VwGH 2013/22/0028

VwGH2013/22/002819.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl und die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der J, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 29. Oktober 2012, GZ. 162.550/2-III/4/12, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §41a Abs9;
VwGG §41 Abs1;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §41a Abs9;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die bescheiderlassende Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer chinesischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die bescheiderlassende Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei am 16. November 2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag sei letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20. Jänner 2010 iVm einer Ausweisung abgewiesen worden. Der Asylgerichtshof habe unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung gestandenen Informationen eine Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK als verhältnismäßig beurteilt.

Den nunmehr gegenständlichen Antrag habe die Beschwerdeführerin am 6. Oktober 2011 gestellt und damit begründet, sie befinde sich bereits seit drei Jahren in Österreich, verfüge über ein Deutschzertifikat "Niveau A2", habe sich einen großen Freundschaftskreis aufgebaut und könne einen Arbeitsvorvertrag als Kellnerin mit einem monatlichen Bruttoverdienst von EUR 1.258,-- vorweisen.

Die Aufenthaltsbehörde habe die Notwendigkeit einer neuerlichen Beurteilung gemäß Art. 8 EMRK erkannt und den Antrag einer umfassenden inhaltlichen Prüfung unterzogen. Mit Verständigung vom 8. Mai 2012 sei der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Aufenthaltsbehörde zur Kenntnis gebracht und eine Frist von vierzehn Tagen zur Stellungnahme eingeräumt worden. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom 25. Mai 2012 neuerlich auf ihr Sprachzertifikat "Niveau A2" und ihren Arbeitsvorvertrag verwiesen.

Eine Neubeurteilung nach Art. 8 EMRK bedeute - so die bescheiderlassende Behörde - nicht, dass zwangsläufig ein Aufenthaltstitel zu erteilen sei. Die Ausführungen in der Berufung seien im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Prüfung unterzogen worden. Dabei sei bewertet worden, dass die Beschwerdeführerin lediglich während des Asylverfahrens vorübergehend rechtmäßig aufhältig gewesen sei. Aus dem gesamten Verwaltungsakt sei nicht erkennbar, dass eine familiäre Bindung im österreichischen Bundesgebiet bestehe, zumal sich sämtliche Angehörige, wie ihre minderjährige Tochter, für die sie obsorgepflichtig sei, sowie ihre Mutter in China befänden.

Es sei nicht erkennbar, dass im Besonderen seit der Erlassung der Ausweisung durch den Asylgerichtshof "bis zur jetzigen Entscheidung" ein derart geänderter Sachverhalt eingetreten wäre, dass der Beschwerdeführerin der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen wäre.

Nach Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen der Beschwerdeführerin komme die bescheiderlassende Behörde zu dem Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen in Bezug auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwögen, weil weder familiäre noch berufliche Bindungen (es liege lediglich ein Arbeitsvorvertrag vor) zum österreichischen Bundesgebiet bestünden und der bisherige Aufenthalt lediglich vorübergehend rechtmäßig gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die bescheiderlassende Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Weiters ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (30. Oktober 2012) nach den Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 richtet.

Die Erteilung des von der Beschwerdeführerin begehrten Aufenthaltstitels nach § 41 a Abs. 9 NAG setzt ua. voraus, dass dies gemäß § 11 Abs. 3 NAG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten ist.

Die bescheiderlassende Behörde gelangte nach diesbezüglicher Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen an der Versagung des Aufenthaltstitels die gegenläufigen Interessen der Beschwerdeführerin überwögen. Diese Ansicht ist nicht zu beanstanden.

Die Beschwerdeführerin kann zwar einen beinahe vierjährigen inländischen Aufenthalt ins Treffen führen, welcher nur zu einem geringen Teil aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig war; sie durfte nicht damit rechnen, dauernd in Österreich bleiben zu können. Ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung durch den Asylgerichtshof hielt sich die Beschwerdeführerin jedenfalls illegal im Bundesgebiet auf. Maßgebliche Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass die Beschwerdeführerin über keine familiären Bindungen in Österreich verfügt. Den Feststellungen der bescheiderlassenden Behörde, dass sie geschieden sei und ihre Mutter sowie ihre minderjährige Tochter, für die sie obsorgepflichtig sei, in China lebten, tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Auch wenn die Beschwerdeführerin einen Arbeitsvorvertrag sowie ein Sprachzertifikat vorweisen kann, sind diese integrationsbegründenden Umstände nicht so schwer zu gewichten wie das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften, das von einem Fremden nach Abweisung seines Asylantrages grundsätzlich verlangt, den rechtmäßigen Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wieder herzustellen.

Soweit die Beschwerdeführerin erstmals in der Beschwerde auf ihre Schwangerschaft hinweist, stellt dies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG) dar. Ein Nachweis der Schwangerschaft an Hand eines Mutter-Kind-Passes - wie in der Beschwerde behauptet - ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Auch sonst ergibt sich kein Hinweis in den Akten, dass die Beschwerdeführerin ihre Schwangerschaft bereits während des Verwaltungsverfahrens bekannt gegeben hätte.

Wenn die bescheiderlassende Behörde zu dem Ergebnis kommt, dass es unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheint, der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel zu erteilen, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 19. Februar 2014

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