Spruch:
Dem (Revisions-)Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der betreibenden Partei wurde gegen die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der Forderung von 146.427,70 S sA die Fahrnisexekution bewilligt. Als Sitz der verpflichteten Partei wurde im Exekutionsantrag eine im Sprengel des Erstgerichtes gelegene Anschrift angegeben.
Ehe es zum Vollzug der Exekution kam, stellte der Liquidator der verpflichteten Partei im eigenen Namen in einem als "Beschwerde gemäß § 68 EO" bezeichneten Schriftsatz den Antrag, anzuordnen, daß der Vollzug der Exekution an der im Exekutionsantrag angegebenen Anschrift unterbleibt. Er brachte dazu vor, daß sich die an dieser Anschrift befindlichen Sachen ausschließlich in seiner Gewahrsame befänden.
Das Erstgericht wies "die Beschwerde" ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs, den der Liquidator gegen diesen Beschluß des Erstgerichtes erhob, nicht Folge und sprach aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist.
Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhob der Liquidator einen Revisionsrekurs.
Nach Vorliegen dieser Entscheidung des Rekursgerichtes wies das Erstgericht den mit dem Rekurs des Dr.Gottfried I***** verbundenen Antrag, die Exekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Beschwerde aufzuschieben, im wesentlichen mit der Begründung zurück, daß der Zeitpunkt, bis zu dem die Aufschiebung beantragt wurde, schon eingetreten sei und dem Antragsteller daher für den Aufschiebungsantrag nunmehr das Rechtsschutzinteresse fehle.
Gegen diesen Beschluß des Erstgerichtes erhob Dr.Gottfried I***** einen Rekurs.
Das Rekursgericht wies den Revisionsrekurs zurück und gab dem Rekurs keine Folge, wobei es hiezu aussprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S nicht übersteigt und der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist. Der Revisionsrekurs sei gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unzulässig, weshalb ihn schon das Erstgericht gemäß § 78 EO iVm § 523 ZPO zurückweisen hätte müssen. Die nunmehr auszusprechende Zurückweisung geschehe als "Durchlaufgericht" und somit nicht als Gericht zweiter Instanz. Da aber nur ein solches Gericht gemäß Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag auf Aufhebung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO stellen könne, sei auf die im Revisionsrekurs zu dieser Bestimmung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht Bedacht zu nehmen.
Der von Dr.Gottfried I***** gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene (Revisions-)Rekurs, in dem er erneut die Verfassungswidrigkeit des § 528 Abs 1 Z 2 ZPO behauptet, ist teilweise unzulässig und im übrigen nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Zurückweisung des Revisionsrekurses richtet, ist es unabhängig von der Regelung des § 528 ZPO zulässig (Petrasch in ÖJZ 1989, 751; s auch die seit der WGN 1989 einheitliche Rechtsprechung zum vergleichbaren Außerstreitverfahren - RZ 1990/118; 1 Ob 582/92; 7 Ob 557/92; 2 Ob 553/91 ua). Die Entscheidung hierüber hängt davon ab, ob der Revisionsrekurs gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unzulässig war, weil mit der damit bekämpften Entscheidung des Rekursgerichtes der erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist. Der Oberste Gerichtshof hat diese Bestimmung daher anzuwenden. Er ist aber nicht schon, wenn eine Partei an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes Bedenken äußert, verpflichtet, einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen, er hat vielmehr als Vorfrage das Vorliegen solcher relevanten Gründe zu beurteilen (SZ 64/128; JBl 1992, 529 je mwN). Das Vorliegen solcher relevanten Gründe ist jedoch zu verneinen:
§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO gilt für Rechtsstreitigkeiten und zufolge § 78 EO auch für das Exekutionsverfahren, wobei dafür im § 83 Abs 3 und § 239 Abs 3 EO Ausnahmen vorgesehen sind. Außerhalb des Exekutionsverfahrens enthalten § 502 Abs 1 ZPO für Revisionen, § 47 Abs 1 ASGG für Revisionsrekurse in Arbeits- und Sozialrechtssachen, § 402 Abs 1 EO idF BGBl 1992/756 für bestimmte Rechtsmittel im Verfahren über eine einstweilige Verfügung, § 14 Abs 1 AußStrG für das Außerstreitverfahren und (zufolge § 126 Abs 2 GBG) für das Grundbuchsverfahren sowie § 37 Abs 3 Z 18 MRG idF des RRAG für Revisionsrekurse gegen Sachbeschlüsse in außerstreitigen Mietrechtsangelegenheiten abweichende Regelungen. In all diesen Fällen ist das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof nicht schon deshalb unzulässig, weil die erstrichterliche Entscheidung durch das Gericht zweiter Instanz zur Gänze bestätigt worden ist.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Unterschied in der Regelung bestehen zum einen wegen der sogenannten "Ordnungssystemjudikatur" des Verfassungsgerichtshofes nicht. Danach kann der Gesetzgeber von einem von ihm geschaffenen Ordnungssystem in einer Ausnahmeregelung wieder abgehen (VfSlg 9138/1981 mwN). Außerdem ist der Gesetzgeber durch das Gleichheitsgebot nicht gehalten, bei der Regelung verschiedener Rechtsinstitute oder Verwaltungsmaterien gleichartig vorzugehen (VfSlg 8938/1980 mwN). Der Verfassungsgerichtshof hat unter diesem Gesichtspunkt im Erkenntnis VfSlg 10.084/1984 die Verschiedenartigkeit der Regelung der Wiederaufnahme in einzelnen Disziplinarverfahrensarten und im Erkenntnis VfSlg 10.367/1985 die in den Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wesentlich differenzierende Regelung zwischen den der Zivilprozeßordnung unterliegenden Verfahrensbereichen einerseits und dem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren andererseits als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen. Aus seiner Rechtsprechung ist somit abzuleiten, daß es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, die Zulässigkeit von Rechtsmitteln an den Obersten Gerichtshof in verschiedenen Verfahrensarten verschieden zu regeln.
Im übrigen läßt sich für die unterschiedliche Regelung der Rechtsmittelzulässigkeit auch eine sachliche Rechtfertigung finden. Im Rechtsstreit ist die Sachentscheidung im allgemeinen von größerer Bedeutung als ihr vorangehende Beschlüsse, weshalb die Zulässigkeit der Revision anders als die des Rekurses geregelt werden darf. Dies gilt auch für den Endbeschluß im Besitzstörungsverfahren, weil damit der Entscheidung über das Recht nicht vorgegriffen wird (Fasching, ZPR2 Rz 1647 ff). Die hier im Rekurs ins Treffen geführte abweichende Regelung im § 47 Abs 1 ASGG läßt sich mit dem sozialen, also dem Schutz von gesellschaftlich Schwächeren dienenden Charakter und den sozialen Zielsetzungen der betroffenen Verfahren rechtfertigen. Die in Außerstreitsachen und die im Zusammenhang mit einer einstweiligen Verfügung ergehenden Beschlüsse sind in ihrer Bedeutung meist mit den im Rechtsstreit ergehenden Sachentscheidungen vergleichbar (s zu den einstweiligen Verfügungen 780 BlgNR 18.GP 2). Dasselbe gilt für Sachbeschlüsse in außerstreitigen Mietangelegenheiten. Im sonstigen Außerstreitverfahren sind zwar auch Beschlüsse des Rekursgerichtes anfechtbar, mit denen Zwischenerledigungen zur Gänze bestätigt worden sind. Sie sind jedoch selten (so auch die Begründung zu den §§ 13 bis 16 AußStrG im JAB 991 BlgNR 17.GP 3) und damit bloß eine Ausnahme, die der Gesetzgeber im Sinn der gebotenen Durchschnittsbetrachtung in Kauf nehmen durfte (VfSlg 12.569/1990 ua). Im Grundbuchsverfahren ergibt sich die Rechtfertigung für die Regelung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses gegen konforme Entscheidungen aus dem vom Gesetzgeber als maßgebend angesehenen Umstand, daß sonst nur sehr selten die Gelegenheit zur Anrufung des Obersten Gerichtshofes besteht (vgl 991 BlgNR 17.GP 16).
Bei den Beschlüssen im Exekutionsverfahren steht schon fest, daß der betreibende Gläubiger gegen den Verpflichteten einen vollstreckbaren Anspruch hat. Entscheidungen, die nur der Durchsetzung dieses Anspruchs dienen, sind im allgemeinen für die Betroffenen von geringerer Bedeutung als die Entscheidung über den Anspruch selbst. Dies rechtfertigt eine abweichende Regelung für die Zulässigkeit der Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof. Daß die Entscheidungen ausnahmsweise eine ähnliche Bedeutung haben können, macht die Regelung nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht gleichheitswidrig (VfSlg 8942/1980 mwN VfSlg 8767/1980 ua).
In Betracht käme eine Gleichheitswidrigkeit nur unter dem Gesichtspunkt, daß im Exekutionsverfahren auch Beschlüsse ergehen können, welche die Eintragung oder Löschung von bücherlichen Rechten zur Folge haben und daher mit jenen des Grundbuchsverfahrens vergleichbar sind. Es sind dies die Beschlüsse über die Eintragung eines zwangsweisen Pfandrechts gemäß § 88 EO und dessen Löschung, über die bücherlichen Einverleibungen und Löschungen gemäß § 237 EO und über die Einräumung und Aufhebung bücherlicher Rechte gemäß § 350 EO. Dabei macht es nichts aus, daß es sich bei dem hier angefochtenen Beschluß nicht um einen solchen Beschluß handelt, weil die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung lösgelöst von dem dem Anlaßfall zugrundeliegenden Sachverhalt zu beurteilen ist (VfSlg 9901/1983, VfSlg 9336/1982 ua). Die zwangsweise Pfandrechtsbegründung ist jedoch nur eines von mehreren Exekutionsmitteln, die für die Hereinbringung von Geldforderungen zur Verfügung stehen, und es sind die Verhältnisse in dem hier interessierenden Zusammenhang diesselben wie bei den anderen Exekutionsmitteln. In der Frage der Rechtsmittelzulässigkeit besteht daher kein Grund für eine verschiedenartige Regelung. Ähnliches gilt für § 237 EO. Die Lösung der Frage, ob die Voraussetzung für die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erstehers und die Löschung der auf der versteigerten Liegenschaft eingetragenen Lasten erfüllt sind, richtet sich in erster linie nach den Ergebnissen des Exekutionsverfahrens. Die hierüber ergehenden Beschlüsse sind daher auch inhaltlich noch diesem Verfahren zuzurechnen, weshalb für andere Verfahrensarten geltende gesetzliche Regelungen über die Rechtsmittelzulässigkeit für die Verfassungsmäßigkeit des im Exekutionsverfahren anzuwendenden § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ohne Bedeutung sind.
Die im § 350 EO geregelten Eintragungen und Löschungen können zwar in der Regel auch im Grundbuchsverfahren beantragt werden, weil der Exekutionstitel gemäß § 33 GBG eine Urkunde bildet, auf Grund derer Einverleibungen stattfinden können (EvBl 1954/398; SZ 25/255 ua; Heller-Berger-Stix III 2520 f; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht3 304 f; Petschek-Hämmerle-Ludwig, Zwangsvollstreckungsrecht 267). Es könnten daher verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, weil der Verfassungsgerichtshof in dem schon zitierten Erkenntnis VfSlg 10.367/1985 in einem vergleichbaren Fall eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes angenommen hat. Der erkennende Senat ist jedoch der Meinung, daß im Fall des § 350 EO eine teleologisch einschränkende und dadurch verfassungskonforme Auslegung des § 78 EO möglich und geboten ist. Zur Zeit der Schaffung dieser Bestimmung bestand nämlich in der Frage der Zulässigkeit der Anfechtung konformer Entscheidungen des Rekursgerichtes zwischen dem Exekutions- und dem Grundbuchsverfahren in dem hier bedeutsamen Zusammenhang kein Unterschied, weil sie auch gemäß § 126 Abs 1 des damals geltenden GBG 1871 nicht angefochten werden konnten. Dies änderte sich erst, als § 126 GBG 1955 durch die WGN 1989 neu gefaßt wurde. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber weder bedacht noch gewollt hat, daß damit bei unveränderter Anwendung des § 78 EO die Möglichkeit der Anfechtung von im Verfahren nach § 350 EO ergehenden Entscheidungen von der Anfechtung von im Grundbuchsverfahren ergehenden Entscheidungen verschieden ist, die Rechtsmittelbeschränkungen der Exekutionsordnung somit einen überschießend weiten Wortlaut erhalten haben. In der Frage der Rechtsmittelzulässigkeit muß deshalb § 350 EO vom Wortlaut des § 78 EO ausgenommen und die dadurch entstandene Gesetzeslücke durch analoge Anwendung des § 126 GBG idF der WGN 1989 als nächstverwandter Vorschrift geschlossen werden. Die Bestimmung des § 350 EO rechtfertigt aber dann Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht.
Der Oberste Gerichtshof hat schließlich schon ausgesprochen, daß gegen den Rechtsmittelausschluß bei bestätigenden Entscheidungen Bedenken weder aus dem Gesichtspunkt des Art 92 Abs 1 B-VG und Art 6 MRK (EvBl 1970/211; 3 Ob 26/87; vgl auch ÖBl 1985, 166) noch aus dem Gesichtspunkt des Art 83 B-VG und Art 13 MRK (3 Ob 26/87) bestehen. Der erkennende Senat hält an dieser Auffassung, gegen die im Revisionsrekurs im übrigen nichts vorgebracht wird, fest.
Der Oberste Gerichtshof sieht sich somit nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG die Aufhebung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zu beantragen. Auf Grund dieser Bestimmung hat das Rekursgericht den Revisionsrekurs aber mit Recht zurückgewiesen. Ist nämlich der Revisionsrekurs auf Grund dieser Bestimmung jedenfalls unzulässig, so kommt es entgegen der im nunmehr vorliegenden Rekurs vertretenen Meinung nicht darauf an, ob die Entscheidung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO von der Lösung einer Rechtsfrage mit erheblicher Bedeutung für die Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung abhängt (JUS 1993/1201). § 523 letzter Satz ZPO stand daher der Zurückweisung nicht entgegen.
Gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist aber auch der Revisionsrekurs gegen jenen Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes unzulässig, mit dem dieses den erstrichterlichen Beschluß über den Aufschiebungsantrag zur Gänze bestätigt hat. Die im Revisionsrekurs aufgeworfene Frage, ob sich der Wert des Entscheidungsgegenstandes aus der Höhe der betriebenen Forderung ergibt und der hierüber ergangene Ausspruch des Rekursgerichtes daher gesetzwidrig und deshalb nicht bindend ist, muß hier somit nicht entschieden werden.
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