BVwG W124 2144365-1

BVwGW124 2144365-116.7.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W124.2144365.1.00

 

Spruch:

W124 2144365-1/32E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX , XXXX sowie am XXXX zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005

iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 55, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am selben Tag gab er im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und sei sunnitischer Muslim. Am XXXX sei er in der afghanischen Provinz Herat geboren. Er verfüge über keine Schulbildung und sei zuletzt als Mechaniker beruflich tätig gewesen. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, er habe ein Mädchen geliebt und habe es heiraten wollen. Ihre Familie sei gegen die Eheschließung gewesen. Er sei mit dem Tod bedroht worden, damit er sie nicht mehr treffe. Im Fall seiner Rückkehr würde ihn die Familie des Mädchens töten.

 

2. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt). Eingangs bestätigte der BF, dass er trotz Ohrenschmerzen der Verhandlung folgen könne. Er befinde sich nicht in regelmäßiger Behandlung. Zu seiner Person gab er an, dass er sein Geburtsdatum nicht kenne, jedoch 25 Jahre alt sei. Er sei Analphabet und stamme aus der Stadt Herat, wo er sein gesamtes Leben bis zu seiner Ausreise gemeinsam mit seiner Familie, konkret mit seinen Eltern und Geschwistern, in verschiedenen Mietwohnungen gelebt habe. In Österreich lebe seine Schwester mit ihrer Familie. Zu seinem Lebenslauf gab er an, er habe in Afghanistan ein bis zwei Jahre die Schule besucht, habe aber nichts verstanden, da Krieg gewesen sei. Er habe den Beruf Automechaniker erlernt und bis zu seiner Ausreise ausgeübt. Konkret habe er Dellen ausgeklopft. Durch diese Erwerbstätigkeit habe er sich seinen Unterhalt finanzieren können. Seine Eltern, sein Bruder sowie dessen Frau und Kind würden sich nach wie vor in der Stadt Herat aufhalten. Vor zwei Tagen habe er zuletzt Kontakt mit seiner Mutter gehabt. Seine Familie besitze ein Eigentumshaus in Herat. In Kabul sei er noch nie gewesen, da sein Vater aufgrund der schlechten Sicherheitslage nicht gewollt habe, dass er dort hingehe. Die Sicherheitslage in Herat sei besser, es gebe aber auch dort Diebe und Anschläge. Der BF sei ledig und habe keine Kinder. Die Ausreise habe er sich mit seinen eigenen Ersparnissen finanziert.

 

In Afghanistan habe er keine strafbaren Handlungen begangen, habe nie Probleme mit den Behörden gehabt und sei weder politisch noch religiös tätig gewesen. An die Behörden des Herkunftsstaates habe er sich nie freiwillig gewandt.

 

Zu seinen Fluchtgründen führte der BF aus, er habe sich in ein Mädchen verliebt, welches seine Liebe auch erwidert habe. Als sie eines Tages in einem Park spazieren gegangen seien, seien sie verfolgt worden. Aus einem Auto seien drei Leute ausgestiegen und hätten das Mädchen und ihn verprügelt. Das Mädchen hätten sie mitgenommen und der BF sei nachhause gegangen. Ungefähr drei oder vier Tage nach dem Vorfall sei das Mädchen von zuhause weggelaufen und sei zu ihm gegangen. Dann sei der Vater des Mädchens mit den Brüdern zu ihnen nachhause gekommen. Es seien drei, vier bewaffnete Soldaten auch noch dabei gewesen. Sie hätten seinen Vater und seinen Bruder verprügelt. Seine Mutter hätten sie gestoßen. Der BF sei zum Nachbarn gelaufen, wo er sich versteckt habe. Dann sei er wieder nachhause gekommen. Das Mädchen sei vier Monate lang weggewesen. Es sei mit einem fünfzigjährigen, wohlhabenden Mann verheiratet worden. Nach vier Monaten sei das Mädchen wieder weggelaufen und erneut zu ihnen gekommen. Ihr Ehemann habe sie bei es bei ihnen gefunden, woraufhin er das Mädchen sowie die Eltern des BF verprügelt habe. Er sei auch bewaffnet gewesen. Am nächsten Tag in der Früh seien bewaffnete Leute mit zwei Autos zu ihnen gekommen. Der BF sei über die hintere Mauer gesprungen und sei zu seiner Schwester geflüchtet, wo er sich zwei Monate aufgehalten habe. Sein Schwager habe gerade die Ausreise geplant. Da das Leben des BF auch in Gefahr gewesen sei, sei er gleich mitgekommen. Das seien alle seine Fluchtgründe. Auch seinen Eltern hätten gesagt, dass der BF verschwinden solle, da man ansonsten dafür sorgen würde, dass er verschwinde.

 

Über seine Freundin habe er nicht viele Informationen. Sie heiße XXXX , den Nachnamen und das Geburtsdatum kenne er nicht. Er kenne sie seit circa einem Jahr. Eine intime Beziehung habe er nicht zu ihr. Er habe sie kennengelernt, da die Werkstatt auf ihrem Schulweg gelegen sei. Ihr Vater heiße XXXX und sie habe drei Brüder namens XXXX , XXXX und XXXX . Sie seien reich gewesen und seien im Handel tätig gewesen. Sonst wisse er nichts, außer dass sie seine Familie bedroht hätten. Das sei alles, was er über das familiäre Umfeld seiner Freundin wisse. Auf Nachfrage führte er aus, er habe sie geliebt und habe sie heiraten wollen. Sie hätten gemeinsam flüchten und hierherkommen wollen. Einen Hochzeitstermin hätten sie noch nicht gehabt. Die Brüder hätten sogar sein Handy zerstört, da seien Fotos von ihnen gespeichert gewesen. Bei ihren Eltern habe er nicht um ihre Hand angesucht. Sie hätten Angst gehabt, da sie bedroht worden seien. Auf Aufforderung, sein Vorbringen zu präzisieren, gab er an, er wisse es nicht. Er könne sich an Daten und Uhrzeiten nicht erinnern. Das sei alles, was er sagen wolle oder könne. Die Regierung sei auf der Seite der Stärkeren. Die Gerechtigkeit kaufe man sich. Die Behörden im Herkunftsstaat könnten auch nichts machen. Zum Mann, mit welchem seine Freundin verheiratet worden sei, führte er aus, er sei ca. vierzig Jahre alt gewesen. Mehr wisse er nicht über ihn. Er sei reich. In einem anderen Landesteil könne sich der BF nicht niederlassen. Es sei überall gefährlich in Afghanistan. Im Fall seiner Rückkehr habe er Angst um ihr aller Leben. Seine Mutter sage immer, er solle nie wieder zurückkehren, sonst würden sie ihn umbringen. Sie hätten seiner Mutter auch gesagt, dass sie immer wieder kommen und ihn suchen würden.

 

Zu seinem Aufenthalt in Österreich gab er an, er lerne mit einem Nachbarn Deutsch. In einem Verein, einer religiösen Vereinigung oder in einer sonstigen Organisation sei er nicht tätig. Einen Aufenthaltstitel in Österreich, der sich nicht auf einen Asylantrag stütze, habe er nie gehabt.

 

Mit Schreiben vom XXXX wurden der afghanische Führerschein und die Tazkira des BF im Original vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom XXXX wurde eine Teilnahmebestätigung über den Besuch eines Deutschkurses im Ausmaß von 1,5 Wochenstunden vorgelegt.

 

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach §§ 55, 57 AsylG 2005 wurde ihm nicht erteilt und wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Ferner wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

 

4. Mit fristgerechter Beschwerde vom XXXX wurde dieser Bescheid vollinhaltlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das von der Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 1 AsylG 2005 entspreche, da die getroffenen Länderfeststellungen unvollständig seien, zumal sie nur allgemeine Aussagen über die Herkunftsprovinz des BF enthalten würden und zu wenige Informationen über die Sicherheitslage vorhanden wären. So gehe aus einem Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe hervor, dass sich die Sicherheitslage in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert habe. Auch die Beweiswürdigung sei grob mangelhaft. Bereits aufgrund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens sei eine ganzheitliche Beweiswürdigung nicht möglich gewesen. Die Behörde habe übersehen, dass der BF sehr wohl Angaben zu seiner Freundin und dem familiären Umfeld gemacht habe. Es stelle auch keinen Widerspruch dar, dass der BF einmal angeführt habe, der Mann, mit welchem seine Freundin verheiratet worden sei, sei 50 Jahre alt, während er in der Folge ein Alter von 40 Jahren angegeben habe, zumal er lediglich gewusst habe, dass der Mann um ein Vielfaches älter als seine Freundin gewesen sei. In der afghanischen Gesellschaft verhalte es sich im Übrigen so, dass man nicht ohne Konsequenzen eine Beziehung vor der Ehe führen könne. Die Familie seiner Freundin habe den BF töten wollen, da er Schande über die Familie gebracht habe. An die Polizei habe er sich nicht wenden können, da er ansonsten verhaftet worden wäre. Rechtlich wurde nach Darlegung der allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ausgeführt, dass der BF in Afghanistan wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe seiner Familie und der von einer Familienfehde betroffenen Menschen verfolgt werde. Nach allgemeinen Ausführungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ferner festgehalten, aus den Länderberichten sowie den Angaben des BF gehe hervor, dass dem BF im Fall seiner Rückkehr unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung wegen der schlechten Sicherheitslage und dem Entzug der Lebensgrundalge drohe.

 

5. Am XXXX langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.

 

6. Mit Schreiben vom XXXX wurden dem BF Länderinformationen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat unter Einräumung einer Frist von 10 Tagen zur Stellungnahme übermittelt.

 

7. Mit Stellungnahme vom XXXX brachte der BF im Wege seines ausgewiesenen Vertreters zusammengefasst vor, dass er sich im Laufe des letzten Jahres für den christlichen Glauben zu interessieren begonnen und zum Christentum gefunden habe. Da er Analphabet sei, würden ihm andere Personen die Inhalte christlicher Bücher vorlesen. In XXXX habe er begonnen, regelmäßig die Kirche zu besuchen, woraufhin er sich am XXXX taufen habe lassen. Im Fall seiner Rückkehr wäre er aufgrund seiner Konversion Verfolgung ausgesetzt. Hierzu werde die zeugenschaftliche Einvernahme des Pfarrers beantragt. Ergänzend wurden Länderberichte zur Verfolgungsgefahr in Afghanistan aufgrund von Konversion oder Apostasie vorgelegt.

 

Ferner wurden folgende verfahrensrelevante Dokumente (in Kopie) in Vorlage gebracht:

 

 

 

 

8. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Farsi sowie eines landeskundlichen Sachverständigen statt.

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

 

(...)

 

R befragt den Beschwerdeführer, ob er die Dolmetscherin gut verstehe, dies wird bejaht.

 

R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.

 

BF: Ja schon, aber ich bin etwas im Stress.

 

Dem Beschwerdeführer wird dargelegt, dass er am Verfahren entsprechend mitzuwirken hat bzw. auf die Fragen wahrheitsgemäß zu antworten hat. Andernfalls dies sich entsprechend im Erkenntnis im Bundesverwaltungsgerichtes auswirken würde.

 

(...)

 

R: Wie ist Ihr Name und Geburtsdatum?

 

BF: XXXX

 

SV merkt an, dass XXXX eigentlich phonetisch XXXX lauten müsste.

 

R: Wann sind Sie geboren?

 

BF: Ich weiß nicht wann ich geboren bin.

 

BF verweist auf seine Tazkira, es hat einen Fehler gegeben.

 

R: Welchen Fehler hat es gegeben?

 

BF: Damals habe ich gesagt, dass ich 25 Jahre alt bin und später bin ich draufgekommen, dass sie mich um zwei bis drei Jahre älter gemacht haben.

 

R: Wie sind Sie da draufgekommen?

 

BF: Ich habe damals gesagt, dass ich ungefähr 25 Jahre alt bin. Sie haben von der Tazkira das Datum umgerechnet.

 

R: Wie sind Sie jetzt draufgekommen, dass das Datum falsch ist?

 

BF: Sie haben 1.1. geschrieben. Ich habe mich am Anfang jünger angegeben und später ungefähr 25 Jahre.

 

R: Das ist mir schon klar, aber wie sind Sie draufgekommen, dass da etwas falsch ist?

 

BF: Nachdem ich die Tazkira von Afghanistan geschickt bekommen habe und übersetzten habe lassen, bin ich draufgekommen, dass da ein Fehler ist.

 

R: Wann haben Sie sich die Tazkira schicken lassen?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

R: Sie haben sie sich schicken lassen. War das vor einem Monat oder wissen Sie es ungefähr?

 

BF: Genaueres kann ich nicht sagen. Ich sage ungefähr, dass es sechs Monate nach der Einvernahme vor dem BFA war.

 

R: Wer hat Ihnen diese Tazkira besorgt?

 

BF: Mein Bruder.

 

R: Wie heißt Ihr Bruder?

 

BF: XXXX .

 

R: Stehen Sie mit Ihrem Bruder in Kontakt?

 

BF: Ja, alle zwei drei Monate.

 

R: Wie stehen Sie mit ihm in Kontakt?

 

BF: Via Internet mit Viber.

 

R: Wo wohnt Ihr Bruder?

 

BF: In XXXX .

 

R: Wie geht es Ihrem Bruder?

 

BF: Es geht ihm gut.

 

R: Wie bestreitet Ihr Bruder seinen Lebensunterhalt in XXXX ?

 

BF: Er selbst.

 

R: Wie bestreitet er ihn?

 

BF: Er hat keine bestimmte Ausbildung oder einen bestimmten Job. Er arbeitet mal hier, mal dort. Die Freunde besorgen ihn manchmal Arbeit, alles was ihm angeboten wird z.B. in einer Autowäscherei.

 

R: Wo haben Sie genau gelebt, als Sie in Afghanistan waren?

 

BF: Meine Eltern sind ursprünglich vom Distrikt XXXX in der Provinz

XXXX .

 

R: Aus welcher Stadt bzw. Dorf stammen Ihre Eltern?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich selbst bin in Herat geboren, in der Stadt XXXX .

 

R: In welchem Distrikt bzw. Provinz liegt XXXX ?

 

BF: Es liegt in der Stadt Herat .

 

R: In welchem Bezirk?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

R: Wie lange haben Sie dort gelebt?

 

BF: Ungefähr 10 Jahre.

 

R: Geben Sie mir chronologisch an, wo Sie überall in Afghanistan gelebt haben und wie lange Sie in den jeweiligen Orten bzw. Städten gelebt haben.

 

BF: Von der Geburt an bis zu einer ungewissen Zeit habe ich in XXXX gelebt. Wir haben sehr viele Wohnorte gewechselt, an die ich mich leider nicht erinnern kann.

 

R: Wie lange haben Sie dann in XXXX gelebt?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

RI: Waren das ein paar Monate, ein paar Jahre?

 

BF: Ich kann mich nicht erinnern, ich war ziemlich klein.

 

RI: Was heißt für Sie ziemlich klein?

 

BF: Ich weiß es nicht, ich war einfach jung.

 

RI: Fragewiederholung.

 

BF: Das weiß ich nicht, meine Mutter hat mir erzählt, dass ich in XXXX geboren bin und eine Zeit dort gelebt habe.

 

R: Haben Sie wahrgenommen, wann Sie umgezogen sind?

 

BF: Nein.

 

R: Wo haben Sie dann gelebt, nachdem Sie mehrmals von Ihnen unbekannten Dörfern und Städten umgezogen sind?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

R: Wie lange haben Sie in der Stadt Herat gelebt?

 

BF: Ich glaube ungefähr 10 Jahre.

 

R: Wo in Herat sind Sie geboren?

 

BF: In XXXX .

 

R: Kennen Sie die unmittelbar angrenzen Dörfer oder Viertel Ihres Geburtsortes?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

SV: Wo liegt XXXX ? Liegt es innerhalb oder außerhalb der Stadt Herat?

 

BF: Es liegt in der Stadt Herat, aber etwas oberhalb, also nicht zentral.

 

R: Also im nördlichen Teil?

 

BF: Ich bin Analphabet, ich kenn mich nicht aus, ich weiß nur, dass es außerhalb vom Zentrum liegt.

 

R: Wie heißt das Zentrum in Herat?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

R: Wie sind Sie von Ihrem Viertel in das Zentrum von Herat gekommen? Fährt da ein Bus, wie lange braucht man dort zu Fuß?

 

BF: Ich war sehr klein, das weiß ich nicht. Dort gab es nicht so viele Möglichkeiten. Wir sind immer zu Fuß gegangen.

 

R: Wenn Sie von Ihrem Wohnort in das Zentrum gegangen sind, wie lange haben Sie da gebraucht?

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

R: Wie alt waren Sie, als Sie Ihr Elternhaus in Herat verlassen haben?

 

BF: Ich weiß nicht wie alt ich war.

 

R: Ungefähr?

 

BF: Ich weiß es nicht.

 

R: Sie haben gesagt, Sie haben zehn Jahre im oberen Teil von Herat gewohnt. Haben Sie immer im Elternhaus gelebt oder auch wo anders?

 

BF: Wir sind innerhalb dieser zehn Jahre auch in verschiedene Häuser umgezogen. Ich weiß aber leider nichts Genaueres dazu, weil ich noch jung war.

 

R: Was meinen Sie mit "ich weiß nichts Genaues"?

 

BF: Ich habe meine Eltern gar nichts gefragt. Ich habe in keiner Angelegenheit zu tun gehabt.

 

R: Was meinen Sie mit "Ich habe in keiner Angelegenheit zu tun gehabt"?

 

BF: Wie gesagt, ich habe mich in deren Angelegenheiten nicht eingemischt. Ich habe keine Fragen gestellt, wo wir wohnen, wie die Adressen lauten. Ich habe einfach nichts gefragt.

 

R: Wie alt waren Sie denn, wie Sie Ihr Elternhaus verlassen haben?

 

BF: Ich weiß es nicht, wie gesagt, ich bin Analphabet, ich habe keine Ahnung.

 

R: Wie lange haben Sie denn gebraucht, als Sie Afghanistan verlassen haben und in Österreich angekommen sind?

 

BF: Wiederholt Frage des R. Ungefähr ein Monat.

 

R: Über welche Länder sind sie von Afghanistan nach Österreich gekommen?

 

BF: Ich weiß die Namen vieler Länder nicht. Ich weiß nur, dass ich vom Iran in die Türkei, von der Türkei aus dann über Griechenland und weitere Städte nach Österreich gekommen bin.

 

R: Wie lange hat diese Reise von Afghanistan, über den Iran und Türkei bis nach Österreich gedauert?

 

BF: Das kann ich nicht sagen, das habe ich vergessen.

 

R: Wer hat denn die Reise nach Österreich von Afghanistan organisiert und finanziert?

 

BF: Ich weiß es nicht, das alles hat mein Schwager, der Ehemann meiner Schwester, organisiert.

 

R: Wie heißt denn Ihr Schwager?

 

BF: XXXX .

 

R: Wo wohnt dieser Schwager?

 

BF: Er wohnt jetzt in XXXX .

 

R: Sind Sie mit Ihrem Schwager ausgereist?

 

BF: Ja.

 

R: Wissen Sie welchen Aufenthaltsstatus Ihr Schwager hat?

 

BF: Er hat Asyl bekommen.

 

R: Wie viel Geschwister hat Ihr Vater?

 

BF: Mein Vater hat sieben Schwestern und einen Bruder.

 

R: Wie viel Kinder hat der Bruder Ihres Vaters?

 

BF: Er hatte keine Frau, denn er ist schon tot.

 

R: Wann ist er verstorben? Haben Sie da noch in Afghanistan gelebt?

 

BF: Das war als ich in Afghanistan gelebt habe.

 

R: Wie viel Geschwister hat Ihre Mutter?

 

BF: Meine Mutter hat drei Brüder.

 

R: Wie heißen diese drei Brüder?

 

BF: XXXX , XXXX , XXXX .

 

R: Wo leben Ihre Onkel mütterlicherseits?

 

BF: Sie leben in XXXX .

 

R: In der Stadt XXXX ?

 

BF: Ja, das kann man die Stadt XXXX nennen.

 

R: Wie weit hatten Sie es zu Ihren Onkeln mütterlicherseits?

 

BF: Zu Fuß ungefähr eine halbe Stunde.

 

R: Wo lebt Ihr Vater?

 

BF: Er wohnt mit uns in der Stadt XXXX .

 

R: Was meinen Sie mit "er wohnt mit uns"?

 

BF: Er wohnt mit meiner Familie bestehend aus meiner Mutter, meiner Schwägerin, meinem Bruder und meinem Vater.

 

R: Wie heißt Ihr Bruder?

 

BF: XXXX .

 

R: Wie alt ist Ihr Bruder?

 

BF: Ich weiß es leider nicht, ich nehme aber an, dass er 35 Jahre alt ist.

 

R: Hat Ihr Bruder Kinder?

 

BF: Ja.

 

R: Wo leben die?

 

BF: Sie wohnen bei uns.

 

R: Was heißt, "sie wohnen bei uns"?

 

BF: In meinem Elternhaus.

 

R: Wie bestreitet Ihr Vater seinen Lebensunterhalt?

 

BF: Mein Vater hat eine Zeit lang bei der Regierung gearbeitet. Nun ist er Pensionist und alt. Mein Bruder hilft ihm.

 

R: Wie bestreitet Ihr Bruder seinen Lebensunterhalt?

 

BF: Wie ich schon erwähnt habe, übt er verschiedene Tätigkeiten aus. Er ist ein gelernter Koch, kann Auto waschen, nimmt einfach Jobs an, die er bekommt.

 

R: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt in Afghanistan bestritten?

 

BF: In der Werkstatt als Autospengler.

 

R: Wie lange haben Sie diese Tätigkeit ausgeübt?

 

BF: Ich kann es nicht sagen wie lange.

 

R: War das eine Woche, ein Monat, ein Jahr?

 

BF: Es war nicht eine Woche oder so, sondern mehr, es war ungefähr drei bis vier Jahre, aber eigentlich weiß ich gar nicht wie lange ich diese Arbeit, welche "time", ich getätigt habe.

 

R: Wo haben Sie diese Arbeit ausgeführt?

 

BF: Ich habe diese Tätigkeit in XXXX ausgeübt.

 

R: Was war dieses XXXX ?

 

BF: Dort ist eine Schule. Das ist eine Schule, wo Mädchen unterrichtet werden. Das ist die Straße, die den Namen XXXX trägt.

 

R: Warum sagt man XXXX ?

 

BF: Ich weiß es nicht, ich habe es nur so gehört. Jeder sagt es so.

 

R: Wie groß war die Arbeitsstätte, wo Sie gearbeitet haben?

 

BF: Ich weiß nicht wie groß die Arbeitsstätte war. Es haben dort zehn Mitarbeiter gearbeitet.

 

R: Wie hat der Inhaber dieser Werkstatt geheißen?

 

BF: Nein, weiß ich nicht.

 

R: Wem hat denn diese Werkstatt gehört, wo Sie gearbeitet haben?

 

BF: Es hat einem Freund von meinem Bruder gehört. Ich war dort als Schüler.

 

R: Wie hat der Freund Ihres Bruders geheißen?

 

BF: XXXX

 

R: Wie viel Geld haben Sie da im Monat verdient?

 

BF: Ungefähr 200 in der Woche, aber es war unterschiedlich. Es ist auf die Arbeit angekommen.

 

R: Wann haben Sie mehr und wann weniger verdient?

 

BF: Wenn wir mehr Arbeit hatten, haben wir dementsprechend mehr Geld bekommen und wenn wenig Arbeit war, dann eben weniger. Wie gesagt, es ist von der Arbeit abhängig gewesen.

 

R: Wenn Sie sagen 200, welche Währung meinen Sie?

 

BF: Sowohl in afghanischer Währung als auch in Dollar wurden wir ausbezahlt.

 

R: Was haben Sie in der Woche in Dollar bzw. in afghanischer Währung bekommen?

 

BF: Ich kann mich nicht genau erinnern, es war abhängig von der Arbeit, aber ungefähr 100 oder 200 US Dollar.

 

R: Was haben Sie denn insgesamt in der Woche durchschnittlich verdient?

 

BF: Ich weiß es nicht, wie schon gesagt, es war abhängig von der Arbeit.

 

R: Was haben Sie durchschnittlich in der Woche verdient, wenn Sie viel Arbeit hatten?

 

BF: Ungefähr 200 bis 300 US Dollar. Es kam auf die Arbeit drauf an.

 

R: In welchem Zeitraum haben sie diese 200 bis 300 US Dollar verdient?

 

BF: Ich weiß nicht in welcher "time" es kam auf die Arbeit drauf an, wie viele Autos wir bekamen.

 

R: Wann haben Sie die 200 bis 300 US Dollar bekommen, wenn die Arbeit gut war?

 

BF: Wir haben das nicht schriftlich verfasst wie lange wir arbeiten mussten und wie viel wir verdienten. Je nachdem wie schnell wir mit dem Auto fertig waren, so haben wir unser Geld bekommen. Das ging manchmal einmal in der Woche, manchmal auch einmal im Monat.

 

R: Wie weit war die Werkstätte, in der Sie gearbeitet haben, von Ihrem Elternhaus entfernt?

 

BF: Wiederholt Frage des R bzw. übersetzte von D.

 

BF: Mit dem Bus ungefähr 20, 21 Minuten. Genaues "time" kann ich aber nicht sagen.

 

R: Sind Sie immer mit dem Bus gefahren?

 

BF: Ja.

 

R: War das eine Art Linienbus, der regelmäßig diese Strecke von Ihrem Elternhaus bis zu ihrer Werkstätte gefahren ist?

 

BF: Es war ein staatlicher Bus mit vielen Passagieren.

 

R: Welche Linie?

 

BF: Das weiß ich leider nicht.

 

R: Sind Sie drei bis vier Jahre mit dem Bus gefahren?

 

BF: Ja.

 

R: Wie haben Sie den Bus erkannt, in dem Sie eingestiegen sind?

 

BF: Eingestiegen bin ich in der Station XXXX und ausgestiegen bin ich bei der Station XXXX .

 

SV: Ist es üblich die Zeit in XXXX mit "time" anzugeben?

 

BF: Ja, es ist dort üblich, man sagt es. Ich habe es so von anderen gehört.

 

R: Was heißt, sie haben es von anderen gehört. Von wem haben Sie es gehört?

 

BF: Die Leute haben es gesagt. Die Mitarbeiter haben es gesagt. In der Arbeit hat man es gesagt, so habe ich das Wort in Verwendung gebracht.

 

SV merkt an, dass das englische Wort "time" in Afghanistan, auch in XXXX , nur von gebildeten Menschen dort verwendet wird. Wenn Flüchtlinge aus einem englischsprachigen Raum zurückkehren kennen sie auch dieses Wort "time".

 

BF: Ich habe es von Leuten gehört, weiß aber nicht, ob das gebildete oder ungebildete Personen sind.

 

R: Wie oft telefonieren Sie mit Ihrer Mutter?

 

BF: Wie oft ich mit meiner Mutter telefoniere? "Times" kann ich nicht angeben. Ich telefoniere einfach mit ihr.

 

R: Wie oft telefonieren Sie mit Ihrer Mutter im Monat?

 

BF: Wie oft ich Sie im Monat anrufe? Ich kann die Zeit nicht angeben, je nachdem wann ich will. Mal nach zwei Tagen, mal nach zehn Tagen.

 

Die Verhandlung wird um 10:43 Uhr unterbrochen.

 

Die Verhandlung wird um 11:05 Uhr fortgesetzt.

 

R: Wie hat Ihr unmittelbarer Vorgesetzter in der Werkstatt geheißen?

 

BF: Gegenfrage mit Wiederholung der Frage des R. Dieser Vorgesetzte, bei dem ich gearbeitet habe, hieß XXXX . Den Nachnamen habe ich vergessen.

 

R: Wie lange haben Sie mit dem gearbeitet?

 

BF: Ich habe es vergessen, genaue Daten kann ich nicht angeben.

 

R: War das Ihr Vorgesetzter vom Beginn an bis zu Ihrer Beendigung Ihrer Arbeit in dieser Werkstätte?

 

BF: Ja.

 

R: Wann haben Sie mit Ihrem Schwager Ihr Elternhaus verlassen?

 

BF: Gegenfrage, wann ich aus Afghanistan hierher geflohen bin? Zeit und time kann ich nicht angeben.

 

R: In welchem Jahr sind Sie aus Afghanistan geflohen?

 

BF: Zeitangaben kann ich nicht machen, da ich Analphabet bin.

 

RI: In welcher Jahreszeit sind Sie aus Afghanistan geflohen?

 

BF: Das Wetter war warm.

 

R: Fragewiederholung.

 

BF: Ich kenne die Jahreszeiten nicht, da ich Analphabet bin. Ich kann time und Zeitangaben nicht machen.

 

R: Wann haben Sie immer zum Arbeiten beginnen müssen?

 

BF: Gegenfrage. Im Laden, wann ich zu Arbeiten begonnen habe? Wann ich meine Arbeit begonnen habe?

 

R: Fragewiederholung

 

BF: Morgens bin ich immer in den Laden (Maghaza) gegangen.

 

R: Was heißt für Sie morgens?

 

BF: Es bedeutet nach dem Aufstehen, der Morgen. Also ich habe geschlafen, bin aufgestanden und ging in die Arbeit.

 

R: Wann sind Sie aufgestanden?

 

BF: Um 8 Uhr.

 

R: Wann haben Sie zu arbeiten beginnen müssen?

 

BF: Um 8 Uhr bin ich aufgestanden, bis um 9 Uhr habe ich mich ungefähr fertiggemacht und dann habe ich mich auf dem Weg zur Arbeit gemacht. Das kam ungefähr auf 9:30 Uhr. Genaue "time" oder Zeitangaben kann ich nicht machen.

 

R: War es in der Arbeit so, dass man kommen und gehen konnte, wann man wollte?

 

BF: Ja, dort ist es nicht problematisch, dass man ein und aus geht, wann man will.

 

R: War mit Ihrem Arbeitgeber ausgemacht, wann Sie in der Früh beginnen müssen?

 

BF: Ich bin immer zwischen 9 Uhr und ein paar Minuten danach in die Arbeit gegangen. Genaueres war nicht ausgemacht. Genauere Angaben kann ich nicht machen.

 

R: Fragewiederholung.

 

BF: Nein.

 

R: War mit Ihrem Arbeitgeber grundsätzlich eine Zeit ausgemacht, wann Sie Ihre Arbeit beenden?

 

BF: Nein, wir sind immer nach dem Aufruf des Abendgebetes gegangen. Es war abhängig, welchen Monat oder Zeit wir hatten, ob die Tage länger oder kürzer waren. Genaue "time" kann ich nicht sagen.

 

R: In welchem Monat waren die Tage am längsten?

 

BF: Das weiß ich nicht, wie schon gesagt, ich kann weder schreiben oder noch lesen in Farsi. Ich kann nichts Genaueres sagen.

 

SV: Ist es in Herat üblich, dass man die Werkstatt auch Maghaza (Laden) nennt?

 

BF: Man sagt dort sowohl Maghaza als auch Dekun dazu.

 

SV: Ist es üblich, dass man in XXXX Maghaza, dass ein größeres Geschäft in dem man vor allem Lebensmittel verkauft, auch als Werkstatt bezeichnet?

 

BF: Ich war es so gewohnt, Maghaza oder Dekun zu sagen. Ich kannte den Unterschied nicht.

 

R: Wie bezeichneten denn die Leute dort eine Werkstatt?

 

BF: Ich habe es Dekun genannt. Die Leute haben auch Werkstatt (Misteri Khana) genannt.

 

R: Warum haben Sie mit Ihrem Schwager Afghanistan verlassen?

 

BF: Gegenfrage, warum ich mit meinem Schwager Afghanistan verlassen habe? Weil mein Leben in Gefahr war. Ich habe ein Mädchen geliebt. Wir waren liiert. Die Familie des Mädchens war dagegen. Sie haben mich bedroht und mich öfters geschlagen. Ich wurde vor allem von den Brüdern geschlagen. Meinen Vater haben sie bedroht, auch meinem Bruder.

 

Eines Tages waren meine Freundin und ich im Park als wir von ihren Brüdern in einem Auto verfolgt wurden. Dort im Park haben sie mich sehr geschlagen. Meine Freundin hat viel geschrien und darum gebeten damit aufzuhören. Sie haben mich aber so viel geschlagen, dass ich in Ohnmacht gefallen bin und im Spital erst wieder zu mir kam. Ich war eine Zeit lang im Spital, ich kann nicht genau sagen wie lange. Danach war ich zu Hause, auch da kann ich mich nicht erinnern wie lange. Als meine Freundin von ihrem zu Hause floh und zu uns nach Hause kam.

 

R: Wo waren Sie im Spital aufhältig?

 

BF: Ich kann mich nicht erinnern. Ich wurde so brutal geschlagen, dass ich heute noch unter Ohrenprobleme habe. Ich trage normalerweise ein Hörgerät, das mir zum besseren Hören verhilft.

 

(...)

 

9. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Farsi sowie eines landeskundlichen Sachverständigen statt. Ferner wurde der Zeuge XXXX einvernommen. Im Zuge der Verhandlung wurden folgende Dokumente in Vorlage gebracht:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

 

(...)

 

BF: Ich hatte Ohrenprobleme, die habe ich ja immer noch, aber sonst bin ich in der Lage, der Verhandlung Folge leisten zu können.

 

R: Sie hören gut?

 

BF: Ja.

 

Dem Beschwerdeführer wird dargelegt, dass er am Verfahren entsprechend mitzuwirken hat bzw. auf die Fragen wahrheitsgemäß zu antworten hat. Andernfalls dies sich entsprechend im Erkenntnis im Bundesverwaltungsgerichtes auswirken würde.

 

(...)

 

R: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

 

BF: Ich kann überhaupt nicht nach Afghanistan zurück. Ich habe viele Probleme. Erstens die Familie von meiner Freundin würden mich töten und zweitens, da ich nun Christ bin, Sie wissen, was mit Christen in Afghanistan passiert. Sie werden getötet.

 

R: Was verstehen Sie darunter, ich habe viele Probleme, können Sie mir das bitte etwas näher ausführen?

 

BF: Die Familie von meiner Freundin, wenn Sie mich erwischen, würden mich umbringen. Zudem, wenn Sie erfahren würden, dass ich nun Christ bin, würden Sie es weitersagen und ich würde gesteinigt werden.

 

R: Warum sollte Sie die Familie von Ihrer Freundin umbringen, wenn sie Sie erwischen würden? Inwiefern haben Sie Probleme mit der Familie ihrer Freundin?

 

BF: Ich habe ja das Mädchen geliebt und wollte Sie heiraten, aber die Familie war dagegen und wollte mich auch umbringen. Wenn ich zurückkehren würde und sie mich sehen würden, würden sie mich sicherlich umbringen. Ich weiß nicht, was mit dem Mädchen selbst passiert ist.

 

R: Was ist denn da genau vorgefallen, wenn Sie sagen, man hätte sie fast umgebracht?

 

BF: Ich habe das Mädchen geliebt und wollte sie heiraten. Aber sowohl der Vater als auch die Brüder waren dagegen.

 

R: Ist es in diesem Zusammenhang zu konkreten Vorfällen gekommen, wenn ja, beschreiben Sie mir genau den Vorfall bzw. Vorfälle?

 

BF: Ich habe das Mädchen geliebt und deswegen habe ich meine Familie zu ihrer Familie geschickt, um um ihre Hand anzuhalten. Sie haben aber abgesagt und es gab viele verbale Auseinandersetzungen zwischen den Familienmitgliedern und dem Bruder meiner Freundin.

 

R: Mit welchen Familienmitgliedern hat es konkret eine Auseinandersetzung gegeben?

 

BF: Von meiner Seite waren meine Eltern und meine Brüder dort. Ihrerseits waren auch Ihre Eltern und Brüder anwesend. Zwischen diesen Anwesenden gab es eine verbale Auseinandersetzung.

 

R: Wie heißen denn die Brüder Ihrer Freundin?

 

BF: XXXX , XXXX und XXXX .

 

R: Wann waren Ihre Eltern bei den Eltern Ihrer Freundin, um um die Hand anzuhalten?

 

BF: Genaues "Time" kann ich nicht angeben. Das Mädchen und ich hatten Kontakt und führten eine Beziehung. Im Laufe dieser Zeit habe ich meine Eltern um die Hand meiner Freundin anzuhalten geschickt.

 

R: Wie viel Zeit vor Ihrer Ausreise nach Afghanistan hat das stattgefunden?

 

BF: Ich habe die Frage nicht verstanden.

 

Wiederholung der Frage der Dolmetscherin.

 

BF: Ich weiß leider nicht, wann das war. Ich kann mich an das Datum oder "Time" nicht erinnern. Wie schon gesagt, ich bin Analphabet.

 

R: Waren Sie bei dieser verbalen Auseinandersetzung selbst anwesend?

 

BF: Nein. Ich war zuhause.

 

R: Wann haben Sie dann von dieser verbalen Auseinandersetzung Kenntnis erlangt?

 

BF: Nachdem meine Eltern nachhause gekommen sind, haben Sie mir davon berichtet.

 

R: Was ist dann passiert, nachdem Ihre Eltern Ihnen davon berichtet haben?

 

BF: Ich hatte Angst und war sehr unter Stress. Ich wusste nicht, was ich machen soll. Ich habe sehr viel nachgedacht. Meine Familie hat mir gesagt, ich soll sie vergessen. Mein Schwager und ich haben dann den Plan geschmiedet, das Mädchen zu entführen, haben das dann tatsächlich gemacht. Um 5 Uhr in der Früh sind wir geflüchtet. Dann ist die Familie vom Mädchen in einem Auto bewaffnet zu uns nachhause gefahren. Ich bin zum Nachbarhaus geflüchtet und von dort aus dann geflohen.

 

R: Wer ist jetzt um 5 Uhr in der Früh geflüchtet?

 

BF: Wie wir sie hergebracht haben?

 

Fragewiederholung:

 

BF: Das Mädchen hat ihrer Familie gesagt, dass Sie bei Freunden übernachten würde, war aber bei mir zuhause. Wir wollten dann fliehen, aber die Familie kam und ich musste alleine fliehen.

 

R: An dem Tag, als das Mädchen dann bei Ihnen zuhause war, um wie viel Uhr ist das Mädchen zu Ihnen gekommen?

 

BF: Ich kann mich an die Uhrzeit nicht erinnern, aber es war Abend.

 

R: War das vor oder nach dem Vorfall als Ihre Familie bei der Familie Ihrer Freundin war?

 

BF: Meine Familie ging um um Ihre Hand anzuhalten, einige Zeit später haben wir den Plan mit dem Fliehen geschmiedet.

 

R: Was haben Ihre Eltern gesagt, als das Mädchen bei Ihnen aufgetaucht ist?

 

BF: Nichts. Sie haben Angst gehabt, dass die Familie vom Mädchen sowohl mich, als auch das Mädchen umbringen könnte.

 

R: Wie hat denn das Mädchen geheißen?

 

BF: Sie hat zwei Namen geführt, XXXX und XXXX .

 

R: Wie war Ihr Familienname?

 

BF: XXXX . Der Vater hieß XXXX und der Familienname war XXXX .

 

R: Wo hat das Mädchen genau gewohnt?

 

BF: XXXX , XXXX , es wird auch " XXXX " genannt.

 

R: Wie weit war dieses Elternhaus Ihrer Freundin von Ihrem Elternhaus entfernt?

 

BF: Ich glaube ungefähr eine Stunde zu Fuß.

 

R: Bekommen Sie die Gebote in Farsi oder in Deutsch gelehrt?

 

BF: Ich werde auf Farsi unterrichtet.

 

R: Wie halten Sie es mit dem achten Gebot?

 

BF: Ich weiß es nicht. Ich kann darüber nichts sagen. Der Unterricht wird zwar in Deutsch gehalten, aber es wird mir durch einen Dolmetscher übersetzt.

 

R: Sind Sie noch in der Vorbereitung zur Taufe oder sind Sie schon getauft?

 

BF: Doch, ich bin schon getauft worden, ich wollte die Papiere vorlegen.

 

R: Wie heißt das achte Gebot?

 

BF: Ich weiß nicht, was es ist.

 

R: Kennen Sie die 10 Gebote?

 

BF: Meinen Sie, dass man nicht stehlen, nicht töten sollte? Zu den Nachbarn freundlich sein sollte?

 

Fragewiederholung:

 

BF: Ja.

 

R: Wie halten Sie es mit dem achten Gebot?

 

BF: Man soll nicht stehlen, man soll freundlich sein zu den Nachbarn, man soll die Eltern respektieren.

 

Fragewiederholung:

 

BF: Ich kann schwer lesen und schwer schreiben, besuche zweimal die Woche die Kirche. Das was dort unterrichtet wird, wird mir vom Dolmetscher übersetzt. Es fällt mir schwer zu Lernen.

 

R: Wie halten Sie es mit dem Gebot, du sollst nicht lügen?

 

BF: Das stimmt, es ist richtig, man soll nicht lügen, man soll keine Unzucht begehen, man soll nicht töten.

 

Fragewiederholung:

 

BF: Du sollst nicht lügen, man muss immer auf dem geraden Weg gehen. Immer die Wahrheit sagen, das ist es.

 

R: Und halten Sie sich daran?

 

BF: Ja.

 

R: Sie haben heute gesagt, dass Sie bzw. Ihre Familie um die Hand Ihrer Freundin angehalten hätte und in der Niederschrift vom XXXX beim BFA haben Sie auf die Frage, ob um die Hand Ihrer Freundin, bei deren Eltern angesucht wurde, gesagt, dass das nicht der Fall gewesen sei, sie haben das verneint. Und auf die Frage weswegen nicht um die Hand angehalten wurde, haben Sie gesagt, dass wir Angst hatten, sie uns bedroht haben.

 

BF: Oja, ich habe es angegeben, aber der Dolmetscher hat vieles nicht übersetzt.

 

R: Was hat er denn alles nicht übersetzt?

 

BF: Das, mehr fällt mir gerade nicht ein.

 

R: Wie alt war das Mädchen, als Sie sie kennengelernt haben?

 

BF: Ich habe sie nicht gefragt, wie alt sie ist. Ich denke, um die 20-21 Jahre.

 

R: Hat es Sie nicht interessiert, wie alt Ihre Freundin ist?

 

BF: Nein, mir war das nicht wichtig. Ich habe sie geliebt und wollte sie heiraten.

 

R: Was hat der Vater des Mädchens gearbeitet?

 

BF: Ich habe das Mädchen nicht viel über die Tätigkeiten des Vaters ausgefragt. Ich weiß nur, dass sie reich waren und es ihnen finanziell sehr gut ging. Ich habe mich nur für das Mädchen interessiert.

 

R: Haben Sie die Familie gekannt? Die Brüder, die sie zuerst genannt haben und ihren Vater?

 

BF: Nein, ich kannte sie nicht.

 

R: Hat es vor der Schilderung, als die Familie zu Ihnen nachhause gekommen ist, nachdem das Mädchen bei ihnen Unterschlupf gefunden hat, hat es da schon vorher Probleme gegeben?

 

BF: Nein. Es gab keine Probleme. Meine Eltern hatten nur sehr viel Angst um mich.

 

R: Hatten Sie persönlich zuvor schon irgendwelche Schwierigkeiten mit diesen Personen?

 

BF: Nein. Die Probleme begannen nachdem wir die Beziehung eingegangen sind und sie davon erfuhren.

 

R: Wann haben sie davon erfahren?

 

BF: Ich kann die Zeit und "time" nicht angeben. Das Mädchen hat ihrer Mutter von mir berichtet, dass sie so einen Jungen mit dem Namen XXXX kennengelernt hat. Wann das war, weiß ich nicht.

 

R: Wo haben Sie sich gewöhnlich mit ihrer Freundin getroffen?

 

BF: Draußen in Parks. Nach der Schule ist sie zu mir ins Geschäft gekommen und wir sind gemeinsam in den Park gegangen.

 

R: Haben Sie da keine Angst gehabt, dass sie gesehen werden würden?

 

BF: Oja, ich hatte Angst. Aber das Mädchen hat mich beruhigt und meinte, ich solle mir keine Sorgen machen. Ich hatte trotzdem Angst, dass uns jemand sehen könnte.

 

R: Hat sie jemand gesehen?

 

BF: Nein, aber als letztes, wie wir in den Park gegangen sind, haben die Brüder uns verfolgt und erwischt. Ich wurde damals von denen geschlagen. Ich erlitt starke Ohrenverletzungen.

 

R: Jetzt haben Sie mir gesagt, es hat vorher keine Probleme gegeben und jetzt habe ich Sie gefragt und Sie sagen, dass Sie Probleme gehabt hätten.

 

BF gibt schwer verständlich an, ich habe bei der letzten Einvernahme, die unterbrochen wurde, schon angegeben, dass die Brüder von meiner Freundin mich geschlagen haben und ich Ohrenverletzungen dadurch bekam. Und Sie fragen immer zuerst von vorne und dann wieder von hinten und dann von der Mitte.

 

Fragewiederholung:

 

BF: Ich habe es missverstanden. Ich dachte, sie meinen ob ich die Familie davor schon gekannt habe oder nicht. Aber die Probleme haben tatsächlich erst begonnen, nachdem das Mädchen von unserer Beziehung zuhause erzählt hat.

 

R: Sie haben heute gesagt, sie sind Christ, welcher Glaubensrichtung?

 

BF: Welche Kirche ich besuche? Die katholische.

 

R: Welcher Glaubensrichtung gehören Sie an?

 

BF: Ich bin katholisch.

 

R: Welche katholische Richtung?

 

BF: Katholisch. Es gibt die Protestanten und die Orthodoxen und die Katholiken. Ich bin Katholik.

 

R: Welcher katholischen Kirche gehören Sie an?

 

BF: Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass es drei Richtungen gibt. Nämlich katholisch, protestantisch und orthodox.

 

R: Wieso haben Sie sich dann genau die katholische Glaubensrichtung ausgesucht und nicht eine andere christliche Glaubensrichtung?

 

BF: Ich habe den katholischen Glauben durch einen Freund kennengelernt und angenommen. Dieser Freund heißt XXXX .

 

R: Wieso haben Sie persönlich sich genau für die katholische Glaubensrichtung entschieden?

 

BF: In dieser Gegend, wo ich wohne, gibt es eine Kirche, die ich besuche. Wenn ich drinnen bin, fühle ich mich sehr wohl. Die Menschen dort sind sehr freundlich. Es hat dort eine angenehme Atmosphäre, deshalb habe ich mich selbst dafür entschieden.

 

R: Haben Sie sich, bevor Sie die katholische Kirche für sich ausgewählt haben mit dem christlichen Glauben, mit den christlichen Religionen auseinandergesetzt?

 

BF: Nein, ich habe mich darüber nicht informiert. Ich habe es geliebt, in die Kirche zu gehen. Dieser Freund von mir hat das Buch gelesen. Ich habe es mir angehört, weil ich nicht lesen konnte. Es hat mich sehr interessiert.

 

R: Was für ein Buch hat Ihr Freund gelesen?

 

BF: Ein christliches Buch.

 

R: Wie heißt dieses christliche Buch, dass Sie sehr interessiert hat?

 

BF: Es war auf Persisch geschrieben, ich kann mich nicht erinnern, wie es hieß. Aber das Buch war von der Kirche.

 

R: Wie wissen Sie dann, wenn Sie sich nicht erinnern können, dass das Buch von der Kirche war?

 

BF: Der Freund hat es vorgelesen und ich habe es angehört. Die Kirche hat mir auch ein Exemplar davon gegeben, aber da ich nicht lesen kann, konnte ich nur hören, was der Freund sagte. Es war alles auf Persisch.

 

R: Warum haben Sie sich persönlich für die katholische und nicht für die protestantische Kirche entschieden?

 

BF: Ich habe davor über die anderen Richtungen keine Ahnung gehabt. Durch die Frau Angelika habe ich den Katholizismus kennengelernt und bin dadurch näher zu Gott gekommen.

 

R: Würden Sie sich, als Sie noch in Afghanistan gelebt haben, als religiösen Menschen bezeichnen?

 

BF: Ich war zwar religiös, aber es war schrecklich, denn man wurde geschlagen, wenn man was nicht wusste. Zum Beispiel in der Moschee.

 

R: Warum war es schrecklich und warum wurden Sie geschlagen?

 

BF: Als ich jung war, habe ich die Moschee sehr viel besucht. Wenn ich was nicht lernen konnte oder gelernt habe, wurde ich geschlagen. Außerdem hat man den Frauen keinen Respekt gezollt. Alles war zwangsmäßig. Wenn man auf der Straße ging, wurde man gezwungen, in die Moschee zu gehen. Es wurde nicht gut unterrichtet und viele Dinge.

 

R: Was heißt, und viele Dinge?

 

BF: Zum Beispiel gibt es im Islam viel Gewalt, viele Selbstmordanschläge. Unschuldige Menschen werden getötet. Ist das der Islam? Ist das die Religion des Friedens?

 

R: Und als Sie älter geworden sind, haben Sie in Afghanistan weiter Ihre Religion praktiziert?

 

BF: Ja. Ich musste die Religion ausüben und mein Vater hat mich zwangsweise in die Moschee geschickt. Wenn man auf der Straße gesehen wurde, wurde man aufmerksam gemacht darauf in die Moschee zu gehen.

 

R: Wenn Sie das nicht gemacht haben?

 

BF: Der Mullah hatte einen sehr schlechten Umgang gehabt und war sehr respektlos. Die Entscheidung lag bei mir ob ich in die Moschee ging oder nicht, aber ich wollte nicht.

 

Die Verhandlung wird um 10:34 unterbrochen. Die Verhandlung wird um 10:48 fortgesetzt.

 

R: Welcher Religion haben Sie konkret ursprünglich angehört?

 

BF: Islam, aber Sunnit.

 

R: Wie haben Sie denn begonnen, sich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen?

 

BF: Nachdem ich in die Stadt gezogen bin und dort die Kirche kennengelernt habe, habe ich begonnen, mich für das Christentum zu interessieren. In der Kirche gab es immer gute Atmosphäre, die Leute waren angenehm. Ich habe es sehr gemocht, in die Kirche zu gehen. Nachdem ich mich privat gemeldet habe und mein Freund mir aus diesem Buch vorlas, habe ich mich entschieden, das Christentum anzunehmen.

 

R: Wie haben Sie begonnen, bevor Sie das Christentum angenommen haben, sich konkret mit dem Christentum auseinanderzusetzen?

 

BF: Jedes Mal, wenn ich in die Kirche kam, überkam mich ein Glücksgefühl. Die angenehmen Leute, die Atmosphäre dort. Das alles hat mir sehr gut getan. Ich habe meine Probleme in der Heimat vergessen. Ich habe mich glücklich gefühlt.

 

R: Was hat Sie denn in Ihrem innersten zum christlichen Glauben geführt?

 

BF: Ich habe christliche Filme angeschaut, wie Christus gekreuzigt wurde. Ich besuchte die Kirche. Sobald ich drinnen war, habe ich mich glücklich gefühlt. Ich habe viel Liebe, herzliches Empfangen und viel Ruhe in mir gespürt. Das waren die Gründe.

 

R: Und wie haben Sie sich dann mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt?

 

BF: Davor ging ich in die Kirche und wie schon berichtet, war es für mich sehr schön dort. Als ich mich dann privat meldete und mir mein Freund aus diesem Buch vorlas, hat es mein Interesse noch mehr geweckt. Nachdem ich dann nach Linz gegangen bin und ich die Kirche besucht habe, habe ich mich dazu entschieden.

 

R: Wozu haben Sie sich dann entschieden?

 

BF: Ich habe mich dazu entschieden, diesen Weg zu nehmen. Mit meinem Freund habe ich darüber gesprochen. Es war aber meine alleinige Entscheidung. Ich wollte es selber.

 

R: Wie heißt denn Ihr Freund?

 

BF: XXXX .

 

R: Woher kommt dieser Freund, wo haben Sie ihn kennengelernt?

 

BF: Er ist aus dem Iran. Kennengelernt habe ich ihn in der Kirche.

 

R: Ist der auch Asylwerber?

 

BF: Er ist schon anerkannter Flüchtling und arbeitet bereits.

 

R: Über was haben Sie mit dem Freund gesprochen?

 

BF: Dieser Freund von mir hat manchmal aus diesem Buch vorgelesen und ich habe zugehört. Ich habe leider wenig Deutschkenntnisse, um es selbst zu verstehen. Der Freund von mir hat nicht viel Zeit. Wir haben nur über den Inhalt des Buches gesprochen.

 

R: Was ist denn der Inhalt dieses Buches?

 

BF: Es wurde über das Christentum geschrieben. Über die Liebe von Christus zu Jesus, die er seinen Schülern gab, über Liebe und Zusammengehörigkeit.

 

R: Was ist denn für Sie die richtige Religion?

 

BF: Meiner Meinung nach Katholizismus, weil ich dadurch näher zu Gott kam.

 

R: Hat es für Sie ein Schlüsselerlebnis oder ein Ereignis gegeben, wieso Sie sich mit dem katholischen Glauben bzw. mit dem Christentum auseinandergesetzt haben?

 

BF: Es ist nichts vorgefallen. Es hat mich sehr interessiert, dass Jesus wegen der Sünden der Leute gekreuzigt wurde. Das war der Grund warum mein Interesse sich mehrte und ich die Religion zu mögen begann.

 

R: Warum ist für Sie der katholische Glaube und nicht der Islam die richtige Religion oder ist der Islam für Sie auch der richtige Glaube?

 

BF: Jede Religion hat seine eigenen Gebote und Verbote. Ich persönlich habe vom Islam nur Schlechtes gesehen, nämlich Selbstmordanschläge, Lügen, Verbrechen, Töten. Im Christentum gibt es das alles nicht.

 

R: Hat es das im Christentum gegeben?

 

BF: Von welchen Dingen?

 

R: Wenn Sie sagen, töten, morden?

 

BF: Nein. Seit der "Time" ich die Kirche besuche, habe ich das alles nicht erlebt. Ich sehe keine Morde, keine Lügen, keine Lästereien, kein Hintergehen, keine Verbrechen.

 

R: Und kennt die Geschichte des Christentums das Morden und Töten?

 

BF: Nein, ich habe keine Informationen darüber.

 

R: Und warum haben Sie sich dann ausgerechnet für das Christentum und nicht etwas für das Judentum oder den Buddhismus entschieden?

 

BF: In diesen zwei, drei Jahren, die ich hier bin, habe ich nur schöne Dinge erlebt, kein Morden, keine Verbrechen untereinander. Ich fühle mich sehr wohl unter den Leuten. Die Leute sind sehr offen und freundlich. Die Kirche tut mir gut.

 

R: Sie haben gesagt, dass sie hier nur schöne Dinge erlebt haben, keine Morde, kein Verbrechen untereinander. Sie fühlen sich sehr wohl unter den Leuten, was meinen Sie damit?

 

BF: Ich meine die Leute dieser Gesellschaft, die sind sehr ehrlich untereinander und offen. Sie haben keine schlechten Absichten, sie helfen sehr gerne. Ich respektiere die Gesetze und die Leute hier.

 

R: Und warum haben Sie sich dann ausgerechnet für das Christentum und nicht etwas für das Judentum oder den Buddhismus entschieden?

 

BF: Ich hatte keine Ahnung über andere Religionen. Ich habe den Katholizismus durch die Kirche kennengelernt und es hat mir sehr gut gefallen.

 

R: Wann haben Sie konkret begonnen, sich mit dem Christentum auseinanderzusetzen und wann haben Sie sich dann taufen lassen?

 

BF: An meinem ersten Wohnort, bevor ich einkaufen ging, betrat ich immer zuerst die Kirche, um dort eine kurze Zeit zu verbringen, denn ich fühlte mich dort sehr wohl. Dann ging ich meinen Beschäftigungen nach. Ende XXXX glaube ich, bin ich der Kirche beigetreten.

 

R: Was heißt, Sie sind Ende XXXX der Kirche beigetreten?

 

BF: Ich erinnere mich nicht an die genaue Zeit, aber ich glaube es war Ende XXXX , Anfang XXXX .

 

Fragewiederholung:

 

BF: Mit der "Beitretung" meinte ich, dass ich das erste Mal die Kirche betrat.

 

R: Wie lange haben Sie dann gebraucht sich endgültig für das Christentum zu entscheiden?

 

BF: Nachdem ich begann die Kirche zu besuchen, habe ich dort den genannten XXXX kennengelernt. Wir sind dann privat zusammengezogen. Er ging nach Linz, ich bin mit ihm 2-3 Mal auch gegangen und das war der Anfang.

 

Fragewiederholung:

 

BF: Ich habe nicht darauf geschaut, wie lange ich brauche, ob es zwei, drei, vier oder acht Monate waren.

 

R: Was ist das Fundament der katholischen bzw. der christlichen Lehre, worauf baut Sie auf?

 

BF: Ich habe darüber keine Information. Ich glaube, dass es katholisch ist, denn es gibt ja diese drei Richtungen, Protestant, Orthodox und katholisch.

 

R: Woraus entnimmt denn ein Christ die Information, wie er sich verhalten soll?

 

BF: Durch Freunde, durch die Menschen und auch den Menschen aus der Kirche.

 

R: Ist das Verhalten eines Christen bzw. die Regeln, die befolgt werden, für einen Christen, irgendwo verankert?

 

BF: Ich habe keine Ahnung, ob es in einem Buch steht oder nicht, aber man soll nicht töten, nicht lügen, keine Unzucht begehen, diese Dinge.

 

R: Was ist denn das wichtigste Buch für einen Christen? Was ist die Grundlage für das Christentum bzw. die katholische Kirche?

 

BF: Ich weiß es leider nicht und ich weiß nur von anderen Menschen. Ich bin selbst Analphabet.

 

R: Sagt Ihnen der Begriff 10 Gebote etwas?

 

BF: Ich weiß es leider nicht wo das steht. Ich kann weder schreiben, noch lesen.

 

R: Waren Sie schon einmal in einem Gottesdienst?

 

BF: Ja. Zwar habe ich da nicht viel verstanden, weil meine Deutschkenntnisse schlecht sind, aber ich weiß, dass es um Gebete über Maria und Jesus ging. Ich habe es gespürt.

 

R: Wie oft gehen Sie in die Kirche?

 

BF: Einmal in der Woche, sonntags. Die Kirche in Linz besuche ich zweimal im Monat. Früher war es einmal im Monat. Ich habe sehr viel Interesse am Christentum.

 

R: Die Kirche in Linz besuchen Sie zweimal im Monat, wo gehen Sie dann die anderen zwei Mal hin?

 

BF: Zwei Mal im Monat gehe ich nach Linz und sonntags besuche ich die Kirche in XXXX , wo ich wohne.

 

R: Wie beginnen Sie Ihren Tag, wenn Sie aufstehen?

 

BF: Nach dem Aufstehen betreibe ich Sport, ich möchte am Laufturnier teilnehmen. Den Deutschkurs habe ich schon mit dem Niveau A1 abgeschlossen.

 

R: Machen Sie vor dem Schlafen gehen etwas bevor Sie einschlafen?

 

BF: Nichts Besonderes. Um meine Deutschkenntnisse zu verbessern, schaue ich öfters Filme auf Deutsch in YouTube und übersetze Worte, die ich nicht verstehe in Farsi.

 

R: Wer ist eigentlich das Oberhaupt der katholischen Kirche?

 

BF: Es gibt zwei Päpste, der eine heißt Franziskus, der zweite heißt Johann Paul II. Sobald sich meine Deutschkenntnisse gebessert haben, könnte ich natürlich besser lesen und mir mehr Informationen aneignen.

 

R: Was sagen Sie denn zu der Meinung des amtierenden Papstes, "Wir Christen und Muslime sind wie Brüder und Schwestern"

 

BF: Ich habe es nicht verstanden.

 

Fragewiederholung:

 

BF: Das stimmt. Jesus sagte auch, dass wir Geschwister sind. Jemand kam zu ihm und sagte, dass deine Eltern dich suchen und Jesus sagte, ihr seid alle meine Geschwister.

 

R: Wo steht das?

 

BF: Ich weiß nicht, wo das steht. Ich habe es gehört. Ich habe sehr viel Interesse daran, lesen zu können, um mir Wissen anzueignen.

 

R: Was ist die Grundlage des Islams? Wo steht dort geschrieben, wie man sich verhalten muss? Woher entnimmt ein gläubiger Muslim, wie er sich verhalten soll?

 

BF: Ich weiß es nicht. Ich habe weder gelernt noch die Schule besucht. Ich weiß nicht, was das Fundament des Islams ist.

 

R: Was ist der Koran?

 

BF: Der Koran ist der Koran. Ich weiß es nicht. Es ist das Buch Gottes.

 

R: Sagt Ihnen der Begriff Bibel etwas?

 

BF: Die Bibel ist das Buch Gottes im Christentum.

 

R: Haben Sie sich schon mit der Bibel auseinandergesetzt?

 

BF: Da ich weder lesen noch schreiben kann, kann ich keine Information über die Bibel mir aneignen. Ich habe einiges gehört, aber da ich schlecht bin beim Merken, fällt es mir schwer. Aber ich bin sehr interessiert daran.

 

R: Was ist Ihre Lieblingsstelle bzw. die Geschichte, die Sie in diesem Zusammenhang gehört haben?

 

BF: Mir haben die Gebete von der Maria und Vater vom Himmel sehr gut gefallen. Ich habe mich beim Hören dieser Gebete sehr wohl gefühlt.

 

R: Wie heißt denn der Name des zentralen Gebetes der katholischen Kirche?

 

BF: Vater vom Himmel.

 

R informiert BF: Das zentrale Gebet heißt Vater Unser.

 

R: Hat sich für Sie persönlich in Ihrer Lebensweise im Alltag etwas geändert, seit Sie Christ geworden sind?

 

BF: Seit meiner Taufe fühle ich mich psychisch wohler, ich habe weniger Stress, fühle mich sehr glücklich unter den Menschen. Ich habe sehr viele Veranstaltungen besucht. Die Menschen sind sehr wohlwollend zu mir.

 

R: Wie haben Sie sich denn auf die Taufe vorbereitet?

 

BF: Es gab keine Vorbereitung. Mir wurde ein weißer Umhang umgehängt und ich wurde getauft. Ich habe ein paar Bilder, auf Wunsch könnte ich sie vorlegen.

 

R: Haben Sie so etwas wie eine Taufvorbereitung gehabt?

 

BF: Mir wurde nur gesagt, dass ich nun getauft werden würde.

 

R: Haben Sie etwas gemacht, bevor Sie zur Taufe zugelassen wurden?

 

BF: Es gab keine Vorbereitung. Mir wurde nur gesagt, dass ich getauft werden würde und ob ich bereit sei dafür. Irgendeinen anderen Satz haben Sie mir auch gesagt, woran ich mich leider nicht mehr erinnern kann. Es war auch auf Persisch. Ich habe nur gesagt, ich bin bereit.

 

R an RV: Haben Sie eine Frage an den Dolmetscher?

 

RV: Nein, keine Fragen.

 

Zeuge wird gemäß § 48 iVm §§ 49, 50 AVG belehrt.

 

R: Woher kennen Sie den BF?

 

Z: Ich kenne ihn von der Taufvorbereitung für Erwachsene, die persisch-sprachig sind.

 

R: Wie ist denn der BF konkret auf die Taufe vorbereitet worden? Wann hat das begonnen? Wie lange dauert das?

 

Z: Es dauert ungefähr ein Jahr. Es gibt eine Aufnahmefeier und in der Mitte eine Zulassungsfeier und zum Schluss die Taufe.

 

R: Wie oft findet diese Taufvorbereitung statt?

 

Z: Ich nehme nur die priesterliche Funktion wahr. Die Taufvorbereitung selbst wird von der Pastoralassistentin der Stadtpfarre XXXX geleitet.

 

R: Wissen Sie, ob der BF an dieser Taufvorbereitung teilgenommen hat?

 

Z: Ja, insofern als er ansonsten nicht die Zulassung zur Taufe bekommen hätte.

 

R: Ich frage deshalb so genau, weil der BF heute gesagt hat, dass er nicht in einer Taufvorbereitung war. Wie ist es, wenn Sie jemandem das Sakrament der Taufe spenden, vergewissern Sie sich dann, ob jemand bereit ist, um dieses Sakrament zu empfangen?

 

Z: Ich persönlich nicht.

 

R: Macht das auch wieder die Pastoralassistentin?

 

Z: Ja, genau.

 

R: Wissen Sie, was der Inhalt dieses Taufvorbereitungskurses ist?

 

Z: Nicht sehr genau, katholische Lehre.

 

R: Was verstehen Sie jetzt unter katholischer Lehre?

 

Z: Zum Beispiel Sakramente, christliches Leben und Verfassung der Kirche.

 

R: Wissen Sie, ob da auch fundamentale Grundlagen Inhalt sind, woraus die katholische Kirche Ihre Lehre zieht, zum Beispiel die Bibel?

 

Z: Ja.

 

R: Lehrt man da auch die Feste, die man feiert? Zum Beispiel Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Christi Himmelfahrt?

 

Z: Ja.

 

R: Haben Sie jetzt außer dem Umstand, dass Sie die Taufe dem BF gespendet haben, sonst noch Kontakt oder außer der Taufe sonst noch Kontakt zu ihm gehabt?

 

Z: Ich habe schon einmal mit ihm geredet, weil ich eine Ladung im Gerichtsverfahren bekommen habe.

 

R: Ich meine jetzt nicht im Gerichtsverfahren, sondern ob der BF bei ihnen vor der Taufe in Erscheinung getreten ist bzw. Sie mit ihm vorher Kontakt gehabt haben?

 

Z: In Erinnerung ist er mir im Zusammenhang mit dem Gerichtsverfahren geblieben.

 

R: Wo sind Sie tätig, in welcher Kirche?

 

Z: Ich bin Jesuit und bin in der XXXX Kirche in der XXXX tätig. Die Taufvorbereitung findet allerdings in der Stadtpfarre, im Pfarrhof XXXX statt und die Liturgie in der Stadtpfarre, wobei der mittlere Teil, die sogenannte Zulassungsfeier heuer im Dom stattgefunden hat.

 

R: Wissen Sie, wie das vor sich geht, in Bezug dessen, dass man mit den Farsi- oder Persisch- sprechenden Personen den Kurs abhält?

 

Z: Ich weiß es nicht genau.

 

R: Gibt es dort einen Dolmetscher, der dann dort übersetzt, was die Pastoralassistentin offensichtlich versucht zu vermitteln?

 

Z: Ich weiß, dass es bei den liturgischen Feiern, bei denen ich dabei bin, einen Dolmetscher gibt.

 

R: Wissen Sie ob es dies auch bei den Vorbereitungskursen gibt?

 

Z: Ich nehme es an. Die Pastoralassistentin und die Dolmetscherin arbeiten zusammen.

 

R: Wie heißt denn die Pastoralassistentin?

 

Z: XXXX .

 

R: Ist der BF in Ihrer Kirche schon einmal gewesen oder wäre er Ihnen aufgefallen?

 

Z: Ich selbst habe in unserer Kirche wenig Gottesdienste, weil ich sonst in anderen Pfarren bin. Was ich sagen kann, ich weiß, dass er nach der Taufe auch noch zu Veranstaltungen der Taufvorbereitung gekommen ist. Das ist normalerweise ein gutes Zeichen.

 

R: Worum ging es bei diesen Veranstaltungen, wo der BF dabei war?

 

Z: Eine Feier war, wo neue Täuflinge in das Katechomenat aufgenommen wurden. Das ist die erste der drei Feiern.

 

R: Was ist jetzt genau der Inhalt der ersten Feier?

 

Z: Die Täuflinge bekunden, dass Sie die Taufvorbereitung machen wollen und andere wie der BF, können da sein, um die anderen zu unterstützen. Ich glaube, dass der BF auch bei einer zweiten Feier anwesend war. Der BF ist in einer anderen Pfarre in XXXX und daher sehe ich ihn kaum.

 

R an RV: Haben Sie Fragen?

 

RV: Keine Fragen.

 

Zeugenaussage wird dem BF übersetzt.

 

R an BF: Haben Sie noch Fragen an den Zeugen?

 

BF: Nein.

 

Zeuge wird aus dem Zeugenstand entlassen.

 

R: Wie hat es sich abgespielt, als die Familienangehörigen der Freundin zu Ihnen nachhause gekommen sind? Schildern sie genau.

 

BF: Ich habe sie nicht gesehen. Ich weiß nur, dass sie mit dem Auto zu uns gekommen sind mit der Absicht, mich zu töten. Ich bin aber geflohen.

 

R: Wissen Sie, was sich dann alles dort abgespielt hat, nachdem diese gekommen sind?

 

BF: Nachdem ich geflohen bin und mich meine Familie im Nachhinein kontaktierte, berichtete mir diese, dass sie von Seiten der Familie meiner Freundin geschlagen wurden. Dass sie das Mädchen mitgenommen haben. Sie haben sehr gelitten und sie waren bewaffnet.

 

R: Wer hat gelitten und wer war bewaffnet?

 

BF: Bewaffnet waren der Vater, die Brüder und deren Personen. Ich habe sie nicht gesehen, wenn Sie mich erwischt hätten, hätten sie mich umgebracht. Meine Familie hat unter der psychischen Folter gelitten.

 

R: Was bedeutet meine Familie hat unter psychischer Folter gelitten?

 

BF: Sie wurden körperlich geschlagen und dadurch haben sie gelitten.

 

R: Was heißt, sie haben zuerst gesagt, "Bewaffnet waren der Vater, die Brüder und deren Personen", was meinen Sie damit?

 

BF: Es waren Personen, die bestochen worden waren. In Afghanistan ist es so, dass man für Geld alles tut.

 

R: Was waren das für Personen?

 

BF: Ich weiß es nicht, wer es war. Ich bin ja geflohen, nachdem sie mit dem Auto gekommen sind.

 

R: Wie viele andere Personen sind da noch gekommen außer dem Vater und den Brüdern?

 

BF: Ich weiß es nicht. Ich war so sehr in Angst, dass ich mich fragte, wo ich mich verstecken sollte. Sie hatten die Absicht, mich zu töten.

 

R: Sie haben gesagt, Sie wissen nicht, wie viele Leute da noch gekommen sind. Jetzt haben Sie beim BFA am XXXX gesagt, dass neben dem Vater der Freundin, Brüder noch 3-4 weitere Personen gekommen seien. Heute wissen Sie nicht, wie viele andere Personen noch mitgekommen seien?

 

BF: Ja, das stimmt. So ist es. Ich kann keine genauen Angaben machen. Ich habe nicht nur das Problem, dass ich von der Familie der Freundin getötet werden würde, sondern, dass ich nun auch Christ geworden bin. Meine Familie weiß noch nicht davon. Wenn Sie davon erfahren würden, würden sie mich als deren Sohn verstoßen.

 

R: Wohin sind Sie denn dann geflohen?

 

BF: Ins Nachbarhaus. Dort war ich eine kurze Zeit versteckt.

 

R: Wie heißt der Nachbar?

 

BF: Ich weiß nicht, wie die Familie heißt. Ich habe mich hinter deren Hinterhof versteckt.

 

R: Ist es der unmittelbar angrenzende Nachbar?

 

BF: Ja.

 

R: Wie lange haben Sie dort gelebt in Ihrem Elternhaus?

 

BF: Seit ich mich erinnern kann.

 

R: Wie lange?

 

BF: Ich bin dort geboren worden und dort aufgewachsen.

 

R: Wie alt waren Sie, als sie das Elternhaus verlassen haben?

 

BF: Ich weiß nicht wann es war. Weder weiß ich vom "Time", noch vom Datum. Ich weiß nicht, wie alt ich war. Ich bin wie gesagt Analphabet. Die Sprache Farsi habe ich hier richtig gelernt.

 

R: Schildern Sie mir genau, wie sich der ganze Vorfall abgespielt hat, nachdem die Täter bzw. die Familie der Freundin mit dem Auto gekommen sind, bis zu dem Zeitpunkt, wo Sie fluchtartig Ihr Elternhaus verlassen haben?

 

BF: Ich habe bereits alles gesagt, wie es vorgefallen und geschehen ist. Wenn ich mit meiner Mutter telefoniere, sagt sie mir, dass sie mich bestimmt umbringen werden würden, egal wann ich käme. Sie wissen nicht einmal, ob die Tochter nicht auch umgebracht worden ist. Sie haben viel Folter erlebt.

 

R: Wo wohnt Ihre Familie jetzt?

 

BF: Im selben Haus, immer schon.

 

R: In Ihrem Elternhaus?

 

BF: Ja.

 

R: Wie lange haben Sie sich bei Ihrem Nachbarn versteckt gehalten?

 

BF: Ich weiß es nicht genau, ungefähr 15-20 Minuten, bis ich dann auf die Gasse floh.

 

R: Was haben Sie dann gemacht, nachdem Sie auf die Gasse geflohen sind?

 

BF: Ich bin dann mit meinem Schwager mit dem Auto geflohen.

 

R: Wohin sind Sie mit Ihrem Schwager geflohen?

 

BF: Ich war im Auto. Ich weiß nicht, wohin wir fuhren. Ich war sehr unter Stress und hatte Angst. Ich habe sogar 15 oder 16 Tage kaum Schlaf gehabt.

 

R: Wie heißt Ihr Schwager?

 

BF: XXXX .

 

R: Wo hält sich Ihr Schwager auf?

 

BF: Im Moment ist er in XXXX und arbeitet.

 

R: Wie weit hat denn ihr Schwager in Afghanistan von Ihrem Elternhaus entfernt gewohnt?

 

BF: Ich kann leider nicht angeben, wie weit seine Wohnung von meinem Elternhaus entfernt war. Ich kenne mich mit den Kilometern nicht aus.

 

R: Wie lange haben Sie denn gebraucht, um von Ihrem Elternhaus zu Ihrem Schwager zu gelangen?

 

BF: Ich kann es nicht genau angeben. Ich glaube ungefähr 30 Minuten, eine Stunde, zu Fuß. In Afghanistan habe ich nie auf Zeit oder Datum geachtet.

 

R: Haben Sie, nachdem Sie nach diesem Vorfall zu Ihrem Schwager geflüchtet sind, direkt Afghanistan verlassen?

 

BF: Ja. Wir sind in den Iran geflüchtet, vom Iran aus in die Türkei, dann nach Griechenland.

 

R: Sind Sie gemeinsam mit Ihrem Schwager geflüchtet?

 

BF: Ja.

 

R: Warum ist Ihr Schwager auch mit Ihnen mitgeflüchtet?

 

BF: Ich habe nicht viel Ahnung von seinem Fluchtgrund, aber er hat in einem ausländischen Büro gearbeitet, wo er bedroht wurde. Er hat bei der UNO gearbeitet.

 

R: Warum ist denn Ihr Schwager mit Ihnen gleich mitgeflüchtet?

 

BF: Ich weiß nichts über sein Leben und mische mich auch nicht ein. Ich weiß nur, dass er die Absicht hatte, hierher zu kommen.

 

R: Wie ist das Verhältnis zu Ihrem Schwager?

 

BF: Wir mögen uns. Wir haben sehr guten Kontakt zueinander.

 

R: Haben Sie Ihren Schwager nie gefragt, warum er konkret geflohen ist?

 

BF: Nein, habe ich nicht. Er hat in einem ausländischen Büro gearbeitet und deswegen war sein Leben in Gefahr.

 

R: Warum ist Ihr Schwager jetzt gleich mit Ihnen gleichzeitig geflohen?

 

BF: Wie schon gesagt, er arbeitete in einem Ausländerbüro und war daher bedroht. Ich mische mich nicht in andere Angelegenheiten ein. Jedem das seine.

 

R: Wenn Ihr Schwager bedroht war, warum ist er nicht vorher schon geflüchtet und erst gleichzeitig mit Ihnen?

 

BF: Ich weiß es nicht. Ich habe ihn nicht gefragt.

 

R: Können Sie den Namen der Eltern dieses Schwagers nennen?

 

BF: Der Vater vom Schwager heißt XXXX , den Namen der Mutter weiß ich nicht. Verheiratet ist XXXX mit meiner jüngeren Schwester XXXX .

 

R: Hat der Schwager Geschwister?

 

BF: Die Mutter von XXXX habe ich XXXX genannt, er hat drei Schwestern mit den Namen XXXX und XXXX . Er hat vier Brüder mit den Namen XXXX , XXXX , XXXX und XXXX .

 

R: Sie haben heute gesagt, dass Sie nach diesem Vorfall direkt mit Ihrem Schwager Afghanistan verlassen haben. Beim BFA haben Sie am XXXX gesagt, dass Sie sich im Zuge dieses Vorfalls bei Ihrem Nachbarn versteckt hätten und dann wieder nachhause gekommen seien. Was sagen Sie denn dazu?

 

BF: Das stimmt. Dass was ich in der Einvernahme gesagt habe. Ich war beim BFA sehr unter Stress. Ich habe Angst und mein Leben ist in Gefahr. Ich bin momentan auch unter Stress.

 

R: Wie lange haben Sie sich dann bei Ihrem Schwager, den Sie dann aufgesucht haben, dort aufgehalten?

 

BF: Ich erinnere mich an nichts. Ich hatte nur Angst und wollte nur flüchten.

 

R: Sind Sie jetzt dann, nachdem Sie beim Schwager angekommen gleich geflüchtet oder sind Sie dort verblieben und wenn ja, wie lange sind Sie dort verblieben?

 

BF: Ich bin mit dem Schwager und so gleich geflohen. Es sind nun drei Jahre her. Ich erinnere mich an nichts.

 

Dolmetscherin merkt an, mit "und so" sind andere Personen gemeint.

 

R: Welche anderen Personen meinen Sie mit "und so"?

 

BF: Ich meinte mit "und so" die Familie meiner Schwester, mein Farsi ist sehr schlecht.

 

SV merkt an, dass der BF Farsi besser als D und SV spricht. Er spricht Farsi mit Herat-Dialekt.

 

R: Jetzt haben Sie heute gesagt, Sie sind dann gleich mit Ihrem Schwager geflüchtet. Wissen Sie, was mit Ihrer Freundin eigentlich nachher passiert ist?

 

BF: Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht, was vorgefallen ist. Meine Mutter sagte, dass Sie vielleicht umgebracht worden ist. Sie haben die Absicht und das Ziel mich umzubringen.

 

R: Beim BFA haben Sie am XXXX gesagt, dass das Mädchen mit einem anderen Mann verheiratet worden sei, heute sagen Sie, Sie wissen nicht, was mit dem Mädchen genau passiert ist. Ihre Mutter vermutet, dass das Mädchen umgebracht wurde. Was sagen Sie dazu?

 

BF: Ja, das stimmt. Aber kann sein, dass der Mann sie umgebracht hat. Meine Mutter sagte auf jeden Fall, dass sie vielleicht umgebracht worden ist. Wenn ich nach Afghanistan zurückkehren würde, würde ich auf jeden Fall umgebracht werden. Auch aufgrund meiner Konvertierung. Meine Familie weiß noch nichts davon. Ich habe alle Hoffnungen verloren und nichts mehr zu sagen, als ich bisher ausgesagt habe.

 

R: Sie haben gesagt, Sie sind von Ihrem Schwager aus sofort geflüchtet. Beim BFA haben Sie am XXXX gesagt, dass Sie dort noch zwei Monate verblieben wären. Was sagen Sie dazu?

 

BF: Ich kann keine Zeitangaben machen. Ich weiß nicht von "Time". Wenn ich nach Afghanistan zurückkehren würde, würde ich auf jeden Fall umgebracht werden.

 

R: Sie haben auch beim BFA gesagt, dass Ihr Schwager, als Sie zu Ihm gekommen sind, erst beim Planen seiner Ausreise war und heute haben Sie gesagt, dass Sie mit dem Schwager gleich geflohen sind.

 

BF: Ja, aber ich weiß nichts von Zeitangaben. Ich habe nichts gewusst.

 

R: Wie ist das Mädchen zu Ihnen in Ihr Elternhaus nachhause gekommen?

 

BF: Ich weiß es nicht. Sie ist mit dem Taxi gekommen.

 

R: Ist es in Afghanistan üblich, dass Frauen, überhaupt so junge Frauen, sich alleine bewegen dürfen ohne Begleitung?

 

BF: Sie waren sehr reich. Sie hat sich ein Taxi bestellt, nur für sich alleine.

 

Fragewiederholung:

 

BF: Nein. Das ist nicht normal. Aber sie ist meine Freundin gewesen. Das ist aber nicht mein Problem. Mein Problem ist, dass wenn ich nach Afghanistan zurückkehren würde, ich umgebracht werden würde, weil ich auch zudem Christ geworden bin. Es ist für mich besser hier zu sterben als dort aufgrund meiner Konvertierung gesteinigt zu werden. Meine Familie weiß auch noch nichts davon.

 

R: Bekennen Sie Ihren Glauben, nachdem Sie sich jetzt in Österreich befinden, nach außen?

 

BF: Ja, es ist kein Problem.

 

R: Wo hat Ihre Freundin in Ihrem Elternhaus geschlafen?

 

BF: In meinem Zimmer mit mir.

 

R: Waren Sie mit ihr intim? Waren Sie zuvor schon mit ihr intim?

 

BF: In jener Nacht nicht, weil wir im Stress waren, aber davor schon.

 

R: Haben Sie mit Ihrer Freundin den Geschlechtsverkehr vollzogen?

 

BF: In jener Nacht hin, weil wir unter Stress waren, aber davor schon.

 

R: Wo?

 

BF: Ja, zum Beispiel in einer Schule. Wenn man sich liebt, dann hat man eben körperlichen Kontakt. Das ist normal.

 

R: Beim BFA haben Sie am XXXX auf die Frage, ob sie mit Ihrer Freundin eine intime unterhalten haben, gesagt, nein, sie haben die Frage verneint. Was sagen Sie dazu?

 

BF: Nein, das habe ich nicht gesagt. Kann sein, dass der Dolmetscher falsch übersetzt hat. Aber das ist ganz etwas Normales, das man in einer Beziehung intim wird.

 

R: Wissen Sie, ob Ihre Freundin schwanger geworden ist?

 

BF: Nein, ich habe nichts Schlechtes getan, dass sie schwanger werden könnte.

 

R: Was heißt, ich habe nichts Schlechtes getan, dass sie schwanger werden könnte?

 

BF: Wir haben es vermieden, dass sie schwanger wird.

 

R: Und wie haben Sie das vermieden?

 

BF: Wir haben aufgepasst, dass Sie nicht schwanger wird. Wir haben ein bisschen Ahnung gehabt.

 

R: Wie haben Sie aufgepasst, dass sie nicht schwanger wird?

 

BF: Wir haben sehr oft Kondome benutzt und wir haben darauf aufgepasst, dass Sie nicht schwanger wird.

 

R: Haben Ihre Eltern bzw. Ihre Brüder in Folge Ihrer Abwesenheit Schwierigkeiten mit der Familie der Freundin gehabt?

 

BF: Ja, sie wurde sehr oft von Seiten der Familie meiner Freundin in Schwierigkeiten gebracht. Es ist für mich besser hier Selbstmord zu begehen, als nach Afghanistan zurückzugehen und getötet zu werden.

 

R: Hat die Familie der Freundin aufgrund des Umstandes, dass Sie sich nicht mehr in Afghanistan befinden, Rache an Ihren Brüdern bzw. Eltern oder anderen männlichen Verwandten geübt?

 

BF: Nein. Sie wollen nur mich umbringen. Ich bin deren Ziel.

 

R: Was feiern Sie als Katholik zu Ostern?

 

BF: Zu Ostern wird Brot und Wein ausgeschenkt.

 

Fragewiederholung:

 

BF: Wir gehen da sonntags in die Kirche, bekommen Brot und Wein und lesen Gebete über die Maria und die Gebete vom Himmel. Ich kann leider sehr schlecht Deutsch, sonst hätte ich mehr Informationen darüber gehabt.

 

R an RV: Haben Sie Fragen an den BF?

 

RV: Keine Fragen.

 

R an RV: Wollen Sie sonst noch etwas sagen?

 

RV: Ich würde gerne noch die Pastoralassistentin der Stadtpfarre XXXX als Zeugin beantragen.

 

R an RV: Sonstige Stellungnahme?

 

RV verweist auf die bisherige Stellungnahme.

 

SV wird um 15:35 entlassen.

 

R (Frage auf Deutsch): Sprechen Sie Deutsch?

 

BF (Antwort auf Deutsch): Ja, ein bisschen.

 

R: (Frage auf Deutsch): Verstehen Sie Deutsch?

 

BF: (Antwort auf Deutsch): Ja, ein bisschen.

 

R (Frage auf Deutsch): Gehen Sie in Österreich einer Arbeit nach?

 

BF: (Antwort auf Deutsch): In Österreich? Nein. Bitte noch einmal.

 

R (Frage auf Deutsch): Gehen Sie in Österreich einer Arbeit nach?

 

BF: (Antwort auf Deutsch): In Österreich nicht. Ich lerne Deutsch.

 

R: Haben Sie in Österreich um eine arbeitsrechtliche Bewilligung angesucht bzw. einen Arbeitgeber, der für sie um eine Arbeitsbewilligung angesucht hat?

 

BF: Ich habe freiwillige Arbeiten tätigen wollen, um meine Deutschkenntnisse zu verbessern.

 

Fragewiederholung:

 

BF: Ja, aber es gab zu viele afghanische Asylwerber. Ich habe keinen Platz bekommen.

 

R: Haben Sie den negativen Bescheid vom AMS?

 

BF: Ich wusste nicht, ob ich einen negativen Bescheid habe oder nicht.

 

R: Welche Firma hat für Sie angesucht?

 

BF: Der XXXX , habe ich versucht, Arbeit zu finden.

 

Dem BF wird eine Frist von 3 Tagen eingeräumt, den negativen Bescheid des AMS dem BVwG vorzulegen.

 

BF: Nein, es wurde weder vom Arbeitgeber noch von mir beim AMS angesucht. Ich war zwar bei einem Laden, um eine Arbeit zu suchen, aber leider negativ. Es war kein Bedarf.

 

R: Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

 

BF: Ich beziehe Sozialleistung.

 

R: Wie viel bekommen Sie da im Monat?

 

BF: 365 €.

 

R: Wie viel zahlen Sie Miete?

 

BF: 200 €.

 

R: Wie viel bleibt Ihnen dann noch für das Leben?

 

BF: 165 €.

 

R(Frage auf Deutsch): Sind Sie verheiratet?

 

BF: (Antwort auf Deutsch): Ich bin ledig. Ich habe keine Kinder.

 

R: (Frage auf Deutsch): haben Sie in Österreich eine Freundin, mit der Sie zusammenleben?

 

BF: In Österreich?

 

Fragewiederholung auf Farsi:

 

BF: Nein, in Österreich nicht.

 

R: (Frage auf Deutsch): Haben Sie in Österreich einen Freundeskreis?

 

BF: (Antwort auf Deutsch) Bitte noch einmal. Nicht verstanden.

 

Fragewiederholung auf Farsi:

 

BF: Ja, habe ich.

 

R(Frage auf Deutsch): Wie heißen Ihre beiden besten Freunde mit Familiennamen und Vornamen?

 

BF(Antwort auf Deutsch): Frau XXXX und ihr Mann XXXX .

 

R: (Frage auf Deutsch) Wie heißen die mit Familiennamen?

 

BF: (Antwort auf Deutsch) Ich weiß es nicht.

 

R: (Frage auf Deutsch) Sind Sie in Österreich in einem Verein, einer Kirche oder Organisation tätig?

 

BF: (Antwort auf Deutsch) Auf Farsi bitte.

 

Fragewiederholung auf Farsi:

 

BF: Nein, ich bin nur in der Kirche.

 

R: Üben Sie in der Kirche eine besondere Funktion aus?

 

BF: Nein, ich besuche nur den Gottesdienst.

 

R: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten bzw. nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

 

BF: Nein, ich habe nur Ohrenprobleme und ich nehme keine Medikamente.

 

R: Müssen Sie Medikamente wegen den Ohren nehmen?

 

BF: Nein, ich habe keine Medikamente bekommen, sondern nur das Hörgerät.

 

R: Müssen Sie trotzdem irgendwelche Medikamente nehmen?

 

BF: Nein, überhaupt keine Medikamente.

 

R: Sind Sie in Österreich gerichtlich vorbestraft bzw. läuft gegen Sie ein Strafverfahren?

 

BF wurde auf Entschlagungsrecht hingewiesen.

 

BF: Nein, ich bin weder vorbestraft noch vorgeladen gewesen.

 

R: Haben Sie Verwandte in Österreich?

 

BF: Nein. Nur meine Schwester usw., sonst niemand.

 

R: Was heißt, meine Schwester usw.?

 

BF: Eine Schwester von mir lebt hier in Österreich, eine weitere in Deutschland.

 

R: Werden Sie von Ihrer Schwester bzw. von Ihrem Schwager finanziell unterstützt?

 

BF: Nein, wenn ich Geld bräuchte, würden Sie es mir geben.

 

R: Unterstützen Sie Ihre Schwester bzw. Ihren Schwager?

 

BF: Nein, mir bleibt von diesen 365 € nicht viel über. Wenn ich eine Arbeit hätte und sie in Not wären, hätte ich ihnen geholfen.

 

R: Unterstützen Sie anderweitig die Familie Ihrer Schwester bzw. Ihre Schwester selbst?

 

BF: Ja. Ärztliche Begleitung zum Beispiel.

 

R: Leben Sie mit Ihrer Familie zusammen?

 

BF: Nein, alleine.

 

R: Wie weit wohnen Sie von Ihrer Schwester bzw. von deren Familie in Österreich entfernt?

 

BF: Es sind ungefähr 3 Kilometer Abstand zwischen uns.

 

R: Wie oft stehen Sie mit Ihnen in Kontakt?

 

BF: Immer wieder. Alle paar Tage besuche ich sie in XXXX .

 

R: Sind Sie mit Ihrer Schwester in Deutschland auch in Kontakt?

 

BF: Ja, wir telefonieren.

 

R: Welchen Aufenthaltsstatus hat Ihre Schwester in Deutschland?

 

BF: Sie ist asylberechtigt.

 

R: Haben Sie außer den vorläufigen Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz schon einen anderen Aufenthaltstitel gehabt?

 

BF: Nein.

 

R an RV: Haben Sie noch Fragen?

 

RV: Nein.

 

(...)

 

10. Mit Schreiben vom XXXX wurde eine Anzeige der LPD Niederösterreich vom XXXX gegen den BF übermittelt. Daraus geht hervor, dass der BF am Tag der Anzeige mit einer Kappsäge bei Zuschnittarbeiten von Dachstuhlholz betreten worden ist, während weitere Personen den Dachstuhl montiert haben. Am XXXX wurde aufgrund dieses Vorfalls von der Finanzpolizei gegen eine näher bezeichnete Person ein Strafantrag eingebracht, da sie unter anderem den BF entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG unerlaubt beschäftigt habe und sohin der Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z 1 lit a AuslBG erfüllt sei. Ferner habe diese Person ihre Anmeldeverpflichtung hinsichtlich der vom BF durchgeführten Tätigkeiten gemäß § 33 Abs. 1a ASVG nicht erfüllt.

 

11. Mit Schreiben vom XXXX wurden der Staplerführerschein, eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs A2 (in Kopie), Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs sowie die Arbeitsbestätigung über eine ehrenamtliche Tätigkeit im Zuge der Organisation eines Flohmarktes in Vorlage gebracht.

 

12. Mit Ladung vom XXXX wurden dem BF das Länderinformationsblatt Afghanistan mit letzter KI vom 31.01.2019, der EASO Bericht Afghanistan Netzwerke Stand Jänner 2018, auszugsweise Übersetzungen des EASO-Berichts mit Stand Juni 2018, eine IOM-Rückkehrinformation sowie die aktuellen UNHCR-Richtlinien Stand 30.08.2018 zur Stellungnahme binnen 10 Tagen übermittelt.

 

13. Am XXXX wurde eine Bestätigung über die Teilnahme als ehrenamtlicher Helfer beim Projekt " XXXX " in Kopie vorgelegt.

 

14. Mit Schreiben vom XXXX bezog der Beschwerdeführer im Wege seines ausgewiesenen Vertreters Stellung zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan und wies auf die notorischen Schwierigkeiten bei der zahlenmäßigen Erfassung von sicherheitsrelevanten Daten zu Afghanistan hin. Ergänzend wurde festgehalten, dass Herat eine der Provinzen mit der höchsten Anzahl an Binnenvertriebenen sei. Das Länderinformationsblatt führe zu den Folgen nichts aus, weshalb auf die im Länderinformationsblatt zitierten Berichte von IOM verwiesen werde. Daraus gehe hervor, dass soziale Instabilität und mangelnder Zugang zu Dienstleistungen und Jobs sowie verhinderte Reintegration die Folge seien. Ferner wurde die Problematik religiöser Verfolgung sowie die Situation von Schiiten und Hazara erörtert. In weiterer Folge wurden besonders gefährdete Personengruppen aufgezeigt. Auch hinsichtlich der Versorgungslage sowie der Situation von Binnenvertriebenen wurde das Länderinformationsblatt auszugsweise zitiert. Ergänzend wurde auf eine Einschätzung von IOM verwiesen, wonach es in den 20 Distrikten, wo sich die meisten RückkehrerInnen aufhielten, darunter Herat und Kabul, zu gravierenden Versorgungsschwierigkeiten komme. Vom Länderinformationsblatt seien überdies die verstärkten Herausforderungen infolge von Naturkatastrophen, wie beispielsweise bei Überschwemmungen wie am 16.05.2018 in Kabul, unerwähnt geblieben. In weiterer Folge wurde zu den aktuellen Kurzinformationen Stellung bezogen. Überdies wurden die UNHCR-Richtlinien auszugsweise wiedergegeben und dazu ausgeführt, dass der BF über keinerlei soziales Netzwerk in Afghanistan verfüge, von dem er sich die überlebensnotwendige Unterstützung holen könne. Aufgrund seiner wahrnehmbaren Fremdheit durch Sozialisierung habe er keine Möglichkeit, den für ein zumutbares Leben notwendigen Lebensunterhalt zu erwirtschaften und könne keine Unterkunft mit entsprechenden Sanitäranlagen sowie gesicherten Zugang zu ausreichend Trinkwasser und Ernährung erhalten. Im Übrigen betreffe ihn die Gefährdung durch Taliban aufgrund der Tätigkeit seines Vaters landesweit.

 

Zur Lage infolge der anhaltenden Dürre in Herat und Mazar-e Sharif wurde die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX auszugsweise wiedergegeben. Ferner wurde auszugsweise auf den Bericht "EASO: Afghanistan, Key socio-economic indicators; Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City, April 2019", insbesondere auf die Lage in der Stadt Herat, verwiesen. Hinsichtlich der Nahrungsmittelknappheit gehe daraus hervor, dass die Lage in Mazar-e Sharif und Kabul als "stressed" und in Herat als "krisenhaft" eingestuft werde. Die landesweit bestehende Nahrungsmittelknappheit betreffe überdies Rückkehrende und IDP's noch stärker, da diese kaum Arbeit finden würden. Ferner wurden diverse Berichte, darunter die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX und der ACCORD-Anfragebeantwortung vom 12.10.2018 zur Dürresituation in den Städten Kabul und Mazar-e Sharif sowie auf den ACCORD-Bericht vom 07.12.2018 "Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010 - 2018", auszugsweise wiedergegeben. In diesen Auszügen wurde insbesondere auf die Wasserknappheit, die schlechte Wohnsituation, den angespannten Arbeitsmarkt sowie die prekäre Sicherheitslage in den genannten Städten hingewiesen.

 

15. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Dari statt. Im Zuge der Verhandlung wurden folgende Dokumente (in Kopie) in Vorlage gebracht:

 

 

 

 

 

 

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

 

(...)

 

BF: Mir geht es gut. Ich habe ein bisschen Stress.

 

(...)

 

Zur vorgelegten Anzeige der LPD XXXX vom XXXX wird von der BFV angegeben, dass nach Rücksprache mit dem BF ihres Wissens nach noch keine Strafverfügung bzw. noch kein Straferkenntnis ergangen ist.

 

(...)

 

R: Sie haben bei der letzten Verhandlung den Vorfall mit Ihrer damaligen Freundin erzählt. Wann hat sich dieser Vorfall zugetragen?

 

BF: Ich habe auch bei meiner früheren Verhandlung und meiner Rechtsvertreterin gesagt, dass ich die genauen Daten nicht nennen kann, da ich nur zwei Klassen Schule besucht habe und nicht wirklich Lesen und Schreiben kann.

 

R: Es geht nicht um ein genaues Datum, sondern um die Frage der zeitlichen Einordnung.

 

BF: Es war Mitte des Jahres und es war warm, aber ich kann Ihnen nicht das Jahr nennen.

 

R: Wie viele Monate bzw. Jahre vor Ihrer Ausreise hat dieser Vorfall stattgefunden?

 

BF: Ich kann es nicht sagen.

 

R: Waren es Wochen, Monate oder Jahre?

 

BF: Ich denke etwa ein bis zwei Monate sind vergangen.

 

R: Sie haben beim letzten Mal auch gesagt, dass sich vor Ihrer Ausreise das Mädchen bei Ihnen zu Hause aufgehalten hätte. Woher wusste die Familie des Mädchens, dass sich deren Tochter bei Ihnen aufhält?

 

BF: Das Mädchen hat zu Hause gesagt, dass sie zu einer Freundin gehen würde. Sie ist aber nicht zu einer Freundin gegangen, sondern sie ist zu mir gekommen. Sie ist auch nicht in der Nacht nach Hause gegangen, deshalb hat die Familie das herausgefunden, dass sie bei uns ist. Ich bin dann geflüchtet.

 

R wiederholt die Frage.

 

BF: Ich weiß es nicht genau. Ich vermute, dass sie telefonischen Kontakt mit ihrer Familie hatte.

 

R: Wann sollte Ihre Freundin mit ihrer Familie telefonischen Kontakt gehabt haben?

 

BF: Das kann ich nicht sagen, weil ich nicht ständig bei ihr war, sondern auch draußen oder in der Küche. Abgesehen davon bin ich schon seit über drei Jahren in Österreich und kann nicht sagen, wie alles genau ablief.

 

R: Hat die Familie des Mädchens überhaupt von dieser Beziehung gewusst?

 

BF: Ja, das habe ich schon bei der letzten Verhandlung gesagt. Die Mutter hat es gewusst. Später haben ihre Brüder und der Vater auch davon erfahren.

 

R: Von wem wissen Sie, dass die Mutter von Ihrer Freundin von dieser Beziehung gewusst hat?

 

BF: Das Mädchen hat es mir gesagt.

 

R: Wann?

 

BF: Ich kann mich nicht genau erinnern. Während unserer Gespräche hat sie das irgendwann einmal erwähnt.

 

R: Wann waren diese Gespräche? Wie viel Zeit vor dem Ereignis, vor Ihrer Flucht?

 

BF: Ich kann nur wiederholen, dass es jetzt dreieinhalb Jahre her ist und ich glaube, dass sie mir darüber, dass ihre Mutter über unsere Beziehung Bescheid weiß, irgendwann einmal darüber berichtet hat, als unsere Beziehung schon gefestigt war.

 

R: Wenn Sie sagen, dass Ihre Beziehung gefestigt war, wie lange hat es gedauert, bis Ihre Beziehung gefestigt war?

 

BF: Ich weiß es nicht genau, sechs oder sieben Monate, nachdem wir uns kennengelernt hatten.

 

R: Von wem haben dann die übrigen Familienmitglieder des Mädchens erfahren, dass eine Beziehung zwischen Ihnen und dem Mädchen bestand bzw. bestanden hat?

 

BF: Ich kann das nicht genau sagen, weil ich es auch nie genau gefragt habe. Ich habe auch bereits in der letzten Verhandlung erzählt, dass das Mädchen und ich mit einem Auto verfolgt wurden als wir uns zu einem Park begaben. Dort wurde ich von den Brüdern des Mädchens zusammengeschlagen. Wann diese Kenntnis über unsere Beziehung bekommen haben, kann ich nicht sagen.

 

R: Welcher Religion haben Sie früher angehört?

 

BF: Ich war sunnitischer Moslem.

 

R: Haben Sie diese Religion praktiziert?

 

BF: Nicht immer. Wenn ich das praktiziert habe, dann deshalb, weil ich dazu gezwungen wurde.

 

R: Wie haben Sie sich dem entziehen bzw. teilweise entziehen können, dass Sie nicht praktizieren mussten?

 

BF: Wenn man nicht darauf geachtet hat, habe ich zB nicht gebetet. Aber der Mullah unserer Moschee hat mich zB unterwegs von der Arbeit nach Hause abgepasst und mich zur Rede gestellt, warum ich nicht zur Moschee zum Gebet verrichten komme, denn ich sei gesund und könne zur Arbeit gehen, aber nicht zur Moschee.

 

R: Woher haben Sie gewusst, dass der christliche Glaube für Sie der richtige ist?

 

BF: Das Christentum ist meiner Meinung nach eine sehr gute Religion. Ich sehe das ruhige Verhalten der Menschen, die dieser Religion angehören. Wenn ich in der Kirche bin, fühle ich mich wohl und verspüre die Ruhe. Es besteht bei dieser Religion kein Zwang. Man stellt Kontakt zu Mitmenschen auf eine sehr freundliche Art und Weise her.

 

R: In welche Kirche gehen Sie?

 

BF: In XXXX .

 

R: Wie heißt diese Kirche bzw. wem ist diese Kirche geweiht?

 

BF: Ich kann das nicht lesen.

 

R wiederholt die Frage.

 

BF: Ich glaube " XXXX ".

 

R: Gibt es in XXXX mehrere römisch-katholische Kirchen?

 

BF: Ja, es gibt viele.

 

R: Wie viele r.k. Kirchen gibt es in XXXX , wenn Sie sagen viele?

 

BF: Drei oder vier Kirchen kenne ich.

 

R: Sind es drei oder vier?

 

BF: Es gibt auch andere Kirchen, die ich aber nicht kenne.

 

R: Sind die anderen Kirchen auch r.k. Kirchen?

 

BF: Genau weiß ich das nicht, darüber habe ich keine Informationen.

 

R: Haben Sie sich darüber einmal informiert?

 

BF: Die Kirche, die ich besuche, ist in XXXX . Ich habe sie vorher erwähnt.

 

R: Was machen Sie als Katholik zuerst, wenn Sie in die Kirche gehen?

 

BF: Ich tunke meine Finger ins Wasser und mache das Kreuz.

 

R: Warum machen das Christen, für welches Symbol steht das?

 

BF: Ich habe nicht allgemein viele Informationen darüber, aber das ist Vater, Sohn und Hl. Geist.

 

R: Woran soll das erinnern? Warum macht das ein Katholik?

 

BF: Ich habe darüber nicht so viele Informationen, ich muss noch viel darüber lesen.

 

R: Was machen Sie nach dem Kreuzzeichen?

 

BF: Dann setze ich mich hin und höre mir die Sätze des Vaters an.

 

R: Wissen Sie, warum sich ein Katholik, bevor er sich hinsetzt, eine Kniebeuge in der Kirche macht?

 

BF: Wenn man betet muss man knien, aber warum genau diese Kniebeuge gemacht wird, darüber habe ich keine Information. Ich muss noch viel lernen, um diese Dinge zu wissen.

 

R: Sagt Ihnen der Begriff in der Kirche "das Allerheiligste" etwas?

 

BF: Meinen Sie Vater und Sohn? Meinen Sie das?

 

R: Wissen Sie, was sich vorne, wenn Sie in der Kirche sitzen, sich hinter dem Pfarrer beim Altar befindet?

 

BF: Wein und Brot. Manchmal stehen Leute dort und machen Musik.

 

R: Empfangen Sie während des Messeverlaufs das Allerheiligste, die Hostie?

 

BF: Ja.

 

R: Was soll diese Hostie symbolisieren? Was sagt der Pfarrer, wenn Sie diese empfangen?

 

BF: Es ist der Leib Christi.

 

R: Was feiern die Katholiken in den nächsten Tagen?

 

BF: Es sind heilige Wochen, aber ich kann nicht sagen, was gefeiert wird.

 

R: Bereiten Sie sich derzeit persönlich auf ein kirchliches Hochfest vor?

 

BF: Ich bereite mich vor, dass ich an diesem Fest teilnehme und ziehe mich gut an.

 

R: Wie bereiten Sie sich denn auf dieses unmittelbar bevorstehende Hochfest der katholischen Kirche vor?

 

BF: Ich kann selbst Farsi nicht lesen und Deutsch auch nicht sehr gut. Ich muss meinen Freund fragen, was für ein Fest gefeiert und wie ich mich vorbereiten soll.

 

R: Bereiten Sie sich derzeit persönlich in irgendeiner Art und Weise auf dieses in Kürze bevorstehende Hochfest der katholischen Kirche vor?

 

BF: Weil ich es nicht weiß, was es für ein Fest ist, bereite ich mich derzeit auch nicht vor.

 

R: Haben Sie in Ihrer kirchlichen Gemeinde mitbekommen, ob sich andere Gläubige, Brüder und Schwestern der katholischen Gemeinde, auf dieses Fest vorbereiten?

 

BF: Nein, ich weiß es nicht, denn in der Kirche wird Dialekt gesprochen und ich verstehe nicht alles.

 

R: Sind Sie seinerzeit aus Afghanistan alleine geflüchtet?

 

BF: Ich bin mit meiner Schwester und ihrer Familie geflüchtet.

 

R: Wissen Sie, welchen Aufenthaltsstatus Ihre Schwester und deren Familie derzeit in Österreich hat?

 

BF: Sie sind anerkannte Flüchtlinge und haben Reisepässe. Der Ehemann meiner Schwester arbeitet seit eineinhalb Jahren.

 

R: Wo wohnen diese Verwandten?

 

BF: In XXXX , fünf Minuten von mir entfernt.

 

R: Warum ist Ihr Schwager geflüchtet?

 

BF: Über seine Fluchtgründe weiß ich nicht Bescheid, ich weiß allerdings, dass er mit den Ausländern zusammengearbeitet hat.

 

R: Haben Sie in der Heimat mit Ihrem Schwager Kontakt gehabt?

 

BF: Ja, ich habe sie manchmal besucht.

 

R: Waren Sie in regelmäßigem Kontakt oder haben Sie sie nur ab und zu besucht?

 

BF: Wir waren in regelmäßigem Kontakt, sie ist ja meine Schwester.

 

R: Haben Sie über die Fluchtgründe Ihres Schwagers mit ihm gesprochen?

 

BF: Nein, ich habe ihn nicht viel gefragt. Das war eine private Sache.

 

R: Waren Sie mit Ihrem Schwager auf der Flucht die ganze Zeit gemeinsam unterwegs?

 

BF: Ja.

 

R: Welches Verhältnis haben Sie zu Ihrem Schwager?

 

BF: Ein sehr gutes. Es war schon immer gut.

 

R: Hat es einen bestimmten Grund gegeben, warum Sie mit Ihrem Schwager nicht über seine Fluchtgründe gesprochen haben?

 

BF: Ich habe ihn über seine privaten Probleme nicht gefragt, aber ich wusste, dass er mit Ausländern zusammengearbeitet hat und Schwierigkeiten hatte.

 

BFV: Können Sie mir sagen, wann ungefähr Ostern gefeiert wird?

 

BF: Ich weiß das Datum nicht genau. Wenn es solche Feste gibt, dann frage ich meinen Freund, er hat mehr Informationen. Ich bin meistens in der Arbeit sehr beschäftigt.

 

R: In welchem Monat wird denn Weihnachten gefeiert?

 

BF: Ich kenne die Daten nicht, es ist zu Neujahr, glaube ich.

 

R: Wird Ostern jedes Jahr zur gleichen Zeit gefeiert?

 

BF: Ich habe keine allgemeine Information, weil ich ganz neu bin. Aber ich glaube, dass es nur einmal im Jahr gefeiert wird.

 

R: Sie wurden letztes Jahr am XXXX getauft. Haben Sie letztes Jahr an den Osterfeierlichkeiten teilgenommen?

 

BF: Ich kann mich nicht genau erinnern. Nach der Taufe erinnere ich mich nicht an eine Feierlichkeit.

 

R: Haben Sie letztes Jahr an einer Osterfeierlichkeit teilgenommen?

 

BF: Es gibt ständig immer Feierlichkeiten, aber ich kenne den Namen nicht.

 

D: Der BF ist einfach, von der Bildung her.

 

Die Verhandlung wird um 10:54 Uhr unterbrochen und um 11:17 Uhr fortgesetzt.

 

Auf die Einvernahme der Zeugin XXXX wird verzichtet. Ein entsprechendes Schreiben wurde bereits vorgelegt.

 

Zeuge wird gemäß § 48 iVm § 49 und § 50 AVG belehrt.

 

Zeuge: XXXX , Familienstand ledig, von Beruf Journalist.

 

R: In welchem Verhältnis stehen Sie zum BF?

 

Z: Ich kenne ihn von der Kirche, weil ich manchmal in die XXXX -Kirche komme. Ich kenne ihn vom XXXX .

 

RV: Können Sie uns kurz erzählen, was Sie über den BF wissen und wo Sie ihn normalerweise sehen?

 

BF: Ich gehe manchmal in die XXXX Kirche in XXXX . Dieses Jahr war ich allerdings erst zwei Mal in der XXXX Kirche. Ich kenne den BF sehr gut vom XXXX und auch andere Afghanen, wie zB XXXX , welcher heute mit uns nach Wien gekommen ist. Mit XXXX unterhalte ich mich manchmal nach der Kirche. Ihn kenne ich besser. Den BF kenne ich nur vom XXXX , weil er in derselben Gruppe wie XXXX ist. Das ist eigentlich alles, was ich über den BF weiß.

 

RV: Haben Sie den BF bei Ihren zweimaligen Besuchen in der XXXX heuer gesehen?

 

Z: Am vergangenen Sonntag auf jeden Fall. Vor zwei Wochen war ich auch in dieser Kirche, da bin ich mir nicht sicher. Ich weiß aber, dass er in der Kirche ist.

 

R: Wie groß ist die XXXX , wenn sie voll ist?

 

Z: Ca. 200-300 Sitzplätze. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob es der BF war, aber Herr XXXX (Pfarrer) hat den BF persönlich vorgestellt, weil er sich eben taufen lassen hat.

 

R: Zu welchem Anlass war das?

 

Z: Es war ein normaler Sonntag.

 

RV: Würden Sie sagen, dass, wenn Sie in die Kirche gehen, auch der BF in den meisten Fällen dort ist?

 

Z: Ja, auf jeden Fall.

 

BF: Keine Fragen an den Zeugen.

 

R: Keine Fragen.

 

Der Zeuge verlässt um 11:29 Uhr den Zeugenstand.

 

R an RV: Wollen Sie eine Stellungnahme abgeben?

 

RV: Der Schwager des BF arbeitet in XXXX in einer Firma. Der BF hätte auch die Möglichkeit, dort Arbeit zu finden.

 

(...)

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des BF

 

1.1.1. Der volljährige BF ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Tadschiken sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Er reiste gemeinsam mit seiner Schwester sowie deren Ehemann und Kindern unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Seiner Schwester, ihrem Ehemann und den gemeinsamen vier Kindern wurde mit hg. Erkenntnis vom XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

 

1.1.2 Der Beschwerdeführer wurde in der afghanischen Provinz XXXX geboren und lebte dort bis zu seiner endgültigen Ausreise aus Afghanistan im Jahr XXXX . Über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren besuchte der BF unregelmäßig Schule, erlernte das Lesen und Schreiben jedoch nicht vollständig. Dennoch war er in der Lage, den Beruf des Automechanikers zu erlernen und war auch als Mechaniker bzw. als Spengler in einer Autowerkstatt in seinem Herkunftsort tätig. Seine Eltern wohnen nach wie vor in einem Haus in der Stadt XXXX . Auch sein Bruder ist dort mit seiner Familie wohnhaft. Der BF pflegt nach wie vor Kontakt zu seinen Familienangehörigen im Herkunftsstaat. Sein Bruder bestreitet seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten. Sein Vater ist bereits pensioniert.

 

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. In Österreich hat sich der BF einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut. Er verfügt über ein ÖSD-Zertifikat Deutsch A1. Zudem hat er an einem Deutschkurs A2 sowie an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen. Er nimmt als Mitglied in einer Fußballmannschaft regelmäßig am Fußballtraining teil. Seit Dezember XXXX ist er als ehrenamtlicher Mitarbeiter in einem XXXX tätig. Ferner hat er im August und September XXXX geholfen, einen Flohmarkt zu organisieren. Zudem wurde ihm in Österreich ein Staplerführerschein ausgestellt.

 

Dem Beschwerdeführer wurde in Österreich ein Staplerführerschein ausgestellt. Er geht allerdings keiner rechtmäßigen Erwerbstätigkeit nach, sondern bestreitet seinen Lebensunterhalt aus den Mitteln der Grundversorgung und ist sohin nicht selbsterhaltungsfähig. Mit seiner Schwester und deren Familie hat er Kontakt, er lebt mit ihnen jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen besteht jedoch nicht. Der BF ist in Österreich unbescholten.

 

Am XXXX wurde der BF bei Zuschnittarbeiten von Dachstuhlholz mit einer Kappsäge betreten, während weitere Personen den Dachstuhl montierten. Der Beschwerdeführer verfügte zu diesem Zeitpunkt über keine Arbeitsbewilligung und war auch nicht zur Sozialversicherung angemeldet.

 

1.1.3. Am XXXX begann der BF am Glaubens- und Taufvorbereitungskurs teilzunehmen. Er wurde daraufhin am XXXX getauft. Nach der Taufe nahm er weiterhin am vierzehntägigen Glaubens- und Taufunterricht mit persischer Übersetzung teil. Dennoch kann nicht festgestellt werden, dass der christliche Glaube wesentlicher Bestandteil der Identität des BF geworden ist. Ferner steht nicht fest, dass er seinem derzeitigen Interesse für den christlichen Glauben im Fall der Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen und/oder zur Schau tragen würde. Es kann nicht festgestellt werden, dass die afghanischen Behörden und/oder das persönliche Umfeld des Beschwerdeführers von dessen Glaubenswechsel und christlichem Engagement bei einer Rückkehr nach Afghanistan Kenntnis erlangen würden. Ferner steht nicht fest, dass er sich aus innerer Überzeugung vom islamischen Glauben abgewendet hat und/oder ihm im Fall seiner Rückkehr die Abkehr vom Glauben unterstellt wird.

 

1.1.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der von ihm in der Beschwerde vorgebrachten Gründen - konkret wegen der (außerehelichen) Beziehung zu einer jungen Frau - in Afghanistan verfolgt werden würde.

 

Es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass der BF aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder zu einer sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von privaten Dritten verfolgt wird.

 

1.1.5. Eine Rückkehr in die Stadt XXXX oder eine Neuansiedlung in der XXXX ist dem BF überdies zumutbar und sind auch beide Städte sicher mit dem Flugzeug erreichbar. Eine Verletzung in seinen nach Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention garantierten Rechten kann im Fall einer Ansiedlung in den Städten XXXX oder XXXX nicht festgestellt werden.

 

Der BF ist in der afghanischen Provinz XXXX im afghanischen Familienverband aufgewachsen, hat dort den Großteil seines Lebens verbracht und spricht die in Afghanistan verbreitete Sprache Dari bzw. Farsi als Erstsprache. Der BF ist mit den kulturellen Traditionen und Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Er verfügt zwar nur über geringe Schulbildung, allerdings hat er den Beruf des KFZ-Mechanikers erlernt. Es ist daher anzunehmen, dass der BF in den Städten XXXX auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte in der Lage sein wird, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Einkommen zu sichern. Es ist nicht anzunehmen, dass er bei seiner Rückkehr nach Afghanistan in eine hoffnungslose Lage geraten würde. Im Fall einer Rückkehr in die Stadt XXXX kann er auch auf sein soziales Netzwerk zurückgreifen, zumal er dort aufgewachsen ist und dort nach wie vor seine Eltern sowie sein Bruder mit dessen Familie leben. Folglich ist davon auszugehen, dass ihm in seinem Elternhaus eine Wohngelegenheit zur Verfügung steht und ihn seine Familie zumindest vorübergehend durch- wenn auch nur geringe - Geldbeträge oder Sachleistungen unterstützen wird, bis er im Herkunftsstaat Fuß gefasst hat.

 

1.2. Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

 

1.2.1. Auszüge aus dem Länderinformationsblatt Afghanistan

 

[...]

 

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

 

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Milionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Milionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

 

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilsten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

 

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

 

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

 

Zivile Opfer

 

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED

 

[Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

 

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(UNAMA 10.10.2018)

 

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

 

Regierungfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

 

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(UNAMA 10.10.2018)

 

Quellen:

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (26.10.2018): Before Election Day

Three: Looking at Kandahar's upcoming vote, https://www.afghanistan-analysts.org/before-election-day-threelooking-at-kandahars-upcoming-vote/ , Zugriff 29.10.2018

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018a): Election Day One (Evening Update): Voter determination and technical shambles, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-oneevening-update-voter-determination-and-technical-shambles/ Zugriff 22.10.2018

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018b): Election Day Two:

A triumph of administrative chaos, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-two-a-triumph-of-administrative-chaos/ , Zugriff 22.10.2018

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (20.10.2018): Election Day One: A rural-urban divide emerging,

https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-a-rural-urban-divide-emerging/ , Zugriff 22.10.2018

 

AFP - Agence France Presse (20.10.2018): Nearly 170 casualties as violence rocks chaotic Afghan elections, https://www.afp.com/en/news/15/nearly-170-casualties-violence-rocks-chaoticafghan-elections-doc-1a599v9 , Zugriff 22.10.2018

 

AJ - Al Jazeera (19.10.2018): Afghanistan: Kandahar elections delayed by a week after killings, https://www.aljazeera.com/news/2018/10/afghan-election-polls-kandahar-delayed-week- 181019082632025.html Zugriff 22.10.2018

 

CNN - Cable News Network (27.10.2018): Kandahar goes to the polls in Afghan parliamentary vote delayed by violence, https://edition.cnn.com/2018/10/27/asia/afghan-elections-kandahar-intl/ index.html, Zugriff 29.10.2018

 

LS - La Stampa (21.10.2018): Ancora sangue sul secondo giorno di voto in Afghanistan,

http://www.lastampa.it/2018/10/21/esteri/ancora-sangue-sul-secondo-giorno-di-voto-inafghanistan-quhK2AP00HBuCKGBEHU8TN/pagina.html , Zugriff 22.10.2018

 

RN - Rainews (21.10.2018): Chiusi I seggi in Afghanistan, 4 milioni al voto nonostante gli attacchi dei Talebani, http://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/Chiusi-i-seggi-in-Afghanistan-4-milioni-alvoto-nonostante-gli-attacchi-52f120d0-cda8-4c1c-b469-363549cb767c.html , Zugriff 22.10.2018

 

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018),

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_ 3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 25.10.2018

 

KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

 

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

 

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

 

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

 

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).

 

Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

 

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

 

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

 

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(BFA Staatendokumentation 15.10.2018a)

 

Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen den diversen sicherheitsrelevanten Vorfällen für den Zeitraum 1.4.2018 - 30.9.2018 durch eine Grafik der Staatendokumentation veranschaulicht.

 

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(BFA Staatendokumentation 15.10.2018b)

 

Zivile Opfer

 

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).

 

Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).

 

Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).

 

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(UNAMA 15.7.2018)

 

Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und - prävention" und das Protokol V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).

 

Wahlen

 

Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 - 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Milionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o. D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).

 

Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018). Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).

 

Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl. UNAMA 17.9.2018, Tolonews 29.9.2018). Diese sollen während der fünf Tage vor der Wahl von 54.776 Mitgliedern der Afghan National Security Forces (ANSF) bewacht werden; 9.540 weitere stehen als Reserven zur Verfügung (Tolonews 29.9.2018; vgl. AAN 9.10.2018).

 

Quellen:

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (9.10.2018): Afghanistan Election Conundrum (16): Basic facts about the parliamentary elections, https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistan-election-conundrum-16-basic-factsabout-the-parliamentary-elections/ , Zugriff 19.10.2018

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (26.9.2018): Afghanistan Election Conundrum (14): District council and Ghazni parliamentary elections quietly dropped,

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AJ - Al Jazeera (19.8.2018): Afghanistan's Ghani declares Eid ceasefire with Taliban,

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ANSA - Agenzia Nationale Stampa Associata (13.8.2018): Afghanistan:

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- BFA Staatendokumentation (15.10.2018a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Mai-September 2018 liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

 

BFA Staatendokumentation (15.10.2018b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q2 und Q3, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

 

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GT - Gulf Today (12.9.2018): Scores killed in Afghan suicide attack, http://gulftoday.ae/portal/efd26c1a-5e54-42e8-a810-7e18341d14e4.aspx , Zugriff 2.10.2018

 

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UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (25.9.2018a):

Preliminary findings indicate airstrike killed 12 civilians in Maidan Wardak province,

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UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (15.7.2018): Midyear Update on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 30 June 2018,

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UNGASC - General Assembly Security Council (10.9.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_12_sept.pdf

 

UNGASC - General Assembly Security Council (6.6.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_6_june.pdf , Zugriff 31.8.2018

 

KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

 

Anschläge in Nangarhar 11.9.2018

 

Am 11.9.2018 kamen nach einem Selbstmordanschlag während einer Demostration im Distrikt Mohamad Dara der Provinz Nangarhar mindestens acht Menschen ums Leben und weitere 35 wurden verletzt (Tolonews 11.9.2018; vgl. TWP 11.9.2018, RFE/RL 11.9.2018). Kurz zuvor wurde am Vormittag des 11.9.2018 ein Anschlag mit zwei Bomben vor der Mädchenschule "Malika Omaira" in Jalalabad verübt, bei dem ein Schüler einer nahegelegenen Jungenschule ums Leben kam und weitere vier Schüler verletzt wurden, statt (RFE/RL 11.9.2018; AFP 11.9.2018). Davor gab es vor der Mädchenschule "Biba Hawa" im naheligenden Distrikt Behsud eine weitere Explosion, die keine Opfer forderte, weil die Schülerinnen noch nicht zum Unterricht erschienen waren (AFP 11.9.2018).

 

Weder die Taliban noch der IS/ISKP bekannten sich zu den Anschlägen, obwohl beide Gruppierungen in der Provinz Nangarhar aktiv sind (AFP 11.9.2018; vgl. RFE/RL 11.9.2018, TWP 11.9.2018).

 

Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018

 

Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b). Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).

 

Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018). Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i- Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).

 

IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018

 

Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b).

 

IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018

 

Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Leben und ungefähr 70 weitere wurden verletzt (AJ 6.9.2018; vgl. CNN 6.9.2018, TG 5.9.2018). Zuerst sprengte sich innerhalb des Sportvereins ein Attentäter in die Luft, kurz darauf explodierte eine Autobombe in der sich vor dem Klub versammelnden Menge (SO 5.9.2018) Der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte sich zum Anschlag (RFE/RL 5.9.2018).

 

Quellen:

 

AFP - Agence France-Presse (11.9.2018): Student killed in twin bomb attack near Afghan girls' school, https://www.afp.com/en/news/23/student-killed-twin-bomb-attack-near-afghan-girls-schooldoc-1904hc1 , Zugriff 11.9.2018

 

AJ - Al Jazeera (10.9.2018): Afghanistan: Bomb attack hits Ahmed Shah Massoud supporters,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-bomb-attack-hits-ahmed-shah-massoudsupporters-180909112746171.html , Zugriff 11.9.2018

 

AJ - Al Jazeera (6.9.2018): Afghanistan: Two journalists among 20 killed in Kabul blasts,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-deadly-suicide-attack-kabul-sports-club- 180905142909428.html, Zugriff 11.9.2018

 

CNN - Cable News Network (6.9.2018): Two journalists among 20 killed in wrestling club blasts in Kabul, https://edition.cnn.com/2018/09/06/asia/kabul-attack-wrestling-intl/index.html , Zugriff 11.9.2018

 

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.8.2018): Totei bei Angriff auf Schiiten-Moschee,

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-tote-bei-angriff-auf-schiiten-moschee- 15721269.html, Zugriff 21.8.2018

 

Khaama Press (10.9.2018a): Taliban militants overrun Khamab district in Jawzjan proince, https://

www.khaama.com/taliban-militants-overrun-khamab-district-in-jawzjan-province-05929/ , Zugriff 11.9.2018

 

Khaama Press (10.9.2018b): ISIS claims suicide attack on the supporters of Massoud in Kabul, https://www.khaama.com/isis-claims-suicide-attack-on-the-supporters-of-massoud-in-kabul-05926/ , Zugriff 11.9.2018

 

LWJ - Long War Journal (10.9.2018): Taliban threatens Sar-i-Pul City, captures district in Jawzjan, https://www.longwarjournal.org/archives/2018/09/taliban-threatens-sar-i-pul-city-captures-districtin-jawzjan.php , Zugriff 11.9.2018

 

LWJ - Long War Journal (30.8.2018): Faryab capital under Taliban threats as Afghan troops desert bases, https://www.longwarjournal.org/archives/2018/08/faryab-capital-under-taliban-threatas-afghan-troops-desert-bases.php , Zugriff 11.9.2018

 

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (11.9.2018): Suicide Attack, Bombing Strike Eastern Afghanistan, https://www.rferl.org/a/suicide-attack-bombings-strike-eastern-afghanistan/ 29483707.html, Zugriff 11.9.2018

 

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (5.9.2018): At Least 20 People Reported Killed, Including Two Journalists, In Twin Kabul Blasts, https://www.rferl.org/a/at-least-four-killed-insuicide-attack-at-wrestling-club-in-kabul/29473678.html , Zugriff 11.9.2018

 

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (17.8.2018): 'Goodbye, Dad': Father Remembers Afghan Twins Killed In Kabul Bombing, https://www.rferl.org/a/goodbye-dad-father-remembersafghan-twins-killed-in-kabul-bombing/29439516.html , Zugriff 20.8.2018

 

SO - Spiegel Online (5.9.2018): Tote und Verletzte bei Doppelanschlag in Kabul,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-tote-und-verletzte-bei-doppelanschlag-in-kabul-a- 1226712.html, Zugriff 11.9.2018

 

TG - The Guardian (5.9.2018): At least 20 people killed in separate bombings at Kabul wrestling club, https://www.theguardian.com/world/2018/sep/05/at-least-20-people-killed-in-separatebombings-at-kabul-wrestling-club , Zugriff 11.9.2018

 

Tolonews (11.9.2018): Suicide Bomber Targets Protest in Nangarhar; Eight Killed,

https://www.tolonews.com/afghanistan/suicide-bomber-targets-protest-nangarhar Zugriff 11.9.2018

 

Tolonews (10.9.2018a): Center of Jawzjan's Kham Aab District falls to Taliban,

https://www.tolonews.com/index.php/afghanistan/center-jawzjan ’s-kham-aab-districtfalls -taliban, Zugriff 11.9.2018

 

Tolonews (10.9.2018b): Dozens of Afghan Forces Killed in North, https://www.tolonews.com/index.php/afghanistan/afghan-forces-suffer-huge-casualty-toll-

 

%C2%A0north, Zugriff 11.9.2018

 

TWP - The Washington Post (11.9.2018): Afghan official: Suicide bomber kills 20 in Nangarhar,

https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghan-official-suicide-bomber-kills-20-innangarhar/2018/09/11/3ba8ec50-b5a8-11e8-ae4f-2c1439c96d79_story.html ? noredirect=on&utm_term=.2748ace6475c, Zugriff 11.9.2018

 

KI vom 22.08.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul und Paktia und Aktivitäten der Taliban in Ghazni, Baghlan, Faryab und Kunduz zwischen 22.7.2018 und 20.8.2018; (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

 

Entführung auf der Takhar-Kunduz-Autobahn 20.8.2018

 

Am 20.8.2018 entführten die Taliban 170 Passagiere dreier Busse, die über die Takhar-Kunduz- Autobahn auf der Reise nach Kabul waren (Tolonews 20.8.2018; vgl. IFQ 20.8.2018). Quellen zufolge wurden die Entführten in das Dorf Nikpe der Provinz Kunduz gebracht, wo es zu Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen kam. Es wurden insgesamt 149 Personen freigelassen, während sich die restlichen 21 weiterhin in der Gewalt der Taliban befinden (IFQ 20.8.2018). Grund für die Entführung war die Suche nach Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte bzw. Beamten (IFQ 20.8.2018; vgl. BBC 20.8.2018). Die Entführung erfolgte nach dem von Präsident Ashraf Ghani angekündigten Waffenstillstand, der vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 gehen sollte und jedoch von den Taliban zurückgewiesen wurde (Reuters 20.8.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018).

 

IS-Angriff auf die Mawoud Akademie in Kabul 15.8.2018

 

Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am Nachmittag des 15.8.2018 in einem privaten Bildungszentrum im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi, dessen Bewohner mehrheitlich Schiiten sind, in die Luft (NZZ 16.8.2018; vgl. BBC 15.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Detonation hatte 34 Tote und 56 Verletzte zur Folge (Reuters 16.8.2018a; vgl. NZZ 16.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Mehrheit der Opfer waren Studentinnen und Studenten, die sich an der Mawoud Akademie für die Universitätsaufnahmeprüfungen vorbereiteten (Reuters 16.8.2018b; vgl. RFE/RL 17.8.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Vorfall (RFE/RL 17.8.2018; vgl. Reuters 16.8.2018b).

 

Kämpfe in den Provinzen Ghazni, Baghlan und Faryab

 

Am Donnerstag, dem 9.8.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt Ghaznis, einer strategisch bedeutenden Provinz, die sich auf der Achse Kabul-Kandahar befindet (Repubblica 13.8.2018; vgl. ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Nach fünftägigen Zusammenstößen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen konnten letztere zurückgedrängt werden (AB 15.8.2018; vgl. Xinhua 15.8.2018). Während der Kämpfe kamen ca. 100 Mitglieder der Sicherheitskräfte ums Leben und eine unbekannte Anzahl Zivilisten und Taliban (DS 13.8.2018; vgl. ANSA 13.8.2018).

 

Am 15.8.2018 verübten die Taliban einen Angriff auf einen Militärposten in der nördlichen Provinz Baghlan, wobei ca. 40 Sicherheitskräfte getötet wurden (AJ 15.8.2018; vgl. Repubblica 15.8.2018, BZ 15.8.2018).

 

Auch im Distrikt Ghormach der Provinz Faryab wurde gekämpft: Die Taliban griffen zwischen 12.8.2018 und 13.8.2018 einen Stützpunkt des afghanischen Militärs, bekannt als Camp Chinaya, an und töteten ca. 17 Mitglieder der Sicherheitskräfte (ANSA 14.8.2018; vgl. CBS 14.8.2018, Tolonews 12.8.2018). Quellen zufolge kapitulierten die Sicherheitskräfte nach dreitägigen Kämpfen und ergaben sich den Aufständischen (CBS 14.8.2018; vgl. ANSA 14.8.2018).

 

IS-Angriff auf schiitische Moschee in Gardez-Stadt in Paktia 3.8.2018

 

Am Freitag, dem 3.8.2018, kamen bei einem Selbstmordanschlag innerhalb der schiitischen Moschee Khawaja Hassan in Gardez-Stadt in der Provinz Paktia, 39 Personen ums Leben und weitere 80 wurden verletzt (SI 4.8.2018; vgl. Reuters 3.8.2018, FAZ 3.8.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Anschlag (SI 4.8.2018).

 

IS-Angriff vor dem Flughafen in Kabul 22.7.2018

 

Am Sonntag, dem 22.7.2018, fand ein Selbstmordanschlag vor dem Haupteingangstor des Kabuler Flughafens statt. Der Attentäter sprengte sich in die Luft, kurz nachdem der afghanische Vizepräsident Rashid Dostum von einem einjährigen Aufenthalt in der Türkei nach Afghanistan zurückgekehrt und mit seinem Konvoi vom Flughafen abgefahren war (AJ 23.7.2018; vgl. Reuters 23.7.2018). Es kamen ca. 23 Personen ums Leben und 107 wurden verletzt (ZO 15.8.2018; vgl. France24). Der Islamische Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (AJ 23.7.2018; vgl. Reuters 23.7.2018).

 

Quellen:

 

AB - Al Bawaba (15.8.2018): Dozens of Afghan Soldiers Killed in Ghazni Clashes With Taliban,

https://www.albawaba.com/news/dozens-afghan-soldiers-killed-ghazni-clashes-taliban-1174140 , Zugriff 21.8.2018

 

AJ - Al Jazeera (15.8.2018): Afghanistan: Dozens of security forces killed in Taliban attack, https:// www.aljazeera.com/news/2018/08/afghanistan-dozens-security-forces-killed-taliban-attack- 180815065025633.html, Zugriff 21.8.2018

 

AJ - Al Jazeera (23.7.2018): Several dead in Kabul suicide blast as exiled VP Dostum returns,

https://www.aljazeera.com/news/2018/07/blast-heard-kabul-airport-exiled-vp-dostrum-returns- 180722123819595.html, Zugriff 20.8.2018

 

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ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (13.8.2018): Afghanistan:

a Ghazni 120 morti, http://

www.ansa.it/sito/notizie/mondo/asia/2018/08/13/afghanistan-a-ghazni-120-morti_695579f5-407b- 4e4f-8814-afcd60397435.html, Zugriff 21.8.2018

 

BBC - British Broadcasting Corporation (20.8.2018): Afghan Taliban kidnap dozens of bus passengers near Kunduz, https://www.bbc.com/news/world-asia-45244339 , Zugriff 21.8.2018

 

BBC - British Broadcasting Corporation (15.8.2018): Kabul suicide bomber kills 48 in tuition centre attack, https://www.bbc.com/news/world-asia-45199904 , Zugriff 20.8.2018

 

BZ - Berliner Zeitung (15.8.2018): Erneute Attacken Mindestens 40 Tote bei Taliban-Angriffen in Afghanistan, https://www.berliner-zeitung.de/politik/erneute-attacken-mindestens-40-tote-beitaliban-angriffen-in-afghanistan-31111842 , Zugriff 21.8.2018

 

CBS - CBS News (14.8.2018): Taliban overruns Afghan base, killing 17 soldiers,

https://www.cbsnews.com/news/afghanistan-base-overrun-taliban-faryab-afghan-troops-killedghazni-fight/ , Zugriff 21.8.2018

 

DS - Der Standard (13.8.2018): Taliban töten mindestens 100 Sicherheitskräfte in afghanischer Stadt Ghazni, https://derstandard.at/2000085221814/Dutzende-Tote-bei-Gefechten-umostafghanische-Stadt-Ghazni , Zugriff 21.8.2018

 

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.8.2018): Totei bei Angriff auf Schiiten-Moschee,

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France 24 (24.7.2018): Multiple explosions rock Afghan capital Kabul, http://www.france24.com/en/ 20180724-afghanistan-kabul-multiple-blasts-rockets-residential-area-casualties, Zugriff 20.8.2018

 

IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.8.2018): Afghanistan, i Talebani rapiscono 170 persone in viaggio su tre autobus nel nord del paese, https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/08/20/afghanistan-i-talebanirapiscono-170-persone-in-viaggio-su-tre-autobus-nel-nord-del-paese/4569588/ , Zugriff 21.8.2018

 

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (16.8.2018): Bewaffnete greifen Geheimdienst-Einrichtung in Kabul an, https://www.nzz.ch/international/dutzende-tote-bei-selbstmordanschlag-in-kabul-ld.1411834 , Zugriff 20.8.2018

 

Repubblica (15.8.2018): Caos Afghanistan: kamikaze a Kabul tra i giovani diplomati, 34 studenti uccisi, http://www.repubblica.it/esteri/2018/08/15/news/afghanista_i_talebani_attaccano_una_base_militar e_44_morti-204161975/, Zugriff 20.8.2018

 

Repubblica (13.8.2018): Afghanistan, Ghazni sotto assedio da quattro giorni,

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Reuters (20.8.2018): Taliban reject Afghan ceasefire, kidnap nearly 200 bus passengers,

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Reuters (16.8.2018a): Death toll in suicide attack on Afghan students revised down to 34,

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1.2.1.1. Politische Lage

 

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet und im Jahr 2004 angenommen (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. Casolino 2011). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahr 1964. Bei der Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004).

 

Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015).

 

Nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 einigten sich die beiden Kandidaten Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah Mitte 2014 auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) (AM 2015; vgl. DW 30.9.2014). Mit dem RNE-Abkommen vom 21.9.2014 wurde neben dem Amt des Präsidenten der Posten des CEO (Chief Executive Officer) eingeführt, dessen Befugnisse jenen eines Premierministers entsprechen. Über die genaue Gestalt und Institutionalisierung des Postens des CEO muss noch eine loya jirga [Anm.: größte nationale Versammlung zur Klärung von wichtigen politischen bzw. verfassungsrelevanten Fragen] entscheiden (AAN 13.2.2015; vgl. AAN o. D.), doch die Einberufung einer loya jirga hängt von der Abhaltung von Wahlen ab (CRS 13.12.2017).

 

Die afghanische Innenpolitik war daraufhin von langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Regierungslagern unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah geprägt. Kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 wurden schließlich alle Ministerämter besetzt (AA 9 .2016).

 

Parlament und Parlamentswahlen

 

Die afghanische Nationalversammlung ist die höchste legislative Institution des Landes und agiert im Namen des gesamten afghanischen Volkes (Casolino 2011). Sie besteht aus dem Unterhaus, auch wolesi jirga, "Kammer des Volkes", genannt, und dem Oberhaus, meshrano jirga auch "Ältestenrat" oder "Senat" genannt. Das Unterhaus hat 250 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze, für die Minderheit der Kutschi zehn Sitze und für Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft ein Sitz im Unterhaus reserviert (AAN 22.1.2017; vgl. USDOS 20.4.2018, USDOS 15.8.2017, CRS 13.12.2017, Casolino 2011). Die Mitglieder des Unterhauses haben ein Mandat von fünf Jahren (Casolino 2011). Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von ca. 25% im Unterhaus (AAN 22.1.2017).

 

Das Oberhaus umfasst 102 Sitze (IPU 27.2.2018). Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für behinderte Personen bestimmt. Auch ist de facto ein Sitz für einen Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft reserviert (USDOS 20.4.2018; vgl. USDOS 15.8.2017).

 

Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Arbeit der Regierung destruktiv zu behindern, Personalvorschläge der Regierung z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse wohl auch durch finanzielle Zuwendungen an einzelne Abgeordnete abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht. Generell leider die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 5 .2018).

 

Die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen konnten wegen ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden. Daher bleibt das bestehende Parlament weiterhin im Amt (AA 9 .2016; vgl. CRS 12.1.2017). Im September 2016 wurde das neue Wahlgesetz verabschiedet und Anfang April 2018 wurde von der unabhängigen Wahlkommission (IEC) der 20. Oktober 2018 als neuer Wahltermin festgelegt. Gleichzeitig sollen auch die Distriktwahlen stattfinden (AAN 12.4.2018; vgl. AAN 22.1.2017, AAN 18.12.2016).

 

Parteien

 

Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 15.8.2017). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (AE o. D.). Der Terminus "Partei" umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).

 

Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf strukturelle Elemente (wie z.B. das Fehlen eines Parteienfinanzierungsgesetzes) zurückzuführen sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9 .2016). Ein hoher Grad an Fragmentierung sowie eine Ausrichtung auf Führungspersönlichkeiten sind charakteristische Merkmale der afghanischen Parteienlandschaft (AAN 6.5.2018).

 

Mit Stand Mai 2018 waren 74 Parteien beim Justizministerium (MoJ) registriert (AAN 6.5.2018).

 

Parteienlandschaft und Opposition

 

Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das letzterer Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtete sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Das Abkommen beinhaltete unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für den historischen Anführer der Hezb-e-Islami, Gulbuddin Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Tatsächlich wurde dieser im Februar 2017 von der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates gestrichen (AAN 3.5.2017). Am 4.5.2017 kehrte Hekmatyar nach Kabul zurück (AAN 4.5.2017). Die Rückkehr Hekmatyars führte u.a. zu parteiinternen Spannungen, da nicht alle Fraktionen innerhalb der Hezb-e Islami mit der aus dem Friedensabkommen von 2016 erwachsenen Verpflichtung sich unter Hekmatyars Führung wiederzuvereinigen, einverstanden sind (AAN 25.11.2017; vgl. Tolonews 19.12.2017, AAN 6.5.2018). Der innerparteiliche Konflikt dauert weiter an (Tolonews 14.3.2018).

 

Ende Juni 2017 gründeten Vertreter der Jamiat-e Islami-Partei unter Salahuddin Rabbani und Atta Muhammad Noor, der Jombesh-e Melli-ye Islami-Partei unter Abdul Rashid Dostum und der Hezb-e Wahdat-e Mardom-Partei unter Mardom Muhammad Mohaqeq die semi-oppositionelle "Coalition for the Salvation of Afghanistan", auch "Ankara Coalition" genannt. Diese Koalition besteht aus drei großen politischen Parteien mit starker ethnischer Unterstützung (jeweils Tadschiken, Usbeken und Hazara) (AB 18.11.2017; vgl. AAN 6.5.2018).

 

Unterstützer des weiterhin politisch tätigen ehemaligen Präsidenten Hamid Karzai gründeten im Oktober 2017 eine neue politische Bewegung, die Mehwar-e Mardom-e Afghanistan (The People's Axis of Afghanistan), unter der inoffiziellen Führung von Rahmatullah Nabil, des ehemaligen Chefs des afghanischen Geheimdienstes (NDS). Später distanzierten sich die Mitglieder der Bewegung von den politischen Ansichten Hamid Karzais (AAN 6.5.2018; vgl. AAN 11.10.2017).

 

Anwarul Haq Ahadi, der langjährige Anführer der Afghan Mellat, eine der ältesten Parteien Afghanistans, verbündete sich mit der ehemaligen Mujahedin-Partei Harakat-e Enqilab-e Eslami-e Afghanistan. Gemeinsam nehmen diese beiden Parteien am New National Front of Afghanistan teil (NNF), eine der kritischsten Oppositionsgruppierungen in Afghanistan (AAN 6.5.2018; vgl. AB 29.5.2017).

 

Eine weitere Oppositionspartei ist die Hezb-e Kongara-ya Melli-ye Afghanistan (The National Congress Party of Afghanistan) unter der Führung von Abdul Latif Pedram (AB 15.1.2016; vgl. AB 29.5.2017).

 

Auch wurde die linksorientierte Hezb-e-Watan-Partei (The Fatherland Party) wieder ins Leben gerufen, mit der Absicht, ein wichtiges Segment der ehemaligen linken Kräfte in Afghanistan zusammenzubringen (AAN 6.5.2018; vgl. AAN 21.8.2017).

 

Friedens- und Versöhnungsprozess

 

Am 28. Februar 2018 machte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani den Taliban ein Friedensangebot (NYT 11.3.2018; vgl. TS 28.2.2018). Die Annahme des Angebots durch die Taliban würde, so Ghani, diesen verschiedene Garantien gewähren, wie eine Amnestie, die Anerkennung der Taliban-Bewegung als politische Partei, eine Abänderung der Verfassung und die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Anführer (TD 7.3.2018). Quellen zufolge wird die Annahme bzw. Ablehnung des Angebots derzeit in den Rängen der Taliban diskutiert (Tolonews 16.4.2018; vgl. Tolonews 11.4.2018). Anfang 2018 fanden zwei Friedenskonferenzen zur Sicherheitslage in Afghanistan statt: die zweite Runde des Kabuler Prozesses [Anm.: von der afghanischen Regierung ins Leben gerufene Friedenskonferenz mit internationaler Beteiligung] und die Friedenskonferenz in Taschkent (TD 24.3.2018; vgl. TD 7.3.2018, NZZ 28.2.2018). Anfang April rief Staatspräsident Ghani die Taliban dazu auf, sich für die Parlamentswahlen im Oktober 2018 als politische Gruppierung registrieren zu lassen, was von diesen jedoch abgelehnt wurde (Tolonews 16.4.2018). Ende April 2018 kam es in diesem Zusammenhang zu Angriffen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich des IS, aber auch der Taliban) auf mit der Wahlregistrierung betraute Behörden in verschiedenen Provinzen (vgl. Kapitel 3. "Sicherheitslage").

 

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

 

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

 

Quellen:

 

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http://www.usip.org/sites/default/files/SR362-Political-Parties-in-Afghanistan.pdf , Zugriff 23.4.2018

 

1.2.1.2. Sicherheitslage

 

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

 

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

 

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(Darstellung Staatendokumentation beruhend auf den INSO-Zahlen aus den Jahren 2015, 2016, 2017).

 

Im Vergleich folgt ein monatlicher Überblick der sicherheitsrelevanten Vorfälle für die Jahre 2016, 2017 und 2018 in Afghanistan (INSO o.D.)

 

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(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO o.D.)

 

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

 

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(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf UNGASC 15.3.2016, UNGASC 9.3.2017, UNGASC 27.2.2018)

 

Es folgt ein Jahresvergleich der sicherheitsrelevanten Vorfälle, die von der UN und der NGO INSO in den Jahren 2015, 2016 und 2017 registriert wurden:

 

(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO (o.D.), UN GASC 15.3.2016, UNGASC 9.3.2017, UNGASC 27.2.2018)

 

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Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

 

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht.Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

 

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(Darstellung der Staatendokumentation)

 

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

 

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

 

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

 

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

 

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

 

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

 

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

 

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018), von denen zur Veranschaulichung hier auszugsweise einige Beispiele wiedergegeben werden sollen (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste enthält öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).

 

Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).

 

Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018)

 

Angriff auf Polizeistützpunkte in Ghazni: Bei Taliban-Anschlägen auf verschiedene Polizeistützpunkte in der afghanischen Provinz Ghazni am 21.5.2018 kamen mindestens 14 Polizisten ums Leben (AJ 22.5.2018).

 

Angriff auf Regierungsbüro in Jalalabad: Nach einem Angriff auf die Finanzbehörde der Provinz Nangarhar in Jalalabad kamen am 13.5.2018 mindestens zehn Personen, darunter auch Zivilisten, ums Leben und 40 weitere wurden verletzt (Pajhwok 13.5.2018; vgl. Tolonews 13.5.2018). Die Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (AJ 13.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich der Islamische Staat (IS) zum Angriff (AJ 13.5.2018).

 

Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).

 

Selbstmordangriff in Kandahar: Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der NATO-Truppen in Haji Abdullah Khan im Distrikt Daman der Provinz Kandahar sind am 30.4.2018 elf Kinder ums Leben gekommen und 16 weitere Menschen verletzt worden; unter den Verletzten befanden sich u.a. rumänische Soldaten (Tolonews 30.4.2018b; vgl. APN 30.4.2018b, Focus 30.4.2018, IM 30.4.2018). Weder der IS noch die Taliban reklamierten den Anschlag für sich (Spiegel 30.4.2018; vgl. Tolonews 30.4.2018b).

 

Doppelanschlag in Kabul: Am 30.4.2018 fand im Bezirk Shash Derak in der Hauptstadt Kabul ein Doppelanschlag statt, bei dem Selbstmordattentäter zwei Explosionen verübten (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Die erste Detonation erfolgte in der Nähe des Sitzes des afghanischen Geheimdienstes (NDS) und wurde von einem Selbstmordattentäter auf einem Motorrad verübt; dabei wurden zwischen drei und fünf Menschen getötet und zwischen sechs und elf weitere verletzt (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b); Quellen zufolge handelte es sich dabei um Zivilisten (Focus 30.4.2018). Die zweite Detonation ging von einem weiteren Selbstmordattentäter aus, der sich, als Reporter getarnt, unter die am Anschlagsort versammelten Journalisten, Sanitäter und Polizisten gemischt hatte (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b, Pajhwok 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Dabei kamen u.a. zehn Journalisten ums Leben, die bei afghanischen sowie internationalen Medien tätig waren (TI 1.5.2018; vgl. AJ 30.4.2018, APN 30.4.2018a,). Bei den beiden Anschlägen sind Quellen zufolge zwischen 25 und 29 Personen ums Leben gekommen und 49 verletzt worden (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a, DZ 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Der IS bekannte sich zu beiden Angriffen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Quellen zufolge sind Geheimdienstmitarbeiter das Ziel des Angriffes gewesen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a).

 

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie: Am 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der IS bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

 

Bombenangriff mit einem Fahrzeug in Kabul: Am 27.1.2018 tötete ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (TG 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018) - dem sogenannten Regierungs- und Diplomatenviertel (Reuters 27.1.2018).

 

Angriff auf eine internationale Organisation (Save the Children - SCI) in Jalalabad: Am 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden getötet und zwölf weitere verletzt; der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018, TG 24.1.2018).

 

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul: Am 20.1.2018 griffen fünf bewaffnete Männer das Luxushotel Intercontinental in Kabul an. Der Angriff wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018; vgl. DW 21.1.2018). Dabei wurden mindestens 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

 

Selbstmordattentat mit einem mit Sprengstoff beladenen Tanklaster:

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben, mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt (FAZ 6.6.2017; vgl. AJ 31.5.2017, BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (FN 7.6.2017).

 

Angriffe gegen Gläubige und Kultstätten

 

Registriert wurde eine steigende Anzahl der Angriffe gegen Glaubensstätten, religiöse Führer sowie Gläubige; 499 zivile Opfer (202 Tote und 297 Verletzte) waren im Rahmen von 38 Angriffen im Jahr 2017 zu verzeichnen. Die Anzahl dieser Art Vorfälle hat sich im Gegensatz zum Jahr 2016 (377 zivile Opfer, 86 Tote und 291 Verletzte bei 12 Vorfällen) verdreifacht, während die Anzahl ziviler Opfer um 32% gestiegen ist (UNAMA 2.2018). Auch verzeichnete die UN in den Jahren 2016 und 2017 Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Religiösen Führern ist es nämlich möglich, durch ihre Predigten öffentliche Standpunkte zu verändern, wodurch sie zum Ziel von regierungsfeindlichen Elementen werden (UNAMA 7.11.2017). Ein Großteil der zivilen Opfer waren schiitische Muslime. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS (UNAMA 7.11.2017; vgl. UNAMA 2.2018). Es wurden aber auch Angriffe auf sunnitische Moscheen und religiöse Führer ausgeführt (TG 20.10.2017; vgl. UNAMA 7.11.2017)

 

Diese serienartigen und gewalttätigen Angriffe gegen religiöse Ziele, haben die afghanische Regierung veranlasst, neue Maßnahmen zu ergreifen, um Gebetsstätten zu beschützen: landesweit wurden 2.500 Menschen rekrutiert und bewaffnet, um 600 Moscheen und Tempel vor Angriffen zu schützen (UNGASC 20.12.2017).

 

Zur Veranschaulichung werden im Folgenden auszugsweise einige Beispiele von Anschlägen gegen Gläubige und Glaubensstätten wiedergegeben (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)

 

Angriff auf Treffen der Religionsgelehrten in Kabul: Am 4.6.2018 fand während einer loya jirga zwischen mehr als 2.000 afghanischen Religionsgelehrten, die durch eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aufriefen, ein Selbstmordanschlag statt. Bei dem Angriff kamen 14 Personen ums Leben und weitere wurden verletzt (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 5.6.2018). Quellen zufolge bekannte sich der IS zum Angriff (Reuters 5.6.2018; vgl. RFE/RL 5.6.2018).

 

Angriff auf Kricket-Stadion in Jalalabad: Am 18.5.2018, einem Tag nach Anfang des Fastenmonats Ramadan, kamen bei einem Angriff während eines Kricket-Matchs in der Provinzhauptstadt Nangarhars Jalalabad mindestens acht Personen ums Leben und mindestens 43 wurden verletzt (TRT 19.5.2018; vgl. Tolonews 19.5.2018, TG 20.5.2018). Quellen zufolge waren das direkte Ziel dieses Angriffes zivile Zuschauer des Matchs (TG 20.5.2018; RFE/RL 19.5.2018), dennoch befanden sich auch Amtspersonen unter den Opfern (TNI 19.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich keine regierungsfeindliche Gruppierung zum Angriff (RFE/RL 19.5.2018); die Taliban dementierten ihre Beteiligung an dem Anschlag (Tolonews 19.5.2018; vgl. TG 20.5.2018) .

 

Selbstmordanschlag während Nowruz-Feierlichkeiten: Am 21.3.2018 (Nowruz-Fest; persisches Neujahr) kam es zu einem Selbstmordangriff in der Nähe des schiitischen Kart-e Sakhi-Schreins, der von vielen afghanischen Gemeinschaften - insbesondere auch der schiitischen Minderheit - verehrt wird. Sie ist ein zentraler Ort, an dem das Neujahrsgebet in Kabul abgehalten wird. Viele junge Menschen, die tanzten, sangen und feierten, befanden sich unter den 31 getöteten; 65 weitere wurden verletzt (BBC 21.3.2018). Die Feierlichkeiten zu Nowruz dauern in Afghanistan mehrere Tage und erreichen ihren Höhepunkt am 21. März (NZZ 21.3.2018). Der IS bekannte sich auf seiner Propaganda Website Amaq zu dem Vorfall (RFE/RL 21.3.2018).

 

Angriffe auf Moscheen: Am 20.10.2017 fanden sowohl in Kabul, als auch in der Provinz Ghor Angriffe auf Moscheen statt: während des Freitagsgebets detonierte ein Selbstmordattentäter seine Sprengstoffweste in der schiitischen Moschee, Imam Zaman, in Kabul. Dabei tötete er mindestens 30 Menschen und verletzte 45 weitere. Am selben Tag, ebenso während des Freitagsgebetes, griff ein Selbstmordattentäter eine sunnitische Moschee in Ghor an und tötete 33 Menschen (Telegraph 20.10.2017; vgl. TG 20.10.2017).

 

Tötungen in Kandahar: Im Oktober 2017 bekannten sich die afghanischen Taliban zu der Tötung zweier religiöser Persönlichkeiten in der Provinz Kandahar. Die Tötungen legitimierten die Taliban, indem sie die Getöteten als Spione der Regierung bezeichneten (UNAMA 7.11.2017).

 

Angriff auf schiitische Moschee: Am 2.8.2017 stürmten ein Selbstmordattentäter und ein bewaffneter Schütze während des Abendgebetes die schiitische Moschee Jawadia in Herat City; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet (BBC 3.8.2017; vgl. Pajhwok 2.8.2017). Insgesamt war von 100 zivilen Opfer die Rede (Pajhwok 2.8.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 3.8.2017).

 

Entführung in Nangarhar: Die Taliban entführten und folterten einen religiösen Gelehrten in der Provinz Nangarhar, dessen Söhne Mitglieder der ANDSF waren - sie entließen ihn erst, als Lösegeld für ihn bezahlt wurde (UNAMA 7.11.2017).

 

In der Provinz Badakhshan wurde ein religiöser Führer von den Taliban entführt, da er gegen die Taliban predigte. Er wurde gefoltert und starb (UNAMA 7.11.2017).

 

Angriffe auf Behörden zur Wahlregistrierung:

 

Seit der Ankündigung des neuen Wahltermins durch den afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani im Jänner 2018 haben zahlreiche Angriffe auf Behörden, die mit der Wahlregistrierung betraut sind, stattgefunden (ARN 21.5.2018; vgl. DW 6.5.2018, AJ 6.5.2018, Tolonews 6.5.2018, Tolonews 29.4.2018, Tolonews 22.4.2018). Es folgt eine Auflistung der größten Vorfälle:

 

Bei einem Selbstmordanschlag auf ein für die Wahlregistrierung errichtetes Zelt vor einer Moschee in der Provinz Khost kamen Quellen zufolge am 6.5.2018 zwischen 13 und 17 Menschen ums Leben und mindestens 30 weitere wurden verletzt (DW 6.5.2018; vgl. Tolonews 6.5.2018, AJ 6.5.2018).

 

Am 22.4.2018 kamen in der Nähe einer Behörde zur Wahlregistrierung in Pul-e-Khumri in der Provinz Baghlan sechs Menschen ums Leben und fünf weitere wurden verletzt; bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 22.4.2018; vgl. NZZ 22.4.2018).

 

Am 22.4.2018 kamen vor einer Behörde zur Wahlregistrierung in Kabul 60 Menschen ums Leben und 130 wurden verletzt. Der Angriff fand im mehrheitlich aus ethnischen Hazara bewohnten Kabuler Distrikt Dacht-e-Barchi statt. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Anschlag, der gegen die "schiitischen Apostaten" gerichtet war (USIP 24.4.2018; vgl. Slate 22.4.2018).

 

Zivilist/innen

 

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(UNAMA 2.2018)

 

Im Jahr 2017 registrierte die UNAMA 10.453 zivile Opfer (3.438 Tote und 7.015 Verletzte) - damit wurde ein Rückgang von 9% gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres 2016 (11.434 zivile Opfer mit 3.510 Toten und 7.924 Verletzen) festgestellt. Seit 2012 wurde zum ersten Mal ein Rückgang verzeichnet: im Vergleich zum Jahr 2016 ist die Anzahl ziviler Toter um 2% zurückgegangen, während die Anzahl der Verletzten um 11% gesunken ist. Seit 1.1.2009-31.12.2017 wurden insgesamt 28.291 Tote und 52.366 Verletzte von der UNAMA registriert. Regierungsfeindliche Gruppierungen waren für 65% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich; Hauptursache dabei waren IEDs, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken (UNAMA 2.2018). Im Zeitraum 1.1.2018 - 31.3.2018 registriert die UNAMA

2.258 zivile Opfer (763 Tote und 1.495 Verletzte). Die Zahlen reflektieren ähnliche Werte wie in den Vergleichsquartalen für die Jahre 2016 und 2017. Für das Jahr 2018 wird ein neuer Trend beobachtet: Die häufigste Ursache für zivile Opfer waren IEDs und komplexe Angriffe. An zweiter Stelle waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen, Blindgängern (Engl. UXO, "Unexploded Ordnance") und Lufteinsätzen. Die Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kandahar waren am häufigsten vom Konflikt betroffen (UNAMA 12.4.2018).

 

Regierungsfeindlichen Gruppierungen wurden landesweit für das Jahr 2017 6.768 zivile Opfer (2.303 Tote und 4.465 Verletzte) zugeschrieben - dies deutet auf einen Rückgang von 3% im Vergleich zum Vorjahreswert von 7.003 zivilen Opfern (2.138 Tote und 4.865 Verletzte). Der Rückgang ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben werden, ist auf einen Rückgang ziviler Opfer, die durch Bodenkonfrontation, IED und ferngezündete Bomben zu Schaden gekommen sind, zurückzuführen. Im Gegenzug dazu hat sich die Anzahl ziviler Opfer aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken erhöht. Die Anzahl ziviler und nicht-ziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen sind, ist ähnlich jener aus dem Jahr 2016 (UNAMA 2.2018).

 

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.4.2018).

 

Konkrete Informationen zu Zahlen und Tätern können dem Subkapitel "Regierungsfeindliche Gruppierungen" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Zu den regierungsfreundlichen Kräften zählten: ANDSF, Internationale Truppen, regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen sowie nicht näher identifizierte regierungsfreundliche Kräfte. Für das Jahr 2017 wurden 2.108 zivile Opfer (745 Tote und 1.363 Verletzte) regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben, dies deutet einen Rückgang von 23% gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (2.731 zivile Opfer, 905 Tote und 1.826 Verletzte) an (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018). Insgesamt waren regierungsfreundliche Kräfte für 20% aller zivilen Opfer verantwortlich. Hauptursache (53%) waren Bodenkonfrontation zwischen ihnen und regierungsfeindlichen Elementen - diesen fielen 1.120 Zivilist/innen (274 Tote und 846 Verletzte) zum Opfer; ein Rückgang von 37% Gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (UNAMA 2.2018). Luftangriffe wurden zahlenmäßig als zweite Ursache für zivile Opfer registriert (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018); diese waren für 6% ziviler Opfer verantwortlich - hierbei war im Gegensatz zum Vorjahreswert eine Zunahme von 7% zu verzeichnen gewesen. Die restlichen Opferzahlen 125 (67 Tote und 58 Verletzte) waren auf Situationen zurückzuführen, in denen Zivilist/innen fälschlicherweise für regierungsfeindliche Elemente gehalten wurden. Suchaktionen forderten 123 zivile Opfer (79 Tote und 44 Verletzte), Gewalteskalationen 52 zivile Opfer (18 Tote und 34 Verletzte), und Bedrohungen und Einschüchterungen forderten 17 verletzte Zivilist/innen (UNAMA 2.2018).

 

Ein besonderes Anliegen der ANDSF, der afghanischen Regierung und internationaler Kräfte ist das Verhindern ziviler Opfer. Internationale Berater/innen der US-amerikanischen und Koalitionskräfte arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Reduzierung der Anzahl von zivilen Opfern zu schaffen. Die afghanische Regierung hält auch weiterhin ihre viertel-jährliche Vorstandssitzung zur Vermeidung ziviler Opfer (Civilian Casualty Avoidance and Mitigation Board) ab, um u. a. Präventivmethoden zu besprechen (USDOD 12.2017). Die UNAMA bemerkte den Einsatz und die positiven Schritte der afghanischen Regierung, zivile Opfer im Jahr 2017 zu reduzieren (UNAMA 2.2018).

 

Im gesamten Jahr 2017 wurden 3.484 zivile Opfer (823 Tote und 2.661 Verletzte) im Rahmen von 1.845 Bodenoffensiven registriert - ein Rückgang von 19% gegenüber dem Vorjahreswert aus 2016 (4.300 zivile Opfer, 1.072 Tote und 3.228 Verletzte in 2.008 Bodenoffensiven). Zivile Opfer, die aufgrund bewaffneter Zusammenstöße zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Kräften zu beklagen waren, sind zum ersten Mal seit 2012 zurückgegangen (UNAMA 2.2018).

 

Im Jahr 2017 forderten explosive Kampfmittelrückstände (Engl. "explosive remnants of war", Anm.) 639 zivile Opfer (164 Tote und 475 Verletzte) - ein Rückgang von 12% gegenüber dem Jahr 2016. 2017 war überhaupt das erste Jahr seit 2009, in welchem ein Rückgang verzeichnet werden konnte. Der Rückgang ziviler Opfer ist möglicherweise u.a. auf eine Verminderung des indirekten Beschusses durch Mörser, Raketen und Granaten in bevölkerten Gegenden von regierungsfreundlichen Kräfte zurückzuführen (UNAMA 2.2018).

 

Weiterführende Informationen zu den regierungsfreundlichen Gruppierungen können dem Kapitel 5. "Sicherheitsbehörden" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

 

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

 

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).

 

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

 

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).

 

Taliban

 

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.4.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

 

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

 

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friendens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

 

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).

 

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

 

Höchst umstritten ist von Expert/innen die Größe und die Gefahr, die vom IS ausgeht. So wird von US-amerikanischen Sicherheitsbeamten und weiteren Länderexpert/innen die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan mit zwischen 500 und 5.000 Kämpfern beziffert. Jeglicher Versuch die tatsächliche Stärke einzuschätzen, wird durch den Umstand erschwert, dass sich die Loyalität der bewaffneten radikalen Islamisten oftmals monatlich oder gar wöchentlich ändert, je nach ideologischer Wende, Finanzierung und Kampfsituation (WSJ 21.3.2018). Auch wurde die afghanische Regierung bezichtigt, die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan aufzublasen (Tolonews 10.1.2018). Zusätzlich ist wenig über die Gruppierung und deren Kapazität, komplexe Angriffe auszuführen, bekannt. Viele afghanische und westliche Sicherheitsbeamte bezweifeln, dass die Gruppierung alleine arbeitet (Reuters 9.3.2018).

 

Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern, bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017). Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.1.2018; vgl. AJ 30.4.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).

 

Im Jahr 2017 wurden dem IS 1.000 zivile Opfer (399 Tote und 601 Verletzte) zugeschrieben sowie die Entführung von 81 Personen; er war damit laut UNAMA für 10% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich - eine Zunahme von insgesamt 11% im Vergleich zum Jahr 2016. Im Jahr 2017 hat sich der IS zu insgesamt 18 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen oder zivile Objekte bekannt (UNAMA 2.2018); er agiert wahllos - greift Einrichtungen der afghanischen Regierung und der Koalitionskräfte an (AAN 5.2.2018), aber auch ausländische Botschaften (UNAMA 2.2.018). Fast ein Drittel der Angriffe des IS zielen auf schiitische Muslime ab (UNAMA 2.2018; vgl. AAN 5.2.2018) - sechs Angriffe waren auf schiitische Glaubensstätten (UNAMA 2.2018). Der IS begründet seine Angriffe auf die schiitische Gemeinschaft damit, dass deren Mitglieder im Kampf gegen den IS im Mittleren Osten involviert sind (AAN 5.2.2018).

 

Zusätzlich dokumentierte die UNAMA im Jahr 2017 27 zivile Opfer (24 Tote und drei Verletzte) sowie die Entführung von 41 Zivilist/innen, die von selbsternannten IS-Anhängern in Ghor, Jawzjan und Sar-e Pul ausgeführt wurden. Diese Anhänger haben keine offensichtliche Verbindung zu dem IS in der Provinz Nangarhar (UNAMA 2.2018).

 

Der IS rekrutierte auf niedriger Ebene und verteilte Propagandamaterial in vielen Provinzen Afghanistans. Führung, Kontrolle und Finanzierung des Kern-IS aus dem Irak und Syrien ist eingeschränkt, wenngleich der IS in Afghanistan nachhaltig auf externe Finanzierung angewiesen ist, sowie Schwierigkeiten hat, Finanzierungsströme in Afghanistan zu finden. Dieses Ressourcenproblem hat den IS in einen Konflikt mit den Taliban und anderen Gruppierungen gebracht, die um den Gewinn von illegalen Kontrollpunkten und den Handel mit illegalen Waren wetteifern. Der IS bezieht auch weiterhin seine Mitglieder aus unzufriedenen TTP-Kämpfern (Tehreek-e Taliban in Pakistan - TTP), ehemaligen afghanischen Taliban und anderen Aufständischen, die meinen, der Anschluss an den IS und ihm die Treue zu schwören, würde ihre Interessen vorantreiben (USDOD 12.2017).

 

Auch ist der IS nicht länger der wirtschaftliche Magnet für arbeitslose und arme Jugendliche in Ostafghanistan, der er einst war. Die Tötungen von IS-Führern im letzten Jahr (2017) durch die afghanischen und internationalen Kräfte haben dem IS einen harten Schlag versetzt, auch um Zugang zu finanziellen Mitteln im Mittleren Osten zu erhalten. Finanziell angeschlagen und mit wenigen Ressourcen, ist der IS in Afghanistan nun auf der Suche nach anderen Möglichkeiten des finanziellen Überlebens (AN 6.3.2018).

 

Haqqani-Netzwerk

 

Der Gründer des Haqqani-Netzwerkes - Jalaluddin Haqqani - hat aufgrund schlechter Gesundheit die operationale Kontrolle über das Netzwerk an seinen Sohn Sirajuddin Haqqani übergeben, der gleichzeitig der stellvertretende Führer der Taliban ist (VoA 1.7.2017). Als Stellvertreter der Taliban wurde die Rolle von Sirajuddin Haqqani innerhalb der Taliban verfestigt. Diese Rolle erlaubte dem Haqqani-Netzwerk seinen Operationsbereich in Afghanistan zu erweitern und lieferte den Taliban zusätzliche Fähigkeiten in den Bereichen Planung und Operation (USDOD 12.2017).

 

Von dem Netzwerk wird angenommen, aus den FATA-Gebieten (Federally Administered Tribal Areas) in Pakistan zu operieren. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge soll das Netzwerk zwischen 3.000 und 10.000 Mitglieder haben. Dem Netzwerk wird nachgesagt finanziell von unterschiedlichen Quellen unterstützt zu werden - inklusive reichen Personen aus den arabischen Golfstaaten (VoA 1.7.2017).

 

Zusätzlich zu der Verbindung mit den Taliban, hat das Netzwerk mit mehreren anderen Aufständischen Gruppierungen, inklusive al-Qaida, der Tehreek-e Taliban in Pakistan (TTP), der Islamic Movement of Uzbekistan (IMU) und der ebenso in Pakistan ansässigen Lashkar-e-Taiba (VoA 1.7.2017).

 

Sowohl die afghanische, als auch die US-amerikanische Regierung haben Pakistan in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, keine eindeutigen Maßnahmen gegen terroristische Elemente zu ergreifen, die darauf abzielen, die Region zu destabilisieren - zu diesen Elementen zählen auch die Taliban und das Haqqani-Netzwerk (RFE/RL 23.3.2018; vgl. AJ 8.3.2018, UNGASC 27.2.2018).

 

Al-Qaida

 

Al-Qaida konzentriert sich hauptsächlich auf das eigene Überleben und seine Bemühungen sich selbst zu erneuern. Die Organisation hat eine nachhaltige Präsenz in Ost- und Nordostafghanistan, mit kleineren Elementen im Südosten. Manche Taliban in den unteren und mittleren Rängen unterstützen die Organisation eingeschränkt. Nichtsdestotrotz konnte zwischen 1.6.-20.11.2017 keine Intensivierung der Beziehung zu den Taliban auf einem strategischen Niveau registriert werden (USDOD 12.2017).

 

Drogenanbau

 

In den Jahren 2016 - 2017 haben sich die Flächen zum Mohnanbau für Opium um 63% vergrößert und kommen nun auf 328.000 Hektar; insgesamt verstärkte sich die Opiumproduktion um 87% und damit auf 9.000 metrische Tonnen - die größte Menge in der afghanischen Geschichte. Die stärkste Expansion der Mohanbauflächen war in der Provinz Helmand zu verzeichnen, die als Zentrum der Opiumproduktion erachtet wird: eine Fläche von 144.000 Hektar ist dort dem Mohnanbau gewidmet. Der Mohnanbau hat sich landesweit verstärkt, auch in nördlichen Provinzen, wie z.B. Balkh und Jawzjan (UNODC 11.2017).

 

Unterstützt von ihren internationalen Partnern führt die afghanische Regierung weiterhin Operationen zur Drogenbekämpfung durch. Im gesamten Jahr 2017 wurden von afghanischen Exekutivbehörden 445 solcher Einsätze durchgeführt. Beschlagnahmt wurden dabei: 391kg Heroin, 31kg Morphium, 8.141kg Opium, 2 kg Methamphitamine, 38.547 kg Haschisch, 1.256 kg fester Vorläuferchemikalien, 1.437 flüssige Vorläuferchemikalien und 1.590 Tabletten synthetischer Drogen (MDMA - 3,4-methylenedioxymethamphetamine); diese Beschlagnahmungen führten zu 531 Verhaftungen. Die beschlagnahmte Menge an Opiaten ist die höchste registrierte Menge seit dem Jahr 2012. Auch hat sich der Preis für Opium erheblich reduziert (-41%), was mit einer großen Ernte in Verbindung gebracht wird; reduziert hat sich auch der Heroinpreis (-7%) (UNGASC 27.2.2018).

 

Im letztem Quartal 2017 wurden 750 Hektar Mohnanbauflächen in den Provinzen Nangarhar, Kandahar, Badakhshan, Balkh, Kunar, Kapisa, Laghman, Ghor, Herat, Badghis, Nimroz, Takhar, und Kabul vernichtet. Der UN zufolge wurden in den letzten drei Jahren in den nördlichen Regionen keine Mohnanbauflächen vernichtet, außer in den Provinzen Sar-e Pul und Balkh im Jahr 2017 - wo insgesamt 25 Hektar zerstört wurden. Ebenso wurden im Jahr 2017 im Süden des Landes keine Mohnanbauflächen zerstört; die Ausnahme bildet Kandahar - dort wurden 48 Hektar zerstört (SIGAR 30.1.2018).

 

Quellen:

 

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1.2.1.2.1. Herat

 

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

 

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

 

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

 

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

 

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

 

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

 

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

 

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

 

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

 

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

 

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Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

 

Militärische Operationen in Herat

 

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

 

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

 

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

 

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.2.1.2.2. Balkh

 

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

 

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

 

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

 

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

 

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

 

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

 

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

 

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

 

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

 

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Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

 

Militärische Operationen in Balkh

 

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

 

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

 

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

 

Quellen:

 

ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (23.2.2018):

Islamic State in Afghanistan,

https://www.acleddata.com/2018/02/23/islamic-state-in-afghanistan/ Zugriff 26.3.2018

 

BBC (17.6.2017): Afghan soldier attacks US troops at Camp Sheheen, http://www.bbc.com/news/world-asia-40314612 , Zugriff 28.3.2018

 

BBC (22.4.2017): Afghan casualties in Taliban Mazar-e Sharif attack pass 100, http://www.bbc.com/news/world-asia-39672357 , Zugriff 28.3.2018

 

BFA Staatendokumentation (4.2018): FFM Bericht Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/1430912.html , Zugriff 7.5.2018

 

CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):

Estimated Population of Afghanistan 2017-2018, http://cso.gov.af/Content/files/ تخمی

 

%D9%86%20%D9%86%D9%81%D9%88%D8%B3/Final%20Population%201396.pdf, Zugriff 4.5.2018

 

EASO - European Asylum Support Office (12.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_Afghanistan_security_situation_201

7. pdf#page=1&zoom=auto,-468,842, Zugriff 9.3.2018

 

iHLS - Israel's Home Land Security (28.3.2018): 3D Printer to Produce Military Spare Parts On Site, https://i-hls.com/archives/82228 , Zugriff 28.3.2018

 

Khaama Press (16.1.2018): Clashes in Balkh province leaves over 20 militants dead, wounded,

https://www.khaama.com/clashes-in-balkh-province-leaves-over-20-militants-dead-wounded- 04273/, Zugriff 29.3.2018

 

Khaama Press (20.8.2017): Taliban rejects Ata Mohammad Noor's claims during Balkh operations,

https://www.khaama.com/taliban-rejects-ata-mohammad-noors-claims-duringbalkh-operations-03394/ , Zugriff 28.3.2018

 

Pajhwok (21.8.2017): Balkh's Chamtal district cleaned up from rebels,

https://www.pajhwok.com/en/2017/08/21/balkh ’s-chamtal-district-cleaned-rebels, Zugriff 28.3.2018

 

Pajhwok (10.7.2017): 60 rebels killed, 100 wounded in Balkh, Jawzjan operations,

https://www.pajhwok.com/en/2017/07/10/60-rebels-killed-100-wounded-balkh-jawzjanoperations , Zugriff 28.3.2018

 

Pajhwok (7.6.2017): Poverty alleviation project launched in Balkh, https://www.pajhwok.com/en/2017/06/07/poverty-alleviation-project-launched-balkh , Zugriff 28.3.2018

 

Pajhwok (o.D.y): Background Profile of Balkh, http://elections.pajhwok.com/en/content/background-profile-balkh , Zugriff 28.3.2018

 

PT - Pakistan Today (6.3.2018): Taliban key commander among 4 killed in Afghan northern Balkh province, https://www.pakistantoday.com.pk/2018/03/06/taliban-key-commander-among- 4-killed-in-afghan-northern-balkh-province/, Zugriff 28.3.2018

 

Reuters (22.3.2018): Powerful Afghan governor defying President Ghani agrees to go,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-governor/powerful-afghan-governor-defyingpresident-ghani-agrees-to-go-idUSKBN1GY1PU , Zugriff 28.3.2018

 

RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (23.3.2018): Powerful Afghan Governor Resigns, Ending Standoff With Ghani, https://en.radiofarda.com/a/afghanistan-powerfulgovernor-resigns-noor-ghani/29116004.html , Zugriff 28.3.2018

 

RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (9.2015):

Afghanistan's New Northern Flash Points, http://www.rferl.org/fullinfographics/infographics/27013992.html?nocache=0 , Zugriff 28.3.2018

 

Tolonews (24.3.2018): New Balkh Governor Vows To Fight Corruption, Ensure Security,

https://www.tolonews.com/afghanistan/new-balkh-governor-vows-fight-corruption-ensuresecurity , Zugriff 28.3.2018

 

Tolonews (18.3.2018): Dozens Of Insurgents Killed In ANSF Operations,

https://www.tolonews.com/afghanistan/52-insurgents-killed-or-wounded-ansf-operations , Zugriff 28.3.2018

 

Tolonews (7.3.2018): Taliban Local Commander Killed In Balkh Clash, https://www.tolonews.com/afghanistan/taliban-local-commander-killed-balkh-clash , Zugriff 28.3.2018

 

Tolonews (22.4.2017): 209 Shaheen Corps: The Base The Taliban Attacked,

https://www.tolonews.com/afghanistan/209-shaheen-corps-base-taliban-attacked , Zugriff 28.3.2018

 

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (2.2018):

Afghanistan: Protection of Civilians in Armed Conflict - Annual Report 2017,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/15_february_2018_-

 

_afghanistan_civilian_casualties_in_2017_-_un_report_english_0.pdf, Zugriff 1.3.2018

 

UN OCHA (4.2014): Balkh Province District Atlas, https://www.humanitarianresponse.info/sites/ www.humanitarianresponse.info/files/Balkh.pdf , Zugriff 9.3.2018

 

1.2.1.2.4. Erreichbarkeit

 

Die Infrastruktur bleibt ein kritischer Faktor für Afghanistan, trotz der seit 2002 erreichten Infrastrukturinvestitionen und -optimierungen (TD 5.12.2017). Seit dem Fall der Taliban wurde das afghanische Verkehrswesen in städtischen und ländlichen Gebieten grundlegend erneuert. Beachtenswert ist die Vollendung der "Ring Road", welche Zentrum und Peripherie des Landes sowie die Peripherie mit den Nachbarländern verbindet (TD 26.1.2018). Investitionen in ein integriertes Verkehrsnetzwerk zählen zu den Projekten, die systematisch geplant und umgesetzt werden. Dies beinhaltet beispielsweise Entwicklungen im Bereich des Schienenverkehrs und im Straßenbau (z.B. Vervollständigung der Kabul Ring Road, des Salang-Tunnels, etc.) (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Verkehrsunfälle sind in Afghanistan keine Seltenheit; jährlich sterben Hunderte von Menschen bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen im ganzen Land - vor allem durch unbefestigte Straßen, hohe Geschwindigkeiten und Nachlässigkeit der Fahrer während der Fahrt (KT 17.2.2017; vgl. IWPR 26.3.2018). Die Präsenz von Aufständischen sowie Zusammenstöße zwischen letzteren und den Sicherheitskräften entlang einiger Straßenabschnitte gefährden die Sicherheit auf den Straßen. Einige Beispiele dafür sind die Straßenabschnitte Kandahar-Uruzgan (Pajhwok 28.4.2018), Ghazni-Paktika (Reuters 5.5.2018), Kabul-Logar (Tolonews 21.7.2017) und Kunduz-Takhar (Tolonews 12.5.2017).

 

Ring Road

 

Straßen wie die "Ring Road", auch bekannt als "Highway One", die das Landesinnere ringförmig umgibt, sind nun asphaltiert und machen das Land für Reisen und die Wirtschaft zugänglicher (HP 9.10.2015; vgl. FES 2015). Die afghanische Ring Road verbindet Kabul mit den vier bedeutendsten Provinzhauptstädten Herat, Kandahar City, Jalalabad und Mazar-e Sharif (USAID 2014; vgl. TG 22.10.2014, BFA Staatendokumentation 4.2018). Die Ring Road ist Teil eines Autobahnprojekts von 3.360 km Länge, das 16 Provinzen mit den größten Städten Afghanistans, Kabul, Mazar, Herat, Ghazni und Jalalabad, verbinden soll (Tolonews 9.12.2017). Die asiatische Entwicklungsbank (Asian Development Bank - ADB, Anm.) genehmigte 150 Millionen USD, um die Kabul Ring Road fertig zu stellen. Die fehlenden 151 Kilometer sollen künftig den Distrikt Qaisar (Provinz Faryab, Anm.) mit Dar-e Bum (Provinz Badghis, Anm.) verbinden. Dieses Straßenstück ist der letzte Teil der 2.200 km langen Straße, welche die großen Städte Afghanistans miteinander verbindet. Mittlerweile leben mehr als 80% der Afghanen weniger als 50 km von der Ring Road entfernt. Die Fernstraße wird in diesem Projekt außerdem mit einem Entwässerungssystem ausgestattet, als auch mit weiteren modernen Sicherheitsfunktionen. Durch das Ring Road Projekt sollen regionale Verbindungen erleichtert und die Qualität der Transportdienste verbessert werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

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(TD 5.12.2017)

 

USAID hat ebenso in die Errichtung und Erhaltung von mehr als 2.000 Kilometern Straße in Afghanistan investiert, um Reise- und Warenbewegung zu fördern - dies gilt insbesondere für die Ring Road (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Autobahnabschnitt Kandahar - Kabul - Herat

 

Die afghanische "Ring Road" verbindet große afghanische Städte wie Herat, Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul (TD 12.4.2018). Sie erstreckt sich südlich von Kabul und ist die Hauptverbindung zwischen der Hauptstadt und der großen südlichen Stadt Kandahar (Reuters 13.10.2015). Der Kandahar-Kabul Teil der Ring Road erstreckt sich vom östlichen und südöstlichen Teil Kandahars über die Provinz Zabul nach Ghazni in Richtung Kabul, während die Ring Road westlich von Kandahar nach Gereshk in Helmand und Delaram in Nimroz verläuft (ISW o.D.). Ein Teil der Ring Road verbindet die Provinz Kandahar mit Lashkargah, der Hauptstadt der Provinz Helmand (Xinhua 1.11.2015; vgl. UPI 1.11.2015).

 

Der Autobahnabschitt zwischen Kabul und Herat beträgt 1.400 km (IWPR 26.3.2018). Die an die Ring-Road anknüpfende 218 km lange Zaranj-Dilram-Autobahn (Provinz Nimroz, Anm.), auch "Route 606" genannt, soll zukünftig Afghanistan mit Chabahar im Iran verbinden (AD 15.8.2017; vgl. TET 9.8.2017, TD 24.5.2017).

 

Anrainer beschweren sich über den schlechten Zustand des Autobahnabschnitts Kandahar-Kabul-Herat (Tolonews 14.3.2018). Ursachen dafür sind die mangelnde Instandhaltung und ständige Angriffe durch Aufständische (IWPR 26.3.2018).

 

Autobahnabschnitt Baghlan-Balkh

 

Die Baghlan-Balkh-Autobahn ist Teil der Ring Road und verbindet den Norden mit dem Westen des Landes. Sie gilt als eine unabdingbare Transitroute zwischen der Hauptstadt der Provinz Baghlan, Pul-e Khumri, und den nordwestlichen Provinzen Samangan, Balkh, Jawjzan, Sar-e Pul und Faryab. In der Vergangenheit versuchten die Taliban mehrmals ihre Präsenz auf der Route zu verstärken (AAN 15.8.2016).

 

Autobahnabschnitt Gardez - Khost (NH08)

 

Die Gardez-Khost-Autobahn, auch "G-K-Autobahn" genannt, ist 101,2 km lang (USAID 7.11.2016; vgl.: Pajhwok 15.12.2015) und verbindet die Provinzhauptstadt der Provinz Paktia, Gardez, mit Khost City, der Provinzhauptstadt von Khost (Pajhwok 15.12.2015). Sie verbindet aber auch Ostafghanistan mit der Ghulam-Khan-Autobahn in Pakistan. Mitte Dezember 2015 wurde die sanierte Gardez-Khost Autobahn eröffnet. Ebenso wurden 410 kleine Brücken und 25 km Schutzwände auf dieser Autobahn errichtet (Pajhwok 15.12.2015; vgl. auch: USAID 7.11.2016).

 

Grand Trunk Road

 

Die Grand Trunk Road, auch bekannt als "G.T. Road", ist die älteste, längste und bekannteste Straße des indischen Subkontinentes (GS o. D.; vgl. Doaks o.D., EIPB 2006). Die über 2.500 km lange Route beginnt in der bangladeschischen Stadt Chittagong, verläuft über Delhi in Indien, Lahore und Peshawar in Pakistan, den Khyber Pass an der afghanisch-pakistanischen Grenze und endet in Kabul (Samaa 9.8.2017; vgl. Scroll 4.5.2018, EIPB 2006). Der Khyber-Pass erstreckt sich über 53 km durch das Safed-Koh-Gebirge und ist eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Afghanistan und Pakistan; er verbindet Kabul mit Peshawar (EB 30.3.2017; vgl. BL o.D., NG o.D.).

 

Autobahnabschnitt Jalalabad-Peshawar / Pak-Afghan-Highway

 

Die Torkham-Peshawar Autobahn verbindet Jalalabad mit Peshawar in Pakistan, über die afghanische Grenzstadt Torkham in der Provinz Nangarhar. Sie ist eine der am stärksten befahrenen Straßen Afghanistans. Der afghanische Teil der Straße besteht aus zwei Abschnitten: die 76 km langen Torkham-Jalalabad-Straße und die Jalalabad-Kabul-Verbindung, die sich über 155 km erstreckt (ET 27.10.2016). Die Straße, die auch als "Pak-Afghan Highway" bekannt ist, wird als Wirtschaftsroute zwischen Pakistan, Afghanistan, Usbekistan, Tadschikistan und den südasiatischen Ländern genutzt (ET 7.3.2016; vgl. Pajhwok 28.8.2015, PCQ o.D.).

 

Autobahnabschnitte Kabul-Bamyan und Bamyan-Mazar-e Sharif

 

Am 29.8.2016 wurde die Straße Kabul-Bamyan eingeweiht. Das von der italienischen Agentur für Entwicklung finanzierte Straßenprojekt sollte die Verbindung zwischen Kabul und Bamyan erleichtern und den wirtschaftlichen Aufschwung in der Region fördern. Durch die neu errichtete Straße beträgt die Reisezeit von Kabul nach Bamyan zweieinhalb Stunden (Farnesina 29.8.2016).

 

Ausgeführt durch ein chinesisches Unternehmen, wurde der Startschuss zur Weiterführung des Projektes "Dare-e-Sof and Yakawlang Road" gegeben. In der ersten, bereits beendeten Phase, wurde Mazar-e Sharif mit dem Distrikt Yakawlang in der Provinz Bamyan durch eine Straße verbunden. Der zweite Teil dieses Projektes, eine 178 km lange Straße, die durch mehr als 37 Dörfer verlaufen soll, wird den Distrikt Dare-e-Sof in der Provinz Samangan mit dem Distrikt Yakawlang verbinden; angedacht ist eine dritte Phase - dabei sollen die Provinzen Bamyan und Kandahar durch eine 550 km lange Straße verbunden werden (Xinhua 9.1.2017).

 

Kabul Ring Road

 

Mitte September 2017 gewährte die islamische Entwicklungsbank (IDB) der afghanischen Regierung ein langfristiges Darlehen im Wert von 74 Millionen USD zum Bau der Kabul-Ring-Road, die sich über eine Strecke von 95 km erstrecken wird; die Straße soll innerhalb von fünf Jahren gebaut werden (TKT 25.9.2017).

 

Salang Tunnel/Salang Korridor

 

Der Salang-Korridor gilt als Vorzeigeobjekt des Kalten Krieges und wurde im Jahr 1964 zum ersten Mal eröffnet (TD 21.10.2015). Er ist die einzige direkte Verbindung zwischen der Hauptstadt Kabul und dem Norden des Landes (WP 22.1.2018; TD 21.10.2015). Der Salang-Tunnel ist 2.7 km (1.7 Meilen) lang und wurde für den täglichen Verkehr von 1.000 bis 2.000 Fahrzeugen gebaut. Heute befahren ihn jedoch täglich über 10.000 Transportmittel, was den Bedarf an Instandhaltungsarbeiten erhöht (WP 22.1.2018). Durch das von der Weltbank finanzierte Trans-Hindukush Road Connectivity Project soll bis 2022 u.a. der Salang-Korridor dank einer Förderung von 55 Millionen USD renoviert werden (TWB o.D.; vgl. RW 6.7.2017).

 

Transportwesen

 

Das Transportwesen in Afghanistan gilt als "verhältnismäßig gut". Es gibt einige regelmäßige Busverbindungen innerhalb Kabuls und in die wichtigsten Großstädte Afghanistans (UB 3.2016; vgl. IE o.D.). Die Kernfrage bleibt nach wie vor die Sicherheit (IWPR 26.3.2018; vgl. Reuters 13.6.2016, UB 3.2016). Es existieren einige nationale Busunternehmen, welche Mazar-e Sharif, Kabul, Herat, Jalalabad und Bamiyan miteinander verbinden; Beispiele dafür sind Bazarak Panjshir, Herat Bus, Khawak Panjshir, Ahmad Shah Baba Abdali (vertrauliche Quelle 14.5.2018; vgl. IWPR 26.3.2018).

 

Aus Bequemlichkeit bevorzugen Reisende, die es sich leisten können, die Nutzung von Gemeinschaftstaxis nach Mazar-e Sharif, Kabul, Herat, Jalalabad und Bamiyan (vertrauliche Quelle 14.5.2018). Der folgenden Tabelle können die Preise für besagte Reiseziele entnommen werden:

 

 

Distanz

Preis

Kabul - Mazar

1.500 AFN - 1.700 AFN

Mazar - Herat

ca. 2.800 AFN (keine direkte Verbindung)

Kabul - Jalalabad

ca. 800 AFN

Kabul - Bamiyan

ca. 1.500 AFN

  

 

(vertrauliche Quelle 14.5.2018)

 

Beispiele für Busverbindungen

 

Kabul-Stadt

 

Der Mangel an Bussen insbesondere während der Stoßzeit in Kabul-Stadt ist eine Herausforderung für die afghanische Regierung. Im Laufe der Jahre wurde versucht, dieses Problem zu lösen, indem Indien dem staatlichen Busunternehmen "Afghan Milli Bus Enterprise" Busse zur Verfügung stellte (AZ 26.7.2015). Bis Ende 2018 sollen 350 Busse durch indische Hilfsgelder instand gesetzt werden (Khaama Press 27.11.2017). Auch wird gemäß Aussagen des Bürgermeisters von Kabul ein Projekt zur Einrichtung eines Metro-Bus-Dienstes, auch Bus Rapid Transit genannt, in Kabul-Stadt geplant, der 2018 vollendet werden soll. Die erste Strecke soll 8 km abdecken und Deh Afghana mit Sara-e-Shamali verbinden, während die zweite Route vom Baraki Platz bis Deh Afghana über Kote Sangi und Deh Mazang verlaufen soll. Insgesamt sollen 111 km innerhalb der Stadt durch den Metro-Bus-Dienst abgedeckt werden (Khaama Press 12.9.2017; vgl. Tolonews 15.6.2017).

 

Mazar-e Sharif

 

Es gibt einige Busverbindungen zwischen Mazar-e Sharif und Kabul. Bis zu 50 unterschiedliche Unternehmen bieten 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, Fahrten von und nach Kabul an. Ausführende Busunternehmen sind beispielsweise Bazarak Panjshir Bus, Hesarak Panjshir Bus, Jawid Bus, Khorshid Bus und Jabal Seraj Bus. Die Preise pro Passagier liegen zwischen 400 und 1.000 Afghani und hängen stark vom Komfort im Bus ab. So kann man zum Beispiel in einem Bus der Marke Mercedes Benz mit Toiletten, Kühlschränken und Internet reisen. Busreisen gelten als relativ günstig (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Ahmad Shah Baba Abdali Bus Service

 

Gemäß einem Sprecher des Verkehrsministeriums gehörte das Busunternehmen Ahmad Shah Baba Abdali im Jahr 2017 zu den führenden Transportunternehmen des Landes. In den letzten Jahren war das Busunternehmen in zahlreiche Verkehrsunfälle auf der Kandahar-Kabul-Herat-Route involviert. Verschiedenen Quellen zufolge wurden zu hohe Geschwindigkeit, Drogenkonsum der Fahrer, Angst vor Angriffen und die schlechten Straßenbedingungen als Gründe für die hohe Anzahl an Verkehrsunfällen angeführt (IWPR 26.3.2018). Laut einem offiziellen Vertreter der Firma ist Ahmad Shah Baba Abdali das größte Busunternehmen Afghanistans. Die Busse dieser Firma transportieren Passagiere von Kandahar nach Kabul, Helmand, Nimroz, Herat und in andere Provinzen (Pajhwok 18.3.2015).

 

Beispiele für Buspreise

 

 

Distanz

Preis

Kabul - Mazar

400 AFN - 600 AFN

Mazar - Herat

1.500 AFN - 2.000 AFN (keine direkte Verbindung; zuerst Mazar - Kabul und dann Kabul - Herat z.B.)

Kabul - Jalalabad

300 AFN - 600 AFN

Kabul - Bamiyan

ca. 1.000 AFN - 1.500 AFN

  

 

(vertrauliche Quelle 14.5.2018)

 

Flugverbindungen

 

Der folgenden Karte können Informationen über aktive Militär-, Regional- und internationale Flughäfen in den verschiedenen Städten Afghanistans entnommen werden.

 

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Anmerkung der Staatendokumentation: Zu beachten ist, dass es innerhalb von kurzer Zeit zu Änderungen der Flugverbindungen kommen kann und in der Karte ausschließlich jene Flughäfen eingetragen sind, die laut Quellen am 8.5.2018 Linienverbindungen für Passagiere oder eine geplante Flugbewegung im Zeitraum bis sieben Tage nach der Abfrage aufwiesen.

 

(BFA Staatendokumentation 8.5.2018, Flughafenkarte; vgl. Migrationsverket 4.5.2018).

 

Internationale Flughäfen in Afghanistan

 

In Afghanistan gibt es insgesamt vier internationale Flughäfen; alle vier werden für militärische und zivile Flugdienste genutzt (Migrationsverket 23.1.2018). Trotz jahrelanger Konflikte verzeichnet die afghanische Luftfahrtindustrie einen Anstieg in der Zahl ihrer wettbewerbsfähigen Flugrouten. Daraus folgt ein erleichterter Zugang zu Flügen für die afghanische Bevölkerung. Die heimischen Flugdienste sehen sich mit einer wachsenden Konkurrenz durch verschiedene Flugunternehmen konfrontiert. Flugrouten wie Kabul - Herat und Kabul - Kandahar, die früher ausschließlich von Ariana Afghan angeboten wurden, werden nun auch von internationalen Fluggesellschaften abgedeckt (AG 3.11.2017).

 

Internationaler Flughafen Kabul

 

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (Tolonews 18.12.2017; vgl. HKA o.D.). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in "Internationaler Flughafen Hamid Karzai" umbenannt. Er liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neues internationales Terminal wurde hinzugefügt und das alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (HKA o. D.). Projekte zum Ausbau des Flughafens sollen gemäß der Afghanistan's Civil Aviation Authority (ACAA) im Jahr 2018 gestartet werden (Tolonews 18.12.2017).

 

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

 

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh, eröffnet (Pajhwok 9.6.2013). Nachdem der Flughafen Mazar-e Sharif derzeit die Anforderungen eines erhöhten Personen- und Frachtverkehrsaufkommens nicht erfüllt, ist es notwendig, den Flughafen nach internationalen Standards auszubauen, inklusive entsprechender Einrichtungen der Luftraumüberwachung und der Flugverkehrskontrolle. Die afghanische Regierung will dieses Projekt gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung und finanzieller Unterstützung des ADFD (Abu Dhabi Fund for Development) angehen. Langfristig soll der Flughafen als internationaler Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa und Asien die wirtschaftliche Entwicklung der Region entscheidend verbessern. Der im Juni 2017 eröffnete Flugkorridor zwischen Afghanistan und Indien beinhaltet derzeit nur Flüge von Kabul und Kandahar nach Indien; zukünftig sind Frachtflüge von Mazar-e Sharif nach Indien angedacht (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Kam Air - eine private afghanische Fluglinie, führt seit kurzem auch internationale Flüge nach Delhi durch. Diese Flüge werden als nutzbringend für die afghanische Bevölkerung im Norden angesehen - sowohl wirtschaftlich als auch insbesondere für jene, die spezielle medizinische Behandlungen benötigen. Indien (Delhi) ist die fünfte internationale Destination, die vom Flughafen Mazar-e Sharif aus angeflogen wird. Die anderen sind Türkei, Iran, Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien. Die Stadt Herat wird in Zukunft von Kam Air zweimal wöchentlich von Neu-Delhi aus angeflogen werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Internationaler Flughafen Kandahar

 

Der internationale Flughafen Kandahar befindet sich 16 km von Kandahar-Stadt entfernt und ist einer der größten Flughäfen des Landes (MB o.D.). Er hat 37 Stellplätze für insgesamt 250 Flugzeuge (Pajhwok 3.6.2015). Der Flughafen ist Ziel nationaler sowie internationaler Flüge z.B. aus Indien, Iran, Dubai und anderen Abflugsorten (Pajhwok 3.6.2015; vgl. Pajhwok 16.9.2017). Ein Teil des Flughafens steht den internationalen Streitkräften zur Verfügung. Eine separate Militärbasis für einen Teil des afghanischen Heeres ist dort ebenso zu finden, wie Gebäude für Firmen (Pajhwok 3.6.2015; LCA 5.1.2018).

 

Internationaler Flughafen Herat

 

Der internationale Flughafen Herat befindet sich 10 km von der Provinzhauptstadt Herat entfernt. Der Flughafen wird u.a. von den Sicherheitskräften der ISAF benutzt, die einen Stützpunkt neben dem Flughafen haben. 2011 wurde ein neues Terminal mit Finanzierung der italienischen Regierung errichtet (HIA o.D.). Seit 2012 gilt er als internationaler Flughafen (Telesur 13.7.2017; vgl. TN 15.7.2017, Pajhwok 13.2.2012, DW 10.4.2013), von wo aus Flüge in den Iran, nach Pakistan, Dubai oder Tadschikistan gehen (HIA o.D.).

 

Zugverbindungen

 

In Afghanistan existieren insgesamt drei Zugverbindungen: Eine Linie verläuft entlang der nördlichen Grenze zu Usbekistan (von Hairatan nach Mazar-e Sharif, Anm.) und zwei kurze Strecken verbinden Serhetabat in Turkmenistan mit Torghundi (in der Provinz Herat, Anm.) und Aqina (in der Provinz Faryab, Anm.) in Afghanistan (RoA 23.2.2018; vgl. RoA o.D.a, RFE/RL 29.11.2016; vgl. vertrauliche Quelle 16.5.2018). Alle drei Zugverbindungen sind für den Transport von Fracht gedacht, wobei sie prinzipiell auch Passagiere transportieren könnten (vertrauliche Quelle 16.5.2018). Die afghanischen Machthaber lehnten lange Zeit den Bau von Eisenbahnen in Afghanistan ab, aus Angst, ausländische Mächte könnten ihre Unabhängigkeit gefährden (RoA o.D.a).

 

Im Laufe des Jahres 2017 fanden verschiedene Treffen zwischen Repräsentanten Afghanistans und seiner Nachbarstaaten u.a. zur Förderung und Vertiefung bestehender Projekte zur Implementierung von Zugverbindungen wie dem Five-Nation Railway Corridor und dem Afghanistan Rail Network statt (TD 26.1.2018). Das Five-Nation Railway Corridor Projekt soll China mit dem Iran verbinden und Kirgisistan, Tadschikistan und Afghanistan über eine Länge von insgesamt 2.100 km durchqueren. Mehr als 1.000 km des Eisenbahnkorridors werden durch die afghanischen Provinzen Herat, Badghis, Faryab, Jawzjan, Balkh und Kunduz verlaufen und sollen zum Teil von der Asian Development Bank (ADB) finanziert werden (MoFA o. D.a; vgl. Tolonews 14.2.2018). Der Afghanistan Rail Network Plan (ANRP) hat das Ziel, den Transport in den Bereichen Landwirtschaft, Fertigung, Bergbau und anderen Branchen zu fördern. Die Afghanistan Railway Authority (ARA) ist verantwortlich für den ANRP. Bereits gebaut wurde die 75 km lange Eisenbahnstrecke zwischen Hairatan und Mazar-e Sharif in Balkh (MoFA o.D.b; vgl. RoA o.D.b). Die Bauarbeiten zur Errichtung einer Eisenbahnverbindung zwischen der iranischen Stadt Khaf und dem afghanischen Herat sind im Gange (RoA 23.1.2018; vgl. ID 11.4.2018). Im November 2017 wurde zwischen Afghanistan und weiteren fünf Staaten das sogenannte Lapislazuli-Korridor-Abkommen unterzeichnet, das u.a. den Bau von Eisenbahnverbindungen im Land vorsieht (SIGAR 4.2018).

 

Quellen

 

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Vertrauliche Quelle (16.5.2018): auf u.a. afghanische Eisenbahnen spezialisierter britischer Journalist; Antwortschreiben liegt bei der Staatendokumentation auf

 

Vertrauliche Quelle (14.5.2018): ehemaliger lokaler Mitarbeiter einer internationalen Organisation in Kabul, Mazar und Herat; Antwortschreiben liegt bei der Staatendokumentation auf

 

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Afghanistan struggles to maintain a treacherous mountain trade route,

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1.2.1.2.5. Rechtsschutz / Justizwesen

 

Gemäß Artikel 116 der Verfassung ist die Justiz ein unabhängiges Organ der Islamischen Republik Afghanistan. Die Judikative besteht aus dem Obersten Gerichtshof (Stera Mahkama, Anm.), den Berufungsgerichten und den Hauptgerichten, deren Gewalten gesetzlich geregelt sind. (Casolino 2011). Die wichtigste religiöse Institution des Landes ist der Ulema-Rat (Afghan Ulama Council - AUC, Shura-e ulama-e afghanistan, Anm.), eine nationale Versammlung von Religionsgelehrten, die u.a. den Präsidenten in islamrechtlichen Angelegenheiten berät und Einfluss auf die Rechtsformulierung und die Auslegung des existierenden Rechts hat (USDOS 15.8.2017; vgl. AB 7.6.2017, AP o.D.).

 

Das afghanische Justizwesen beruht sowohl auf dem islamischen [Anm.:

Scharia] als auch auf dem nationalen Recht; letzteres wurzelt in den deutschen und ägyptischen Systemen (NYT 26.12.2015; vgl. AP o.D.).

Die rechtliche Praxis in Afghanistan ist komplex: Einerseits sieht die Verfassung das Gesetzlichkeitsprinzip und die Wahrung der völkerrechtlichen Abkommen, einschließlich Menschenrechtsverträge, vor, andererseits formuliert sie einen unwiderruflichen Scharia-Vorbehalt. Ein Beispiel dieser Komplexität ist das neue Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist (AP o.D.; vgl. vertrauliche Quelle 10.4.2018). Die Organe der afghanischen Rechtsprechung sind durch die Verfassung dazu ermächtigt, sowohl das formelle als auch das islamische Recht anzuwenden (AP o.D.).

 

Das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren ist in der Verfassung verankert, wird aber in der Praxis selten umgesetzt. Die Umsetzung der rechtlichen Bestimmungen ist innerhalb des Landes uneinheitlich. Dem Gesetz nach gilt für alle Bürger/innen die Unschuldsvermutung und Angeklagte haben das Recht, beim Prozess anwesend zu sein und Rechtsmittel einzulegen; jedoch werden diese Rechte nicht immer respektiert. Bürger/innen sind bzgl. ihrer Verfassungsrechte oft im Unklaren und es ist selten, dass Staatsanwälte die Beschuldigten über die gegen sie erhobenen Anklagen genau informieren. Die Beschuldigten sind dazu berechtigt, sich von einem Pflichtverteidiger vertreten und beraten zu lassen; jedoch wird dieses Recht aufgrund eines Mangels an Strafverteidigern uneinheitlich umgesetzt (USDOS 20.4.2018). In Afghanistan existieren keine Strafverteidiger nach dem westlichen Modell; traditionell dienten diese nur als Mittelsmänner zwischen der anklagenden Behörde, dem Angeklagten und dem Gericht. Seit 2008 ändert sich diese Tendenz und es existieren Strafverteidiger, die innerhalb des Justizministeriums und auch außerhalb tätig sind (NYT 26.12.2015). Der Zugriff der Anwälte auf Verfahrensdokumente ist oft beschränkt (USDOS 3.3.2017) und ihre Stellungnahmen werden während der Verfahren kaum beachtet (NYT 26.12.2015). Berichten zufolge zeigt sich die Richterschaft jedoch langsam respektvoller und toleranter gegenüber Strafverteidigern (USDOS 20.4.2018).

 

Gemäß einem Bericht der New York Times über die Entwicklung des afghanischen Justizwesens wurden im Land zahlreiche Fortbildungskurse für Rechtsgelehrte durch verschiedene westliche Institutionen durchgeführt. Die Fortbildenden wurden in einigen Fällen mit bedeutenden Aspekten der afghanischen Kultur (z. B. Respekt vor älteren Menschen), welche manchmal mit der westlichen Orientierung der Fortbildenden kollidierten, konfrontiert. Auch haben Strafverteidiger und Richter verschiedene Ausbildungshintergründe: Während Strafverteidiger rechts- und politikwissenschaftliche Fakultäten besuchen, studiert der Großteil der Richter Theologie und islamisches Recht (NYT 26.12.2015).

 

Obwohl das islamische Gesetz in Afghanistan üblicherweise akzeptiert wird, stehen traditionelle Praktiken nicht immer mit diesem in Einklang; oft werden die Bestimmungen des islamischen Rechts zugunsten des Gewohnheitsrechts missachtet, welches den Konsens innerhalb der Gemeinschaft aufrechterhalten soll (USIP 3.2015; vgl. USIP o.D.). Unter den religiösen Führern in Afghanistan bestehen weiterhin tiefgreifende Auffassungsunterschiede darüber, wie das islamische Recht tatsächlich zu einer Reihe von rechtlichen Angelegenheiten steht. Dazu zählen unter anderem das Frauenrecht, Strafrecht und -verfahren, die Verbindlichkeit von Rechten gemäß internationalem Recht und der gesamte Bereich der Grundrechte (USIP o. D.).

 

Laut dem allgemeinen Islamvorbehalt in der Verfassung darf kein Gesetz im Widerspruch zum Islam stehen. Trotz großer legislativer Fortschritte in den vergangenen 14 Jahren gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia, Gewohnheits-/Stammesrecht) (AA 9 .2016; vgl. USIP o.D., NYT 26.12.2015, WP 31.5.2015, AA 5 .2018). Eine Hierarchie der Normen ist nicht gegeben, so ist nicht festgelegt, welches Gesetz im Fall eines Konflikts zwischen dem traditionellen islamischen Recht und seinen verschiedenen Ausprägungen einerseits und der Verfassung und dem internationalen Recht andererseits zur Anwendung kommt. Diese Unklarheit und eine fehlende Autoritätsinstanz zur einheitlichen Interpretation der Verfassung führen nicht nur zur willkürlichen Anwendung eines Rechts, sondern auch immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen (AA 5 .2018).

 

Das kodifizierte Recht wird unterschiedlich eingehalten, wobei Gerichte gesetzliche Vorschriften oft zugunsten der Scharia oder lokaler Gepflogenheiten missachteten. Bei Angelegenheiten, wo keine klar definierte Rechtssetzung angewendet werden kann, setzen Richter und lokale Schuras das Gewohnheitsrecht (welches auch nicht einheitlich ist, Anm.) durch (USDOS 20.4.2018).

 

Gemäß dem "Survey of the Afghan People" der Asia Foundation (AF) nutzten in den Jahren 2016 und 2017 ca. 20.4% der befragten Afghan/innen nationale und lokale Rechtsinstitutionen als Schlichtungsmechanismen. 43.2% benutzten Schuras und Jirgas, währed 21.4% sich an die Huquq-Abteilung [Anm.: "Rechte"-Abteilung] des Justizministeriums wandten. Im Vergleich zur städtischen Bevölkerung bevorzugten Bewohner ruraler Zentren lokale Rechtsschlichtungsmechanismen wie Schuras und Jirgas (AF 11.2017; vgl. USIP o.D., USDOS 20.4.2018). Die mangelnde Präsenz eines formellen Rechtssystems in ruralen Gebieten führt zur Nutzung lokaler Schlichtungsmechanismen. Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, da die Zentralregierung dort am stärksten ist, während es in den ländlichen Gebieten - wo ungefähr 76% der Bevölkerung leben - schwächer ausgeprägt ist (USDOS 3.3.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). In einigen Gebieten außerhalb der Regierungskontrolle setzen die Taliban ein paralleles auf der Scharia basierendes Rechtssystem um (USDOS 20.4.2018).

 

Die Unabhängigkeit des Justizwesens ist gesetzlich festgelegt; jedoch wird die afghanische Judikative durch Unterfinanzierung, Unterbesetzung, inadäquate Ausbildung, Unwirksamkeit und Korruption unterminiert (USDOS 20.4.2018). Rechtsstaatliche (Verfahrens‑)Prinzipien werden nicht konsequent angewandt (AA 9 .2016). Dem Justizsystem mangelt es weiterhin an der Fähigkeit die hohe Anzahl an neuen und novellierten Gesetzen einzugliedern und durchzuführen. Der Zugang zu Gesetzestexten wird zwar besser, ihre geringe Verfügbarkeit stellt aber für einige Richter/innen und Staatsanwälte immer noch eine Behinderung dar. Die Zahl der Richter/innen, welche ein Rechtsstudium absolviert haben, erhöht sich weiterhin (USDOS 3.3.2017). Im Jahr 2017 wurde die Zahl der Richter/innen landesweit auf 1.000 geschätzt (CRS 13.12.2017), davon waren rund 260 Richterinnen (CRS 13.12.2017; vgl. AT 29.3.2017). Hauptsächlich in unsicheren Gebieten herrscht ein verbreiteter Mangel an Richtern und Richterinnen. Nachdem das Justizministerium neue Richterinnen ohne angemessene Sicherheitsmaßnahmen in unsichere Provinzen versetzen wollte und diese protestierten, beschloss die Behörde, die Richterinnen in sicherere Provinzen zu schicken (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2015 wurde von Präsident Ghani eine führende Anwältin, Anisa Rasooli, als erste Frau zur Richterin des Obersten Gerichtshofs ernannt, jedoch wurde ihr Amtsantritt durch das Unterhaus [Anm.: "wolesi jirga"] verhindert (AB 12.11.2017; vgl. AT 29.3.2017). Auch existiert in Afghanistan die "Afghan Women Judges Association", ein von Richterinnen geführter Verband, wodurch die Rechte der Bevölkerung, hauptsächlich der Frauen, vertreten werden sollen (TSC o.D.).

 

Korruption stellt weiterhin ein Problem innerhalb des Gerichtswesens dar (USDOS 20.4.2017; vgl. FH 11.4.2018); Richter/innen und Anwält/innen sind oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffnete Gruppen (FH 11.4.2018), um Entlassungen oder Reduzierungen von Haftstrafen zu erwirken (USDOS 20.4.2017). Wegen der Langsamkeit, der Korruption, der Ineffizienz und der politischen Prägung des afghanischen Justizwesens hat die Bevölkerung wenig Vertrauen in die Judikative (BTI 2018). Im Juni 2016 errichtete Präsident Ghani das "Anti-Corruption Justice Center" (ACJC), um innerhalb des Rechtssystems gegen korrupte Minister/innen, Richter/innen und Gouverneure/innen vorzugehen, die meist vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt waren (AB 17.11.2017; vgl. Reuters 12.11.2016). Der afghanische Generalprokurator Farid Hamidi engagiert sich landesweit für den Aufbau des gesellschaftlichen Vertrauens in das öffentliche Justizwesen (BTI 2018). Seit 1.1.2018 ist Afghanistan für drei Jahre Mitglied des Human Rights Council (HRC) der Vereinten Nationen. Mit Unterstützung der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) und des Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) arbeitet die afghanische Regierung an der Förderung von Rechtsstaatlichkeit, der Rechte von Frauen, Kindern, Binnenflüchtlingen und Flüchtlingen sowie Zuschreibung von Verantwortlichkeit (HRC 21.2.2018).

 

Quellen:

 

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1253781/4598_1478857553_3-deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-19-10-2016.pdf , Zugriff 10.4.2018

 

AB - Afghan Bios (17.11.2017): Anti-corruption Judicial Center

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AB - Afghan Bios (12.11.2017): Rasooli, Anisa Mrs, http://www.afghan-bios.info/index.php?option=com_afghanbios&id=3353&task=view&total=1&start=0&Itemid=2 , Zugriff 11.4.2018

 

AB - Afghan Bios (7.6.2017): National Ulema Council Afghanistan AUC, http://www.afghan-bios.info/index.php?option=com_afghanbios&id=1218&task=view&total=47&start=19&Itemid=2 , Zugriff 11.4.2018

 

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AP - Archivio Penale (o.D.): Dalla Comunità internazionale, F. Romoli, Il nuovo codice penale afghano tra speranze della comunità internazionale e resistenze interne, http://www.archiviopenale.it/File/Download?codice=ee07681d-820f-4ab2-a953-d41228bf7fd8 , Zugriff 10.4.2018

 

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TSC - The Supreme Court (o.D.): Afghan Women Judges Association, http://supremecourt.gov.af/en/page/association-of-women-judges/44473 , Zugriff 11.4.2018

 

USIP - United States Institute of Peace (3.2015): Islamic Law, Customary Law, and Afghan Informal Justice, https://www.usip.org/sites/default/files/SR363-Islamic-Law-CustomaryLaw-and-Afghan-Informal-Justice.pdf , Zugriff 29.6.2018

 

USIP - United States Institute of Peace (o.D.): Rule of Law in Afghanistan,

http://www.usip.org/programs/projects/rule-of-law-in-afghanistan , Zugriff 29.6.2018

 

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017,

http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2017&dlid=277275 , Zugriff 23.4.2018

 

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2016/sca/265530.htm , Zugriff 10.4.2018

 

Vetrauliche Quelle - in Kabul ansässiger Rechtsanwalt (10.4.2018):

Antwortschreiben, per E-Mail, liegt bei der Staatendokumentation auf

 

USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): International Religious Freedom Report 2017 Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm?year=2017&dlid=281016 , Zugriff 5.6.2018

 

WP - Washington Post (31.5.2015): Afghanistan's justice system is moving faster - maybe too fast, https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistans-justice-system-is-moving-faster--maybe-too-fast/2015/05/28/38e99638-fe70-11e4-8c77-bf274685e1df_story.html?utm_term=.907b60e1b1d9 , Zugriff 13.4.2018

 

1.2.1.2.6. Sicherheitsbehörden

 

In Afghanistan gibt es drei Ministerien, die mit der Wahrung der öffentlichen Ordnung betraut sind: das Innenministerium (MoI), das Verteidigungsministerium (MoD) und das National Directorate for Security (NDS) (USDOS 20.4.2018). Das MoD beaufsichtigt die Einheiten der afghanischen Nationalarmee (ANA), während das MoI für die Streitkräfte der afghanischen Nationalpolizei (ANP) zuständig ist (USDOD 6.2017).

 

Die afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) umfassen militärische, polizeiliche und andere Sicherheitskräfte (CIA 2018). Bestandteile der ANDSF sind die afghanische Nationalarmee (ANA), die afghanische Nationalpolizei (ANP) und die afghanischen Spezialsicherheitskräfte (ASSF). Die ANA beaufsichtigt alle afghanischen Boden- und Luftstreitkräfte inklusive der konventionellen ANA-Truppen, der Luftwaffe (AAF), des ANA-Kommandos für Spezialoperationen (ANASOC) des Spezialmissionsflügels (SMW) und der afghanischen Grenzpolizei (ABP) (die ABP seit November 2017, Anm.). Die ANP besteht aus der uniformierten afghanischen Polizei (AUP), der afghanischen Nationalpolizei für zivile Ordnung (ANCOP), der afghanischen Kriminalpolizei (AACP), der afghanischen Lokalpolizei (ALP), den afghanischen Kräften zum Schutz der Öffentlichkeit (APPF) und der afghanischen Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) (USDOD 6.2017; vgl. USDOD 2.2018, SIGAR 30.4.2018a, Tolonews 6.11.2017). Auch das NDS ist Teil der ANDSF (USDOS 3.3.2017).

 

Die ASSF setzen sich aus Kontingenten des MoD (u. a. dem ANASOC, der Ktah Khas [Anm.: auf geheimdienstliche Anti-Terror-Maßnahmen spezialisierte Einheit] und dem SMW) und des MoI (u.a. dem General Command of Police Special Unit (GCPSU) und der ALP) zusammen (USDOD 6.2017; vgl. USDOD 2.2018).

 

Schätzungen der US-Streitkräfte zufolge betrug die Anzahl des ANDSF-Personals am 31. Jänner 2018 insgesamt 313.728 Mann; davon gehörten 184.572 Mann der ANA an und 129.156 Mann der ANP. Diese Zahlen zeigen, dass sich die Zahl der ANDSF im Vergleich zu Jänner 2017 um ungefähr 17.980 Mann verringert hat (SIGAR 30.4.2018b). Die Ausfallquote innerhalb der afghanischen Sicherheitskräfte variiert innerhalb der verschiedenen Truppengattungen und Gebieten. Mit Stand Juni 2017 betrug die Ausfallquote der ANDSF insgesamt 2.31%, was im regulären Dreijahresdurchschnitt von 2.20% liegt (USDOD 6.2017).

 

Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. In einer öffentlichen Erklärung der Taliban Führung zum Beginn der Frühjahrsoffensive 2018 (25. April 2018) hieß es: "Die Operation

 

Al-Khandak wird sich neuer, komplexer Taktiken bedienen, um amerikanische Invasoren und ihre Unterstützer zu zermalmen, zu töten und gefangen zu nehmen". Bereits der Schwerpunkt der Frühjahroffensive 2017 "Operation Mansouri" lag auf "ausländischen Streitkräften, ihrer militärischen und nachrichtendienstlichen Infrastruktur sowie auf der Eliminierung ihres heimischen Söldnerapparats." (AA 5 .2018). Afghanische Dolmetscher, die für die internationalen Streitkräfte tätig waren, wurden als Ungläubige beschimpft und waren Drohungen der Taliban und des Islamischen Staates (IS) ausgesetzt (TG 26.5.2018; vgl. E1 2.12.2017).

 

Weiterführende Informationen über Angriffe auf Einrichtungen der Streitkräfte können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Aktuelle Tendenzen und Aktivitäten der ANDSF

 

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen (AA 9 .2016; vgl. USIP 5.2016); dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt (USDOD 6.2016).

Die USA erhöhten ihren militärischen Einsatz in Afghanistan: Im ersten Quartal des Jahres 2018 wurden US-amerikanische Militärflugzeuge nach Afghanistan gesandt; auch ist die erste U.S. Army Security Force Assistance Brigade, welche die NATO-Kapazität zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte verstärken soll, in Afghanistan angekommen (SIGAR 30.4.2018a). Während eines Treffens der NATO-Leitung am 25.5.2017 wurde verlautbart, dass sich die ANDSF-Streitkräfte zwar verbessert hätten, diese jedoch weiterhin Unterstützung benötigen würden (NATO o. D.).

 

Die ANDSF haben in den vergangenen Monaten ihren Druck auf Aufständische in den afghanischen Provinzen erhöht; dies resultierte in einem Anstieg der Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen auf Zivilisten in der Hauptstadt. Wegen der steigenden Unsicherheit in Kabul verlautbarte der für die Resolute Support Mission (RS) zuständige US-General John Nicholson, dass die Sicherheitslage in der Hauptstadt sein primärer Fokus sei (SIGAR 30.4.2018a). Die ANDSF weisen Erfolge in urbanen Zentren auf, hingegen sind die Taliban in ländlichen Gebieten, wo die Kontrolle der afghanischen Sicherheitskräfte gering ist, erfolgreich (USDOD 6.2017). Für das erste Quartal des Jahres 2018 weisen die ANDSF einige Erfolge wie die Sicherung der Konferenz zum Kabuler Prozess im Februar und den Schutz der Einweihungszeremonie des TAPI-Projekts in Herat auf (SIGAR 30.4.2018a). Nachdem die Operation Shafaq II beendet wurde, sind die ANDSF-Streitkräfte nun an der Operation Khalid beteiligt und unterstützen somit Präsident Ghanis Sicherheitsplan bis 2020 (USDOD 6.2017).

 

Reformen der ANDSF

 

Die afghanische Regierung versucht die nationalen Sicherheitskräfte zu reformieren. Durch die Afghanistan Compact Initiative sollen u.a. sowohl die ANDSF als auch ihre einzelnen Komponenten ANA und ANP reformiert und verbessert werden. Ein vom Joint Security Compact Committee (JSCC) durchgeführtes Monitoring der afghanischen Regierung ergab, dass die für Dezember 2017 gesetzten Ziele des Verteidigungs- und des Innenministeriums zum Großteil erreicht wurden (SIGAR 30.4.2018a). Das Aufstocken des ANASOC, der Ausbau der AAF, die Entwicklung von Führungskräften, die Korruptionsbekämpfung und die Vereinheitlichung der Führung innerhalb der afghanischen Streitkräfte sind einige Elemente der 2017 angekündigten Sicherheitsstrategie der afghanischen Regierung. Auch soll diese im Rahmen der neuen US-amerikanischen Strategie für Südasien Beratung und Unterstützung bei Lufteinsätzen bekommen (TD 1.4.2018).

 

Mit Unterstützung der RS-Mission implementieren und optimieren das MoI und das MoD verschiedene Systeme, um ihr Personal präzise zu verwalten, zu bezahlen und zu beobachten. Ein Beispiel dafür ist das Afghan Human Resource Information Management System (AHRIMS), welches alle Daten inklusive Namen, Rang, Bildungsniveau, Ausweisnummer und aktuelle Position des ANDSF-Personals enthält. Auch ist das Afghan Personnel Pay System (APPS), das die AHRIMS-Daten u.a. mit Vergütungs- und in Lohndaten integrieren wird, in Entwicklung (SIGAR 30.4.2018a; vgl. NATO 21.7.2017).

 

Frauen in den ANDSF

 

Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans besonders herausfordert (BFA Staatendokumentation 3.7.2014). Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 3.7.2014; BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Die Aufnahme afghanischer Frauen in die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANA, ANP und NDS) wurde immer von zahlreichen Herausforderungen begleitet. Die traditionelle afghanische Gesellschaft und patriarchalische Mentalität machen es Frauen schwer, am öffentlichen Leben teilzuhaben, insbesondere in Verteidigungs- und Sicherheitsorganisationen. Aus diesen Gründen erlauben die meisten Familien ihren Töchtern und Frauen nicht, sich den Verteidigungs- und Sicherheitskräften anzuschließen. Auch Unsicherheit ist wahrscheinlich ein starker Grund für das Fehlen von Frauen in den Verteidigungs- und Sicherheitsinstitutionen (AIHRC 9.12.2017).

 

Frauen sind Diskriminierung in verschiedenen Bereichen ausgesetzt, zum Beispiel in Hinsicht bestimmter Rechte und Privilegien, Weiterbildungsmöglichkeiten und den Zugang zu beruflichen Fortbildung im In- und Ausland. Einer Befragung der AIHCR zufolge, an der 648 Frauen teilnahmen (579 in der ANP, 60 in der ANA und zwölf im NDS), gaben die befragten Frauen an, dass in den drei Institutionen Diskriminierung gegen Frauen stattfindet. Einige Gründe, warum Frauen im Verteidigungs- und Sicherheitssektor nicht die gleichen Möglichkeiten zur beruflichen Fortbildung und zur Weiterbildung erhalten, liegen in den Institutionen selbst; andere hängen mit Familie und Gesellschaft zusammen. Ein Anteil der befragten Frauen (17%) in den Provinzen (Kabul, Parwan, Kapisa und Panjshir) gaben gegenüber AIHCR an, keinen Zugang zu geschlechtergetrennten, geeigneten Toiletten und Umkleidebereichen zu haben. Das Fehlen von Umkleidebereichen bietet eine Grundlage für Missbrauch und Belästigung von Frauen und führt dazu, dass viele Frauen den Arbeitsplatz aufgeben. Auch gaben 13,2% der Befragten an, sexuell belästigt worden zu sein. Die Unterschiede beim Ausmaß der Belästigungen in den drei Verteidigungs- und Sicherheitsorganisationen (ANP, ANA und NDS) sind gering, jedoch in der ANP höher als in ANA und NDS (AIHRC 9.12.2017).

 

Im letzten Quartal des Jahres 2017 errichtete das afghanische Innenministerium ein Komitee zur Prävention von sexueller Belästigung und Gewalt; auch wurde eine Arbeitsanweisung dafür errichtet und die Aufgaben der bestellten Mitglieder erarbeitet - Berater/innen der Koalitionspartner sollen dem Komitee zur Seite stehen, um sicherzustellen, dass die Bemühungen gegen sexuelle Belästigung und Gewalt stark und effektiv sind (SIGAR 30.1.2018). Die AIHRC, in Kooperation mit dem afghanischen Verteidigungsministerium und dem Innenministerium erarbeitet derzeit ein Programm für den Ombudsmann, um externe Berichterstattung, Kontrolle und Opferunterstützung für weibliche Mitarbeiter der beiden Ministerien errichten. Dieses Programm soll Mitgliedern der ANDSF und der afghanischen Bevölkerung die Möglichkeit geben, geschlechtsspezifische Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gefahrlos der AIHRC melden zu können (USDOD 12.2017; vgl. AIHRC 9.12.2017).

 

Im Allgemeinen verbesserte sich die Situation der Frauen innerhalb der Sicherheitskräfte seit 2001, wenngleich sexuelle Belästigung und Gewalt sowie geschlechtsspezifische Gewalt die erfolgreiche Integration und Verbleib von Frauen in der ANDSF bedrohen. Um dieses Risiko zu minimieren, hat das Verteidigungsministerium außerdem ein Gender Integration Office gegründet, welches aktiv Leitlinien und Prozesse errichtet, um sexuelles Fehlverhalten zu vermeiden und zu melden. Außerdem bietet das Büro Unterstützung für männliche und weibliche Opfer sexuellen Fehlverhaltens an (USDOD 12.2017).

 

Ein Dutzend Frauen arbeiten in der Crisis Response Unit der afghanischen Polizei. Diese Einheit ist die Ersthelfer bei großen Angriffen. Die konkrete Mitgliederanzahl dieser Einheit ist unbekannt, wird landesweit auf 5.000 Mitglieder geschätzt; von den 254 Planstellen, die für Frauen vorgesehen sind, sind 83 tatsächlich besetzt. Die Frauen nehmen - so wie Männer auch - an den Operationen dieser Einheit teil und sind nicht nur für die Sicherheitskontrolle von Frauen zuständig. Eine der Mitarbeiterinnen dieser Einheit berichtet davon, monatlich 640 USD Grundgehalt zu erhalten (zusätzlich kommen noch kleine Belohnungszahlungen für Kampfoperationen hinzu); sie könne damit ihre Mutter, ihren Bruder und drei junge Kinder versorgen, die bei Verwandten leben, während sie manchmal monatelang auf Einsatz ist (LAT 3.3.2017).

 

Die türkische Polizeiakademie Sivas Police Vocational School hat bisher 1.956 afghanische Männer und 1.027 Frauen polizeilich in der Türkei ausgebildet. Die sechste Ausbildungsklasse für Frauen der afghanischen Nationalpolizei läuft mit Anfang des Jahres 2018; an dieser nehmen derzeit 243 Kandidatinnen teil (HDN 15.2.2018). Auch in Indien wurden bereits 4.000 Mitglileder der afghanischen Nationalpolizei und Nationalarmee in der Vergangenheit ausgebildet. Zum ersten Mal wird in Indien auch weibliches Militärpersonal an der Offiziersakademie in Chennai (Anm.: Bundesstaat Tamil Nadu) zu Offizierinnen ausgebildet. 17 Frauen entstammen der afghanischen Armee selbst, drei aus der Luftwaffe und eine nicht bekannte Anzahl aus Spezialeinheiten sowie weiteren Bereichen des afghanischen Verteidigungsministeriums (NDTV 6.12.2017).

 

Nachdem das von der afghanischen Regierung und der NATO angestrebte Ziel, den Frauenanteil in den ANDSF von 2010 bis 2020 auf 10% zu bringen, nicht realisierbar scheint, setzte sich die Regierung ein neues Ziel: Bis 2025 sollen 5.000 Frauen in die nationale Armee und 10.000 Frauen in die nationale Polizei eintreten (TD 30.4.2018). Nichtsdestotrotz lag am 3. März 2018 der Frauenanteil in den ANDSF bei 4.335, was einen Rückgang um 297 Frauen im Vergleich zum vergangenen Quartal ausmacht. Insgesamt arbeiteten 3.040 Frauen für die ANP, 1.295 für die ANA, 72 für die ASSF und 98 für die AAF.

1.504 waren Offiziere, 1.551 Unteroffiziere, 1.305 einberufenes Personal und 145 Kadetten. Aktuell ist das Women's Participation Program (WPP) im Laufen, eine Initiative zur Steigerung und Förderung des weiblichen Anteils innerhalb der afghanischen Sicherheitsinstitutionen. Das Programm fördert sichere und geschützte Einrichtungen, angemessene Ausrüstung, Ausbildung usw. (SIGAR 30.4.2018a).

 

Geheimdienstliche Tätigkeiten

 

Das Sammeln sowie der Austausch von geheimdienstlichen Daten verbesserte sich sowohl im Verteidigungs- als auch im Innenministerium. Die drei geheimdienstlichen Verbindungszentren, das Network Targeting and Exploitation Center (NTEC) im Innenministerium, das National Military Intelligence Center (NMIC) in der ANA (unter dem Verteidigungsministerium, Anm.) und das Nasrat, auch National Threat Intelligence Center, unter dem NDS, tauschen sich regelmäßig aus (USDOD 6.2017). Obwohl der Austausch von geheimdienstlichen Informationen als Stärke der ANDSF gilt, blieb Mitte 2017 die geheimdienstliche Analyse schwach (USDOD 6.2017). Gemäß einem Bericht von SIGAR finden Ausbildungen zur Verbesserung der geheimdienstlichen Fähigkeiten des MoI und des MoD im Rahmen der Resolute Support Mission statt (SIGAR 30.4.2018a).

 

Das National Directorate for Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist für die Untersuchung von Strafsachen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen. Die Ermittlungsabteilung des NDS betreibt ein Untersuchungsgefängnis in Kabul (USDOS 20.4.2018). Die Bush- und die Obama-Administration konzentrierten sich auf den Ausbau des ANA- und ANP-Personals und vernachlässigten dadurch den afghanischen Geheimdienst. Die Rekrutierungsmethode für NDS-Personal war mit Stand Juli 2017 sehr restriktiv und der Beitritt für Bewerber ohne Kontakte fast unmöglich (TD 24.7.2017).

 

Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)

 

Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption sowie die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit aber auf der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Das Langzeitziel der ANP ist es weiterhin, sich in einen traditionellen Polizeiapparat zu verwandeln. Mit Stand 31. Jänner 2018 betrug das ANP-Personal etwa 129.156 Mann. Im Vergleich zu Jänner 2017 hat sich die Anzahl der ANP-Streitkräfte um 24.841 Mann verringert (SIGAR 30.4.2018b).

 

Quellen zufolge dauert die Grundausbildung für Streifenpolizisten bzw. Wächter acht Wochen. Für höhere Dienste dauern die Ausbildungslehrgänge bis zu drei Jahren (DB 23.3.2010). Lehrgänge für den höheren Polizeidienst finden in der Polizeiakademie in Kabul statt, achtwöchige Lehrgänge für Streifenpolizisten finden in Polizeiausbildungszentren statt, die im gesamten Land verteilt sind (GRIPS 1.2010). Die standardisierte Polizeiausbildung wird nach militärischen Gesichtspunkten durchgeführt, jedoch gibt es Uneinheitlichkeit bei den Ausbildungsstandards. Es gibt Streifenpolizisten, die Dienst verrichten, ohne eine Ausbildung erhalten zu haben (USIP 5.2014). Die Rekrutierungs- und Schulungsprozesse der Polizei konzentrierten sich eher auf die Quantität als auf den Qualitätsausbau und erfolgten hauptsächlich auf Ebene der Streifenpolizisten statt der Führungskräfte. Dies führte zu einem Mangel an Professionalität. Die afghanische Regierung erkannte die Notwendigkeit, die beruflichen Fähigkeiten, die Führungskompetenzen und den Grad an Alphabetisierung innerhalb der Polizei zu verbessern (MoI o.D.).

 

Die Mitglieder der ALP, auch bekannt als "Beschützer", sind meistens Bürger, die von den Dorftältesten oder den lokalen Anführern zum Schutz ihrer Gemeinschaften vor Angriffen Aufständischer designiert werden (SIGAR 30.4.2018a). Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur lokalen Gemeinschaft wurde angenommen, dass die ALP besser als andere Streitkräfte in der Lage sei, die Sachverhalte innerhalb der Gemeinde zu verstehen und somit gegen den Aufstand vorzugehen (AAN 5.7.2017; vgl. AAN 22.5.2018). Die Einbindung in die örtliche Gemeinschaft ist ein integraler Bestandteil bei der Einrichtung der ALP-Einheiten, jedoch wurde die lokale Gemeinschaft in einigen afghanischen Provinzen diesbezüglich nicht konsultiert, so lokale Quellen (AAN 22.5.2018; vgl. AAN 5.7.2017). Finanziert wird die ALP ausschließlich durch das US-amerikanische Verteidigungsministerium und die afghanische Regierung verwaltet die Geldmittel (SIGAR 30.4.2018a; vgl. AAN 31.1.2017).

 

Die Personalstärke der ALP betrug am 8. Februar 2017 etwa 29.006 Mann, wovon 24.915 ausgebildet waren, 4.091 noch keine Ausbildung genossen hatten und 58 sich gerade in Ausbildung befanden (SIGAR 30.4.2018a). Die Ausbildung besteht in einem vierwöchigen Kurs zur Benutzung von Waffen, Verteidigung an Polizeistützpunkten, Thematik Menschenrechte, Vermeidung von zivilen Opfern usw. (AAN 5.7.2017).

 

Die monatlichen Ausfälle der ANP im vorhergehenden Quartal betrugen mit Stand 26. Februar 2018 ca. 2%. Über die letzten zwölf Monate blieben sie relativ stabil unter 3% (SIGAR 30.4.2018a).

 

Afghanische Nationalarmee (ANA)

 

Die afghanische Nationalarmee (ANA) überwacht und kommandiert alle afghanischen Boden- und Luftstreitkräfte (USDOD 6.2017). Die ANA ist für die externe Sicherheit verantwortlich, dennoch besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Aufstand im Land zu bekämpfen (USDOS 20.4.2018).

 

Mit Stand 31. Jänner 2018 betrug der Personalstand der ANA 184.572 Mann. Im Vergleich zum Jänner 2017 ist die Anzahl der ANA-Streitkräfte um 6.861 Mann gestiegen (SIGAR 30.4.2018b). Die monatlichen Ausfälle der ANA im vorhergehenden Quartal betrugen mit Stand 26. Februar 2018 im Durchschnitt 2%. Im letzten Jahr blieben sie relativ stabil unter 2% (SIGAR 30.4.2018a).

 

Quellen zufolge beginnt die Grundausbildung der ANA-Soldaten am Kabul Military Training Center (KMTC) und beträgt zwischen sieben und acht Wochen (RSIS 1.6.2007; vgl. JCISFA 3.2011). Anschließend gibt es verschiedene weiterführende Ausbildungen für Unteroffiziere und Offiziere (JCISFA 3.2011).

 

Resolute Support Mission (RS)

 

Die "Resolute Support Mission" ist eine von der NATO geführte Mission, die mit 1. Jänner 2015 ins Leben gerufen wurde. Hauptsächlich konzentriert sie sich auf Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten auf ministerieller und Behördenebene sowie in höheren Rängen der Armee und Polizei. Die Personalstärke der Resolute Support Mission beträgt 13.000 Mann (durch 39 NATO-Mitglieder und andere Partner). NATO-Generalsekräter Jens Stoltenberg verlautbarte am 9. November 2017, dass sie zukünftig auf 16.000 Mann angehoben werden soll (NATO o.D.). Die RS-Mission befasst sich mit zahlreichen Aspekten bzw. Problematiken der afghanischen Sicherheitsbehörden. Involviert ist die Mission z. B. in die Förderung von Transparenz, in den Kampf gegen Korruption, den Ausbau der Streitkräfte, die Verbesserung des Geheimdienstes usw. (SIGAR 30.4.2018a).

 

Das Hauptquartier befindet sich in Kabul/Bagram mit vier weiteren Niederlassungen in Mazar-e-Sharif im Norden, Herat im Westen, Kandahar im Süden und Laghman im Osten (NATO o.D.). Die US-amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan (United States Forces-Afghanistan, USFOR-A) und die Resolute Support Mission werden von General John Nicholson koordiniert (SIGAR 30.4.2018a; vgl. AJ 16.5.2018). Korruption, Vetternwirtschaft, schwache Führung usw. sind einige der Faktoren, welche die Leistungsfähigkeit der ANDSF unterminieren. Einer Quelle zufolge ist der Einsatz von ausländischen Sicherheitskräften ein wirksames Mittel für die Verbesserung von einigen Bereichen wie die Institutionalisierung einer meritokratischen Anwerbung, Beförderungen im afghanischen Sicherheitsbereich und die Entpolitisierung der ANDSF (TD 24.7.2017).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687286/6029579/19173665/Deutschland___Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Mai_2018),_31.05.2018.pdf?nodeid=19173884&vernum=-2 , Zugriff 11.6.2018

 

AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1253781/4598_1478857553_3-deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-19-10-2016.pdf , Zugriff 22.5.2018

 

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https://www.afghanistan-analysts.org/update-on-the-afghan-local-police-making-sure-they-are-armed-trained-paid-and-exist/ , Zugriff 23.5.2018

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (31.1.2017): Backgrounder:

Literature Review of Local, Community or Sub-State Forces in Afghanistan,

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AIHRC - Afghanistan Independent Human Rights Commission (9.12.2017):

Situation of Women Employed in Defense and Security Sectors, http://www.refworld.org/publisher ,AIHRC,,,5a4f76654,0.html, Zugriff 5.4.2017

 

AJ - Al Jazeera (16.5.2018): Afghanistan: The General, https://www.aljazeera.com/programmes/peopleandpower/2018/05/afghanistan-general-180516110708353.html , Zugriff 22.5.2018

 

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GRIPS Policy Research Center (1.2010): German Experiences in Police Building in Afghanistan,

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TD - The Diplomat (24.7.2017): Fixing Afghanistan's Struggling Security Forces,

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TG - The Guardian (26.5.2018): Afghan interpreters working for UK army 'failed' by government,

https://www.theguardian.com/politics/2018/may/26/afghan-interpreters-uk-army-failed-british-government-commons-report , Zugriff 11.6.2018

 

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https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/pubs/June_2017_1225_Report_to_Congress.pdf , Zugriff 24.4.2018

 

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https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2017/sca/277275.htm , Zugriff 22.5.2018

 

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https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2016/sca/265530.htm , Zugriff 10.4.2018

 

USIP - United States Institute of Peace (5.2016): Afghanistan national defense and security forces, http://www.usip.org/sites/default/files/PW115-Afghanistan-National-Defense-and-Security-Forces-Mission-Challenges-and-Sustainability.pdf , Zugriff 24.5.2018

 

USIP - United States Institute of Peace (5.2014): The Afghan National Police in 2015 and Beyond - Special Report 346, https://www.usip.org/sites/default/files/SR346_The_Afghan_National_Police_in_2015_and_Beyond.pdf , Zugriff 23.5.2018

 

1.2.1.3. Wehrdienst, Wehrdienstverweigerung/Desertion

 

Afghanistan kennt keine Wehrpflicht. Das vorgeschriebene Mindestalter für die freiwillige Meldung beträgt 18 Jahre (CIA 2018; vgl. AA 5 .2018). Da die Tätigkeit als Soldat oder Polizist für den großen Teil der jungen männlichen Bevölkerung eine der wenigen Verdienstmöglichkeiten darstellt, erscheint die Notwendigkeit für Zwangsrekrutierungen jedoch eher unwahrscheinlich (AA 5 .2018).

 

Gemäß dem afghanischen militärischen Strafverfahrenskodex von 2008 wird die permanente Desertion mit einer Haftstrafe von zwei bis fünf Jahren bedroht. Bei Desertionen während einer Sondermission beträgt die maximale Haftstrafe zwischen fünf und fünfzehn Jahren. Eine Abwesenheit von mehr als 24 Stunden wird als unerlaubt definiert [Anm.: Absent without official leave, AWOL]. In der Praxis werden Deserteure jedoch in der Regel nicht rechtlich verfolgt. Im Jahr 2016 wurde ein Soldat wegen Desertion in erster Instanz zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt; Berichten zufolge wurde dies zu einem Medienfall, was u.a. auf die Seltenheit solcher Verurteilungen hinweist und auf die Absicht schließen lässt, ein Exempel zu statuieren (SEM 31.3.2017).

 

2015 musste die afghanische Armee ca. ein Drittel ihrer 170.000 Soldaten wegen Desertion, Verlust bzw. dem niedrigen Anteil an Weiterverpflichtungen ersetzen (Reuters 18.1.2016). Im Jahr 2017 wurde vom Special Inspector General for Afghanistan (SIGAR) festgestellt, dass ca. die Hälfte der afghanischen Soldaten (83 von 152), die in den USA Fortbildungen besuchten, sich während ihres Aufenthalts unerlaubt vom Dienst entfernten; dies könne u.a. negative Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der ANSDF haben (SIGAR 30.10.2017). Dem Kommandanten der US-amerikanischen Truppen in Afghanistan zufolge ist die Zahl der Desertionen im Land gestiegen: Monatlich verlassen mindestens 4.000 Soldaten die ANDSF; diese Aussage wurde am nächsten Tag vom Verteidigungs- und Innenministerium dementiert. Desertionen sind in Afghanistan seit ca. 40 Jahren an der Tagesordnung (SEM 31.3.2017).

 

Als Gründe für Desertion und unerlaubtes Fernbleiben gelten Korruption, die Angst vor den Taliban, niedrige Gehälter, schlechte Lebensbedingungen (FP 20.10.2017; vgl. SEM 31.3.2017). Das Problem der Abwesenheit in der ANA wird ebenso damit begründet, dass Soldaten oftmals nicht in ihrer Heimatprovinz dienen. Viele von ihnen müssen einen langen Reiseweg auf sich nehmen, um in ihre Heimatdörfer zu gelangen und ihren Familien die Löhne geben zu können (CRS 13.12.2017; vgl. USDOD 6.2016, AA 5 .2018). Diese Deserteure werden schon aufgrund der sehr hohen Zahlen bezüglich vorübergehender Abwesenheiten nach Rückkehr zu ihrem ursprünglichen Standort wieder in die Armee aufgenommen (AA 5 .2018). Allerdings ist die Zahl der unerlaubt Abwesenden in den letzten Jahren etwas gesunken, da nun fast jede Bezahlung der ANA-Soldaten elektronisch durchgeführt wird (CRS 13.12.2017).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687286/6029579/19173665/Deutschland___Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_(Stand_Mai_2018),_31.05.2018.pdf?nodeid=19173884&vernum=-2 , Zugriff 6.5.2018

 

CIA - Central Intelligence Agency (2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/af.html , Zugriff 11.5.2018

 

CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 11.5.2018

 

FP - Foreign Policy (20.10.2017): 'Ghost Soldiers': Too Many U.S.-Trained Afghans Are Going AWOL, http://foreignpolicy.com/2017/10/20/ghost-soldiers-too-many-u-s-trained-afghans-are-going-awol/ , Zugriff 12.5.2018

 

Reuters (18.1.2016): Desertion deplete Afghan forces, adding to security worries,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-army-desertions/desertions-deplete-afghan-forces-adding-to-security-worries-idUSKCN0UW1K3 , Zugriff 11.5.2018

 

SEM - Staatssekretariat für Migration (31.3.2017): Note Afghanistan, Désertion: provisions légales et application, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/asien-nahost/afg/AFG-desertion-f.pdf , Zugriff 11.5.2018

 

SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan (30.10.2017):

Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-10-30qr.pdf , Zugriff 11.5.2018

 

USDOD - US Department of Defense (6.2016): Report on Enhancing Security and Stability in Afghanistan, https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/Enhancing_Security_and_Stability_in_Afghanistan-June_2016.pdf , Zugriff 11.5.2018

 

1.2.1.4. Bacha Bazi (Bacha Bazi) - Tanzjungen

 

Bacha Bazi, auch Tanzjungen genannt, sind Buben oder transsexuelle Kinder, die sexuellem Missbrauch und/oder dem Zwang, bei öffentlichen oder privaten Ereignissen zu tanzen, ausgesetzt sind (MoJ 15.5.2017: Art. 653). In weiten Teilen Afghanistans, vor allem in den Rängen von Armee und Polizei, ist der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nach wie vor ein großes Problem. Das Thema ist gesellschaftlich tabuisiert und wird nicht selten unter dem Deckmantel kultureller Gepflogenheiten verschwiegen oder verharmlost. Ein Großteil der Täter hat keinerlei Unrechtsbewusstsein (AA 5 .2018). Mit Inkrafttreten des neuen afghanischen Strafgesetzbuch im Jahr 2018, wurde die Praxis des Bacha Bazi kriminalisiert. Den Tätern drohen bis zu sieben Jahre Haft. Jene, die mehrere Buben unter zwölf Jahren halten, müssen mit lebenslanger Haft rechnen. Das neue afghanische Strafgesetzbuch kriminalisiert nicht nur die Praxis von Bacha Bazi, sondern auch die Teilnahme an solchen Tanzveranstaltungen. Der Artikel 660 des fünften Kapitels beschreibt, dass Beamte der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte (ANSF), die in die Praxis von Bacha Bazi involviert sind, mit durchschnittlich bis zu fünf Jahren Haft rechnen müssen (MoJ 15.5.2017; vgl. LSE 24.1.2018).

 

Üblicherweise sind die Jungen zwischen zehn und 18 Jahre alt (SBS 20.12.2016; vgl. AA 9 .2016); viele von ihnen werden weggeben, sobald sie erste Anzeichen eines Bartes haben (SBS 21.12.2016). Viele der Jungen wurden entführt, manchmal werden sie auch von ihren Familien aufgrund von Armut an die Täter verkauft (SBS 20.12.2016; vgl. AA 5 .2018). Manchmal sind die Betroffenen Waisenkinder und in manchen Fällen entschließen sich Jungen, Bacha Bazi zu werden, um ihre Familien zu versorgen (TAD 9.3.2017). Die Jungen und ihre Familien werden oft von ihrer sozialen Umgebung verstoßen; eine polizeiliche Aufklärung findet nicht statt (AA 5 .2018).

 

1.2.1.5. Allgemeine Menschenrechtslage

 

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen erhebliche Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine starke Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen (AA 5 .2018).

 

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsfragen zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen, willkürliche Verhaftungen, Festnahmen (u. a. von Frauen wegen "moralischer Straftaten") und sexueller Missbrauch von Kindern durch Mitglieder der Sicherheitskräfte. Weitere Probleme sind Gewalt gegenüber Journalisten, Verleumdungsklagen, durchdringende Korruption und fehlende Verantwortlichkeit und Untersuchung bei Fällen von Gewalt gegen Frauen. Diskriminierung von Behinderten, ethnischen Minderheiten sowie aufgrund von Rasse, Religion, Geschlecht und sexueller Orientierung, besteht weiterhin mit geringem Zuschreiben von Verantwortlichkeit. Die weit verbreitete Missachtung der Rechtsstaatlichkeit und die Straffreiheit derjenigen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, sind ernsthafte Probleme. Missbrauchsfälle durch Beamte, einschließlich der Sicherheitskräfte, werden von der Regierung nicht konsequent bzw. wirksam verfolgt. Bewaffnete aufständische Gruppierungen greifen mitunter Zivilisten, Ausländer und Angestellte von medizinischen und nicht-staatlichen Organisationen an und begehen gezielte Tötungen regierungsnaher Personen (USDOS 20.4.2018). Regierungsfreundlichen Kräfte verursachen eine geringere - dennoch erhebliche - Zahl an zivilen Opfern (AI 22.2.2018).

 

Menschenrechte haben in Afghanistan eine klare gesetzliche Grundlage (AA 5 .2018). Die 2004 verabschiedete afghanische Verfassung enthält einen umfassenden Grundrechtekatalog (AA 5 .2018; vgl. MPI 27.1.2004). Afghanistan hat die meisten der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge - zum Teil mit Vorbehalten - unterzeichnet und/oder ratifiziert (AA 5 .2018). Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen operieren in der Regel ohne staatliche Einschränkungen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbedienstete sind in dieser Hinsicht einigermaßen kooperativ und ansprechbar (USDOS 20.4.2018). Die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Afghanistan Independent Human Rights Commission AIHRC bekämpft weiterhin Menschenrechtsverletzungen. Sie erhält nur minimale staatliche Mittel und stützt sich fast ausschließlich auf internationale Geldgeber. Innerhalb der Wolesi Jirga beschäftigen sich drei Arbeitsgruppen mit Menschenrechtsverletzungen: der Ausschuss für Geschlechterfragen, Zivilgesellschaft und Menschenrechte, das Komitee für Drogenbekämpfung, berauschende Drogen und ethischen Missbrauch sowie der Jusitz-, Verwaltungsreform- und Antikorruptionsausschuss (USDOS 20.4.2018).

 

Im Februar 2016 hat Präsident Ghani den ehemaligen Leiter der afghanischen Menschenrechtskommission, Mohammad Farid Hamidi, zum Generalstaatsanwalt ernannt (USDOD 6.2016; vgl. auch NYT 3.9.2016).

 

Seit 1.1.2018 ist Afghanistan für drei Jahre Mitglied des Human Rights Council (HRC) der Vereinten Nationen. Mit Unterstützung der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) und des Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) arbeitet die afghanische Regierung an der Förderung von Rechtsstaatlichkeit, der Rechte von Frauen, Kindern, Binnenflüchtlingen und Flüchtlingen sowie Zuschreibung von Verantwortlichkeit (HRC 21.2.2018).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/1434081.html , Zugriff 11.6.2018

 

AI - Amnesty International (22.2.2018: Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Afghanistan, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/afghanistan , Zugriff 25.5.2018

 

HRC - UN Human Rights Council (21.2.2018): Situation of human rights in Afghanistan and technical assistance achievements in the field of human rights; Report of the United Nations High Commission on Human Rights,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1427314/1930_1521636767_a-hrc-37-45.doc , Zugriff 25.5.2018

 

MPI - Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan, http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 25.5.2018

 

NYT - The New York Times (3.9.2016): New Afghan Attorney General Seeks Justice in System Rife With Graft, https://www.nytimes.com/2016/09/04/world/asia/new-afghan-attorney-general-seeks-justice-in-system-rife-with-graft.html , Zugriff 25.5.2018

 

USDOD - US Department of Defense (6.2016): Report on Enhancing Security and Stability in Afghanistan, https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/Enhancing_Security_and_Stability_in_Afghanistan-June_2016.pdf , Zugriff 25.5.2018

 

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices for 2017 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2017&dlid=277275 , Zugriff 25.5.2018

 

1.2.1.6. Todesstrafe

 

Die Todesstrafe ist in der Verfassung und im Strafgesetzbuch für besonders schwerwiegende Delikte vorgesehen (AA 5 .2018). Das neue Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, sieht die Todesstrafe für Delikte wie Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Angriff gegen den Staat, Mord und Zündung von Sprengladungen, Entführungen bzw. Straßenraub mit tödlicher Folge, Gruppenvergewaltigung von Frauen usw. vor (MoJ 15.5.2017: Art. 170). Die Todesstrafe wird vom zuständigen Gericht ausgesprochen und vom Präsidenten genehmigt (MoJ 15.5.2017: Art. 169). Sie wird durch Erhängen ausgeführt (AA 5 .2018).

 

Die Anzahl der mit Todesstrafe bedrohten Verbrechen wurde durch den neuen Kodex signifikant reduziert (HRC 21.2.2018). So ist bei einigen Straftaten statt der Todesstrafe nunmehr lebenslange Haft vorgesehen (AI 22.2.2018).

 

Unter dem Einfluss der Scharia hingegen droht die Todesstrafe auch bei anderen Delikten (z.B. Blasphemie, Apostasie, Ehebruch). Berichten zufolge wurden im Jahr 2017 elf Menschen zu Tode verurteilt (AA 5 .2018). Im November 2017 wurden fünf Männer im Pul-e-Charki-Gefängnis hingerichtet (AI 22.2.2018; vgl. HRC 21.2.2018). Des Weiteren fand am 28.1.2018 die Hinrichtung von drei Menschen statt. Alle wurden aufgrund von Entführungen und Mord zum Tode verurteilt. Zuvor wurden 2016 sechs Terroristen hingerichtet (AA 5 .2018). Im Zeitraum 1.1 - 30.11.2017 befanden sich weiterhin 720 Person im Todestrakt (HRC 21.2.2018).

 

In der afghanischen Bevölkerung trifft diese Form der Bestrafung und Abschreckung auf eine tief verwurzelte Unterstützung. Dies liegt nicht zuletzt auch an einem als korrupt und unzuverlässig geltenden Gefängnissystem und der Tatsache, dass Verurteilte durch Zahlungen freikommen können. Obwohl Präsident Ghani sich zwischenzeitlich positiv zu einem möglichen Moratorium zur Todesstrafe geäußert hat und Gesetzesvorhaben auf dem Weg sind, die die Umwandlung der Todesstrafe in eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsehen, ist davon auszugehen, dass weiter Todesurteile vollstreckt werden (AA 5 .2018).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asylund-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31- 05-2018.pdf, Zugriff 5.6.2018

 

AI - Amnesty International (22.2.2018): Afghanistan 2017/2018, Todesstrafe,

https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/afghanistan#section-1719611 , Zugriff 3.4.2018

 

HRC - UN Human Rights Council (21.2.2018): Situation of human rights in Afghanistan and technical assistance achievements in the field of human rights; Report of the United Nations High Commission on Human Rights,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1427314/1930_1521636767_a-hrc-37-45.doc , Zugriff 3.4.2018

 

MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz:

http://moj.gov.af/content/files/OfficialGazette/ 01201/OG_01260.pdf, Zugriff 4.4.2018

 

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2016/sca/265530.htm , Zugriff 4.4.2018

 

1.2.1.7. Religionsfreiheit

 

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5 .2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

 

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi-Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

 

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie (vgl. MoJ 15.5.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des/der Abtrünnigen konfiszieren und dessen/deren Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtssprechung Proselytismus (Missionierung, Anm.) illegal. Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtssprechungnter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.8.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.5.2017: Art. 323). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.8.2017).

 

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).

 

Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vgl. AA 5 .2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5 .2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht-Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017).

 

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin einer anderen abrahamitischen Religion (Christentum oder Judentum) ist. Einer Muslima ist es nicht erlaubt, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten (USDOS 15.8.2017). Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (HO U.K. 2.2017; vgl. USDOS 10.8.2016). Die nationalen Identitätsausweise beinhalten Informationen über die Konfession des/der Inhabers/Inhaberin. Das Bekenntnis zum Islam wird für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht benötigt (USDOS 15.8.2017). Religiöse Gemeinschaften sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen (USDOS 15.8.2017).

 

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.8.2017).

 

Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.8.2017).

 

Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).

 

Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).

 

Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05-2018.pdf , Zugriff 6.6.2018

 

BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Afghanistan Country Report, https://www.bti-project.org/de/berichte/laenderberichte/detail/itc/AFG/ , Zugriff 6.4.2018

 

MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz:

http://moj.gov.af/content/files/OfficialGazette/01201/OG_01260.pdf , Zugriff 12.2.2018

 

CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan,

https://www.cia.gov/library/publications/resources/the-world-factbook/geos/af.html , Zugriff 12.2.2018

 

CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 12.2.2018

 

FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/afghanistan , Zugriff 25.5.2018

 

HO U.K. - Home Office United Kingdom (2.2017): Country Policy and Information Note Afghanistan: Hindus and Sikhs, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/590778/AFG_-_Sikhs_and_Hindus_-_CPIN_-_v3_1__February_2017_.pdf , Zugriff 3.4.2018

 

USCIRF - U.S. Commission on International Religious Freedom (2017):

2017 Annual Report: Afghanistan Chapter, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/Afghanistan.2017.pdf , Zugriff 12.2.2018

 

USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2016/sca/268924.htm , Zugriff 3.4.2018

 

USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm?year=2015&dlid=256299 , Zugriff 6.6.2018

 

1.2.1.8. Ethnische Minderheiten

 

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34.1 Millionen Menschen (CIA Factbook 18.1.2018). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. CIA Factbook 18.1.2018). Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2018; vgl. CIA Factbook 18.1.2018).

 

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." (BFA Staatendokumentation 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 5 .2018; vgl. MPI 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 20.4.2018).

 

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert (AA 5 .2018). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 20.4.2018).

 

1.2.1.9. Bewegungsfreiheit

 

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Die Regierung schränkt die Bewegung der Bürger/innen gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein [Anm.: siehe dazu auch Artikel 39 der afghanischen Verfassung] (USDOS 20.4.2018; vgl. MPI 27.1.2004).

 

In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren. Gesellschaftliche Sitten schränken die Bewegungsfreiheit von Frauen ohne männliche Begleitung ein (USDOS 20.4.2018).

 

Quellen:

 

MPI - Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan, http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 15.2.2018

 

USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices for 2017, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/#wrapper , Zugriff 11.5.2018

 

Meldewesen

 

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister, ebenso wenig "gelbe Seiten" oder Datenbanken mit Telefonnummerneinträgen. Dennoch gibt es Mittel und Wege, um Familienmitglieder ausfindig zu machen. Das Dorf, aus dem jemand stammt, ist der naheliegende Ort, um eine Suche zu starten. Die lokalen Gemeinschaften verfügen über zahlreiche Informationen über die Familien in dem Gebiet und die Ältesten haben einen guten Überblick (BFA/EASO 1.2018; vgl. EASO 2.2018).

 

Das afghanische Bevölkerungsgesetz von 2014 beinhaltet u. a. Regelungen zur Bürgerregistrierung. Gemäß Artikel 9 des Gesetzes sollen nationale Personalausweise [Anm.: auch Tazkira genannt. Eine Tazkira gilt sowohl als Personenstandsregisterauszug als auch als Personalausweis] zum Zwecke des Identitätsnachweises und der Bevölkerungsregistrierung ausgestellt werden (NLB/NA 2014). Das Personenstands- und Urkundenwesen in Afghanistan ist jedoch kaum entwickelt. Ein Personenstandsregisterauszug (Tazkira) wird nur afghanischen Staatsangehörigen nach Registrierung und dadurch erfolgtem Nachweis der Abstammung von einem Afghanen ausgestellt. Er gilt sowohl als Nachweis für die Staatsangehörigkeit, sowie als Geburtsurkunde. In der Tazkira sind Informationen zu Vater und Großvater, jedoch nicht zur Mutter enthalten. Tazkiras können sowohl in der Hauptstadt Kabul als auch am jeweiligen Geburtsort, nicht jedoch von afghanischen Auslandsvertretungen ausgestellt werden. Sie können jedoch über eine afghanische Auslandsvertretung beim afghanischen Innenministerium beantragt werden (AA 5 .2018). Allein die Auslandsvertretungen im Iran haben Ausnahmeregeln und können eine Tazkira vor Ort ausstellen. Es gibt Pläne dafür, dieselben Befugnisse auch afghanischen Auslandsvertretungen in Pakistan zu erteilen (BFA/Migrationsverket 10.4.2018). In der Regel erfolgt der Nachweis der Abstammung durch die Vorlage der Tazkira eines Verwandten 1. Grades oder durch Zeugenerklärungen in Afghanistan (AA 5 .2018). Einer Quelle zufolge können Frauen Tazkiras und Pässe für sich und ihre Kinder ohne die Anwesenheit eines männlichen Zeugen beantragen (vertrauliche Quelle 9.5.2018).

 

Eintragungen in der Tazkira sind oft ungenau. Geburtsdaten werden häufig lediglich in Form von "Alter im Jahr der Beantragung", z. B. "17 Jahre im Jahr 20xx" erfasst, genauere Geburtsdaten werden selten erfasst und wenn, dann meist geschätzt (AA 5 .2018). Insgesamt sind in Afghanistan im Moment sechs Tazkira-Varianten im Umlauf (AAN 22.2.2018). Die Vorlage einer Tazkira ist Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses. Es sind Fälle bekannt, in denen afghanische Auslandsvertretungen Reisepässe nach nur oberflächlicher Prüfung ausstellten, ohne Vorlage einer Tazkira und ggf. aufgrund der Aussage zweier Zeugen. Ein derart ausgestellter Reisepass stellt daher im Gegensatz zur Tazkira nur bedingt einen Nachweis der Staatsangehörigkeit dar (AA 5 .2018). Nicht jeder afghanische Bürger besitzt eine Tazkira (AAN 27.5.2018).

 

Über die Einführung von elektronischen Personalausweisen, auch e-Tazkiras genannt, wurde lange Zeit diskutiert. Am 15.2.2018 beantragten Präsident Ghani, seine Ehefrau, Vizepräsident Muhammad Sarwar Danesh und weitere 200 Familien in Afghanistan die ersten elektronischen Personalausweise (AAN 22.2.2018).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05-2018.pdf , Zugriff 6.6.2018

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (27.5.2018): The Afghanistan Election Conundrum (8): Controversies over voter registration, https://www.afghanistan-analysts.org/the-afghanistan-election-conundrum-8-controversies-over-voter-registration/ , Zugriff 6.6.2018

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (22.2.2018): The E-Tazkera Rift:

Yet another political crisis looming?, https://www.afghanistan-analysts.org/the-e-tazkera-rift-yet-another-political-crisis-looming/ , Zugriff 6.6.2018

 

BFA/EASO - BFA Staatendokumentation / European Asylum Support Office (1.2018): BFA-Arbeitsübersetzung des EASO Berichts "Afghanistan - Networks",

https://www.ecoi.net/en/file/local/1424706/5818_1518791562_afgh-easo-bericht-netzwerke-2018-02-15-ke.pdf , Zugriff 21.2.2018

 

BFA/Migrationsverket - BFA Staatendokumentation / LIFOS Migrationsverket (10.4.2018): BFA-Arbeitsübersetzung des LIFOS-Berichts "Afghaner i Iran", https://www.ecoi.net/en/file/local/1434046/5818_1528099872_afgh-ba-analysen-afghanen-im-iran-2018-05.pdf , Zugriff 6.6.2018

 

DIS - Danish Immigration Service (5.2012): Afghanistan Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, http://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/3FD55632-770B-48B6-935C-827E83C18AD8/0/FFMrapportenAFGHANISTAN2012Final.pdf , Zugriff 15.2.2018

 

DW - Deutsche Welle (9.10.2004): Boykott-Aufruf überschattet Wahl in Afghanistan,

http://www.dw.com/de/boykott-aufruf- überschattet-wahl-in-afghanistan/a-1354509, Zugriff 15.2.2018

 

EASO - European Asylum Support Office (2.2018): Afghanistan Networks https://www.ecoi.net/en/file/local/1433356/1226_1527147803_afghanistan-networks.pdf , Zugriff 15.2.2018

 

NLB/NA - National Legislative Bodies / National Authorities (2014):

Afghanistan: Law of 2014 on Registration of Population Records, http://www.refworld.org/docid/544a4c434.html , Zugriff 6.6.2018

 

SZ _ Süddeutsche Zeitung (29.5.2013): Abzug ins Ungewisse, http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-einsatz-in-afghanistan-abzug-ins-ungewisse-1.1683862 , Zugriff 15.2.2018

 

Vertrauliche Quelle (9.5.2018): lokaler Rechtsanwalt in Kabul, Antwortschreiben per E-Mail liegt bei der Staatendokumentation auf

 

1.2.1.10. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

 

Wegen des Konflikts wurden im Jahr 2017 insgesamt 475.433 Menschen in Afghanistan neu zu Binnenvertriebenen (IDPs) (UN GASC 27.2.2018). Im Zeitraum 2012-2017 wurden insgesamt 1.728.157 Menschen im Land zu Binnenvertriebenen (IOM/DTM 26.3.2018).

 

Zwischen 1.1.2018 und 15.5.2018 wurden 101.000 IDPs registriert. 23% davon sind erwachsene Männer, 21% erwachsene Frauen und 55% minderjährige Kinder (UN OCHA 15.5.2018).

 

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(UN OCHA 15.5.2018)

 

Zwischen 1.1.2018 und 29.4.2018 waren die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Binnenvertriebenen Kunduz und Faryab (USAID 30.4.2018). Mit Stand Dezember 2017 waren die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Binnenvertriebenen Herat, Nangarhar, Kabul, Kandahar, Takhar, Baghlan, Farah, Balkh, Herat, Kunduz, Kunar, Khost, Nimroz, Logar, Laghman und Paktya (IOM 8.5.2018; vgl. IOM/DTM 26.3.2018). Vertriebene Bevölkerungsgruppen befinden sich häufig in schwer zugänglichen und unsicheren Gebieten, was die afghanischen Regierungsbehörden und Hilfsorganisationen bei der Beurteilung der Lage bzw. bei Hilfeleistungen behindert. Ungefähr 30% der 2018 vertriebenen Personen waren mit Stand 21.3.2018 in schwer zugänglichen Gebieten angesiedelt (USAID 30.4.2018).

 

Der folgenden Darstellung können vergleichende jährliche Angaben zur Verteilung von IDPs in den verschiedenen Provinzen von 2012 bis 2017 entnommen werden:

 

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Die meisten IDPs stammen aus unsicheren ländlichen Ortschaften und kleinen Städten und suchen nach relativ besseren Sicherheitsbedingungen sowie Regierungsdienstleistungen in größeren Gemeinden und Städten innerhalb derselben Provinz (USDOS 20.4.2018). Mit Stand Dezember 2017 lebten 54% der Binnenvertriebenen in den afghanischen Provinzhauptstädten. Dies führte zu weiterem Druck auf die bereits überlasteten Dienstleistungen sowie die Infrastruktur sowie zu einem zunehmenden Kampf um die Ressourcen zwischen den Neuankömmlingen und der einheimischen Bevölkerung (UN OCHA 12.2017).

 

Die Mehrheit der Binnenflüchtlinge lebt, ähnlich wie Rückkehrer aus Pakistan und Iran, in Flüchtlingslagern, angemieteten Unterkünften oder bei Gastfamilien. Die Bedingungen sind prekär. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und wirtschaftlicher Teilhabe ist stark eingeschränkt. Der hohe Konkurrenzdruck führt oft zu Konflikten. Ein Großteil der Binnenflüchtlinge ist auf humanitäre Hilfe angewiesen (AA 5 .2018).

 

Der begrenzte Zugang zu humanitären Hilfeleistungen führt zu Verzögerungen bei der Identifizierung, Einschätzung und rechtzeitigen Unterstützung von Binnenvertriebenen. Diesen fehlt weiterhin Zugang zu grundlegendem Schutz, einschließlich der persönlichen und physischen Sicherheit sowie Unterkunft. Vor allem binnenvertriebene Familien mit einem weiblichen Haushaltsvorstand haben oft Schwierigkeiten grundlegende Dienstleistungen zu erhalten, weil sie keine Identitätsdokumente besitzen. Berichten zufolge werden viele Binnenvertriebene diskriminiert, haben keinen Zugang zu angemessenen Sanitäranlagen sowie anderen grundlegenden Dienstleistungen und leben unter dem ständigen Risiko, aus ihren illegal besetzten Quartieren delogiert zu werden (USDOS 20.4.2018).

 

Binnenvertriebene, Flüchtlinge und Rückkehrende sind wegen des Mangels an landwirtschaftlichem Besitz und Vermögen besonders gefährdet. Berichten zufolge brauchen mehr als 80% der Binnenvertriebenen Nahrungsmittelhilfe (USAID 30.4.2018). Die afghanische Regierung kooperierte mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, Rückkehrern und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Unterstützungsfähigkeit der afghanischen Regierung gegenüber vulnerablen Personen - inklusive Rückkehrern aus Pakistan und Iran - ist beschränkt und auf die Hilfe durch die internationale Gemeinschaft angewiesen. Die Regierung hat einen Exekutivausschuss für Vertriebene und Rückkehrer sowie einen politischen Rahmen und einen Aktionsplan eingerichtet, um die erfolgreiche Integration von Rückkehrern und Binnenvertriebenen zu fördern (USDOS 20.4.2018). Im Rahmen der humanitären Hilfe wurden IDPs je nach Region und klimatischen Bedingungen unterschiedlich unterstützt, darunter Nahrungspakete, Non-Food-Items (NFI), grundlegende Gesundheitsdienstleistungen, Hygienekits usw. (UN OCHA 27.5.2018; vgl. UN OCHA 20.5.2018, UN OCHA 21.1.2018).

 

Organisationen wie Afghanaid, Action Contre La Faim (ACF), Agency for Technical Cooperation and Development (ACTED), Afghan Red Crescent Society (ARCS), Afghanistan National Disaster Management Authority (ANDMA), CARE, Danish Committee for Aid to Afghan Refugees (DACAAR), IOM, Danish Refugee Council (DRC), New Consultancy and Relief Organization (NCRO), Save the Children International (SCI), UN's Children Fund (UNICEF), UNHCR, World Food Programme (WFP) bieten u.a. Binnenvertriebenen Hilfeleistungen in Afghanistan an (UN OCHA 27.5.2018; vgl. UN OCHA 20.5.2018).

 

Flüchtlinge in Afghanistan:

 

Die afghanischen Gesetze sehen keine Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus vor und es existiert kein staatliches System zum Schutz von Flüchtlingen aus anderen Ländern (USDOS 20.4.2018).

 

In Afghanistan leben pakistanische Flüchtlinge, die 2014 aus Nord-Waziristan in die Provinzen Khost und Paktika geflüchtet sind.

42.262 dieser Flüchtlinge sind in der Provinz Khost registriert: Das Gulan-Flüchtlingslager in Khost beherbergt 13.167 pakistanische Flüchtlinge und der Rest lebt in anderen Distrikten der Provinz Khost. In der Provinz Paktika wurden 2016 35.949 pakistanische Flüchtlinge registriert (UNHCR 4.2018; vgl. UNHCR 6.6.2018). In den Provinzen Khost und Paktika wurden ca. 76.925 pakistanische Flüchtlinge aus Nord-Waziristan registriert und verifiziert. In den urbanen Zentren leben ungefähr 505 Asylwerber, die auf die Verabschiedung eines Asylgesetzes warten. Ihre lokale Integration ist aus rechtlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und anderen Gründen derzeit unmöglich; auch bleiben die Umsiedlungsmöglichkeiten eingeschränkt (UNHCR 4.2018).

 

Weiterführende Informationen und Zahlen zu Rückkehrern und Rückkehrerinnen nach Afghanistan können dem Kapitel 23. "Rückkehr" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamsichen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/1434081.html , Zugriff 11.6.2018

 

IOM - International Organization for Migration (8.5.2018):

Displacement Survey Shows 3.5 Million Internally Displaced, Returnees from Abroad in 15 Afghan Provinces, http://afghanistan.iom.int/press-releases/displacement-survey-shows-35-million-internally-displaced-returnees-abroad-15-afghan , Zugriff 29.5.2018

 

IOM/DTM - International Organization for Migration/Displacement Tracking Matrix (26.3.2018): Afghanistan - Baseline Mobility Assessment Summary Results (November - December 2017), https://displacement.iom.int/reports/afghanistan-—-baseline-mobility-assessment-summary-results-november-—-december-2017 , Zugriff 10.4.2018

 

UN GASC - United Nations General Assembly Security Council (27.2.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security as of February 15th, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426124/1226_1520437513_sg-report-on-afghanistan-27-february.pdf , Zugriff 29.5.2018

 

UNHCR - Office of the United Nations High Commissioner for Refugees (6.6.2018): E-Mail-Austausch mit UNHCR-Mitarbeiterin, E-Mail liegt im Archiv der Staatendokumentation aufUNHCR - Office of the United Nations High Commissioner for Refugees (4.2018): Fact sheet on the situation of returnees, IDPs and Pakistani refugees covering April 2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1431744/1930_1525781435_63481.pdf , Zugriff 29.5.2018

 

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (27.5.2018): Afghanistan Weekly Field Report, 21-27 May 2018,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/20180528_afghanistan_weekly_field_report_21_-_27_may_2018.pdf , Zugriff 29.5.2018

 

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (20.5.2018): Afghanistan Weekly Field Report, 14-20 May 2018,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/20180521_afghanistan_weekly_field_report_14_-_20_may_2018.pdf , Zugriff 29.5.2018

 

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (15.5.2018): Afghansitan: Snapshot of Population Movements in 2018,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_population_movement_snapshot_20180515_v1.pdf , Zugriff 29.5.2018

 

UN OCHA - Unted Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (21.1.2018): Afghanistan Weekly Field Report, Week of 15 - 21 January 2018,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/20180129_afghanistan_weekly_field_report_22_-28_january_2018_en.pdf , Zugriff 30.5.2018

 

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.2017): 2018 Humanitarian Needs Overview; Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419981/1930_1513671541_afg-2018-humanitarian-needs-overview-5.pdf , Zugriff 10.4.2018

 

USAID - U.S. Agency for International Development (30.4.2018):

Afghanistan - Complex Emergency https://www.ecoi.net/en/file/local/1433122/1788_1526997854_3004.pdf , Zugriff 29.5.2018

 

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices of 2017 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2017&dlid=277275 , Zugriff 24.5.2018

 

1.2.1.11. Rückkehr

 

Als Rückkehrer/innen werden jene afghanische Staatsbürger/innen bezeichnet, die nach Afghanistan zurückgekehrt sind, nachdem sie mindestens sechs Monate im Ausland verbracht haben. Dazu zählen sowohl im Ausland registrierte Afghan/innen, die dann die freiwillige Rückkehr über UNHCR angetreten haben, als auch nicht-registrierte Personen, die nicht über UNHCR zurückgekehrt sind, sondern zwangsweise rückgeführt wurden. Insgesamt sind in den Jahren 2012-2017 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt. Die Anzahl der Rückkehrer/innen hat sich zunächst im Jahr 2016 im Vergleich zum Zeitraum 2012-2015, um 24% erhöht, und ist im Jahr 2017 um 52% zurückgegangen. In allen drei Zeiträumen war Nangarhar jene Provinz, die die meisten Rückkehrer/innen zu verzeichnen hatte (499.194); zweimal so viel wie Kabul (256.145) (IOM/DTM 26.3.2018). Im Jahr 2017 kehrten IOM zufolge insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück (sowohl freiwillig, als auch zwangsweise) (IOM 2.2018). Im Jahr 2018 kehrten mit Stand

21.3. 1.052 Personen aus angrenzenden Ländern und nicht-angrenzenden Ländern zurück (759 davon kamen aus Pakistan). Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (IOM 7.7.2017).

 

Im Rahmen des Tripartite Agreement (Drei-Parteien-Abkommen) unterstützt UNHCR die freiwillige Repatriierung von registrierten afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan und Iran. Insgesamt erleichterte UNHCR im Jahr 2017 die freiwillige Rückkehr von 58.817 Personen (98% aus Pakistan sowie 2% aus Iran und anderen Ländern) (UNHCR 3.2018).

 

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Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen (USDOS 20.4.2018). Nichtsdestotrotz versucht die afghanische Regierung die gebildete Jugend, die aus Pakistan zurückkehrt, aufzunehmen (BTI 2018). Von den 2.1 Millionen Personen, die in informellen Siedlungen leben, sind 44% Rückkehrer/innen. In den informellen Siedlungen von Nangarhar lebt eine Million Menschen, wovon 69% Rückkehrer/innen sind. Die Zustände in diesen Siedlungen sind unterdurchschnittlich und sind besonders wegen der Gesundheits- und Sicherheitsverhältnisse besorgniserregend. 81% der Menschen in informellen Siedlungen sind Ernährungsunsicherheit ausgesetzt, 26% haben keinen Zugang zu adäquatem Trinkwasser und 24% leben in überfüllten Haushalten (UN OCHA 12.2017).

 

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Hierfür stand bislang das Jangalak-Aufnahmezentrum zur Verfügung, das sich direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand und wo Rückkehrende für die Dauer von bis zu zwei Wochen untergebracht werden konnten. Im Jangalak Aufnahmezentrum befanden sich 24 Zimmer, mit jeweils 2-3 Betten. Jedes Zimmer war mit einem Kühlschrank, Fernseher, einer Klimaanlage und einem Kleiderschrank ausgestattet. Seit September 2017 nutzt IOM nicht mehr das Jangalak-Aufnahmezentrum, sondern das Spinzar Hotel in Kabul als temporäre Unterbringungsmöglichkeit. Auch hier können Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Unterschiedliche Organisationen sind für Rückkehrer/innen unterstützend tätig:

 

IOM (internationale Organisation für Migration) bietet ein Programm zur unterstützten, freiwilligen Rückkehr und Reintegration in Afghanistan an (Assisted Voluntary Return and Reintegration - AVRR). In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM-Landesbüro implementiert, welches vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und AMIF (dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU) mitfinanziert wird. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran, nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor. IOM setzt im Zuge von Restart II unterschiedliche Maßnahmen um, darunter Rückkehr - und Reintegrationsunterstützung. In Kooperation mit Partnerninstitutionen des European Reintegration Network (ERIN) wird im Rahmen des ERIN Specific Action Program, nachhaltige Rückkehr und Reintegration freiwillig bzw. zwangsweise rückgeführter Drittstaatangehöriger in ihr Herkunftsland implementiert. IRARA (International Returns & Reintegration Assistance) eine gemeinnützige Organisation bietet durch Reintegrationsdienste nachhaltige Rückkehr an. ACE (Afghanistan Centre for Excellence) ist eine afghanische Organisation, die Schulungen und Arbeitsplatzvermittlung anbietet. AKAH (Aga Khan Agency for Habitat) ist in mehreren Bereichen tätig, zu denen auch die Unterstützung von Rückkehrer/innen zählt. Sowohl ACE als auch AKAH sind Organisationen, die im Rahmen von ERIN Specific Action Program in Afghanistan tätig sind. AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation) bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa und Australien Beratung und Unterstützung an. Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

NRC (Norwegian Refugee Council) bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an. Auch hilft NRC Rückkehrer/innen bei Grundstücksstreitigkeiten. Kinder von Binnenvertriebenen und speziell von Rückkehrer/innen aus Pakistan sollen auch die Möglichkeit haben die Schule zu besuchen. NRC arbeitet mit dem afghanischen Bildungsministerium zusammen, um Schulen mit Unterrichtsmaterialien zu unterstützen und die Kapazitäten in diesen Institutionen zu erweitern. IDPs werden im Rahmen von Notfallprogrammen von NRC mit Sachleistungen, Nahrungsmitteln und Unterkunft versorgt; nach etwa zwei Monaten soll eine permanente Lösung für IDPs gefunden sein. Auch wird IDPs finanzielle Unterstützung geboten: pro Familie werden zwischen 5.000 und 14.000 Afghani Förderung ausbezahlt. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

UNHCR ist bei der Ankunft von Rückkehrer/innen anwesend, begleitet die Ankunft und verweist Personen welche einen Rechtsbeistand benötigen an die AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission). UNHCR und die Weltbank haben im November 2017 ein Abkommen zur gemeinsamen Datennutzung unterzeichnet, um die Reintegration afghanischer Rückkehrer/innen zu stärken. UNHCR leitet Initiativen, um nachhaltige Lösungen in den Provinzen Herat und Nangarhar zu erzielen, indem mit nationalen Behörden/Ministerien und internationalen Organisationen (UNICEF, WHO, IOM, UNDP, UN Habitat, WFP und FAO) zusammengearbeitet wird. Diese Initiativen setzen nationale Pläne in gemeinsame Programme in jenen Regionen um, die eine hohe Anzahl an Rückkehrer/innen und Binnenvertriebenen vorzuweisen haben (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung

 

Hilfeleistungen für Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung konzentrieren sich auf Rechtsbeistand, Arbeitsplatzvermittlung, Land und Unterkunft (wenngleich sich das Jangalak-Aufnahmezentrum bis September 2017 direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand, wurde dieses dennoch von IOM betrieben und finanziert). Seit 2016 erhalten die Rückkehr/innen nur Hilfeleistungen in Form einer zweiwöchigen Unterkunft (siehe Jangalak-Aufnahmezentrum). Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen - sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Ausführliche Informationen zu den Programmen und Maßnahmen der erwähnten Organisationen sowie weitere Unterstützungsmaßnahmen können dem FFM-Bericht Afghanistan 4.2018 entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen

 

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Afghanische Flüchtlinge im Iran

 

Die letzten zwei bis drei Jahre zeigen doch auf eine progressivere Entwicklung für Afghanen im Iran, wo sich die Maßnahmen der iranischen Behörden auf einen höheren Integrationsgrad der Afghanen zubewegen. Die freiwillige Rückkehr der afghanischen Flüchtlinge ist immer noch das Hauptziel der iranischen Flüchtlingspolitik, aber man hat eingesehen, dass dies im Moment nicht in größerem Maße geschehen kann. Deshalb versucht man Maßnahmen zu ergreifen, die die Situation für die Afghanen verbessern, während man darauf wartet, dass eine Rückkehr stattfinden kann. Es gibt heute einen politischen Willen, die Fähigkeit der Afghanen, sich besser selbst zu versorgen und selbstständiger zu werden, zu unterstützen, aber gleichzeitig sind die Ressourcen des Iran begrenzt und dies bedeutet eine große Herausforderung für die iranischen Behörden. Es gibt auch von den iranischen Behörden nicht zuletzt aus sicherheitsmäßigen Aspekten Interesse daran, mehr Kenntnisse über die Anzahl der sich illegal im Land aufhaltenden Staatsbürger zu erhalten. Dieses hatte zur Folge, dass die iranischen Behörden im Jahr 2017 mit einer Zählung (headcount) und der Registrierung der Afghanen, die sich illegal im Land aufhalten, begonnen haben. In dieser ersten Runde hat man einige ausgewählte Kategorien priorisiert, beispielsweise nicht-registrierte Afghanen, die mit iranischen Staatsbürgern verheiratet sind und Kinder in der Schule haben (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

 

Trotz aller Kritik sind sich UNHCR und NGOs einig, dass dem Iran im Umgang mit afghanischen Flüchtlingen mehr Anerkennung zusteht, als ihm zuteilwird (AN 17.3.2018). So haben sich die Zugangsmöglichkeiten für afghanische Flüchtlinge zum Gesundheits- und Bildungswesen sowie zu sozialen Absicherungsmaßnahmen in Iran verbessert (BFA/Migrationsverket 10.4.2018; vgl. AN 17.3.2017, EN 26.10.2017, DW 22.9.2017). Der Iran hat einen Präzedenzfall geschaffen, indem allen Flüchtlingen im Land Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversicherung Salamat Universal Public Health Insurance (UPHI) eröffnet wurde; diese Versicherung ist jenen Versicherungsleistungen ähnlich, zu denen iranische Staatsbürger/innen Zugang haben (UNHCR 17.10.2017; vgl. GV 3.1.2015).

 

Im Gegensatz zu Pakistan leben nur 3% der afghanischen Flüchtlinge in Iran in Camps (BFA/Migrationsverket 10.4.2018; vgl. UNHCR 17.10.2017). Auch wenn die Flüchtlingslager für Amayesh-registrierte ("Amayesh" ist die Bezeichnung für das iranische Flüchtlingsregistrierungssystem, Anm.) Personen vorgesehen sind, leben dort in der Praxis auch nicht-registrierte Afghanen (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

 

Die Mehrheit der Afghanen, die sich sowohl legal als auch illegal im Land aufhalten, wohnen in von Afghanen dominierten urbanen und halb-urbanen Gebieten. Schätzungen zufolge leben circa 57% der Afghanen im Iran in der Provinz Teheran, Isfahan sowie Razavi-Chorsan (mit Maschhad als Hauptort). Um die 22% leben in den Provinzen Kerman, Fars und Ghom, während die Übrigen in den anderen Provinzen verteilt sind. Die afghanische Flüchtlingspopulation im Iran besteht aus einer Anzahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen. Schätzungen über die registrierten Afghanen zufolge gehört die Mehrheit von ihnen der Ethnie der Hazara an, gefolgt von Tadschiken, Paschtunen, Belutschen und Usbeken. Es fehlen Zahlen zur nicht-registrierten Gemeinschaft, dennoch stellen auch hier die Hazara und die Tadschiken eine Mehrheit dar (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

 

Quellen:

 

AN - Asia News (17.3.2018): For UN, Iran's treatment of Afghan refugees is exemplary,

http://www.asianews.it/news-en/For-UN ,-Iran%E2%80%99s-treatment-of-Afghan-refugees-is-exemplary-40223.html, Zugriff 11.4.2018

 

BFA Staatendokumentation (4.2018): Fact Finding Mission Report Afghanistan,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1430912/5818_1524829439_03-onlineversion.pdf , Zugriff 30.4.2018

 

BFA/Migrationsverket - BFA Staatendokumentation/Migrationsverket LIFOS (10.4.2018): BFA-Arbeitsübersetzung des LIFOS-Berichts "Afghaner i Iran",

https://www.ecoi.net/en/file/local/1434046/5818_1528099872_afgh-ba-analysen-afghanen-im-iran-2018-05.pdf , Zugriff 11.6.2018

 

BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Afghanistan Country Report, https://www.bti-project.org/de/berichte/laenderberichte/detail/itc/AFG/ , Zugriff 13.4.2018

 

DW - Deutsche Welle (22.9.2017): How can Iran educate a million Afghan refugees?,

http://www.dw.com/en/how-can-iran-educate-a-million-afghan-refugees/a-40640770 , Zugriff 11.4.2018

 

EN - Euro News (26.10.2017): Undocumented Afghan refugees get a chance at school in Iran,

http://www.euronews.com/2017/10/26/thousands-of-afghan-refugees-get-a-chance-at-school-in-iran , Zugriff 11.4.2018

 

GV - Global Voices (3.11.2015): Iran to Provide Universal Public Healthcare to Refugees,

https://globalvoices.org/2015/11/03/iran-to-provide-universal-public-healthcare-to-refugees/ , Zugriff 11.4.2018

 

IOM/DTM - International Organization for Migration/Displacement Tracking Matrix (26.3.2018): Afghanistan - Baseline Mobility Assessment Summary Results (November - December 2017), https://displacement.iom.int/reports/afghanistan-—-baseline-mobility-assessment-summary-results-november-—-december-2017 , Zugriff 10.4.2018

 

IOM - International Organization for Migration (20.3.2018): Return Of Undocumented Afghans Weekly Situation Report 11 -17 Mar 2018, https://displacement.iom.int/reports/afghanistan-—-return-undocumented-afghans-weekly-situation-report-11—17-march-2018 , Zugriff 10.4.2018

 

IOM - International Organization for Migration (2.2018): Return Of Undocumented Afghans Monthly Situation Report February 2018, https://displacement.iom.int/system/tdf/reports/iom_afghanistan-_return_of_undocumented_afghans-_situation_report_february_2018.pdf?file=1&type=node&id=3370 , Zugriff 10.4.2018

 

IOM - International Organization for Migration (7.7.2017):

Internally Displaced, Returnees from Abroad Soar to Over 2.4 Million in Nine Afghan Provinces: IOM Survey, https://www.iom.int/news/internally-displaced-returnees-abroad-soar-over-24-million-nine-afghan-provinces-iom-survey , Zugriff 7.4.2018

 

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (3.2018). Fact Sheet; Afghanistan; March 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1428434/1930_1522913235_62991.pdf , Zugriff 10.4.2018

 

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (17.10.2017):

Iran set global precedent by opening refugees' access to healthcare:

UNHCR rep,

http://unhcr.org.ir/en/news/11605/Iran-set-global-precedent-by-opening-refugees ’-access-to-healthcare-UNHCR-rep, Zugriff 11.4.2018

 

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.2017): 2018 Humanitarian Needs Overview; Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419981/1930_1513671541_afg-2018-humanitarian-needs-overview-5.pdf , Zugriff 10.4.2018

 

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2017&dlid=277275 , Zugriff 30.4.2018

 

1.2.2. Information des BFA im Hinblick auf Rückkehrunterstützung und Reintegrationsmaßnahmen va. für afghanische Staatsangehörige im Herkunftsland (Stand 6.4.2017)

 

Afghanische Staatsangehörige können daher grundsätzlich (im laufenden oder abgeschlossenen Asyl- oder Fremdenrechtlichen Verfahren) Rückkehrhilfe bzw. zusätzlich die Aufnahme in ein Reintegrationsprojekt beantragen. In Österreich stehen für afghanische Staatsangehörige zwei spezielle Reintegrationsprojekte zur Verfügung (ERIN oder RESTART II). Beide Angebote zielen effektiv auf die Wiedereingliederung im Fleimatland ab und können erst nach Ankunft im Herkunftsland bezogen werden. Ziel ist es, den Rückkehrer vor allem durch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, sowie Start Ups den Neustart im Heimatland zu erleichtern.

 

Die Sachleistung beträgt bei ERIN 3.000 EUR; in bar erhalten die Personen 500,- EUR (siehe die Client Information in Beilage)

 

Beim lOM-Projekt (RESTART II) besteht die Sachleistung aus 2.800,- EUR und der Barwert aus 500,- EUR. Je nach Bedarf stellt hier IOM auch Leistungen wie Family Assessment, temporäre Unterkunft nach der Ankunft und die Weiterreise zum Zielort zur Verfügung (siehe die Client Information in Beilage).

 

Sämtliche Informationen zum Thema "freiwillige Ausreise und Rückkehrhilfe - ein Neustart mit Perspektiven" können auch jederzeit aktuell auf www.voluntarvreturn.at in div. Sprachen abgerufen werden. Selbiges gilt für die speziellen Länderprogramme.

 

Afghanische Staatsangehörige ohne Aufenthaltsrecht, die trotz des breiten Spektrums an Unterstützungsleistungen nicht freiwillig ausreisen, werden bei Vorliegen der Voraussetzungen zwangsweise per Einzelabschiebung oder Charterrückführung auf Basis des "Joint-Way-Forward" außer Landes gebracht.

 

Damit auch in diesen Fällen eine Reintegration in Afghanistan gewährleistet ist, stellt Österreich den Fremden die sogenannte "Post Arrival Assistance" zur Verfügung. Die International Organization for Migration (IOM) führt dieses EU-finanzierte Unterstützungsprogramm im Auftrag der Europäischen Kommission (Directorate General for International Cooperation and Development) aus.

 

Im Detail umfasst die Post-Arrival-Assistance die vorübergehende Unterkunftnahme, Hilfestellung beim weiteren Transport, sowie ggf. medizinische und psychosoziale Betreuung.

 

Der Fremde erhält im Rahmen des Kontaktgespräches im Zuge der Abschiebevorbereitung eine Information über die Möglichkeiten der "Post Arrival Assistance" und ein Informationsblatt mit den Kontaktdaten von IOM in Kabul. IOM Afghanistan wird vom BFA über die jeweiligen Ankünfte vorab informiert.

 

Bei nicht vorhandenen Eigenmitteln erhält der zwangsweise Rückzuführende zusätzlich seitens des BFA 50,00 EUR als sogenanntes Zehrgeld zur Sicherung des Fortkommens in den ersten Tagen nach seiner Rückführung. Eine Betragserhöhung ist im Einzelfall möglich.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Herkunft des BF, zu seiner Familie, zur Schulausbildung, zur Berufserfahrung sowie zur Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die dahingehend gleichbleibenden und glaubwürdigen Angaben des BF. Das tatsächliche Alter des BF konnte aufgrund seiner dahingehend widersprüchlichen Angaben nicht festgestellt werden. So gab er im Zuge der Erstbefragung im Jahr XXXX an, im Jahr XXXX geboren zu sein, während er vor dem Bundesamt im Jahr XXXX in weiterer Folge behauptete, 25 Jahre alt zu sein. Zumal der BF jedoch in der mündlichen Verhandlung am XXXX selbst eingestand, dass er sich im Zuge der Erstbefragung "jünger angegeben" habe, steht zweifelsfrei fest, dass er bereits im Zeitpunkt seiner Flucht volljährig gewesen ist.

 

Die Unbescholtenheit ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem österreichischen Strafregister. Die Feststellungen zur unerlaubten Erwerbstätigkeit ergeben sich aus der im Akt vorliegenden Anzeige vom XXXX sowie dem Strafantrag vom XXXX .

 

Ferner beruhen die Feststellungen zur persönlichen Lebenssituation des BF im Bundesgebiet und zu den gesetzten Integrationsschritten auf den vorgelegten Unterlagen und seinen Angaben in den mündlichen Beschwerdeverhandlungen. Ferner konnte sich das erkennende Gericht selbst von den Deutschkenntnissen des BF überzeugen, zumal dieser lediglich in der Lage war, sehr einfache Fragen zu seinem Alltag auf Deutsch zu beantworten. Zur behaupteten Konversion des BF zum Christentum ist auf die Ausführungen unter Punkt 2.2.2. zu verweisen. Zur Bindung zwischen dem BF und seiner Schwester ist festzuhalten, dass der BF lediglich angab, die Familie seiner Schwester durch "ärztliche Begleitung" zu unterstützen, ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen wurde jedoch nicht einmal ansatzweise behauptet.

 

Die Feststellung zum Gesundheitszustand ist auf die diesbezüglichen Angaben des BF vor dem Bundesamt sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht zurückzuführen. Demnach leide er an keiner schwerwiegenden Krankheit und wurde während des gesamten Verfahrens auch kein gegenteiliges Vorbringen erstattet. Aufgrund des Gesundheitszustandes, des Alters sowie seiner Berufserfahrung konnte auch festgestellt werden, dass der BF arbeitsfähig ist. Eine Minderung seiner Arbeitsfähigkeit aufgrund der eingeschränkten Hörfähigkeit des BF wurde im Verfahren nicht substantiiert behauptet und bestehen hierfür auch keine Anhaltspunkte, die amtswegig zu berücksichtigen gewesen wären.

 

Die Feststellung zur Unterstützungsmöglichkeit seiner Familie beruht auf den Angaben des BF, wonach - abgesehen von seiner Schwester, deren Ehemann und ihren vier Kindern - die Familienangehörigen des BF nach wie vor in seinem Herkunftsort leben würden und seine Eltern nach wie vor in jenem Haus in Herat leben würden, wo der BF bis zu seiner Ausreise bzw. bis kurz davor gelebt hat.

 

2.2. Zu den Feststellungen hinsichtlich einer Gefährdung des BF in Afghanistan

 

2.2.1. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates

 

Soweit der BF Umstände vorbringt, wonach er infolge einer Beziehung zu einer jungen Frau im Herkunftsstaat Verfolgung bzw. physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt gewesen sei, wird dieses Vorbringen nicht als glaubhaft erachtet, zumal seine diesbezüglichen Angaben insgesamt als unschlüssig und widersprüchlich zu qualifizieren sind.

 

Bereits die Angaben des BF zu seiner Freundin sowie zur Beziehung zu dieser jungen Frau sind äußerst vage. So gab er vor dem Bundesamt an, er kenne weder den Nachnamen, noch das Geburtsdatum dieser Frau. Erst in weiterer Folge nannte er den Nachnamen ihres Vaters und bestätigte vor dem erkennenden Gericht, dass auch sie diesen Namen geführt hat. Ihr Alter konnte er im gesamten Verfahren nicht angeben, sondern gab vor dem erkennenden Gericht lediglich eine Schätzung ihres Alters an. Ferner war er nicht in der Lage, detaillierte Angaben zu ihrer Familie zu machen. Konkret führte er nur die Namen ihres Vaters sowie ihrer Brüder an und behauptete pauschal, dass die Familie reich gewesen sei. Während er noch vor dem Bundesamt erklärte, ihr Vater sowie ihre Brüder seien im Handel tätig gewesen, gab er vor dem erkennenden Gericht am XXXX an, er wisse nicht, welcher beruflichen Tätigkeit ihr Vater nachgegangen wäre, er wisse lediglich, dass sie reich gewesen seien. Insbesondere vor dem Hintergrund der vom BF dargelegten Heiratsabsichten sind seine unpräzisen Angaben zu seiner Freundin und deren Familie nicht nachvollziehbar.

 

Widersprüchlich ist zudem, dass der BF die explizite Frage, ob er mit der jungen Frau eine intime Beziehung geführt habe, vor dem Bundesamt noch verneinte, während er vor dem erkennenden Gericht am XXXX behauptete, mit ihr intim geworden zu sein, da dies in einer Beziehung normal sei. Ferner erklärte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt, er bzw. seine Familie hätten nicht um die Hand der jungen Frau bei deren Familie angesucht, da sie aufgrund der Drohungen Angst gehabt hätten, während er vor dem erkennenden Gericht am XXXX hingegen angab, er habe seine Familie zur Familie der Frau geschickt, damit sie um ihre Hand anhalten. Auf Vorhalt dieser Widersprüche behauptete er, es handle sich hierbei um Übersetzungsfehler des Dolmetschers. Dies kann jedoch als bloße Schutzbehauptung gewertet werden, zumal der BF mit seiner Unterschrift bestätigte, dass ihm das Protokoll der Einvernahme vor dem Bundesamt rückübersetzt worden ist und seine Angaben korrekt sowie vollständig gewesen sind.

 

Auch zu den konkreten Verfolgungshandlungen machte der Beschwerdeführer widersprüchliche und unkonkrete Angaben, wobei er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens modifizierte und steigerte. Einerseits brachte er vor dem Bundesamt zu dem Vorfall, bei welchem seine Freundin und er im Park geschlagen worden seien, vor, man habe seine Freundin in weiterer Folge mitgenommen, während er selbst nachhause gegangen sei, andererseits gab er am XXXX vor dem erkennenden Gericht an, die Brüder seiner Freundin hätten ihn im Park so geschlagen, dass er in Ohnmacht gefallen und erst im Krankenhaus wieder zu sich gekommen sei. Eine weitere Steigerung erfuhr sein Fluchtvorbringen dadurch, dass er am XXXX erstmalig vorbrachte, es habe eine verbale Auseinandersetzung zwischen seinen Eltern und seinen Brüdern sowie den Eltern und Brüdern seiner Freundin gegeben, als seine Familie für ihn um die Hand seiner Freundin angehalten habe. Einen derartigen Konflikt ließ er vor dem Bundesamt gänzlich unerwähnt.

 

Überdies sei seine Freundin nach seinen Angaben vor dem Bundesamt zweimal zum Haus des BF gekommen, wobei sie nach ihrem ersten Fluchtversuch mit einem 40- oder 50-jährigen Mann verheiratet worden sei, der sie nach ihrem zweiten Fluchtversuch zurückgeholt hätte. Erst am darauffolgenden Tag seien bewaffnete Leute zum Haus seiner Eltern gekommen, woraufhin der BF selbst geflüchtet sei. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung am XXXX behauptete er hingegen eingangs, dass sein Schwager und er seine Freundin von ihrem Wohnort heimlich abgeholt und zu ihm nachhause gebracht hätten. Als am nächsten Tag die Familie der Frau bewaffnet zu ihnen nachhause gekommen sei, sei er geflüchtet. In diesem Zusammenhang brachte er weder vor, dass die junge Frau bereits zuvor in seinem Elternhaus Schutz gesucht hätte, noch erwähnte er die Zwangsverheiratung seiner Freundin mit einem wesentlich älteren Mann. Hinzu tritt, dass er im Zuge derselben Befragung sein Vorbringen maßgeblich modifizierte, indem er auf die Frage, wie seine Freundin zu seinem Elternhaus gekommen sei, antwortete, er wisse es nicht - sie sei mit dem Taxi gekommen.

 

Seinem Vorbringen ist zudem nicht schlüssig zu entnehmen, ob seine Familie nach seiner Flucht aufgrund seiner Beziehung weiteren Schwierigkeiten ausgesetzt war oder noch immer ist. So antwortete er am XXXX auf die Frage, ob seine Eltern bzw. seine Brüder infolge seiner Abwesenheit Schwierigkeiten mit der Familie der Freundin gehabt hätten, sie seien oft von der Familie seiner Freundin in Schwierigkeiten gebracht worden. Auf konkrete Nachfrage, ob an seiner Familie infolge seiner Flucht Rache geübt worden sei, gab er hingegen an, sie hätten nur ihn umbringen wollen und nur er sei deren Ziel.

 

Ferner schilderte er die konkreten Verfolgungshandlungen extrem vage, zumal seine Angaben jegliche Details, wie etwa genaue Personen-, Zeit- und Ortsangaben entbehren und er weder vor dem Bundesamt, noch vor dem erkennenden Gericht nach dementsprechender Aufforderung in der Lage war, sein Vorbringen zu präzisieren. Am XXXX erklärte er nach Aufforderung, die vorgefallenen Ereignisse konkret und in Einzelheiten zu beschreiben, er wisse es nicht und könne sich an Daten und Uhrzeiten nicht erinnern. In der Beschwerdeverhandlung am XXXX war er überdies nicht in der Lage, auch nur ansatzweise einzuordnen, wann seine Familie um die Hand seiner Freundin angehalten habe. Auch eine ungefähre Schätzung, wann die Familie seiner Freundin von der Beziehung erfahren habe, konnte er nicht abgeben. Welche und wie viele Personen, abgesehen vom Vater und den Brüdern seiner Freundin, zu ihnen gekommen seien, konnte er nicht präzisieren. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt angegeben, dass noch drei bis vier weitere Personen zu ihrem Haus gekommen seien, gab er nur an, dass das stimme und er keine genauen Angaben machen könne. Auch nach Aufforderung des erkennenden Gerichts, den Vorfall beginnend von der Ankunft der Täter bis zum fluchtartigen Verlassen des Hauses zu schildern, antwortete er lapidar, er habe bereits alles gesagt, was vorgefallen und geschehen sei. Anhand seiner Angaben ist sohin nicht nachvollziehbar, wie es dem BF möglich war, rechtzeitig aus seinem Elternhaus zu fliehen, während seine Angehörigen Gewalt ausgesetzt gewesen seien.

 

Unplausibel ist ferner, dass der BF den Namen seines unmittelbaren Nachbarn, auf dessen Grundstück er sich vor den Verfolgern versteckt habe, nicht nennen konnte, obwohl er auf Nachfrage angab, seit er sich erinnern könne, im Haus seiner Eltern gelebt zu haben. Selbst auf die Frage, wie alt er war, als er sein Elternhaus verließ, wusste er keine Antwort, sondern behauptete pauschal, er wisse nicht wann es war, da er Analphabet sei. Vor dem Hintergrund, dass er vor dem erkennenden Gericht sein Alter angab und im Laufe des Verfahrens eine Tazkira, sowie einen afghanischen Führerschein in Vorlage brachte, ist diese Rechtfertigung allerdings nicht schlüssig.

 

Auch seine Ausführungen zu seinem Aufenthaltsort nach der Flucht aus seinem Elternhaus sind widersprüchlich. Während er vor dem Bundesamt angab, von seinem Elternhaus zu seiner Schwester geflüchtet zu sein, wo er noch weitere zwei Monate verbracht habe, gab er vor dem erkennenden Gericht am XXXX an, er habe direkt nach dem Vorfall mit seinem Schwager Afghanistan verlassen. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt behauptet, er habe sich beim Nachbarn versteckt und sei dann noch einmal nachhause gekommen, gab er lediglich an, es stimme, dass er das bei der Einvernahme vor dem Bundesamt gesagt habe. Er sei beim Bundesamt sehr unter Stress gewesen. Er habe Angst und sein Leben sei in Gefahr, auch momentan sei er unter Stress. Auf weitere Nachfrage, ob er gleich oder erst später geflüchtet sei, gab er an, er sei sogleich geflohen. Es sei drei Jahre her und er könne sich nicht mehr erinnern. Auf Vorhalt der Widersprüche wusste er nur zu antworten, dass er keine Zeitangaben machen könne. Er wisse nichts von "Time". Diese Erklärung ist nicht nachvollziehbar, müsste der BF doch selbst nach drei Jahren noch in der Lage zu sein sich zu erinnern, ob er vor seiner Ausreise noch für die Dauer von zwei Monaten bei seiner Schwester und deren Familie gelebt hat, zumal dies ein äußerst prägendes Ereignis in seinem Leben darstellt und er laut eigenen Angaben auch im Zeitpunkt der Flucht bereits volljährig war (vgl. Niederschrift vom XXXX , AS 49: "[...] ich weiß mein Geburtsdatum nicht, kann nur sagen, dass ich 25 Jahre alt bin

[...]".)

 

Unschlüssig ist ferner, dass der BF - obwohl er sowohl am XXXX , als auch am XXXX bestätigte, ein sehr gutes Verhältnis zu seinem Schwager zu pflegen - in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen angab, nichts Näheres über die Fluchtgründe seines Schwagers zu wissen und sich nicht mit ihm ausgetauscht zu haben, zumal im Fall eines derart einschneidenden gemeinsamen Erlebnisses, nämlich einer gemeinsamen Flucht sowie die Ansiedlung in einem völlig fremden Land, davon auszugehen wäre, dass die jeweiligen Beweggründe für das Verlassen des Herkunftsstaates innerhalb der Familie thematisiert werden.

 

Abschließend ist auch darauf hinzuweisen, dass der BF am XXXX zunächst angab, in Afghanistan aus zwei Gründen verfolgt zu werden, nämlich wegen der Beziehung zu seiner Freundin sowie wegen seiner Konversion in Afghanistan. Im Laufe der weiteren Beschwerdeverhandlung gab er hingegen an, im Fall seiner Rückkehr lediglich aus dem letztgenannten Grund einer Gefährdung ausgesetzt zu sein. Konkret gab er in diesem Zusammenhang zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates angab: "[...] Das ist aber nicht mein Problem. Mein Problem ist, dass wenn ich nach Afghanistan zurückkehren würde, ich umgebracht werden würde, weil ich auch zudem Christ geworden bin. Es ist für mich besser hier zu sterben, als dort aufgrund meiner Konvertierung gesteinigt zu werden. Meine Familie weiß auch nichts davon". Ebenso weist die Behauptung des Beschwerdeführers in der Verhandlung vom XXXX , dass immer zuerst von vorne, dann wieder von hinten und dann wieder von der Mitte gefragte werden würde, darauf hin, dass dieser damit aus seinem vorgefassten Konzept gebracht wurde und Mühe hatte sein einstudiertes Vorbringen in Auge zu halten. Dies widerspiegelt sich insbesondere durch seine zahlreichen Widersprüchlichkeiten seiner behaupteten Fluchtgeschichte.

 

Insgesamt erweist sich das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers daher als nicht glaubhaft.

 

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass allfällige Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher aufgrund der Kommunikation in der Sprache Farsi ausgeschlossen werden können, zumal der BF vor dem Bundesamt sowie in den mündlichen Beschwerdeverhandlung eingangs stets bestätigte, den Dolmetscher zu verstehen und der Verhandlung folgen zu können. Ferner bestätigte auch der landeskundliche Sachverständige in der Einvernahme am XXXX , dass der BF die Sprache Farsi mit Herat-Akzent spricht. Insoweit sich der BF in den Verhandlungen darauf berief, erst in Österreich Farsi gelernt zu haben bzw. die Sprache nicht gut zu beherrschen, wird dies sohin als bloße Schutzbehauptung gewertet.

 

2.2.2. Zur Verfolgung aufgrund der Konversion zum Christentum bzw. wegen Apostasie

 

Der BF war in den mündlichen Verhandlungen vor dem erkennenden Gericht in der Lage, seine in Österreich entwickelte Zuneigung zur christlichen Kirche plausibel und schlüssig darzulegen, sowie durch verschiedene Urkunden und Empfehlungsschreiben zu bescheinigen, zumal er nicht nur den Taufvorbereitungskurs besuchte (vgl. Schreiben der Pastoralassistentin vom XXXX ), sondern auch nach der Taufe am Glaubensunterricht teilnahm und die Kirche besuchte (vgl. Schreiben der Pastoralassistentin vom XXXX ). Das erkennende Gericht spricht dem BF daher nicht ab, dass er sich seit seinem Aufenthalt in Österreich für die christliche Glaubensgemeinschaft, insbesondere für die katholische Kirche, interessiert und regelmäßig Veranstaltungen sowie Gottesdienste besucht. Durch die Vorlage eines Taufzeugnisses sowie diverser Lichtbilder wird auch belegt, dass der BF getauft ist.

 

Prinzipiell stellen regelmäßige Kirchenbesuche sowie das Sakrament der Taufe ein Indiz für eine echte innere Konversion dar. Allerdings geht aus den Ausführungen des BF in den mündlichen Beschwerdeverhandlungen hervor, dass der christliche Glaube vom BF nicht verinnerlicht wurde und dieser Bestandteil seiner Identität wurde.

 

Bereits in seinen Ausführungen zur Motivation zeigt sich, dass sich der BF in der christlichen Gemeinde, welche er regelmäßig besucht, wohl und respektiert fühlt, wenn er unter anderem ausführt, dass die Menschen dort freundlich seien, es dort eine angenehme Atmosphäre gebe, er in der Kirche seine Probleme in der Heimat vergesse und sich glücklich fühle.

 

Damit macht er jedoch keineswegs deutlich, dass er von den religiösen Lehren der jeweiligen Kirche überzeugt ist und geht daraus nicht hervor, dass er von einem religiösen Glauben erfasst wäre. Befragt, was sich in seiner Lebensweise im Alltag geändert habe, seit er Christ geworden sei, antwortete er, er fühle sich psychisch wohler, habe weniger Stress und fühle sich glücklich unter Menschen. Er habe viele Veranstaltungen besucht und die Menschen seien wohlwollend zu ihm. Auch aus diesen Ausführungen lässt sich schließen, dass er nicht Glaubensinhalte verinnerlicht hat, sondern sich lediglich in der sozialen Gemeinschaft der Gemeinde gut aufgehoben fühlt, woraus jedoch nicht auf eine christliche Überzeugung geschlossen werden kann.

 

Ferner gab der BF selbst an, sich mit anderen Religionen, wie etwa dem Judentum oder dem Buddhismus, nicht auseinandergesetzt zu haben. Dies wäre allerdings gerade bei einer Person die den überwiegenden Teil ihres Lebens in einem vom Islam geprägten Land verbracht hat und dort entsprechend sozialisiert wurde, zu erwarten, als gerade bei einer solchen Person anzunehmen ist, dass sich diese entsprechend intensiv mit verschiedenen Religionen auseinandersetzt, bevor diese eine für sie besonders einschneidende Entscheidung trifft.

 

Insoweit der BF auf die Zwänge sowie auf durch Muslime verübte Verbrechen verweist und sich darauf stützt, dass er sich für das Christentum entschieden habe, da er in den zwei, drei Jahren, die er hier sei, nur schöne Dinge erlebt habe, kein Morden, keine Verbrechen untereinander, so geht aus seinen Angaben klar hervor, dass er die behauptete Konversion mit der Freiheit, sich die Religion auszusuchen bzw. der Bevorzugung einer liberaleren Gesellschaft begründet und nicht seine christliche Überzeugung hervorkommt. Der BF verwechselt dabei das Grundrecht der Religionsfreiheit mit der inneren Glaubenseinstellung.

 

Zudem springt hinsichtlich seiner Ausführungen zur Motivation für die behauptete Konversion ein Widerspruch ins Auge: In der mündlichen Beschwerdeverhandlung am XXXX antworte der BF auf die Frage, ob es ein Schlüsselerlebnis oder ein Ereignis gegeben habe, wieso er sich mit dem katholischen Glauben bzw. mit dem Christentum auseinandergesetzt habe, wie folgt: "Es ist nichts vorgefallen. Es hat mich sehr interessiert, dass Jesus wegen der Sünden der Leute gekreuzigt wurde. Das war der Grund warum mein Interesse sich mehrte und ich die Religion zu mögen begann." In weiterer Folge war er jedoch nicht in der Lage nachvollziehbar darzulegen, was Katholiken im Zuge des Osterfestes feiern würden, sondern gab nur lapidar an, zu Ostern würden Brot und Wein ausgeschenkt bzw. verteilt werden. Nach Fragewiederholung gab er zur Antwort, sie würden sonntags in die Kirche gehen, Brot und Wein bekommen sowie Gebete über Maria und Gebete vom Himmel lesen. Die Besonderheiten des Osterfestes vermochte er hingegen nicht darzulegen. Diese Antwort zeigt nicht nur, dass dem BF elementares Wissen über die katholische Glaubenslehre fehlt, stellt Ostern doch eines der wichtigsten Feste der katholischen Kirche dar, sondern begründet es auch weitere Zweifel an seiner inneren Glaubensüberzeugung, zumal er schließlich selbst angab, aus Interesse am Tod Jesu zum Christentum gefunden zu haben. Auch unter Berücksichtigung seiner geringen Schulbildung kann sohin nicht nachvollzogen werden, dass der BF zum Osterfest keine näheren Angaben machen konnte. Weitere elementare Wissenslücken zeigten sich etwa darin, dass der BF nicht beantworten konnte, welches Buch als Grundlage für das Verhalten bzw. die Regeln der Christen bildet. An diesem Umstand vermag es auch nichts zu ändern, dass der BF einzelne Gebote kannte und punktuell Fragen zum katholischen Glauben bzw. zum Christentum beantworten konnte (z.B. Symbolik der Hostie), zumal es ihm schon am Grundverständnis für die Glaubenslehre fehlt.

 

Selbst in der mündlichen Verhandlung am XXXX , sohin ein Jahr nachdem er das Sakrament der Taufe erhalten hatte, gab er auf die Frage, welches Fest in naher Zukunft gefeiert werde, zur Antwort, es seien heilige Wochen, aber er könne nicht sagen, was gefeiert werde. Weil er nicht wisse, was gefeiert werde, bereite er sich auch derzeit nicht vor. Daraus erschließt sich, dass der BF zwar aufgrund der sozialen Gemeinschaft die Kirche regelmäßig besucht, ihm jedoch nicht bewusst ist, welche Feierlichkeiten tatsächlich begangen werden und er sohin seinen Glauben auch nicht tatsächlich lebt, indem er sich beispielsweise in der Fastenzeit auf das bevorstehende Osterfest vorbereitet. Ebenso ist in den Verhandlungen nicht hervorgekommen, dass ein Gebet im gesamten Tagesablauf eine besondere Stellung einnehmen würde.

 

Im Übrigen ergibt sich auch aus den Ausführungen des Pfarrers XXXX in der Stellungnahme vom XXXX , dass der BF den christlichen Glauben nicht verinnerlicht hat und dieser nicht Teil seiner Persönlichkeit geworden ist, wenn er ausführt, dass der BF bemüht sei, das Christentum besser kennenzulernen, ihm jedoch vieles völlig fremd sei und es noch einige Zeit bedürfe, damit er mit der christlichen Lehre tatsächlich vertraut werde.

 

Weder die Angaben des Zeugen XXXX in der Einvernahme am XXXX , noch die Ausführungen vom Zeugen XXXX am XXXX vermögen an dieser Beurteilung etwas zu ändern. So gab der Zeuge XXXX am XXXX an, er habe dem BF lediglich die Taufe gespendet und aufgrund der Ladung im Gerichtsverfahren mit ihm gesprochen, während die Taufvorbereitung von der Pastoralassistentin geleitet werde, deren Aufgabe es auch sei sich zu vergewissern, dass jemand bereit sei, das Sakrament zu empfangen. Der Zeuge XXXX gab überdies zu Protokoll, den BF nur vom Sehen zu kennen, und konnte sohin zur inneren Überzeugung des BF ebenso wenig Angaben machen. Auf die Befragung der Pastoralassistentin wurde im Übrigen explizit verzichtet.

 

Auch mit seinen Ausführungen zu seinen Beweggründen für die vermeintliche Abkehr vom islamischen Glauben vermag der BF keine innere Glaubenshaltung darzulegen. So führte er aus, dass er im Herkunftsstaat zwar religiös gewesen sei, die Religion für ihn jedoch schrecklich gewesen sei, da man ihn geschlagen habe, wenn er etwas nicht gewusst habe. Man habe Frauen keinen Respekt gezollt und alles sei zwangsmäßig gewesen. Ferner verwies er darauf, dass es im Islam viel Gewalt bzw. viele Selbstmordanschläge gebe und unschuldige Menschen getötet würden. Selbst auf konkrete Nachfrage war er nicht fähig plausibel darzulegen, warum er sich von den Lehren des Islams abgewandt hat, sondern führte lediglich aus, dass er vom Islam nur Schlechtes gesehen habe, nämlich Selbstmordanschläge, Lügen, Verbrechen, Töten - dies gebe es im Christentum nicht. Mit diesen Ausführungen legt der BF keine innere Glaubenshaltung dar, sondern beschreibt lediglich die nicht vorhandene Freiheit, eine Religion wählen zu können. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Religionsfreiheit an sich nicht mit der Abwendung vom Islam oder der Hinwendung zum Christentum zu verwechseln ist, die der Beschwerdeführer bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nicht belegen konnte.

 

Überdies geht aus seinen Angaben nicht schlüssig hervor, dass man in seinem Herkunftsort als erwachsener Mann tatsächlich gezwungen werde, die Moschee zu besuchen und regelmäßig zu beten. Zunächst behauptete der BF, wenn man auf die Straße gegangen sei, sei man gezwungen worden, in die Moschee zu besuchen. Diese Angaben schwächte er jedoch im Zuge der Befragung dahingehend ab, dass er "aufmerksam" gemacht worden sei, in die Moschee zu gehen. Auf konkrete Nachfrage, was die Konsequenzen der Nichtbefolgung gewesen seien, gab der BF jedoch lediglich an, der Mullah habe einen schlechten Umgang gehabt und sei respektlos gewesen. Die Entscheidung sei aber bei ihm gelegen, ob er in die Moschee gehen habe wollen oder nicht. Er habe dies nicht gewollt. Folglich ist bereits aufgrund der Angaben des BF davon auszugehen, dass es in Städten wie XXXX , die unter der Kontrolle der afghanischen Regierung stehen, möglich ist, nicht die Moschee zu besuchen oder regelmäßig zu beten, ohne dass dies für sich alleine bereits nachteilige Konsequenzen hätte.

 

Ferner lässt sich unabhängig von der behaupteten inneren Konversion auch keine Gefährdung bloß aufgrund der Aktivitäten in der katholischen Kirche im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan ableiten, zumal der BF selbst angab, seinen Angehörigen im Herkunftsstaat nicht von seinem Glaubenswechsel erzählt zu haben. Auch im Übrigen vermochte er nicht darzulegen, inwiefern die afghanischen Behörden oder allfällige Bekannte von seinen Bemühungen in der katholischen Kirche erfahren könnten, sodass eine dadurch ausgelöste Verfolgung nicht wahrscheinlich ist.

 

2.2.3. Zu den weiteren Verfolgungsgründen

 

Insoweit in der Stellungnahme vom XXXX auf die Gefährdung von Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Schiiten oder der Volksgruppe der Hazara hingewiesen wird, ist festzuhalten, dass der BF sowohl in der Erstbefragung, als auch vor dem Bundesamt und vor dem erkennenden Gericht übereinstimmend angab, sich im Herkunftsstaat zum sunnitischen Glauben bekannt und der Volksgruppe der Tadschiken angehört zu haben, sodass auf eine allfällige Gefährdung der schiitischen Hazara nicht näher einzugehen ist. Eine gezielte Verfolgung der Volksgruppe der Tadschiken wurde im gegenständlichen Verfahren nicht behauptet und ergeben sich hierfür auch keine Anhaltspunkte aus den Länderinformationen der Staatendokumentation. Eine Gefahr aufgrund der Zugehörigkeit zum sunnitischen Glauben kann ebenso ausgeschlossen werden, zumal sich die afghanische Bevölkerung mehrheitlich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam bekennt.

 

Wenn der BF in seiner Stellungnahme ferner eine konkret gegen seine Person gerichtete Gefährdung aufgrund der beruflichen Aktivität seines Vaters behauptet, so ist festzuhalten, dass er diesbezügliche Sicherheitsbedenken in seinen persönlichen Befragungen in keiner Weise äußerte und auch keine Vorfälle schilderte, welche auf eine derartige Gefahr hindeuten würden, sodass eine diesbezügliche Gefahr auszuschließen ist. Im Übrigen vermochte der BF auch nicht die Relevanz seiner Ausführungen zur prekären Situation von Kindern im Herkunftsstaat für den gegenständlichen Fall aufzuzeigen, handelt es sich bei ihm doch um einen volljährigen, kinderlosen Mann.

 

2.3. Feststellungen zu einer neuerlichen Ansiedlung in Afghanistan

 

Die Feststellungen zu den Folgen einer neuerlichen Ansiedlung des BF in der XXXX einer Neuansiedlung in der Stadt XXXX ergeben sich aus den oben angeführten Länderberichten in Zusammenschau mit den persönlichen Umständen des BF:

 

Zur Sicherheitslage:

 

Grundsätzlich zählt die Provinz XXXX zu den ruhigen Provinzen in Nordafghanistans mit im Jahr 2017. Was die allgemeine Sicherheitslage betrifft ist zunächst festzuhalten, dass die Stadt XXXX nach den Länderfeststellungen jedenfalls als unter Kontrolle der afghanischen Regierung steht. Auch ergibt sich daraus nicht, dass dort von einem aktiven Konflikt zwischen der Regierung bzw. deren Kräften und regierungsfeindlichen Kräften auszugehen wäre. XXXX ist die Hauptstadt der Provinz XXXX , diese ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle ist vergleichsweise gering. Allerdings übersieht das erkennende Gericht nicht, dass es auch in der Stadt XXXX wiederkehrend zu sicherheitsrelevanten Vorfällen kommt. Aus dem Berichtsmaterial geht hervor, dass Terroranschläge bzw. sonstige sicherheitsrelevante Vorfälle durch regierungsfeindliche Gruppierungen, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter ("high-profile"-Ziele) wie insbesondere Regierungseinrichtungen oder Armeestützpunkte, in der Stadt XXXX nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Die in XXXX verzeichneten Anschläge ereigneten sich hauptsächlich im Nahebereich der dargestellten "high-profile"-Ziele. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten und auch bei Berücksichtigung bestimmter, üblicherweise zu erwartender Bewegungen des BF nach seiner Neuansiedlung (insbesondere der Weg zu Orten des Einkaufs von Gegenständen des täglichen Bedarfs, zu [möglichen, zukünftigen] Arbeitsstätten oder medizinischen Einrichtungen) nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen, dass von einem bereits erreichten Gewaltausmaß, wonach es geradezu wahrscheinlich wäre, dass auch der Beschwerdeführer tatsächlich und durch seine bloße Anwesenheit in der Stadt XXXX Opfer eines Gewaltaktes werden würde, gesprochen werden muss. Dies insbesondere, wenn man dabei die Häufigkeit der dargestellten Anschläge dem Gesamtgebiet und der gesamten Einwohnerzahl von XXXX (rund 500.000) gegenüberstellt. Die Lage in der XXXX kann daher insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden. Bei der XXXX handelt es sich folglich um einen Ort, an dem die willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass es im Allgemeinen für Zivilisten nicht geradezu wahrscheinlich erscheint, dass sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein werden. Der BF kann XXXX über den Luftweg aufgrund des vorhandenen, internationalen Flughafens praktikabel, sicher und legal erreichen.

 

Die Stadt XXXX ist die Hauptstadt der vergleichsweise gut entwickelten gleichnamigen Provinz im Westen des Landes. Herat wird als relativ friedliche Provinz gewertet. Aufständische sind in einigen Distrikten der Provinz, nicht jedoch in der Stadt XXXX , aktiv. Die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle ist vergleichsweise gering. Der Beschwerdeführer kann XXXX über den Luftweg aufgrund des vorhandenen, internationalen Flughafens praktikabel, sicher und legal erreichen. Die Lage in der Stadt XXXX kann daher insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden. Bei der Stadt XXXX handelt es sich folglich um einen Ort, an dem die willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass es im Allgemeinen für Zivilisten nicht geradezu wahrscheinlich erscheint, dass sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein werden.

 

Zur Versorgungslage und allgemeinen Lebensbedingungen in XXXX :

 

Es ist nicht zu übersehen, dass nach den festgestellten Informationen die wirtschaftliche Lage sowie Versorgungslage in Afghanistan im Allgemeinen sowie in der Stadt XXXX - insbesondere auch aufgrund der großen Anzahl sonstiger Binnenvertriebener und anderer Rückkehrer, die einströmen - jedenfalls insbesondere im Hinblick auf die Wohnressourcen als angespannt betrachtet werden muss und die Arbeitslosigkeit auch dort hoch ist. Auch kann die aktuelle Trockenheit bzw. Dürre zu einem weiteren Einströmen führen. Hinsichtlich der Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung in den Städten XXXX ist in Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen allerdings auszuführen, dass dort auch allgemein der Zugang zu Unterkunft, grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung und zu Erwerbsmöglichkeiten gegeben ist, wenn auch die Gesamtsituation angespannt ist:

 

Die in der Stellungnahme vom XXXX zitierten Länderberichte zur Versorgungslage in diesen Städten (insb. zu den Folgen der Dürre) zeigen nicht auf, dass die grundlegende Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln in den Städten XXXX nicht mehr gegeben ist. Auch wenn es zu Verknappungen gekommen ist, ist allerdings - ansonsten kann im Hinblick auf diese Großstädte von entsprechenden Berichten bzw. Hinweisen ausgegangen werden - die Situation nicht so, dass in den Städten der Zugang zu einer grundlegenden Versorgung nicht gegeben ist. In diesen Städten ist insbesondere die Versorgung mit Nahrungsmitteln dadurch gesichert, dass Defizite (etwa Ernteausfälle bedingt etwa durch die notorische Trockenheit in diesem Jahr in den umliegenden landwirtschaftlichen Gebieten) durch Importe aus dem Iran und Pakistan, also durch konventionelle marktwirtschaftliche Kanäle, ausgeglichen werden können.

 

Wie aus dem vom BF zitierten ACCORD-Bericht vom 07.12.2018 (vgl. Graphik auf S. 29 des Berichts) hervorgeht, stellt sich die Versorgungslage in der Provinz XXXX (Stufe 3 "krisenhaft") angespannter dar als im Verhältnis zur Provinz XXXX (Stufe 2 "angespannt"). Im Detail ergibt sich jedoch aus den Ausführungen zur Stadt XXXX , dass - wie bereits erwähnt - die grundlegende Versorgung dennoch gesichert ist. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass sich der Bericht insbesondere auf die Situation von Rückkehrenden und Binnenvertriebenen sowie die Lage in informellen Siedlungen bezieht. Die Situation des BF unterscheidet sich von anderen Rückkehrenden insbesondere dahingehend, dass er in XXXX über ein soziales Netzwerk verfügt und seine Eltern in einem Haus leben. Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte für die Annahme hervorgekommen, dass der BF im Fall seiner Rückkehr nicht mehr im Haus seiner Eltern wohnen könne, zumal er sein gesamtes Leben bis zu seiner Ausreise dort verbracht hat und nach wie vor Kontakt zu seiner Familie pflegt. Ferner beziehen sich die Ausführungen im ACCORD-Bericht vom 07.12.2018 (vgl. S. 34ff.) insbesondere auf die prekäre Situation von Rückkehrenden ohne soziales Netzwerk sowie Binnenvertriebene, welche infolge ihrer Flucht ihr Eigentum zurücklassen musste. Aufgrund der Möglichkeit des BF, zu seiner Familie in sein Elternhaus zurückzukehren, stellt sich seine Lage sohin qualifiziert besser dar, als jene der Rückkehrenden ohne soziales Netzwerk, zumal dadurch der Zugang zu Trinkwasser maßgeblich erleichtert wird, verfügen doch die länger ansässigen Bewohner üblicherweise über Zugang zu Wasser in ihren Behausungen (vgl. S. 36 ACCORD-Bericht vom 07.12.2018). Ferner ist davon auszugehen, dass er von der Lebensmittelunsicherheit nur in einem geringeren Ausmaß betroffen ist, da finanzielle Aufwendungen für die Beschaffung einer Unterkunft entfallen.

 

Zur Situation am Arbeitsmarkt

 

Den getroffenen Feststellungen ist zu entnehmen, dass die Stadt XXXX ein wichtiger Wirtschaftsknotenpunkt des Landes ist und eine höhere Industrialisierung als andere Städte in Afghanistan aufweist. Zudem hat XXXX grundsätzlich bessere Arbeitsmöglichkeiten aufgrund einer größeren Anzahl an Unternehmen, sodass insgesamt Erwerbsmöglichkeiten gegeben sind.

 

Die Situation in der Stadt XXXX stellt sich vergleichbar angespannt dar. Auch hier ist aber nicht hervorgekommen, dass es keine realistisch erlangbaren Erwerbsmöglichkeiten gibt. Aufgrund der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit des BF geht das erkennende Gericht davon aus, dass es auch in Herat Erwerbsmöglichkeiten für den BF gibt.

 

Zur persönlichen Situation des BF

 

Die persönlichen Merkmale des BF zeigen auf, dass er - abgesehen von der verminderten Hörfähigkeit - ein körperlich gesunder und leistungsfähiger junger Mann ist, der überwiegend in Afghanistan gelebt hat. Der BF ist umfassend in Afghanistan sozialisiert, hat dort überwiegend gelebt und spricht eine Landessprache als Erstsprache. Mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates ist er vertraut. In XXXX findet der BF kein soziales Netzwerk vor. Der BF ist aber arbeits- und leistungsfähig, sodass er jedenfalls befähigt ist, einfache, körperliche Tätigkeiten auszuüben. Im Übrigen verfügt er auch über eine Ausbildung als Automechaniker. Diese Umstände führen zu der Feststellung, dass der BF trotz einer angespannten Situation am Wohnungs- und Arbeitsmarkt (allenfalls nach anfänglichen Schwierigkeiten) eigenständig eine Existenz im Herkunftsstaat aufbauen und sichern kann. In der Stadt XXXX kann er überdies auf sein soziales Netzwerk zurückgreifen, zumal dort insbesondere seine Eltern sowie sein Bruder leben.

 

Vor dem Hintergrund der Sicherheits- und Versorgunglage in XXXX war auf Basis dieser persönlichen Merkmale des BF in einer Gesamtschau festzustellen, dass in diesen Städten weder ein solcher Grad willkürlicher Gewalt herrscht, dass er allein durch seine Anwesenheit tatsächlich einer ernsthaften, individuellen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt ist und er zudem nicht Gefahr läuft, dort grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann zudem durch eigene Erwerbstätigkeit ein Einkommen lukrieren und so in diesen Städten Fuß fassen.

 

2.4 Zu den Feststellungen zum Herkunftsstaat

 

Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Der BF ist im Übrigen den vom Bundesverwaltungsgericht erhobenen und ihm zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelten Länderinformationen nicht ausreichend konkret entgegengetreten, sondern stützte er seine Argumentation in der Stellungnahme vom XXXX unter anderem auf die darin wiedergegebenen Berichte.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).

 

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu überprüfen, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet.

 

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Zu Spruchteil A)

 

3.1 Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 idgF kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

 

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 als der die Asylgewährung regelnden Bestimmung wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht (Z.1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat (Z. 2).

 

Die Verfolgungsgefahr muss auch aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass eine Person bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Es ist entscheidend, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen gerechnet werden muss 8vgl. VwGH 03.05.2016, Ra 2015/18/0212; mwN).

 

Die Gefahr der Verfolgung iSd § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151; 17.12.2015, Ra 2015/20/0048).

 

Für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung ist nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet. Schutz für Angehörige einer verfolgten Gruppe ist unabhängig davon, ob auch andere Gruppen in vergleichbarer Intensität verfolgt werden, zu gewähren (vgl. VfGH 18.09.2015, E 736/2014). Der Verwaltungsgerichtshof hat erkannt, dass die Ermittlung der asylrelevanten Verfolgungsgefahr (insbesondere unter dem Aspekt einer "Gruppenverfolgung") nach rein mathematischen Gesichtspunkten nicht möglich ist; eine solche Betrachtung sei schon vom Ansatz her verfehlt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Asylwerber sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat. Dies ist der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771 ua.). Anhand dieses Maßstabes ist auch zu ermitteln, ob eine asylrelevante Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten (etwa ethnischen) Gruppe glaubhaft ist. Dabei spielen Häufigkeit und Intensität der bereits dokumentierten Übergriffe auf Mitglieder dieser Gruppe im Herkunftsstaat eine wesentliche Rolle.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793; 23.02.2011, 2011/23/0064) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

 

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, 94/18/0263; VwGH 01.02.1995, 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist.

 

Abgesehen davon, dass einer derartigen nicht vom Staat sondern von Privatpersonen ausgehenden Bedrohung nur dann Asylrelevanz zuzubilligen wäre, wenn solche Übergriffe von staatlichen Stellen geduldet würden (VwGH 10.03.1993, 92/01/1090) bzw. wenn der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt wäre, diese Verfolgung hintanzuhalten, hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt, dass die Asylgewährung für den Fall einer solchen Bedrohung nur dann in Betracht kommt, wenn diese von Privatpersonen ausgehende Verfolgung auf Konventionsgründe zurückzuführen ist (vgl. VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551; 29.06.2006, 2002/20/0167).

 

Eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat hingegen nur dann asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. etwa VwGH 26.11.2014, Ra 2014/19/0059; 18.11.2015, Ra 2014/18/0162; 19.04.2016, Ra 2015/20/0302, je mwN).

 

3.1.2 Im vorliegenden Fall ist es dem BF nicht gelungen, objektiv begründete Furcht vor aktueller Verfolgung in gewisser Intensität darzutun, zumal sein Fluchtvorbringen hinsichtlich der Verfolgung durch die Familie seiner Freundin nicht als glaubhaft qualifiziert werden konnte.

 

3.1.3. Zu den im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Nachfluchtgrund, konkret der behaupteten Konversion vom Islam zum Christentum ist Folgendes auszuführen:

 

Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0426; 23.5.2017, Ra 2017/18/0028).

 

In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob der Religionswechsel bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist (Hinweis E vom 23. Juni 2015, Ra 2014/01/0210, mwN). Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (Hinweis E vom 23. Juni 2015, Ra 2014/01/0117, mwN). Die bloße Behauptung eines "Interesses am Christentum" reicht zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht aus (VwGH 20.06.2017, Ra 2017/01/0076).

 

Zusammenfassend ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt nach ausführlicher Befragung des BF in den mündlichen Beschwerdeverhandlungen, dass das Christentum nicht wesentlicher Bestandteil des BF ist und beim BF nicht von einer tatsächlichen christlichen Überzeugung auszugehen ist, welche der BF allenfalls verleugnen müsste. Sohin ist der BF im Fall seiner Rückkehr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit massiven Einschränkungen im persönlichen Bereich aufgrund seiner religiösen Überzeugung ausgesetzt bzw. einem erheblichen Verfolgungsrisiko für seine persönliche Sicherheit und physische Integrität sowohl von privater oder staatlicher Seite ausgesetzt. Auch seine vermeintliche Abkehr vom sunnitischen Glauben ist nicht auf eine innere Überzeugungshaltung zurückzuführen, sondern lehnte es der BF bereits vor seiner Ausreise teilweise ab, die Moschee regelmäßig zu besuchen, ohne hierdurch Nachteile zu erleiden.

 

Insgesamt war ihm sohin auch nicht aufgrund der behaupteten Konversion oder aufgrund der Abwendung vom islamischen Glauben der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

 

3.1.5. Die allgemein prekäre Wirtschafts- und Sicherheitslage in Afghanistan und eine daraus resultierende existentielle Bedrohung im Hinblick auf eine mangelnde Versorgung und eine mangelnde Lebensgrundlage stellt sich im konkreten Fall des Beschwerdeführers (mangels Kausalzusammenhanges zu einem Konventionsgrund) nicht als "Verfolgung" im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention dar.

 

3.1.6 Insgesamt war daher das Vorbringen des BF nicht geeignet, eine mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung aus asylrelevanten Gründen darzutun, weshalb es dem BF insgesamt nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Folglich war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

 

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Asylantrag auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (in der Folge VwGH) setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk"), insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung, droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053, mwN).

 

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR und des Europäischen Gerichtshofs - EuGH).

 

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

 

Für Afghanistan hat der VwGH mehrfach auf die Rechtsprechung EGMR hingewiesen, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. dazu VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, VwGH 18.03.2016, Ra 2015/01/0255, VwGH 13.09.2016, Ra 2016/01/0096, jeweils mit zahlreichen Hinweisen auf die seit 2013 bestehende Rechtsprechung des EGMR).

 

In diesem Sinn hat der VwGH in seiner jüngeren zum Herkunftsstaat Afghanistan ergangenen Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des EGMR ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61204/09; siehe dazu auch VwGH 18.03.2016, Ra 2015/01/0255).

 

Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG). Ihre Inanspruchnahme muss dem Fremden - im Sinne eines zusätzlichen Kriteriums - zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort); für die Frage der Zumutbarkeit (im engeren Sinn) muss daher ein geringerer Maßstab als für die Zuerkennung subsidiären Schutzes als maßgeblich angesehen werden (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 11 AsylG, K15). Die Berücksichtigung des möglichen Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative bei der Prüfung des subsidiären Schutzes ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AsylG, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative, die als ein Kriterium u.a. die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht, auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten bezieht (vgl. hierzu auch VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233).

 

In seinem Erkenntnis vom 12.12.2017, E 2068/2017-17, sprach der VfGH im Plenum aus, dass einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrsche, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut sei und die Möglichkeit habe, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in XXXX zugemutet werden könne, und zwar selbst dann, wenn er nicht in Afghanistan geboren worden sei, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan habe, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen sei.

 

In seinem Erkenntnis vom 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 führte der VwGH weiters aus, dass die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative voraussetze, dass dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden könne. Die Zumutbarkeit des Aufenthaltes sei daher von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen. Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen würden, die Art. 3 EMRK widersprächen (oder auf Grund derer andere Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllt wären), wäre eine innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthaltes in diesem Gebiet zu verneinen.

 

Die Frage der Zumutbarkeit werde danach beurteilt, ob der in einem Teil seines Herkunftslandes verfolgte oder von ernsthaften Schäden bedrohte Asylwerber in einem anderen Teil des Herkunftsstaates ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härte führen könne. Dabei sei auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Bezug auf das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative Folgendes aus (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001):

 

"Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits erkannt, dass eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen. Mit Bezug auf die Verhältnisse in Afghanistan wurde ausgeführt, es könne zutreffen, dass ein alleinstehender Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und ohne finanzielle Unterstützung in der afghanischen Hauptstadt Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sei. Soweit es sich aber um einen jungen und gesunden Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, handle, sei - auf der Grundlage der allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat - nicht zu erkennen, dass eine Neuansiedlung in Kabul nicht zugemutet werden könne. Dies stehe auch im Einklang mit der Einschätzung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118).

 

Selbst wenn UNHCR in seinen Richtlinien vom 30.08.2018 nunmehr zum Ergebnis kommt, dass in Kabul eine interne Schutzalternative aufgrund der Verschlechterung der allgemeinen Situation nicht verfügbar ist, so wird die Zumutbarkeit einer Rückkehr nach Afghanistan nicht gänzlich verneint, sondern werden verschiedene Kriterien zur Beurteilung der Zumutbarkeit einer Ansiedlung in Afghanistan aufgezeigt. Unter anderem kommt UNHCR zur Auffassung, dass alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter, bei welchen keine besonderen Gefährdungsfaktoren hinzutreten, auch ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben können, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen.

 

3.2.3 Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht gegeben sind:

 

Vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts (vgl. oben insb. zur Erreichbarkeit, zur allgemeinen Sicherheits- und Versorgunglage und den individuellen Umständen und Merkmalen des BF) sind die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) in Bezug auf die Stadt XXXX nicht gegeben. Der BF hat keine individuellen Umstände dargetan und glaubhaft gemacht, die im Fall der Rückkehr nach XXXX eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.

 

Bei dem volljährigen BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der BF beherrscht Dari als eine der Landessprachen Afghanistans. Überdies verfügt er bereits über Berufsausbildung und über Berufserfahrung als Automechaniker. Er ist im afghanischen Familienverband aufgewachsen und wurde im Herkunftsstaat sozialisiert. Daher ist er mit den dortigen sozialen und kulturellen Gepflogenheiten gut vertraut. Zudem gehört er keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Es ist daher davon auszugehen, dass es dem BF in Afghanistan binnen kurzer Zeit selbst möglich sein wird, seinen Lebensunterhalt selbständig zu verdienen und davon leben zu können.

 

Auch wenn - wie oben dargelegt - in Afghanistan die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, kann im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass es dem BF unter Berücksichtigung seiner oben dargelegten persönlichen Verhältnisse im Fall der Rückkehr nach Afghanistan durchaus möglich und zumutbar ist, in XXXX bei seinen Eltern zu wohnen, wie er eigenen Angaben nach, auch bereits von dieser Möglichkeit vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat Gebrauch gemacht hat bzw. nach einem - wenn auch anfangs nur vorläufigen - Wohnraum zu suchen und sich etwa mit seinen erlernten Tätigkeiten ein für seinen Lebensunterhalt ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.

 

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des BF ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in der Stadt XXXX in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem BF eine Ansiedlung in der Stadt XXXX möglich und auch zumutbar ist.

 

Dem BF steht überdies eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in XXXX offen:

 

Vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts (vgl. oben insb. zur Erreichbarkeit, zur allgemeinen Sicherheits- und Versorgunglage und den individuellen Umständen und Merkmalen des BF) sind die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben. Der BF hat keine individuellen Umstände dargetan und glaubhaft gemacht, die im Fall der Rückkehr nach XXXX eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.

 

Im Falle seiner Rückkehr ist der BF vor diesem Hintergrund aufgrund seiner individuellen Verhältnisse nicht einer "realen Gefahr" iSd Art 2 oder Art 3 EMRK ausgesetzt. Die Sicherheitslage in dieser Stadt ist relativ sicher, die Versorgungslage ist angespannt, doch hat der BF keinen Nachweis des Vorliegens von in seiner Person gelegenen, exzeptionellen Umständen im Hinblick auf eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK durch seine Rückführung in den Herkunftsstaat erbracht (vgl. dazu VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016). Überdies verfügt XXXX über einen internationalen Flughafen, über welchen die Stadt sicher erreicht werden kann.

 

In XXXX findet der BF kein soziales Netzwerk vor. Die Erkenntnisquellen machen ersichtlich, dass die Rückkehrsituation für alleinstehende Rückkehrer ohne direkte Anknüpfungspunkte schwieriger ist als für Personen, die in den Familienverband zurückkehren. Die Rückkehrsituation des BF erschwert daher, dass er in dieser Stadt über keine aktuellen sozialen bzw. familiären Anknüpfungspunkte verfügt.

 

Aufgrund seiner Berufsausbildung, seiner Berufserfahrung und seiner Arbeitsfähigkeit hat er aber die Möglichkeit, sich in dieser Stadt allenfalls durch Gelegenheitstätigkeiten aus eigenem eine Existenzgrundlage zu sichern. Zudem gehört er keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Der BF weist keine besondere Vulnerabilität auf.

 

Außerdem kann er durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise das Auslangen finden. Aus diesen Gründen ist auch nicht zu befürchten, dass er in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte.

 

Bei einer Rückkehr nach XXXX besteht für den BF zwar die Möglichkeit einer schwierigen Lebenssituation, dies bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, damit ist aber die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit einer Verletzung des Art. 3 EMRK nicht dargetan (vgl. dazu die Erkenntnisse des VwGH vom 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, und vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0063, bzw. zur Frage einer innerstaatlichen Fluchtalternative für einen gesunden und arbeitsfähigen afghanischen Staatsangehörigen den Beschluss vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096; sowie das Erk vom 25.04.2017, Ra 2016/01/0307; vgl. auch VfGH vom 26.02.2019, E 4917/2018-13).

 

Der Klarstellung des Verwaltungsgerichts folgend, dass von der wirtschaftlichen angespannten Situation in Afghanistan das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert, zu unterscheiden ist (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095), ist für den gegenständlichen Fall entscheidend, dass beim Beschwerdeführer aufgrund obenstehender Erwägungen eine solche Situation nicht gegeben ist.

 

Es ergibt sich nämlich zusammenschauend, dass für den BF bei der Rückkehr nach XXXX die Möglichkeiten für eine den durchschnittlichen afghanischen Verhältnissen entsprechende Lebensführung realistisch ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung und damit einer Verletzung der nach Art. 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt ist.

 

Aufgrund der den BF erwartenden Lebenssituation, in der es ihm möglich ist, als Mann mit den oben beschriebenen individuellen Merkmalen in einem hinreichend sicheren afghanischen urbanen Gebiet durch eigene Erwerbstätigkeit seine Existenz zu sichern, er also für seine Grundbedürfnisse aufkommen und für sein Fortkommen sorgen kann, ist ihm die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in dieser Stadt auch zumutbar.

 

Auch andere Faktoren, die gegen die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in XXXX sprechen, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden vom BF auch nicht substantiiert vorgebracht.

 

Dies entspricht auch der oben dargestellten aktuellen Einschätzung von UNHCR zur Zumutbarkeit interner Schutzalternativen, wonach alleinstehende leistungsfähige Männer im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf eine Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung (Familie/ethnische Gruppe) darstellen. Die vom erkennenden Gericht angenommene Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative entspricht auch der Einschätzung von EASO zu internen Schutzalternativen für "Single able-bodied adult men".

 

Bei Vorliegen dieser Faktoren befand auch der VwGH in einem aktuellen Erkenntnis, dass darin keine Unzumutbarkeit einer Neuansiedlung in XXXX begründet liegt, sondern jene von UNHCR geforderten "bestimmten Umstände", nach denen es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben, vorliegen (vgl. VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0704).

 

Auf Basis der bereits dargestellten Judikatur des EGMR, des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs führt aufgrund des festgestellten Sachverhalts die Prüfung der maßgeblichen Kriterien zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer bei Inanspruchnahme der innerstaatliche Fluchtalternative in XXXX keine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte droht und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

3.2.4. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt daher im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem BF bei einer Rückkehr nach XXXX oder der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in XXXX keine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte droht und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Rückkehr in die Stadt XXXX oder die Inanspruchnahme einer innerstaatlicher Fluchtalternative in XXXX ist dem BF auch zumutbar.

 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass fallgegenständlich auch im Falle einer richtlinienkonformen Auslegung des § 8 AsylG 2005 vor dem Hintergrund der in Art. 2 lit f iVm Art. 15 der Statusrichtlinie 2011/95/EU vorgegebenen unionsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz, welche den maßgeblichen Schutzbereich inhaltlich enger umschreiben, als es im geltenden nationalen Recht der Fall ist (vgl. hierzu die Erwägungen in VwGH 6.11.2018, Ra 2018/01/0106-12), kein anderes Ergebnis erzielt würde.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

3.3 Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

 

3.3.1 Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der BF befindet sich seit XXXX im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor und wurde ein dementsprechendes Vorbringen auch nicht erstattet.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Der BF ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG lautet wie folgt:

 

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

 

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

 

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

 

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

 

Der mit "Schutz des Privat Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

 

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

 

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

 

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

 

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

 

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

 

Art. 8 EMRK lautet wie folgt:

 

"Art. 8 EMRK (1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

 

Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).

 

Vom Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd. Art 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl etwa VwGH 26.1.2006, 2002/20/0423; 8.6.2006, 2003/01/0600; 26.1.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

 

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, Zl. U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017).

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 05.09.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, OJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).

 

3.3.2 Abwägung im gegenständlichen Fall

 

Zwar ist die volljährige Schwester des BF mit ihrem Ehegatten und ihren Kindern in Österreich wohnhaft. Allerdings lebt der BF mit ihr in keinem gemeinsamen Haushalt und besteht zwischen den Geschwistern auch kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis, sodass die Bindung zu seiner Schwester und ihrer Familie nicht als Familienleben iSd Art. 8 EMRK qualifiziert werden kann. Über weitere Angehörige im Bundesgebiet verfügt der BF nicht. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen Eingriff in das Recht des BF auf Schutz des Familienlebens.

 

Hinsichtlich des Privatlebens ist zunächst auf die Aufenthaltsdauer des BF von rund vier Jahren zu verweisen. Der VwGH hat zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (VwGH 30.07.2015 Ra 2014/22/0055 mit Hinweis auf 23. 06.2015, Ra 2015/22/0026 und 0027).

 

Die Aufenthaltsdauer wird weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt des BF bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war und sich der BF seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.

 

Für den BF spricht, dass er sich zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache angeeignet hat, an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen hat und sich durch seine Tätigkeit im XXXX ehrenamtlich engagiert. Ferner hat er geholfen, einen Flohmarkt zu organisieren. In seiner Freizeit spielt er überdies in einer Fußballmannschaft und besucht regelmäßig die Gottesdienste der katholischen Kirche in seinem Wohnort. Er hat sich folglich in Österreich auch einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut. Zudem pflegt er auch Kontakt zu seiner Schwester, seinem Schwager und deren Kindern.

 

In Österreich hat er auch den Staplerführerschein erlangt. Einer rechtmäßigen Erwerbstätigkeit geht der BF jedoch nicht nach. Seinen Lebensunterhalt bestreitet aus den Mitteln der Grundversorgung. Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen sind im Verfahren des BF nicht hervorgekommen.

 

Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da die Begehung von Straftaten einen eigenen Grund für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellt (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

 

Zu Lasten des BF ist hingegen festzuhalten, dass er bei der Ausübung einer unselbstständigen Beschäftigung ohne Arbeitsbewilligung und ohne Anmeldung zur Sozialversicherung betreten worden ist, wodurch der Eindruck erweckt wird, dass er nicht stets bemüht ist, sich an die österreichischen Verwaltungsvorschriften zu halten.

 

Der BF verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat im afghanischen Familienverband. Er ist somit mit den sozialen und kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut und es liegen keine Anhaltspunkte vor, weshalb sich der erwachsene und arbeitsfähige BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan nicht wieder in die Gesellschaft seines Heimatlandes eingliedern könnte. Zudem ist davon auszugehen, dass er - wie bereits ausgeführt - bei einer Rückkehr in die Stadt XXXX bei seinen Eltern wohnen könnte. Auch sein Bruder lebt nach wie vor in dieser Stadt, sodass er auch auf sein soziales Netzwerk im Herkunftsstaat zurückgreifen könnte.

 

Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt nach dem Erkenntnis des VwGH vom 07.09.2016, Ra 2016/19/0168, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu. Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die nach dem negativen Abschluss ihres Asylverfahrens über kein weiteres Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und unrechtmäßig in diesem verbleiben. Dass durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich ist in seinem Gewicht gemindert, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (Hinweis E vom 17. April 2013, 2013/22/0106, mwN). Grundsätzlich ist nach negativem Ausgang des Asylverfahrens - infolge des damit einhergehenden Verlustes des vorläufig während des Verfahrens bestehenden Rechts zum Aufenthalt und sofern kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht - der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen (vgl. in diesem Sinn das E vom 19. Februar 2014, 2013/22/0028).

 

In einer Gesamtschau betrachtet ist davon auszugehen, dass die Interessen des BF trotz seiner Integrationsfortschritte nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und auch nicht unverhältnismäßig.

 

Es liegt daher kein Eingriff in das Privatleben des BF vor, welcher zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, Interesse an geordneter Zuwanderung und wirtschaftliches Wohl des Landes) nicht geboten oder zulässig wäre (VwGH 09.09.2010, 2006/20/0176).

 

3.3.3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten können keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat Afghanistan ist gegeben.

 

3.2.5. Frist zur freiwilligen Ausreise

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, wurde die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt.

 

Zu Spruchteil B)

 

Zur Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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