Normen
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;
FlKonv Art1 AbschnD;
FlKonv Art1 AbschnE;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;
FlKonv Art1 AbschnD;
FlKonv Art1 AbschnE;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit dem in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 1999 verkündeten Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. Dezember 1995 statt und gewährte ihm gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 4/1999 - AsylG, Asyl. Sie stellte gemäß § 12 AsylG fest, dass dem Mitbeteiligten damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Der Mitbeteiligte sei Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, stamme aus dem Kosovo und gehöre der albanischen Volksgruppe an. Gestützt auf "notorische Tatsachen" stehe "zunächst fest, dass für Angehörige der albanischen Minderheit im Kosovo eine insbesondere aus ethnischen Gründen verursachte Verfolgungsgefahr besteht bzw. bestanden hat und die Folgen dieser Verfolgungsgefahr derzeit noch nicht beseitigt sind. ... Die Verfolgungsgefahren bzw. deren Auswirkungen sind bzw. waren von außergewöhnlicher Intensität und Schwere; sie sind bzw. waren sohin regelmäßig geeignet, für den Betroffenen eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hervorzurufen". Die belangte Behörde setzte fort:
"Aus den Medien allgemein bekannt sind auch die mit dem Friedensabkommen, mit dem Einmarsch der NATO-Verbände und dem Rückzug des serbischen Militärs (ansatzweise beginnend ab dem 10.6.1999; siehe z.B. Der Standard, 10.6.1999; Die Weltwoche, 10.6.1999; Der Standard, 11.6.1999; Der Standard, 14.6.1999; NZZ, 14.6.1999; Die Presse, 15.6.1999; NZZ, 15.6.1999; SZ, 15.6.1999; Die Welt, 16.6.1999; siehe weiters Der Standard vom 21.6.1999, 'Serbische Soldaten aus Kosovo abgezogen'; NZZ vom 21.6.1999, 'Alle serbischen Truppen aus Kosovo abgezogen') und der serbischen Polizeiverbände eingetretenen Änderungen der Lage im Kosovo; dennoch bleibt die Nachhaltigkeit und das endgültige Ausmaß der Änderung der Lage im Kosovo zum gegenwärtigen Zeitpunkt in vieler Hinsicht unklar. Derzeit kann nicht gesagt werden, ob und inwieweit die NATO die Lage im Kosovo tatsächlich unter Kontrolle bringt (siehe dazu etwa SZ, 16.6.1999; Standard vom 26./27.6.1999, 'Mord, Brand und Plünderung'), ob sie etwa die - häufig auch in Zivil agierenden - serbischen Milizen, soweit sie sich teilweise noch immer im Kosovo befinden, tatsächlich und auf Dauer davon abhalten kann, weitere Gräueltaten zu begehen, oder ob sie serbische Einheiten tatsächlich und effektiv davon abhalten kann, über die Grenzen zur Bundesrepublik Jugoslawien in den Kosovo zu infiltrieren. Zudem sind in Zukunft Racheakte an der serbischen Bevölkerung im Kosovo und an (albanisch-stämmigen) 'Kollaborateuren' nicht auszuschließen (siehe z.B. Standard vom 21.6.1999, 'Mit Terror vertreibt die UCK die Serben aus ihren Dörfern'; NZZ vom 21.6.1999, 'Alle serbischen Truppen aus Kosovo abgezogen. Umkehr der ethnischen Säuberungen - Schlüsselrolle der UCK'; Standard vom 19./20.6.1999, 'Übergriffe der UCK. 50.000 Serben geflohen'). Völlig ungewiss ist derzeit, wie die Verwaltung (insbesondere die Polizeiverwaltung) und die Gerichtsbarkeit im Kosovo gestaltet sein wird (siehe z.B. Standard vom 26./27.6.1999, 'Mord, Brand und Plünderung') und ob bzw. inwieweit sich hier ein Einfluss der Bundesrepublik Jugoslawien herausbilden wird (vgl. Wiener Zeitung vom 25.6.1999, 'Kosovo ohne Serben undenkbar'). Im Lichte des gegenständlichen Falles ist hervorzuheben, dass der Entscheidung jener maßgebende Sachverhalt zu Grunde zu legen war, wie er sich am 23.6.1999 zum Zeitpunkt der Bescheidverkündung dargestellt hat (siehe dazu § 76g AVG); zu diesem Zeitpunkt war der Abzug der serbischen Einheiten - dieser verbunden mit weiteren schweren Menschenrechtsverletzungen (vgl. z. B. Der Standard, 14.6.1999; NZZ, 14.6.1999) - offiziell schon abgeschlossen, doch führten internationale Organisationen zu diesem Zeitpunkt auf Grund der unsicheren Lage keine - auch nur eingeschränkte - Rückführungsmaßnahmen betreffend Flüchtlinge aus dem Kosovo durch."
In rechtlicher Sicht kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass es sich bei der Situation im Kosovo jedenfalls bis zum 9. Juni 1999 um eine systematische Verfolgung aller Angehörigen der Volksgruppe der Albaner im Kosovo durch die Bundesrepublik Jugoslawien handelte. Zum Zeitpunkt der Entscheidung stehe die Nachhaltigkeit der Änderungen im Kosovo seit dem 9. Juni 1999 nicht fest. Ungewiss seien die Ausgestaltung der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit sowie der zukünftige "Aktionsradius" serbischer Verbände im Kosovo, aber auch der Grad der zukünftigen Autonomie des Kosovo. Eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" albanisch-stämmiger Staatsbürger der Bundesrepublik Jugoslawien sei deshalb "nicht von vornherein von der Hand zu weisen".
Auch eine inländische Fluchtalternative im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien stehe nicht zur Verfügung. Des Weiteren liege auch keiner der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - enthaltenen Endigungstatbestände vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemäß § 38 Abs. 5 AsylG erhobene Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres. Im Ergebnis ist der Beschwerdeführer der Ansicht, dass auf Grund der seit dem 9. Juni 1999 eingetretenen Änderungen im Kosovo dem Mitbeteiligten nicht hätte Asyl gewährt werden dürfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig ist, dass - wie auch der Verwaltungsgerichtshof wiederholt (z.B. im hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0300) ausgesprochen hat - ab Mitte März 1999 jedem Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo allein wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe Verfolgung durch die Bundesrepublik Jugoslawien drohte. Strittig ist hingegen, ob und wann sich auf Grund der internationalen Präsenz im Kosovo eine wesentliche Änderung der Umstände ergab, sodass nicht mehr vom Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung ausgegangen werden könne.
1) Grundsätzliches zur Auswirkung einer Verwaltung im Auftrag der Vereinten Nationen:
Im gegenständlichen Fall wurde für das gesamte Teilgebiet Kosovo der Bundesrepublik Jugoslawien eine die Gebietshoheit umfassende Verwaltung durch Organe der Vereinten Nationen (UNMIK, unterstützt durch KFOR) eingerichtet (vgl. insbesondere Punkt 5, 10 und 19 der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999). Mit Abschluss des Militärabkommens vom 9. Juni 1999 und der Akzeptanz der Resolution des UN-Sicherheitsrates Nr. 1244 vom 10. Juni 1999 hat die jugoslawische bzw. serbische Regierung hingenommen, dass ihre Möglichkeiten für eine andauernde Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo beseitigt werde (Teilverlust der Souveränität). Die Provinz Kosovo gehört zwar de iure nach wie vor der Bundesrepublik Jugoslawien an. Ihre Einwohner sind auch jugoslawische Staatsbürger. Dem jugoslawischen Staat fehlt aber für diesen Teil seines Territoriums nunmehr die Staatsgewalt im Sinne wirksamer hoheitlicher Überlegenheit.
Die GFK bezweckt den effektiven Schutz vor Verfolgung in näher umschriebenen Fällen (Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK). Dies zeigt sich insbesondere in jenen Bestimmungen der GFK, welche die Anwendung der GFK auf solche Personen ausschließen, die durch andere Organe oder Behörden als jene ihrer Heimat geschützt sind (vgl. Art. 1 Abschnitt D und E GFK). Auf diesem inhaltlichen Begriff der Flüchtlingseigenschaft baut auch das AsylG auf. Diesem Schutzzweck der GFK wird es jedenfalls gerecht, wenn in einem Teilgebiet eines Staates ein auf Grund eines Auftrages der Vereinten Nationen eingerichteter Machtapparat die tatsächliche Ordnungsgewalt effektiv und nicht nur vorübergehend ausübt. Denn das Bestehen einer (quasi)staatlichen Herrschaftsmacht mit effektiver Gebietsgewalt im Sinne hoheitlicher Überlegenheit in einem bestimmten Gebiet, die überhaupt in der Lage ist, Verfolgung auszuüben, ist notwendige Voraussetzung für die Beurteilung, ob und inwieweit in diesem Gebiet asylrelevante Verfolgung besteht. "Staatlichkeit" der Verfolgung bedeutet sohin den Missbrauch einer aus der Gebietshoheit folgenden Herrschaftsmacht zum Zwecke der Verfolgung oder, bei Vornahme von Verfolgungshandlungen durch Private, die Nichtausübung der Gebietshoheit zum Schutz vor Verfolgung (in diesem Sinne auch das deutsche Bundesverwaltungsgericht, NVwZ-RR 1995, 54 (55), bzw. das deutsche Bundesverfassungsgericht NVwZ 1990, 151).
Im Sinne dieses Verständnisses ist in der Folge zu prüfen, ob dem Mitbeteiligten zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 23. Juni 1999 noch weiterhin asylrelevante Verfolgung im Kosovo drohte. Hiebei ist zunächst auf die Ansicht der belangten Behörde einzugehen, es müsse der "Grad der zukünftigen Autonomie" der Provinz Kosovo geprüft werden. Im Falle der Ausübung der Verwaltung durch eine internationale Schutztruppe im Auftrag der UNO im räumlich abgegrenzten Gebiet der Provinz Kosovo kommt es lediglich darauf an, ob in einer nachhaltigen Weise für die weitere Zukunft die Verfolgung des Mitbeteiligten nicht mehr zu erwarten ist, jedoch nicht auf den zukünftigen völkerrechtlichen Status dieses Gebietes. In diesem Fall ist nicht die rechtliche Einschränkung der Souveränität der Bundesrepublik Jugoslawien maßgeblich, sondern allein Art und Umfang der tatsächlichen Ausübung der Verwaltung in der Provinz Kosovo.
2) zur Änderung der Situation nach dem 9. Juni 1999:
Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, die Annahme begründen können, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände mit sich brachten, die zur Ansehung des Asylwerbers als Flüchtling im Sinne des Art. A Abschnitt 1 Z. 2 GFK führten, nicht aus, um nicht mehr von der Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers zum Beurteilungszeitpunkt auszugehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/20/0399).
Zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien wurde am 9. Juni 1999 ein Militärabkommen abgeschlossen, das u.a. den Abzug aller serbischen Soldaten, Sonderpolizisten, Anti-Terror-Einheiten und Paramilitärs innerhalb von elf Tagen vorsah. Mit der daran anknüpfenden Resolution Nr. 1244 des UN-Sicherheitsrates vom 10. Juni 1999 wurde für den Kosovo unter Aufsicht der United Nations die Einrichtung einer internationalen Zivil- und Sicherheitspräsenz ("international civil and security presences") beschlossen, die Zustimmung der Bundesrepublik Jugoslawien hiezu wurde begrüßt ("... welcomes the agreement..."). Die militärische Durchsetzung erfolgte durch die KFOR. In der Resolution wurde u.a. auch der UN-Generalsekretär ermächtigt, im Kosovo eine internationale provisorische Zivilverwaltung einzurichten. Diese "United Nations Interim Administration Mission in Kosovo" - UNMIK - nahm ihre Tätigkeit im Zeitraum Juni/Juli 1999 schrittweise auf.
Gemäß Punkt 19 der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates vom 10. Juni 1999 werden die "civil and security presences" zunächst für eine Dauer von zwölf Monaten ("for an initial period") eingerichtet, wobei sich dieser Zeitraum automatisch verlängert, sofern der Sicherheitsrat nicht Abweichendes beschließt.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht im Gefolge des Militärabkommens vom 9. Juni 1999, der daran anknüpfenden Resolution Nr. 1244 des UN-Sicherheitsrates vom 10. Juni 1999, dem beginnenden Rückzug der serbischen Truppen und dem Nachrücken der Verbände der KFOR eine - zunächst noch nicht wesentliche - Veränderung der Umstände zu Gunsten der Angehörigen der Volksgruppe der Albaner im Kosovo als gegeben an. Zur Situation bis zum 20. Juni 1999 verweist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1999, Zl. 99/01/0344, und vom 19. Jänner 2000, Zl. 99/01/0345.
Der Verwaltungsgerichtshof kommt jedoch aus folgenden Gründen zum Ergebnis, dass ab 20. Juni 1999 diese Änderung zu einer wesentlichen Änderung wurde:
Wie in den Medien berichtet, rückte die UCK sofort in die von den Einheiten der Bundesrepublik Jugoslawien verlassenen Gebiete nach. Der Einmarsch der internationalen Schutztruppe schritt voran. Der Rückzug der serbischen Verbände war am 20. Juni 1999 abgeschlossen. Somit steht dem vormaligen Verfolger ("Serbien" bzw. Bundesrepublik Jugoslawien) in der Provinz Kosovo kein effektiver Machtapparat mehr zu Verfügung.
Der vollständige Abzug der serbischen Verbände im Zusammenwirken mit der militärischen Präsenz der KFOR und der Zeitdauer des UN-Sicherheitsratsmandates lassen ab dem Zeitpunkt 20. Juni 1999 eine weitere asylrelevante Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo durch "Serbien" bzw. die Bundesrepublik Jugoslawien als nachhaltig unwahrscheinlich erscheinen. Damit bestehen die für die Ansehung als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK in der Vergangenheit vorgelegenen Umstände nicht mehr.
3) zur "inländischen Fluchtalternative":
Insoweit die belangte Behörde argumentiert, es stehe dem Mitbeteiligten keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung, erübrigt es sich aus der Sicht des Beschwerdefalles im Hinblick auf Punkt 2) näher darauf einzugehen.
4) zur Prüfung des Verhältnisses zwischen Art. 1 Abschnitt A
Z. 2 GFK zu Art. 1 Abschnitt C Z. 5 GFK sowie der Frage, ob Art. 1 Abschnitt C Z. 5 GFK eine Zumutbarkeitsklausel enthält:
Im gegenständlichen Fall ging die Verfolgungsgefahr vom (völkerrechtlichen) Heimatland des Mitbeteiligten, der Bundesrepublik Jugoslawien, zu einem Zeitpunkt aus, als dieses im Kosovo noch über die tatsächliche Macht verfügte. Der nunmehrige Machthaber ist aber die im Auftrag der Vereinten Nationen errichtete Verwaltung.
Bei dem in der gegenständlichen Situation anzutreffenden Auseinanderklaffen zwischen (ehemaligem) Verfolger Bundesrepublik Jugoslawien und (nunmehrigem) Machthaber im Auftrag der UNO einerseits und der Bevölkerungsstruktur im Kosovo (überwiegend albanisch-stämmige Bewohner) andererseits braucht weder das von der belangten Behörde ausgeführte, vom Beschwerdeführer bekämpfte Zusammenspiel zwischen Art. 1 Abschnitt A Z. 2 und Art. 1 Abschnitt C Z. 5 GFK noch die - nur im Fall der Anwendbarkeit des Art. 1 Abschnitt C Z. 5 GFK relevante - Frage rechtlich geklärt werden, ob diese Bestimmung eine Zumutbarkeitsklausel auch für Personen, die (früher) unter Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK fielen, enthält oder nicht.
Selbst wenn man die grundsätzliche Anwendbarkeit des Art. 1 Abschnitt C Z. 5 GFK auf Personen bejahte, die nach dem Verlassen ihrer Heimat materiell als Flüchtlinge anzusehen waren, und in der letztgenannten Bestimmung eine Zumutbarkeitsprüfung enthalten sähe, die auch auf Flüchtlinge gemäß Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK anzuwenden ist, hätte dies bei der konkreten Situation im Kosovo weder auf den Fall einer Situation vor Eintritt einer wesentlichen Änderung im Sinne des Punktes 2) noch auf den Fall nach Eintritt einer solchen Änderung Auswirkungen.
Denn vor Eintritt einer wesentlichen Änderung ist die materielle Flüchtlingseigenschaft weiter zu bejahen. Nach Eintritt der wesentlichen Änderung stellt sich die Frage der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes durch den (vormaligen) Verfolgerstaat Bundesrepublik Jugoslawien im konkreten Zusammenhang mangels (völkerrechtlicher) Identität zwischen (früherem) Verfolger und (jetzigem) Machthaber gar nicht, weil sich die Prüfung der Zumutbarkeit auf die frühere Verfolgung bezieht (arg. aus Art. 1 Abschnitt C Z. 5 zweiter Absatz: "... des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgung zurückgehen...") und diese ausschließlich auf die Behörden der Bundesrepublik Jugoslawien und nicht auf die albanisch-stämmige Bevölkerungsmehrheit im Kosovo zurückging.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 3. Mai 2000
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