werden diese Rechte durch die Regierung eingeschränkt (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 7.4.2021, FH 3.3.2021, BAMF 8.2021). Der Staat kontrolliert den Großteil der Medien. Auch die elektronische Kommunikation wird überwacht, jedoch sind soziale Medien mit relativ großen Freiheiten ausgestattet. Journalisten sind mit Einschüchterungen und manchmal Verhaftungen konfrontiert. Selbstzensur ist weit verbreitet (HRW 13.1.2021; vgl. FH 6.5.2020, FH 28.4.2021, FH 3.3.2021, ÖB 9.2020). Eine spezielle Zensurbehörde gibt es nicht. Zensurangelegenheiten obliegen dem präsidentiellen Apparat (BS 2020).

 

Alle ausländischen und inländischen Medien, einschließlich Webseiten, müssen sich behördlich registrieren und die Namen ihrer Gründer, Chefredakteure und Mitarbeiter anführen (USDOS 30.3.2021). Während die Präsenz unabhängiger internationaler Medienunternehmen in Usbekistan begrenzt ist, erhielten mehrere ausländische Reporter seit 2017 Akkreditierungen (FH 3.3.2021; vgl. FH 4.3.2020). 2019 wurden die Webseiten von 11 Nachrichtenkanälen und NGOs, darunter BBC und Eurasianet, zugänglich gemacht (FH 4.3.2020).

 

Einheimische Medien üben seit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten vorsichtig Kritik an lokalen Beamten und diskutieren über soziale Probleme. Offene Kritik am Präsidenten und an der Regierung wird jedoch meistens vermieden (FH 3.3.2021; vgl. FH 28.4.2021, ÖB 9.2020, BAMF 8.2021). Die Kritikmöglichkeiten an der Regierung und am Präsidenten sind eingeschränkt. Die öffentliche Beleidigung des Präsidenten gilt als Straftat, welche eine bis zu fünfjährige Freiheitsstrafe nach sich ziehen kann. Menschenrechtsaktivisten, Journalisten sowie andere Personen, welche Kritik an der Regierung üben, sind Belästigungen, Strafverfolgung und Verhaftungen ausgesetzt (USDOS 30.3.2021; vgl. RFE/RL 1.4.2021). Die Verbreitung von Falschinformationen steht unter Strafe (UNHRC 1.5.2020).

 

Eine Nutzung des Internets ist im Allgemeinen erlaubt. Die Regierung setzte Verfahrensvorschriften um, damit der Zugang zu Webseiten, welche „verbotene Informationen“ enthalten, eingeschränkt wird. Laut dem Justizministerium darf die Regierung Webseiten oder Blogs blockieren, ohne dass ein Gerichtsbeschluss vorliegen muss (USDOS 30.3.2021).

 

Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit 2021 von Reporter ohne Grenzen rangiert Usbekistan gegenwärtig auf Platz 157 von 180 Staaten. Rangmäßig befindet sich Usbekistan zwischen Weißrussland und Ruanda. Usbekistan verschlechterte sich um einen Platz gegenüber der Reihung des Vorjahres (ROG o.D.).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030954.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (1.4.2021): Ahead Of Vote And Amid Attacks On Critics, Uzbek President Criminalizes Online Insults, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048321.html , Zugriff 10.11.2021

- ROG – Reporter ohne Grenzen (o.D.): Rangliste der Pressefreiheit 2021, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2021/Rangliste_der_Pressefreiheit_2021_-_RSF.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die von der Verfassung garantierte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Regierung in der Praxis manchmal eingeschränkt (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 7.4.2021, BAMF 8.2021). Massenversammlungen dürfen nur an bestimmten Orten abgehalten werden. Behörden sind berechtigt, Massenversammlungen und Demonstrationen zu verbieten. In manchen Fällen werden Bürger, welche Versammlungen organisieren und dabei die geltenden Vorschriften missachten, von Behörden bedroht, mit hohen Geldstrafen belangt und sind willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt. Mit solchen Strafmaßnahmen sind auch Personen konfrontiert, welche an friedlichen Protesten teilnehmen (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020).

 

Arbeitnehmern ist es gesetzlich erlaubt, unabhängige Gewerkschaften zu gründen, diesen beizutreten und Tarifverhandlungen zu führen. In der Praxis sind keine unabhängigen Gewerkschaften aktiv. Gewerkschaftliche Diskriminierung ist verboten. Streiken ist gesetzlich weder erlaubt noch verboten (USDOS 30.3.2021). Organisierte Streiks sind äußerst selten. Der Gewerkschaftsbund wird vom Staat kontrolliert (FH 3.3.2021).

 

In Usbekistan sind keine Oppositionsparteien zugelassen (FH 3.3.2021; vgl. BS 2020, BAMF 8.2021). Oppositionsgruppen sind hauptsächlich aus dem Exil tätig. Heimische Unterstützer oder Familienangehörige von im Exil lebenden Oppositionellen werden verfolgt, und ihnen wird die Teilnahme an Wahlen untersagt (FH 3.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020). Die erste Oppositionspartei, Erk, wurde in den 1990er Jahren verboten. Solih, der Vorsitzende von Erk, wurde aus Usbekistan vertrieben, seine Verbündeten inhaftiert. Seit 1993 lebt Solih im Exil. Im Jänner 2020 verweigerte das Justizministerium die Registrierung von Erk (RFE/RL 6.4.2021). Weitere oppositionelle Parteien und Bewegungen sind Birlik (Einheit) und Serquyosh O'zbekistonim (Sonnenschein Usbekistan) (GIZ 12.2020a).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (12.2020a): Länderinformationsportal: Usbekistan – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat/ , Zugriff 5.5.2021

- RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (6.4.2021): Erk, Uzbekistan's First Opposition Party, Says It Will Attempt To Field A Presidential Candidate, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048765.html , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

14. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in usbekischen Gefängnissen stellen sich in manchen Fällen als hart und lebensbedrohlich dar. Es herrschen Lebensmittelknappheit, massive Überbelegung, körperliche Misshandlungen, unzureichende hygienische Bedingungen und medizinische Versorgungsmängel. Folter wird häufig angewendet (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, UNHRC 1.5.2020, ÖB 9.2020).

 

Das Innenministerium berichtete im Jahr 2020, dass 22.867 Personen in 43 Gefängnissen und 11 Untersuchungshaftanstalten inhaftiert sind. Von den 43 Gefängnissen sind 18 „geschlossene Strafanstalten“ und 25 offene Anstalten zur Wiedereingliederung. Die Haftanstalten werden vom Innenministerium beaufsichtigt (USDOS 30.3.2021; vgl. WPB o.D.). Im August 2019 wurde infolge eines präsidentiellen Dekrets das wegen Folter berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis Jaslik geschlossen (AI 16.4.2020; vgl. FH 28.4.2021).

 

Für Rechtsanwälte gestaltet sich der Zugang zu ihren Mandanten in Haftanstalten als schwierig (UNHRCC 20.4.2020). Es ist Inhaftierten verboten, religiöse Feste zu begehen. Familienangehörige Inhaftierter berichten, dass ihnen die Regierung nur wenige bis keine Informationen über den Gesundheitszustand ihrer inhaftierten Angehörigen zukommen lässt (USDOS 30.3.2021).

 

Es kommt vor, dass Gefangene (oft solche, welche wegen religiöser Anklagepunkte verurteilt wurden) nach Ablauf ihrer Haftstrafe nicht enthaftet werden. Haftzeiten werden aufgrund von Vorwürfen zusätzlicher Delikte, beispielsweise Gründung einer kriminellen Vereinigung oder Mitgliedschaft in verbotenen Organisationen, verlängert. Gesetzlich ist eine solche Vorgehensweise erlaubt (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020). Tausende von Personen, hauptsächlich friedliche Glaubensanhänger, sind wegen „Extremismus“ und aus politischen Gründen inhaftiert. Seit September 2016 wurden mehr als 50 politische Gefangene freigelassen, darunter Rechtsaktivisten, Journalisten und Oppositionsaktivisten (HRW 13.1.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020, ÖB 9.2020, BAMF 8.2021).

 

Mehrere unabhängige Beobachter erhalten beschränkten Zugang zu Strafvollzugsanstalten, wie Untersuchungshaftanstalten, Frauengefängnissen sowie Gefängniskolonien. UNICEF stattet den vier Jugendstrafkolonien des Landes regelmäßig Besuche ab. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat seit 2013 keine Gefangenen mehr besucht (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020, UNHRC 1.5.2020).

 

Die Ombudsperson für Menschenrechte sowie die Generalstaatsanwaltschaft haben die Befugnis, Beschwerdefälle zu untersuchen. Die Ombudsperson darf Empfehlungen abgeben. Mehrere Familienangehörige von aktuell oder ehemalig Inhaftierten berichten, die Ombudsperson hätte auf Beschwerden nicht reagiert. Es gibt Berichte, dass Beschwerden nicht objektiv untersucht werden und dass in vielen Fällen Beschwerden wegen Sicherheitsbedenken erst gar nicht eingebracht werden (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020).

 

Jährlich gewähren Behörden Inhaftierten Amnestien, wovon verschiedene Personengruppen profitieren, beispielsweise Personen, welche wegen religiösen Extremismus verurteilt wurden (USDOS 30.3.2021). Anlässlich des Nawruz-Festes sowie des Fastenmonats Ramadan begnadigte der Präsident im Jahr 2021 insgesamt 240 Personen (ZA 6.4.2021; vgl. ZA 14.6.2021).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRCC – United Nations Human Rights Council (20.4.2020): General Assembly: Visit to Uzbekistan – Report of the Special Rapporteur on the independence of judges and lawyers (A/HRC/44/47/Add.1), https://www.ecoi.net/en/file/local/2032720/A_HRC_44_47_Add.1_E.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

- WPB – World Prison Brief (o.D.): Uzbekistan – Overview, https://www.prisonstudies.org/country/uzbekistan , Zugriff 10.11.2021

- ZA – Zentralasien-Analysen (14.6.2021): Chronik 22.3.-23.5.2021 Usbekistan (Nr. 147), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/147/ZentralasienAnalysen147.pdf , Zugriff 10.11.2021

- ZA – Zentralasien-Analysen (6.4.2021): Chronik 25.1.-21.3.2021 Usbekistan (Nr. 146), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/146/ZentralasienAnalysen146.pdf , Zugriff 10.11.2021

 

15. Todesstrafe

In Usbekistan ist die Todesstrafe gesetzlich für alle Straftaten abgeschafft (AI 4.2021; vgl. WCADP o.D.). Im Jahr 2008 ratifizierte Usbekistan das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (UN-OHCHR o.D.).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (4.2021): Death Sentences and Executions 2020, https://www.amnesty.org/en/wp-content/uploads/2021/05/ACT5037602021ENGLISH.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UN-OHCHR – United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): Uzbekistan: Status of Ratification – Interactive Dashboard, https://indicators.ohchr.org/ , Zugriff 10.11.2021

- WCADP – World Coalition Against the Death Penalty (o.D.): Uzbekistan, https://worldcoalition.org/pays/uzbekistan/ , Zugriff 10.11.2021

 

16. Religionsfreiheit

Die Verfassung sieht Religions- und Glaubensfreiheit vor sowie eine Trennung von Staat und Religion (USDOS 12.5.2021; vgl. BS 2020, ÖB 9.2020, BAMF 8.2021). Infolge eines neuen Religionsgesetzes, welches der Präsident im Juli 2021 unterzeichnete, wurde das Verbot des Tragens religiöser Kleidung in der Öffentlichkeit aufgehoben (ZA 1.8.2021; vgl. BAMF 8.2021). Politische Parteien auf der Grundlage religiöser Prinzipien sind ebenfalls verboten (USDOS 12.5.2021; vgl. BAMF 8.2021). Gesetzliche Einschränkungen religiöser Aktivitäten sind zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, der Gesellschaftsordnung oder Moral erlaubt (USDOS 12.5.2021). Alle religiösen Institutionen und Vereinigungen werden vom Staat strikt kontrolliert (BS 2020; vgl. USCIRF 4.2021). Religiöse Literatur muss vom Staat genehmigt werden (USCIRF 4.2021).

 

Schätzungsweise sind zwischen 88% und 96% der usbekischen Bevölkerung (insgesamt ca. 31 bis 34 Millionen Menschen) Muslime. Die meisten Muslime sind Sunniten der hanafitischen Rechtsschule. Gemäß der Regierung ist ungefähr 1% der Bevölkerung schiitischen Glaubens (dschafaritische Rechtsschule). Ca. 2,2% der Bevölkerung sind russisch-orthodox (2019: 3,5%). Gemäß Angaben der Regierung umfassen die restlichen 1,8% der Bevölkerung Katholiken, ethnisch-koreanische Christen, Baptisten, Lutheraner, Siebenten-Tags-Adventisten, Protestanten, Pfingstgemeinden, Zeugen Jehovas, Buddhisten, Bahai, Mitglieder der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein und Atheisten (USDOS 12.5.2021). Die jüdische Bevölkerung wird auf bis zu 10.000 Personen geschätzt. Es gibt keine Berichte über antisemitische Handlungen oder Diskriminierung von Juden (USDOS 30.3.2021).

 

Alle religiösen Gruppen sind verpflichtet, sich beim Justizministerium zu registrieren. Religiöse Aktivitäten nicht registrierter religiöser Organisationen sind illegal. Die Registrierungsanforderungen sind hoch. Unter anderem ist ein Bewilligungssschreiben der örtlichen Nachbarschaftskomitees (Mahallas) erforderlich, welche damit zur Diskriminierung nicht-muslimischer religiöser Minderheiten beitragen und Registrierungsanträge unbegründet ablehnen dürfen. Das neue Religionsgesetz reduzierte die erforderliche Anzahl an Mitgliedern zur Gründung einer örtlichen Religionsgemeinschaft von 100 auf 50, welche nun jedoch alle derselben Stadt/Distrikt entstammen müssen. Das Komitee für religiöse Angelegenheiten überwacht die Aktivitäten registrierter religiöser Gruppen. Personen, welche der Mitgliedschaft in verbotenen muslimischen Organisationen verdächtigt werden, wie auch deren Familienangehörige sind Verhaftungen, Verhören und Folter ausgesetzt (USDOS 12.5.2021; vgl. FH 3.3.2021, USCIRF 1.2020, ÖB 9.2020, Forum 18 5.7.2021). Gemäß dem Komitee für religiöse Angelegenheiten sind 2.293 religiöse Organisationen registriert. Unter den 190 registrierten nicht-muslimischen Gruppen befinden sich 38 orthodoxe Kirchen, fünf katholische Kirchen, 60 Pfingstgemeinden, 24 Baptistenkirchen, zwei lutheranische Kirchen, ein Königreichssaal der Zeugen Jehovas, acht jüdische Gemeinden, ein buddhistischer Tempel usw. (USDOS 12.5.2021; vgl. BS 2020, FH 3.3.2021).

 

Medien berichten, dass die Regierung den Zugang zu einigen Webseiten mit religiösen Inhalten blockiert. Missionarische Tätigkeiten und privater Religionsunterricht sind verboten (USDOS 12.5.2021). Personen unter 18 Jahren dürfen an Gebeten in Moscheen nur dann teilnehmen, wenn sie von Verwandten begleitet werden (BAMF 8.2021). Zivilgesellschaftliche Gruppierungen und der UN-Menschenrechtsausschuss äußern Besorgnis über die breite und schwammige Gesetzesdefinition von „Extremismus“ (UNHRC 1.5.2020; vgl. USDOS 12.5.2021, HRW 13.1.2021, ÖB 9.2020). Leiter katholischer Gemeinden berichten nicht mehr über Überwachungen katholischer Gottesdienste (USDOS 12.5.2021). Seit einer Regierungsdirektive vom Dezember 2018, welche Razzien auf religiöse Gemeinschaften allgemein verbot, wurde diese Art von Verfolgung weitgehend eingestellt (USCIRF 11.2020). 2017 verkündete der Präsident, dass ungefähr 16.000 von 17.000 Personen aus einer offiziellen Liste gestrichen worden waren, welche Namen von Personen enthielt, die wegen religiösen Extremismus verurteilt oder verdächtigt worden waren (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Die Anzahl der aus religiösen Gründen Inhaftierten ist unbekannt (USDOS 30.3.2021) und beträgt nach Schätzungen mehrere tausend Personen (USCIRF 4.2021; vgl. FH 28.4.2021, EN 13.10.2021).

 

Gemäß dem Christenverfolgungsindex von Open Doors befindet sich Usbekistan auf Rang 21 (Vorjahr: Rang 18). Laut diesem Index bedeutet der Rang 21 ein sehr hohes Ausmaß der Verfolgung (OD 2021). Christen muslimischer Herkunft werden am stärksten verfolgt, sowohl durch den Staat als auch durch ihre Familien, Freunde und die Gesellschaft. Für Konvertitinnen besteht die Gefahr, entführt und mit Muslimen zwangsverheiratet zu werden (OD o.D.).

 

 

Quellen:

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- EN – Eurasianet (13.10.2021): Under 'reformist' president, Uzbekistan continues to jail thousands of Muslims, https://www.ecoi.net/de/dokument/2062229.html , Zugriff 16.11.2021

- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- Forum 18 (5.7.2021): President to sign restrictive new Religion Law?, https://www.ecoi.net/de/dokument/2055517.html , Zugriff 16.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- OD – Open Doors (2021): Weltverfolgungsindex 2021, http://www.opendoors.at/sites/default/files/wvi_2021_index_top_50.pdf , Zugriff 10.11.2021

- OD – Open Doors (o.D.): Usbekistan, http://www.opendoors.at/index/UZ , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): Uzbekistan – USCIRF-recommended for special watchlist – Annual Report 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052994/Uzbekistan+Chapter+AR2021.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (11.2020): ISSUE UPDATE: JEHOVAH’S WITNESSES, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045309/2020+Issue+Update+-+Jehovahs+Witnesses.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (1.2020): Country Update: Uzbekistan - Assessing Religious Freedom in Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2024439/2020+Uzbekistan+Country+Update.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051730.html , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

- ZA – Zentralasien-Analysen (1.8.2021): Chronik 24.5.-8.7.2021 Usbekistan (Nr. 148), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/148/ZentralasienAnalysen148.pdf , Zugriff 10.11.2021

 

 

 

17. Ethnische Minderheiten

Die Gesamtbevölkerung Usbekistans setzt sich aus ca. 83,8% Usbeken, 4,8% Tadschiken, 2,5% Kasachen, 2,3% Russen, 2,2% Karakalpaken und 1,5% Tataren zusammen. Andere ethnische Gruppen machen nach Schätzungen aus dem Jahr 2017 4,4% aus (CIA 26.10.2021).

 

Beschwerden über gesellschaftliche Gewalt oder Diskriminierung ethnischer Minderheiten sind selten. Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten volle politische Rechte (USDOS 30.3.2021). Ethnische Diskriminierung ist gesetzlich verboten (FH 3.3.2021).

 

Die Staatssprache ist Usbekisch. Russisch ist als Sprache der interethnischen Kommunikation gesetzlich vorgesehen (USDOS 30.3.2021). Die am häufigsten gesprochenen Sprachen sind Usbekisch (74,3%), Russisch (14,2%) und Tadschikisch (4,4%). 7,1% der Bevölkerung sprechen andere Sprachen. In der Autonomen Republik Karakalpakstan sind gemäß der Verfassung von Karakalpakstan die karakalpakische und die usbekische Sprache gleichberechtigt. In der Praxis wird das öffentliche und soziale Leben von der usbekischen Sprache beherrscht (CIA 26.10.2021; vgl. IWPR 17.5.2019).

 

Quellen:

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- IWPR – Institute for War and Peace Reporting (17.5.2019): Uzbekistan: Keeping the Karakalpak Language Alive, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008893.html , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

17.1. Staatenlose und Flüchtlinge

Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen, um Unterstützung für Flüchtlinge, Asylwerber, Staatenlose, rückkehrende Flüchtlinge etc. anzubieten. UNHCR- und UNDP-Mitarbeiter bieten Beratungsleistungen für Asylwerber bei deren Ankunft in Usbekistan an (USDOS 30.3.2021). Ein Asylsystem auf nationaler Ebene, welches allen Schutzbedürftigen den Zugang zu einem Asylverfahren garantiert und Schutz vor willkürlicher Verhaftung, Abschiebung und Refoulement gewährleistet, ist nicht existent. Asylwerber und Flüchtlinge im Land gelten als Migranten und werden nach der entsprechenden Migrationsgesetzgebung behandelt. Usbekistan hat die Flüchtlingskonvention (1951) und deren Protokoll (1967) nicht unterzeichnet (UNHRC 1.5.2020; vgl. UNHCR 5.2018, ÖB 9.2020).

 

Die Landgrenze zu Afghanistan ist derzeit geschlossen (BMEIA 11.10.2021; vgl. IWPR 8.9.2021). Afghanen, welche nicht im Besitz von Reisepässen, Visa und anderen Reisedokumenten sind, wird die Einreise nach Usbekistan verweigert. Während Usbekistan kurzzeitige Transite gestattet, wehrt sich das Land gegen die Aufnahme afghanischer Flüchtlinge (AI 10.2021; vgl. TD 8.9.2021).

 

In den letzten Jahren hat Usbekistan ca. 10.000 Staatenlosen die Staatsbürgerschaft verliehen (UNHCR 17.3.2020). Kinder staatenloser Eltern konnten die usbekische Staatsbürgerschaft nur dann erwerben, wenn beide Elternteile eine Aufenthaltsgenehmigung besaßen. Am 13. März 2020 unterzeichnete der Präsident ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz. Gemäß den neuen Bestimmungen wird registrierten Staatenlosen die usbekische Staatsbürgerschaft verliehen, wenn sie vor 1995 ein unbefristetes Aufenthaltsrecht erworben haben. Laut dem UNHCR-Vertreter für Zentralasien profitieren von dieser neuen Bestimmung ca. 50.000 Personen von den insgesamt mehr als 97.000 Staatenlosen im Land (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHCR 17.3.2020, ÖB 9.2020). Gemäß gesetzlichen Vorgaben müssen sich usbekische Bürger im Ausland bei einem Konsulat registrieren lassen, da ansonsten die Aberkennung der usbekischen Staatsbürgerschaft droht (UNHRC 1.5.2020). Das Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen (1954) und das Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit (1961) hat Usbekistan nicht unterzeichnet (UNHRC 1.5.2020; vgl. UNHCR 5.2018).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (10.2021): Like an obstacle course: Few routes to safety for Afghans trying to flee their country, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062588/ASA1148322021ENGLISH.pdf , Zugriff 16.11.2021

- BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (11.10.2021): Reiseinformation: Usbekistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/ , Zugriff 10.11.2021

- IWPR – Institute for War and Peace Reporting (8.9.2021): Central Asia Refuses to Accept Afghan Refugees, https://iwpr.net/global-voices/central-asia-refuses-accept-afghan-refugees , Zugriff 16.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- TD – The Diplomat (8.9.2021): Uzbekistan Should Do More to Help Afghans, https://thediplomat.com/2021/09/uzbekistan-should-do-more-to-help-afghans/ , Zugriff 16.11.2021

- UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (17.3.2020): Uzbekistan to end statelessness for 50,000 people, https://www.unhcr.org/news/press/2020/3/5e70b9474/uzbekistan-end-statelessness-50000-people.html , Zugriff 10.11.2021

- UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (5.2018): Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights' Compilation Report – Universal Periodic Review: 3rd Cycle, 30th Session – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434017/1930_1527837983_5b0830154.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

18. Relevante Bevölkerungsgruppen

18.1. Frauen

Usbekistan hat die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung von Frauen ratifiziert (UN-OHCHR o.D.). Gesetzlich sind Frauen den Männern gleichgestellt (USDOS 30.3.2021). Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen stellte im April 2020 fest, dass zwischen Männern und Frauen in Usbekistan Ungleichheit herrscht, Geschlechtsstereotypen bedient werden und dass Frauen in der Legislative und Judikative unterrepräsentiert sind. Außerdem zeigte sich der Menschenrechtsausschuss besorgt über Kinder- und Zwangsehen, Polygamie, häusliche Gewalt und mangelnden Opferschutz (HRW 13.1.2021).

 

Frauen genießen formal gleiche politische Rechte [wie Männer], sind aber nicht in der Lage, sich selbstständig zu organisieren, um ihre politischen Interessen in der Praxis zu vertreten. Frauen sind in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Es wurde eine Frauenquote von 30% für das Parlament eingeführt (OSZE 13.5.2020; vgl. ÖB 9.2020). Die Regierung stellt nur wenige Daten zur Verfügung, um Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen feststellen zu können (USDOS 30.3.2021). Die Bildungschancen von Frauen werden durch diskriminierende kulturelle und religiöse Normen begrenzt (FH 3.3.2021).

 

Im Jahr 2019 unterzeichnete der Präsident ein Gesetz über häusliche Gewalt. Bestrafungen für häusliche Gewalt sind unzureichend. Schutzmechanismen existieren, sind aber laut Aktivisten von geringem Nutzen für Opfer. Kulturelle Normen halten Frauen und deren Familien davon ab, offen über Vergewaltigung zu sprechen. Vergewaltigungen werden selten gemeldet oder strafrechtlich verfolgt. Vergewaltigung in der Ehe ist nicht ausdrücklich unter Strafe gestellt. Sexuelle Belästigung ist laut Gesetz nicht ausdrücklich verboten (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021, FH 3.3.2021). Bevor eine Scheidung eingereicht werden kann, müssen sich verheiratete Personen, darunter auch Opfer häuslicher Gewalt, vor den Versöhnungsausschuss der Mahallas (Nachbarschaftskomitees) begeben (UNHRC 1.5.2020). Es gibt von der Regierung und von NGOs betriebene Zufluchtsstätten für Opfer häuslichen Missbrauchs. Auch existieren Telefon-Hotlines für Opfer (USDOS 30.3.2021).

 

Polygamie, obwohl gesetzlich verboten, wird in einigen Teilen des Landes inoffiziell praktiziert und mit bis zu drei Jahren Haft und einem Bußgeld bestraft. Die betroffenen Frauen werden nicht bestraft (USDOS 30.3.2021).

 

In bestimmten Bereichen besteht Geschlechtertrennung, nämlich bei Festen, religiösen Riten sowie im ländlichen Milieu (GIZ 12.2020b).

 

Quellen:

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (12.2020b): Länderinformationsportal: Usbekistan – Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/ , Zugriff 5.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (13.5.2020): REPUBLIC OF UZBEKISTAN: PARLIAMENTARY ELECTIONS 22 December 2019 - ODIHR Election Observation Mission Final Report, https://www.osce.org/files/f/documents/9/3/452170_1.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UN-OHCHR – United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): Uzbekistan: Status of Ratification – Interactive Dashboard, https://indicators.ohchr.org/ , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

18.2. Kinder

Die usbekische Staatsbürgerschaft wird durch Geburt auf dem Territorium des Landes erworben oder auch von den Eltern abgeleitet. Alle Geburten werden im Allgemeinen sofort registriert (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHCR 17.3.2020). Usbekische Behörden berichten, 185 Fälle verkaufter Babys zwischen 2017 und 2020 protokolliert zu haben. Gemäß dem Innenministerium waren die Beweggründe der betroffenen Mütter mehrheitlich finanzielle und soziale Unsicherheit (EN 12.1.2021). Die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren beträgt 1,7% (Stand: Jahr 2021) (WHI 2021).

 

In Usbekistan herrscht Schulpflicht. Die ländliche Bevölkerung hat weniger Möglichkeiten als die Stadtbevölkerung, eine solide Ausbildung zu erhalten und eine Arbeit zu finden. Weibliche Personen haben theoretisch und praktisch gleiche Bildungschancen [wie männliche Personen] und machen von diesem Recht häufig Gebrauch (BS 2020). Obwohl das öffentliche Bildungssystem kostenlos ist, dürfen Schulen informelle Gebühren einheben (USDOL 29.9.2021). Es kommt häufig vor, dass Studierende gegen Bezahlung von Bestechungsgeldern bessere Noten erhalten. Nur 9,5% der Bevölkerung im Studierendenalter haben Zugang zu höherer Bildung (BS 2020). Das gesetzliche Mindestalter für Erwerbstätigkeit liegt bei 16 Jahren. Das Gesetz erlaubt Teilzeitarbeit ab einem Alter von 15 Jahren. Die Beschäftigung in einigen gefährlichen Bereichen ist für Kinder und Jugendliche verboten. Kinderarbeit ist nicht weit verbreitet. Unter anderem existieren einzelne Fälle von Kinderarbeit bei der Baumwollproduktion und -ernte und auch Fälle kommerzieller sexueller Ausbeutung. Von der Regierung angeordnete Kinderarbeit ist nicht feststellbar (USDOS 30.3.2021).

 

Sexuelle Ausbeutung von Kindern ist gesetzlich verboten. Kinderprostitution ist mit einem Bußgeld und einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht. Kinderpornografie wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von drei bis zu fünf Jahren geahndet. Das Strafausmaß für Vergewaltigung Minderjähriger beträgt 15 bis 20 Jahre Haft. Gewalt gegen Kinder wird gesellschaftlich als Familienangelegenheit betrachtet (USDOS 30.3.2021). Körperliche Züchtigung von Kindern zu Hause ist nicht verboten. In Schulen und Tagesbetreuungseinrichtungen ist die körperliche Züchtigung von Kindern nicht ausdrücklich verboten, ebenso nicht als Disziplinarmaßnahme in Strafanstalten (GI 1.2020).

 

Das Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen zeigt sich besorgt über die Situation von Kindern in Haftanstalten, über die Anwendung von Isolationshaft als Disziplinarstrafmaßnahme und über mangelnde Möglichkeiten regelmäßiger familiärer Kontakte (UNCAT 14.1.2020). Es wurden Fälle von Folter und Belästigung festgestellt (Humanium o.D.).

 

Das gesetzliche Mindestalter für Eheschließungen beträgt 18 Jahre. In Ausnahmefällen dürfen Distriktsbehörden das Heiratsalter um ein Jahr herabsetzen. In einigen ländlichen Gebieten werden 15-jährige oder jüngere Mädchen im Rahmen religiöser, nicht offiziell vom Staat anerkannter Zeremonien verheiratet (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021). Der Anteil der Frauen, welche vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet werden, wird auf 7% geschätzt (Humanium o.D.).

 

Usbekistan hat die Kinderrechtskonvention ratifiziert (UN-OHCHR o.D.). Am 22.4.2019 unterzeichnete der Präsident eine Verordnung, welche das Amt einer Ombudsperson für die Rechte von Kindern schuf (ZA 28.6.2019; vgl. ÖB 9.2020).

 

Quellen:

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- EN – Eurasianet (12.1.2021): Uzbekistan: 185 newborns sold over four-year period, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043752.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- GI – Global Initiative to End All Corporal Punishment of Children (1.2020): Corporal punishment of children in Uzbekistan, www.endcorporalpunishment.org/wp-content/uploads/country-reports/Uzbekistan.pdf , Zugriff 16.11.2021

- Humanium (o.D.): Kinder in Usbekistan: Kinderrechte in Uzbekistan verwirklichen, https://www.humanium.org/de/usbekistan/ , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNCAT – United Nations Committee against Torture (14.1.2020): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CAT/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2023235/G2000804.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (17.3.2020): Uzbekistan to end statelessness for 50,000 people, https://www.unhcr.org/news/press/2020/3/5e70b9474/uzbekistan-end-statelessness-50000-people.html , Zugriff 10.11.2021

- UN-OHCHR – United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): Uzbekistan: Status of Ratification – Interactive Dashboard, https://indicators.ohchr.org/ , Zugriff 10.11.2021

- USDOL – US Department of Labor [USA] (29.9.2021): 2020 Findings on the Worst Forms of Child Labor: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2061991.html , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

- WHI – Welthunger-Index (2021): Usbekistan, https://www.globalhungerindex.org/de/uzbekistan.html , Zugriff 10.11.2021

- ZA – Zentralasien-Analysen (28.6.2019): Chronik 20.4.-21.6.2019 Usbekistan (Nr. 135), https://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen135.pdf , Zugriff 10.11.2021

 

18.3. Sexuelle Minderheiten

Einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Männern sind strafbar und mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht (AI 7.4.2021; vgl. FH 3.3.2021, HRW 13.1.2021, USDOS 30.3.2021, ÖB 9.2020). Sexuelle Handlungen zwischen Frauen sind gesetzlich nicht verboten (USDOS 30.3.2021). Das Gesetz schützt LGBTI-Personen nicht vor Diskriminierungen. Gleichgeschlechtliche Sexualität stellt in der Gesellschaft generell ein Tabuthema dar. Gruppen, welche die Menschenrechte von LGBTI-Personen verteidigen, sind Sicherheitsrisiken ausgesetzt (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020, FH 3.3.2021). LGBTI-Personen sind mit tief verwurzelter Homophobie, systematischer Diskriminierung, Gewalt, Verfolgung, Einschüchterungen und Belästigungen durch Polizei und nicht-staatliche Akteure konfrontiert (AI 16.4.2020; vgl. HRW 13.1.2021, ÖB 9.2020). LGBTI-Personen werden von der Polizei regelmäßig verhaftet, erpresst (AI 16.4.2020; vgl. USDOS 30.3.2021), körperlich und seelisch gefoltert (ILGA 16.2.2021). Lesbische Frauen werden zwangsverheiratet. Obwohl gesetzlich die Möglichkeit von Geschlechtsumwandlungen besteht, werden diese in der Praxis nicht anerkannt (ECOM 6.2020).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021

- ECOM – Eurasian Coalition on Health, Rights, Gender and Sexual Diversity (6.2020): Human Rights Violations of Trans* People in Uzbekistan: An “alternative report" as a commentary on the Sixth Periodic Report CEDAW/C/UZB/6 to the List of Issues, https://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CEDAW/Shared%20Documents/UZB/INT_CEDAW_ICO_UZB_42605_E.docx , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ILGA – International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (16.2.2021): Annual Review of the Human Rights Situation of Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex People in Europe and Central Asia 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045688/Annual-Review-Full-2021.pdf , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

19. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit im In- und Ausland sowie das Recht auf Emigration und Repatriierung. Von der Regierung werden diese Rechte in der Praxis respektiert (USDOS 30.3.2021). Die Bewegungsfreiheit im Inland wird durch ein Aufenthaltsregistrierungssystem (Propiska) beschränkt, welches beispielsweise den Umzug vom Land in Städte erschwert (EN 15.1.2020; vgl. FH 28.4.2021). Für In- und Auslandsreisen ist ein Wohnsitzregistrierungsstempel im Inlandspass erforderlich. Gelegentlich kommt es im Rahmen von Visum-Antragsverfahren zu zeitlichen Verzögerungen bei der Planung von Reisen sowie Emigration (USDOS 30.3.2021).

 

Für Auslandsreisen benötigen Bürger Usbekistans einen separaten Reisepass, welcher vom Innenministerium ausgestellt wird und für zehn (Erwachsene) bzw. fünf Jahre (Minderjährige) gültig ist (USDOS 30.3.2021). Im Jahr 2019 wurde das Ausreisevisasystem abgeschafft (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Dennoch erfordern Auslandsaufenthalte weiterhin eine Genehmigung. Ehemalige politische Gefangene werden gemäß Berichten an Auslandsreisen gehindert, auch wenn sie beispielsweise dringend einer medizinischen Behandlung bedürfen (UNHRC 1.5.2020; vgl. ÖB 9.2020).

 

Quellen:

- EN – Eurasianet (15.1.2020): Uzbekistan sustains poverty by blocking internal migration, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022847.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

20. Grundversorgung und Wirtschaft

Ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung ist von Armut bedroht (BS 2020). Im Jänner 2021 berichtete der Präsident, dass zwischen 12% und 15% der Bevölkerung in Armut leben (USDOS 30.3.2021). Staatliche Gehälter und Pensionen sind relativ niedrig (BS 2020). Ca. 2,5% der Bevölkerung sind unterernährt (WHI 2021). 28% der Bevölkerung haben keinen Zugang zu Wasserversorgung. In vielen Städten und Dörfern ist die örtliche Bevölkerung mit einer mangelnden Infrastruktur für Gas und Strom konfrontiert (BS 2020).

 

Zu den bedeutendsten usbekischen Exportgütern zählen Erdgas, Baumwolle/Textilien, Nahrungsmittel sowie Metalle (WKO 6.2021a). Usbekistan ist weltweit der fünftgrößte Baumwollexporteur und der siebtgrößte Baumwollproduzent (CIA 26.10.2021; vgl. ÖB 9.2020). Das Land besitzt eine starke industrielle Basis (WKO 6.2021b). Alle landwirtschaftlichen Flächen sind Staatseigentum (HF o.D.). Präsident Mirsijojew hat die Monopolkontrolle der Regierung über die Vermarktung von Baumwolle und Getreide abgeschafft (CACI 28.4.2020). Im Doing Business Ranking der Weltbank hat sich Usbekistan in den letzten acht Jahren um 97 Plätze auf Rang 69 verbessert. Zu den wichtigsten Reformen seit 2016 zählt die im September 2017 beschlossene Wechselkursliberalisierung. Seither wird die usbekische Währung (Som) durch den Marktwert bestimmt (WKO 6.2021a). Die weit verbreitete Korruption und die extensive staatliche Kontrolle der Wirtschaft hemmen die Privatwirtschaft (FH 3.3.2021).

 

Die usbekische Wirtschaft verzeichnete seit der Öffnung des Landes 2017 ein starkes Wirtschaftswachstum (WKO 6.2021b). Trotz der Coronakrise ist die usbekische Wirtschaft im Jahr 2020 mit ca. 1,6% gewachsen (WKO 3.11.2021; vgl. WB o.D.). Die Arbeitslosigkeit betrug im ersten Halbjahr 2021 10,2%. Die Exporte stiegen um 12,3%, und die öffentliche Verschuldung fiel im ersten Halbjahr 2021 auf 38,5% des BIP. Die Inflation ist im Juni 2021 auf 11% gesunken (WB o.D.). Zahlreiche Maßnahmen wurden eingeführt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-Pandemie vor allem für Einzelunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen abzufedern: Aufschub von Steuerprüfungen; Erstreckung von Zahlungsfristen für verschiedene Steuern; Reduktion von Steuern und öffentlichen Gebühren; zinsfreie Kredite für besonders betroffene Wirtschaftssektoren (z.B. Tourismus); Exportfördermaßnahmen usw. (WKO 3.11.2021). Für Unternehmen und Personen mit niedrigem Einkommen wurden Subventionen eingeführt (WKO 6.2021b).

 

Quellen:

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- CACI – Central Asia-Caucasus Analyst (28.4.2020): Uzbekistan’s “System Reset", http://www.cacianalyst.org/resources/20-04-28FA-Aripov-Uzbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- HF – Heritage Foundation (o.D.): 2021 Index of Economic Freedom: Uzbekistan, https://www.heritage.org/index/country/uzbekistan , Zugriff 3.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021

- WB – World Bank (o.D.): The World Bank in Uzbekistan: Overview – Economy, https://www.worldbank.org/en/country/uzbekistan/overview#economy , Zugriff 10.11.2021

- WHI – Welthunger-Index (2021): Usbekistan, https://www.globalhungerindex.org/de/uzbekistan.html , Zugriff 10.11.2021

- WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (3.11.2021): Coronavirus: Situation in Usbekistan, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-usbekistan.html , Zugriff 10.11.2021

- WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (6.2021a): Länderreport Usbekistan, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/usbekistan-laenderreport.pdf , Zugriff 10.11.2021

- WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (6.2021b): Wirtschaftsbericht Usbekistan, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/usbekistan-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

20.1. Sozialsystem

In Usbekistan existiert ein System der Sozialversicherung (SSA 3.2019). Der Mechanismus zur Identifizierung Bedürftiger ist unzureichend. Vor allem die Mahallas (Nachbarschaftskomitees) werden von der Öffentlichkeit kritisiert, und ihnen wird ein intransparentes Finanzsystem und willkürliche Verteilung von Geldern vorgeworfen (EN 26.8.2020). Die Mahallas bieten verschiedene soziale Hilfeleistungen an, darunter Unterstützung älterer Personen, Alleinerziehender oder kinderreicher Familien (USDOS 30.3.2021).

 

Im Falle einer Mutterschaft werden 100% des Einkommens 56 Tage vor und 56 Tage nach dem Geburtstermin ausbezahlt. Falls Komplikationen auftreten oder im Falle von Mehrlingsgeburten kann der Unterstützungszeitraum auf 70 Tage ausgeweitet werden. Berufstätige Mütter, welche Kinder unter zwei Jahren betreuen, erhalten 200% des monatlichen Mindestlohns. Mütter, welche Kinder zwischen zwei und drei Jahren betreuen, dürfen unbezahlten Urlaub nehmen. Kleinkindbeihilfen sind vorgesehen für Kinder unter zwei Jahren und sind einkommensabhängig, außer im Falle Alleinerziehender und bei Familien mit mindestens einem beeinträchtigten Kind. Kleinkindbeihilfen betragen 200% des monatlichen Mindestlohns. Auf Empfehlung der örtlichen Nachbarschaftskomitees können z.B. bedürftige Familien in den Genuss von Familienbeihilfen kommen. Familienbeihilfen betragen das 1,5- bis 3-fache des monatlichen Mindestlohns für drei Monate. Dieser Zeitraum kann unter bestimmten Bedingungen ausgedehnt werden. Sozialhilfen für Familien sind vorgesehen für bedürftige Familien mit Kindern unter 14 Jahren. Ausbezahlt werden 50% des monatlichen Mindestlohns für ein Kind, 100% für 2 Kinder, 140% für drei Kinder und 175% für vier oder mehr Kinder. Sozialhilfen für Familien werden für einen (verlängerbaren) Zeitraum von sechs Monaten ausbezahlt (SSA 3.2019).

 

Um sich für eine Arbeitslosenunterstützung zu qualifizieren, muss die betreffende Person während der letzten zwölf Monate mindestens zwölf Wochen gearbeitet haben oder sich zum ersten Mal als arbeitssuchend registrieren. Die Leistung kann gekürzt, ausgesetzt oder entzogen werden, z.B. wenn der Versicherte aus disziplinarrechtlichen Gründen entlassen wurde, das Dienstverhältnis ohne triftigen Grund beendet hat oder wenn der Versicherte betrügerische Ansprüche geltend gemacht hat. Die Arbeitslosenunterstützung beträgt 50% des Durchschnittslohns des Versicherten während der letzten 26 Wochen und mindestens 100% vom monatlichen Mindestlohn (SSA 3.2019).

 

Im Falle von Krankheit gibt es finanzielle Unterstützung für Einwohner Usbekistans, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, in Bildungskarenz oder arbeitslos sind. Das Krankengeld beläuft sich auf 60% des letzten Monatsgehalts bei weniger als acht Jahren ununterbrochener Beschäftigung und auf 80% bei mindestens acht Jahren Beschäftigung (SSA 3.2019).

 

Das Pensionsantrittsalter liegt bei 60 Jahren für Männer mit 25-jähriger Berufserfahrung und bei 55 Jahren für Frauen mit 20-jähriger Berufserfahrung. Alterspensionen werden abhängig vom Einkommen des Versicherten ausbezahlt. Personen mit niedrigem Einkommen erhalten die monatliche Mindestpension. Mit Stand November 2018 betrug die monatliche Mindestpension (Alterspension) 396.500 Som [ca. EUR 32]. Eine Alters- bzw. Sozialpension steht einkommensabhängig zu für Männer ab 60 Jahren mit weniger als 25 Jahren Berufserfahrung und für Frauen ab 55 Jahren mit weniger als 20 Jahren Berufserfahrung. Die Alters- bzw. Sozialpension beträgt 243.300 Som [ca. EUR 20] monatlich (Stand November 2018) (SSA 3.2019).

 

Es gibt Invaliditätspensionen, welche gemäß zwei Invaliditätskategorien ausbezahlt werden: Gruppe I (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit, permanenter Betreuungsbedarf) und Gruppe II (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit, kein permanenter Betreuungsbedarf). Personen mit den Invaliditätsgraden I und II erhalten bei weniger als 25 Jahren Erwerbstätigkeit (Männer) oder weniger als 20 Jahren Erwerbstätigkeit (Frauen) 55% des durchschnittlichen Monatslohns von fünf aufeinanderfolgenden Jahren während der letzten zehn Jahre. Die Mindestpension für Personen mit den Invaliditätsgraden I und II beträgt 100% der monatlichen Mindestpension (Alterspension) (SSA 3.2019).

 

Die Hinterbliebenenpension beträgt 30% des monatlichen Durchschnittseinkommens des verstorbenen Angehörigen und mindestens 50% des monatlichen Mindestlohns (SSA 3.2019).

 

Leistungen werden an die Entwicklung der Lebenserhaltungskosten angepasst (SSA 3.2019).

 

Quellen:

- EN – Eurasianet (26.8.2020): Uzbekistan: Charities resist government monopolization of social protection, https://www.ecoi.net/de/dokument/2036816.html , Zugriff 10.11.2021

- SSA – Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 - Country Summaries: Uzbekistan, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/uzbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

21. Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend. Ein zuverlässig funktionierendes Rettungswesen ist auch in den Städten nicht überall existent. Auch in Taschkent und Samarkand entspricht die medizinische Versorgung vielfach nicht europäischem Standard (AA 29.10.2021; vgl. Gov.uk o.D.). Die meisten Krankenhäuser sind unzureichend ausgestattet, und die Hygienebedingungen sind ebenfalls ungenügend, vor allem in Spitälern in ländlichen Regionen (Gov.uk o.D.). In Usbekistan gibt es 558 Krankenhäuser (BS 2020).

 

Armutsbezogene Krankheiten wie Tuberkulose, aber auch HIV/AIDS sind auf dem Vormarsch (GIZ 12.2020b; vgl. AA 29.10.2021). Das Gesetz schützt HIV-Infizierte vor Diskriminierung. HIV-positive Personen berichten über soziale Isolation und Diskriminierung durch Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen, Gesundheitspersonal, Strafverfolgungsbehörden, Vermieter und Arbeitgeber. Das Militär hat HIV-positive Rekruten aus der Armee ausgestoßen (USDOS 30.3.2021).

 

Die Verfassung garantiert usbekischen Bürgern kostenfreien Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das von der Regierung garantierte Basisleistungspaket umfasst Primärversorgung, Notfallversorgung, Behandlung sozial bedeutender und gefährlicher Krankheiten (insbesondere übertragbare Krankheiten sowie einige nicht-übertragbare Krankheiten, darunter schlechte psychische Gesundheit und Krebserkrankungen) sowie die spezielle (sekundäre und tertiäre) Versorgung von Bevölkerungsgruppen, welche von der Regierung als vulnerabel eingestuft werden. Medikamente, die stationär verabreicht werden, sind im Basisleistungspaket enthalten und werden kostenlos abgegeben. Ambulant verschriebene Medikamente sind nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen, darunter HIV/AIDS-Patienten, Patienten mit Diabetes oder Krebs sowie für bei Hilfsorganisationen registrierte, alleinstehende Pensionisten, kostenlos (BDA 22.9.2017).

 

Weil das vom Staat bereitgestellte Budget nicht ausreicht, um alle Kosten zu decken, wird erwartet, dass Patienten informelle Zahlungen in Form von Geschenken oder Bestechungsgeldern leisten. In sekundären und tertiären Pflegeeinrichtungen wird zunehmend auch der Ansatz formeller Zahlungen gefördert (BDA 22.9.2017).

 

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.10.2021): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790 , Zugriff 10.11.2021

- BDA – Belgian Desk on Accessibility / Belgian Immigration Office [Belgien] (22.9.2017): Question & Answer BDA-20170117-UZ-6438

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

-

- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (12.2020b): Länderinformationsportal: Usbekistan – Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/ , Zugriff 5.5.2021

- Gov.uk – Webseite der Regierung [Großbritannien] (o.D.): Foreign travel advice Uzbekistan: Health, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/uzbekistan/health , Zugriff 21.10.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

22. Rückkehr

Das Thema der Migration ist in Usbekistan auf der Gesetzesebene unzureichend und uneinheitlich ausgearbeitet, was zu unregulierten Migrationsströmen führt. Fragen der Rückkehrmigration werden in nationalen Entwicklungsstrategieplänen erörtert, so im Rahmen der Entwicklungsstrategie für die Jahre 2017-2021. Eine einheitliche Migrationspolitik existiert nicht. Auch wurde bisher nicht das Gesetz „Über die Migration“ verabschiedet. Im Jahr 2018 wurde Usbekistan Mitglied der Internationalen Organisation für Migration (IOM) (IOM 2020).

 

Im Exil Lebende werden von der usbekischen Regierung transnational unterdrückt. Während der vergangenen sechs Jahre kam es zu Attentaten gegen Exilanten (FH 2.2021). Das Interesse der usbekischen Behörden an rückkehrenden usbekischen Staatsangehörigen richtet sich vor allem danach, wie lange sie im Ausland waren und in welchen Staaten sie sich während dieses Zeitraums aufgehalten haben. So ist nach einer Rückkehr aus dem Ausland mit einer kurzen Befragung durch die Polizei zu rechnen. Bei der Rückkehr aus einem Krisenland (etwa Syrien) hingegen besteht ein besonderes Interesse der usbekischen Behörden an Rückkehrern. Solche Befragungen stellen sich langwierig und intensiv dar (ÖB 18.3.2019).

 

Das Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen zeigt sich beunruhigt über Berichte, dass nationale Sicherheitsbeamte im Geheimen Exilanten gegen deren Willen nach Usbekistan zurückbringen. Viele der Betroffenen werden versteckt festgehalten und angeblich gefoltert sowie misshandelt, um Geständnisse oder die Belastung anderer Personen zu erzwingen (UNCAT 14.1.2020).

 

Oppositionsgruppen sind hauptsächlich aus dem Exil tätig. Heimische Unterstützer oder Familienangehörige von im Exil lebenden Oppositionellen werden verfolgt, und ihnen wird die Teilnahme an Wahlen untersagt (FH 3.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020). Menschenrechtsverteidiger und Journalisten im Exil werden geheim überwacht und sind das Ziel von Phishing- und Spyware-Angriffen (AI 7.4.2021; vgl. FH 2.2021).

 

Der Präsident ersuchte usbekische Bürger im Ausland, nach Usbekistan zurückzukehren und mit ihren Fähigkeiten, Wissen und Expertise einen Beitrag zur Umgestaltung des Landes zu leisten (BS 2020; vgl. TD 31.5.2019).

 

Eine Überschreitung der Grenze unter Verletzung der geltenden rechtlichen Bestimmungen wird mit einer Geldstrafe, Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsstrafe von drei bis fünf Jahren bestraft (ÖB 18.3.2019).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (2.2021): Out of Sight, Not Out of Reach. The Global Scale and Scope of Transnational Repression, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045035/Complete_FH_TransnationalRepressionReport2021_rev020221.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- IOM – Internationale Organisation für Migration (2020): Возвратная миграция: международные подходы и региональные особенности Центральной Азии [Rückkehrmigration: Internationale Zugänge und regionale Besonderheiten Zentralasiens], https://publications.iom.int/system/files/pdf/return-migration-in-ca-ru.pdf , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft [Österreich] (18.3.2019): Information per E-Mail

- TD – The Diplomat (31.5.2019): Can Return Migration Be a ‘Brain Gain’ for Uzbekistan?, https://thediplomat.com/2019/05/can-return-migration-be-a-brain-gain-for-uzbekistan/ , Zugriff 10.11.2021

- UNCAT – United Nations Committee against Torture (14.1.2020): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CAT/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2023235/G2000804.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021

 

4. Beweiswürdigung:

 

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

 

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.

 

 

4.1. Zur Person des BF:

 

Die Feststellungen zur Identität des BF (Name und Geburtsdatum) ergeben sich aus seinen diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben vor dem BFA, im Beschwerdeverfahren und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie aus den vorgelegten Dokumenten.

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft sowie zu den Lebensumständen des BF stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Verfahren vor dem BFA und im Beschwerdeverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

 

Die Identität des BF steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

 

Die Feststellung zu den Familienverhältnissen des BF beruht auf den gleichbleibenden Angaben. Die Feststellungen zur Ausbildung und Erwerbstätigkeit des BF beruhen auf seinen eigenen, unbestrittenen Angaben.

 

4.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

 

Die Feststellungen zu den Gründen des BF für das Verlassen seines Heimatstaates stützen sich auf die von ihm vor dem BFA und im Beschwerdeverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG getroffenen Aussagen.

 

Der BF schilderte als fluchtauslösendes Ereignis, dass er wegen seiner Aussagen während der Präsentation seiner Diplomarbeit bezüglich der kriminellen Machenschaften des Präsidenten politisch verfolgt werde. Er wäre zwei Mal von der Polizei verhört worden und er hätte erfahren, dass er wegen illegaler Aktionen gegen die Verfassung strafrechtlich angeklagt werden solle. Auch wäre im Raum gestanden, dass er in seiner Arbeit als korrupter XXXX hingestellt werde, was ebenfalls mit Gefängnis bedroht wäre. Da ihm ferner die Polizisten gedroht hätten, ihn umzubringen, hätte er das Land verlassen.

 

Festzuhalten ist, dass die von ihm vorgebrachten Verfolgungsgründe weder bewiesen noch ausreichend belegt worden sind. Daher ist zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit des BF und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen.

 

Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des BF hat vor allem zu berücksichtigen, ob dieser außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu seinen Fluchtgründen die Wahrheit gesagt hat; auch ist die Beachtung der in § 15 AsylG normierten Mitwirkungspflichten gemäß § 18 Abs. 2 AsylG und die sonstige Mitwirkung des BF im Verfahren zu berücksichtigen.

 

Im Falle des ist festzuhalten, dass dieser aufgrund mehrerer unplausibler und unstimmiger Angaben eine Bedrohung durch die usbekischen Behörden aufgrund seiner politischen Äußerungen gegen das Regime nicht glaubhaft vorbringen hat können.

 

So gab der BF zwar vor dem BFA und dem BVwG übereinstimmend an, dass er während der Präsentation seiner Diplomarbeit an der Universität mündlich Kritik an der Tochter des ehemaligen Präsidenten geübt und die Korruption in Usbekistan angeprangert hätte, weshalb er zwei Mal von der Polizei verhört worden wäre und danach flüchten hätte müssen. Allerdings ist im gegenständlichen Fall nicht nachvollziehbar, dass der BF einerseits seine Aussagen bei der Präsentation bereits im XXXX getätigt haben soll, und andererseits er sein Studium problemlos abschließen konnte und erst im XXXX Probleme mit der Polizei bekommen haben will. Hier stellt sich die Frage, weshalb die Behörden nicht unmittelbar nach seinen regimekritischen Äußerungen eingeschritten und eine Untersuchung gegen den BF eingeleitet haben, zumal dieser angab, dass sein Verhalten mit einer hohen Gefängnisstrafe – bis zu 20 Jahren – bedroht gewesen sei. Hätte es sich tatsächlich wie vom BF beschrieben abgespielt, so wäre er in Anbetracht des begangenen Verbrechens wohl in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang ins Visier der Polizei gekommen. Dass die Behörden jedoch mehr als 14 Monate zuwarten, ihn in dieser Zeit (angeblich) nur observieren und ihm somit Zeit geben, möglicherweise belastendes Material zu vernichten, erscheint unplausibel und nicht lebensnah. In diesem Zusammenhang ist für das erkennende Gericht auch nicht logisch nachvollziehbar, dass der BF trotz der angeblichen Schwere seiner Tat lediglich zwei Mal einvernommen und nicht gleich festgenommen worden wäre. Dass der BF im Gegenteil nach den Einvernahmen nur mit einer Verwarnung freigelassen worden wäre, spricht gegen das Begehen der vom BF beschriebenen Straftat durch diesen.

 

Ferner wird festgehalten, dass es vor der Ausreise des BF zu keiner tatsächlichen konkreten Anklage gekommen ist und offenbar auch bis heute keine juristischen Schritte gegen seine Person eingeleitet wurden. So gab der BF an, dass lediglich sein Vater – ein ehemaliger XXXX , der jedoch aufgrund der Aussagen des BF bei der Präsentation entlassen worden wäre – aufgrund seiner guten Beziehungen zu wichtigen Beamten erfahren haben will, dass dem BF eine Anklage wegen Verstößen gegen die Verfassung drohe bzw. ihm in seinem Beruf ein Fehlverhalten als XXXX unterstellt werde. Hier ist es befremdend, dass der Vater einerseits als XXXX entlassen wurde, da er offenbar als regimekritisch und wenig vertrauenswürdig galt, er jedoch andererseits dennoch so viel Einfluss hatte, sodass er von den Ermittlungen gegen den BF erfahren und diesen warnen konnte. Insgesamt erscheint es als Widerspruch in sich, dass der Vater Kontakte bis in höchste Kreise der Ministerien unterhalten haben soll, er jedoch nicht verhindern konnte, ohne Angabe von Gründen von seinem XXXX entfernt zu werden und dass gegen den BF ein Verfahren eingeleitet wurde.

 

Gegen den Wahrheitsgehalt der Fluchtgeschichte spricht insbesondere der Ablauf der Ausreise des BF. So ist es nicht nachvollziehbar, dass der BF als potentieller Regimekritiker ohne Weiteres um ein Visum ansuchen konnte, welches von der Botschaft überprüft und ihm auch genehmigt wurde. Wäre dem BF tatsächlich ein mit 20 Jahren Gefängnis bedrohtes Verbrechen vorgeworfen worden – auch wenn nur der Verdacht vorgelegen und noch kein Verfahren eingeleitet worden wäre –, so hätten es wohl die Behörden – die den BF ja auch angeblich observiert haben sollen – auf keinen Fall zugelassen, dass dieser ungehindert und legal das usbekische Staatsterritorium verlässt und sich somit dem Zugriff der Strafverfolgungsorgane entzieht.

 

Ferner ergaben sich Unstimmigkeiten in den Aussagen des BF. So gab der der BF vor dem BFA an, dass er in der zweiten polizeilichen Einvernahme nach einem Professor an seiner Uni gefragt worden wäre, welcher als regimekritisch galt und von dem er seine Unterlagen bezogen hätte. In der Verhandlung vor dem BVwG jedoch erwähnte der BF den Professor von sich aus mit keinem Wort. Erst nach mehrmaliger Nachfrage, was er beim zweiten Mal von den Beamten gefragt worden wäre, und nach Vorhalt, wer denn der vor dem BFA genannte Professor sei, machte der BF Angaben dazu und meinte, dass er vieles vergessen habe. Es ist jedoch überaus befremdlich, dass der BF die Person des Professors vergessen haben will, zumal dieser eine bedeutende Rolle in der Geschichte des BF einnimmt, da ihn dieser mit den Informationen über die Korruption in Usbekistan, welche er bei seiner Präsentation verwendete, versorgt hatte. Auch dass dem BF der Vorname des Professors nicht geläufig war, erscheint ungewöhnlich zu sein.

 

Des Weiteren gab der BF zu Beginn der Verhandlung vor dem BVwG an, dass er ohne Probleme ausreisen hätte können, da offiziell kein Strafverfahren eingeleitet worden wäre, er wäre jedoch laut Information eines Cousins, der XXXX arbeite, auf einer inoffiziellen „schwarzen Liste“ gestanden („Es gab keine Probleme bei der Ausreise aus Usbekistan, weil kein offizielles Strafverfahren gegen mich eingeleitet wurde. Der Sohn meines Onkels väterlicherseits arbeitet XXXX und von ihm wurde mir mitgeteilt, dass ich auf einer inoffiziellen schwarzen Liste des Sicherheitsdienstes von Usbekistan stehe.“). Nur wenig später sagte der BF jedoch aus, dass er bei der Ausreise noch nicht auf dieser Liste gestanden sei („BF: Derzeit wird nach mir nicht gefahndet, aber laut dem Sohn meines Onkels stehe ich auf dieser schwarzen Liste. RI: Auf dieser schwarzen Liste sind Sie bei Ihrer Ausreise aber auch schon gestanden und trotzdem haben Sie ausreisen können. BF: Nein, damals war ich noch nicht auf der schwarzen Liste.“). Auf Vorhalt dieses Widerspruches führte der BF aus, dass er aktuell auf der Liste stehe, jedoch bei seiner Ausreise noch nicht, allerdings stellt sich hier die Frage, weshalb überhaupt eine Gefahr für den BF bestanden haben soll, wenn er weder offiziell strafrechtlich verfolgt wurde noch auf der inoffiziellen Liste des Geheimdienstes gestanden ist.

 

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass auch das Verhalten des BF nach seiner Ausreise gegen den Wahrheitsgehalt der Fluchtgeschichte spricht. Der BF ist legal mit einem Touristenvisum aus Usbekistan nach Spanien eingereist und nach wenigen Tagen nach Malta weitergeflogen, wo sich der BF ca. eineinhalb Jahre unrechtmäßig aufhielt und statt der Stellung eines Asylantrages eine illegale Beschäftigung ausübte sowie mit Aktien handelte. Wäre der BF tatsächlich einer asylrelevanten Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen ausgesetzt gewesen, so hätte er wohl bereits bei seinem Aufenthalt in Spanien oder spätestens in Malta einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Durch dieses Unterlassen kann gefolgert werden, dass die Ausreise des BF andere Motive als jene der Schutzsuche hatte und die Fluchtgeschichte lediglich ein gedankliches Konstrukt darstellt.

 

Bezüglich der Angaben in der Beschwerde, dass der BF aktuell ohne Bekenntnis sei und zu prüfen gewesen wäre, ob der BF als nunmehriger Agnostiker aufgrund seiner Abwendung zum Islam verfolgt werden könnte, ist auszuführen, dass der BF in der Verhandlung vor dem BVwG angab, diesbezüglich keinerlei Probleme zu befürchten.

 

Der Ermittlungspflicht des BFA steht eine Mitwirkungspflicht des BF gegenüber. Der VwGH hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben erforderlich ist, dass der BF die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert, und dass diese Gründe objektivierbar sind, wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des „Glaubhaft-Seins“ der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt. Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen und für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 11.11.1991, 91/12/0143, VwGH 13.04.1988, 86/01/0268). Der Antragsteller hat daher das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (u.a. VwGH 26.06.2997, 95/18/1291, VwGH 17.07.1997, 97/18/0336, VwGH 05.04.1995, 93/180289). Die Mitwirkungspflicht bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Das Verwaltungsverfahren im Asylverfahren sieht neben der allgemeinen Manuduktionspflicht des AVG (§ 13a leg. cit.) eine Reihe weiterer verfahrenssichernder Maßnahmen vor, um einerseits der Verpflichtung nach § 37 AVG nachhaltig Rechnung zu tragen, sowie andererseits um die in einem solchen Verfahren oft schwierigen Beweisfragen zu klären. Daher ist die erkennende Behörde auch auf die Verwertung allgemeiner Erfahrungssätze angewiesen. Die Bildung von solchen Erfahrungssätzen ist aber nicht nur zu Gunsten des Asylwerbers möglich, sondern sie können auch gegen ein Asylvorbringen sprechen.

 

Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens – niederschriftlichen Einvernahmen – unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).

 

Da dies auf das Vorbringen des BF zutrifft, konnte der BF eine begründete, asylrelevante Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft machen.

 

Von weiteren Erhebungen im Herkunftsland konnte daher Abstand genommen werden. Da weitere Fluchtgründe weder behauptet wurden, noch von Amts wegen hervorgekommen sind, konnte eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht werden.

 

4.3. Die Feststellungen, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, stützen sich auf die Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG. Hinweise, dass er körperlich nicht in der Lage sein könnte, wieder eine berufliche Tätigkeit auszuüben, haben sich somit nicht ergeben.

 

Für eine existenzielle Gefährdung des BF bestehen keine Hinweise. Der BF verfügt über eine gute Schulbildung und Berufserfahrung sowie familiäre Anknüpfungspunkte im Heimatland. Folglich kann der erwerbsfähige BF auch nach Rückkehr in den Usbekistan eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.

 

4.4. Zur Lage im Herkunftsstaat der BF:

 

Die diesem Erkenntnis zugrundegelegten Länderfeststellungen (siehe oben Punkt 3.4.) gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Usbekistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben.

 

Der BF hat die angeführten Feststellungen nicht in substantiierter Weise bestritten.

 

4.5. Zu den Feststellungen zum (Privat)Leben des BF in Österreich:

 

Die Feststellung zur Aufenthaltsdauer, zur Lebenssituation und Integration des BF in Österreich stützen sich auf die Aktenlage, insbesondere die vorgelegten Schriftstücke und die Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung. Die Feststellung, dass der BF bereits über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügt, beruht auf der persönlichen Wahrnehmung des erkennenden Richters in der Beschwerdeverhandlung. Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem Strafregisterauszug. Dass der BF aktuell in Österreich ein Gewerbe ausübt und selbsterhaltungsfähig ist, ergibt sich aus den vorgelegten Dokumenten.

 

5. Rechtliche Beurteilung:

 

5.1. Anzuwendendes Recht:

 

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.

 

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

 

Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

 

5.2. Rechtlich folgt daraus:

 

Zu Spruchteil A):

 

5.2.1. Die gegenständliche und zulässige Beschwerde wurde rechtzeitig beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 18.08.2021 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

 

5.2.2. Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde.

 

Dem BF wurde insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahme – alle jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher – ausreichend rechtliches Gehör gewährt.

 

Die belangte Behörde befragte den BF in der Einvernahme insbesondere zu der von ihm behaupteten Gefahrensituation im Usbekistan und legte ihr Entscheidung umfangreiche Berichte unbedenklicher Stellen über die Situation im Usbekistan zu Grunde.

 

5.2.3. Zur Beschwerde:

 

Das Vorbringen in der Beschwerde war ebenfalls nicht geeignet, das Antragsvorbringen des BF zu unterstützen. Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich in der Wiederholung des bisherigen Vorbringens.

 

5.2.4. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides:

 

5.2.4.1. Zu § 3 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 3 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist und glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes; Neufassung) verweist.

 

Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Die mit 01.01.2016 in Kraft getretenen Abs. 4 bis 4b des § 3 AsylG, die gemäß § 75 Abs. 24 für Asylanträge gelten, die nach dem 15.11.2015 gestellt worden sind, lauten:

 

„(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

 

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.“

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/011; VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031). Für eine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, 95/01/0454; VwGH 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.02.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183; VwGH 18.02.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, 94/18/0263; VwGH 01.02.1995, 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

 

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, 98/01/0370; VwGH 22.10.2002, 2000/01/0322).

 

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, 98/01/0503 und 98/01/0648).

 

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße – möglicherweise vorübergehende – Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, 98/20/0399; VwGH 03.05.2000, 99/01/0359).

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

 

5.2.4.1.1. Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

 

Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte vom BF jedoch nicht glaubhaft gemacht werden. Das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen stellt keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar.

 

Da der BF die behaupteten Fluchtgründe, nämlich die – aktuell drohende – Gefahr einer politisch motivierten Verfolgung durch die usbekischen Behörden, nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, nicht vor.

 

5.2.4.1.2. Daher war im Ergebnis die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

5.2.4.2. Zu § 8 AsylG (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

5.2.4.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG idF FrÄG 2009 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG idF FrÄG 2009 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

5.2.4.2.2. Das BVwG hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des „real risk“, wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, 2002/20/0582; VwGH vom 31.05.2005, 2005/20/0095).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 50 Abs. 1 FPG bzw. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 AsylG 1997 iVm. § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG (nunmehr: § 50 Abs. 1 FPG bzw. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059).

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs (im Folgenden: VwGH) ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

Hinsichtlich der Bezugspunkte bei der Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 13.09.2013, U370/2012 folgendes ausgeführt:

 

"Für die zur Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes erforderliche Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten bewaffneten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr abzustellen. Kommt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers als Zielort wegen der dem Beschwerdeführer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (VfGH 12.03.2013, U1674/12; 12.06.2013, U2087/2012).“

 

5.2.4.2.2. Wie bereits oben ausgeführt, bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des BF aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde.

 

Zunächst kann vor dem Hintergrund der Feststellungen nicht gesagt werden, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443). Es liegen keine begründeten Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF mit der hier erforderlichen Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, im Herkunftsland Übergriffen von im gegebenen Zusammenhang interessierender Intensität ausgesetzt zu sein.

 

Weiters kann auch nicht angenommen werden, dass der arbeitsfähige gesunde BF, welcher eine gute Schulbildung genossen hat und über Arbeitserfahrung verfügt, nach einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, zumal ihm die selbstständige Sicherung seines Lebensunterhalts zuzumuten ist. Darüber hinaus verfügt der BF über familiäre Anknüpfungspunkte in Usbekistan, welche ihm – zumindest zu Beginn – finanzielle Unterstützung zukommen lassen können.

 

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Grundversorgung der usbekischen Bevölkerung – wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt – gesichert ist. Zusätzlich ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sich aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 FrG ergibt (vgl. etwa VwGH 30.01.2001, 2001/01/0021).

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in einigen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10.12.1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person des BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden. Zur individuellen Versorgungssituation des BF wurde festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim BF handelt es sich um einen gesunden, arbeitsfähigen jungen Mann mit guter Ausbildung und Berufserfahrung. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist, und andererseits gehört er keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Ebenso kam hervor, dass der BF im Herkunftsstaat über soziale Anknüpfungspunkte und jedenfalls eine Wohngelegenheit bei einem seiner Angehörigen verfügt.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

 

Schließlich steht auch die aktuell weltweit herrschende Covid-19 Pandemie der Schaffung einer Existenzgrundlage im Herkunftsstaat des BF nicht entgegen, zumal der BF jung und körperlich gesund ist, daher das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufes nicht erhöht ist und in Usbekistan seit 01.04.2021 Impfstoffe zur Verfügung stehen. Der BF legte nicht dar, dass in Hinblick auf die Covid-19 Pandemie in Usbekistan solche exzeptionellen Umstände vorlägen, welche konkret die reale Gefahr einer Verletzung seiner nach Art 3 EMRK garantierten Rechten darstellen würden (vgl VwGH 27.07.2020, Ra 2020/01/0130).

 

5.2.4.2.3. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt daher im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem BF bei einer Rückkehr nach Usbekistan keine Verletzung ihrer durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte droht.

 

Daher waren die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

5.2.4.3. Zu den Spruchpunkten III. – VI. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in der geltenden Fassung ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 des § 10 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt.

 

5.2.4.3.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der BF befindet sich erst seit August 2020 im Bundesgebiet, und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG ergangen.

 

Der BF ist als Staatsangehöriger von Usbekistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger, und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein – Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; siehe auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) und der VwGH haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

 

Der BF gab zwar an, seit Kurzem eine Freundin zu haben, allerdings lebt er mit ihr in keinem gemeinsamen Haushalt. In Österreich bestehende familiäre Beziehungen und finanzielle oder sonstige Abhängigkeiten des BF liegen somit nicht vor.

 

5.2.4.3.2. Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon zehn Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Der BF hat fast sein gesamtes Leben im Usbekistan verbracht und hat dort seine Schul- und Berufsausbildung absolviert. Er hält sich erst seit August 2020 durchgehend in Österreich auf, sodass die Dauer des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet als relativ kurz zu bezeichnen ist. Sie wird dadurch weiter dadurch relativiert, dass sein Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem BF bewusst gewesen sein.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (siehe VwGh vom 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058, vom 21.01.2016, Ra 2015/22/0119, und vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247, mwN).

 

Die Dauer des Verfahrens übersteigt mit etwa eineinhalb Jahren auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ scheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09).

 

Der BF verfügt über mäßige Deutschkenntnisse, hat jedoch bis heute keinen Deutschkurs mit einer Prüfung abgeschlossen. Der BF hat ein Vorbereitungsmodul auf den Pflichtschulabschlusslehrgang absolviert, er hat ein Gewerbe angemeldet und ist selbsterhaltungsfähig, da er in Österreich einer regelmäßigen Beschäftigung als Kurierfahrer nachgeht. Besondere sonstige Integrationsbemühungen (in sozialer, sportlicher oder kultureller Art) hat der BF nicht dargetan. Wie bereits oben dargelegt, besteht kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu einer in Österreich aufhältigen Person.

 

Auch wenn der BF somit erfolgreich erste integrative Schritte setzte, sind diese in Anbetracht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung aber insofern zu relativieren, als die Umstände, dass ein Fremder Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale darstellen (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Ergänzend darf auf das Erkenntnis des VfGH verwiesen werden, wonach trotz dreijährigem Aufenthalt und weitreichender Integrationsschritte (hervorragende Deutschkenntnisse, Hauptschulabschluss, Besuch einer HTL, österreichischer Freundeskreis, österreichische Freundin) die Interessen eines Beschwerdeführers gegenüber den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens zurücktreten müssen (VfGH 12.06.2013, U 485/2012).

 

Im Besonderen ist hier ferner auf die folgenden aktuellen Entscheidungen des VwGH zu verweisen. Trotz langjährigem Aufenthalt wurde auch hier seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit der Ausweisung bejaht:

 

VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis; mit Rechtsstellung eines anerkannten Flüchtlings gerechnet; keinerlei Unterstützung im Herkunftsstaat zu erwarten), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (etwa siebenjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; ein Jahr lang eheliche Gemeinschaft mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; Unterkunft; Krankenversicherungsschutz; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; Erlernen der deutschen Sprache; Freundes- und Bekanntenkreis; Verwandte in Österreich; Unbescholtenheit; kaum bzw. keinen Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert; Zeitungsausträger), VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 (rund siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (fast achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit österreichischer Staatsbürgerin; Sohn in Österreich geboren; perfekte Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit; Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat; arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Freundes- und Bekanntenkreis; Unbescholtenheit; wirtschaftlicher Neubeginn; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit; Lebensunterhalt finanziert; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse; im Heimatland keine Existenzgrundlage; eingeschränkte Bindungen zum Heimatland; sozial integriert).

 

Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine relevante Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

 

Der persönliche und familiäre Lebensmittelpunkt des BF liegt in Usbekistan, wo seine Familie lebt und er somit über ein soziales Netz verfügt, zumal der BF in Bezug auf sein Lebensalter erst einen kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig ist. Er kann auch aufgrund der zuletzt nicht übermäßig langen Abwesenheit aus seinem Heimatland Usbekistan nicht davon ausgegangen werden, dass bereits eine völlige Entwurzelung vom Herkunftsland stattgefunden hat.

 

Das Interesse des BF an der Aufrechterhaltung allfälliger privater Kontakte in Österreich ist dadurch geschwächt, dass er sich bei seinem Aufenthalt im Bundesgebiet stets seines unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus bewusst sein musste: Er durfte sich hier bisher nur aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der als unbegründet abzuweisen war (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347, 26.02.2004, 2004/21/0027, 27.04.2004, 2000/18/0257; vgl. auch EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der VfGH misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

 

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des BF in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

 

5.2.4.3.3. Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

 

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen war dem BF nicht zu erteilen. Im Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, welche auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufenthaltsberechtigung aus den in § 57 AsylG angeführten Gründen hätten schließen lassen. Ferner sind auch keine Umstände bekannt, welchen zufolge gegenständlich von einem Anwendungsfall des § 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG gesprochen werden könnte.

 

5.2.4.3.4. Zusammengefasst war somit die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

 

Zu Spruchteil B):

 

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen Grundlage für die zu treffende Entscheidung war.

 

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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