European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00136.14T.0821.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibenden Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung
Mit Urteil vom 30. April 2013 verpflichtete das Landesgericht Feldkirch die Verpflichtete, gegenüber den Betreibenden als Eigentümerinnen bestimmter Grundstücke jeweils in die Einverleibung eines näher umschriebenen Geh- und Fahrrechts über zwei ihrer Grundstücke einzuwilligen. Diese sind im Grundbuch mit einem zu TZ 1986/695 einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Tochter der Verpflichteten belastet.
Aufgrund des angeführten Urteils beantragten die Betreibenden am 2. April 2014 die Bewilligung der Exekution nach § 350 EO. Zwar könnten sie die Zustimmung der Verbotsberechtigten nicht urkundlich nachweisen, aber aus den Entscheidungsgründen des Exekutionstitels gehe hervor, dass die der begehrten Eintragung zugrundeliegende Vereinbarung älter sei als das im Grundbuch eingetragene Belastungsverbot. Die Verbotsberechtigte habe von der Servitutsvereinbarung Kenntnis gehabt. Außerdem sei die Einverleibung des Geh‑ und Fahrrechts damals in Vorarlberg nicht zulässig gewesen.
Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag ab, weil das eingetragene Belastungsverbot ‑ mangels Zustimmung der Verbotsberechtigten ‑ nach den grundbuchsrechtlichen Vorschriften die Eintragung des Geh- und Fahrrechts hindere.
Das Rekursgericht bestätigte die Antragsabweisung und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein verbüchertes Belastungsverbot die Einverleibung eines Geh‑ und Fahrrechts auch dann hindere, wenn der Exekutionstitel zwar erst nach der Einverleibung des Belastungsverbots geschaffen, nach den Entscheidungsgründen die Dienstbarkeitsvereinbarung aber vorher geschlossen worden sei, und ob sich das, von 1905 bis 1997 in Vorarlberg bestehende Verbot Felddienstbarkeiten zu verbüchern, darauf auswirke.
Da auch bei exekutiver Begründung von Grundbuchseintragungen nach § 350 EO die Grundbuchsvorschriften zu beachten seien, hindere ein eingetragenes Belastungsverbot die Dienstbarkeitseintragung, es sei denn es handle sich um die exekutive Durchsetzung einer ersessenen Servitut. Bei Einverleibung aufgrund eines gerichtlichen Titels müssten die Anforderungen an diesen gleich sein wie jene an die sonst einem Grundbuchsverfahren zugrundeliegende Privaturkunde. Daraus folge, dass auch hinsichtlich des grundbücherlichen Rangs auf das Urteil als Titel- und Grundbuchsurkunde und nicht auf frühere Vereinbarungen abzustellen sei. Sonst müssten dem Exekutions‑ bzw Grundbuchsverfahren als Aktenverfahren fremde sachliche und rechtliche Prüfungen vorgenommen werden, etwa zu den behaupteten Vereinbarungen oder der Kenntnis der Verbotsberechtigten hievon zum Zeitpunkt der Begründung des Belastungsverbots. Diese sei überdies am Titelverfahren gar nicht beteiligt gewesen, sodass ihr rechtliches Gehör verletzt wäre. Aus den (früheren) Vorarlberger Sonderregelungen für Felddienstbarkeiten sei für das Begehren der Betreibenden auch nichts zu gewinnen, weil die maßgebliche Titelurkunde jedenfalls nach der Einverleibung des Belastungsverbots zustande gekommen sei und zu keiner Rangverschiebung führen könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Betreibenden, mit dem sie ihren exekutiven Verbücherungsantrag weiter verfolgen, ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung ist § 528 Abs 2 ZPO über § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwenden. Danach ist der Revisionsrekurs gegen einen im Verfahren zweiter Instanz zur Gänze bestätigten Beschluss unzulässig. Ausnahmen von dieser Regelung bestehen gemäß §§ 84 Abs 4 und 402 Abs 1 EO und nach der Rechtsprechung bei den in § 350 EO geregelten Eintragungen und Löschungen. Bei letzteren ist die Zulässigkeit des Rekurses nach § 126 GBG zu beurteilen, weil der Exekutionstitel gleichzeitig gemäß § 33 GBG eine Urkunde bilde, auf Grund derer die Einverleibung stattfinden könne, und die in der angeführten Gesetzesstelle geregelten Eintragungen und Löschungen daher in der Regel auch im Grundbuchsverfahren beantragt werden können. Es ist daher im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgebots hier eine teleologisch einschränkende Auslegung des § 78 EO dahin geboten, dass § 350 EO vom Wortlaut dieser Bestimmung ausgenommen und die dadurch entstandene Gesetzeslücke durch analoge Anwendung des § 126 GBG geschlossen werde. Es soll kein Unterschied in der Anfechtbarkeit derartiger Entscheidungen ‑ je nach deren Erlassung entweder im Grundbuchs- oder im Exekutionsverfahren ‑ bestehen (3 Ob 134/07p mwN = SZ 2007/128; 3 Ob 41/93 = SZ 66/87; RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0022851&SkipToDocumentPage=True ).
Aufgrund rechtskräftiger Urteile kann Exekution gemäß § 350 EO geführt werden und können Einverleibungen stattfinden, ohne dass der Rechtsgrund der Leistung aus ihnen ersichtlich ist (RIS‑Justiz RS0004572, RS0004558). Der Erwerber des einzutragenden Rechts hat die Wahl, direkt beim Grundbuchsgericht um die Einverleibung anzusuchen oder sie über das Exekutionsgericht zu erzwingen (5 Ob 66/01v mwN).
Bei der Exekution nach § 350 EO werden bücherliche Rechte an Liegenschaften begründet, weswegen grundsätzlich die Voraussetzungen der bücherliche Eintragungen regelnden grundbuchsrechtlichen Vorschriften von Amts wegen zu beachten sind (RIS‑Justiz RS0122492, RS0126965).
Gemäß § 94 Abs 1 Z 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn aus dem Gesuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht. Mit § 55a EO wurde durch die EO‑Novelle 2000 die Verpflichtung des Gerichts eingeführt, den Grundbuchstand von Amts wegen zu ermitteln, wenn dessen Kenntnis für die Entscheidung von Bedeutung ist. Diese Anordnung beinhaltet, dass die dabei gewonnenen Kenntnisse der Entscheidung zugrunde zu legen sind (3 Ob 175/10x mwN).
Ein Belastungs- und Veräußerungsverbot nach § 364c ABGB steht der Begründung von Dienstbarkeiten und Reallasten entgegen (1 Ob 114/06f; 5 Ob 36/89 mwN). Nur die exekutive Einverleibung einer ersessenen Servitut hindert deren Verbücherung nicht (RIS‑Justiz RS0011977; vgl RS0010782).
Die Revisionsrekurswerberinnen gestehen zu, dass der genannte Ausnahmefall hier nicht vorliegt, berufen sie sich doch auf eine (titulierte) Dienstbarkeitsvereinbarung. Unstrittig ist auch, dass die Betreibenden die Zustimmung der Verbotsberechtigten (oder deren Verurteilung) zur angestrebten Einverleibung nicht nachweisen können.
Die Betreibenden haben kein der Einverleibung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots im Rang vorgehendes dingliches Recht, sie wollen ein solches erst erwerben. Dies ist aufgrund der die Rechtsstellung der Verbotsberechtigten nicht tangierenden Titelurkunde gegen ein verbüchertes Recht im Grundbuchs‑/Exekutionsverfahren nicht möglich. Über die (allfällige) Unwirksamkeit eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots kann nicht im Grundbuchsverfahren, sondern nur im Prozessweg entschieden werden (RIS‑Justiz RS0010748). Daran ändert auch nichts, dass die Begründung von Felddienstbarkeiten durch bücherliche Eintragung in Vorarlberg vom 28. Februar 1905 bis 31. März 1997 aufgrund von Sondergesetzen nicht möglich war (RGBl 1905/33; BGBl I 1997/30; vgl RIS‑Justiz RS0037962).
Der Exekutionsantrag der Betreibenden muss daher scheitern.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 und 50 ZPO iVm § 78 EO.
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