AsylG 2005 §55
AsylG-DV 2005 §4
AsylG-DV 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W142.2145595.4.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , StA. Indien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2022, Zl. 1089101409/190431105, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis IV. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt wird.
III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser zu lauten hat:
„Ihr Antrag auf Mängelheilung vom 30.01.2022 wird gemäß §§ 4,8 AsylG-DV abgewiesen.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , StA. Indien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2022, Zl. 1089101801/190431232, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis IV. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt wird.
III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser zu lauten hat:
„Ihr Antrag auf Mängelheilung vom 30.01.2022 wird gemäß §§ 4,8 AsylG-DV abgewiesen.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
III. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , StA. Indien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2022, Zl. 1089102809/190431283, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis IV. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser zu lauten hat:
„Ihr Antrag auf Mängelheilung vom 30.01.2022 wird gemäß §§ 4,8 AsylG-DV abgewiesen.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
IV. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde des mj. XXXX , StA. Indien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2022, Zl. 1089102907/190431348, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis IV. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser zu lauten hat:
„Ihr Antrag auf Mängelheilung vom 30.01.2022 wird gemäß §§ 4,8 AsylG-DV abgewiesen.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Erstes asyl- und fremdenrechtliches Verfahren:
1.1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2). Beide sind die Eltern der mittlerweile volljährigen Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3) und des minderjährigen Viertbeschwerdeführers (im Folgenden: BF4). Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), indische Staatsangehörige, stellten am 03.09.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachten der BF1 und die BF2 vor, aus dem Bundesstaat Punjab zu stammen und die Sprache Punjabi zu beherrschen. Der BF1 und die BF2 seien verheiratet, die BF3 und der BF4 ihre minderjährigen Kinder. Sie würden der Volksgruppe der Jat und der Religionsgemeinschaft der Sikh angehören. Der BF1 habe zehn Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Landwirt gearbeitet, die BF2 habe ein Magisterstudium im Fach Punjabi absolviert und zuletzt als Hausfrau gearbeitet. Die Mutter und die Schwester des BF1 sowie die Eltern und ein Bruder der BF2 würden noch im Herkunftsstaat leben. Der BF1 habe in Österreich zwei Brüder, die BF2 einen Bruder. Zum Fluchtgrund gaben die BF im Wesentlichen zu Protokoll, dass der BF1 im Jahr 2006 eine Ehe zwischen seinem Neffen und einem Mädchen arrangiert habe. Die Ehe sei gescheitert und der BF1 sei von den Familienangehörigen des Mädchens schikaniert und geschlagen worden.
1.2. Mit Schreiben vom 14.12.2015 teilte der Magistrat der Stadt Wien dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) mit, dass der BF1 das Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ angemeldet habe.
1.3. Am 29.11.2016 wurden der BF1 und die BF2 durch das BFA niederschriftlich einvernommen.
Der BF1 gab dabei zu seiner Person an, aus dem Bundesstaat Punjab zu stammen, der Volksgruppe der Randhawa und der Religionsgemeinschaft der Sikh anzugehören. Er sei mit der BF2 verheiratet und die BF3 sowie der BF4 seien die gemeinsamen Kinder. Er spreche Punjabi und etwas Hindi. Er habe zwölf Jahre die Grundschule besucht und sei zuletzt in der Landwirtschaft tätig gewesen. Er besitze ca. 12 Kila Grund in Indien, wo er Reis, Weizen und Mais angebaut habe. Er habe gut verdient. In Indien habe er noch seine Mutter, mit der er telefonischen Kontakt habe, sowie eine Tante. Zu seinem Fluchtgrund brachte der BF1 vor, dass „wir“ die Tochter des Nachbarn 2006 mit einem Verwandten verheiratet hätten. Deren Bruder habe im Jahr 2007 gesagt, dass es einen Streit in der Ehe gegeben habe. Dieser Bruder habe dann die Kinder des BF1 bedroht und ihn geschlagen. Der BF1 sei einige Male bei der Polizei gewesen. Ein paar Mal habe der Bruder die Fensterscheiben zerstört, weswegen der Vater des BF1 krank geworden und verstorben sei. Die Mutter des BF1 lebe auch versteckt. Der Vater der verheirateten Tochter sei sehr einflussreich. Zu seinen Lebensumständen in Österreich gab der BF1 an, zwei Brüder, eine Schwester, zwei Onkel, zwei Tanten und weitschichtige Verwandtschaft in Österreich zu haben. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation, habe „Kurse“ besucht, ein Gewerbe angemeldet und fühle sich nicht integriert. Im Rahmen der Einvernahme legte der BF1 seinen (umgeschriebenen) österreichischen Führerschein, eine Anmeldung vom 07.12.2015 bezüglich des genannten Gewerbes und ein vorgebliches Schreiben eines indischen Anwalts vor.
Die BF2 gab zu ihrer Person an, aus dem Bundesstaat Punjab zu stammen, der Volksgruppe der Sandhu und der Religionsgemeinschaft der Sikh anzugehören. Sie sei mit dem BF1 verheiratet und die BF3 sowie der BF4 seien die gemeinsamen Kinder. Sie spreche Punjabi, Hindi und Englisch. Sie habe die Universität besucht und ein Masterstudium der Sprache Punjabi als Lehramt betrieben. Vor der Ehe habe sie unterrichtet, zuletzt sei sie Hausfrau gewesen. Die BF2 habe in Indien ihre Eltern, mit denen sie in Kontakt stehe, sowie einen Bruder. Zu ihrem Fluchtgrund brachte die BF2 vor, dass 2007 ein Streit zwischen der Tochter des Nachbarn und dem Cousin ihres Mannes angefangen habe. Bei einer Anzeige bei der Polizei sei auch der Name der BF2 erwähnt worden. Die Polizei sei einige Male zu Hause gewesen, aber sie sei nicht befragt worden. Sie sei nicht persönlich bedroht worden, aber ihre Kinder schon. Zu den Lebensumständen in Österreich brachte die BF2 vor, dass sie in Österreich einen Bruder habe. Sie habe ein Deutschzertifikat auf dem Niveau A1 und einen Teil des Kurses auf dem Niveau A2 besucht. Sie lebe von der Grundversorgung und fühle sich nicht integriert. Im Rahmen der Einvernahme legte die BF2 ein Zertifikat über eine bestandene Deutschprüfung auf dem Niveau A1 vom 18.07.2016, eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses auf dem Niveau A2 vom 18.11.2016 und eine ärztliche Medikamentenverordnung vom 27.11.2016 vor. Bezüglich der BF3 legte sie zwei Schulbesuchsbestätigungen der XXXX über den Besuch des 6. Schulstufe im Schuljahr 2015/16 vom 24.11.2015 und vom 10.03.2016, bezüglich des BF4 eine Schulbesuchsbestätigung der XXXX vom 16.11.2015 vor.
1.4. Das BFA wies mit Bescheiden vom 27.12.2016 die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien ab. Den BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
1.5. Gegen diese Bescheide erhoben die BF fristgerecht Beschwerde.
1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: BVwG) vom 09.02.2017, 1.) W202 2145601-1/2E, 2.) W202 2145596-1/2E, 3.) W202 2145595-1/2E und 4.) W202 2145599-1/2E, wurden die Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.
2. Zweites asyl- und fremdenrechtliches Verfahren:
2.1. Die BF stellten am 26.05.2017 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gaben der BF1 und die BF2 im Wesentlichen an, dass der BF1 am 12.02.2017 fälschlicherweise in seiner Heimat vom Gegner in einem Grundstücksstreit polizeilich angezeigt worden sei. Ihm sei fälschlich zur Last gelegt worden, die Ehefrau des Streitgegners geschlagen zu haben. Er sei zu der Zeit aber in Österreich gewesen. Nun habe er Probleme mit der Polizei in seiner Heimat. Im Rahmen der Erstbefragung legte der BF1 eine vorgebliche Anzeige vor.
2.2. Am 24.06.2017 wurden der BF1 und die BF2 durch das BFA niederschriftlich einvernommen.
Befragt, weshalb er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, gab der BF1 zu Protokoll, dass seine Familie sehr viele Probleme habe. Es gehe um einen Grundstücksstreit. Das Verfahren laufe bei Gericht. Ein Geschäftsmann habe ihnen das Grundstück weggenommen. Das Grundstück habe einen großen Wert. Der Geschäftsmann habe bei der Polizei eine falsche Anzeige gemacht. Der Geschäftsmann sei sehr mächtig. Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, brachte der BF1 vor, dass er zwei Brüder, eine Schwester und zwei Onkel habe, mit denen er sich manchmal treffe und zu denen keine finanzielle Abhängigkeit bestehe. Der BF1 besuche einen Deutschkurs und spreche nicht Deutsch. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation und lebe von der Grundversorgung.
Die BF2 gab zur neuerlichen Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz an, dass sie Angst habe und nicht nach Indien fliegen wolle. Zu ihren Lebensumständen in Österreich brachte sie vor, dass sie etwas Deutsch spreche und einen Deutschkurs besuche. Sie sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation und lebe von der Grundversorgung.
2.3. Das BFA wies mit den Bescheiden vom 01.07.2017 die Anträge der BF auf internationalen Schutz vom 26.05.2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Den BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.
2.4. Gegen diese Bescheide erhoben die BF fristgerecht Beschwerde. Darin wurde unter anderem vorgebracht, dass die BF mit einer Schwester des BF1 im gemeinsamen Haushalt leben würden. Die Schwester und ihr Ehemann würden die BF unter anderem in finanzieller Hinsicht unterstützen. Die BF2 habe bereits zwei Deutschkurse abgeschlossen und besuche derzeit einen weiteren Kurs. Der BF1 habe einen Deutschkurs absolviert. Die BF3 und der BF4 würden die Schule besuchen, bereits sehr gut Deutsch sprechen und hätten zahlreiche soziale Kontakte geknüpft. Es bestünden keine familiären Anknüpfungspunkte in Indien.
Der Beschwerde beigelegt wurden erneut die polizeiliche Anzeige, weiters zur BF2 ein Arztbefund hinsichtlich einer diagnostizierten Migräne vom 27.11.2016, eine Bestätigung des Besuchs eines Deutschkurses auf dem Niveau A2 vom 18.11.2016 sowie ein Zertifikat über eine bestandene Deutschprüfung auf dem Niveau A1 vom 18.07.2016, hinsichtlich der BF3 eine Schulbesuchsbestätigung der XXXX über den Besuch der 7. Schulstufe im Schuljahr 2016/17 vom 12.09.2016 sowie eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs am 01.07.2016, und hinsichtlich des BF4 eine Schulnachricht der XXXX über die 4. Schulstufe im Schuljahr 2016/17 vom 03.02.2017.
2.5. Mit Erkenntnis des BVwG vom 01.09.2017, 1.) W191 2145601-2/4E, 2.) W191 2145596-2/4E, 3.) W191 2145595-2/4E und 4.) W191 2145599-2/4E, wurden die Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.
2.6. Am 10.01.2018 wurden der BF1 und die BF2 im Verfahren über die Durchsetzung der Rückkehrentscheidung durch das BFA niederschriftlich einvernommen und füllten Formularblätter über die Beantragung eines Heimreisezertifikats (teilweise) aus.
Der BF1 und die BF2 gaben an, dass ihre Familie gesund sei. Die BF2 nehme ein Medikament gegen Migräne ein. Sie würden in Indien niemanden haben, hätten dort Probleme und lebe die ganze Familie in Österreich. Sie hätten ca. 150 Verwandte in Österreich. Unter anderem würden hier 2 Brüder, eine Schwester und viele andere Verwandten (Onkel, Tanten, Neffen, Nichten und Cousins) leben. Der Ausreiseverpflichtung seien sie nicht nachgekommen bzw. seien sie illegal in Österreich verblieben, da sie in Indien niemanden haben würden. Sie würden keine Reise- oder Personaldokumente besitzen und sich diese auch nicht schicken lassen können. Befragt, ob sie bereit seien freiwillig auszureisen, gaben die BF an, dies nicht zu wissen. Alle Angehörigen seien hier und hätten sie in Indien keine Familie mehr. Die Kinder würden hier in die Schule gehen.
3. Gegenständliches Verfahren:
3.1. Am 29.04.2019 stellten die BF persönlich beim BFA die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.
Die BF gaben darin an, aus dem Bundesstaat Punjab zu stammen und sich seit dem 03.09.2015 im Bundesgebiet aufzuhalten. Der BF1 und die BF2 seien verheiratet und die BF3 und der BF4 die gemeinsamen Kinder. Die BF2 habe sich zu einem Deutschkurs auf dem Niveau A2 angemeldet.
3.2. Am selben Tag erteilte das BFA den BF einen Verbesserungsauftrag, binnen vier Wochen den gegenständlichen Antrag ausführlich in deutscher Sprache zu begründen und (jeweils) eine Geburtsurkunde oder ein gleichzuhaltendes Dokument sowie einen Reisepass vorzulegen. Die BF wurden belehrt, dass im Falle der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise ein begründeter Antrag auf Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV eingebracht werden könne, wobei jedoch nachzuweisen sei, dass die Beschaffung nicht möglich oder zumutbar sei. Falls die BF dem Verbesserungsauftrag nicht nachkämen, wären die gegenständlichen Anträge mangels Mitwirkung gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG zurückzuweisen.
3.3. Mit Eingabe vom 03.05.2019 gaben die BF bekannt, die geforderten Dokumente nicht vorlegen zu können, weil sie als Flüchtlinge nach Österreich gekommen seien und die Beschaffung dieser Urkunden als Unterschutzstellung unter den Herkunftsstaat verstanden werden könnte. Neu vorgelegt wurden zwei Empfehlungsschreiben, weiters hinsichtlich der BF2 eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses auf dem Niveau A2 vom 05.04.2019, hinsichtlich der BF3 ein Schülerbegleitpass vom 23.11.2018 sowie ein Jahreszeugnis der XXXX über die 7. Schulstufe und die Berechtigung zum Aufstieg im Schuljahr 2017/18 vom 04.09.2018, und hinsichtlich des BF4 eine Schulnachricht der XXXX über die fünfte Schulstufe im Schuljahr 2018/19 vom 01.02.2019.
3.4. Mit Schreiben vom 16.05.2019 wurde hinsichtlich des BF1 eine undatierte Einstellungszusage einer Transportfirma lautend auf XXXX , als Fahrer zu einem Bruttomonatslohn von EUR 1.500,- und hinsichtlich der BF2 eine ebenso undatierte Einstellungszusage der selben Transportfirma lautend auf XXXX , als Reinigungskraft zu einem Bruttomonatslohn von EUR 1.500,- sowie ein Zertifikat über eine bestandene Deutschprüfung auf dem Niveau A2 vom 08.05.2019 vorgelegt.
3.5. Mit Schreiben vom 16.07.2019 wurde hinsichtlich der BF3 eine Schulnachricht der XXXX über die 8. Schulstufe im Schuljahr 2018/19 vom 01.02.2019 sowie ein Abschlusszeugnis der XXXX über die 8. Schulstufe und die Berechtigung zum Aufstieg im Schuljahr 2018/19 vom 28.06.2019, und hinsichtlich des BF4 ein Jahreszeugnis der XXXX über die fünfte Schulstufe und die Berechtigung zum Aufstieg im Schuljahr 2018/19 vom 28.06.2019 sowie eine Anerkennung über den guten schulischen Erfolg vom 28.06.2019 vorgelegt.
3.6. Am 21.11.2019 wurden der BF1 und die BF2 durch das BFA niederschriftlich einvernommen.
Dabei gab der BF1 an, dass er Diabetes habe und diesbezüglich Medikamente nehme. Er sei bisher nicht ausgereist, da er in Indien Probleme und dort niemanden habe. Er stamme aus dem Bundesstaat Punjab, sei verheiratet und habe zwei Kinder. Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und sei in der Landwirtschaft tätig gewesen. Er habe Grundstücke im Herkunftsstaat. In Indien habe er keine Familienmitglieder. Zu den Lebensumständen in Österreich gab der BF1 zu Protokoll, dass er zwei Brüder, eine Schwester, zwei Onkel, eine Tante und weitere Angehörige hier habe. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Er habe zwei Monate einen Deutschkurs besucht, aber ihn nicht abgeschlossen. Er sei nicht erwerbstätig und lebe von der Grundversorgung. Seine Kinder würden die Schule besuchen und hätten eine sehr gute Beziehung zu den Kindern seiner Brüder. Sein Sohn spiele Fußball.
Die BF2 brachte vor, dass sie unter Migräne leide. Sie sei bisher nicht ausgereist, da sie in Indien Probleme habe und die BF bereits gut in Österreich integriert seien. Sie stamme aus dem Bundesstaat Punjab, sei verheiratet und habe zwei Kinder. Sie habe in Indien ein Masterstudium abgeschlossen und als private Nachhilfelehrerin gearbeitet. In Indien würden ihre Eltern und zwei Brüder leben, aber sie habe keinen Kontakt zu ihnen. Zu den Lebensumständen in Österreich gab die BF2 zu Protokoll, dass sie hier keine eigene Verwandtschaft habe. Sie sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Sie habe Deutschprüfungen auf dem Niveau A1 und A2 bestanden. Sie habe zwei österreichische Freundinnen. Sie gehe keiner Erwerbstätigkeit nach und lebe von der Grundversorgung. Die Kinder würden die Schule besuchen und der BF4 spiele in einem Verein Fußball. Seit Erlassung der Rückkehrentscheidung habe die BF2 sich damit beschäftigt, ihre Sprachkenntnisse auszubauen.
Die BF legten im Rahmen der Einvernahme ein Konvolut an Identitätsdokumenten der Verwandtschaft des BF1 in Österreich, hinsichtlich der BF3 eine Schulbesuchsbestätigung der XXXX zur 9. Schulstufe im Schuljahr 2019/20 vom 25.10.2019 und hinsichtlich des BF4 eine Schulbesuchsbestätigung der XXXX zur 6. Schulstufe im Schuljahr 2019/20 vom 16.09.2019 vor.
3.7. Mit Bescheiden vom 01.10.2020 wies das BFA die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 29.04.2019 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück.
Begründend führte das BFA aus, dass seit Erlassung der letzten Rückkehrentscheidung keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei.
Dagegen erhoben die BF fristgerecht Beschwerde und führten im Wesentlichen aus, dass entgegen der Ansicht des BFA eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei. Vorgelegt wurde hinsichtlich der BF3 eine Schulbesuchsbestätigung der XXXX der 9. Schulstufe im Schuljahr 2020/21 vom 25.09.2020 und hinsichtlich des BF4 eine Schulbesuchsbestätigung der XXXX im Schuljahr 2020/21 vom 28.09.2020.
3.8. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 16.11.2021, GZlen.: 1.) W169 2145601-3/2E, 2.) W169 2145596-3/2E, 3.) W169 2145595-3/2E und 4.) W169 2145599-3/2E, wurden die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erachtet.
Begründend wurde ausgeführt, dass zwischen der letzten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung mit Erkenntnis des BVwG vom 01.09.2017 und den Bescheiden vom 01.10.2020 mehr als 3 Jahre liegen würden. Die zusätzliche Integration bei BF1 gründe sich auf eine Einstellungszusage und bei der BF2 auf eine Einstellungszusage und verbesserte Sprachkenntnisse, die minderjährige BF3 und der minderjährige BF4 hätten in dieser Zeit 3 weitere Jahre sehr erfolgreich die Schule besucht. Im Lichte der Rechtsprechung des VwGH, wonach bei einer Zeitspanne von mehr als 3 Jahren nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass eine andere Beurteilung im Sinne des Art. 8 EMRK (von vornherein) nicht möglich sei, und zudem die BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide insgesamt bereits mehr als 5 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hätten, stelle sich die Zurückweisung der Anträge gemäß § 58 Abs. 10 AsylG als unrechtmäßig dar. Der Vollständigkeitshalber wurde darauf hingewiesen, dass eine neue Entscheidung des BFA mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu verbinden sein wird.
3.9. Im fortgesetzten Verfahren führte das BFA am 10.01.2022 eine niederschriftliche Einvernahme der BF, im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Punjabi durch.
Der BF1 gab an, er sei 2 Mal gegen Corona geimpft und gesund. Befragt, welche Schritte er unternommen habe, um an ein Identitätsdokument zu gelangen, gab der BF1 an, nichts unternommen zu haben bzw. nicht bei der Botschaft gewesen zu sein, da er es nicht gewusst habe. Er mache gerade einen Deutschkurs, Zeugnis habe er noch keines.
Auf die Frage, warum er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkomme, gab der BF1 an, dass sie in Indien Probleme hätten. Er habe dort niemanden. All seine Verwandten würden in Österreich leben. Außerdem habe er Streit mit einem Dorfbewohner aus ihren ehemaligen Dorf gehabt. Er sei mit einem Visum am 28.08.2015 von Indien nach Österreich eingereist. Der Zweck seien die Streitereien gewesen. Er lebe mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern in einer Wohnung seines Onkels, XXXX . Der BF1 sei nicht krankenversichert, aber er habe eine E-Card von der Caritas. Neben seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern würden noch seine zwei Brüder, eine Schwester, zwei Onkel, eine Tante und drei Cousins in Österreich leben. Diese seien bereits Österreicher. Angehörige außerhalb Österreichs habe er nicht. Der BF1 habe zu seinen Angehörigen regelmäßigen Kontakt. Die Eltern und zwei Brüder der BF2 würden in Indien leben. Er habe ein wenig Kontakt zu den Angehörigen in Indien. Der BF1 stamme aus der Stadt Tharu, Tern Taran im Bezirk Punjab. Dort lebe niemand und hätten sie dort nichts mehr. Das Haus stehe leer, aber es gehöre noch ihm.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen führte der BF1 aus, er habe 10 Jahre die Grundschule besucht und danach als Landwirt gearbeitet. In Österreich sei er keiner Beschäftigung nachgegangen, da er hier nicht arbeiten dürfe. Seinen Aufenthalt finanziere er durch die Unterstützung der Caritas. Dies seien 930 € pro Monat für die gesamte Familie. Befragt, welche monatlichen Kosten er habe, gab der BF1 an, er zahle 600 € für die Miete. Mit den anderen Sachen helfe ihm seine Familie. Der BF1 verneinte Barmittel oder Ersparnisse zu haben. Er habe einen Deutschkurs besucht und lerne er Deutsch mit den Kindern.
Dem BF1 wurden vom BFA diverse Fragen auf Deutsch gestellt (betreffend den Tag und das Datum, zu seinen Freizeitaktivitäten und österreichischen Speisen), wobei er die Fragen nicht beantworten konnte bzw. angab, es nicht zu verstehen oder schwieg.
Nach Vorhalt, dass er bereits seit 2015 in Österreich sei und befragt, warum er überhaupt kein Deutsch spreche, gab der BF1 an, dass er hier nicht gearbeitet habe. Wenn man die Fragen schreiben würde, dann könnte er es verstehen. Befragt, wie er sich im Alltag verständige, gab der BF1 an, er habe nur Kontakt zu seiner Familie und seinen Geschwistern und spreche Punjabi. Er bejahte, sich mit seiner Familie ausschließlich auf Punjabi zu unterhalten.
Seine Frau und die Kinder würden Deutsch sprechen und seien gesund. Der BF4 besuche die 4. Klasse XXXX , die BF3 die 2. Klasse XXXX . Der BF4 habe in Indien zwei Jahre lang die Schule besucht, die BF3 vier Jahre lang. Der BF4 spiele Football, die BF3 gehe mit Freundinnen aus. Sie würden auch die Verwandten besuchen. Seine Kinder seien keine Mitglieder in Vereinen oder Organisationen. Befragt, wie er und seine Kinder gemeinsam die Freizeit verbringen würden, gab der BF1 an, dass sie gemeinsam seine Familie besuchen oder sie in den Sikh-Tempel gehen würden. Seine Kinder hätten österreichische Freunde, er nicht. Die Kinder würden mit den Freunden in den Park gehen und seien unterwegs. Die Eltern der Freunde der Kinder kenne er nicht.
Befragt, welche Maßnahmen von ihm gesetzt worden seien, um sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren, gab der BF1 an: „Ich habe hier niemanden.“ Nach Wiederholung der Frage, führte er aus, dass er Deutsch lerne. Zu seinem Tagesablauf befragt, gab er an, dass er um 6 aufstehe, sie frühstücken und spazieren würden und er mit seiner Frau in den Tempel gehe. Bevor die Kinder heimkommen würden, seien sie zu Hause und würden den Tag mit ihnen verbringen. Der BF1 sei in Österreich in keinem Verein oder einer Organisation tätig. Er verneinte, in der Heimat strafrechtlich oder politisch verfolgt zu werden, betonte aber einen Streit mit einem Dorfbewohner gehabt zu haben und diese Personen einflussreich seien. Abschließend gab der BF1 an, dass seine Kinder hier in die Schule gehen würden und hier sehr glücklich seien.
Die BF2 gab in der Einvernahme an, 2 Mal gegen Corona geimpft und gesund zu sein. Befragt, welche Schritte sie unternommen habe, um an ein Identitätsdokument zu gelangen, gab die BF2 an, nichts gemacht zu haben, sie sei nicht bei der Botschaft gewesen, da sie nicht nach Indien zurückwolle. Betreffend Deutschkurse gab die BF2 an, sie habe seit 2019 keinen Kurs besucht, sie lerne selbst über YouTube Deutsch und sei der Kurs sehr teuer. Befragt, warum sie ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, nannte die BF2 die Probleme ihres Mannes. Nach dem Zweck der Einreise nach Österreich befragt, gab die BF2 an, sie seien zum Besuch der Familie ihres Mannes gekommen, aber dann seien die Probleme in Indien eskaliert und deshalb seien sie hiergeblieben. Die Wohnung in der sie leben würden gehöre dem Onkel des BF1. Sie hätten eine Versicherung über die Caritas. Neben dem BF1 und ihren beiden Kindern würden die Verwandten des BF1 in Österreich leben. Nach Angehörigen in der Heimat befragt, gab die BF2 an, als sie aus Indien ausgereist sei, seien ihre Eltern und Geschwister dort wohnhaft gewesen. Ob sie jetzt noch dort seien, wisse sie nicht, weil sie keinen Kontakt hätten. Nach Vorhalt, dass diese Angaben unglaubwürdig seien, weil der BF1 in der Einvernahme ausgeführt habe, dass zwar wenig, aber dennoch Kontakt bestehe, gab die BF2 an, sie habe seit längerem keinen Kontakt zu ihren Geschwistern und den Eltern. Anfang letzten Jahres sie der letzte Kontakt gewesen. Sie stamme aus der Stadt Tharu, Tern Taran im Bezirk Punjab. An dieser Adresse lebe niemand, das dortige Haus habe ihrem Schwiegervater gehört und gehöre es nun dem BF1 und seinen Brüdern. Die BF2 habe in Indien ein Masterstudium in Punjabi gemacht und habe sie bis zur Geburt des BF4 privat Kinder in Punjabi unterrichtet. In Österreich gehe sie keiner Arbeit nach, sondern bekomme sie Unterstützung durch die Caritas. Als monatliche Kosten nannte die BF2 500 € Miete, das restliche Geld würden sie für die Stromrechnung und Nahrung verbrauchen. Sie würden über keine Barmittel und keine Ersparnisse verfügen.
Der BF2 wurden diverse Fragen in deutscher Sprache gestellt, wobei die BF2 die Fragen wie folgt in Deutsch beantwortete:
[...]
„LA: Nennen Sie bitte den heutigen Tag und das heutige Datum. VP: Heute ist Montag und es ist der 10.01.2022.
LA: Geben Sie an, was Sie in Ihrer Freizeit unternehmen.
VP: Aufstehen und dann meine Kinder auch aufstehen für die Schule. Dann mache ich Frühstück und Kinder gehen Schule um acht Uhr. Ich putze meine Wohnung und Wäsche, dann Kinder kommt dreizehn Uhr von Schule. Ich koche für mein Kinder und für mein Mann. Ich gehe nach vorn, Lebensmittel kaufen und ich manchmal treffen mit mein Freunden bis zweiundzwanzig Uhr.
LA: Kennen Sie österreichische Speisen.
VP: Kuchen, Pizza mit Gemüse. Nur vegetarische Speisen. „
[...]
Befragt, welche Maßnahmen sie für eine Integration gesetzt habe, gab die BF2 an, sie habe einen Deutsch A2-Kurs gemacht und habe sie eine österreichische Freundin, mit welcher sie sich immer wieder treffe. Sie sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Sie sei nicht ehrenamtlich tätig.
Befragt, ob sie in Indien strafrechtlich oder politisch verfolgt werde, gab die BF2 an, sie seien, als sie noch in Indien gewesen seien, von der Polizei gesucht worden. Der BF1 sei angezeigt worden. Es habe zwei Verfahren gegeben, eines wegen einer Immobilie und bei dem anderen habe er eine Ehe arrangiert.
Abschließend gab die BF2 an, dass sei ein Visum wollen würden, da ihre Kinder hier studieren wollen. Ohne Visum sei die Zukunft ihrer Kinder unsicher.
Die BF3 gab im Zuge der Einvernahme in deutscher Sprache an, gesund zu sein und sie seit 6 Jahren die Schule besuche. Sie gehe gerade in die XXXX . In der Schule gehe es ihr gut, ihre Noten würden „so gehen.“ Nach Vorhalt, dass sie eine 5 in Deutsch habe und ob sie die Klasse nun wiederholen müsse, gab die BF3 an, sie sei in der XXXX gewesen und habe sie jetzt ins Gymnasium gewechselt. In ihrer Freizeit gehe sie Radfahren, lerne Deutsch und lese Bücher. Befragt, welche Bücher sie lese, gab sie an, bisher nur ein Buch (Vorstadtkrokodil) gelesen zu haben. Sie sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Sie gehe mit Freunden aus der XXXX und der XXXX spazieren etc.
Der BF4 gab im Zuge der Einvernahme in deutscher Sprache an, gesund zu sein. Er besuche seit 2015 die Schule und gehe derzeit in die XXXX . In der Schule gehe es ihm gut, er habe nur 1er oder 2er. Er sei bis vor ein paar Monaten in einem Fußballverein gewesen, jetzt habe er wegen der Schularbeiten aufgehört. Er „zocke“ eigentlich nur oder sei mit Freunden im Park. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Mit seinen Freunden rede er über Fußball, Playstationspiele (FIFA) etc. Abschließend gab der BF4 an, er würde gerne eine Lehrstelle haben und etwas mit Mechatronik lernen.
Im Zuge der Einvernahme wurden ein Jahreszeugnis des BF4 der XXXX (7. Schulstufe) für das Schuljahr 2020/21; ein Jahreszeugnis der BF3 der XXXX (9. Schulstufe, XXXX ); eine Schulbesuchsbestätigung der XXXX für die BF3 (07.09.2020-02.07.2021); ein Anmeldungsbogen der BF3 für ein XXXX (Schulstart: 14.02.2022); ein Kaufvertrag aus dem Jahr 2003 betreffend eine Wohnung, wobei XXXX als Käuferinnen angeführt werden; ein internistisches Fachgutachten zum Lenken eines KFZ vom 11.02.2021 betreffend den BF1 (bei Anamnese wurde Diabetes mellitus seit 4-5 Jahren bekannt sowie als Therapie: Metformin Tbl 1000mg, Atorvastatin 40mg, Nomexor Tbl. 5mg, Euthyrox Tbl. 50mg angeführt und wurde die Lenkerberechtigung für die Gruppe 1, begrenzt auf die Dauer von 5 Jahren, unter jährlichen Kontrollen des HbA1c Wertes, befürwortet; Laborbefund des BF1 vom 13.10.2021; Bestätigung über den Schulbesuch des BF4 für das Schuljahr 2021/22 sowie eine Bestätigung vom 13.04.2019 und die Kopie des Reisepasses einer österreichischen Nachbarin der BF.
Den BF wurde eine Frist von 7 Tagen eingeräumt um ihre Reisepässe vorzulegen.
3.10. Am 12.01.2022 wurden ein Konvolut an Identitätsdokumenten der Verwandtschaft des BF1 in Österreich nachgereicht.
3.11. Ebenfalls am 12.01.2022 wurden die BF vom BFA vom Ergebnis einer Beweisaufnahme (Abweisung bzw. Zurückweisung des Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gem. 55 AsylG, verbunden mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot) verständigt. Es wurde der bisherige Gang des Verfahrens dargelegt und die BF darüber belehrt, dass sie sich mit der indischen Botschaft in Verbindung setzen müssen, um Identitätsdokumente zu erlangen. Die BF wurden aufgefordert Fragen zu ihrer Ausreise, ihrem Privat- und Familienlebens sowie zur Beschaffung von Identitätsdokumenten zu beantworten und wurden sie darüber belehrt, dass sie binnen 14 Tagen eine schriftliche Stellungnahme einbringen können.
3.12. Am 31.01.2022 langte eine Stellungnahme der BF beim BFA ein. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die BF bereits seit ihrer Ankunft in Österreich intensiv um eine Integration bemüht hätten und eine maßgebliche Änderung des integrationsrelevanten Sachverhaltes im Vergleich zur Entscheidung in ihrem Asylverfahren eingetreten sei, wie den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen sei. Die BF seien arbeitsfähig und –willig und jedenfalls selbsterhaltungsfähig und auch ansonsten ausgezeichnet an das Leben hier angepasst. Eine Erwägung der Umstände müsse zum Ergebnis führen, dass die BF in Österreich ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führen würden. Die BF würden sehr gut Deutsch sprechen, hätten umfangreiche soziale Kontakte, seien selbsterhaltungsfähig, unbescholten und hätten hier enge Familienangehörige, welche dauerhaft aufenthaltsberechtigt seien. Sie würden einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet anstreben, da sie weiterhin in Indien Verfolgung befürchten, auch wenn ihren Fluchtgründen die Asylrelevanz abgesprochen worden sei und weil sie im Zuge des langen Aufenthaltes in Österreich eine entsprechende Verbundenheit zum Land und zur Kultur in Österreich entwickelt hätten, die sie nicht mehr zurücklassen könnten. In Anbetracht der starken, durch diverse Beweismittel belegten Integration und der sich daraus ergebenen Sachverhaltsänderungen, werde ersucht, dem Antrag stattzugeben. Hinsichtlich der Erfordernisse der Vorlage der Geburtsurkunde und des Reisepasses, werde festgestellt, dass dieser beim BFA aufliege. Die BF könnten derartige Dokumente leider nicht vorlegen, da sie überstützt ihr Heimatland verlassen haben müssen, sie als Flüchtlinge nach Österreich gekommen seien und weiterhin Verfolgung seitens der heimatlichen Behörden befürchten würden, auch wenn ihre Fluchtgründe nicht als asylrelevant anerkannt worden seien. Es werde daher beantragt, die Heilung des Mangels zuzulassen.
3.13. Mit Bescheiden des BFA vom 04.02.2022 (BF1), 14.02.2022 (BF2), 15.02.2022 (BF3) und 16.02.2022 (BF4) wurden die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 29.04.2019 gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I.) Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkte II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkte III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkte IV.). Der Antrag auf Mängelheilung vom 30.01.2022 wurde gemäß „§ 4 Abs. 1 Z Zusatz iVm § 8 AsylG-DV 2005“ abgewiesen (Spruchpunkte VI. in den Bescheiden des BF1 und der BF2, Spruchpunkte V. in den Bescheiden der BF3 und des BF4). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF1 und die BF2 jeweils ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkte V. in den Bescheiden des BF1 und der BF2).
Begründend wurde ausgeführt, dass die BF in einem gemeinsamen Haushalt leben würden und mehrere Verwandte, welchen bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei, im Bundesgebiet leben würden. Der BF1 und die BF2 würden keiner legalen Arbeit nachgehen, seien mittellos und würden den Lebensunterhalt durch die Grundversorgung bestreiten. Der BF1 und die BF2 seien nicht ehrenamtlich tätig gewesen und nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen. Der BF1 verfüge trotz des mehrjährigen Aufenthaltes über keinerlei Deutschkenntnisse. Dieser habe zwar angegeben einen Deutschkurs besucht zu haben, habe jedoch in der Einvernahme die auf Deutsch gestellten Fragen weder verstehen, noch beantworten können. Die BF2 verfüge über Deutschkenntnisse auf A2-Niveau und habe sie nach 2019 keine Kurse mehr besucht. Der BF1 spreche mit seinen Familienangehörigen Punjabi, würde sonst keine Kontakte haben und würde mit seiner Familie den Sikh-Tempel besuchen. Die BF1 und der BF2 seien in Österreich nicht derart integriert, als dass eine Rückkehrentscheidung unzulässig wäre. Es bestehe kein Privatleben, welches derart schützenswert wäre, als dass es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehen würde. Der BF1 und die BF2 seien in Indien aufgewachsen, dort hauptsozialisiert worden, hätten den Großteil ihres Lebens dort verbracht, hätten dort die Schule bzw. die BF2 die Uni besucht und ein Studium abgeschlossen, hätten dort gearbeitet und könnten sie sich wieder in Indien integrieren. Es sei den BF zumutbar, ihr Familienleben gemeinsam in Indien fortzusetzen. Die BF würden in Indien über Verwandte (Angehörige der BF2) verfügen, dort Unterkunft nehmen können und würde ihnen bei einer Rückkehr nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden oder sie in eine existenzgefährdende Notlage geraten. Der BF1 und die BF2 könnten in Indien eine Arbeit aufnehmen.
Hinsichtlich der BF3 wurde ausgeführt, dass diese seit kurzem volljährig sei, aufgrund des mehrjährigen Schulbesuches über Deutschkenntnisse verfüge, in ihrem letzten Zeugnis jedoch ein Nicht Genügend im Fach Deutsch gehabt habe. Die BF3 habe in Österreich die XXXX besucht und zuletzt in ein XXXX gewechselt, wobei keine Bestätigung dazu vorgelegt worden sei. Einen außergewöhnlichen schulischen Erfolg könne sie nicht nachweisen. Der minderjährige BF3 verfüge aufgrund seines mehrjährigen Schulbesuches ebenso über Deutschkenntnisse und besuche er derzeit eine XXXX . Die BF3 und der BF4 würden keiner legalen Beschäftigung nachgehen, hätten keine ehrenamtlichen Tätigkeiten verrichtet, seien nicht selbsterhaltungsfähig und würden Leistungen aus der Grundversorgung beziehen. Beide seien keine Mitglieder in Vereinen oder Organisationen. Die BF3 und der BF4 hätten einen Teil ihrer Kindheit im Herkunftsstaat verbracht, dort die Schule besucht und seien dort hauptsozialisiert worden. Sie würden sich daher wieder in Indien integrieren können und sei ihnen eine Rückkehr gemeinsam mit den Eltern möglich. Die BF3 und der BF4 würden Punjabi sprechen und sich mit ihren Eltern im Familienalltag in dieser Sprache verständigen. Das Kindeswohl stehe einer Rückkehr nach Indien nicht entgegen. Die BF3 und der BF4 könnten in Indien eine Arbeit aufnehmen oder dort weiter die Schule besuchen.
Zu den Gründen für das Erlassen des Einreiseverbotes führte das BFA aus, dass der BF1 und die BF2 in Österreich keiner legalen Arbeit nachgehen würden, keine Möglichkeit hätten legal an Geld zu gelangen, über keine ausreichenden Existenzmittel verfügen würden und daher mittellos seien. Sie würden Leistungen aus der Grundversorgung beziehen. Der BF1 und die BF2 seien illegal im Bundesgebiet, würden rechtliche Bestimmungen missachten und ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen. Ihr Aufenthalt stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.
Betreffend den Antrag auf Mängelheilung wurde ausgeführt, dass der BF1, die BF2 und die BF3 volljährig seien und kein berücksichtigungswürdiges Familienleben oder Privatleben in Österreich bestehen würden. Der BF4 sei zwar noch minderjährig, jedoch in Begleitung seiner Eltern, weshalb er kein unbegleiteter Minderjähriger sei. Die BF würden sich jahrelang unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, hätten wiederholt unbegründete Asylanträge gestellt und würden nicht ausreichend an ihrer Rückkehr mitwirken. Die BF würden durch die Nichtvorlage von indischen Personaldokumenten ihre Identität verschleiern. Es sei den BF möglich und zumutbar gegenüber der indischen Botschaft ausreichende Angaben zu machen, damit ein Identitätsdokument ausgestellt werden könne und hätten die BF auch keinen Nachweis vorgelegt, wonach es ihnen nachweislich nicht möglich und zumutbar sei, Reisepässe zu erlangen.
3.14. Gegen diese Bescheide brachten die BF fristgerecht gleichlautende Beschwerden ein. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Entscheidungen inhaltlich falsch sowie rechtswidrig seien und die Verfahrensführung mangelhaft sei. Die vorgelegten Unterlagen der BF seien vom BFA nicht angemessen beurteilt worden. Daraus sei eine intensive soziale, sprachliche und familiäre Integration zu entnehmen, die sich in der Zeit nach dem Abschluss des Asylverfahrens entwickelt habe, im Bescheid aber unbeachtlich geblieben sei. Die intensive Sozialisation der Kinder wäre zu beurteilen gewesen, welche bereits einen sehr gewichtigen Teil ihres Lebens hier verbracht hätten, vollständig an das Leben in Österreich angepasst seien und einen guten schulischen Erfolg vorzuweisen hätten. Seit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung seien bereits Jahre vergangen und sei dies kein geringfügiger Zeitraum. Die BF seien fast 8 Jahre in Österreich und werde im Bescheid nicht nachvollziehbar begründet, inwiefern die vorgebrachten Veränderungen ihrer Integration nicht maßgeblich wären. Die BF würden Deutsch auf ausreichendem Niveau beherrschen, um sich im Alltag verständigen und auch eine berufliche Tätigkeit ausüben zu können. Die Kinder würden erfolgreich die Schule besuchen, hätten vielfältige soziale Kontakte in Österreich, hätten konkrete Zukunftspläne und sich in jeglicher Weise an das Leben in Österreich angepasst, im Gegensatz zur Situation in der sie im Falle einer Abschiebung nach Indien ausgesetzt wären, wo sie vor dem Nichts stehen würden. Die Behauptung im Bescheid, die BF seien mittellos, sei unverständlich, da sie nur aufgrund ihres Aufenthaltsstatus vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien. Im Falle der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung seien sie arbeitsfähig und –willig. Sie würden keine Belastung für die Gebietskörperschaft darstellen. Die Begründung des BFA sei nicht nachvollziehbar. Die BF hätten sich erfolgreich in Österreich integriert, den Kontakt zum Heimatland verloren, würden sich wünschen ihren eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren, hätten Deutsch gelernt, vielfältige soziale Kontakte und würden keine Belastung für die Gebietskörperschaft darstellen. Es wurde auf die Rechtsprechung des VwGH zu einem länger als 10 Jahre dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet verwiesen und erneut darauf hingewiesen, dass die BF seit 2015 in Österreich aufhältig seien und es absurd wäre zu behaupten, dass die BF ihren Aufenthalt im Bundesgebiet überhaupt nicht genützt hätten um sich hier zu integrieren. Die BF würden einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet anstreben, weil sie in Indien Verfolgung befürchten würden, auch wenn ihren Fluchtgründen die Asylrelevanz abgesprochen worden sei und weil sie im Zuge ihres langen Aufenthaltes im Bundegebiet eine entsprechende Verbundenheit zum Land und zur Kultur entwickelt hätten, die sie nicht mehr zurücklassen könnten. In Anbetracht der starken Integration wäre dem Antrag stattzugeben. Auch die Begründung des Einreiseverbotes sei nicht nachvollziehbar und sei die Dauer nicht adäquat begründet. Zur Abweisung des Antrages auf Mängelheilung wurde ausgeführt, dass die BF erklärt hätten, warum sie die Dokumente nicht vorlegen können. Sie hätten ihr Heimatland überstürzt verlassen müssen und ihre Dokumente zurückgelassen. Sie seien als Flüchtlinge nach Österreich gekommen und würden weiterhin Verfolgung seitens der heimatlichen Behörden befürchten, auch wenn ihre Fluchtgründe nicht als asylrelevant anerkannt worden seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.2. Feststellungen zu den BF und dem Gang des Verfahrens:
Der BF1 und die BF2 sind verheiratet, die BF3 und der minderjährige BF4 sind ihre gemeinsamen Kinder. Die BF sind Staatsangehörige von Indien aus dem Bundesstaat Punjab, gehören der Religionsgemeinschaft der Sikh und der Volksgruppe der Jat an.
Alle BF beherrschen die Sprache Punjabi, die BF2 zudem Hindi und Englisch.
Der BF1 wurde in Indien geboren, ist dort aufgewachsen und hat dort 12 Jahre lang die Grundschule besucht und hat in der Landwirtschaft gearbeitet. Die BF2 wurde ebenso in Indien geboren, ist dort aufgewachsen, besuchte die Schule, studierte an der Universität Punjabi als Lehramt und hat als Nachhilfelehrerin gearbeitet. Zuletzt ist die BF2 Hausfrau gewesen.
Die mittlerweile volljährige BF3 wurde in Indien geboren, lebte dort bis zu ihrem 11. Lebensjahr und besuchte dort 4 Jahre lang die Grundschule. Der 16-jährige BF4 wurde ebenfalls in Indien geboren, lebte dort bis zu seinem 9. Lebensjahr und besuchte in Indien 2 Jahre lang die Grundschule.
Der BF1 besitzt in Indien Grundstücke, und zwar jedenfalls ca. 12 Kila Land sowie (gemeinsam mit seinen Brüdern) ein leerstehendes Haus. Der Vater des BF1 ist verstorben.
Die Eltern und zwei Brüder der BF2 leben nach wie vor in Indien.
Der BF1 leidet an Diabetes mellitus und nimmt deshalb Medikamente ein. Die BF2 leidet an Migräne und nimmt ebenso Medikamente ein. Im Übrigen sind die BF gesund und sind sie auch arbeitsfähig. Es liegen keine Krankheiten oder gesundheitliche Beschwerden vor, welche einer Rückkehr nach Indien entgegenstehen würden.
Die BF stellten am 03.09.2015 erste Anträge auf internationalen Schutz, welche mit rechtskräftigem Erkenntnis des BVwG vom 09.02.2017, 1.) W202 2145601-1/2E, 2.) W202 2145596-1/2E, 3.) W202 2145595-1/2E und 4.) W202 2145599-1/2E, als unbegründet abgewiesen wurden, womit gegen die BF durchsetzbare Rückkehrentscheidungen bestehen. Die BF stellten am 26.05.2017 Folgeanträge auf internationalen Schutz, welche mit Bescheiden des BFA vom 01.07.2007 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und Rückkehrentscheidungen gegen die BF erlassen wurden. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit rechtskräftigem Erkenntnis des BVwG vom 01.09.2017, 1.) W191 2145601-2/4E, 2.) W191 2145596-2/4E, 3.) W191 2145595-2/4E und 4.) W191 2145599-2/4E, abgewiesen. Die BF hielten sich vom Februar 2017 bis zum Mai 2017 sowie seit September 2017 unrechtmäßig in Österreich auf und kommen ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach.
Am 29.04.2019 stellten die BF die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, welche mit Bescheiden des BFA vom 01.10.2020 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen wurden. Nach Einbringung von Beschwerden wurden die angefochtenen Bescheide mit Erkenntnissen des BVwG vom 16.11.2021, 1.) W169 2145601-3/2E, 2.) W169 2145596-3/2E, 3.) W169 2145595-3/2E und 4.) W169 2145599-3/2E gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben. Mit den gegenständlichen Bescheiden des BFA vom 04.02.2022 (BF1), 14.02.2022 (BF2), 15.02.2022 (BF3) und 16.02.2022 (BF4) wurden die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 29.04.2019 gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Der Antrag auf Mängelheilung vom 30.01.2022 wurde gemäß „§ 4 Abs. 1 Z Zusatz iVm § 8 AsylG-DV 2005“ abgewiesen. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF1 und die BF2 jeweils ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Die BF sind strafrechtlich unbescholten.
Zwei Brüder, eine Schwester, zwei Onkel, eine Tante und sonstige weitschichtige Verwandte des BF1 leben im Bundesgebiet und sind hier zum dauerhaften Aufenthalt berechtigt bzw. haben sie bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen bekommen. Ein gegenseitiges finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis oder ein intensives Naheverhältnis zu den in Österreich aufenthaltsberechtigten Verwandten besteht nicht. Der Kontakt zu den im Bundesgebiet lebenden Verwandten beschränkt sich auf Besuche.
Sonstige enge soziale Anknüpfungspunkte in Österreich bestehen nicht. Die BF2, die BF3 und der BF4 konnten Freundschaften im Bundesgebiet knüpfen.
Der BF1 und die BF2 legten jeweils undatierte Einstellungszusagen (derselben Transportfirma) zu einem Bruttomonatslohn von EUR 1.500,- als Fahrer respektive Reinigungskraft vor, sie sind in Österreich jedoch keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, sondern beziehen laufend Leistungen aus der Grundversorgung und bestreiten sie ihren Lebensunterhalt in Österreich durch Unterstützungsleistungen seitens der Caritas in der Höhe von 930 € monatlich. Auch die BF3 und der BF4 beziehen laufend Leistungen aus der Grundversorgung.
Der BF1 verfügt über keine nennenswerten Deutschkenntnisse. Er hat keine Deutschprüfung absolviert und auch keine Unterlagen betreffend den Abschluss eines Deutschkurses in Vorlage gebracht. Die BF2 hat Deutschkurse bis zum Niveau A2 besucht und auch Deutschprüfungen bis zum Niveau A2 bestanden.
Der BF1 und die BF2 haben keine sonstigen Ausbildungen oder Kurse im Bundesgebiet besucht. Beide sind nicht Mitglieder in Vereinen oder Organisationen und waren sie auch nicht ehrenamtlich tätig.
Die mittlerweile volljährige BF3 besucht in Österreich seit September 2015 die Schule. Sie hat die XXXX abgeschlossen, danach eine XXXX besucht, die 9. Schulstufe jedoch nicht positiv abgeschlossen. Zuletzt hat sie sich für ein XXXX angemeldet. Die BF3 besuchte im Jahr 2016 einen Deutschkurs und beherrscht Deutsch in Wort und Schrift. Sie ist in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und ist sie auch nicht ehrenamtlich tätig. Die BF3 ist kein Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen. In ihrer Freizeit trifft sie sich mit Schulfreundinnen, geht Radfahren oder liest ein Buch.
Der mittlerweile 16-jährige BF4 besucht in Österreich ebenfalls seit September 2015 die Schule. Er hat hier die Volksschule abgeschlossen. Danach besuchte er die XXXX , wo er zuletzt in die 4.Klasse ging. Er beherrscht Deutsch in Word und Schrift und hat früher in einem Fußballverein gespielt. Er ist kein Mitglied in Vereinen oder Organisationen und hat in Österreich keine ehrenamtlichen Tätigkeiten ausgeübt. In seiner Freizeit trifft er sich mit Freunden oder spielt Computerspiele.
Die BF leben gemeinsam in einer privaten Wohnung, welcher den Verwandten des BF1 gehört und zahlen die BF monatlich Miete. Die BF unterhalten sich im Familienverband auf Punjabi und gehen gemeinsam in den Sikh-Tempel.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat der BF wird auf nachstehende Länderberichte des angefochtenen Bescheides verwiesen (vom erkennenden Gericht auf die für die Entscheidung wesentlichen Teile gekürzt):
Grundversorgung und Wirtschaft
Letzte Änderung: 31.05.2021
Die Anzahl jener Personen, die in Indien unter der absoluten Armutsgrenze (1,90 USD/Tag Kaufkraft) leben, konnte zwischen 2012 und 2019 von 256 Mio. auf 76 Mio. reduziert werden. Gemäß Schätzungen könnten durch die COVID-Krise allerdings bis zu 200 Millionen Menschen wieder in die absolute Armut zurückgedrängt werden (ÖB 9.2020).
Im Geschäftsjahr 2020/21 (1.April 2020 – 31.März 2021) brach Indiens BIP Wachstum mit einem Minus von sieben bis neun Prozent deutlich ein. Der massivste Wachstumsrückgang seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1947, verdeutlicht die Auswirkungen der strengen Lockdown Maßnahmen in der ersten sechs Monaten des Vorjahres (WKO 4.2021; vgl. TIE 26.1.2021). 80 Prozent der Arbeiterschaft im informellen Sektor während des Lockdown ihre Arbeit verloren (AAAI 8.2020). Hundertausende Wanderarbeiter flohen in den Wochen danach aus den Städten. Weil auch der Zug- und Bahnverkehr von der Regierung ausgesetzt wurde, müssten viele Arbeiter zum Teil auf den Autobahnen und Gleisen Hunderte Kilometer zu Fuß in ihre Dörfer zurücklegen. Hunderte starben dabei (HO 28.4.2021). Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen sind für die Armen besonders gravierend (SZ 25.1.2021; vgl. HO 28.4.2021).
Ab Oktober 2020 konnte wieder ein starker Wachstumsanstieg verzeichnet werden. Die Investitionsförderungsprogramm der Regierung und die Erleichterung der Vergabebedingungen für Investitionskredite haben sehr wesentlich zum Wiederanspringen der Konjunktur beigetragen (WKO 4.2021). Für 2021 wird ein Wirtschaftswachstum von mehr als sieben Prozent erwartet (TIE 26.1.2021).
Der indische Arbeitsmarkt wird durch den informellen Sektor dominiert. Er umfasst Familien- und Kleinbetriebe der Landwirtschaft, des produzierenden Gewerbes sowie des Dienstleistungsbereichs und unterliegt keiner Kontrolle oder Besteuerung des Staates. Infolgedessen bestehen in diesem Bereich keine rechtsverbindlichen Bestimmungen oder formal geregelte Arbeitsverhältnisse. Annähernd 90 Prozent der Beschäftigten werden dem informellen Sektor zugerechnet – sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (Wienmann 2019; vgl. AAAI 8.2020).
Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle frei ist (BAMF 2020; vgl. PIB 23.7.2018). Einige Bundesstaaten geben Arbeitssuchenden eine finanzielle Unterstützung für die Dauer von drei Jahren. Für weitere Informationen sollte die jeweilige lokale Vermittlungsagentur kontaktiert werden. Diese bieten auch Beratungen an, bei denen sie Informationen zu Verfügung stellen (BAMF 2020).
Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zumeist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an, die sich ebenfalls an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat). Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmern ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 2020).
Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz (AA 23.9.2020). Ein Programm, demzufolge 800 Mio. Menschen gratis Lebensmittelrationen erhalten (also etwa 2/3 der Bevölkerung) wurde bis November 2020 verlängert. Die Ausmaße dieses Programms verdeutlichen, wie hart Indien von der COVID-Krise und dem damit verbundenen Einbruch der Wirtschaft betroffen ist (ÖB 9.2020).
Im September 2018 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des biometrischen
Identifikationsprojekts Aadhaar. Im Juli 2019 verabschiedete das Parlament Änderungen zum AadhaarGesetz. Damit wird der Weg für den Einsatz der Daten durch private Nutzer frei. Die geplanten Änderungen gaben Anlass zur Besorgnis hinsichtlich der Privatsphäre und des Datenschutzes und wurden angesichts eines Entscheids des Obersten Gerichtshofs vom September 2018 vorgenommen, welcher eine Nutzung von Aadhaar für andere Zwecke als den Zugang zu staatlichen Leistungen und die Erhebung von Steuern beschränkt (HRW 14.1.2020). Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 rund 1,2 Milliarden indischer Bürger eine Aadhaar-ID ausgestellt (ORF 27.9.2018; vgl. DFAT 10.12.2020). Ursprünglich wurde das System eingeführt, um Steuerbetrug entgegenzuwirken. In den folgenden Jahren wurde der Umfang jedoch stark ausgeweitet: In einigen indischen Bundesstaaten werden mittels Aadhaar Pensionen, Stipendien und die Essensausgabe für arme Menschen abgewickelt (ORF 27.9.2018). Um eine Aadhaar-Karte zu erhalten, sind keine umfangreichen Unterlagen erforderlich, und es stehen mehrere Optionen zur Verfügung, wodurch sie auch für ärmere Bürger ohne Papiere zugänglich ist. Die Verwendung biometrischer Daten, einschließlich Gesichtsauthentifizierung, Iris und Fingerabdruck, soll die doppelte Vergabe von UIDs an ein und dieselbe Person reduzieren oder verhindern. Während es möglich sein kann, eine Aadhaar-Karte unter falschem Namen zu erhalten, ist es weniger wahrscheinlich, dass eine Person mit denselben biometrischen Daten eine zweite Aadhaar-Karte unter einem anderen Namen erhalten kann (DFAT 10.12.2020). Aadhaar stellt für den Großteil der Bevölkerung den einzigen Zugang zu einem staatlich anerkannten Ausweis dar. Diejenigen, die sich bei Aadhaar angemeldet haben, erhielten nach der Übermittlung ihrer Fingerabdrücke und Netzhautscans eine eindeutige zwölfstellige Identifikationsnummer
(BBC 26.9.2018; vgl. DFAT 10.12.2020). Die Aadhaar-Karte selbst ist kein sicheres Dokument, da sie auf Papier gedruckt wird, und obwohl sie nicht wie ein Personalausweis behandelt werden sollte, ist sie es in der Praxis doch (DFAT 10.12.2020).
Menschenrechtsgruppen äußern Bedenken, dass die Bedingungen zur Registrierung für Aadhaar arme und marginalisierte Menschen daran hindern, wesentliche, verfassungsmäßig garantierte Dienstleistungen wie etwa Nahrung und Gesundheitsversorgung zu erhalten (HRW 13.1.2018).
Quellen:
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-
_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09 .2020.pdf, Zugriff 16.10.2020
AAAI – Action Aid Association (India) (8.2020): Workers in the Time of Covid-
19, https://www.actionaidindia.org/wp-content/uploads/2020/08/Workers-in-the-time-of-Covid19_ebook1.pdf , Zugriff 7.5.2021
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (2020): Länderinformationsblatt Indien, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2019_India_DE.pdf , Zugriff 7.5.2021
BBC - British Broadcasting Corporation (26.9.2018): Aadhaar: India top court upholds world's largest biometric scheme, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-44777787 , Zugriff 17.1.2019
BICC - Bonn International Centre for Conversion (7.2020): Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation
Indien, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2020_Indien.pdf , Zugrif f 20.10.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (10.12.2020): DFAT Country Information Report India, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043026/countryinformation-report-india.pdf , Zugriff 7.5.2021
FES – Friedrich-Ebert-Stiftung (9.2019): Feminist perspectives on the future of work in India, http://library.fes.de/pdf-files/bueros/indien/15719.pdf , (Zugriff 18.3.2020
HO – Heise Online (25.4.2021): Telepolis: Corona in Indien: Sorglosigkeit, Mutanten und himmelschreiende Ungleichheit, https://www.heise.de/tp/features/Corona-in-Indien-Sorglosigkeit -
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HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 -
India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022689.html , Zugriff 17.1.2020
HRW - Human Rights Watch (13.1.2018): India: Identification Project Threatens
Rights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422175.html , Zugriff 17.1.2019
ORF - Österreichischer Rundfunk [Österreich] (27.9.2018): Indiens Form der digitalen Überwachung, https://orf.at/stories/3035121/ , Zugriff 17.1.2019
ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien
PIB - Press Information Bureau Government of India Ministry of Labour & Employment (23.7.2018): Modernisation of Employment
Exchanges, http://pib.nic.in/newsite/PrintRelease.aspx?relid=180854 , Zugriff 13.3.2020
SZ – Süddeutsche Zeitung (25.1.2021): Globale Armut steigt dramatisch an, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/armut-corona-oxfam-kinder-1.5183057 , Zugriff
7.5.2021
TIE – The Indian Express (26.1.2021): Indian economy estimated to contract by 9.6% in 2020, grow at 7.3% in 2021: UN, https://indianexpress.com/article/business/economy/indian-economyestimated-to-contract-by-9-6-per-cent-in-2020-grow-at-7-3-per-cent-in-2021-un-7162196/ , Zugriff
7.5.2021
WKO - Aussenwirtschaft Austria [Österreich] (4.2021): Aussen Wirtschaft Wirtschaftsbereich Indien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 11.5.2021
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 31.05.2021
Indiens Gesundheitssystem steht bedingt durch einem akuten Mangel an Infrastruktur, einem Mangel an qualifiziertem Personal im Gesundheitssektor vor einer Reihe von Herausforderungen. Artikel 47 der Verfassung überträgt den Bundesstaaten die Verantwortung für die Anhebung des Ernährungs- und
Lebensstandards sowie für die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit. Infolgedessen besteht eine große Diskrepanz zwischen den Leistungen des gesundheitssektors der einzelnen Bundesstaaten, wie auch zwischen städtischen und ländlichen Gebieten (DFAT 10.12.2020).
Eine gesundheitliche Minimalversorgung wird vom Staat im Prinzip kostenfrei gewährt (ÖB 9.2020; vgl.
BAMF 2020). Sie ist aber durchwegs unzureichend (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020). Einige wenige private Krankenhäuser in den größten Städten gewährleisten europäische Standards. Im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut (AA
23.9.2020). Darüber hinaus gibt es viele weitere Institutionen, die bezahlbare Behandlungen anbieten (BAMF 2020). Ebenfalls gibt es Gemeindegesundheitszentren und spezialisierte Kliniken. Diese sind für alle möglichen generellen Gesundheitsfragen ausgestattet und bilden die Basis des Gesundheitswesens in städtischen Gegenden. Sie werden von der Regierung betrieben und nehmen auf Empfehlung der Ersteinrichtungen Patienten auf. Jede dieser Einrichtungen ist für 120.000 Menschen aus städtischen bzw. 80.000 Patienten aus abgeschiedenen Orten zuständig. Für weitere Behandlungen können Patienten von den Gemeindegesundheitszentren zu Allgemeinkrankenhäusern transferiert werden. Die Zentren besitzen daher auch die Funktion einer Erstüberweisungseinrichtung. Sie sind dazu verpflichtet, durchgängig Neugeborenen- bzw. Kinderfürsorge zu leisten sowie Blutkonservenvorräte zu besitzen. Für den Rest der
Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben (BAMF 2020).
Seit 2017 sind landesweit 5.624 Gemeindegesundheitszentren verfügbar. Die Zentralregierung in New Delhi betreibt auch 189 Aam Aadmi Mohalla-Kliniken für die medizinische Grundversorgung. Staatliche Gesundheitszentren bilden die Basis des öffentlichen Gesundheitswesens. Dies sind meist Ein-PersonenKliniken, die auch kleine Operationen anbieten. Diese Zentren sind grundsätzlich in der Nähe aller Dörfer zu finden. Insgesamt gibt es mehr als 25.650 solcher Kliniken in Indien. 60 Prozent dieser Kliniken werden lediglich von nur einem Arzt betrieben. Einige Zentren besitzen spezielle Schwerpunkte, darunter Programme zu Kinder-Schutzimpfungen, Seuchenbekämpfung, Verhütung, Schwangerschaft und bestimmte Notfälle (BAMF 2020).
Von den Patienten wird viel Geduld abverlangt, da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Gesundheitssektors sehr groß ist. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen fortschrittlicher Infrastruktur und qualifizierterem Personal einen besseren Ruf, ein Großteil der Bevölkerung kann sich diesen aber nicht leisten. In allen größeren Städten gibt es Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich. Fast alle gängigen Medikamente sind in Indien (meist als Generika westlicher Produkte) auf dem Markt erhältlich. Für den (relativ geringen) Teil der Bevölkerung, welcher sich in einem formellen Arbeitsverhältnis befindet, besteht das Konzept der sozialen Absicherung aus Beitragszahlungen in staatliche Kassen sowie einer Anzahl von – vom Arbeitgeber zu entrichtenden – diversen Pauschalbeträgen. Abgedeckt werden dadurch Zahlungen für Renten, Krankenversicherung, Mutterkarenz sowie Abfindungen für Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit (ÖB 9.2020). Für 10.000 Inder stehen 0,8 praktizierende Ärzte (StBA
16.12.2020) und 0,5 Klinikbetten je tausend Einwohnern zur Verfügung (StBA 16.12.2020; vgl. GTAI
23.4.2020). Zwölf indische Bundesstaaten (Bihar, Jharkhand, Gujarat, Uttar Pradesh, Andhra Pradesh, Chhattisgarh, Madhya Pradesh, Haryana, Maharashtra, Odisha, Assam und Manipur), in denen etwa 70 Prozent der gesamten Bevölkerung Indiens leben, verfügen über weniger als den nationalen Durchschnitt von 55 öffentlichen Krankenhausbetten pro 100.000 Einwohner (DFAT 10.12.2020).
Im September 2019 wurde mit der Einführung des indienweiten Pradhan Mantri Jan Arogya Abhiyaan begonnen (auch "Modicare" genannt), einer Krankenversicherung, die insgesamt 500 Millionen Staatsbürger umfassen soll, welche sich ansonsten keine Krankenversicherung leisten können. Diese Krankenversicherung deckt die wichtigsten Risiken und Kosten ab. Dazu kommen noch verschiedene öffentliche Krankenversicherungen in einzelnen Unionsstaaten mit unterschiedlichem Empfänger- und Leistungsumfang (ÖB 9.2020). Eine private Gesundheitsversorgung ist vergleichbar teuer und die Patienten müssen einen Großteil der Kosten selber zahlen. Für den Zugang zu den Leistungen ist grundsätzlich ein gültiger Personalausweis nötig (Adhaar card, Voter ID, PAN) (BAMF 2020).
Seit Mitte Februar 2021 steigen die Coronavirus-Infektionen in Indien wieder an. Bis dahin hatte sich seit dem vorläufigen Pandemie Höhepunkt im September 2020 die Lage fast wieder normalisiert. In einigen Städten wie z.B. Mumbai und Bangalore und zuletzt auch in New Delhi wurden Eindämmungsmaßnahmen ergriffen, um den Druck auf das das Gesundheitssystem zu reduzieren. Diese Maßnahmen blieben aber, zumindest bisher, sowohl lokal als auch zeitlich beschränkt (WKO 4.2021). Ein Problem in Indien bleiben die Einhaltung der individuellen Vorsichtsmaßnahmen (Abstand halten, Masken tragen und Hände waschen). Sowohl bei politischen Kundgebungen als auch an öffentlichen Feiertagen, wie zuletzt beim Frühlingsfest
Holi Ende März, wurde die Maskenpflicht bei weitem nicht flächendeckend eingehalten (WKO 4.2021). Die Regierung will möglichst rasch das landesweite Impfprogramm umsetzen. Im ersten Schritt sollen bis August 2021 insgesamt 300 Millionen Menschen geimpft werden und bis Ende 2022 eine Immunisierung der Bevölkerung erreicht werden. Mit Stand Ende März 2021 sind 63 Millionen Inder geimpft. Personen, die älter als 45 Jahre sind seit 1. April zur Impfung zugelassen (WKO 4.2021).
Die staatliche Krankenversicherung erfasst nur indische StaatsbürgerInnen unterhalb der Armutsgrenze. Für den Rest der Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben. Bekannte Versicherer sind General Insurance, Bharti AAA, HDFC ERGO, Bajaj, Religare, Apollo Munich, New India Assurance, Max Bupa etc. (BAMF 2020).
In Indien sind fast alle gängigen Medikamente auf dem Markt erhältlich (AA 23.9.2020). Apotheken sind in Indien zahlreich und auch in entlegenen Städten vorhanden (BAMF 2020). Die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien ist der weltweit größte Hersteller von Generika und Medikamente kosten einen Bruchteil der Preise in Europa (AA 23.9.2020). Die Kosten für die notwendigsten Medikamente sind staatlich kontrolliert, sodass diese weitreichend erhältlich sind (BAMF 2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.9.2020): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni
2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2038579/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl
-
_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09 .2020.pdf, Zugriff 16.10.2020
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (2020): Länderinformationsblatt Indien 2020, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2020_India_DE.pdf , Zugriff 7.5.2021 DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (10.12.2020): DFAT Country Information Report India, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043026/countryinformation-report-india.pdf , Zugriff 11.5.2021
GTAI – German Trade and Invest [Deutschland] (23.4.2020): Covid-19: Gesundheitswesen in Indien, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/indien/covid-19-gesundheitswesen-inindien-234420 , Zugriff 15.5.2020
StBA – Statistisches Bundesamt [Deutschland] (16.12.2020): Indien: Statistisches
Länderprofil, https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender -
Regionen/Internationales/Laenderprofile/indien.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 7.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien
WKO - Aussenwirtschaft Austria [Österreich] (4.2021): Aussen Wirtschaft Wirtschaftsbereich Indien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 11.5.2021
Rückkehr
Letzte Änderung: 31.05.2021
Allein die Tatsache, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung (AA 23.9.2020; vgl. DFAT 10.12.2020). Abgeschobene erfahren bei der Rückkehr nach Indien von den indischen Behörden grundsätzlich keine nachteiligen Konsequenzen, abgesehen von einer Prüfung der Papiere und gelegentlichen Befragung durch die Sicherheitsbehörden. Gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020).
Aktivisten, die im Ausland eine in Indien verbotene terroristische Vereinigung unterstützen, werden hierfür nach ihrer Rückkehr strafrechtlich verfolgt, sofern ihre Aktivitäten den indischen Behörden bekannt geworden sind. Es ist strafbar, zu Terrorgruppen Kontakte zu unterhalten oder an Handlungen beteiligt zu sein, die die Souveränität, Integrität oder Sicherheit Indiens gefährden. Menschenrechtsorganisationen berichten über Schikanen der indischen Polizei gegen Personen, die wegen terroristischer Aktivitäten verurteilt wurden, selbst wenn diese ihre Strafe bereits verbüßt haben (ÖB 9.2020). Auslandsaktivitäten bestimmter Gruppen (Sikhs, Kaschmiris) werden von indischer Seite beobachtet und registriert (ÖB 9.2020).
Indien verfügt über kein zentrales Meldesystem, das es der Behörde ermöglicht, den Aufenthaltsort von Einwohnern im eigenen Bundesstaat zu überprüfen, geschweige denn in einem der anderen Bundesstaaten oder Unionsterritorien (DFAT 10.12.2020). Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder von Bekannten angewiesen (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.9.2020): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni
2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2038579/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl
-
_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09 .2020.pdf, Zugriff 15.10.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (10.12.2020): DFAT Country Information Report India,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2043026/country-information-report-india.pdf , Zugriff
22.3.2021
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien
Staatsbürgerschaft
Letzte Änderung: 31.05.2021
Nach dem Gesetz wird durch die Eltern die Staatsbürgerschaft auf deren Kinder übertragen. Eine Geburt im Land führt nicht automatisch zur Einbürgerung. Jede Person, die am oder nach dem 26. Januar 1950, aber vor dem 1. Juli 1987 im Land geboren wurde, erlangt die indische Staatsbürgerschaft durch Geburt. Einem Kind, das am oder nach dem 1. Juli 1987 im Land geboren wurde, wird die Staatsbürgerschaft übertragen, wenn ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes indischer Staatsbürger war. Die Behörden betrachten Personen, die am oder nach dem 3. Dezember 2004 im Land geboren wurden, nur dann als Staatsbürger, wenn mindestens ein Elternteil ein Staatsbürger war und sich der andere zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht illegal im Land aufgehalten hat (USDOS 30.3.2021).
Personen, die am oder nach dem 10. Dezember 1992 außerhalb des Landes geboren wurden, werden dann als indische Staatsbürger anerkannt, wenn ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt indischer Staatsbürger war. Nach dem 3. Dezember 2004 außerhalb Indiens Geborene werden durch die Behörden nicht als indische Staatsbürger annerkannt, wenn die Geburt des Kindes nicht binnen eines Jahres (Frist läuft ab Geburtstermin) bei einem indischen Konsulat registriert worden ist (USDOS 30.3.2021).
Durch die Behörden kann eine Staatsbürgerschaft auch durch spezielle Registrierungskriterien sowie durch Einbürgerung nach zwölf Jahren Aufenthalt im Land verleihen werden (USDOS 30.3.2021; vgl. DFAT 10.12.202020). Ausgenommen von dieser Maßnahme sind illegal im Land aufhältige Ausländer (DFAT
10.12.2020).
Am 11. Dezember 2019 verabschiedete das indische Parlament einen Zusatz zum Staatsbürgerschaftsgesetz (Citizenship Amendtment Act - CAA), dem zufolge aus Pakistan, Bangladesch oder Afghanistan nach Indien bis einschließlich zum 31.12.2014 (Stichtag) geflohene Hindus, Sikhs, Buddhisten, Jain, Parsis oder Christen bereits nach fünf Jahren die indische Staatsbürgerschaft erlangen können. Muslime sind von diesem Gesetz ausgeschlossen (AA 23.9.2020). Laut Regierung sei das Gesetz nur für in den drei Ländern religiös verfolgte Flüchtlinge gedacht (AA 23.9.2020; vgl. ÖB 9.2020). Diese Reform des Staatsbürgerschaftgesetzes hat zunächst keinen Einfluss auf die bereits im Land lebenden Muslime (ÖB 9.2020).
Probleme erwachsen aus der erfolgten Änderungen allerdings, sobald der National Register of Citizen im gesamten Land eingeführt wird, wie das die Regierung bereits angekündigt hat. In diesem Fall werden nur jene Personen als indische Staatsbürger registriert, die über gewisse, noch festzulegenede Dokumente verfügen (etwa Geburtsurkunden der Eltern und Großeltern, Wählerausweise der Eltern und Großeltern, etc.). Sofern nicht alle Dokumente beigebracht werden können, gilt die betreffende Person nicht als StaatsbürgerIn. Dies ist für Hindus, Sikhs, Jains, Parsen, Buddhisten und Christen jedoch insofern unerheblich, dass sie in diesem Fall durch den CAA automatisch eingebürgert würden, sofern sie sich bereits vor dem 1.1.2015 in Indien aufgehalten haben (was üblicherweise der Fall ist). Einziger Unteschied wäre, dass es sich bei diesen Personen dann um eingebürgerte Staatsbürger und nicht um solche auf Grund von Abstammung handelt. De facto macht dies jedoch keinen Unterschied. Muslime hingegen, die nicht alle Dokumente vorweisen können, würden damit ihrer Staatsbürgerschaft verlustig gehen, da sie eben nicht automatisch eingebürgert würden. Viele Muslime befürchten, dadurch staatenlos und somit Bürger zweiter Klasse zu werden (u.a. kein Landbesitz, kein Zugang zum Bildungssystem, kein staatlichen
Lebensmittelrationen, etc.). Dass sie abgeschoben würden ist hingegen eher unwahrscheinlich, da die Nachbarstaaten eine Aufnahme bereits kategorisch ausgeschlossen haben. Die tatsächlichen Auswirkungen des neuen Staatsbürgerschaftsgesetzes werden sich somit erst in Zukunft zeigen, sobald der National Register of Citizens im gesamten Land eingeführt wird (ÖB 9.2020).
Das Gesetz löste indienweit nicht nur durch Muslime, starke Proteste und teilweise gewaltsame Tulmulte aus (AA 23.9.2020; vgl. ÖB 9.2020), die erst durch die Versammlungsverbote im Zuge der COVID-Krise ein Ende fanden (ÖB 9.2020). Die Gegner kritisieren es als diskriminierend und als eine Gefahr für den säkularen
Charakter des indischen Staates (AA 23.9.2020). Nach der Abschaffung der Kaschmir-Autonomie, dem National Register of Citizens in Assam, im Zuge dessen v.a. muslimische Einwanderer im Bundesstaat Assam erfasst und von der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen werden sollten (was am Ende jedoch nicht durchführbar war, da die meisten derjenigen, die Ihre Staatsbürgerschaft nicht beweisen konnten, Hindus waren) sowie dem Ayodhya-Urteil, im Zuge dessen vom Obersten Gerichtshof der Bau eines Hindu-Tempels auf einer im Jahr 1992 von einem Hindu-Mob demolierten Moschee erlaubt wurde, handelt es sich bei dem neuen Staatsbürgerschaftsgesetz um einen weiteren Akt, der von großen Teilen der muslimischen Bevölkerung Indiens als Diskriminierung wahrgenommen wird (ÖB 9.2020).
In New Delhi entwickelten sich aus den Anti-CAA Protesten in den Tagen ab dem 23. Februar 2020 die schwerwiegendsten interreligiösen Ausschreitungen seit Jahren ("Delhi riots"). Bei den Übergriffen und Straßenschlachten starben mehr als 50 Personen (AA 23.9.2020).
Seriösen Schätzungen zur Folge werden durch die indischen Behörden jedes Jahr weniger als 60 Prozent der Geburten im Land registriert. Kinder ohne Staatsbürgerschaft oder Registrierung haben dadurch möglicherweise keinen Zugang zu öffentlichen Diensten, können sich nicht in der Schule anmelden oder später Ausweispapiere erhalten (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.9.2020): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni
2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2038579/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl
-
_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09 .2020.pdf, Zugriff 16.10.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (10.12.2020): DFAT Country Information Report India, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043026/countryinformation-report-india.pdf , Zugriff 10.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights
Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048124.html , Zugriff 10.5.2021
Dokumente
Letzte Änderung: 28.05.2021
Der Zugang zu gefälschten Dokumenten oder echten Dokumenten falschen Inhalts ist leicht (AA 23.9.2020; vgl. DFAT 10.12.2020). Gegen entsprechende Zahlungen sind viele Dokumente zu erhalten. Erleichtert wird der Zugang überdies durch die Möglichkeit, Namen ohne größeren Aufwand zu ändern. Hinzu kommt, dass die indischen Gerichte keine einheitlichen Formulare verwenden. Eine Überprüfung ist zusätzlich dadurch erschwert, dass die indischen Behörden sowie die weiteren Beteiligten nur zögerlich oder überhaupt nicht kooperieren. Hinweise auf Fälschungen sind insbesondere unvollständige Siegelstempel, fehlende Unterschriften sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020).
Echte Dokumente unwahren Inhalts
Echte Dokumente unwahren Inhalts sind problemlos (gegen entsprechende Zahlungen oder als Gefälligkeit) erhältlich. Bei Personenstandsurkunden handelt es sich dabei um echte Urkunden falschen Inhalts, bei Gerichtsentscheidungen (z.B. Scheidung, Sorge) um echte Urteile, die jedoch aufgrund erfundener Sachverhalte und ohne Einhaltung grundlegender Verfahrenserfordernisse (rechtliches Gehör, Interessenabwägung, Begründung) ergehen. (AA 23.9.2020). Die Überprüfung der Echtheit von Dokumenten gestaltet sich als schwierig. So besteht etwa zwischen zahlreichen Personen aus dem Punjab, Delhi und Haryana eine Namensidentität, sodass die Zuordnung eines Haftbefehls häufig problematisch ist. Der Namenszusatz männlicher Sikhs ist "Singh" (Löwe), der aller weiblicher Sikhs "Kaur" (Löwin); Singh ist zudem ein verbreiteter Hindu-Nachname in Nordindien. Die Mitteilung sämtlicher Vornamen sowie des Geburtsdatums und der Name der Eltern sind daher für die eindeutige Zuordnung unerlässlich (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020).
Zugang zu gefälschten Dokumenten
In der Vergangenheit haben sich Dokumente im Zusammenhang mit Strafsachen und Fahndung sowie dazugehörige Eidesstattliche Versicherungen (affidavits) auch als falsch oder gefälscht herausgestellt. Die Überprüfung der Echtheit von Haftbefehlen gestaltet sich schwierig. Vorgelegte Dokumente ("Warrant of Arrest", „First Investigation Report“, Bestätigungsschreiben von Rechtsanwälten, "Affidavits" von Dorfvorstehern oder Angehörigen) stellen sich bei Überprüfung häufig als gefälscht heraus. Überprüfungen im Asylverfahren ergeben häufig, dass weder der Sachvortrag noch die Identität des Betreffenden bestätigt werden kann (AA 19.7.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.9.2020): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni
2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2038579/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl
-
_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09 .2020.pdf, Zugriff 15.10.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (10.12.2020): DFAT Country Information Report India, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043026/countryinformation-report-india.pdf , Zugriff 22.3.2021
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien
2. Beweiswürdigung:
2.2. Zu den Feststellungen zu den BF und dem Gang des Verfahrens:
Die Feststellungen zum Verwandtschaftsverhältnis der BF, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Herkunft, ihrer Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit ergeben sich insbesondere aus den Angaben des BF1 und der BF2 im Verfahren bzw. den vorangegangenen und bereits abgeschlossenen Verfahren/Asylverfahren.
Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen der BF, zum Aufwachsen der BF in Indien, ihrem Schulbesuch, der Arbeitserfahrung des BF1 und der BF2 in Indien, dem Studium der BF2 in Indien sowie dem Umstand, dass die BF2 in Indien zuletzt Hausfrau gewesen ist, ergeben sich insbesondere aus den eigenen Angaben des BF1 und der BF2 im gegenständlichen sowie den vorangegangenen, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren und wurde selbiges auch schon in den Erkenntnissen des BVwG vom 16.11.2021 als erwiesen festgestellt.
Die Feststellungen, dass der BF1 in Indien Grundstücke bzw. (gemeinsam mit seinen Brüdern) ein leerstehendes Haus besitzt und sein Vater bereits verstorben ist, ergeben sich aus den eigenen Angaben des BF1 und der BF2 im gegenständlichen (AS 601 im Akt des BF1, AS 553 im Akt der BF2) und den vorangegangen Verfahren sowie den Feststellungen des BVwG in den Erkenntnissen vom 16.11.2021.
Die Feststellungen zu den noch in Indien lebenden Familienangehörigen der BF2, ergeben sich insbesondere aus den glaubwürdigen Angaben des BF1 im gegenständlichen Verfahren. Dieser gab in der Einvernahme vor dem BFA am 10.01.2022 an, dass die Eltern sowie zwei Brüder der BF2 noch in Indien leben würden und sie, wenn auch nur wenig, Kontakt haben würden (AS 601 im Akt des BF1). Die BF2 behauptete in ihrer Einvernahme vor dem BFA am 10.01.2022 zwar, dass sie nicht wisse, ob ihre Eltern und ihre Geschwister noch in Indien seien, weil sie keinen Kontakt hätten bzw. sie schon seit längeren keinen Kontakt hätten (AS 552 im Akt der BF2), diese Angaben der BF2 wurden angesichts der entgegenstehenden Angaben des BF1 aber schon vom BFA als nicht glaubwürdig erachtet und schließt sich auch das erkennende Gericht dieser Meinung des BFA an. Die Behauptung in der Beschwerde, wonach die BF den Kontakt zum Heimatland verloren hätten, wird daher ebenfalls als Schutzbehauptung gewertet.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich aus den eigenen Angaben der BF während der aktuellen und vorangegangenen Verfahren bzw. den dazu vorgelegten medizinischen Unterlagen, aus denen die Diabetes Erkrankung des BF1, die Migräne der BF2 sowie die Einnahme von Medikamenten ersichtlich ist. Auch in den Erkenntnissen des BVwG vom 16.11.2021 wurden selbiges schon festgestellt. Im aktuellen Verfahren wurde weder von den BF selbst behauptet, noch in der Beschwerdeschrift geltend gemacht, dass die BF an weiteren Krankheiten leiden würden, sich ihre gesundheitlichen Beschwerden verschlimmert hätten oder der BF1 und die BF2 in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sein sollten. Betreffend die BF3 und den BF4 wurde durchgehend angegeben, dass diese gesund seien. Weiters geht aus den vom BFA herangezogenen Länderberichten hervor, dass in Indien eine gesundheitliche Minimalversorgung vom Staat im Prinzip kostenlos gewährt wird und im wirtschaftlich starken Punjab (wo die BF herkommen) die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut ist. Daneben gibt es viele weitere Institutionen, die bezahlbare Behandlungen anbieten sowie Gemeindegesundheitszentren und spezialisierte Klinken. Es gibt eine staatliche Krankenversicherung für indische Staatsbürger unterhalb der Armutsgrenze und eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen für die restliche Bevölkerung. Weiters sind in Indien fast alle gängigen Medikamente auf dem Markt erhältlich, Apotheken sind zahlreich und auch in entlegenen Städten vorhanden. Auch die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien ist der weltweit größte Hersteller von Generika, Medikamente kosten einen Bruchteil der Preise in Europa. Die Kosten für die notwendigen Medikamente sind staatlich kontrolliert, sodass diese weitreichend erhältlich sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die BF eine gesundheitliche Behandlung in Indien, sollten sie eine solche benötigen, bekommen werden und die vom BF1 und der BF2 benötigten Medikamente in Indien auch verfügbar und für die BF leistbar sind.
Die Feststellungen über die Einreise der BF, die beiden abgeschlossenen Asylverfahren sowie dem bisherigen Gang der Verfahren über die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln ergeben sich zweifellos aus dem Akteninhalt sowie den in den Akten jeweils einliegenden Erkenntnissen des BVwG vom 09.02.2017, 01.09.2017 sowie 16.11.2021.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit der BF ergibt sich aus der Einsichtnahme ins österreichische Strafregister.
Die Feststellungen zu den im Bundesgebiet aufhältigen Familienangehörigen bzw. deren Aufenthaltserlaubnis, ergeben sich aus den eigenen Angaben der BF während des Verfahrens bzw. den zahlreich vorgelegten österreichischen Reisepässen, Staatsbürgerschaftsverleihungsurkunden und österreichischen Personalausweisen der Verwandten. Ein gegenseitiges finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu den in Österreich lebenden Verwandten machten die BF nicht geltend und konnte derartiges daher nicht festgestellt werden. Die BF leben mit ihren Verwandten nicht in einem gemeinsamen Haushalt, sondern wohnen sie laut ihren eigenen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme beim BFA in der Wohnung eines Onkels des BF1 (AS 600 im Akt des BF1, AS 552 im Akt der BF2), wobei dazu während des Verfahrens auch ein Kaufvertrag in Vorlage gebracht wurde. Da die BF Leistungen aus der Grundversorgung/Geldleistungen der Caritas beziehen und sowohl der BF1, als auch die BF2 in der letzten Einvernahme beim BFA angaben, dass sie Miete für die Wohnung bezahlen würden (600 € warm laut Aussagen des BF1, AS 602 im Akt des BF1), kann keine finanzielle Abhängigkeit der BF von ihren Verwandten erkannt werden. Auch ansonsten wurden keine wesentlichen (finanzielle oder anderweitige) Unterstützungsleistungen durch die Verwandten behauptet, sondern gab der BF1 lediglich lapidar an, dass ihn seine Verwandten „mit den anderen Sachen“ helfen würden (AS 602 im Akt des BF1), wobei die BF2 derartiges nicht erwähnte. Diese pauschale Aussage des BF1 vermag jedenfalls kein besonderes Naheverhältnis oder eine Abhängigkeit darzulegen und wurde auch in der Beschwerde kein weiteres Vorbringen dazu erstattet. Auch die BF3 und der BF4 wurden vom BFA in der Einvernahme zu ihrem Leben in Österreich befragt, wobei keiner von beiden angab, besonders intensiven Kontakt zu den in Österreich lebenden Verwandten zu pflegen. Regelmäßige Besuche der BF bei ihren Verwandten sind üblich und können ebenso kein besonders Naheverhältnis darlegen. Auch ansonsten kamen keine engen sozialen Anknüpfungspunkte der BF in Österreich hervor. Die BF2, die BF3 und der BF4 konnten laut ihren eigenen Angaben Freundschaften knüpfen. Der BF1 gab selbst zu, dass er nur Kontakt zu seiner Familie und seinen Geschwistern habe bzw. er die Eltern von den Freunden seiner Kinder nicht kenne (AS 603 und 604 im Akt des BF1). Es ist den BF daher zuzumuten, den Kontakt zu ihren in Österreich lebenden Verwandten und Freunden, nach einer Rückkehr nach Indien über moderne/elektronische Kommunikationsmittel (Internet, Handy, etc.) aufrechtzuerhalten.
Die Vorlage der undatierten Einstellungszusagen des BF1 und der BF2 ergibt sich aus den in den Akten einliegenden diesbezüglichen Schreiben (AS 431 und 433 im Akt des BF1). Der Umstand, dass der BF1 und die BF2 in Österreich nicht Erwerbstätigkeit waren, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben während des Verfahrens sowie den eingeholten AJ-WEB-Auszügen, in denen keine Arbeitgeber ersichtlich sind. Die Feststellung, dass die BF laufend Leistungen aus der Grundversorgung beziehen und sie ihren Lebensunterhalt durch Unterstützungsleistungen seitens der Caritas finanzieren, ergibt sich aus den Angaben der BF1 und der BF2 während des Verfahrens sowie den eingeholten Auszügen aus dem Grundversorgungssystem.
Die Feststellung, dass der BF1 über keine nennenswerten Deutschkenntnisse verfügt, ergibt sich vor allem daraus, weil bei den Einvernahmen des BF1 stets ein Dolmetscher für die Sprache Punjabi notwendig war und konnte der BF1 in der Einvernahme beim BFA die von der Behörde gestellten Fragen in deutscher Sprache auch nicht verstehen bzw. nicht beantworten (AS 602 und 603 im Akt des BF1). Der BF1 behauptete im Verfahren zwar, einen Deutschkurs besucht/angefangen zu haben, er legte jedoch keine Bestätigungen betreffend den Abschluss eines Deutschkurses oder einer Deutschprüfung in Vorlage, weshalb nicht festgestellt werden konnte, dass der BF einen Deutschkurs oder eine Deutschprüfung abgeschlossen hat.
Die Feststellung, wonach die BF2 sowohl Deutschkurse als auch Deutschprüfungen bis zum Niveau A2 abgeschlossen hat, ergibt sich insbesondere aus den vorgelegten und im Akt einliegenden Zertifikaten und Bestätigungen. Auch konnte die BF2 die Fragen des BFA in deutscher Sprache in der niederschriftlichen Einvernahme verstehen und auf Deutsch beantworten (AS 554 im Akt der BF2).
Die Feststellungen zum Schulbesuch der BF3 in Österreich ergeben sich insbesondere aus den vorgelegten und im Akt einliegenden Schulbesuchsbestätigungen, Schulzeugnissen und Schulnachrichten in Zusammenschau mit den Angaben der BF während des Verfahrens. Dass die BF3 die 9. Schulstufe (1. Klasse) XXXX nicht positiv abgeschlossen hat, ergibt sich aus dem vorgelegten Jahreszeugnis vom 02.07.2021 (AS 610 im Akt des BF1), aus dem ersichtlich ist, dass die BF3 die Note „5“ in Deutsch bekommen hat und zum Aufsteigen in die 2. Klasse (10. Schulstufe) nicht berechtigt ist. Die Feststellungen betreffend die Anmeldung in einem XXXX ergibt sich aus dem vorgelegten Anmeldebogen (AS 614 im Akt des BF1). Dass die BF3 einen Deutschkurs besucht hat, ergibt sich aus der vorgelegten Bestätigung. Aufgrund des mehrjährigen Schulbesuches und weil die Einvernahme der BF3 vor dem BFA am 10.01.2022 in deutscher Sprache stattfinden konnte, konnte festgestellt werden, dass die BF3 Deutsch in Word und Schrift beherrscht. Die Umstände, dass die BF3 in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, sie nicht ehrenamtlich tätig ist und kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation ist, ergibt sich aus dem Unterlassen gegenteiliger Behauptungen. Die Feststellungen zu den Freizeitaktivitäten der BF3 ergeben sich aus ihren eigenen Angaben in der Einvernahme beim BFA (AS 555 im Akt der BF2).
Die Feststellungen zum Schulbesuch des BF4 in Österreich ergeben sich ebenso aus den vorgelegten und im Akt einliegenden Schulbesuchsbestätigungen, Schulzeugnissen und Schulnachrichten in Zusammenschau mit den Angaben der BF während des Verfahrens. Aufgrund des mehrjährigen Schulbesuches, seiner Zeugnisnoten und weil die Einvernahme des BF4 vor dem BFA am 10.01.2022 in deutscher Sprache stattfinden konnte, konnte festgestellt werden, dass der BF4 Deutsch in Word und Schrift beherrscht. Dass der BF4 früher in einem Verein Fußball gespielt hat, ergibt sich aus den eigenen Angaben des BF4 bzw. den Angaben seiner Eltern in der letzten Einvernahme beim BFA. Der Umstand, dass er nunmehr kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation ist und er keine ehrenamtlichen Tätigkeiten ausgeübt hat, ergibt sich ebenso aus den eigenen Angaben des BF4 bzw. dem Unterlassen gegenteiliger Behauptungen. Die Feststellungen zu den Freizeitaktivitäten des BF4 ergeben sich ebenfalls aus seinen eigenen Angaben in der Einvernahme beim BFA (AS 557 im Akt der BF2).
Dass die BF gemeinsam in einer privaten Wohnung leben, welche den Verwandten des BF1 gehört und sie dafür monatlich Miete bezahlen, ergibt sich insbesondere aus den eigenen Angaben des BF1 und der BF2 in der letzten Einvernahme vor dem BFA, in Zusammenschau mit den Eintragungen im Zentralen Melderegister. Die Feststellung, dass sich die BF im Familienverband auf Punjabi unterhalten und die BF gemeinsam in den Sikh-Tempel gehen, ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF1 in der Einvernahme beim BFA am 10.01.2022 (AS 603 und 604 im Akt des BF1).
2.2. Zu den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat der BF:
Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen und aktuellen Länderberichten, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben. Diesen Länderberichten wurde im Beschwerdeschriftsatz nicht substantiiert entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A)
3.2. Zur Abweisung der Anträge gemäß § 55 AsylG:
Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG 2005 lautet:
„(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Die BF verfügen im österreichischen Bundesgebiet über mehrere familiäre bzw. verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte. Wie bereits festgestellt und beweiswürdigend dargelegt wurde, wohnen die BF zwar in einer Eigentumswohnung der Verwandten, sie bezahlen dafür jedoch monatlich Miete und sind auch sonst keine wesentlichen finanziellen Unterstützungen oder sonstige Abhängigkeiten hervorgekommen, sondern beschränkt sich der Kontakt mit den Verwandten lediglich auf Besuche. Besonders intensive Nahebeziehungen im Sinne eines Familienlebens entsprechend Artikel 8 EMRK wurden nicht dargelegt. Auch wenn nicht verkannt wird, dass für die Beteiligten ein Verbleib der BF in Österreich wünschenswert wäre, steht diesen privaten Interessen das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung gegenüber, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt (siehe dazu auch unten). Zudem steht zu den in Österreich aufhältigen Angehörigen keine gänzliche Beendigung des Kontaktes im Raum, sondern können sie über moderne Kommunikationsmittel weiterhin in Kontakt bleiben. Aufgrund dieser Erwägungen wird nicht in unverhältnismäßiger Weise in das Recht auf Privat- und Familienleben der BF im Hinblick auf ihre Bindungen zu den in Österreich aufhältigen Verwandten eingegriffen. Wie ebenso schon bereits dargelegt wurde, liegen auch ansonsten keine intensiven sozialen Bindungen im Bundesgebiet vor und können die BF2, die BF3 und der BF4 auch mit den im Bundesgebiet lebenden Freunden über moderne Kommunikationsmittel in Kontakt bleiben
Auch unter Berücksichtigung der sonstigen Aspekte des in Österreich begründeten Privatlebens der BF erscheint die Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 55 AsylG nicht notwendig, zumal der Eingriff in ihr Privatleben durch ein Überwiegen öffentlicher Interessen gedeckt ist:
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. zuletzt VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; auch VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249; 30.08.2011, 2008/21/0605; 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005; 23.02.2017, Ra 2016/21/0340). Zu den Umständen, die ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale auch gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechen, zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung, Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften, eine zweifache Asylantragstellung, unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren, sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). „Im Ergebnis bedeutet das, dass auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen ist, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer.“ (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).
Die BF halten sich seit ihrer erstmaligen Asylantragstellung im September 2015, sohin nahezu 7 Jahre, durchgehend im Bundesgebiet auf. Ihr Aufenthalt war jedoch nur während ihrer Asylverfahren aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig. Die ersten Asylanträge der BF wurden (in zweiter Instanz) mit rechtskräftigen Erkenntnissen des BVwG, jeweils vom 09.02.2017, negativ entschieden und durchsetzbare Rückkehrentscheidungen gegen die BF erlassen. Die BF kamen ihrer Rückkehrverpflichtung jedoch nicht nach, sondern stellten sie am 26.05.2017 Folgeanträge auf internationalen Schutz, welche (in zweiter Instanz) mit rechtskräftigen Erkenntnissen des BVwG, jeweils vom 01.09.2017, wiederum gänzlich negativ entschieden wurden. Die BF hielten sich daher seit rechtskräftigem Abschluss des 1. Asylverfahrens bis zur Stellung des 2. Asylantrages (Februar 2017 bis zum Mai 2017) sowie seit September 2017 (rechtskräftiger Abschluss des 2. Asylverfahrens) unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und kommen ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach. Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 55 AsylG begründen laut § 58 Abs. 13 AsylG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht.
Im Hinblick auf die mittlerweile volljährige BF3 bzw. den minderjährigen BF4 bleibt in diesen Zusammenhang festzuhalten, dass das Bewusstsein der Eltern über die Unsicherheit des Aufenthalts auf deren Kinder durchschlägt, wobei diesem Umstand allerdings bei ihnen im Rahmen der Gesamtabwägung im Vergleich zu anderen Kriterien weniger Gewicht zukommt (vgl. etwa VwGH 28.02.2020, Ra 2019/14/0545), sodass auch bezüglich ihrer Personen – wenn auch nicht mit gleicher Intensität und im gleichem Ausmaß wie bei ihren Eltern – das Bewusstsein der Eltern über den unrechtmäßigen Aufenthalt zum Tragen kommt. Indem der BF1 und die BF2 die damals noch minderjährige BF3 und den minderjährigen BF4 trotz unrechtmäßigem Aufenthalt weiter zum Besuch der Schule anmeldeten, missachteten die Eltern nicht nur bewusst die Regelungen über eine geordnete Zuwanderung, sondern nahmen sie für ihre damals noch beide minderjährigen Kinder in Kauf, dass ihr Aufenthalt bzw. ihr Schulbesuch aufgrund des illegalen Aufenthaltes jederzeit abrupt beendet werden könnte und dies für ihr Wohlbefinden nicht förderlich sein könnte. Der BF1 und die BF2 haben damit ihre Einstellung, sich nicht der österreichischen Rechtsordnung unterwerfen zu wollen, klar zum Ausdruck gebracht und versuchten sie mit ihrem Verhalten, durch den Schulbesuch der minderjährigen Kinder in Österreich, in Bezug auf deren Aufenthalt im Bundesgebiet vollendete Tatsachen zu schaffen. Ein derartiges Verhalten der Eltern vermag im gegebenen Fall sohin auch der BF3 und dem BF4 im Hinblick auf eine etwaige maßgebliche Verlängerung ihres Aufenthaltsdauer in Österreich nicht zugutekommen, zumal das Vorgehen der Eltern, in Bezug auf den Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen, unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht akzeptiert werden muss (vgl. VwGH 08.07.2021, Ra 2021/20/0226 bis 0228; VwGH 03.05.2021, Ra 2021/01/0141; VwGH 15.04.2021, Ra 2021/20/0103; VwGH 22.01.2021, Ra 2020/20/0426).
Das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet nach rechtskräftiger Abweisung eines Asylantrages bzw. ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt stellt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, was wiederum eine Aufenthaltsbeendigung als dringend geboten erscheinen lässt (vgl. VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Obwohl sich der BF1 mittlerweile schon seit fast 7 Jahren im Bundesgebiet aufhält, sind keine maßgeblichen Integrationsschritte feststellbar. Wie oben bereits ausgeführt wurde, verfügt der BF1 über keine nennenswerten Deutschkenntnisse, hat keine Deutschprüfung absolviert und auch keine Unterlagen betreffend einen abgeschlossenen Deutschkurs in Vorlage gebracht. Er behauptete zwar, mit seinen Kindern Deutsch zu lernen, er konnte jedoch die auf Deutsch gestellten Fragen des BFA in der Einvernahme im Jänner 2022 weder verstehen, noch beantworten. Er gab auch selbst an, mit seinen Familienmitgliedern Punjabi zu sprechen. Der BF1 hat in Österreich (Jahr 2015) zwar ein Gewerbe („Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“) angemeldet und sich seinen Führerschein umschreiben lassen, er ist im Bundesgebiet allerdings zu keinem Zeitpunkt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und war er nie selbsterhaltungsfähig. Vielmehr bezieht er laufend Leistungen aus der Grundversorgung und finanziert seinen bzw. den Aufenthalt seiner Familie durch Geldleistungen der Caritas. Der BF1 konnte lediglich im Jahr 2019 eine Einstellungszusage als Fahrer in Vorlage bringen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt Einstellungszusagen Bedeutung zu (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0168; VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0165, jeweils im Zusammenhang mit einem langjährigen Aufenthalt) und ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag eignet sich grundsätzlich als Nachweis der Unterhaltsmittel für den (zukünftigen) Aufenthalt im Bundesgebiet (vgl. VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0277). Einem Arbeitsvorvertrag und einer Einstellungszusage kann jedoch nicht jenes Gewicht beigemessen werden wie einer bereits verwirklichten beruflichen Integration im Rahmen einer legalen Erwerbstätigkeit, zumal diese Arbeitsplatzzusagen auf die Zukunft gerichtet sind und naturgemäß mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind. Dazu ist weiters zu erwähnen, dass die vorgelegte Einstellungszusage undatiert ist und im Übrigen auch keine Angaben betreffend Arbeitszeiten bzw. der Dauer der Beschäftigung enthält, weshalb dieser keine maßgebliche Bedeutung zukommt. Der BF1 hat keine Ausbildungen im Bundesgebiet absolviert, war nicht ehrenamtlich tätig und ist kein Mitglied in Vereinen oder Organisationen. Er gab nicht an, im Bundesgebiet Freundschaften oder Bekanntschaften geschlossen zu haben, sondern unternimmt lediglich etwas mit seiner Familie, besucht seine im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigten Verwandten sowie den Sikh-Tempel. Der BF1 ist zwar strafrechtlich unbescholten, er missachtet jedoch vehement seine Ausreiseverpflichtung und bringt mit seinem Verhalten zum Ausdruck, dass er nicht gewillt ist, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten und er sich sowie seinen Angehörigen unter allen Umständen einen Aufenthalt in Österreich ermöglichen möchte. Der BF1 wurde in Indien geboren, ist dort aufgewachsen, wurde dort sozialisiert, hat dort die Schule besucht und als Landwirt gearbeitet. Er hat den weit überwiegenden Teil seines Lebens in Indien verbracht, beherrscht die Landessprache Punjabi, besitzt dort nach wie vor Grundstücke sowie (gemeinsam mit seinen Brüdern) ein leerstehendes Haus und halten sich auch noch Familienangehörige seiner Ehefrau in Indien auf. Es sind daher nach wie vor Bindungen zum Herkunftsstaat vorhanden und stellt es sohin keine unbillige Härte dar, wenn er wieder, gemeinsam mit seiner Kernfamilie, nach Indien zurückkehrt. Der BF1 kann in Indien wieder einer Tätigkeit in der Landwirtschaft nachgehen, so den Lebensunterhalt seiner Familie sichern und bestehen durch das leerstehende Eigentumshaus bzw. die in Indien aufhältigen Familienangehörigen der BF2 Unterkunft- bzw. Unterstützungsmöglichkeiten.
Auch die BF2 konnte trotz ihres fast 7-jährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet keine maßgeblichen Integrationsschritte darlegen. Ihr ist zwar zu Gute zu halten, dass sie die vom BFA auf Deutsch gestellten Fragen in der Einvernahme von Jänner 2022 verstehen und auf Deutsch beantworten konnte und Deutschkurse/Deutschprüfungen bis zum Niveau A2 erfolgreich abschließen konnte, zu erwähnen ist allerdings, dass der letzte Deutschkurs/die letzte Deutschprüfung im Jahr 2019 stattfand und sie seither keine weiteren Kurse oder Prüfungen im Bundesgebiet mehr besuchte/abschloss. Die BF2 hat auch keine sonstigen Ausbildungen im Bundesgebiet absolviert. Sie ist kein Mitglied von Vereinen oder Organisationen und war nicht ehrenamtlich tätig. Die BF2 ist im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, sondern konnte sie (im Jahr 2019) lediglich eine Einstellungszusage vorlegen (ausgestellt von derselben Firma wie jene des BF1), welche jedoch ebenso undatiert ist und, so wie die Einstellungszusage des BF1, keine detaillierten Angaben über die Arbeitszeiten und die Dauer der Beschäftigung enthält, weshalb auch dieser keine maßgebliche Bedeutung zukommt. Die BF2 bezieht ebenso laufend Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Sie gab zwar vage an, in Österreich Freundinnen gefunden zu haben, eine enge soziale Bindung zu dieser kam jedoch nicht hervor. Zwar wurden während des Verfahrens Empfehlungsschreiben für die BF vorgelegt, dabei handelt es sich jedoch nur um allgemeine Schreiben einer Lehrerin sowie einer Nachbarin der BF (aus dem Jahr 2019), welche lediglich kurz und knapp bestätigen, dass die BF nett, hilfsbereit und freundlich seien. Auch die BF2 ist strafrechtlich unbescholten, sie missachtet jedoch ebenso jahrelang ihre Ausreiseverpflichtung und bringt mit diesem Verhalten zum Ausdruck, dass sie nicht gewillt ist, sich an österreichische Rechtsvorschriften zu halten. Die BF2 wurde in Indien geboren, ist dort aufgewachsen und wurde dort sozialisiert, hart dort die Schule und die Universität besucht und ein Lehramtstudium in Punjabi abgeschlossen. Sie hat in Indien Punjabi-Unterricht gegeben und ist zuletzt Hausfrau gewesen. Sie hat den weit überwiegenden Teil ihres Lebens in Indien verbracht, beherrscht Punjabi, Hindi und Englisch und halten sich auch noch Familienangehörige der BF2 (Eltern und 2 Brüder) in Indien auf. Es sind daher nach wie vor Bindungen zum Herkunftsstaat vorhanden und kann die BF2, gemeinsam mit ihrer Kernfamilie nach Indien zurückkehren. Ihr wird es in Indien möglich sein, wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, um so einen Beitrag zum Haushaltseinkommen zu leisten und sind durch das im Eigentum des BF1 (bzw. seiner Brüder) stehende Haus in Indien bzw. durch ihre Familienmitglieder auch Unterkunfts- und Unterstützungsmöglichkeiten in Indien vorhanden. Es stellt sohin keine unbillige Härte dar, wenn sie wieder nach Indien zurückkehrt.
Bei einer Rückkehrentscheidung, von der Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, sind im Rahmen der Abwägung gemäß § 9 BFA-VG „die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder“, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. VwGH 10.09.2021, Ra 2021/18/0158 bis 0163; VwGH 21.06.2021, Ra 2021/14/0096 bis 0100; VwGH 16.06.2021, Ra 2020/18/0457 bis 0460; VwGH 07.06.2021, Ra 2021/18/0176 bis 0180; VwGH 05.05.2021, Ra 2021/18/0050 bis 0053; VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0274; VwGH 25.04.2019, Ra 2018/22/0251; VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Umstand der Anpassungsfähigkeit sowohl Relevanz für die Interessenabwägung bzw. das dabei zu berücksichtigende Kindeswohl zu, er spielt allerdings auch bei der Beurteilung eine Rolle, ob Minderjährige einen Eingriff in ihr Privatleben durch eine gemeinsame Ausreise mit dem Obsorgeberechtigten hinzunehmen haben, weil dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung des Obsorgeberechtigten eine überragende Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 25.04.2019, Ra 2018/22/0251).
Um von einem - für die Abwägungsentscheidung relevanten - Grad an Integration (§ 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG 2014) ausgehen zu können, muss sich die Minderjährige während ihrer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet bereits soweit integriert haben, dass aus dem Blickwinkel des Kindeswohles mehr für den Verbleib im Bundesgebiet als für die Rückkehr in den Herkunftsstaat spricht, und dieses private Interesse mit dem öffentlichen Interesse eines friedlichen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft und damit des Zusammenhalts der Gesellschaft in Österreich korreliert. Aus der Sicht der Minderjährigen bedeutet dies vor allem, dass sie sich gute Kenntnisse der deutschen Sprache aneignen, ihre Aus- und/oder Weiterbildung entsprechend dem vorhandenen Bildungsangebot wahrnehmen und sich mit dem sozialen und kulturellen Leben in Österreich vertraut machen, um - je nach Alter fortschreitend - am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich teilnehmen zu können (vgl. VwGH 25.04.2019, Ra 2018/22/0251). Unter dem Kriterium des Kindeswohls ist auch zu berücksichtigen, dass Kinder die gesamte bisherige Schullaufbahn (in der Dauer von mehr als acht bzw. neun Jahren) in Österreich absolvierten (vgl. VwGH 05.03.2021, Ra 2020/21/0428 bis 0431, und VfGH 10.03.2011, B 1565/10 ua). Der mehrjährige erfolgreiche Besuch einer höhen Schule ist nicht „neutral“ (also weder zu Gunsten noch zu Lasten des Minderjährigen) zu bewerten, sondern vielmehr im Kontext der Integrationsleistung zu sehen (vgl. VfGH 07.10.2014, U2459/2012).
Bei der Interessenabwägung nach Art 8 EMRK bzw § 9 BFA-VG 2014 ist das Kindeswohl zu berücksichtigen (vgl. VwGH 23.09.2020, Ra 2020/14/0175; 26.02.2020, Ra 2019/18/0456; 23.02.2017, Ra 2016/21/0235) und es ist eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl erforderlich (vgl. VwGH 10.09.2021, Ra 2021/18/0158 bis 0163; 11.01.2021, Ra 2020/01/0295; 18.11.2020, Ra 2020/14/0113; 06.10.2020, Ra 2019/19/0332; 19.06.2020, Ra 2019/19/0475; 28.11.2019, Ra 2019/19/0359 und 0360; 24.09.2019, Ra 2019/20/0274; 22.08.2019, Ra 2019/21/0128; sowie VfGH 24.11.2020, E 473/2020; 09.12.2020, E 2473/2020; 21.09.2020, E 738/2020; 03.10.2019, E 3456/2019; 12.06.2019, E 47/2019; 24.09.2018, E 1416/2018; 22.09.2014, U 2082/2013 ua).
Das „Kindeswohl“ ist ein Rechtsbegriff, der letztlich von den Behörden und Gerichten zu beurteilen ist. § 138 ABGB enthält eine nicht abschließende Aufzählung von für das Wohl des Kindes bedeutenden Aspekten, um in allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten unter anderem den Behörden und Gerichten Anhaltspunkte für die Beurteilung dieses Rechtsbegriffs zu bieten (vgl. VwGH 15.05.2019, Ra 2018/01/0076)
§ 138 ABGB dient auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, als Orientierungsmaßstab (vgl. VwGH 29.09.2021, Ra 2021/01/0294 bis 0295; 14.12.2020, Ra 2020/20/0408; 23.09.2020, Ra 2020/14/0175; 30.04.2020, Ra 2019/21/0362 bis 0365; 24.09.2019, Ra 2019/20/0274). Insbesondere ist der Frage der angemessenen Versorgung und sorgfältigen Erziehung der Kinder (Z 1), der Förderung ihrer Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten (Z 4) sowie allgemein um die Frage ihrer Lebensverhältnisse (Z 12) nachzugehen. Aus der genannten Bestimmung ergibt sich überdies, dass auch die Meinung der Kinder zu berücksichtigen ist (Z 5) und dass Beeinträchtigungen zu vermeiden sind, die Kinder durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen ihren Willen erleiden könnten (Z 6). Ein weiteres Kriterium ist die Aufrechterhaltung von verlässlichen Kontakten zu wichtigen Bezugspersonen und von sicheren Bindungen zu diesen Personen (Z 9) (vgl. VwGH 30.04.2020, Ra 2019/21/0362 bis 0365).
Die Berücksichtigung des Kindeswohls stellt im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar; das Kindeswohl ist daher bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung bzw. Interessenabwägung hängt vielmehr von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. VwGH 29.09.2021, Ra 2021/01/0294 bis 0295; 08.09.2021, Ra 2021/20/0166 bis 0170).
Die mittlerweile 18-jährige BF3 wurde in Indien geboren, lebte dort bis zu ihrem 11. Lebensjahr und besuchte in Indien bereits 4 Jahre lang die Grundschule. Sie wurde in Indien sozialisiert und spricht im Familienverband nach wie vor Punjabi. Auch wenn nicht verkannt wird, dass die BF3 seit 2015 ihren Lebensmittelpunkt in Österreich hat, ist sie mit den kulturellen Gepflogenheiten ihres Herkunftsstaates vertraut, zumal sie bereits genannte Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat hat, auch in Österreich in einem indischen Familienverband lebt und mit ihrer Kernfamilie auch nach wie vor den Sikh-Tempel besucht. In Österreich besuchte die BF3 zum überwiegenden Teil die Schule, hat im Jahr 2016 einen Deutschkurs besucht und schloss sie die XXXX (8. Schulstufe) ab, wobei, wie den vorgelegten Schulzeugnissen zu entnehmen ist, keine besondere schulische Leistung erkennbar ist (viele Beurteilungen mit der Note „Genügend“ bzw. „Befriedigend“). Anschließend besuchte die BF3 die XXXX , wobei sie die 1. Klasse (9. Schulstufe) aufgrund der Note „Nicht Genügend“ im Fach Deutsch nicht positiv abschloss und zum Aufsteigen in die 2. Klasse (10. Schulstufe) nicht berechtigt ist. Es wurde sohin auch kein (zumindest) intensives Bemühen, um gute Noten zu erhalten, aufgezeigt. Zuletzt meldet sich die BF3 für ein XXXX an. Ansonsten hat die BF3 in Österreich weder weiter-, fort- oder ausbildungstechnische Kurse besucht, noch war sie erwerbstätig und legte sie auch keine Einstellungszusagen vor. Die BF3 bezieht laufend Leistungen aus der Grundversorgung und engagiert sich weder ehrenamtlich, noch ist sie Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen. In ihrer Freizeit trifft sie sich mit Schulfreundinnen, geht Radfahren oder liest ein Buch.
Der 16-jährige BF4 wurde ebenfalls in Indien geboren, lebte dort bis zu seinem 9. Lebensjahr und besuchte in Indien bereits 2 Jahre lang die Grundschule. Er wurde in Indien sozialisiert und spricht im Familienverband nach wie vor Punjabi. Wenn auch er seinen Lebensmittelpunkt ebenfalls seit 2015 in Österreich hat, ist er – genauso wie seine Schwester – mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut, zumal er die bereits genannten Bindungen zu Indien hat, auch in Österreich in einem indischen Familienverband lebt und nach wie vor mit seinen Eltern sowie seiner Schwester den Sikh-Tempel besucht. Der BF4 besuchte in Österreich den überwiegenden Teil der Schule, hat hier die Volksschule abgeschlossen und besuchte er danach die XXXX , wo er zuletzt die 4. Klasse (8. Schulstufe) besuchte. Aus den in Vorlage gebrachten Schulzeugnissen ist ersichtlich, dass der BF4 durchschnittliche Noten hat (mehrmals die Note „Befriedigend“, aber kein „Genügend“ im zuletzt vorgelegten Jahreszeugnis), seine Verhalten in der Schule wurde allerdings mit „wenig zufriedenstellend“ bewertet. Besondere bzw. außerordentliche schulische Leistungen hat er sohin nicht erbracht. Der BF4 hat ansonsten weder weiter-, fort- oder ausbildungstechnische Kurse besucht, sondern nur vage vorgebracht, er wolle eine Lehre in der Mechatronik machen, wobei seine Mutter stets davon sprach, dass ihre Kinder in Österreich studieren wollen. Der BF4 bezieht laufend Leistungen aus der Grundversorgung und engagiert sich weder ehrenamtlich, noch ist er aktuell Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen. Früher hat er in einem Verein Fußball gespielt. In seiner Freizeit trifft sich der BF4 mit Freunden oder spielt Computerspiele.
Auch wenn sich der BF4 nicht mehr in einem Alter befindet, wo von einer grundsätzlichen Anpassungsfähigkeit nach dem Verständnis etwa der Entscheidung des EGMR vom 26.01.1999, Sarumi gg. Vereinigtes Königreich („Two children have been born in the United Kingdom from that relationship, one in 1988 and the other in 1992. (…) Furthermore, the children born of the relationship are of a young and adaptable age and it can be reasonably considered that they can make the transition to Nigerian culture and society without undue hardship.“), ausgegangen werden kann, ist es ihm trotz seines mehrjährigen Aufenthalts in Österreich zumutbar und möglich, nunmehr sein Leben in seinem Herkunftsstaat weiterzuführen. Auch der mittlerweile volljährigen BF3 ist dies möglich und zumutbar. Die BF3 und der BF4 absolvierten zwar den überwiegenden Teil ihrer Schullaufbahn in Österreich, beherrschen die deutsche Sprache, haben Bindungen zur den hier aufhältigen indischen Verwandten und zu Schulfreunden aufgebaut, jedoch verbrachten beide die prägenden ersten Jahre in Indien und wuchsen/wachsen in einer indischen Familie auf, sodass ihnen indische Lebensgewohnheiten nicht fremd sind. Sie beherrschen beide die Sprache Punjabi, sodass sie im Hinblick auf einen weiteren Schulbesuch in Indien oder bei der Suche einer Arbeitsstelle oder des Beginns einer Berufsausbildung in Indien gegenüber anderen Staatsangehörigen ihres Alters nicht schlechter gestellt bzw. benachteiligt sein werden. In Indien können die BF3 und der BF4 entweder weiter die Schule besuchen, eine Berufsausbildung beginnen oder eine Beschäftigung aufnehmen, um so zum Familieneinkommen beizutragen. Es erscheint daher ein Neubeginn in ihrem Herkunftsstaat, gemeinsam mit ihrer Kernfamilie, ihrem Wohl nicht abträglich zu sein.
Mögen die BF3 und der BF4 in schulischer und damit einhergehend auch in sprachlicher Hinsicht in Österreich gut integriert sein sowie über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und Schulfreunde verfügen, sodass von relevanten Bindungen zum Aufenthaltsstaat auszugehen ist, so ist trotz des mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich nicht eine völlige Entwurzelung aus der indischen Kultur ersichtlich, zumal sie nach wie vor, gemeinsam mit ihrer Kernfamilie, den Sikh-Tempel besuchen. Sie verbrachten die prägenden, ersten 11 bzw. 9 Jahre ihrer Kindheit in Indien, leben auch in Österreich im indischen Familienverband, haben hier Kontakt zu indischen Verwandten und sprechen Punjabi. Da die BF3 und der BF4 zudem gemeinsam mit ihren Eltern in ihren Herkunftsstaat zurückkehren würden, sind keine Gründe erkennbar, die eine erneute Eingliederung für die BF3 oder den BF4 in Indien unzumutbar erscheinen ließen. Der Kontakt zu den in Österreich lebenden Verwandten sowie ihren Schulfreunden kann über moderne Kommunikationsmittel aufrecht erhalten bleiben.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung haben sich die BF3 und der BF4 während ihres Aufenthalts seit 2015 in schulischer und sprachlicher Hinsicht gut in Österreich integriert. Allerdings musste ihren Eltern von Anfang an der unsichere, weil bloß vorübergehend rechtmäßige Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet bewusst sein und schlägt die Unsicherheit des Aufenthalts nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die Kinder durch, wobei diesem Umstand allerdings bei ihnen im Rahmen der Gesamtabwägung im Vergleich zu anderen Kriterien weniger Gewicht zukommt (vgl. etwa VwGH 16.06.2021, Ra 2020/18/0457 bis 0460; VwGH 28.02.2020, Ra 2019/14/0545 und VwGH 21.05.2019, Ra 2019/19/0136 bis 0137; VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070, mit Verweis auf VfGH 10.03.2011, B 1565/10 ua). Das Kindeswohl steht einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in Anbetracht der aufgezeigten Umstände, insbesondere des weiteren Zusammenlebens mit ihren Eltern, nicht entgegen.
Die vom BFA vorgenommene Beurteilung, dass das öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung die Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, ist aufgrund der oben dargelegten Erwägungen jeweils nicht zu beanstanden. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12.06.2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007).
Das BFA ist sohin zu Recht davon ausgegangen, dass die Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK nicht geboten ist. Das BFA machte auch nicht von der Möglichkeit einer Zurückweisung des Antrages Gebrauch bzw. wurden die BF (im Ergebnis der Beweisaufnahme) auch nicht ausdrücklich über diese Möglichkeit belehrt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.3. Zur Erlassung von Rückkehrentscheidungen:
§ 10 Abs. 3 AsylG 2005 lautet: „Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.“
Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
Da die Anträge der BF gemäß § 55 AsylG 2005 zu Recht abgewiesen wurde, war entsprechend den zitierten Bestimmungen jeweils eine Rückkehrentscheidung gleichzeitig zu erlassen. Obigen Erwägungen zu Punkt 3.2. zufolge, ist die Erlassung von Rückkehrentscheidungen zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
3.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebungen nach Indien:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Im vorliegenden Fall sind keine Abschiebungshindernisse im Sinne des § 50 FPG zu erkennen. Im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, denen zu entnehmen wäre, dass die BF im Fall einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat konkret Gefahr liefen, dort der Folter, der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise Todesstrafe unterworfen zu werden oder in eine auswegslose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten.
Es haben sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat, noch aus dem Vorbringen der BF selbst eine derartige Gefährdung ergeben. Der BF1 und die BF2 bringen zwar vor, immer noch eine Verfolgung in Indien zu befürchten, diesbezüglich ist aber, darauf zu verweisen, dass die Asylanträge sowie die Folgeanträge der BF jeweils in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden wurden und die vorgebrachten Fluchtgründe als nicht glaubwürdig erachtet wurden. Auch ansonsten haben sich während des Verfahrens keine Rückkehrhindernisse ergeben. Die BF haben den Großteil ihres Lebens in Indien verbracht, sprechen Punjabi und sind die erwachsenen BF arbeitsfähig. Der BF1 besitzt in Indien Grundstücke und (gemeinsam mit seinen Brüdern) ein leerstehendes Haus und hat bereits vor seiner Ausreise nach Europa als Landwirt den Lebensunterhalt der Familie verdient. Die BF2 verfügt über einen Hochschulabschluss (Lehramtstudium in Punjabi) und hat in Indien als private Nachhilfelehrerin gearbeitet. Dem BF1 und der BF2 ist es im Falle einer Rückkehr nach Indien aufgrund der dortigen Lage und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse die Teilnahme am dortigen Erwerbsleben möglich und ist davon auszugehen, dass sie den Lebensunterhalt für ihre Familie erwirtschaften werden können. Unabhängig davon leben die Eltern sowie 2 Brüder der BF2 noch in Indien, sodass die BF bei einer Rückkehr zudem auf ein familiäres Netz zurückgreifen können. Die BF3 ist mittlerweile volljährig, sie kann in Indien weiter die Schule besuchen oder ebenso eine Berufsausbildung oder eine Erwerbstätigkeit beginnen und so zum Familieneinkommen beitragen. Auch der BF3 kann in Indien weiter in die Schule gehen oder eine Berufsausbildung beginnen.
Auch unter Berücksichtigung der derzeit vorherrschenden Corona-Pandemie ergibt sich kein anderes Bild. Der BF1 leidet zwar an Diabetes mellitus und nimmt deshalb Medikamente ein, er gab vor dem BFA jedoch an, gegen Corona geimpft zu sein. Auch die BF2 hat sich gegen Corona impfen lassen. Die BF3 und der BF4 sind noch jung und leiden an keinen Krankheiten. Es besteht daher keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die BF bei einer Rückkehr nach Indien eine COVID-19 Erkrankung mit schwerwiegenden oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus zu gewärtigen hätten. Die BF haben überdies auch die Möglichkeit sich eine Impfung/ Auffrischungsimpfung („Booster“) verabreichen zu lassen.
Aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat allein ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die BF im Sinne des § 50 FPG bedroht wären. Es konnte nicht festgestellt werden, dass in Indien derzeit eine "extreme Gefahrenlage" (vgl. etwa VwGH 16.04.2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe. Zudem ist – wie eben dargelegt - unter Berücksichtigung der hier relevanten persönlichen Umstände der BF nicht von einer völligen Perspektivenlosigkeit auszugehen. Es kann nicht angenommen werden, die BF gerieten im Falle einer Rückkehr nach Indien in eine lebensbedrohliche Notlage. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des § 50 FPG nicht.
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Indien nicht.
Die Abschiebung des BF nach Indien ist daher zulässig.
3.5. Zur Frist für die freiwillige Ausreise
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
3.6. Zur Abweisung der Anträge auf Mängelheilung:
§ 8 Abs. 1 AsylG-DV 2005 normiert auszugsweise: „Folgende Urkunden und Nachweise sind (…) dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen: 1. Gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG); 2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument; (…)“.
§ 4 AsylG-DV 2005 lautet:
„(1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:
1. Im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,
2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder
3. im Fall der Nichtvorlage erforderliche Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.“
Im gegenständlichen Fall stellten die BF mit Schreiben vom 30.01.2022 Anträge auf Heilung der Mängel betreffend die Vorlage von Geburtsurkunden sowie Reisepässen. Wie das BFA im Bescheid zu Recht betonte, wiesen die BF nicht nach bzw. brachten sie keine stichhaltigen Gründe vor, dass ihnen die Beschaffung von Reisepässen bzw. von Geburtsurkunden nicht möglich oder zumutbar war. Sie behaupteten nicht einmal bei der indischen Botschaft vorstellig geworden zu sein und legten sie auch keine diesbezüglichen Bestätigungen vor. Die BF haben es daher unterlassen, Bemühungen zur Erlangung von Reisedokumenten/Geburtsurkunden glaubhaft darzulegen. Sie kamen somit ihren Mitwirkungspflichten im Verfahren nicht im erforderlichen Ausmaß nach. Bei den BF handelt es sich weiters um keine unbegleiteten Minderjährigen und führen sie wie oben bereits dargelegt wurde, in Österreich kein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK. Dementsprechend hat das BFA die Anträge auf Mängelheilung zu Recht abgewiesen, wobei – der vollständigkeitshalber – eine Abänderung der Rechtsgrundlage in den jeweiligen Spruchpunkten vorgenommen wurde.
3.7.-Zur Erlassung von Einreiseverboten gegen den BF1 und die BF2:
Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid gemäß § 53 Abs. 1 FPG ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Nach § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG).
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der von der Person ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf private und familiäre Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109). Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 07.11.2012, 2012/18/0057).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 24.05.2016, Ra 2015/21/0187). Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes – hat regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige bloß einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 leg. cit. erfüllt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Im vorliegenden Fall erließ das BFA gegen den BF1 und die BF2 jeweils ein auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG gestütztes Einreiseverbot.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu sämtlichen gleichgelagerten Vorläuferbestimmungen zu § 53 Abs. 2 Z 6 FPG, die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.12.2018, Ra 2018/20/0309, auch ausdrücklich als auf die aktuelle Rechtslage übertragbar angesehen wurde, hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, und VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309 mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FPG: etwa VwGH 22.01.2013, 2012/18/0191; 13.09.2012, 2011/23/0156).
Im vorliegenden Fall ging das BFA zu Recht von der Mittellosigkeit des BF1 und der BF2 aus. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, gehen der BF1 und die BF2 keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und bestreiten sie ihren Unterhalt durch Unterstützung seitens der Caritas. Die BF wohnen zwar in einer Eigentumswohnung von Verwandten und gab der BF1 an, dass er Hilfe von den Verwandten bekomme, laut Rechtsprechung des VwGH muss der Fremde jedoch einen Rechtsanspruch auf Leistungen durch Dritte haben (vgl. VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132). Dass der BF1 und die BF2 einen Rechtsanspruch auf Unterstützung haben oder ihnen etwa ein Wohnrecht in der Eigentumswohnung eingeräumt wurde, wurde von ihnen weder behauptet, noch nachgewiesen. Der BF1 und die BF2 gaben in der Einvernahme auch beide an, dass sie über keine Barmittel und keine Ersparnisse verfügen würden. Es besteht daher weiterhin die Gefahr, dass ihr Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen könnte. Weiters wies das BFA zu Recht daraufhin, dass sich die BF illegal im Bundesgebiet aufhalten, ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen und sie dadurch rechtliche Bestimmungen missachten, weshalb ihr Aufenthalt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt.
Die Erlassung von Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot steht unter dem Vorbehalt des § 9 BFA-VG ("Schutz des Privat- und Familienlebens"). Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist (VwGH 02.10.2012, 2012/21/0044, mwN).
Entsprechend den obigen Ausführungen verfügen die BF über kein schützenswertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet, sondern können sie den Kontakt zu den in Österreich lebenden Verwandten mittels moderner Kommunikationsmittel aufrecht halten; weshalb die öffentlichen Interessen an einem Einreiseverbot jedenfalls überwiegen.
Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl etwa VwGH 31.08.2006, 2006/21/0140), welcher durch das Verhalten der BF – wie bereits erörtert – erheblich beeinträchtigt wurde. Die von den BF dargestellten persönlichen Interessen haben kein Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.
Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens der BF und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des dargelegten Fehlverhaltens der BF letzterem der Vorrang einzuräumen. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht. Das vom BFA angeordnete Einreiseverbot erweist sich damit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine gänzliche Aufhebung des Einreiseverbotes nicht in Betracht kam und die Beschwerde insoweit als unbegründet abzuweisen war.
Im gegenständlichen Fall steht das von der belangten Behörde verhängte Einreiseverbot im Ausmaß von drei Jahren unter Berücksichtigung des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände der BF außer Relation, zumal die BF bis dato in Österreich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sind und mehrere Familienangehörige der BF dauerhaft in Österreich leben. Die Dauer des Einreiseverbotes war daher in angemessener Weise auf 18 Monate herabzusetzen.
3.8. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12.11.2014, Ra 2014/20/0029, vom 02.09.2015, Ra 2014/19/0127, vom 15.03.2016, Ra 2015/19/0180, vom 18.05.2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht sich für seine Feststellungen über die Personen der BF auf jene der angefochtenen Bescheide gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substantiiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die Beschwerde hat die Beurteilung des angefochtenen Bescheides pauschal bestritten, jedoch keine Sachverhalte aufgezeigt, die zu einem für die BF allenfalls günstigeren Verfahrensergebnis hätten führen können. Die BF3 und der BF4 wurden vom BFA ebenso einer Befragung unterzogen.
Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen, sodass – ungeachtet des diesbezüglichen Antrages im Beschwerdeschriftsatz – von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte.
3.9. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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