European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120682
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Kläger und die Beklagten sind die Miteigentümer der Liegenschaft EZ * KG *. Mit deren Miteigentumsanteilen ist jeweils untrennbar Wohnungseigentum an den im Gebäude „*“ gelegenen Wohnungseigentumsobjekten verbunden. Am 17. Mai 2013 wurde ein Teil dieses Gebäudes durch einen Brand zerstört. Die Wohnungseigentumsobjekte waren von diesem Brandschaden in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Im Zuge der Wiedererrichtung des zerstörten Gebäudeteils wurden – abweichend vom derzeitigen Grundbuchstand – Wohnungseigentumsobjekte adaptiert und neu errichtet. Das im Erdgeschoss gelegene, der Erstklägerin gehörige Wohnungseigentumsobjekt wurde in drei selbstständige Wohnungseigentumsobjekte unterteilt und im zweiten Obergeschoss wurde ein weiteres Wohnungseigentumsobjekt neu geschaffen. Mit Sachbeschluss des Bezirksgerichts Landeck vom 2. Februar 2016 wurden die Nutzwerte für die Wohnungseigentumsobjekte auf der Liegenschaft rechtskräftig neu festgesetzt.
Die Kläger begehrten zunächst, die Beklagten zu verpflichten, jenen bestimmt bezeichneten grundbücherlichen Eintragungen unentgeltlich zuzustimmen, die notwendig sind, damit jedem Wohnungseigentümer der nach der Nutzwertfestsetzung für sein Wohnungseigentumsobjekt erforderliche Mindestanteil zukommt. Nach Erörterung der Sach‑ und Rechtslage durch das Erstgericht, insbesondere nach dessen Hinweis, dass das Klagebegehren nicht auf Zustimmung zur Einverleibung Zug um Zug gegen Zahlung des Übernahmspreises zu lauten habe, weil eine Vorleistungspflicht durch die übertragenden Miteigentümer bestehe, modifizierten die Kläger das Klagebegehren. Sie ließen die im Begehren auf Zustimmung angeführte Unentgeltlichkeit fallen und begehrten in einem gesonderten Begehren die Feststellung, dass den Beklagten als den übertragenden Miteigentümern hinsichtlich der angeführten Eigentumsübertragungen jeweils keine Entgeltansprüche gegenüber den jeweils übernehmenden Klägern zustehen.
Die Erst‑, der Dritt‑, und der Fünftbeklagte bestritten, beantragten Klagsabweisung und wandten im Wesentlichen ein, es bestehe keine Vorleistungspflicht der Beklagten, sondern aufgrund der fehlenden Vereinbarung der Unentgeltlichkeit die Verpflichtung zur Übertragung der Miteigentumsanteile Zug um Zug gegen Zahlung angemessener Übernahmspreise.
Das Erstgericht gab dem Begehren auf Zustimmung zu den bestimmt bezeichneten grundbücherlichen Eintragungen mit Teil‑Urteil statt. Das Verfahren über das Feststellungsbegehren erklärte es bis zur rechtskräftigen Entscheidung über dieses Teilurteil für unterbrochen. Die Beklagten würden eine einheitliche Streitpartei bilden, sodass infolge Bestreitung durch Erst‑, Dritt‑ und Fünftbeklagten insgesamt „klagsweise“ zu entscheiden sei. Im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut des § 10 Abs 4 WEG 2002 [„übernommene Miteigentumsanteile“] sei von einer Vorleistungspflicht der Beklagten auszugehen, weshalb ihnen lediglich die Unsicherheitseinrede nach § 1052 Satz 2 ABGB, nicht aber das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 Satz 1 ABGB zustehe. Damit könne vorweg über die Verpflichtung zur Zustimmung entschieden werden, ohne vorab die Entgeltfrage zu klären.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen des Drittbeklagten und der Erst- und des Fünftbeklagten Folge. Es hob das angefochtene Teilurteil auf und wies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück. Im Falle eines Übertragungsanspruchs nach § 10 Abs 4 WEG 2002 argumentiere die Lehre trotz des vom Erstgericht als maßgeblich angenommenen Gesetzeswortlauts mit einer Verpflichtung zur Übertragung Zug um Zug gegen Entgeltzahlung und fordere eine dieser Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung Rechnung tragende Formulierung des Klagebegehrens. Das Berufungsgericht schließe sich dieser Rechtsauffassung an, zumal das von der Lehre aus den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 1/91 und 5 Ob 230/01m geschlossene Zug‑um‑Zug‑Begehren auch sachgerechter sei. Das Entgelt sei jedoch Zug um Zug gegen Übertragung und nicht Zug um Zug gegen Zustimmung zu leisten, die Zustimmung als solche sei nämlich unbedingt. Dies finde im über Erörterung des Erstgerichts geänderten Klagebegehren nicht Deckung; dieses richte sich nicht auf Übertragung, sondern auf Zustimmung, die gerade nicht von der Zug-um-Zug-Einrede betroffen sei. Damit sei die – ansonsten mögliche – Beifügung einer Zug‑um‑Zug‑Leistung des Klägers als Beschränkung seines Begehrens nicht möglich und es bedürfe daher nicht der Erörterung des Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungsbegehrens zur Erzielung einer bestimmten Formulierung, sondern der Erörterung des verfehlten Leistungsbegehrens. Dies habe das Erstgericht unterlassen, weil es von einer Vorleistungspflicht der Beklagten ausgegangen sei. Da aber keine Vorleistungspflicht der Beklagten, sondern bloß eine Verpflichtung zur Leistung Zug um Zug bestehe, erweise sich die Sache nicht einmal teilweise als entscheidungsreif. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren die Formulierung des Klagebegehrens ausgehend von der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu erörtern und den Klägern die Möglichkeit zur Anpassung ihres Klagebegehrens einzuräumen haben.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Formulierung des Klagebegehrens zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der – nur von der Drittbeklagten beantwortete – Rekurs der Kläger aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, diese abzuändern und das Teil-Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Drittbeklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1.1. Wohnungseigentum wird gemäß § 5 Abs 3 WEG 2002 grundsätzlich durch die Einverleibung in das Grundbuch erworben. Daher bedarf auch jede Änderung von Anteilen (§ 2 Abs 9 WEG) zur wohnungseigentumsrechtlichen Wirksamkeit der grundbücherlichen Durchführung (5 Ob 76/13g).
1.2. Eine Nutzwertneufestsetzung bewirkt daher keine unmittelbare Eigentumsveränderung, insbesondere keine Änderung der Anteilsverhältnisse der Mit- und Wohnungseigentümer; sie bildet vielmehr (nur) die Grundlage für eine nachfolgende (erforderliche) Änderung der Mindestanteile (RIS‑Justiz RS0106054 [T8, T9], RS0106055 [T5, T6]). Zu diesem Zweck normiert § 10 Abs 3 WEG 2002 unter bestimmten restriktiven Bedingungen die Möglichkeit, Anteilsverschiebungen in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG vorzunehmen.Liegen die im § 10 Abs 3 WEG 2002 genannten Voraussetzungen einer bloßen Berichtigung nicht vor, so haben die Miteigentümer zur Änderung der Miteigentumsanteile entsprechend einer gerichtlichen oder einvernehmlichen Nutzwertfestsetzung gegenseitig Miteigentumsanteile in einem solchen Ausmaß zu übernehmen und zu übertragen, dass jedem Wohnungseigentümer der nun für sein Wohnungseigentumsobjekt erforderliche Mindestanteil zukommt. Mangels vereinbarter Unentgeltlichkeit ist für die übernommenen Miteigentumsanteile ein angemessenes Entgelt zu entrichten. Die durch die einzelne Übertragung entstehenden Kosten und Abgaben hat der Miteigentümer zu tragen, dem ein Miteigentumsanteil übertragen wird (§ 10 Abs 4 WEG 2002).
1.3. Zur Änderung der Miteigentumsanteile nach dem Übertragungsmechanismus des § 10 Abs 4 WEG 2002 bedarf es einer grundbuchsfähigen Urkunde, in der einzelne Miteigentümer unter Angabe eines Rechtsgrundes bestimmte Miteigentumsanteile an bestimmte andere Miteigentümer übertragen und entsprechende Aufsandungserklärungen abgeben (RIS‑Justiz RS0123506). Mangels privatrechtlicher Übereignungsakte muss der sich aus der Neufestsetzung der Nutzwerte ergebende Übertragungsanspruch (für den § 10 Abs 4 WEG 2002 die gesetzliche Grundlage schafft) im Rechtsweg durchgesetzt werden (RIS‑Justiz RS0106055, RS0083219). Gleiches gilt für den Anspruch auf Entrichtung eines Wertausgleichs im Zusammenhang mit Anteilsänderungen (5 Ob 109/03w; RIS‑Justiz RS0106055 [T4], RS0083219 [T2]).
2.1. Das sich aus § 10 Abs 4 WEG 2002 ergebende Erfordernis einer Klage des „übernehmenden“ gegen die „übergebenden“ Miteigentümer auf Zustimmung zur Einverleibung bezieht sich nur auf jene Miteigentümer, die von der durch die Nutzwert‑(neu‑)festsetzung erforderlichen Anteilsänderungen unmittelbar betroffen sind und ihrer Pflicht, zur Berichtigung durch entsprechende Übertragung bzw Übernahme von Anteilen beizutragen, nicht nachkommen (5 Ob 40/17v; Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 10 WEG Rz 28; Würth/Zingher/Kovanyi II²³ § 10 WEG Rz 9).
2.2. Die Vorinstanzen gingen dabei zu Recht davon aus, dass die von den erforderlichen Anteilsänderungen unmittelbar betroffenen Miteigentümer eine einheitliche Streitpartei nach § 14 ZPO bilden. Eine einheitliche Streitpartei liegt dann vor, wenn für sämtliche Streitgenossen aus der Einheitlichkeit des rechtserzeugenden Sachverhalts ein allen Streitgenossen gemeinsames Begehren abgeleitet wird, wie bei vollständiger Identität des Streitgegenstands oder wenn die Kläger nur gemeinschaftlich über den streitigen Anspruch verfügen können oder wenn das allen Streitgenossen gemeinschaftliche Rechtsverhältnis seiner Natur nach nur gegen alle oder für alle festgestellt werden kann (RIS‑Justiz RS0035409). Eine einheitliche Streitpartei ist also dann gegeben, wenn es das materielle Recht gebietet, den Anspruch für oder gegen alle übrigen Streitgenossen zu erheben, sodass über den Streitgegenstand zwangsläufig eine einheitliche Entscheidung ergehen muss (RIS‑Justiz RS0035496 [T19]). Bei dem aus § 10 Abs 4 WEG 2002 abgeleiteten Übertragungsanspruch folgt aus der Natur dieses auf eine der Nutzwertneufestsetzung entsprechende Eigentumsveränderung gerichteten Anspruchs, dass im Verhältnis aller von den erforderlichen Anteilsänderungen unmittelbar betroffenen Miteigentümer zwangsläufig eine einheitliche Entscheidung ergehen muss. In einem solchen (einheitlichen) Verfahren bilden daher die klagende(n) und beklagte(n) Partei(en) eine einheitliche Streitpartei gemäß § 14 ZPO (Hausmann aaO § 10 WEG Rz 28; Würth/Zingher/Kovanyi II²³ § 10 WEG Rz 9, 13/1; vgl auch 5 Ob 92/17s, 5 Ob 51/81 und Schneider in Fasching/Konecny, ZPO II/1³ § 14 Rz 42).
2.3. Bei einer notwendigen Streitgenossenschaft hat die von einem Streitgenossen gegen den Willen des anderen Streitgenossen vorgenommene Prozesshandlung keine rechtliche Wirkung (RIS‑Justiz RS0035701 [T9]). Beantragt auch nur einer von mehreren Beklagten die Abweisung des Klagebegehrens, dann darf kein Anerkenntnis‑ oder Versäumungsurteil gegen einzelne Streitgenossen gefällt werden (RIS‑Justiz RS0035701 [T1, T2]). Das Erstgericht hat mit seinem Urteil daher grundsätzlich zutreffend im Prozessrechtsverhältnis gegenüber allen Beklagten entschieden.
3.1. Gegenstand des Rekursverfahrens ist der notwendige Inhalt des Klagebegehrens zur Durchsetzung eines Übertragungsanspruchs nach § 10 Abs 4 WEG 2002.
3.2. Nach der Lehre hat das Klagebegehren auf Zustimmung zur Einverleibung Zug um Zug gegen Zahlung des Übernahmspreises zu lauten (Hausmann aaO § 10 WEG Rz 28; diesem zustimmend Würth/Zingher/Kovanyi II²³ § 10 WEG Rz 9; Prader, WEG4.10 § 10 Anm 3). Das Berufungsgericht differenziert hingegen zwischen der Zustimmung zur Übertragung und der Übertragung selbst. Das von den Klägern erhobene Begehren auf Zustimmung hält das Berufungsgericht für verfehlt, weil diesem die zu fordernde Zug-um-Zug-Verknüpfung mit der Ausgleichszahlung des Klägers als Beschränkung seines Begehrens nicht beigefügt werden könne.
4.1. Nach Auffassung des erkennenden Senats bedarf es der vom Berufungsgericht geforderten Differenzierung zwischen einem Begehren auf Zustimmung zur Übertragung und einem solchen auf Übertragung nicht.
4.2. Die Exekution eines Übertragungsanspruchs nach § 10 Abs 4 WEG 2002 geschieht, wie die Exekution anderer Ansprüche auf Einräumung, Übertragung, Beschränkung oder Aufhebung eines bücherlichen Rechts durch die Vornahme der bezüglichen bücherlichen Eintragung (§ 350 Abs 1 EO). Gemäß § 33 Abs 1 lit d GBG können rechtskräftige Urteile, die eine Exekutionsführung nach § 350 EO gestatten, im Grundbuchsverfahren Grundlage einer unmittelbaren bücherlichen Einverleibung sein (5 Ob 116/15t; RIS‑Justiz RS0004572, RS0004550). Der Erwerber des einzutragenden Rechts hat also die Wahl, direkt beim Grundbuchsgericht um die Einverleibung anzusuchen oder sie über das Exekutionsgericht zu erzwingen (3 Ob 136/14t; RIS‑Justiz RS0004572 [T1]; Weigand aaO § 33 GBG Rz 9 f).
4.3. Für die Bewilligung der Exekution nach § 350 EO genügt es, wenn der Anspruch auf Übertragung des Eigentums durch den Exekutionstitel gedeckt ist (RIS‑Justiz RS0004496), im Urteil also ausgesprochen wird, dass dem Kläger das bücherliche Recht zusteht und der Beklagte schuldig ist, dieses Recht anzuerkennen (5 Ob 116/15t). Der erforderliche Titel wird zwar in der Regel die Verpflichtung zur Einwilligung in die Vornahme der bücherlichen Eintragung aussprechen. Es genügen aber auch gleichwertige Leistungspflichten, nach denen der Verpflichtete der betreffenden Änderung der bücherlichen Rechtslage zuzustimmen hat (5 Ob 116/15t; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner § 350 EO Rz 6 mwN; Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht² § 33 GBG Rz 11). Auch eine durch Exekutionstitel wörtlich festgelegte Erklärung, in eine bestimmte Eigentumsübertragung einzuwilligen, sei es durch Zustimmung zu einer genau angeführten vertraglichen Regelung oder Unterfertigung einer diesbezüglichen Urkunde, stellt nicht bloß die Abgabe einer Willenserklärung im Sinn des § 367 EO dar (vgl RIS‑Justiz RS0123582, RS0004437 [T1]), bei welcher eine Exekutionsführung weder zulässig noch erforderlich wäre (RIS‑Justiz RS0004552). Vielmehr wäre auch ein derartiger Exekutionstitel gemäß § 350 EO durch Exekution vollstreckbar (RIS‑Justiz RS0004526).
4.4. Eine sich aus dem materiellen Rechtsverhältnis ergebende Zug‑um‑Zug‑Verknüpfung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums mit einer Gegenleistung kann – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – unabhängig von der konkret gewählten Formulierung der Leistungspflicht in (alle) Urteile aufgenommen werden, die eine Exekutionsführung nach § 350 EO gestatten. Aufgrund eines derartigen Zug‑um‑Zug‑Titels ist die Bewilligung einer Exekution dann – entgegen § 8 Abs 1 EO in Analogie zu § 367 Abs 2 EO – vor Erbringung der Gegenleistung ausgeschlossen; die Erbringung der Gegenleistung muss nicht bloß behauptet, sondern durch eine § 7 Abs 2 EO entsprechende, also eine qualifizierte (öffentliche oder öffentlich beglaubigte) Urkunde nachgewiesen werden (RIS‑Justiz RS0000267; Klicka in Angst/Oberhammer, EO³ § 350 EO Rz 5; Jakusch in Angst/Oberhammer, EO³ § 8 Rz 9). Ist der Rechtserwerb von einer aufschiebenden Bedingung, insbesondere der Erbringung einer Gegenleistung abhängig, ist auch für die (unmittelbare) Einverleibung im Grundbuch der Eintritt der Bedingung urkundlich unter Einhaltung der Vorschriften der §§ 26 ff GBG nachzuweisen (RIS‑Justiz RS0060277 [T2], RS0060269 [T9]; vgl auch RS0105966, RS0000264, RS0060364, RS0015082).
5.1. Nach dem Übertragungsmechanismus des § 10 Abs 4 WEG 2002 ist für die übernommenen Miteigentumsanteile mangels vereinbarter Unentgeltlichkeit ein angemessenes Entgelt zu entrichten. Nach der nicht näher begründeten Auffassung der Lehre (Hausmann aaO § 10 WEG Rz 28; diesem zustimmend Würth/Zingher/Kovanyi II²³ § 10 WEG Rz 9) stellt diese Verpflichtung eine Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung dar. Der Oberste Gerichtshof hat zu dieser Frage noch nicht ausdrücklich Stellung genommen. Den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen 5 Ob 1/91 und 5 Ob 230/01m lag jeweils eine Klage auf Ausgleichszahlung in der Sonderkonstellation der Rückabwicklung und Sanierung einer nichtigen Wohnungseigentumsbegründung zugrunde. Die Entscheidung 5 Ob 1/91 steht mit der im Schrifttum zu § 10 Abs 4 WEG 2002 angenommenen Zug‑um‑Zug‑Verknüpfung im Einklang. In dieser Entscheidung wurde die Fälligkeit eines allfälligen Ausgleichsanspruchs zwar verneint, „solange nicht der dem Gesetz gemäße Zustand bücherlich durchgeführt“ sei, weil keine Vorleistungspflicht der Beklagten bestehe. (Aber auch) dem Eventualbegehren auf Zahlung Zug um Zug gegen Übertragung der entsprechenden Miteigentumsanteile bleibe der Erfolg versagt, weil noch offen geblieben sei, ob und in welchem Umfang dieser Eigentumsübergang zu erfolgen habe. Zu 5 Ob 230/01m führte der Oberste Gerichtshof aus, dass die Ausgleichsansprüche „bei“ der bücherlichen Eintragung der Übertragung der Eigentumsanteile fällig würden; dies allerdings – weil die entsprechende Grundbuchsordnung im dort zu beurteilenden Fall ohnedies bereits hergestellt worden war – ohne sich mit dieser Frage näher auseinanderzusetzen.
5.2. Das Erstgericht und die Rekurswerber leiten demgegenüber aus dem Wortlaut des § 10 Abs 4 WEG 2002 eine Vorleistungspflicht der Beklagten zur Übertragung der Miteigentumsanteile ab. Die Bestimmung spreche von „übernommenen“ und nicht von „zu übernehmenden“ Anteilen, die Anteile würden aber erst durch die Einverleibung sachenrechtlich übernommen. Die Ausgleichszahlung habe daher erst nach und nicht (schon) Zug um Zug mit der Übertragung zu erfolgen.
5.3. Die Auslegung eines Gesetzes beginnt zwar mit der Wortinterpretation (RIS‑Justiz RS0008788), sie darf aber nicht bei der Wortinterpretation stehen bleiben. Der übliche formale Wortsinn ist vielmehr nur ein Hinweis für die Auslegung der Norm, nicht mehr; erst der äußerste mögliche Wortsinn steckt die Grenze jeglicher Auslegung ab, die auch mit den sonstigen Interpretationsmethoden nicht überschritten werden darf (RIS‑Justiz RS0008788 [T1], RS0008796, RS0016495). Bleibt nach Wortinterpretation und logischer Auslegung die Ausdrucksweise des Gesetzes – wie § 10 Abs 4 WEG 2002 in Bezug auf das Gegenseitigkeitsverhältnis der darin normierten Ansprüche – dennoch zweifelhaft, dann ist die Absicht des Gesetzgebers zu erforschen. Man versucht, den Sinn einer Bestimmung unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung zu erfassen (RIS‑Justiz RS0008836).
5.4. Ob Verpflichtungen, die Vertragspartner in einem gegenseitigen Vertrag übernehmen, in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen und daher ein Leistungsverweigerungsrecht begründen können, ist im Allgemeinen nach der Übung des Verkehrs zu beurteilen und dann zu bejahen, wenn die eine Leistung wirtschaftlich die Gegenleistung des Vertragsgegners darstellt. Die das Zug-um-Zug-Prinzip zum Ausdruck bringende Einrede des nicht erfüllten Vertrages bezieht sich dabei (immer nur) auf Pflichten, die zueinander im Austauschverhältnis stehen (RIS‑Justiz RS0019902). Beim Kauf sind daher mangels abweichender Vereinbarung im Sinne der §§ 1052, 1062 ABGB Sachleistung und Kaufpreisleistung insofern miteinander verknüpft, als die beiderseitigen Leistungen Zug um Zug zu erfolgen haben (RIS‑Justiz RS0020066 [T1], RS0019958). Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs 4 WEG 2002 für die grundbücherliche Durchführung der sich aus der Neufestsetzung der Nutzwerte ergebenden Rechtsänderungen grundsätzlich privatrechtliche Übereignungsakte vorgesehen, die freilich gegen einen angemessenen Wertausgleich auch erzwungen werden können (5 Ob 109/03w = RIS‑Justiz RS0013557 [T1]). Dieser Wertausgleich stellt wirtschaftlich die Gegenleistung für die Übertragung von Miteigentumsanteilen dar (vgl § 10 Abs 4 WEG 2002:„Entgelt“; Hausmann aaO § 10 WEG Rz 28: „Übernahmspreis“). Nach dem Zweck des Übertragungsmechanismus des § 10 Abs 4 WEG 2002 ist – wie das Berufungsgericht zu Recht hervorhebt – kein Grund ersichtlich, wieso in diesem Sonderfall von dem für den Liegenschaftskauf allgemein geltenden und von der Rechtsordnung als sachgerecht betrachteten Zug‑um‑Zug‑Prinzip abgegangen werden sollte. Dem Berufungsgericht ist im Gegenteil auch darin zuzustimmen, dass durch die Möglichkeit, die Übertragung von Miteigentumsanteilen zu erzwingen, in das Grundrecht auf Eigentum eingegriffen wird und dem zur Übertragung eines Teils seines Eigentums verpflichteten Miteigentümer im Hinblick auf das Gebot der grundrechts- und damit verfassungskonformen Auslegung von Gesetzen nicht zusätzlich das Insolvenz- und Bonitätsrisiko für den Zeitraum zwischen Anteilsübertragung und Entgeltzahlung aufgebürdet werden soll. Der von den Rekurswerbern angestellte Vergleich mit der Intensität des Eigentumseingriffs, der mit der Berichtigung der Anteile nach den §§ 10 Abs 3 WEG 2002 iVm 136 Abs 1 GBG verbunden ist, rechtfertigt – losgelöst von der Frage der Richtigkeit seiner Prämissen (vgl Hausmann aaO § 10 WEG Rz 31) – die Annahme einer unbedingten Vorausleistungspflicht des übertragenden Miteigentümers jedenfalls nicht. Gegenüber diesen objektiv-teleologischen Erwägungen hat das von den Rekurswerbern geltend gemachte wirtschaftliche Interesse an der Herstellung des „richtigen“ Grundbuchstands ebenso in den Hintergrund zu treten wie die Praktikabilitätserwägungen des Erstgerichts im Zusammenhang mit der Durchsetzung einer Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung im Exekutionsverfahren.
5.5. Das Berufungsgericht hat die in § 10 Abs 4 WEG 2002 normierte Verpflichtung des Miteigentumsanteile übernehmenden Miteigentümers, dem übertragenden Miteigentümer ein angemessenes Entgelt zu entrichten, daher zu Recht als Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung qualifiziert.
6.1. Auf den Umstand, dass die Klagsforderung nur Zug um Zug gegen eine vom Kläger zu erbringende Gegenleistung zu erfüllen ist, ist nicht von Amts wegen Bedacht zu nehmen (RIS‑Justiz RS0020997 [T1]). Der Kläger kann in seinem Klagebegehren die Leistung des Beklagten mit seiner Gegenleistungspflicht verknüpfen. Tut er dies nicht und wendet der Beklagte die Zug‑um‑Zug‑Leistungspflicht ein, dann hat das Gericht darüber zu verhandeln und den Beklagten gegebenenfalls auch ohne einen ausdrücklichen Urteilsantrag zur Leistung Zug um Zug mit der vom Kläger zu erbringenden Gegenleistung zu verurteilen. Voraussetzung für die Aufnahme einer Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung in den Urteilsspruch durch das Gericht ist entweder ein entsprechendes Klagebegehren oder zumindest die im Klagsvorbringen zum Ausdruck kommende Bereitschaft des Klägers zur Erbringung der Gegenleistung oder aber ein entsprechender Einwand des Beklagten (RIS‑Justiz RS0107733, RS0020997 [T11]). Die Zug‑um‑Zug‑Verurteilung ist also (nur) dann unzulässig, wenn der Kläger die Erbringung seiner Gegenleistung bestreitet bzw endgültig verweigert hat (2 Ob 126/13p; RIS‑Justiz RS0020973 [T9, T10, T13]) oder die Bereitwilligkeit des Klägers, auch die Gegenleistung zu erbringen, weder dem Parteienvorbringen noch wenigstens den Verfahrensergebnissen entnommen werden kann (2 Ob 126/13p; RIS‑Justiz RS0020997 [T4]; RS0107733). In diesen Fällen ist daher ein unbedingtes Klagebegehren abzuweisen, wenn ihm nur unter Auferlegung einer Gegenleistung stattgegeben werden könnte (RIS‑Justiz RS0020948).
6.2. Wenn nicht schon der Kläger seine Gegenleistung im Begehren näher präzisiert, so ist es Sache des Beklagten, der eine Verpflichtung des Klägers Zug um Zug gegen eine zu erbringende Gegenleistung anstrebt, diese Gegenleistung genau zu bezeichnen (4 Ob 97/13p; Geroldinger in Fasching/Konecny³ III/1 § 226 ZPO Rz 160; vgl auch RIS‑Justiz RS0000502).
6.3. Im Sinne dieser Ausführungen ist die Frage der Verpflichtung der Kläger zur Leistung eines Wertausgleichs notwendiger Gegenstand der Verhandlung und auf eine allfällige Gegenleistungspflicht ist im Urteil entsprechend Bedacht zu nehmen. Das Berufungsgericht hat demnach die Sache, konkret den dem Teil‑Urteil des Erstgerichts zugrunde liegenden Anspruch, zu Recht als noch nicht entscheidungsreif angesehen.
6.4. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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