Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. April 2010 wurde der Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben im Asylverfahren im April 2002 legal mit einem Visum nach Österreich eingereist sei. Am 28. Mai 2002 habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt; der Antrag sei am 26. August 2009 im Instanzenzug rechtskräftig abgewiesen und die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in sein Heimatland ausgesprochen worden.
Am 25. März 2003 sei der Beschwerdeführer im Zuge einer polizeilichen Kontrolle im Chinarestaurant S. in W bei der Zubereitung von Salaten betreten worden. Bei seiner Vernehmung am 28. März 2003 habe der Beschwerdeführer unter anderem angegeben, dass er nach Österreich eingereist sei, um hier zu arbeiten; er sei mittellos und habe ohne behördliche Meldung in W gewohnt. Seit 31. Juli 2003 - so die belangte Behörde weiter - sei der Beschwerdeführer im Bundesgebiet polizeilich gemeldet.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Behörde erster Instanz) vom 2. April 2003 sei gegen den Beschwerdeführer wegen Mittellosigkeit und unbefugter Ausübung einer Beschäftigung -
nämlich ohne Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen worden. Der Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen, habe aber infolge der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz innerhalb der Befristung nicht "effektuiert" werden können.
Am 22. Juli 2005 sei der Beschwerdeführer im Zuge einer polizeilichen Kontrolle im Lokal T. in W beim Filetieren eines Lachses betreten worden, wobei er die "Einheitskleidung der Köche" getragen habe. Daraufhin sei der Beschwerdeführer von der Fremdenpolizei mit Schreiben vom 3. August 2005 ermahnt worden.
Mit Schreiben der Behörde erster Instanz vom 28. Dezember 2009 sei dem Beschwerdeführer die beabsichtigte Ausweisung angekündigt worden, wobei ihm diverse Fragen gestellt worden seien, deren Beantwortung eine Einschätzung seiner privaten bzw. persönlichen Verhältnisse ermöglichen habe sollen.
In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer auf seinen langen Aufenthalt im Bundesgebiet und eine Lebensgefährtin mit dem Namen Y.Y. verwiesen; überdies sei er auch im österreichischen Arbeitsmarkt integriert.
Diese Angaben habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung wiederholt, ohne aber das Geburtsdatum oder die genaue Anschrift seiner Lebensgefährtin zu nennen. Weiters sei in der Berufung von einer Cousine die Rede, die aufenthaltsverfestigt sei, ohne dass ein gemeinsamer Wohnsitz behauptet werde.
Dazu sei anzumerken, dass der Beschwerdeführer im Asylverfahren behauptet habe, mit X.J.C., geboren 1971, verheiratet zu sein und mit ihr zwei Kinder zu haben. Zudem lebten auch seine Eltern in China.
Laut Versicherungsauszug vom 5. Jänner 2009 sei der Beschwerdeführer seit 16. November 2003 praktisch ununterbrochen bei verschiedenen chinesischen Arbeitgebern - offensichtlich Chinarestaurants - "zur Beschäftigung gemeldet" gewesen. Auch derzeit sei der Beschwerdeführer aufrecht als beschäftigt gemeldet.
Der Beschwerdeführer weise eine rechtskräftige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung wegen unbefugten Aufenthaltes im Bundesgebiet nach § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG auf.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der Bestimmung des § 53 Abs. 1 FPG - im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer der festgestellten Tatsache seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich nicht entgegengetreten sei.
Die Ausweisung stehe unter dem Vorbehalt des § 66 FPG, wonach diese im Fall des Eingriffs in das Privat- oder Familienleben nur zulässig sei, wenn sie zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Die belangte Behörde habe daher bei ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 53 Abs. 1 FPG in Erwägung zu ziehen gehabt, ob und - wenn ja - welche bestimmten Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung für und gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers sprächen, und sich dabei insbesondere von den Vorschriften des FPG leiten zu lassen. Art. 8 Abs. 2 EMRK nenne an öffentlichen Interessen: die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG seien folgende Kriterien maßgeblich gewesen:
Der Beschwerdeführer halte sich bereits acht Jahre lang im Bundesgebiet auf, wobei er bis 26. August 2009 nur durch eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz "abgesichert" gewesen sei und sich seither jedenfalls illegal im Bundesgebiet aufhalte. Ein in Österreich bestehendes Familienleben habe nicht verifiziert werden können. Ein maßgeblicher Grad der Integration sei nicht festzustellen bzw. nachgewiesen. Bindungen zum Heimatstaat lägen insoweit vor, als sich dort - jedenfalls nach den Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren - die Eltern, die Ehefrau und die zwei Kinder des Beschwerdeführers aufhielten. Berufliche Bindungen in Österreich seien zwar feststellbar, jedoch insoweit zu relativieren, als diese während des rechtskräftigen Bestehens des Aufenthaltsverbotes bestanden hätten und seit 1. Jänner 2006 dafür ein Aufenthaltstitel erforderlich sei. Der Beschwerdeführer sei strafgerichtlich unbescholten, weise jedoch verwaltungsstrafrechtlich eine Vormerkung wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung auf.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer nach dem Eintritt in das Bundesgebiet über ein Jahr lang behördlich nicht angemeldet, sich "also vor den Behörden verborgen", zwei Asylanträge unter verschiedenen Identitäten gestellt und gegen ihn fünf Jahre lang ein - wenn auch nicht durchsetzbares - Aufenthaltsverbot bestanden habe.
Bei einer Gegenüberstellung der für und gegen die Ausweisung sprechenden Gründe überwögen erstere. Es komme nämlich der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie der geordneten Abwicklung des Fremdenwesens (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremden- und Aufenthaltswesens sei unter Berücksichtigung aller genannten Umstände von solchem Gewicht, dass die vorhandenen gegenläufigen privaten Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet.
Der unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden in Österreich stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, weil er den Gesetzen (FPG und NAG), die diese Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens schützen wollten, widerspreche.
Besondere Umstände, die über die dargelegten Erwägungen hinaus eine für den Beschwerdeführer positive Ermessensübung durch die Behörde zugelassen hätten, hätten weder erkannt werden können, noch seien sie vorgebracht worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass sich der Beschwerdeführer seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages im August 2009 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass sich der Beschwerdeführer seit Mai 2002, somit schon seit etwa acht Jahren, in Österreich aufhalte. Sein Aufenthalt sei überwiegend - jedenfalls weit mehr als die Hälfte der Zeit - rechtmäßig gewesen. Seit rund sieben Jahren sei er bei der Firma T. als Koch unselbständig erwerbstätig. Aufgrund dieser Beschäftigung sei der Beschwerdeführer sozial- und krankenversichert und beziehe ein Gehalt in der Höhe von EUR 1.023,-- monatlich. Der Beschwerdeführer verfüge über eine gesicherte Unterkunft. Im Bundesgebiet lebten seine Cousine, welche über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfüge, sowie seine Lebensgefährtin Y.Y., welche österreichische Staatsbürgerin sei. Überdies verfüge der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über einen großen Freundeskreis, sei sozial und wirtschaftlich integriert und strafgerichtlich unbescholten. Zu seinem Heimatland habe er keinen Kontakt.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 FPG insbesondere den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in der Dauer von acht Jahren, seine Berufstätigkeit und seine strafgerichtliche Unbescholtenheit berücksichtigt. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt nur aufgrund eines Asylantrages, der sich in der Folge als unrechtmäßig herausgestellt hat, erlaubt war und seit der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages unrechtmäßig ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. April 2010, Zl. 2008/18/0333, mwN).
Auch das Vorbringen hinsichtlich der in Österreich lebenden Cousine des Beschwerdeführers vermag die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet nicht wesentlich zu stärken, bringt er doch nicht vor, mit seiner Cousine im gemeinsamen Haushalt zu leben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zl. 2008/18/0411). Die Begründung der in der Beschwerde dargelegten Bindung zu seiner Lebensgefährtin erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem dem Beschwerdeführer bewusst sein musste, dass sein Aufenthaltsstatus in Österreich unsicher war (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 8 FPG). Überdies stellt die Beschwerde nicht in Abrede, dass in China die Eltern, die Ehefrau und die beiden Kinder des Beschwerdeführers leben.
Auch die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers vermag seine Interessen nicht wesentlich zu stärken, hält er sich doch ohne einen die Erwerbstätigkeit erlaubenden Aufenthaltstitel im Bundesgebiet auf (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010).
Den - somit relativierten - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht allerdings gegenüber, dass er sich seit August 2009 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt.
Entgegen der Beschwerdeansicht erscheint die Ausweisung des Beschwerdeführers auch nach den vom EGMR in dessen Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK aufgestellten Kriterien nicht als unzulässig. In diesem Zusammenhang wird beispielsweise auf die Entscheidung des EGMR vom 11. April 2006, Nr. 61292/00 (Useinov gegen die Niederlande), hingewiesen, der ein Fall zugrunde lag, in dem ein Fremder, der mit einer Inländerin zwei gemeinsame minderjährige Kinder hatte und bereits mehrere Jahre in den Niederlanden lebte, aber nicht damit rechnen durfte, sich auf Dauer in diesem Staat niederlassen zu dürfen, ausgewiesen wurde; in dieser Entscheidung erachtete der EGMR die Bestimmung des Art. 8 EMRK als durch die Ausweisung des Fremden nicht verletzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2009/18/0258, mwN).
Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG zulässig sei, begegnet daher keinem Einwand.
3. Die Beschwerde rügt weiters, dass die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer nicht aufgefordert habe, zu seiner langjährigen Integration und seinem überwiegend rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich seit 2002 eine Stellungnahme abzugeben. Daher sei der Beschwerdeführer auch in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt. Diese Stellungnahme habe der Beschwerdeführer "nur mehr" in seiner Berufung nachholen können.
Dem ist zu entgegnen, dass eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren durch die Möglichkeit, ein entsprechendes Vorbringen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zu erstatten, saniert wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. April 2009, Zl. 2009/18/0038).
4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 29. Juni 2010
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)