BVwG W196 2151502-1

BVwGW196 2151502-111.8.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W196.2151502.1.00

 

Spruch:

W196 2151500-1/5E

 

W196 2151503-1/5E

 

W196 2151474-1/6E

 

W196 2151502-1/5E

 

W196 2151499-1/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. am XXXX , 2. XXXX , geb. am XXXX und 3. mj. XXXX , geb. am XXXX , 4. mj. XXXX , geb. am XXXX , 5. mj. XXXX , diese gesetzlich vertreten durch: XXXX , alle StA. Ukraine, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 07.03.2017, Zl. 300893604/160323900 (ad 1.), Zl. 1052775507/160323918 (ad 2.), Zl. 1052775605/160323926 (ad 3.), Zl. 1052775703/160323942 (ad 4.), Zl. 1052775801/160323934 (ad 5.) zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer, welche von der Zweitbeschwerdeführerin gesetzlich vertreten sind. Im August 2014 hätten die Beschwerdeführer deren Herkunftsland verlassen und seien zu einem nicht bestimmbaren Zeitpunkt im Besitz von Visa für den Schengen-Raum rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist.

 

Der Erstbeschwerdeführer sei bereits zuvor im Zeitraum von 11.07.2005 bis 20.09.2006 in Wien gemeldet gewesen und habe er am 07.02.2006 einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt, welcher zurückgewiesen worden sei. Am 16.09.2014 habe der Erstbeschwerdeführer einen Mietvertrag für eine Wohnung in Bregenz unterzeichnet, wo die Familie seit 06.10.2014 gemeldet sei.

 

Am 27.02.2015 hätten die Beschwerdeführer Anträge auf einen Aufenthaltstitel gemäß §55 Abs.2 AsylG beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht, die mit Bescheiden vom 08.02.2016 als gegenstandslos zurückgewiesen wurden.

 

Am 02.03.2016 stellten die Beschwerdeführer die diesem Verfahren zugrunde liegenden Anträge auf internationalen Schutz.

 

Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag brachte der Erstbeschwerdeführer vor, er habe sein Herkunftsland Mitte August 2014 verlassen. Sie hätten Österreich als Zielland ausgewählt, da der Erstbeschwerdeführer früher in Wien gearbeitet habe. Er sei bereits im Jahr 1995 in Wien gearbeitet und habe er von 1997 bis 2004 eine eigene Firma gehabt. Zudem habe sich bereits ein Teil seiner Kleidung in Wien befunden. Für den Erstbeschwerdeführer sei wichtig, dass er in einem neutralen Staat leben könne und sei ihm bewusst gewesen, dass seine Kinder in Österreich gut behütet aufwachsen könnten. Zu seinen Fluchtgrünenden befragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass sein Bruder und dessen Frau in der Hauptstadt Kiew auf offener Straße in ihrem KFZ erschossen worden wären. Deren beiden Kinder im Alter von drei und sechs Jahren seien im Auto zurückgeblieben, ihr derzeitiger Aufenthalt wäre unbekannt. Im August 2014 wäre er mit seiner Familie geflüchtet. Außer den Kleidern, die er am Körper getragen habe, hätte er nichts mitnehmen können. Sein Haus wäre in der Ost-Ukraine in Swerdlowsk, das während der schwersten Kriegshandlungen komplett zerstört worden sei. Er sei davon überzeugt, dass diese Schießerei nicht nur der Zerstörung seines Hauses, sondern auch seiner Familie gegolten habe. Der Ort an dem die Beschwerdeführer gelebt hätten, wäre sowohl von der ukrainischen Armee, als auch von Separatisten umkämpft, da die Beschwerdeführer sehr nahe an der Grenze zu Russland gewohnt hätten. Am Tag ihrer Abreise wären sie durch eine militärische Person der Separatisten aufgefordert worden, den Ort zu verlassen, da die Bombardierung in Kürze beginnen würde. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Erstbeschwerdeführer, dass er und seine Familie erschossen würden.

 

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, dass sie im Sommer vor eineinhalb Jahren den Entschluss zur Ausreise gefasst hätten. Die Reise hätten sie ausgehend von Swerdlowsk begonnen. Sie seien von Weißrussland über Litauen nach Polen gefahren. In Deutschland hätten sie zwei Tage übernachtet. Die Kosten für die Reise hätte etwa 1.500 Euro täglich betragen. Sie hätten ca. 21.450 Euro besessen. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe brachte die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass sie dieselben Fluchtgründe wie ihr Ehemann, der Erstbeschwerdeführer, habe. In ihrem Land würde Krieg herrschen. Überall wären Bomben gefallen und wäre gekämpft worden. Die Kinder hätten nicht mehr auf die Straße gehen können. Sie hätten auch nicht in einen anderen Ort in der Ukraine gehen können, da sie sonst auch erschossen worden wären, wie der Bruder ihres Mannes. Auch Litauen wäre nicht in Frage gekommen, obwohl ihr Mann dort eine Firma gehabt habe. Sie hätten sich überlegt in Kiew zu bleiben, aber dort wäre ihr Schwager und dessen Frau erschossen worden. In Litauen hätten sie keine Freunde gehabt und hätten sie sich in Österreich auch sicherer gefühlt als in Litauen. Ihr Mann habe gute Beziehungen nach Österreich. Bei einer Rückkehr in deren Herkunftsstaat würde die Zweitbeschwerdeführerin um ihr Leben fürchten. Sie hätten Angst, dass es ihnen im Falle der Rückkehr so wie vielen ihrer Bekannten gehen würde, die aus deren Dörfern verschwunden oder erschossen worden seien. Zudem erklärte sie anderswo in der Ukraine nicht leben zu können, da sie, wenn die Leute wüssten aus welchem Gebiet sie kämen, keine Hilfe zu erwarten hätten. Die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer hätten mehrmals ein Visum in Litauen bekommen, da der Erstbeschwerdeführer eine Firma in Litauen habe. Das letzte Mal sei es im Mai 2015 ausgelaufen. Davor seien sie schon beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gewesen und hätten einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt. Weiters erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie ihre Kinder, den Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer in diesem Verfahren vertrete und hätten der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer dieselben Fluchtgründe wie der Erstbeschwerdeführer. Im Falle ihrer Rückkehr ins Herkunftsland fürchte sie um das Leben ihrer Familie. Zudem hätten sie kein Haus mehr im Herkunftsstaat.

 

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme durch Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am 23.08.2016, erklärte der Erstbeschwerdeführer gesund zu sein. Er sei in Armenien geboren, sei jedoch Staatsangehöriger der Ukraine, spreche Russisch, Armenisch, Ukrainisch und Deutsch (Niveau B1). Er habe die Grundschule, eine Wirtschaftslehre (Diplom) von ca. 2000 bis 2005 absolviert und habe von 1995 bis 2010 in Wien und von 2012 bis 2014 als Leiter eines litauischen Transportbetriebes in Vilnius gearbeitete, wobei er im Jahr ca. eine Woche in Vilnius gewesen sei. Er habe dort nicht gelebt, jedoch eine Arbeitserlaubnis gehabt. Befragt, warum der Beschwerdeführer von Österreich wieder zurück in die Ukraine gegangen sei, erklärte er, dass sein Visum abgelaufen sei und sei er wegen seiner Familie zurück in die Ukraine gegangen. Seine Familie wäre zwei Mal in Österreich gewesen. Im Abstand von zwei bis drei Monaten sei er von Wien in die Ukraine gefahren, um sein Visum zu verlängern. Das letzte Visum habe er im Jahr 2014, ein Visum für den Schengenraum, erhalten. Befragt, warum der Erstbeschwerdeführer im Jahr 2006 zuerst einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gestellt und erst darauf seinen Asylantrag gestellt habe, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass er 2006 aufgrund des großen Aufwandes bewusst aufgehört habe diesen Antrag zu stellen. Weiters gab der Erstbeschwerdeführer an, dass es ihnen im Herkunftsland gut gegangen sei. Sie hätten ein Haus gehabt und wären drei Mal im Jahr auf Urlaub gefahren. Er habe 2006 versucht einen Titel wegen seines Berufes zu erhalten, habe dies dann aber selbst abgelehnt. Die Frage, ob das Haus noch existiere, bejahte der Erstbeschwerdeführer und gab über Nachfrage, zumal er im Rahmen der Erstbefragung angegeben habe, dass das Haus zerschossen worden sei, an, dass es im Juni 2014 teilweise beschädigt worden sei, wobei sie in diesem Moment nicht zu Hause gewesen seien. Aber hätten sie alles wieder renoviert und stehe das Haus im Eigentum des Erstbeschwerdeführers. Zu seinen familiären Verhältnissen gab der Erstbeschwerdeführer an, dass sein Vater, seine Schwester sowie sein Bruder in Russland leben würden, wobei sein Bruder im Mai 2014 erschossen worden sei. Auch seine Mutter sei bereits verstorben. Der Erstbeschwerdeführer habe nicht nach Russland gehen können, da er pro Ukraine sei. Zu seinen in seinem Herkunftsstaat lebenden Familienmitgliedern bestehe keine Kontakt, wobei er zu ihnen Kontakt aufnehmen könnte. In Litauen habe er nicht leben können, da ihm das Land fremd sei. Zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass sie, als der Krieg ausgebrochen sei, noch zu Hause gewesen wären und hätten sie nicht ausreisen wollen. Der Krieg habe nicht an einem Tag begonnen. Im ganzen Gebiet habe es verschiedene Leute gegeben, die einen seien pro Russen, die anderen pro Ukraine gewesen und wiederum andere hätten sich enthalten. Als der Erstbeschwerdeführer Anfang Mai 2014 beruflich in Wien gewesen sei, habe es keinen Kriegszustand in deren Gebiet, wo sie lebten, gegeben und hätten demnach nicht vor gehabt auszureisen. Zu dieser Zeit sei in anderen Gebieten der Ukraine der Krieg bereits ausgebrochen. Als der Erstbeschwerdeführer nach Hause zurückgekehrt sei, habe sich die Situation verschlechtert und hätten sie deren Kinder nicht mehr in die Schule schicken können. Im Mai sei der Erstbeschwerdeführer von einem Unbekannten angerufen und gefragt worden, ob er Sascha kenne. Sie hätten ihm gesagt, dass sein Bruder getötet worden sei und solle er sofort kommen. Sein Bruder und dessen Frau seien in Kiew beim Checkpoint Blockpost erschossen worden. Die Kinder seien unverletzt geblieben. Der Erstbeschwerdeführer habe Luhansk, wie viele andere Familien, nicht verlassen können, da das ganze Gebiet beschossen worden sei. Im Juli 2014 sei die ukrainische Armee in die Nähe von Luhansk gekommen. Sie hätten gedacht, dass der Krieg nun beendet sei. Die Separatisten seien nur einen Kilometer und die andere separatistische Gruppe sei ebenfalls nur wenige Kilometer und die ukrainische Armee sei fünf Kilometer von den Beschwerdeführern entfernt gewesen. Die Gruppen hätten sich gegenseitig beschossen und seien manchmal Bomben in deren Straße gefallen. Zu dieser Zeit habe es bereits eine Million Flüchtlinge aus Donbass in diesem Gebiet gegeben. Viele seien nach Russland geflohen. Aufgrund der Bedrohung der Bomben seien die Beschwerdeführer gelegentlich zu deren Freunden in ein anderes Gebiet in Luhansk geflohen. Als sie zurückgekommen seien, sei auf deren Haus geschossen worden. Der Erstbeschwerdeführer wisse, dass der Schaden auf dem Haus nicht von einer Bombe komme, da er auch beim Militär gewesen sei. Er vermute der Schaden sei durch eine Handgranate entstanden. Da der Erstbeschwerdeführer pro Ukraine sei, wäre er nicht erwünscht. Ein Freund des Erstbeschwerdeführers sei im August erhängt worden, da er auch pro Ukraine gewesen sei. Zu den näheren Umständen befragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass das Haus von prorussischen Separatisten angegriffen worden sei. Als sein Freund im Wald erhängt worden sei, seien die Beschwerdeführer zu Hause gewesen. Beim Blick aus dem Fenster seien drei Autos, eines vom Militär und zwei "normale", zu deren Haus gefahren und seien sie an dem Haus der Beschwerdeführer vorbeigegangen. Der Erstbeschwerdeführer sei aus dem Haus hinausgelaufen und habe er seiner Frau zugerufen, sie solle die Türe verschließen, zumal er nicht wollte, dass sie hereinkämen. Sie seien bewaffnet gewesen und hätten Uniformen getragen, wobei es keine spezielle Uniform, also weder russisch noch ukrainisch gewesen sei. Der Erstbeschwerdeführer sei auf der Stiege vor dem Haus gestanden und als er einen der Männer gefragt habe, worum es gehe, sei er beschimpft und geschlagen worden. Dies habe der Erstbeschwerdeführer nicht erwartet und sei er zu Boden gefallen. Zwei von den ca. sieben bis acht Personen hätten ihn auf den Boden und einer von ihnen hätte seinen Fuß auf das Gesicht des Erstbeschwerdeführers gedrückt. Befragt, was diese Personen gewollt hätten, gab er an, dass sie ihn mitnehmen wollten, da er für diese Leute der Feind sei. Es wären prorussische Separatisten. Er vermute es seien keine einfachen Leute, sondern Leute die sich eine Waffe nehmen würden, weil sie für die Russen seien. Weiters schilderte der Erstbeschwerdeführer, dass seine Frau in jenem Moment aus dem Haus gekommen sei, als sie den Erstbeschwerdeführer hätten mitnehmen wollen. Die Zeitbeschwerdeführerin habe geschrien, dass sie ihn frei lassen sollten und habe sie sich um den Hals ihres Ehemannes gehängt. Sie habe geschrien, dass sie Geld hätten, dass sie ihnen alles geben könne, wenn sie sie den Erstbeschwerdeführer nur frei ließen. Daraufhin hätten sie den Erstbeschwerdeführer auf den Boden gelassen. Einer von diesen Männern, vermutlich der Anführer, habe zur Zweitbeschwerdeführerin gesagt, sie solle das Geld holen. Alles was sie an Gold hätten, habe sie ihm gleich gegeben. Daraufhin sei die Zweitbeschwerdeführerin in das Haus gelaufen und sei einer der Männer mitgegangen. In diesem Moment sei eine Kolonne schwerer militärischer Fahrzeuge, wobei das erste Auto zivil gewesen sei, vorbeigefahren und hätten gehupt. Der Erstbeschwerdeführer habe das so verstanden, dass sie den Leuten gehupt hätten. Einige seien aus dem Hof rausgegangen, wobei drei von ihnen beim Erstbeschwerdeführer geblieben wären. Als jener Mann, der mit seiner Frau in das Haus gegangen sei, wieder rausgekommen sei, habe er zum Erstbeschwerdeführer gesagt, dass er noch ein bisschen leben könne. Einer habe gesagt, die Ukraine komme. Danach seien alle weggefahren. Seine Frau habe den Männern ca. 21.000 Euro gegeben. Dieses Geld hätten sie, zumal sie ausreisen wollten, wenn alles ruhiger sei, zu Hause gehabt. Der Erstbeschwerdeführer vermute, dass sie ihn nicht mitgenommen hätten, da sie zum Kampf gerufen worden seien. Diese Personen hätten alles mitgenommen und ermordet, die pro Ukraine wären. Sie hätten den Erstbeschwerdeführer nicht gleicht getötet, da sie die Leute nicht vor der Haustüre töten würden. Zudem seien sie sich sicher gewesen, dass der Erstbeschwerdeführer dort bliebe und sie ihn sowieso kriegen könnten. Im Falle der Rückkehr würde er getötet werden. Befragt, warum die Beschwerdeführer nicht versucht hätten in einem anderen Teil der Ukraine, zum Beispiel in der West-Ukraine zu leben, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass sie das im August 2014 bereits versucht hätten und in der Stadt Sumy leben wollten, jedoch hätten die Einwohner die Einfahrt versperrt und durfte niemand hinein. Befragt, wie es weiter gegangen sei, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er sich das Blut vom Gesicht gewaschen habe und hätten sie alle ins Auto gebracht und wären losgefahren. Es sei unmöglich gewesen aus Luhansk rauszukommen und habe man mehrere Schlepper benötigt. Der Erstbeschwerdeführer habe bereits mit mehreren Schleppern etwas vereinbart, das wären auch prorussische Separatisten. Sie hätten mit mehreren Autos die Familie begleitet und seien die Beschwerdeführer gegen Geld aus Luhansk rausgekommen. Das Auto habe eine europäische Kennzeichnung und habe sie die Polizei weiterfahren lassen. Wären sie angehalten worden und hätten sie deren Papiere gesehen, wären sie wie prorussische Separatisten behandelt worden. Der Erstbeschwerdeführer habe gelogen und gesagt, dass er seine Familie zu Verwandten fahre. Sie hätten ihm eine Frist von einer Woche auferlegt bis er zurück müsse. Dies sei auch in einem Computer eingegeben worden. Befragt, warum der Erstbeschwerdeführer hätte zurück müssen, zumal er Zivilist und nicht beim Militär sei, gab er an, dass dies in der Ukraine anders laufe. Sein Bruder sei wegen seines politischen Denkens ermordet worden. Sie hätten drei Tage im Auto und zwei Nächte bei Bekannten verbracht, welche ebenfalls Flüchtlinge seien. Zudem erklärte er die Hoffnung zurückkehren zu können verloren habe, als er über die Medien erfahren habe, dass die Gruppe in Luhansk verloren habe. Im Falle der Rückkehr sei deren Leben in Gefahr und sei der Erstbeschwerdeführer vom Nachbar informiert worden, dass diese Leute noch einmal da gewesen seien und nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt hätten. Erneut befragt, warum sie nicht in der Westukraine leben könnten, gab er an, dass der Westen in Wirklichkeit mit dem anderen Teil der Ukraine kämpfe und sei ihnen von Behörden und Sozialarbeitern gesagt worden, dass sie, der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin, zurück müssten und nur die Kinder bleiben dürften. Auf die Frage, was mit dem Haus passiert sei, meinte der Erstbeschwerdeführer, dass damit nichts passiert sei und es dort viele verlassene Häuser gebe. Zur Integration befragt, brachte der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst vor, dass er Deutsch lerne und mit den Kindern beschäftigt sei. Bisher habe er einmal wöchentlich ehrenamtlich beim Roten Kreuz gearbeitet. Seine Firma, ein Containertransport mit China, könnte er wieder aufbauen, wobei dies derzeit, da er nicht arbeiten dürfe, nicht möglich sei. Er würde jede Arbeit machen und bekäme er im Falle eines Bleiberechtes sofort eine Anstellung bei der Firma Rupp. Derzeit lebe er von der Grundversorgung und würde er weder Unterstützung noch selbst über Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfügen.

 

Im Zuge der Niederschrift am selben Tag, gab die Zweitbeschwerdeführerin eingangs an, dass sie gesund sei und keine Medikamente nehme. Weder sie noch deren Kinder hätten eigene Fluchtgründe; sie hätten dieselben Fluchtgründe wie der Erstbeschwerdeführer. Die Fragen, ob die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Herkunftsland jemals persönliche Probleme mit der Polizei bzw. Polizisten, mit den Behörden oder Gerichten aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder ihres Religionsbekenntnisses, jemals in Haft oder politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen sei, verneinte die Zweitbeschwerdeführerin allesamt. Zu ihren persönlichen Verhältnissen gab sie an, ukrainische Staatsangehörige zu sein. Sie spreche Russisch und Ukrainisch auf Muttersprachniveau sowie Deutsch (B1). Sie verfüge über eine Grundschulausbildung, habe zwei Jahre ein Technikum, zwei Jahre an der Universität und fünf Jahre eine Wirtschaftslehre absolviert. Bis zum Jahr 2002 sei sie in der Buchhaltung tätig gewesen, danach habe sie nicht mehr gearbeitet. Es sei ihnen finanziell gut gegangen und habe ihr Ehemann für die Familie gesorgt. Seit 25 Jahr sei sie mit ihrem Ehemann zusammen und hätten sie die letzten 15 Jahre in Lenins¿ke gelebt. Die Eltern der Zweitbeschwerdeführerin seien verstorben und leben ihre Cousine und ihr Onkel in Luhansk zu denen selten Kontakt bestehe. Aufgefordert den fluchtauslösenden Vorfall zu schildern, brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass alle zu Hause gewesen wären, als sie gehört habe, dass ihr Mann nach ihr gerufen habe, was sie jedoch nicht verstanden habe. Auf dem Weg zu ihm, habe sie gehört, wie die Türe zugegangen sei und habe sie durch das Fenster bewaffnete Männer gesehen, die vor dem Haus gestanden seien. Als sie rausgekommen sei, habe sie gesehen, dass zwei dieser Männer ihren Mann auf das Bauholz gedrückt hätten während zwei weitere Männer daneben und zwei Männer vor den Toren des Grundstückes gestanden seien. Sie sei geschockt gewesen, habe allerdings damit gerechnet, dass so etwas irgendwann passieren würde, zumal dies vielen Familien passiert sei. Sie habe gesehen wie einer der Männer mit dem Fuß auf das Gesicht ihres Mannes getreten sei und gesagt habe, dass sie ihn ins Auto bringen sollten. Sie sei auf ihn gesprungen und wisse sie nicht mehr genau, was sie gesagt habe. Sie habe gesagt, dass sie drei Kinder hätten und sie ihnen alles geben würde, was sie hätten, sofern sie ihn nur hier lassen würden. Daraufhin hätten sie den Erstbeschwerdeführer auf den Boden fallen lassen. Nachdem sie den Schmuck, den sie am Körper getragen habe hergegeben habe. Daraufhin sei die Zweitbeschwerdeführerin in das Haus gegangen und gegen ihren Willen von einem der Männer begleitet worden. Als sie die Schranktüre geöffnet habe, habe dieser zu ihr gesagt, dass sie ihm alles geben solle. Sie habe das Geld hergegeben, sei hinausgegangen und habe sie ein Hupen gehört. Sie habe eine Kolonne von Militärmaschinen und –Autos gesehen. Als die Leute das hörten, seien sie eingestiegen und weggefahren. Sie sei sicher, dass sie wieder zurückkommen und ihren Mann mitnehmen würden. Es habe viele Vorfälle, bei denen Leute vermisst oder aufgehängt gefunden wurden, gegeben. Die Leute hätten gesprochen, allerdings nicht mit der Zweitbeschwerdeführerin und habe sie nicht gehört, was sie gesagt hätten. Sie habe ihnen Geld in der Höhe von 21.450 Euro gegeben. Dies sei alles gewesen, was sie zu Hause gehabt hätten. Ihr Ehemann habe noch woanders 10.000 Euro an Ersparten gehabt. Im August 2014, fünf Tage nach diesem Vorfall, hätten sie die Ukraine verlassen. Des Weiteren habe es noch einen Vorfall gegeben, wo der Bruder des Erstbeschwerdeführer und dessen Frau in einem Auto in Kiew erschossen worden sein, wobei deren beiden Kinder nicht verletzt wurden. Befragt, was sie im Falle der Rückkehr erwarten würde, brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass diese Menschen, diese Gruppe die bei ihnen zu Hause gewesen wären, nun über dieses Gebiet herrschen würden. Daher könnten sie nicht zurückkehren und würden die nach Luhansk heimkehrenden Familien entweder erschossen oder erhängt werden. Auf die Frage, ob es die Möglichkeit gebe in einem anderen Teil ihres Herkunftsstaates zu leben, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sowohl die West- als auch die Ostukrainer denken würden, dass sie Feinde seien. Für die Westukraine seien sie keine Freunde, weil viele von ihnen zum Kampf aufgerufen wurden und im Osten gestorben seien. Der Osten denke, dass sie Verräter seien, weil sie pro Ukraine seien. Abgesehen von der behaupteten Bedrohung wären die Beschwerdeführer wirtschaftlich in der Lage sich in einem anderen Teil ihres Herkunftsstaates niederzulassen und deren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zur Integration befragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie Deutsch lerne. Der älteste Sohn habe fast jeden Tag Schwimmkurs und zwei würden auch zum Kickboxen gehen. Sie würden von der Grundversorgung leben.

 

Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieser Bescheide wurden die Anträge der Beschwerdeführer bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

 

Den Bescheiden wurden die entsprechenden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer zu Grunde gelegt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hielt fest, dass die Identität der Beschwerdeführer feststehe. Festgehalten wurde, dass die Beschwerdeführer ukrainische Staatsangehörige seien. Der Erstbeschwerdeführer sei der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin. Sie seien standesamtlich verheiratet und die Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin seien christlich-orthodox. Die Beschwerdeführer seien gesund.

 

Weiters wurde festgestellt, dass der Erstbeschwerdeführer sowohl Russisch, als auch Armenisch und Ukrainisch auf Muttersprachenniveau und somit drei Sprachen in Wort und Schrift beherrsche. Der Erstbeschwerdeführer habe ein Zertifikat auf B1 Niveau. Er habe die Grundschule besucht und Wirtschaftslehre studiert, was er mit einem Diplom abgeschlossen habe. Nicht festgestellt werden könne, dass der Erstbeschwerdeführer im Zeitraum von 1995 bis 2010 bei einer Wiener Firma gearbeitet habe. Festgestellt werde, dass der Erstbeschwerdeführer von 11.07.2005 bis 20.09.2006 in Wien gemeldet gewesen sei. Die finanzielle Situation der Familie im Herkunftsstaat sei sehr gut gewesen. Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin wurde festgestellt, dass sie sowohl Russisch sowie Ukrainisch auf Muttersprachenniveau in Wort und Schrift beherrsche und ein B1 Deutsch Zertifikat absolviert habe. Derzeit besuche sie einen Deutschkurs auf dem Niveau B2.1. Sie habe von 1978-1988 die Grundschule und zwei Jahre das Technikum besucht. Folglich habe sie fünf Jahre Wirtschaftslehre auf der Universität studiert. Bis 2002 sei sie als Buchhalterin tätig gewesen. Sie sei weder politisch tätig noch Mitglied einer politischen Partei und habe sie in ihrem Herkunftsland keine Probleme aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, ihres Religionsbekenntnisses oder persönliche Probleme mit der Polizei, Behörden oder Gerichten gehabt noch sei sie jemals inhaftiert worden. Die Zweitbeschwerdeführerin sowie der Dritt-bis Fünftbeschwerdeführer seien legal, im Besitz eines Visums für den Schengener Raum, ausgestellt durch die litauische Botschaft in Kiew, nach Österreich eingereist. Der genaue Zeitpunkt ihrer Einreise nach Österreich sei nicht erwiesen. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes folgerte die Behörde, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Beschwerdeführer eine Verfolgung durch den Staat zu befürchten hätten und die, insbesondere vom Erstbeschwerdeführer, vorgebrachten Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes nicht glaubhaft seien. Die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer hätten keine eigenen Fluchtgründe, sondern würden sich auf jene des Erstbeschwerdeführers stützen. Zur Situation im Fall der Rückkehr folgerte die belangte Behörde, dass die Beschwerdeführer keiner wie auch immer gearteten Verfolgung in der Ukraine ausgesetzt seien. Es könne nicht festgestellt werden, dass ihnen in ihrem Heimatland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen wäre oder dass sie bei einer Rückkehr in eine die Existenz bedrohende Notlage gedrängt würden. Zudem könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer von allfälligen negativen Lebensumständen in der Ukraine in höherem Maße betroffen seien als jeder andere Staatsbürger in einer vergleichbaren Lage. Das Bundesamt gehe zudem davon aus, dass sich die Beschwerdeführer in einem anderen Teil ihres Heimatlandes niederlassen könnten und in der Lage seien, dort selbständig ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Demnach sei eine Rückkehr in die Ukraine zumutbar und möglich. Zum Privat- und Familienleben wurde hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers festgestellt, dass er vom 11.07.2005 bis zum 20.09.2006 in Wien gemeldet gewesen sei und er bereits am 07.02.2006 beim Magistrat der Stadt Wien MA 35 einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel, welcher zurückgewiesen wurde, gestellt habe. Feststehe, dass die Beschwerdeführer seit 06.10.2014 in Bregenz gemeldet seien und am 27.02.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Anträge auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gestellt hätten, die weiderum am 08.02.2016 als gegenstandslos zurückgewiesen wurden. Die Beschwerdeführer würden in Österreich seit 06.10.2014 gemeinsam in einer Wohnung leben, die von der BH Bregenz finanziert werde und erhielten sie die Grundversorgung. Der Erstbeschwerdeführer habe ehrenamtlich für das Rote Kreuz gearbeitet und habe er Deutschkurse besucht sowie das ÖSD Zertifikat absolviert. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin hätten einen 16-stündigen Erste Hilfe Grundkurs des Roten Kreuzes besucht und erfolgreich abgeschlossen. Die Dritt- Viertbeschwerdeführer würden die Schule besuchen und hätten ein Zertifikat für Martial Arts Committee für Kung Fu und Kickboxing erhalten. Zudem hätten sie an diversen Schwimmwettbewerben und -meisterschaften teilgenommen und seien Mitglieder eines Wasserballvereins. Auch unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen folgerte das Bundesamt zusammengefasst, dass dennoch keine Umstände existieren würden, die einer Abschiebung der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in die Ukraine entgegenstünden. In seiner Beweiswürdigung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer zweifelsfrei aus dem Akteninhalt und aus den diesbezüglich glaubhaften und widerspruchsfreien Angaben der Beschwerdeführer ergeben würden.

 

Nach Wiedergabe der Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat wurde beweiswürdigend festgehalten, dass die behauptete Verfolgung nicht glaubhaft sei. Weiters führte die Behörde aus, dass selbst unter der Annahme, dass die vorgebrachte Verfolgung glaubhaft wäre, und die Beschwerdeführer einer Verfolgung durch prorussische Separatisten in Luhansk bzw. im Gebiet der Ostukraine ausgesetzt gewesen wären, so sei es den Beschwerdeführern dennoch möglich sich frei im Staatsgebiet der Ukraine zu bewegen und sich gegebenenfalls auch in einen anderen Teil ihres Heimatlandes niederzulassen. Dies gehe auch deutlich aus den Länderfeststellungen hervor, in denen zum Punkt Binnenflüchtlinge angegeben wurde, dass rund die Hälfte der aus der Ostukraine Vertriebenen sich in anderen Gebieten der Ukraine niederlassen würden. Diesbezüglich merkte die Behörde an, dass der Erstbeschwerdeführer laut eigener Angaben das Gebiet Luhansk verlassen und nach Kiew gegangen sei, um sich dort ein Visum ausstellen zu lassen. Weshalb es den Beschwerdeführern nicht möglich sein sollte sich dauerhaft dort niederzulassen, habe nicht begründet werden können. Dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in eine Existenz bedrohende Notlage gedrängt würden, könne nicht festgestellt werden und könne davon ausgegangen werden, dass sich die Beschwerdeführer in einem anderen Teil ihres Heimatlandes niederlassen könnten. Es werde ihnen zugemutet, dass sie in der Lage seien dort selbständig ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie hätten keine staatliche Verfolgung zu befürchten. Selbst unter der Annahme, dass die vorgebrachte Verfolgung der Wahrheit entsprechen sollte, sei dennoch davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführer durchaus in einem anderen Teil der Ukraine niederlassen könnten.

 

Rechtlich folgerte das Bundesamt, dass ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vorliege. Zu Spruchpunkt I. wurde ausgeführt, dass der von den Beschwerdeführern als Fluchtgrund vorgebrachte Sachverhalt als nicht glaubhaft zu beurteilen sei und somit ein asylrelevanter Sachverhalt als Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG nicht festgestellt werden könne. Selbst wenn man dem Vorbringen Glauben schenken würde, bestünde die Möglichkeit in andere Teile deren Heimatlandes zu ziehen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass den Beschwerdeführern von den von ihnen genannten Personen im gesamten Staatsgebiet Gefahr drohen würde. In Spruchpunkt II. wurde dargelegt, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei und eine innerstaatliche Fluchtalternative offen stehe. Eine persönliche Gefährdung der Beschwerdeführer in der Ukraine sei nicht hervorgekommen. Grundsätzlich würden bezüglich der Ukraine keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dort gegenwärtig eine derart extreme Gefahrenlage herrsche durch die praktisch jeder – unabhängig vom Vorliegen individueller Gründe – der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre. Im Verfahren seien keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Heimat in eine lebensbedrohende Notlage geraten würden, zumal sie sich im Falle einer Rückkehr zumindest auf bescheidenem Niveau eine neue Existenz aufbauen könnten und ihnen keinesfalls die völlige Entziehung ihrer Existenzgrundlage drohen würde. Zudem hätten sie noch Familie, welche sich derzeit in Russland aufhielten und Freunde in Österreich, die sie unterstützen könnten. Die Beschwerdeführer hätten von Geburt an bis zu deren Ausreise in der Ukraine gelebt. Lediglich der Erstbeschwerdeführer habe ein paar Jahre in Wien verbracht und als Leiter eines litauischen Betriebes in Vilnius gearbeitet. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin hätten eine gute schulische Bildung absolviert und gearbeitet. Der Erstbeschwerdeführer habe für seine Familie gesorgt und sei kein Grund zu erkennen, dass er dies bei einer Rückkehr nicht auch wieder tun könnte, zumal es sich im Fall des Erstbeschwerdeführers um einen erwachsenen, gesunden und arbeitsfähigen Mann handle, der bereits einige Jahre an Arbeitserfahrung sammeln konnte. Zu Spruchteil III. wurde eingangs ausgeführt, dass sich Anhaltspunkte für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht ergeben hätten. Zum im Bundesgebiet entfalteten Privatleben wurde ausgeführt, dass ein Eingriff in dieses durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt sei und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit höher zu bewerten sei als die privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet. Die Beschwerdeführer seien zwar nicht unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist, da sie zum Zeitpunkt ihrer Einreise über ein gültiges Visum für den Schengener Raum verfügten, jedoch habe dieses seine Gültigkeit verloren, weshalb die Beschwerdeführer derzeit nicht legal in Österreich aufhältig seien. Im gegenständlichen Fall wurde somit der Aufenthalt in Österreich durch eine legale Einreise und anschließender Stellung eines ungerechtfertigten Asylantrages begründet. Es werde zwar nicht verkannt, dass die Beschwerdeführer ein Privatleben in Österreich haben, und sie sich um ihre Integration bemühen, relativiere sich dieser Eingriff insofern, da die Beschwerdeführer ihr gesamtes bisheriges Leben in der Ukraine verbrachten, weshalb unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation in Österreich insgesamt ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthaltes festgestellt werde. Die Beschwerdeführer würden sich seit September 2014 in Österreich aufhalten, seien sich jedoch zu jedem Zeitpunkt ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst gewesen. Zudem sei die lange Aufenthalt zum größten Teil von ihnen selbst verschuldet. Auch würden die Beschwerdeführer gemeinsam zurückkehren in deren Herkunftsstaat zurückkehren. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in deren Herkunftsland zulässig sei. Unter Spruchpunkt IV. wurde die Pflicht zur freiwilligen Ausreise binnen einer Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt

 

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2017 wurde den Beschwerdeführern für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

 

Gegen diese Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung in einem gemeinsamen Schriftsatz am 24.03.2017 fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Im Wesentlichen wurde nach Zusammenfassung des bisherigen Verfahrensganges moniert, dass die Behörde weder ein notwendiges noch ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Die Behörde ziehe ihre Schlussfolgerungen zur aktuellen Situation in Somalia [wohl gemeint: die Ukraine; Beschwerde S 7] aus unvollständigen und viel zu allgemein gehaltenen Länderberichten. Die Feststellungen der Behörde seien insgesamt nicht geeignet um das Ausmaß der Gefährdung, die eine Rückkehr in deren Heimatstaat für die Beschwerdeführer bedeuten würde, entsprechend beurteilen zu können. Unter Hinweis auf Länderberichte zur Sicherheitslage in Luhansk wurde angemerkt, dass diese Berichte belegen würden, dass das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers entgegen der Darstellung im angefochtenen Bescheid keinesfalls unplausibel sei. Zudem gehöre der Erstbeschwerdeführer der christlich-orthodoxen Kirche an und gebe es für ihn als Angehöriger dieser Kirchengemeinschaft keine Möglichkeit vom Wehrdienst befreit zu werden. Aufgrund der Länderberichte und des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers betreffend die Verfolgung durch prorussische Separatisten und der Situation bei einer Rückkehr sei von einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der GFK auszugehen. Da die belangte Behörde verabsäumt habe den entscheidungsrelevante Sachverhalt amtswegig zu ermitteln, habe sie gegen ihre Pflicht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und der ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens verstoßen. Dadurch sei das Verfahren mit schwerwiegenden Verfahrensmängeln belastet worden. Die belangte Behörde hätte bei Einhaltung der verfahrensrechtlichen Vorschriften zu einem anderen Ergebnis gelangen können. Zudem basiere die Feststellung der Behörde, dass die Anträge der Beschwerdeführer als nicht asylrelevant erachtet worden seien auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung. Zu Spruchpunkt I. wurde insbesondere ausgeführt, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht bestehe, da der Erstbeschwerdeführer im Fall der Niederlassung in der Westukraine zum Militärdienst einberufen würde. In diesem Fall wäre er wiederum gezwungen sich an Kampfhandlungen in der Ostukraine gegen die Separatisten zu beteiligen und müsste er seine Waffe auch gegen Landsleute, möglicherweise sogar gegen ihm bekannte Personen, richten. Wäre der Erstbeschwerdeführer von den Separatisten rekrutiert worden, hätte er mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur an einem Konflikt teilgenommen, in dem der Großteil der Opfer die Zivilbevölkerung des eigenen Landes sei, sondern wäre auch nicht ausgeschlossen, dass er verpflichtet worden wäre aktiv an anderen dem Kriegsrecht widersprechenden Handlungen teilzunehmen. Selbst wenn sich der Erstbeschwerdeführer "nur" regulären Truppe anschließen hätten müssen, sei es ihm vor dem Hintergrund, dass es im derzeitigen bewaffneten Konflikt zu Verletzungen des Kriegsrechtes und der Menschenrechte, auch durch ukrainische Streitkräfte, komme, nicht nur nicht zuzumuten gewesen an diesen teilzunehmen, sondern sehe er es als seine moralische Pflicht an sich solchen Handlungen zu entziehen. Aufgrund der drohenden Verfolgung aufgrund der politischen Gesinnung wäre den Beschwerdeführern internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG zu gewähren. Zu Spruchpunkt II. wurde angemerkt, dass die Beschwerdeführer nicht zurück könnten, da sie von den separatistischen Kräften in Luhansk als Verräter eingestuft würden. In einem anderen Teil der Ukraine würde dem Erstbeschwerdeführer im Fall der Wehrdienstverweigerung eine Freiheitsstrafe drohen. Bezugnehmend auf Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass sich die gesamte Familie seit August 2014 in Österreich befinde und sehr gut integriert sei. Der Erstbeschwerdeführer habe Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 und arbeite ehrenamtlich beim Roten Kreuz. Er habe bereits eine Einstellungszusage könne jedoch mangels Erlaubnis nicht arbeiten. Die Zweitbeschwerdeführerin habe mittlerweile den Kurs B2 abgeschlossen. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer würden alle in den Kindergarten bzw. in die Schule gehen, sehr gut Deutsch sprechen und hätten in Österreich schon Freundschaften geschlossen. Der Drittbeschwerdeführer besuche seit Oktober 2014 und der Viertbeschwerdeführer seit Herbst 2015 den Schwimmclub und wären damit zahlreiche Erfolge verbunden. Der Fünftbeschwerdeführer besuche den Kindergarten und verstehe er die deutsche Sprache bereits sehr gut. Weitere Unterstützungsschreiben würden für die außerordentliche Integration der Beschwerdeführer sprechen und sei auf die Aufenthaltsdauer im Rahmen der Interessensabwägung zu verweisen.

 

Im Zuge des bisherigen Verfahrens legten die Beschwerdeführer eine Vielzahl an Unterlagen, darunter deren Reisepässe, Geburt-Heiratsurkunde, Diplome sowie Schulnachrichten, Deutschzertifikate und Empfehlungsschreiben vor. Diese befinden sich im Akt des jeweiligen Beschwerdeführers und wurden im Rahmen der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2017 aufgelistet.

 

Im Zuge der Beschwerde wurden nunmehr folgende Unterlagen (in Kopie) in Vorlage gebracht:

 

* Drei Empfehlungsschreiben, ausgestellt von einer Nachbarin vom 23.03.2017 sowie eines benachbarten Ehepaares vom 17.03.2017 und von einem im Akt näher bezeichneten Bekannten der Beschwerdeführer vom 23.03.2017;

 

* Empfehlungsschreiben des Österreichischen Roten Kreuzes vom 23.03.2017;

 

* Ausschnitte aus dem Jahresbericht 2015 des Roten Kreuzes

 

* ÖSD Zertifikat B2 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin vom 05.12.2016

 

Den Drittbeschwerdeführer betreffend:

 

* Schulnachricht für das Schuljahr 2016/17 vom 10.02.2017;

 

* Empfehlungsschreiben eines Schwimmclubs vom 22.03.2017;

 

* Schreiben der Musikschule vom 22.03.2017

 

Den Viertbeschwerdeführer betreffend:

 

* Schulnachricht für das Schuljahr 2016/17 vom 10.02.2017;

 

* Stellungnahme der Schulleiterin vom März 2017;

 

* Empfehlungsschreiben eines Schwimmclubs vom 22.03.2017;

 

* Schreiben der Musikschule vom 22.03.2017

 

Den Fünftbeschwerdeführer betreffend:

 

* Stellungnahme des Kindergartens vom März 2017

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beschwerdeführer, beinhaltend die niederschriftlichen Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die vorgelegten Dokumente sowie Unterlagen zu integrativen Aspekten, der gemeinsamen Beschwerde vom 24.03.2017 gegen die angefochtenen Bescheide des BFA, der Einsichtnahme in die Asylakten zu den Anträgen auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, der zahlreichen im Verlauf der Verfahren übermittelten Unterlagen sowie der Einsichtnahme in die seitens der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid berücksichtigten Länderinformationen der Staatendokumentation zur Ukraine und schließlich der eingeholten Auszüge (Strafregister, GVS und ZMR) werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

1. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Der Erstbeschwerdeführer gehört der armenischen und die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer der ukrainischen Volksgruppe an. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin bekennen sich zum christlich-orthodoxen Glauben.

 

Die Beschwerdeführer führen die im Spruch genannten Namen; beim Erstbeschwerdeführer handelt es sich um den Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin, die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind die gemeinsamen Söhne des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

 

Der Erstbeschwerdeführer war im Zeitraum von 11.07.2005 bis zum 20.09.2006 in Wien gemeldet und stellte am 07.02.2006 beim Magistrat der Stadt Wien MA 35 einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel, welcher zurückgewiesen wurde.

 

Vor deren Ausreise lebten die Beschwerdeführer in Swerdlowsk, Luhansk, bis sie im August 2014 nach Kiew reisten. Dort wurde ihnen von der litauischen Botschaft in Kiew Visa für den Schengen-Raum von 21.08.2014 bis zum 05.05.2015 ausgestellt. Daraufhin reisten die Beschwerdeführer am 19.08.2014 durch Weißrussland bis nach Litauen.

 

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer legal nach Österreich eingereist sind, wobei nicht festgestellt werden kann, zu welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführer tatsächlich in das österreichische Bundesgebiet eingereist sind.

 

Fest steht, dass die Beschwerdeführer seit 06.10.2014 in Österreich gemeldet sind und am 24.02.2015 Anträge auf Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigungswürdigen Gründen stellten, welche am 08.02.2016 als gegenstandslos zurückgewiesen wurden.

 

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin stellten am 02.03.2016 Anträge auf internationalen Schutz. Für die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden durch ihre gesetzliche Vertretung am selben Tag Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass den Beschwerdeführern in der Ukraine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität – oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität – in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.

 

Insbesondere wird nicht festgestellt, dass den Beschwerdeführern eine asylrelevante Gefährdung, die von Seiten der ukrainischen Behörden/Regierung ausgeht, ausgesetzt sind. Die Beschwerdeführer haben mit ihrem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht. Die gesetzliche Vertretung des Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer, die Zeitbeschwerdeführerin, hat weder eigene noch für ihre Kinder eigene Fluchtgründe vorgetragen und beziehen sich allesamt auf das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers.

 

Nicht festgestellt wird, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in deren Herkunftsland aus Gründen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, ihres Glaubens einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wären. Ebenso wenig wird festgestellt, dass den Beschwerdeführern aus sonstigen, in deren Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wären. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführer noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.

 

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in deren Herkunftsland in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

 

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in die Ukraine iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden. Derartiges wurde auch nicht behauptet.

 

Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über kein schützenswertes Privat- oder Familienleben. Sie verfügen weder über Verwandte noch über sonstige relevante familiäre oder private Bindungen in Österreich. Die Beschwerdeführer sind in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern leben von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Erstbeschwerdeführer hat Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 und die Zweitbeschwerdeführerin auf dem Niveau B2 absolviert. Der Erstbeschwerdeführer ist ehrenamtlich beim Roten Kreuz tätig. Die Dritt-bis Viertbeschwerdeführer gehen in die Schule, der Fünftbeschwerdeführer in den Kindergarten. Der Dritt- bis Viertbeschwerdeführer sind Mitglieder in einem Schwimmclub sowie in einem Kickboxverein. Das Bestehen einer tiefgehenden Verwurzelung im Bundesgebiet konnte jedoch nicht festgestellt werden. Eine die Beschwerdeführer betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in deren gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.

 

Die Beschwerdeführer sind unbescholten und ist es im Verfahren zu keinen durch die Behörden verursachten Verfahrensverzögerungen gekommen.

 

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in deren Herkunftsland gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

 

Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer:

 

Politische Lage

 

Die Ukraine befindet sich in einer schwierigen Umbruchsituation, die einerseits durch die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und den Konflikt in der Ost-Ukraine, andererseits durch Reformbemühungen geprägt ist. Die Präsidentschaftswahlen am 25.05.2014 konnten mit Ausnahmen von Teilen der Ostukraine und der Krim in der ganzen Ukraine ohne nennenswerte Auffälligkeiten durchgeführt werden. Petro Poroschenko ging mit 54,7% im ersten Wahlgang als klarer Sieger hervor. Julia Tymoschenko erreichte mit 12% den zweiten Platz. Am 07.06.2014 wurde Petro Poroschenko als Präsident vereidigt, am 26.10.2014 das Parlament neu gewählt. Ministerpräsident Jazenjuk führt seitdem eine Regierungskoalition aus fünf Parteien (AA 05.2015).

 

Am 27.11.2014 trat das neugewählte Parlament erstmals in Kiew zusammen. Der neuen Regierungs-Koalition gehören unter anderem der Block von Präsident Petro Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk an. Neuer Parlamentspräsident ist der bisherige Vize-Premier Wolodimir Groisman. In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten (Presse 27.11.2014).

 

1. Sicherheitslage

 

Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim durch Russland im März 2014 rissen pro-russische Separatisten in einigen Gebieten der Ost-Ukraine die Macht an sich und riefen unterstützt von russischen Staatsangehörigen die "Volksrepublik Donezk" und die "Volksrepublik Luhansk" aus. Der ukrainische Staat begann daraufhin eine sogenannte Antiterroroperation (ATO), um die staatliche Kontrolle wiederherzustellen. Bis August 2014 erzielten die ukrainischen Kräfte stetige Fortschritte, seitdem erlitten sie jedoch zum Teil schwerwiegende Verluste bedingt durch militärische Unterstützung der Separatisten aus Russland (AA 05.2015a).

 

Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russisch-ukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützte die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine. Diese Unterstützung wird bis in die Gegenwart fortgesetzt (AA 05.2015b).

 

Mit seiner Unterschrift kündigte Präsident Poroschenko die letzten bilateralen Sicherheitsabkommen mit Russland auf. Beendet werden damit per sofort ein Verteidigungsbündnis, zwei Verträge über die Zusammenarbeit der Militärgeheimdienste sowie zwei Transitverträge für russische Truppen. Besonders die Auflösung des Vertrags über den Landtransport russischer Soldaten und von deren Familien in die Republik Moldau wiegt für Moskau schwer. Der Vertrag regelte die Versorgung der 14. Russischen Armee, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Tiraspol, der «Hauptstadt» der selbsternannten Republik Transnistrien, stationiert ist (NZZ 9.6.2015).

 

Auf der russisch besetzten Krim und in den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine waren Entführungen und Misshandlungen von Gefangenen an der Tagesordnung und betrafen Hunderte von Menschen. Besonders gefährdet waren Vertreter lokaler Behörden, pro-ukrainische politische Aktivisten, Journalisten und internationale Beobachter. Bis Ende 2014 waren im Zuge des Konflikts in der Ostukraine mehr als 4.000 Menschen getötet worden. Zahlreiche Zivilpersonen starben durch wahllosen Beschuss von Wohngebieten, insbesondere durch den Einsatz von ungelenkten Raketen und Mörsergranaten (AI 25.2.2015, vgl. HRW 29.1.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

1.1. Krimhalbinsel

 

Die EU und die USA hatte die Annexion der Krim vor einem Jahr als Völkerrechtsbruch verurteilt und Strafmaßnahmen verhängt. Auf der Krim hatten die Menschen in einem international nicht anerkannten Referendum am 16. März (2014) für den Beitritt zu Russland gestimmt. Am 18. März wurde in Moskau die Aufnahme der Halbinsel in die Russische Föderation vertraglich besiegelt (Presse 18.3.2015).

 

Nach der Annexion der Krim im März 2014 fanden dort russische Gesetze Anwendung, die das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unterdrückten. Zivilgesellschaftliche Organisationen mussten ihre Arbeit einstellen, weil sie die rechtlichen Anforderungen Russlands nicht erfüllten. Die einheimische Bevölkerung wurde zu russischen Staatsbürgern erklärt. Wer die ukrainische Staatsbürgerschaft behalten wollte, musste die Behörden darüber informieren (AI 25.2.2015).

 

Quellen:

 

 

 

1.2. Ostukraine

 

Aktuelles Lagebild Ostukraine:

 

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(Quelle: IAC 10.6.2015)

 

Schwer bewaffnete pro-russische Separatisten kämpfen in der Ost-Ukraine gegen offizielle ukrainische Kräfte und haben sich in den nicht anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk konstituiert. Die Opferzahlen betrugen laut VN-Zählungen im Mai 2015 über 6.100; daneben führte der Konflikt bisher zu rund 1,25 Mio. Binnenflüchtlingen. Unter dem Eindruck einer erneuten Verschärfung des Konflikts und nach langwierigen Verhandlungen auf oberster Ebene im sogenannten Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland) verständigte sich die Kontaktgruppe am 12. Februar 2015 auf das sogenannte Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Minsker Absprachen. Der Rückzug schwerer Waffen von der Kontaktlinie kam daraufhin in Gang, wurde jedoch nach OSZE-Beobachtung bisher von keiner Seite vollständig umgesetzt (AA 05.2015).

 

In der Ostukraine ist trotz des Waffenstillstandsabkommens keine Ruhe eingekehrt, seit Anfang Juni wird wieder mit schweren Waffen gekämpft. Am Dienstag berichteten die Konfliktparteien über Gefechte entlang fast der gesamten Frontlinie. Die aktivsten Kampfhandlungen wurden aus Awdejewka, Horliwka, Krymskoje, Marjinka und Schirokino gemeldet. Diplomatisch gibt es immerhin eine vorsichtige Annäherung:

Die Rebellen haben neue Vorschläge zur Verfassungsänderung der Ukraine an die Kontaktgruppe geschickt. Einzelne Gebiete mit Sonderstatus oder ihre Vereinigungen sollen unveräußerlicher Bestandteil der Ukraine bleiben. Die Macht in der Region sollen laut diesem Vorschlag aber weiterhin Sachartschenko und das Oberhaupt der "Luhansker Volksrepublik" Igor Plotnizki ausüben (Standard 10.6.2015, vgl. BBC 3.6.2015).

 

Nach den jüngsten Kämpfen im Donbass hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine massive Aufrüstung im Osten des Landes angekündigt. Mehr als 50.000 Soldaten seien derzeit im Kampfgebiet im Einsatz. Bis zum Jahresende soll die Kampfstärke auf insgesamt 250.000 erhöht werden. Nach einem Angriff prorussischer Separatisten wurde in den vergangenen Tagen auch wieder schweres Kriegsgerät in die Region gebracht. Während sich Kiew und Moskau gegenseitig für die neuerliche Eskalation verantwortlich machen, warnt die EU vor einer Gewaltspirale. Brüssel forderte die Konfliktparteien zum wiederholten Male auf, das Minsker Waffenruheabkommen umzusetzen (Presse 4.6.2015).

 

Angesichts des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine hat die Regierung in Kiew die Europäische Menschenrechtskonvention in den betroffenen Regionen teilweise ausgesetzt. Eine entsprechende Benachrichtigung traf beim Europarat in Straßburg ein. Demnach garantiert die Regierung in den Regionen Donezk und Luhansk, wo sich die Rebellen Kämpfe mit Regierungstruppen liefern, mehrere Grundrechte nicht mehr. Dazu gehören das Recht auf Freiheit und Sicherheit, auf ein faires Gerichtsverfahren und auf Schutz des Familienlebens. Kiew begründet die Aussetzung mit einer "bewaffneten Aggression" Russlands gegen die Ukraine. Eine Aussetzung der Menschenrechtskonvention ist vorgesehen, wenn die Sicherheit eines Landes etwa durch einen Krieg oder andere Notsituationen gefährdet ist. Der betroffene Staat muss diese Maßnahme begründen und auch angeben, welche Paragrafen des Abkommens und welche Gebiete davon betroffen sind (Standard 10.6.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

2. Rechtsschutz/Justizwesen

 

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, in der Praxis war diese jedoch Gegenstand von politischem Druck, Korruption, Ineffizienz und Mangel an Vertrauen der Öffentlichkeit. In manchen Fällen wirkte der Ausgang von Prozessen vorbestimmt. Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Richter beschwerten sich weiterhin über Verschlechterungen bei der Gewaltenteilung, einige beklagten Druck durch hochrangige Politiker. Lange Verfahrensdauern, speziell vor Verwaltungsgerichten, unzureichende Finanzierung, Mängel bei der Rechtsberatung und die Unfähigkeit der Gerichte Urteile durchzusetzen, waren ebenfalls ein Problem. Die neue Strafprozessordnung vom November 2012 schränkte die Verwendung der Untersuchungshaft ein, reduzierte die Anreize zum Erzwingen von Geständnissen und gab der Verteidigung mehr Verfahrensrechte.

 

Verfassung und Gesetze garantieren das Recht auf Regress für Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe. Allerdings behindert eine ineffiziente und korrupte Justiz die Ausübung dieses Rechts. Einzelpersonen können sich an den parlamentarischen Ombudsmann für Menschenrechte wenden. Nach Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe steht auch der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte offen. In den ersten 11 Monaten 2013, erließ der EGMR 60 Urteile gegen die Ukraine. Die meisten betrafen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, unangemessen lange Verfahren, Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit, sowie unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (USDOS 27.2.2014).

 

Der während der Präsidentschaft Janukowitsch zu beobachtende Missbrauch der Justiz als Hilfsmittel gegen politische Mitbewerber und kritische Mitglieder der Zivilgesellschaft hat sich unter den neuen politischen Voraussetzungen nach den revolutionären Entwicklungen des EuroMaidan vom Winter 2013/14 nicht prolongiert. An den strukturellen Unzulänglichkeiten im ukrainischen Justizwesen vermochte aber auch das neue politische Umfeld bislang nichts zu ändern. Richter haben in der Ukraine eine fünfjährige Probezeit zu durchlaufen, bevor sie auf Lebenszeit ernannt werden. Die erstmalige Ernennung zum Richter erfolgt durch den Staatspräsidenten auf Vorschlag des Obersten Justizrats, die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit durch das Parlament. Angesichts der Abhängigkeit des Obersten Justizrats von der Präsidialadministration ist die politische Abhängigkeit von Richtern zumindest während ihrer Probezeit evident. Besondere Besorgnis ruft die gängige ukrainische Haftpraxis sowie die umfassende Abhängigkeit der Richter von der Staatsanwaltschaft hervor. Ukrainische Richter kommen beinahe ausnahmslos den Haftanträgen und den Anträgen der Staatsanwaltschaft auf Verlängerung der Untersuchungshaft nach.

 

Die Justiz ist selektiv und unfair und verletzt Artikel 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention". Richter und Staatsanwälte in der Ukraine hätten kein Verständnis für die Prinzipien der Unschuldsvermutung und der Gleichheit der Parteien vor Gericht. "Nur 0,2% aller Personen, die von der Staatsanwaltschaft angeklagt werden, werden von Gerichten freigesprochen. Das bedeutet, dass die Unschuldsvermutung im wirklichen Leben nicht besteht und das die Rechtsprechung nicht als unparteiische und unabhängige Kontrollinstanz der Exekutive funktioniert." Das Rechtsverständnis ukrainischer Richter und Staatsanwälte sei von sowjetischer Tradition geprägt (ÖB 09.2014).

 

Im April 2014 wurde seitens des Parlaments ein Gesetz zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Justiz verabschiedet, demzufolge die bisherige Praxis der weitgehenden Unterstellung der Richter unter die Gerichtspräsidenten abgeschafft wurde und diese in weiterer Folge unabhängig von politischen Einflüssen machte. Ein Entwurf einer Justizreformstrategie wurde gemeinsam mithilfe der EU entwickelt (EC 25.3.2015).

 

Mit der Reform der ukrainischen Strafprozessordnung eng einhergehend ist die Umsetzung des am 2. Juni 2011 verabschiedeten und mit 1. Jänner 2013 in Kraft getretenen Gesetzes über den unentgeltlichen Rechtsbeistand, welches die Liste der potenziellen Nutznießer bedeutend ausweitete und einen umgehenden Rechtsbeistand nach Inhaftierung nach besten europäischen Standards gewährleistet. Seit Inkrafttreten des Gesetzes stehen dafür über 3.000 auf Basis eines Auswahlverfahrens rekrutierte Rechtsanwälte zur Verfügung. Die Strafverfolgungsbehörden haben von sich aus für einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu sorgen, sollte der Inhaftierte außerstande sein, die Kosten seines Rechtsbeistands selbst zu tragen. Sie selbst belastende Aussagen von Inhaftierten, die in Abwesenheit eines Rechtsbeistands getroffen wurden, können im folgenden Gerichtsverfahren nicht gegen sie verwendet werden (ÖB 09.2014)

 

Quellen:

 

 

 

 

3. Sicherheitsbehörden

 

Nach dem Sturz von Wiktor Janukowytsch versprach die neue Regierung öffentlich, man werde diejenigen strafrechtlich verfolgen, die für Tötungen und Misshandlungen von Protestierenden auf dem Maidan verantwortlich seien. Doch abgesehen von Anklagen gegen die ehemalige politische Führungsriege wurden so gut wie keine konkreten Schritte unternommen. Nur zwei Angehörige der Sicherheitskräfte mussten sich vor Gericht für Folter und andere Misshandlungen im Zusammenhang mit den Maidan-Protesten verantworten. Es handelte sich dabei um Rekruten niedrigen Ranges aus einer dem Innenministerium unterstellten Einheit. Sie wurden am 28. Mai 2014 wegen "Überschreitung von Befugnissen oder Vollmachten" (Artikel 365 des Strafgesetzbuchs) zu Bewährungsstrafen von drei bzw. zwei Jahren verurteilt (AI 25.2.2015).

 

Die EU errichtete eine "EU Advisory Mission for Civilian Security Reform Ukraine (EUAM Ukraine)", um die Ukraine bei der Reform ihres zivilen Sicherheitssektors zu unterstützen, insbesondere bei der Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und im Bereich der Polizei. Eine diesbezügliche notwendige Polizeireformstrategie, insbesondere im Zusammenhang mit den gewaltsamen Übergriffen bei den Euromaidan-Protesten Mitte Februar 2014 und der Rolle illoyaler Polizisten am Anfang der Destabilisierungsphase in der Ostukraine, wurde seitens der Regierung angenommen. Auch mit einer Reform der Militärischen Kräfte wurde noch vor der Annexion der Krim begonnen, sie befindet sich aber noch in einem frühen Stadium (EC 25.3.2015).

 

Mit Präsidentendekret Nr. 252 vom 6. April 2012 wurde ein Komitee zur Reform der Strafverfolgungsbehörden eingerichtet. Sollte dieses Komitee bereits einschlägige Vorschläge ausgearbeitet haben, sind sie bislang nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Von einem Pilotprojekt zur Einrichtung kommunaler Polizeitruppen in Lemberg im Sommer 2014 erwartet man sich Erfahrungen für eine dezentralere Organisation des Polizeiwesens (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

4. Folter und unmenschliche Behandlung

 

Ukraine hat den Ombudsmann als Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN- Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe installiert. Zusammen mit der neuen Strafprozessordnung, das die Gründung eines unabhängigen Untersuchungsbüros für Folterfälle vorsieht, sollte das die Fälle von Folter erheblich reduzieren (EC 20.3.2013; vgl. AI 23.5.2013).

 

Folter wird von der Verfassung verboten. Nach der neuen Strafprozessordnung dürfen unter Folter erzwungene Geständnisse auch nicht mehr als Beweis im Verfahren verwendet werden. Es gibt aber Berichte, dass weiterhin Beamte solcherart Geständnisse erpressen. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums gab es 2013 bis August, also noch unter der Präsidentschaft Janukowitsch, 9.878 Beschwerden wegen Folter und unerlaubter Gewaltanwendung durch Polizisten. Die Behörden untersuchten demnach 231 dieser Fälle und es gab bis November 5 Verurteilungen von Polizisten wegen Folter und disziplinäre Maßnahmen gegen 45 weitere. Laut Büro des Generalstaatsanwalts gab es 2013 bis Oktober 2.857 offene Verfahren wegen Folter durch Polizisten. 820 Misshandlungsfälle (950 Beamte betreffend) wurden den Gerichten übergeben, davon 54 ausdrückliche Folter-Vorwürfe. Folter ist vor allem in Gefängnissen ein Problem (USDOS 27.2.2014).

 

Nach wie vor kommt es zu Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei, darunter Folter und andere Misshandlungen, sowie zur exzessiven Anwendung von Gewalt bei Demonstrationen. Die dafür Verantwortlichen bleiben größtenteils straflos, und Untersuchungen dieser Vorfälle führen zu keinem Ergebnis. Es gibt Entführungen von Einzelpersonen, insbesondere durch pro-russische paramilitärische Kräfte auf der russisch besetzten Halbinsel Krim. Aber auch in den umkämpften Gebieten der Ostukraine kommt es zu Entführungen durch beide Konfliktparteien. Beide Seiten sind für Verletzungen des Kriegsrechts verantwortlich. Auf der Krim sind die russischen Beschränkungen der Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeführt worden. Pro-ukrainische Aktivisten und Krimtataren geraten ins Visier paramilitärischer Kräfte und werden von den De-facto-Behörden verfolgt (AI 25.2.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

5. Korruption

 

Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Obwohl Korruption öffentlich Bediensteter strafbar ist, werden die Gesetze nicht effektiv umgesetzt und korrupte Beamte bleiben oft straflos. Trotzdem gab es 2013 Schritte der Regierung zur Stärkung der Antikorruptionsgesetzgebung. Kritiker meinen aber, diesen Gesetzen fehle es an Durchsetzungsmechanismen. Die Offenlegungspflicht für das Einkommen von Regierungsvertretern sieht keine Strafen bei Nichtbefolgung vor. Gesetzesänderungen aus dem Jahre 2012 machten außerdem öffentliche Beschaffungsprozesse intransparenter.

 

Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 340 niedere Beamte an die Gerichte weitergeleitet. Vorwürfe gegen höhere Regierungsbeamte wurden hingegen nicht untersucht, obwohl Korruption höherer Ebenen gemeinhin als großes Problem empfunden wird, speziell im Beschaffungswesen. Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 11 Richter an die Gerichte weitergeleitet (USDOS 27.2.2014).

 

Seitens der Regierung, des Parlaments und der Präsidialverwaltung wurden einige neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption unternommen. In der Anti-Korruptionsgesetzgebung wurden u.a. die Strafen erhöht, alle Formen von Korruption kriminalisiert und die Zeugenschutzregelung gestärkt. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2014 von Transparency International rangiert die Ukraine am 142. von 175 Plätzen (2013: 144. von 177) (EC 25.3.2015, vgl. FH 28.1.2015).

 

Am 14. Mai 2013 verabschiedete das ukrainische Parlament ein neues Antikorruptionsgesetz, nicht zuletzt aufgrund einer im Aktionsplan zur Liberalisierung des Visaregimes für die Ukraine vorgesehen Vorgabe. Das Gesetz fordert unter anderem verstärkte Berichtspflichten für (Neben‑)Einkünfte und Aufwendungen von öffentlich Bediensteten und von Bediensteten staatlicher Betriebe sowie ihrer Familien. Das Gesetz sieht außerdem den Schutz von Personen vor, die Korruption anzeigen. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes lassen jedoch auf sich warten. Das Versprechen der aktuellen Regierung Jazenjuk, ein nationales Anti-Korruptionsbüro einzurichten, scheiterte bislang an der Ablehnung der entsprechenden Gesetzesinitiativen im Parlament. Als positiver Schritt wird die Verabschiedung eines neuen Gesetzes "Über öffentliche Auftragsvergaben" am 10. April 2014 gewertet. Insbesondere die neuen Publizitätskriterien sollen den Vergabeprozess transparenter und damit kontrollierbarer machen (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

6. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

 

Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft und ist ein wichtiger Schritt nach vorne für die Vereinigungsfreiheit. Wenn es gut umgesetzt wird, wird es NGOs die Registrierung erleichtern und Probleme wie Gebietsbeschränkungen ihrer Tätigkeit angehen (EK 20.3.2013).

 

Erhöhter Druck auf die Zivilgesellschaft, NGOs und Aktivisten war ein Problem, zumindest unter der Präsidentschaft Janukowitschs. Verfassung und Gesetze garantieren jedenfalls Vereinigungsfreiheit. Die Regierung respektierte dieses Recht generell, es blieben aber Einschränkungen. Es existieren Registrierungsauflagen, aber es liegen keine Berichte vor, dass die Regierung sie benutzt hätte um bestehende Organisationen aufzulösen oder die Bildung neuer zu verhindern. Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft. Es vereinfacht die Registrierung und hebt Beschränkungen ihrer Tätigkeit auf (USDOS 27.2.2014).

 

Quellen:

 

 

 

7. Ombudsmann

 

Die Ukraine ratifizierte im Jahr 2006 das "Optional Protocol to the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment" und verpflichtete sich, innerhalb eines Jahres einen "national preventive mechanism (NPM)" zu etablieren. Dies fand letztendlich durch die Verabschiedung eines Gesetzes am 2. Oktober 2012 statt, welches den "Ukraine’s Parliament commisioner for Human Rights" (Ombudsmann) als NPM namhaft machte. Unter dem NPM werden regelmäßige und unangekündigte Besuche von Haftanstalten durchgeführt. Der NPM bedient sich hierfür etablierter Menschenrechtsorganisationen. Die Verwaltungen der Haftanstalten zeigten sich bei derartigen Besuchen bislang kooperativ (ÖB 09.2014).

 

Die Verfassung sieht eine Ombudsmann-Institution vor, offiziell der Parlamentarische Kommissär für Menschenrechte. Im April 2012 wurde Valeriya Lutkovska in dieses Amt gewählt. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Der Ombudsmann kann Untersuchungen (Probleme, Missbrauch) bei den Sicherheitsbehörden initiieren. Er steht für Beschwerden über Gerichtsverfahren auch nach Ausschöpfung des Instanzenzuges zur Verfügung. Seit Mai 2013 gibt es einen Repräsentanten des Ombudsmanns für Kinderrechte, Anti-Diskriminierung und Genderfragen. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet oft mit NGOs zusammen, vor allem in beratenden Bürgerräten in Projekten zur Beobachtung der Menschenrechtspraxis (USDOS 27.2.2014, vgl. UPCHR o.D.).

 

Quellen:

 

 

 

 

8. Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtsabkommen des Europarates und der Vereinten Nationen. Eine Reihe von nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen ist in der Ukraine aktiv. Ihr Engagement wird deutlich wahrgenommen. Problematisch bleiben die stark verbreitete Korruption, die Zustände in den Gefängnissen sowie schleppende Gerichtsverfahren. Die Bürgergesellschaft entwickelte sich nach der "Orangenen Revolution" deutlich lebendiger als zuvor. Es entstand außerdem eine pluralistische Medienlandschaft, die allerdings unter der Präsidentschaft von Janukowytsch zunehmenden Einschränkungen ausgesetzt war (AA 05.2015). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme 2013 waren erhöhte Einmischung der Regierung in und Druck auf Medien; erhöhter Druck auf NGOs und die Zivilgesellschaft; sowie die politisch motivierte Strafverfolgung von Exponenten der Regierung Timoschenko (USDOS 27.2.2014).

 

Quellen:

 

 

 

9. Haftbedingungen

 

Die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen sind Gegenstand wiederkehrender massiver Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Am 29. April 2013 verabschiedete das Ministerkabinett der Ukraine das "National Target Programme to Reform the State Penal Service of Ukraine. Das Programm setzt seinen Schwerpunkt auf die Regelung der Arbeitsbedingungen in ukrainischen Haftanstalten, wobei nicht so sehr der soziale Aspekt des Erlernens von Fähigkeiten für die Zeit nach Verbüßung der Haft als vielmehr die Nutzung der Arbeitskraft der Häftlinge zur Mitfinanzierung des ukrainischen Haftsystems im Vordergrund steht. Bezüglich der medizinischen Betreuung von Häftlingen trifft das Programm lediglich allgemeine Aussagen über die Ausstattung von Gefängnisambulanzen und fordert eine Strategie im Umgang mit Tuberkulose in ukrainischen Haftanstalten (ÖB 09.2014).

 

Der Präsident unterzeichnete eine neue Strafprozessordnung, die eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen darstellt. In ihr ist klar formuliert, dass eine Haft im Augenblick der Festnahme durch die Polizei beginnt und Häftlinge von diesem Moment an Anspruch auf einen Anwalt und einen unabhängigen medizinischen Experten haben. Sie legt außerdem eindeutig fest, dass Untersuchungshaft nur bei außergewöhnlichen Umständen angeordnet werden soll, entsprechend den Empfehlungen des Europarats. Außerdem ist vorgesehen, dass alle zwei Monate automatisch geprüft wird, ob die Untersuchungshaft weiterhin gerechtfertigt erscheint. Anlass zu Bedenken gab, dass ein Anwalt nur bei besonders schweren Delikten, die mit einer Gefängnisstrafe von mehr als zehn Jahren geahndet werden können, Pflicht ist. Prozesskostenhilfe ist ebenfalls nur in diesen Fällen vorgesehen (AI 23.5.2014).

 

Die Haftbedingungen entsprechen nicht internationalen Standards und sind manchmal sogar eine Gefahr für Leib und Leben der Gefangenen. Schlechte Hygiene, Missbrauch und ungenügende medizinische Versorgung sind Probleme. Gemäß staatlicher Gefängnisbehörde waren 2013 bis November 128.512 Personen in Haft, davon 22.483 in Untersuchungshaft. Ca. 7.977 waren Frauen und 927 Jugendliche. Diese Gruppen werden in der Regel getrennt untergebracht, es gibt aber Berichte über Untersuchungsgefängnisse, wo keine Trennung Jugendlicher und Erwachsener stattfinden soll. 830 Insassen starben im og. Zeitraum, davon 77 durch Selbstmord. Die Zustände in den temporären Polizeigefängnissen und Untersuchungsgefängnissen sind härter als in normalen Gefängnissen der niedrigen und mittleren Sicherheitsstufe. Haft in temporären Polizeigefängnissen ist stark rückläufig. Die Regierung erlaubt unabhängiges Monitoring der Hafteinrichtungen durch nationale und internationale Menschenrechtsgruppen. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Bis November 2013 führte ein gemischtes Beobachterteam 266 Besuche von Hafteinrichtungen usw. in der Ukraine durch. Der Ombudsmann veröffentliche einen Bericht darüber, in dem er systemische Probleme wie Nichtbeachtung von Grundrechten, schlechte Hygiene, physische und psychische Misshandlung anspricht (USDOS 27.2.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

10. Todesstrafe

 

Die Todesstrafe wurde in der Ukraine 1999 offiziell abgeschafft (AI o. D.).

 

Quelle:

 

 

11. Frauen/Kinder

 

Vergewaltigung ist gesetzlich verboten, jedoch erwähnt das Gesetz nur indirekt die Vergewaltigung in der Ehe. Gemäß ukrainischer Generalstaatsanwaltschaft gab es in den ersten 9 Monaten d.J. 2013 447 angezeigte Fälle von Vergewaltigung oder versuchter Vergewaltigung. Es gab Anklagen in 231 dieser Fälle. Häusliche Gewalt gegen Frauen war weiterhin ein ernstes Problem. Vergewaltigung in der Ehe ist verbreitet. Im November 2013 standen

88.162 Personen wegen häuslicher Gewalt unter polizeilicher Überwachung. 2012 waren es 117.400 gewesen. Im ersten Halbjahr 2013 wurden beim Sozialministerium 65.797 Beschwerden wegen häuslicher Gewalt registriert, davon 58.039 von Frauen, 412 von Kindern. Die Polizei sprach in den ersten 11 Monaten 2013 95.329 Verwarnungen aus und verhängte 108.467 Strafen wegen Gewalt bzw. Nichtbeachten von Schutzanordnungen. Diese Strafen beinhalteten Bußgelder und gemeinnützige Arbeit (USDOS 27.2.2014).

 

Alleinstehenden (unverheirateten) Frauen und alleinerziehenden Adoptivvätern/-müttern von Adoptivkindern, deren Geburtsurkunde keine Informationen zu Mutter oder Vater enthält, steht Unterstützung zu. Die Leistungen stehen auch Witwen/Witwern mit Kindern zu, die vor dem Todesfall geschieden wurden, die keine Rente wegen des Ausfalls des Hauptversorgers der Familie oder andere Sozialleistungen erhalten. Alleinstehende Frauen mit Kindern, die nicht verheiratet sind, aber mit einem Mann zusammenleben, haben keinen Anspruch auf diese Leistungen. Eine Bescheinigung des Standesamtes ist Voraussetzung für den Erhalt der Leistungen. Die Leistungen betragen pro Kind mindestens 10 % des monatlichen Mindesteinkommens der Familie (seit 1. Januar 2007, 30 %) (IOM 08.2013).

 

Quellen:

 

 

 

11.1. Kinder

 

Seit Mai 2013 gibt es einen Repräsentanten des Ombudsmanns für Kinderrechte, Anti-Diskriminierung und Genderfragen. Er erhielt bis Dezember 601 Beschwerden bezüglich Kinderrechte und besuchte 112 Einrichtungen für Kinder. Der daneben existierende Ombudsmann des Präsidenten für Kinderrechte erhielt mehr als 1.000 Beschwerden. Die ukrainische Staatsbürgerschaft wird durch Geburt in der Ukraine (jus soli) oder über die Eltern erworben (jus sanguinis). Ein Kind das staatenlosen Eltern in der Ukraine geboren wird ist Ukrainer. Kinder müssen innerhalb einen Monats aber der Geburt registriert werden. In den ersten 11 Monaten 2013 wurden 1.164 Kinder Opfer von Verbrechen, darunter 77 Fälle sexueller Vergehen (USDOS 27.2.2014).

 

Alle Bürger der Ukraine können, ungeachtet ihrer Hautfarbe, politischen und religiösen Überzeugung, ihres Geschlechts, ihrer ethnischen und sozialen Herkunft, ihres Besitztums, Wohnortes, sprachlicher und anderer Eigenschaften eine kostenlose weiterführende Schulbildung an staatlichen und kommunalen Bildungseinrichtungen erhalten. Für Kinder, die körperlich oder geistig gefördert werden müssen, gibt es spezielle Schuleinrichtungen der Klassen 1-3 sowie entsprechende Einrichtungen für Kinder, die eine Langzeitförderung benötigen (IOM 08.2013).

 

Für Minderjährige gibt es staatliche Unterstützungen in Form von Familienbeihilfen, die an sozial schwache Familien vergeben werden. Hinzu kommt ein nicht unbeträchtlicher Zuschuss bei der Geburt oder bei der Adoption eines Kindes sowie eine Beihilfe für Alleinerziehende (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

12. Bewegungsfreiheit

 

Die Verfassung und Gesetze garantieren die Freiheit für innerstaatliche Bewegungen, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereingliederung. Die Regierung respektierte allgemein diese Rechte (USDOS 27.2.2014).

 

Am 11. Dezember 2003 trat in der Ukraine das Gesetz Nr. 1382-IV der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine in Kraft. Darin ist vorgesehen, dass Bürger der Ukraine, sowie legal aufhältige Staatenlose und Fremde die im Titel genannten Rechte genießen und eine Registrierung oder Nicht-Registrierung keine Vorbedingung für die Ausübung oder Grund für die Aberkennung verfassungsmäßiger Rechte sein kann. Das Gesetz definiert den Ort des dauerhaften Aufenthalts (Place of permanent residence) als territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person mehr als sechs Monate im Jahr lebt. Demgegenüber ist der Ort des zeitweiligen Aufenthalts (Place of temporary residence) jene territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person weniger als sechs Monate im Jahr lebt. An einem neuen dauerhaften Aufenthaltsort muss man sich innerhalb von 10 Tagen ab Ankunft registrieren. Änderungen des Aufenthalts innerhalb derselben territorialen Verwaltungseinheit müssen der Behörde innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden. Die Registrierung am Ort des zeitweiligen Aufenthalts muss innerhalb von sieben Tagen ab Ankunft erfolgen.

Artikel 6 des Gesetzes der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine sieht vor, dass Daten bezüglich des Aufenthalts nur in Ausnahmefällen gemäß den Gesetzen der Ukraine oder mit Einverständnis der betroffenen Person weitergegeben werden. Außer von der betreffenden Person, können diese Daten nur vom Geheimdienst, der Polizei oder den Gerichten eingesehen werden. In der Praxis soll es aber nicht unmöglich sein, sich auf illegalem Weg mit Meldeinformation zu versorgen, etwa durch korrupte Polizisten. Soziale Rechte sowie Zugang zu Renten, medizinischen und kommunalen Leistungen sind in der Ukraine nach wie vor eng mit dem Ort der Meldung verbunden. Trotzdem ist es möglich an einem anderen Ort zu wohnen und zu arbeiten ohne sich umzumelden und trotzdem weiterhin Zugang zu medizinischer Notversorgung in der gesamten Ukraine zu haben. Überhaupt sei es durchaus möglich, auch bei längerer Abwesenheit an einer Adresse gemeldet zu bleiben, da es in der Ukraine keine behördlichen Überprüfungen in Meldeangelegenheiten gibt (BAA 23.2.2010).

 

Quellen:

 

 

 

13. Binnenflüchtlinge

 

Rund 20.000 Menschen, die wegen der russischen Besetzung der Krim geflohen waren, erhielten staatliche Hilfen zur Umsiedlung in andere Regionen. Durch den Konflikt in der Ostukraine wurden Schätzungen zufolge fast eine Million Menschen vertrieben. Etwa die Hälfte von ihnen blieb im Land, die übrigen gingen überwiegend nach Russland. Die Binnenvertriebenen in der Ukraine erhielten zumeist eine begrenzte staatliche Unterstützung und waren ansonsten auf eigene Mittel, familiäre Netzwerke und die Hilfe von Freiwilligenorganisationen angewiesen. Im Oktober 2014 wurde ein Gesetz zu Binnenvertriebenen verabschiedet, das ihre Lage jedoch bis zum Jahresende noch nicht merklich verbessert hatte (AI 25.2.2015).

 

Rund 1,15 Millionen sogenannte "Binnenvertriebene" (Internally Displaced Persons, IDP) sollen sich derzeit in der Ukraine aufhalten, weitere 670.000 sind in andere Länder geflohen – knapp 525.000 nach Russland, schätzt das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (Unhcr). Laut den offiziellen Zahlen des russischen föderalen Migrationsdienstes haben bisher 318.000 Menschen aus dem Donbass um einen Flüchtlingsstatus angesucht. Zählt man all jene dazu, die bei Verwandten und Freunden Zuflucht gefunden haben, kommt man nach Angaben der Behörden auf 940.000 ukrainische Flüchtlinge in Russland (Profil 31.3.2015).

 

Quellen:

 

 

 

14. Grundversorgung/Wirtschaft

 

Die Ukraine ist eine offene, bislang wenig diversifizierte und stark modernisierungsbedürftige Volkswirtschaft. Die ukrainische Wirtschaft ist 2014, vor allem infolge der Auswirkungen der Kampfhandlungen im Osten des Landes, um 7% geschrumpft. Die gegenwärtige ukrainische Regierung hat sich einem umfassenden Reformprogramm verschrieben, dessen Umsetzung die Wettbewerbsfähigkeit der ukrainischen Wirtschaft deutlich erhöhen dürfte (AA 05.2015).

 

Laut dem Bericht zur sozioökonomischen Lage der Ukraine im ersten Halbjahr 2013 waren 21,84 Millionen Personen (15-70 Jahre) wirtschaftlich aktiv, die Zahl der beschäftigten arbeitsfähigen Personen lag bei 20,08 Millionen (Gesamtbevölkerung der Ukraine im Juni 2013: 45.480,300 Menschen). Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung betrug am 1. Juli 2013 59,3%, wovon 22% im informellen Sektor beschäftigt waren. Die Arbeitslosigkeit lag bei 8%. Die Regionen mit der höchsten Beschäftigung sind Kiew, Donezk, Dnjepropetrowsk, Charkow (östliche Ukraine). Die Regionen mit der niedrigsten Beschäftigung sind Lwow, Iwano-Frankowsk und Ternopil (westliche Ukraine). Der durchschnittliche Monatsverdienst eines Arbeitnehmers lag im Mai 2013 bei 3253 UAH. Arbeitnehmer und andere Versicherte (z.B. Unternehmer), die arbeitslos gemeldet sind und für 12 Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit nicht weniger als 26 Wochenstunden gearbeitet und Rentenbeitragszahlungen geleistet haben, können staatliche Arbeitslosenhilfe beantragen. Die Beihilfe wird ab dem achten Tag nach der Meldung der versicherten Person beim staatlichen Arbeitsamt ausbezahlt und richtet sich nach der Anzahl der Arbeitsjahre. Nicht versicherte Personen (keine Rentenbeitragszahler) sind nicht anspruchsberechtigt. Die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosenhilfeempfänger im Juni 2013 betrug 398.500 Personen. Die durchschnittliche Höhe der Arbeitslosenhilfe lag bei 1087 UAH (IOM 08.2013).

 

Das monatliche Mindesteinkommen für alle Branchen liegt bei UAH

1.218 (USD 150), basierend auf dem monatlichen Existenzminimum, das die Regierung festgelegt hat (USDOS 27.2.2014). Der Durchschnittslohn lag im Jahr 2013 bei UAH 3.265 (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 186) (ÖB 09.2014).

 

Der Ukrainische Statistische Dienst weist für 2013 in der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Bevölkerungsgruppe der Männer zwischen 15 und 59 und der Frauen zwischen 15 und 55 Jahren eine Arbeitslosenquote von 7,7% aus (erfasst nach der Methodologie der International Labour Organization). Im Vorjahr hatte die Arbeitslosenquote 8,1 % betragen. In der Altersgruppe von 15 bis 70 Jahren waren im Jahr 2013 65,0% erwerbstätig (USDOS 27.2.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

14.1. Sozialbeihilfen

 

Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, haben Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des ukrainischen Staates. Es gibt zahlreiche Rechtsvorschriften, die diejenigen Personengruppen definieren, die Unterstützung erhalten können. Die gewährten sozialen Leistungen sind in der Regel unzureichend. Es gibt zwei Hauptformen der staatlichen Unterstützung:

 

a) Materielle Unterstützung (Geld, Nahrung, Kleidung, Schuhe, Brennstoff etc.) – Die Höhe der finanziellen Unterstützung wird entsprechend dem monatlichen Einkommen der betreffenden Person festgelegt, und b) Soziale Dienstleistungen (Essen, Transportdienste, Lieferung von Medikamenten etc.). Die Voraussetzungen für die Gewährung sozialer Unterstützung sind sehr verschieden und richten sich nach der Art der beantragten Leistung. In der Regel muss der Antragsteller die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe nachweisen, z.B. nach: dem Verlust des Arbeitsplatzes, Arbeitsunfall bzw. Arbeitsunfähigkeit. Es gibt Leistungen im Falle von Schwangerschaft und Mutterschaft, für Senioren und Hinterbliebene. Verschiedene NGOs unterstützen ebenfalls Menschen in sozialen Notlagen (IOM 08.2013, vgl. ÖB 09.2014).

 

Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde im Jahr 2013 mit UAH 1.218 festgelegt (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 70). Im Jahr 2010 galten 26,4% der ukrainischen Bevölkerung als arm, wobei 23% der Stadtbewohner, jedoch 38% der Landbewohner mit einem Einkommen unter dem Existenzminimum auszukommen hatten. Nur 56,8% der als arm Qualifizierten können sich auf Hilfe aus dem Sozialsystem stützen (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

 

15. Medizinische Versorgung

 

Das ukrainische Gesundheitssystem ist in seinen Grundzügen nach wie vor das ehemals sowjetische Modell. Krankenhäuser und Fachärzte spielen eine zentrale Rolle, Allgemeinmediziner gibt es kaum. Eine gesetzliche Krankenversicherung wurde trotz jahrelanger Diskussionen in der Ukraine bislang nicht eingeführt. Vielmehr besteht ein in der Verfassung verankerter universeller Anspruch der Bevölkerung auf Gesundheitsleistungen, die aus Steuermitteln finanziert sein sollen (ÖB 09.2014, vgl. IOM 08.2013).

 

In der Ukraine gibt es über 7.000 Gesundheitszentren (26 Wissenschaftliche Forschungszentren, 40 Krankenhäuser und besondere Gesundheitszentren, 6 Ambulante Kliniken, 150 Sanatorien und Erholungseinrichtungen. Die Wirtschaftskrise hatte erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Infrastruktur. Die Bedingungen in den Krankenhäusern verschlechtern sich. In den Städten ist die Situation im Allgemeinen besser als in den ländlichen Gebieten. Auf dem Land lebenden Personen mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen wird empfohlen, das jeweilige Gebietskrankenhaus aufzusuchen. Um in einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung versorgt zu werden, müssen Patienten ihre Ausweisdokumente (Personalausweis) und die Krankenversicherungskarte vorweisen (in privaten Kliniken ist dies nicht notwendig. Um in einer staatlichen Klinik versorgt zu werden, muss der Patient in der jeweiligen Region registriert sein (IOM 08.2013).

 

In den Spitälern sind Zuzahlungen der Patienten für die Behandlung üblich. Im Zeitraum 2003-2008 wurden rund 40% der Kosten von den Patienten selbst abgedeckt. Der Großteil dieser Eigenmittel wurde für Medizinprodukte und Medikamente ausgegeben (ÖB 09.2014).

 

Medikamente sind in den meisten Fällen erhältlich, müssen jedoch von den Patienten selbst gekauft werden. Importierte Medikamente sind teurer als solche, die in der Ukraine hergestellt werden. Aspirin (20 Tabletten), das in der Ukraine hergestellt wurde kostet ca. UAH 12,00, wenn es aus der Schweiz stammt ca. UAH 42,00. In der Ukraine gibt es ein Netzwerk von psychiatrischen Kliniken, die entsprechend dem Schweregrad der psychischen Erkrankung aufgeteilt sind. Organtransplantationen werden in bestimmten Transplantationskliniken in Kiew und Charkow sowie in normalen Krankenhäusern in Kiew, Donezk, Saporoschje, Lwow, Odessa, Iwano-Frankiwsk, Kirowograd, Lutsk, Mariupol, Mykolajiw, Cherson, Tscherkassij und Tschernowzij durchgeführt (IOM 08.2013).

 

Schätzungen zufolge sind zumindest 10% aller Geldflüsse im ukrainischen Gesundheitswesen unter dem Begriff "informelle Zahlungen" zu subsumieren. In der Regel werden derartige Zuwendungen vor der entsprechenden Behandlung geleistet. Die Höhe der Zuwendung bestimmt in der Folge die Qualität und die Schnelligkeit der Behandlung. Glaubwürdigen Schätzungen zufolge setzt sich das Gehalt eines Bediensteten im Medizinbereich im Schnitt zu 20% aus derartigen "informellen Zuwendungen" zusammen, die nicht selten – zumal auf dem Land – auch aus Naturalien bzw. bereitgestellten Dienstleistungen bestehen können. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes

Bild: jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

 

16. Behandlung nach Rückkehr

 

Seitens der ukrainischen Regierung gibt es keine gesonderte Unterstützung für die Wiedereingliederung in die Ukraine heimkehrender Staatsbürger. Die Unterstützung bei der Unterbringung für Obdachlose jedoch gilt auch für ukrainische Heimkehrer. Das Zentrum für die Wiedereingliederung obdachloser ukrainischer Staatsbürger beim Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik unterstützt obdachlose Menschen. Es gibt derzeit keine gesonderte Unterstützung für allein heimkehrende Frauen und Mütter, die nicht zu Ihrer Familie zurückkehren können bzw. wollen (IOM 08.2013).

 

Quelle:

 

 

Im vorliegenden Verfahren konnten individuelle Fluchtgründe, wie unten in der Beweiswürdigung aufgezeigt, nicht glaubhaft gemacht werden. Die allgemeine Situation in der Ukraine ist so, dass den Beschwerdeführern eine gefahrlose Rückkehr zumutbar sein wird. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiter Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, dass vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen der Beschwerdeführer, und die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegenden Feststellungen zur aktuellen, im Hinblick auf die gegenständlichen Verfahren relevante Situation in der Ukraine. Diese Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund der vorliegenden Verfahren und auch unter Bedachtnahme auf die Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht bzw. von der Staatendokumentation herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

 

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer, zum Leben, zur Schulbildung zur vorhandenen Existenzgrundlage im Herkunftsstaat, zur Herkunft, zu den Familienangehörigen sowie zu deren Angehörigen sowie zur Arbeitsfähigkeit sowie zu ihren Leben in Österreich ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zur Einreise mittels Schengen Visum nach Österreich und zur Antragstellung zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

 

Die Beschwerdeführer haben den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorgelegt, deren Identität steht damit fest.

 

Die negative Feststellung zu potentieller Verfolgungsgefahr und aktuell drohender menschenrechtswidriger Behandlung der Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat beruht auf dem in den wesentlichen Punkten unglaubwürdigen bzw. nicht asylrelevanten Vorbringen der Beschwerdeführer und ist der belangten Behörde dahingehend zu folgen, wenn diese nach schlüssiger und nicht zu beanstandender Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid insgesamt von der Unglaubwürdigkeit bzw. mangelnden Asylrelevanz jenes Sachverhaltes ausgeht, den die Beschwerdeführer hinsichtlich der behaupteten Verfolgungsgefahr ihren Anträgen auf internationalen Schutz zugrunde legten.

 

Bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, welches im Übrigen ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren geführt hat, hat in seiner Beweiswürdigung dargelegt, dass der Erstbeschwerdeführer die Handlungsabläufe nicht den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechend und auch nicht in dem Maße substanziiert und nachvollziehbar vorgebacht hat und somit dessen Aussagen nicht glaubhaft machen konnte. Insgesamt hat der Erstbeschwerdeführer –auf jene sich auch die Zweit – bis Fünftbeschwerdeführer beziehen - Behauptungen in den Raum gestellt, ohne diese belegen oder durch konkrete Anhaltspunkte glaubhaft zu machen. Zudem konnten die Beschwerdeführer deren persönliche Betroffenheit nicht glaubhaft machen.

 

Das Bundesamt geht vollkommen zu Recht davon aus, dass das vom Erstbeschwerdeführer vorgetragene Fluchtvorbringen, auf jene sich die Zweit – bis Fünftbeschwerdeführer beziehen, nicht geeignet ist, um Asyl zu begründen.

 

So schilderte der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung zu seinen Fluchtgründen befragt, dass er sein Herkunftsland verlassen habe, da sein Bruder und dessen Frau in Kiew erschossen worden seien. Zudem schilderte er, dass sein Haus in der Ost-Ukraine während der schwersten Kriegshandlungen komplett zerstört worden sei. Er sei davon überzeugt, dass diese Schießerei nicht nur der Zerstörung seines Hauses, sondern auch seiner Familie gegolten hätte. Der Ort an dem die Beschwerdeführer gelebt hätten, wäre sowohl von der ukrainischen Armee als auch von Separatisten umkämpft, da die Beschwerdeführer sehr nahe an der Grenze zu Russland gewohnt hätten. Am Tag ihrer Abreise wären sie durch eine militärische Person der Separatisten aufgefordert worden, den Ort zu verlassen, da die Bombardierung in Kürze beginnen würde.

 

Weiters gab der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme auf das Wesentliche beschränkt an, den Herkunftsstaat aufgrund zweier Vorfälle und der kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine, wo die Beschwerdeführer gelebt hätten, verlassen zu haben. Zuerst sei im Mai 2014 sein Bruder und dessen Frau auf offener Straße in Kiew erschossen worden, die Kinder der beiden hätten jedoch überlebt. Der zweite Vorfall sei im August 2014 passiert. Prorussische Separatisten hätten sie geschlagen und bedroht. Da Sie sie jedoch mit einer hohen Geldsumme bestechen konnten, wurden sie nicht von diesen mitgenommen. Dieser Vorfall habe Sie schlussendlich dazu veranlasst, die Ukraine zu verlassen.

 

Dem Bundesamt war auch in seiner Beurteilung zu folgen, wonach der Erstbeschwerdeführer seine Betroffenheit in Zusammenhang mit dem geschilderten Vorfall hinsichtlich seines Bruders nicht begründen konnte. Diesbezüglich ist anzumerken, dass wenngleich der Erstbeschwerdeführer eine gewisse Furcht vor Verfolgung verspürt haben will, weil sein Bruder getötet worden sei, so ist jedoch noch keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft, da eine bloße Vermutung nicht ausreicht, um aus objektiver Sicht asylrelevante Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Dass die Beschwerdeführer in einer asylrelevanten Intensität verfolgt würden, weil der Bruder des Erstbeschwerdeführers in Kiew erschossen worden sei, wurde auch nicht vorgebracht.

 

Dass die Beschwerdeführer offensichtlich keine Furcht vor Verfolgung durch die staatlichen Behörden in Kiew gehabt haben, zeigt im Übrigen der Umstand, dass sie nach ihrem Vorbringen, nach Kiew gefahren sind, um dort Visa zu beantragen.

 

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass sich dieser Vorfall im Mai ereignet haben soll. Wie das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, ist es nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführer noch weitere Monate in der Ukraine verblieben sind, zumal sie diesen "Vorfall" als fluchtauslösendes Ereignis vorgebracht haben.

 

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es den Behörden nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihnen zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden (siehe z.B. VwGH vom 29.06.2000, Zl. 2000/01/0093).

 

Abgesehen von den äußerst vagen Schilderungen des Erstbeschwerdeführers bezüglich des "ersten Vorfalls", denen – wie erwähnt – eine persönliche Bedrohung nicht entnommen werden kann, konnte er auch keinerlei Gründe angeben, weshalb im Hinblick auf den "zweiten Vorfall" die Separatisten ausgerechnet den Erstbeschwerdeführer hätten töten wollen, nicht ausreichend begründen, zumal die Personen durchaus die Gelegenheit dazu gehabt hätten und laut eigener Angaben des Erstbeschwerdeführers jede Person, die gegen Russland und für die Ukraine sei von den Separatisten mitgenommen und getötet würde.

 

Zutreffend hat das Bundesamt insbesondere dargelegt, dass aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdeführer nach dem fluchtauslösendem Ereignis nach Kiew reisten, dort Visa beantragten und folglich am 19.08.2014 nach Weißrussland ein- und nach Litauen weiteregereist seien, keine Verfolgung schließen lässt. Demnach konnten sich die Beschwerdeführer, wie das Bundesamt in seiner Beweiswürdigung feststellte, frei und ungehindert in der Ukraine bewegen, was als Indiz gegen die Glaubwürdigkeit und jedenfalls für eine innerstaatlich Fluchtalternative zu werten ist.

 

Für das erkennende Gericht ist es - wie von der belangten Behörde bereits zu Recht ausgeführt - nicht nachvollziehbar, warum die Beschwerdeführer in Österreich nicht unverzüglich einen Asylantrag stellten, sondern zuerst eine Wohnung gemietet und die gegenständlichen Anträge erst nach deren erfolglos eingebrachten Anträgen auf Aufenthaltstitel im Februar 2015 stellten. Der Ansicht der belangten Behörde, wonach diese Vorgehensweise der Beschwerdeführer den Eindruck erweckt, dass die Beschwerdeführer von Anfang an vorhatten, in irgendeiner Art und Weise den Verbleib in Österreich zu sichern und nicht unbedingt in erster Linie auf der Suche nach internationalem Schutz waren, wird seitens des erkennenden Gerichts gefolgt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Beschwerdeführer auch durch andere sichere Länder gereist sind, wo sie jedoch keinen Asylantrag gestellt haben sowie die Angaben des Erstbeschwerdeführers, dass er einen Teil seiner Kleidung bereits in Wien gehabt habe.

 

Auf eine geplante Ausreise lässt sich auch deshalb schließen, da die Beschwerdeführer sämtliche Dokumente – Heiratsurkunde, Diplome – mitgenommen haben, was gegen die Aussage des Erstbeschwerdeführers, dass er außer den Kleidern am Körper nichts habe mitnehmen können, spricht. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer ihre Ausreise nach Österreich von langer Hand geplant hatten.

 

Letztlich kann jedoch auch dahingestellt bleiben, ob der Erstbeschwerdeführer von russischen Separatisten bedroht und geschlagen worden sei. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in diesem Zusammenhang zutreffend basierend auf den allgemeinen Länderberichten dargelegt, dass der wesentlich größere Teil der Ukraine nicht vom innerstaatlichen Konflikt in der Ostukraine betroffen ist. Dort haben die russischen Separatisten keinen derartigen Einfluss auf die ukrainischen Sicherheitskräfte, der Erstbeschwerdeführer würde demnach nicht an die Separatisten ausgeliefert und ihm auch nicht von diesen selbst eine Gefahr drohen.

 

Das BFA hat sich in seinen beweiswürdigenden Überlegungen auch ausführlich damit auseinandergesetzt, dass die Beschwerdeführer in der Ukraine (außerhalb der Konfliktregion in der Ostukraine) keine Probleme und keine Gefährdung zu gewärtigen hätten und es ihnen wie bisher den Beschwerdeführern möglich und zumutbar ist, im Fall einer Rückkehr in die Ukraine für ihren lebensnotwendigen Unterhalt zu sorgen.

 

Auch betreffend die Situation im Fall einer Rückkehr in der Ukraine folgt das Bundesverwaltungsgericht hier wiederum den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden, wonach den Beschwerdeführern in deren Heimatland die Lebensgrundlage keinesfalls gänzlich entzogen wäre oder dass sie bei einer Rückkehr in eine die Existenz bedrohende Notlage gedrängt würden. Ebenso ist aus dem Vorbringen nichts hervorgekommen, was darauf deuten würde, dass die Beschwerdeführer persönlich von allfälligen negativen Lebensumständen in der Ukraine in höherem Maße betroffen gewesen wären als jeder andere Staatsbürger in einer vergleichbaren Lage (allgemeine Sicherheitslage).

 

Den Beschwerdeführern ist bei einer Rückkehr in die Ukraine - außerhalb der Ostukraine - auch zumutbar, sich dort zu registrieren, um entsprechende staatliche und nichtstaatliche Unterstützungsleistungen zu erhalten.

 

Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.

 

Aus den Länderfeststellungen ist zu entnehmen, dass in den westlichen Landesteilen der Ukraine keine Verschlechterung der grundsätzlich ruhigen Sicherheitslage bekannt geworden ist. Auch in Teilen der Ostukraine gehen die Bürger weitestgehend ihren normalen Alltagsgeschäften nach. Notorisch ist, dass die Kampfhandlungen in der Ostukraine in den letzten Monaten sich auf kleinere Zwischenfälle reduziert haben, keinesfalls ist die Lage derart eskalierend wie in den Sommermonaten des Jahres 2014.

 

Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Beschwerdeführer als Zivilpersonen infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist trotz der derzeitigen Zustände in Regionen der Ostukraine nicht anzunehmen, weil die Beschwerdeführer im Westen der Ukraine Aufenthalt nehmen könnten, was in der Beweiswürdigung zuvor umfassend dargelegt wurde.

 

Bei einer Zusammenschau der Länderinformationen zur Ukraine und dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers war eine Verfolgung der Beschwerdeführer in deren Herkunftsstaat klar zu verneinen.

 

Soweit der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeschrift (erstmals) vollkommen allgemein und unbestimmt ins Treffen geführt hat, dass wenn er von den Separatisten rekrutiert worden wäre, hätte er an einem Konflikt teilgenommen, der sich zum größten Teil gegen die Zivilbevölkerung des eigenen Landes richte und zudem erklärt, dass selbst wenn er sich "nur" regulären Truppen anschließen hätte müssen, es dadurch zur Verletzung von Kriegs- und Menschenrechte gekommen wäre, will er damit offenbar auf die Möglichkeit hinweisen, zum Militär eingezogen werden zu können. Dazu ist festzuhalten, dass dies nicht der Grund für seine Ausreise gewesen ist.

 

Demnach enthält die Beschwerde Vorbringensaspekte bzw. Beweismittel, welche erstmals im Verfahren ins Treffen geführt wurden und sohin als Verstoß gegen das Neuerungsverbot des § 20 BFA-VG zu werten sind. So brachte der Erstbeschwerdeführer im Rahmen des behördlichen Verfahrens mit keinem Wort den eventuellen Erhalt eines Einberufungsbefehls vor, obwohl er ausführlich einvernommen und auch zur Thematik Militär bzw. zum Vorliegen zuvor noch nicht erwähnter Fluchtgründe und was den Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinem Herkunftsland erwarte ausdrücklich befragt worden ist (vgl. Verwaltungsakt des Erstbeschwerdeführers, Seiten 381, 382)

 

Zudem hat der Erstbeschwerdeführer nichts Näheres dargelegt und im Verfahrensverlauf oder in der Beschwerde auch keinerlei substantiierten Hinweis liefern können, dass er im Fall der Rückkehr aus asylrelevanten Gründen einberufen würde oder im Vergleich zu anderen männlichen Staatsbürgern der Ukraine schlechter behandelt würde, sollte er einer erfolgenden Einberufung keine Folge leisten.

 

Auch das vorgesehene Strafausmaß für die Entziehung vom Wehrdienst bzw. Desertion erreicht laut der vorliegenden Länderberichte kein unverhältnismäßiges Ausmaß. Zudem wird im vorliegenden Berichtsmaterial auch hervorgehoben, dass bislang lediglich in wenigen Fällen eine tatsächliche Freiheitsstrafe (im Ausmaß von zwei Jahren) verhängt worden sei, im Übrigen würden lediglich geringfügige Verwaltungsstrafen bzw. Bußgelder auferlegt.

 

Im gegenständlichen Verfahren erscheint der Sachverhalt vor dem Hintergrund des auffallend unsubstantiierten Beschwerdevorbringens auf Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in hinreichender Weise geklärt und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Belangen nach wie vor als vollständig und aktuell anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ergibt sich zweifelsfrei, dass aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer kein glaubhafter asylrelevanter Sachverhalt oder eine sonstige konkrete, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene, Bedrohungslage abzuleiten ist und muss daher auch eine allfällige Gefährdung der Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen betrachtet werden.

 

Wenn die belangte Behörde im bekämpften Bescheid - in einer vom Bundesverwaltungsgericht nicht zu beanstandenden Weise - zum Ergebnis gelangt, dass das von den Beschwerdeführern behauptete Bedrohungsszenario insgesamt unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant sei, stehen dieser Einschätzung keinen Bedenken von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts entgegen.

 

Was die sonstige Gefährdungslage in der Ukraine betrifft, kann für die Beschwerdeführer nach dem Gesagten eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einsetzende Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK nicht erkannt werden, zumal auch keine schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen der Beschwerdeführer festgestellt werden konnten.

 

Es wird daher den Beschwerdeführern möglich sein, weiterhin in der Ukraine Aufenthalt zu nehmen, auch in anderen Landesteilen, wo ihnen angesichts ihrer Ausbildung jederzeit eine Arbeitsaufnahme möglich ist und wo sie auch auf staatliche und private Unterstützung in Anspruch nehmen können.

 

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus dem Strafregisterauszug SA vom 30.03.2017. Die strafrechtliche Unbescholtenheit der Drittbis Fünftbeschwerdeführer ergeben sich allein aus dem Umstand, dass sie strafunmündig ist.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

 

Ad I.)

 

Zur Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der dem § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungs-gefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt daher nur dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einen in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn die Asylentscheidung erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318 und vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen – mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates – im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

 

Eine Verfolgung, dh. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH vom 27.01.2000, 99/20/0519, VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256, VwGH vom 04.05.2000, 99/20/0177, VwGH vom 08.06.2000, 99/20/0203, VwGH vom 21.09.2000, 2000/20/0291, VwGH vom 07.09.2000, 2000/01/0153, u.a.).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Eine Bürgerkriegssituation (bzw. die eines sonstigen bewaffneten Konfliktes) in der Heimat des Antragstellers schließt eine aus asylrechtlich relevanten Gründen drohende Verfolgung zwar nicht generell aus. Der Antragsteller muss in diesem Zusammenhang jedoch behaupten und glaubhaft machen, dass die Ereignisse in seiner Heimat, die zu seiner Flucht geführt haben, als eine individuell gegen seine Person aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität etc. gerichtete Verfolgung zu werten wären und nicht als mehr oder weniger zufällige Folge im Zuge der Bürgerkriegshandlungen (VwGH 8.7.2000, 99/20/0203).

 

Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Aus den Gesamtangaben der Erstbeschwerdeführers, auf jene Ausführungen sich die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer beziehen, ist nicht ableitbar, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw. in Zukunft im Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätten. Ein Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgung oder Probleme im Herkunftsstaat im asylrelevanten Ausmaß hat sich nicht ergeben, zumal es den Beschwerdeführern – wie beweiswürdigend dargelegt – offensteht, sich außerhalb der Konfliktzonen in der Ostukraine auf dem übrigen Staatsgebiet der Ukraine niederzulassen.

 

Es ergaben sich auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer als Angehörige der Volksgruppe der Ukrainer oder Armenier und Zugehörige der christlich-orthodoxen Religionsgemeinschaft aktuell alleine wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und/oder wegen ihres Glaubensbekenntnisses in der Ukraine einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wären. Eine derartige Bedrohung oder Verfolgungsgefahr wurde auch im gesamten Verfahren weder behauptet noch ist eine Solche dem Akteninhalt zu entnehmen.

 

Auch sonst haben sich von Amts wegen keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer aktuellen asylrelevanten Verfolgungsgefahr bzw. Eingriffen von erheblicher Intensität in ihre zu schützende persönliche Sphäre ausgesetzt wären. Auch aus der allgemeinen Lage in der Ukraine lässt sich konkret für die Beschwerdeführer kein Status eines Asylberechtigten ableiten.

 

Da für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht wurden und auch sonst keiner Verfolgung festgestellt werden konnte, liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl auch bei ihnen nicht vor.

 

Unabhängig davon steht den Beschwerdeführern jedenfalls auch die Möglichkeit eines Aufenthaltes im Westen der Ukraine offen, weshalb eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bereits auch vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen scheint:

 

§ 11 AsylG lautet:

 

(1) Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

 

(2) Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

 

Besteht für einen Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte innerstaatliche Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, Zl. 98/01/0352). Nach der Rechtsprechung des VwGHs muss sich die Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Nach einer in der älteren Rechtsprechung verwendeten Formulierung darf in keinem Teil des Herkunftsstaates Verfolgungssicherheit bestehen (VwGH 10.3.1993, Zl. 03/01/002). Nach der jüngeren Rechtsprechung ist mit dieser Formulierung jedoch nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, die Formulierung sei dahingehend zu verstehen, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen -mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Herkunftsstaates- im gesamten Herkunftsstaat auswirken müsse (VwGH 9.11.2004, Zl 2003/01/0534; VwGH 24.11.2005, 2003/20/0109).

 

Um vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, müssen die Asylbehörden über Ermittlungsergebnisse verfügen, die die Sicherheit der Asylwerber dartun (vgl. etwa VwGH 8.9.1999, Zl. 99/01/0126; VwGH 16.2.2000, Zl 99/01/0149). Es muss konkret ausgeführt werden, wo der Beschwerdeführer tatsächlich Schutz vor der von ihm geltend gemachten Bedrohung finden könnte. Entsprechend dem "Ausschlusscharakter" der innerstaatlichen Fluchtalternative nimmt der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich eine Beweislast der Asylbehörde an: Es müsse Sache der Behörde sein, die Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative aufzuzeigen und nicht umgekehrt Sache des Asylwerbers, die Möglichkeit einer theoretisch möglichen derartigen Alternative zu widerlegen (vgl. VwGH 9.9.2003, Zl.2002/01/0497).

 

Aufgrund des sich Versteckthaltens kann noch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative gesprochen werden (etwa VwGH 18.4.1996, Zl.95/20/0295; VwGH 20.3.1997, Zl 95/20/0606; in diesem Sinne ebenfalls VwGH 29.10.1998, Zl. 96/20/0069). Ebenso darf der Betroffene im sicheren Landesteil nicht in eine aussichtslose Lage gelangen und jeglicher Existenzgrundlage beraubt werden. Solcherart wird dem Kriterium der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative Beachtung geschenkt (VwGH 8.9.1999, Zl. 98/01/0614, VwGH 6.10.1999, Zl. 98/01/0535, VwGH 8.6.2000, 99/20/0597, VwGH 19.10.200, 98/20/0430; VwGH 19.10.2006, Zl. 2006/0297-6; VwGH 24.1.2008, Zl. 2006/19/0985-10). Maßgebliche Faktoren zur persönlichen Zumutbarkeit können das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschaftsverhältnisse, soziale und andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeitshintergrund und -möglichkeiten, sowie gegebenenfalls bereits erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen sein. Es wird jedoch die Ansicht vertreten, dass schlechte soziale und wirtschaftliche Bedingungen in dem betreffenden Landesteil die innerstaatliche Fluchtalternative nicht grundsätzliche ausschließen (siehe VwGH 8.9.1999, 98/01/0620; VwGH 26.6.1996, 95/20/0427) Ein bloßes Absinken des Lebensstandards durch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative, welches jedoch noch über dem Niveau der aussichtslosen Lage ist, ist daher bei Bestehen einer Existenzgrundlage hinzunehmen.

 

Zu den bereits getroffenen Ausführungen kommt noch hinzu, dass das verfolgungssichere Gebiet eine gewisse Beständigkeit in dem Sinne aufweisen muss, dass der Betroffene nicht damit rechnen muss, jederzeit auch in diesem Gebiet wieder die Verfolgung, vor der er flüchtete, erwarten zu müssen (VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401, in diesem Sinne auch VwGH 19.2.2004, Zl. 2002/20/0075; VwGH 24.6.2004, Zl. 2001/20/0420).

 

Ebenso muss das sichere Gebiet für den Betroffenen erreichbar sein, ohne jenes Gebiet betreten zu müssen, in welchem er Verfolgung befürchtet bzw. muss im Rahmen der Refoulementprüfung feststehen, dass eine Abschiebung in dieses sichere Gebiet möglich ist (VwGH 26.6.1997, Zl.95/21/0294; in diesem Sinne auch VwGH 11.6.1997, Zl. 95/21/0908, 6.11.1998, Zl. 95/21/1121; VwGH 10.6.1999, 95/21/0945, ähnlich VwGH 17.2.2000, 9718/0562).

 

Die Annahme einer innerstaatlichen Schutz- oder Fluchtalternative erfordert nach der Rechtsprechung im Hinblick auf das ihr unter anderem innewohnende Zumutbarkeitskalkül insbesondere nähere Feststellungen über die im Falle eines Ortswechsels zu erwartende konkrete Lage des Beschwerdeführers (VwGH 28. 10. 2009, 2006/01/0793 = ZfVB 2010/650; 17. 3. 2009, 2007/19/0459 = ZfVB 2009/1708; zur Maßgeblichkeit auch für Entscheidungen über den Refoulementschutz:

VwGH 17. 10. 2006, 2006/20/0120 = ZfVB 2007/1540; 31. 1. 2002,

99/20/0497= ZfVB 2003/383).

 

Wie beweiswürdigend dargelegt, ist es den Beschwerdeführern jedenfalls möglich und zumutbar, sich einer allenfalls bezogen auf ihre Herkunftsregion befürchteten Gefahrenlage durch einen innerstaatlichen Umzug zu entziehen.

 

Zur in der Beschwerde erstmals vorgebrachten Furcht vor Einberufung zum Militärdienst wird lediglich vollständigkeitshalber Folgendes festgehalten:

 

Die Flucht wegen Einberufung zum Militärdienst könnte nur dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung aus einem der in der FlKonv genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen eine drohende allfällige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen gewesen wäre (VwGH 8.3.1999, 98/01/0371).

 

Die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes rechtfertigt für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling. Der VwGH geht von einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung nur in solchen Fällen aus, in denen die Einberufung aus einem der in Art 1 Abschn A Z 2 FlKonv angeführten Gründen erfolgt, in denen der Asylwerber damit rechnen müsste, dass er hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen ist, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht (VwGH 11.10.2000, 2000/01/0326).

 

Die Heranziehung zum Militärdienst durch die Behörden eines souveränen Staates erlangt dann Asylrelevanz, wenn eine Schlechterstellung, schlechtere Behandlung oder Unterwerfung unter ein strengeres Strafregime bestimmter, nach Religion oder sozialer Gruppe oder politischer Gesinnung abgegrenzter Personen der zum Wehrdienst herangezogenen Personen droht. Dieser Maßstab gilt aber nicht bei der Zwangsrekrutierung durch eine Rebellenarmee. Die Zwangsrekrutierung durch eine christliche Rebellenarmee, welche alle männlichen Christen ab einem bestimmten Lebensjahr umfasst, bildet allein für sich keinen Asylgrund (VwGH 8.9.1999, 99/01/0167).

 

Es kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen - wie etwa der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine "bloße" Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (Hinweis E vom 27. April 2011, 2008/23/0124, mwN). Gemäß Art. 3 MRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat unmenschliche oder erniedrigende Haftbedingungen wiederholt unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 MRK gewürdigt (vgl. dazu das den Iran betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 2006, 2005/20/0496, mwN) (VwGH 25.3.2015, Ra 2014/20/0085).

 

Wie beweiswürdigend dargelegt, hat der Erstbeschwerdeführer im Verfahrensverlauf, vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen, keinerlei Anhaltspunkte auf das Vorliegen eines Sachverhaltes im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung vorgebracht. Eine ihm auf dem gesamten Gebiet der Ukraine drohende asylrelevante Gefährdung in Zusammenhang mit einer allfälligen Ableistung des Wehrdienstes bzw. Entziehung von selbigen konnte im Falle des Erstbeschwerdeführers sohin nicht erkannt werden.

 

Den Beschwerdeführern ist es sohin nicht gelungen, eine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, darzulegen. Für die Beschwerdeführer war dementsprechend auch keine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, fassbar.

 

Daher waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide abzuweisen.

 

Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Zur Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten:

 

§ 8 Abs. 3 iVm. § 11 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

 

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

 

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer derartigen Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

 

Weder aus den Angaben der Beschwerdeführer zu den Gründen, die für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Ausgehend von den dargestellten allgemeinen Länderberichten zum Herkunftsstaat besteht kein Grund davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsangehörige der Ukraine einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, wobei bereits beweiswürdigend festgehalten wurde, dass eine Rückkehr in Ukraine außerhalb der Ostukraine möglich und zumutbar ist.

 

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann somit schlichtweg nicht erkannt werden, wobei auf die Arbeitsleistung der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin, die bis zur deren Ausreise aus der Ukraine finanziell abgesichert gelebt haben und auf die staatlichen Unterstützungsleistungen hinzuweisen ist. Im Besonderen ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführer laut eigener Angaben bis zu deren Ausreise aus der Ukraine dort finanziell abgesichert leben konnten.

 

Den Beschwerdeführern wird es demnach offensichtlich – wie in der Vergangenheit – zumutbar sein, in der Ukraine außerhalb der Ostukraine durch eigene Arbeit sowie Unterstützung durch den Staat sowie nichtstaatliche Organisationen den lebensnotwendigen Unterhalt zu erwirtschaften.

 

Aufgrund der Arbeitswilligkeit und -fähigkeit und der Berufserfahrung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, ist davon auszugehen, dass sie dort – wie in der Vergangenheit - den Lebensunterhalt durch eigene und notfalls auch wenig attraktive Arbeit bestreiten können werden. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keine besonderen Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer Schatten- oder Nischenwirtschaft stattfinden.

 

Für die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich unter diesen Aspekten keine Hinweise ergeben, wonach die Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würden.

 

Im Übrigen halten sich in der Ostukraine Verwandte der Zweitbeschwerdeführerin (vgl. Akt der Zweitbeschwerdeführerin S 157) auf. Auch der Erstbeschwerdeführer könnte gegebenenfalls Kontakt zu seinem Familienangehörigen aufnehmen (vgl. Akt des Erstbeschwerdeführers S 379) und scheint auch in diesem Zusammenhang eine allfällige Unterstützung möglich und zumutbar.

 

Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr in die Ukraine sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben. Weiters gilt es zu bedenken, dass die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aufgewachsen sind und die Sprache beherrschen. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer werden aufgrund deren Alters von ihren Eltern versorgt.

 

Unter Verweis auf die zitierten Länderinformationen kann für die gesamte Ukraine zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlichtweg nicht festgestellt werden, dass dort eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen ließe.

 

Wie beweiswürdigend dargelegt, waren auch keine schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen festzustellen. Derartiges wurde auch in der Beschwerde nicht vorgetragen und es finden sich auch keine aktuellen medizinischen Unterlagen über eine Erkrankung oder einen akuten Behandlungsbedarf in den Akten.

 

Den Beschwerdeführern ist es daher nicht gelungen, darzulegen, dass sie im Falle einer Abschiebung in die Ukraine in eine "unmenschliche Lage" versetzt würden. Daher verstößt eine allfällige Abschiebung nicht gegen Art. 2, Art. 3 EMRK oder gegen die Zusatzprotokolle zur EMRK Nr. 6 und Nr. 13 und auch nicht gegen Art. 15 lit. c StatusRL.

 

Somit war den Beschwerdeführern auch nicht der Status von subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen.

 

Auch aufgrund des vorliegenden Familienverfahrens der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 4 iVm. § 2 Z 22 AsylG 2005 war kein anderes Ergebnis begründbar, da keinem der Beschwerdeführer Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt worden ist.

 

Daher bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht geeignet war, ihnen den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.

 

Zur Rückkehrentscheidung:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraus-setzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt ei-ne Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechts-kräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ist nicht geduldet. Sie sind auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status von subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab-gewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Die Beschwerdeführer sind weder begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihnen ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).

 

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

 

Bei dieser Interessensabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

 

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist Folgendes auszuführen:

 

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweibeschwerdeführerin sind die Eltern der Drittbeschwerdeführerin. Das in der Ukraine bestandene Familienleben wurde im Bundesgebiet fortgeführt. Es war daher ein Familienleben iSd. Art 8 EMRK zwischen den Beschwerdeführern zu bejahen.

 

Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über keine relevanten familiären Beziehungen zu einer zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person. Sie führen zwar als Ehepaar mit deren Söhnen ein schützenswertes Familienleben, doch sind sie allesamt Asylwerber und ihre Asylverfahren sind allesamt negativ entschieden worden. Die Beschwerdeführer, die unzweifelhaft ein Familienleben miteinander führen, sind daher allesamt im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen, weswegen im Falle einer gemeinsamen Rückkehr in den Herkunftsstaat diesbezüglich kein Eingriff in das Familienleben vorliegt.

 

Ist im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben iSd. Art. 8 EMRK zu verneinen, bleibt noch zu prüfen, ob mit der Rückkehrentscheidung in das Privatleben der Beschwerdeführer eingriffen wird und ob ein derartiger Eingriff gerechtfertigt ist.

 

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass nicht festgestellt werden konnte, wann die Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet konkret eingereist sind. Demnach konnte die genaue Aufenthaltsdauer nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführer reisten legal mit einem Schengen Visum, gültig von 21.08.2014 bis zum 05.05.2015, nach Österreich ein und stellten am 02.03.2016 die den gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Anträge auf internationalen Schutz.

 

Die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich beträgt seit deren Asylantragstellung sohin ca. ein Jahr und fünf Monate und ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zu kurz, um bereits von einer außergewöhnlichen, schützenswerten und dauernden Integration zu sprechen.

 

Der Vollständigkeit ist noch anzumerken, dass die Beschwerdeführer bereits seit 06.10.2014 in Österreich gemeldet waren. Selbst unter der Berücksichtigung, dass die Beschwerdeführer seit zwei Jahren und zehn Monaten in Österreich aufhältig sind, ist auch bei diesem Zeitraum - im Hinblick auf die Rechtsprechung - weder von keinem kurzen aber auch nicht von einem übermäßigen langen Aufenthalt auszugehen. Der Dauer des Aufenthaltes kann demnach im gegenständlichen Verfahren – isoliert betrachtet – keine hervorgehobene Bedeutung für einen Verbleib der Beschwerdeführer im Bundesgebiet zugemessen werden, zumal es sich bei den Anträgen um letztlich nicht begründete Asylanträge handelt.

 

Schon aufgrund dieser kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet ist eine besondere Integration der Beschwerdeführer in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht nicht erkennbar.

 

Es war auch klar festzuhalten, dass die Dauer des bisherigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer nicht in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, was aus der relativ kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet abzuleiten ist.

 

Die Beschwerdeführer sind hingegen mit den sprachlichen und kulturellen Gegebenheiten im Herkunftsland vertraut und ist somit davon auszugehen, dass sie sich in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern werden können. Auch ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die Beschwerdeführer im Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen.

 

Neben der Aufenthaltsdauer sind bei der Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK insbesondere das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423; 17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053, 282ff).

 

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.

 

Im Fall Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ausweisung einer ugandischen Asylwerberin aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK als zulässig, obwohl die Beschwerdeführerin, die erfolglos Asyl begehrt hatte, in der Zwischenzeit bereits fast 10 Jahre in Großbritannien aufhältig gewesen war: Ihrem Hinweis auf ihr zwischenzeitlich begründetes Privatleben, nämlich dass sie sich mittlerweile an einer Kirchengemeinschaft beteiligt habe, berufstätig geworden und eine Beziehung zu einem Mann entstanden sei, hielt der Gerichtshof entgegen, dass die Beschwerdeführerin keine niedergelassene Einwanderin und ihr vom belangten Staat nie ein Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Ihr Aufenthalt im Vereinigten Königreich während der Anhängigkeit ihrer verschiedenen Asylanträge und Menschenrechtsbeschwerden sei immer prekär gewesen, weshalb ihre Abschiebung nach Abweisung dieser Anträge durch eine behauptete Verzögerung ihrer Erledigung durch die Behörden nicht unverhältnismäßig werde (EGMR 8.4.2008, 21.878/06, NL 2008, 86, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich).

 

Im Fall Omoregie u.a. gegen Norwegen, der die Ausweisung eines ehemaligen (nigerianischen) Asylwerbers betraf, erkannte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls keine Verletzung von Art. 8 EMRK, obwohl der Beschwerdeführer während seines Asylverfahrens eine Lebensgemeinschaft mit einer norwegischen Staatsangehörigen gegründet hatte und Vater einer gemeinsamen Tochter geworden war, da sich der Beschwerdeführer, der seine Lebensgefährtin (nach Abweisung des Asylantrages) geehelicht hatte, über die Unsicherheit seines fremdenrechtlichen Aufenthaltsstatus in Norwegen bereits zu Beginn der Beziehung im Klaren sein habe müssen (EGMR 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a. v. Norwegen). In derartigen Fällen könne die Ausweisung eines Fremden nach Ansicht des Gerichtshofes (wie er im Fall da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande hervorhob) nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen (EGMR 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande mwN).

 

Unter Berufung auf diese Judikatur hatte der Verfassungsgerichtshof etwa in VfSlg. 18.224/2007 keine Bedenken gegen die Ausweisung eines kosovarischen Staatsangehörigen trotz seines 11-jährigen Aufenthaltes, da sich der Aufenthalt (zunächst) auf ein für Studienzwecke beschränktes Aufenthaltsrecht gegründet hatte und vom Beschwerdeführer nach zwei Scheinehen schließlich durch offenkundig aussichtslose bzw. unzulässige Asylanträge verlängert wurde.

 

Keine Verletzung von Art. 8 EMRK erblickte auch der Verwaltungsgerichtshof in der Ausweisung eines ukrainischen (ehemaligen) Asylwerbers, der im Laufe seines rund sechseinhalbjährigen Aufenthaltes durch den Erwerb der deutschen Sprache, eines großen Freundeskreises sowie der Ausübung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen (sowie mit seiner Unbescholtenheit) seine Integration unter Beweis gestellt hatte, da – wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausführte – die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der "auf einem (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag" gegründet gewesen sei (VwGH 8.7.2009, 2008/21/0533; vgl. auch VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654). Auch die Ausweisung eines unbescholtenen nigerianischen (ehemaligen) Asylwerbers, der beinahe während seines gesamten und mehr als 9-jährigen Aufenthaltes in Österreich einer legalen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen war, über sehr gute Deutschkenntnisse verfügte und nie öffentliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen hatte, beanstandete der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK nicht, wobei er auch dem Argument des Beschwerdeführers, dass über seine Berufung in seinem Asylverfahren ohne sein Verschulden erst nach 7 Jahren entschieden worden war, keine entscheidende Bedeutung zugestand: Vielmehr vertrat er die Ansicht, dass der Fremde spätestens nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages – auch wenn er subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende gehabt haben sollte – im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen habe müssen (VwGH 29.4.2010, 2010/21/0085). Keine außergewöhnlichen Umstände iSd Art. 8 EMRK, die es unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen, erkannte der Verwaltungsgerichtshof auch bei der Ausweisung eines (ehemaligen) chinesischen Asylwerbers, der in den letzten sieben Jahren seines rund achteinhalb Jahre andauernden Aufenthaltes in Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen war und über eine österreichische Lebensgefährtin verfügte (VwGH 29.6.2010, 2010/18/0209; vgl. ähnlich auch VwGH 13.4.2010, 2010/18/0087). Zum selben Ergebnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof bei der Ausweisung eines georgischen (ehemaligen) Asylwerbers, der sich schon fast 8 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hatte, über gute Deutsch-Kenntnisse verfügte und selbständig erwerbstätig war: Der Verwaltungsgerichtshof wies darauf hin, dass eine Reintegration des Beschwerdeführers (nicht zuletzt auch aufgrund seines Schulbesuchs in seiner Heimat) trotz behaupteter Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche in Georgien weder unmöglich noch unzumutbar erscheine (VwGH 6.7.2010, 2010/22/0081).

 

Unter Berücksichtigung der mit der Beschwerde und im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen ergibt sich Folgendes:

 

Der Erstbeschwerdeführer weist Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 und die Zweitbeschwerdeführerin auf dem Niveau B2 auf. Die Beschwerdeführer leben allesamt von der Grundversorgung und gehen keiner legalen Beschäftigung nach. Dahin vermag auch der Hinweis, dass der Erstbeschwerdeführer jederzeit bei einer Firma arbeiten könnte nichts zu ändern. Eine bedingte Einstellungszusage wurde in diesem Zusammenhang nicht vorgelegt.

 

Die Beschwerdeführer verfügen über soziale bzw. freundschaftliche Kontakte, wie aus den Unterstützungsschreiben hervorgeht.

 

Wenn demnach festzuhalten war, dass die Beschwerdeführer am Aufenthaltsort Freunde gefunden bzw. Bekanntschaften geschlossen haben und am sozialen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen, hat niemand der Verfasser der Empfehlungsschreiben eine Verpflichtungserklärung für die Beschwerdeführer abgegeben.

 

Zu einer allfälligen Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme war schließlich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Integration als stark gemindert erachtet wird, wenn Unterstützungszahlungen karitativer Einrichtungen oder bloße Gelegenheitsarbeiten den Unterhalt gewährleisten oder erst gegen Ende des mehrjährigen Aufenthalts die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter ins Treffen geführt werden kann und bis dahin Sozialhilfe bezogen wurde (vgl. VwGH 11. 10. 2005, 2002/21/0124; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 5. 7. 2005, 2004/21/0124 u.a.). Im gegenständlichen Fall sind die Beschwerdeführer bislang keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen.

 

Zudem ist aus einer bedingten Arbeitsplatzzusage potentieller zukünftiger Arbeitgeber nicht ein bereits erreichter Grad an Integration in wirtschaftlicher Hinsicht ableitbar, sondern bloß die noch ungewisse Möglichkeit deren künftigen Eintretens. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612 und 29.06.2010, 2010/18/0195 jeweils mwN). Zudem ist darauf abzustellen, ob eine Integration am Arbeitsmarkt objektiv gelungen ist oder nicht (vgl. VwGH 19.04.2012, 2010/21/0242).

 

Im Fall der Beschwerdeführer liegen demnach keinerlei hervorzuhebende integrative Aspekte vor, wenngleich der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen.

 

Im Vergleich zum Bundesgebiet haben es die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat geschafft, das wirtschaftliche Auslangen zu finden. Im Bundesgebiet ist dies den Beschwerdeführern nicht möglich, sondern sie leben von Leistungen aus der Grundversorgung.

 

Soweit, wie im vorliegenden Fall, Kinder von der Rückkehrentscheidung betroffen sind, sind nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 18.10.2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 46410/99, Rz 58, und vom 6.07.2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Rz 146).

 

Die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind in der Ukraine geboren, aufgewachsen und haben sich bist August 2014 in der Ukraine aufgehalten. Die minderjährigen Beschwerdeführer sind im Familienverband mit den Eltern aufgewachsen, weshalb davon auszugehen ist, dass sie mit den kulturellen Gegebenheiten ihres Heimatlandes und ihrer Muttersprache vertraut gemacht wurden und ist davon auszugehen, dass für sie – mit Hilfe der Eltern – eine Relokation im Herkunftsstaat möglich sein wird.

 

Allfällige ungünstigere Entwicklungsbedingungen im Ausland begründen hingegen für sich allein noch keine Gefährdung des Kindeswohls, vor allem dann, wenn die Familie von dort stammt (OGH 08.07.2003, Zl. 4Ob146/03d unter Verweis auf Coester in Staudinger, BGB13 § 1666 Rz 82 mwN). Zudem gehören die Eltern und deren soziookönomischen Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes (ebd.).

 

Es wurde bereits eingangs ausgeführt, dass eine Rückkehr der Drittbis Fünftbeschwerdeführer nur gemeinsam mit den Eltern möglich ist, da sie ein Familienleben iSd. Art. 8 EMRK begründen.

 

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiären Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich – im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

 

Die Unbescholtenheit der Beschwerdeführer fällt bei der vorzunehmenden Abwägung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ins Gewicht. Laut Judikatur bewirkt die strafrechtliche Unbescholtenheit weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen. (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten eines Fremden ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

Im Übrigen sind die Beschwerdeführer zwar legal eingereist, jedoch auch nach Ablauf der Visa im österreichischen Bundesgebiet verblieben und haben folglich unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

 

Den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH v. 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, u. v.a.).

 

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen daher derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes des österreichischen Arbeitsmarktes die privaten Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07), wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich.

 

Zusammengefasst ist deshalb davon auszugehen, dass die Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, jedenfalls in den Hintergrund treten.

 

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die Beschwerdeführer erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Dies würde darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages unterlassen, bzw. nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes entsprechen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Im Ergebnis verfügen die Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Die Beschwerdeführer konnten auch keine hinreichenden eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen. Der persönliche, familiäre und berufliche Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführer lag bislang in der Ukraine. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende außergewöhnliche Integration in Österreich liegen nicht vor. Aus einer Gesamtschau und Abwägung dieser Umstände erscheint der Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführer im Hinblick auf die vorliegenden öffentlichen Interessen nicht als unverhältnismäßig.

 

Zur Zulässigkeit der Abschiebung:

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

 

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

 

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

 

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer zulässig ist (Spruchpunkt III.). Wie sich aus den Länderfeststellungen und aus den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer ergibt, besteht keine Gefahr, dass durch die Abschiebung der Beschwerdeführer Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für die Beschwerdeführer als Zivilperson mit der Abschiebung eine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes verbunden wäre. Auch sonst besteht kein Abschiebehindernis gemäß § 50 Abs. 2 oder Abs. 3 FPG, - ein Solches wurde weder substanziiert von den Beschwerdeführern vorgebracht noch ist es aus dem Akteninhalt ersichtlich - sodass das Bundesamt die Abschiebung der Beschwerdeführer zurecht für zulässig erklärt hat.

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher individuellen Umstände der Beschwerdeführer steht eine Abschiebung Art. 3 EMRK demnach nicht entgegen und konnten die Beschwerdeführer – wie umfassend dargelegt – keine Gründe darlegen, die gegen ihre Rückkehr in den Herkunftsstaat sprechen würden.

 

Frist für die freiwillige Ausreise:

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden und sich auch sonst nicht ergeben, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

 

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen

 

Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) - folgend: GRC - hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg.cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

 

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

 

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, Zl. U 466/11 ua. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

 

Der VwGH hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

 

Projiziert auf die vorliegenden Beschwerdefälle bedeutet dies, dass den Akteninhalten der Verwaltungsakte die Grundlage der bekämpften Bescheide unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Es hat sich auch in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Beschwerdeführern zu erörtern.

 

In der Beschwerde finden sich auch keine Hinweise, wonach eine weitere mündliche Verhandlung notwendig ist, zumal sich dort – wie beweiswürdigend hinreichend dargelegt – keine substantiierten Ausführungen finden, die dies erforderlich machen würden.

 

Auch die den Bescheiden des BFA zugrunde gelegten Länderinformationen waren – wie bereits in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargelegt – derart gestaltet, um den entscheidungswesentlichen Sachverhalt vollständig erheben zu können.

 

Dem Bundesverwaltungsgericht liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit den Beschwerdeführern mündlich zu erörtern gewesen wäre, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unterbleiben konnte.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

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