BVwG W202 2145596-1

BVwGW202 2145596-19.2.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W202.2145596.1.00

 

Spruch:

W202 2145601-1/2E

W202 2145596-1/2E

W202 2145595-1/2E

W202 2145599-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX, geb. XXXX, der 2.) XXXX, geb. XXXX, 3.) mj. XXXX, geb. XXXX, sowie 4.) mj. XXXX, geb. XXXX, alle StA. Indien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.12.2016 und 29.12.2016, Zl. 1089101409-151439542, 1089101801-1511439569, 1089102809-151450295, 1089102907-151450368, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1), die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), die minderjährige Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3) sowie der minderjährige Viertbeschwerdeführer (im Folgenden: BF4), stellten am 03.09.2015 gemeinsam die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).

Am 29.09.2015 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung statt.

Dabei gab der BF1 befragt zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er im Jahre 2006 die Ehe seines Neffen mit einem Mädchen aus dem Nachbardorf arrangiert habe. Die Ehe sei gescheitert, deshalb würde er von den Familienangehörigen des Mädchens schikaniert. Er sei auch dreimal von ihnen geschlagen worden. Deshalb habe er beschlossen, das Land zu verlassen. Im Fall einer Rückkehr habe er Angst vor den Familienangehörigen des Mädchens, die Kontakte mit Terroristen und Politikern hätten.

Im Herkunftsland lebten seine Mutter sowie eine Schwester. Im Bundesgebiet lebten zwei Brüder des BF1. Der BF1 sei am 28.09.2015 in Begleitung seiner Familie und seiner Schlepper mit dem Flugzeug von XXXX nach Wien geflogen. Der Schlepper habe das Visum organisiert. Der BF1 sei legal aus dem Heimatland ausgereist. Er sei mit seinem indischen Reisepass gereist.

Die BF2 gab im Zuge der Erstbefragung zu Protokoll, dass sie wegen der Probleme ihres Mannes Indien verlassen hätten müssen. Ihr Mann habe die Ehe seines Neffen mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft arrangiert. Die Ehe sei gescheitert und seitdem verfolge sie die Familie des Mädchens. Im Falle einer Rückkehr fürchteten sie um ihr Leben. Die Brüder des Mädchens hätten sie mit dem Umbringen bedroht.

Im Herkunftsland lebten der Vater, die Mutter und der Bruder der BF2. Ein Bruder der BF2 lebe in Wien. Sie sei am 27.08.2015 in Begleitung ihrer Familie legal mit dem Flugzeug von XXXX nach Wien geflogen.

Am 29.11.2016 wurden der BF1 und die BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

Hiebei gab der BF1 Folgendes an:

"LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie Medikamente?

VP: Ich bin gesund, ich nehme derzeit keine Medikamente. Ich bin derzeit in keiner ärztlichen Behandlung.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja, ich kann die Einvernahme heute machen.

LA: Werden Sie im Verfahren von jemandem vertreten oder besteht für jemand eine Zustellvollmacht?

VP: Ja, ich werde von Herrn Mag. Nikolaus Rast rechtsfreundlich vertreten. Er wird heute nicht kommen und bei der Einvernahme dabei sein. Den Grund für sein Fernbleiben kenne ich nicht.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Wie verstehen Sie die/den anwesenden DolmetscherIn?

VP: Ich verstehe den anwesenden Dolmetscher sehr gut. LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, das alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde. Bei Bedarf legen wir eine kurze Pause ein.

VP: Danke, ich habe verstanden.

LA: Haben Sie im Verfahren, insbesondere bei der Erstbefragung am 29.09.2015 bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt.

LA: Können Sie irgendwelche weiteren Beweismittel, z.B. Dokumente, Zeugnisse, Urkunden vorlegen oder noch beibringen?

VP: Ich habe Kurse besucht, jetzt besuche ich keine Kurse mehr. Befragt gebe ich an, dass ich ein Schreiben eines ind. Rechtsanwaltes, meinen österr. Führerschein vorlege.

LA: Haben Sie ein gültiges Reisedokument?

VP: Nein.

LA: Wie haben Sie Indien verlassen?

VP: Ich habe Indien mit dem Flugzeug auf legalem Weg verlassen. Hier in Österreich habe zwei Brüder, XXXX, und XXXX und eine SchwesterXXXX. Weiters habe ich noch zwei Onkel und zwei Tanten (XXXX und XXXX, XXXX. Ich habe noch einige weitschichtige Verwandte hier in Österreich. Meinen Reisepass hat der Schlepper weggenommen.

LA: XXXX, Sie haben ein Gewerbe angemeldet ist das richtig?

VP: Ja.

LA: Für die Gewerbeanmeldung benötigen Sie einen gültigen Reisepass oder Personalausweis, oder Staatsbürgerschaftsnachweis und Geburtsurkunde. Mit welchen Dokumenten haben Sie Ihr Gewerbe angemeldet?

VP: Ich habe einen indischen Führerschein gehabt und diesen habe ich umschreiben lassen. Befragt gebe ich an, dass mein indischer Führerschein beim Verkehrsamt ist.

LA: Mit welchem Dokument haben Sie den Gewerbeschein bekommen.

VP: Den Gewerbeschein habe ich mit meiner weißen Karte bekommen.

LA: Geben Sie Ihren vollständigen Namen, Geburtstag und Geburtsort an.

VP: Mein Name ist XXXX, ich wurde am XXXX in der Ortschaft XXXX, im Bezirk XXXXPunjabi/Indien geboren.

LA: Nennen Sie mir bitte Ihre ehemalige Wohnadresse in INDIEN.

VP: Meine Postadresse ist V.P.O. XXXX Bez. XXXX, Punjabi.

LA: Wie finanzierten Sie Ihren Lebensunterhalt in Indien?

VP: Ich war in der Landwirtschaft tätig.

LA: Hatten Sie Grundstücke in Indien?

VP: Ja, ca. 12 Killa. Befragt gebe ich an, dass ich Reis, Weizen und Mais angebaut habe.

LA: In Indien, waren Sie wohlhabend oder hatten sie ein Haus?

VP: Ich konnte gut leben und habe gut verdient. Ich habe das Land nur wegen dem Streit verlassen.

LA: Haben Sie noch Familienangehörige in Indien?

VP: Meine Mutter lebt in Indien, mein Vater ist bereits im Jahr 2012 verstorben.

LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrer Familie?

VP: Ich habe telefonischen Kontakt, Ihr geht es gut.

LA: Haben Sie sonst noch Verwandte in Indien?

VP: Ich habe eine Tante, die Schwester meiner Mutter, welche in Indien lebt.

LA: Wie sind Sie ins österreichische Bundesgebiet eingereist?

VP: Mit dem Flugzeug am Flughafen in Schwechat.

LA: Mit welcher Fluglinie sind Sie geflogen. Wo sind Sie im Flieger gesessen?

VP: Mit der Qatar-Airways. In der Mitte bin ich mit meiner Familie gesessen.

LA: Wie lange dauerte der Flug. Nennen Sie mir bitte die Zwischenstopps.

VP: Wir hatten eine Zwischenlandung in Dhoha, der Flug dauerte insgesamt neun Stunden.

LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

VP: Ich bin XXXX.

LA: Welche Religion haben Sie?

VP: Ich bin Sikh.

LA: Welche Sprachen sprechen Sie?

VP: Ich spreche Punjabi und etwas Hindi.

LA: Welche Schulbildung haben Sie?

VP: Ich ging 12 Jahre in die Schule.

LA: Haben Sie minderjährige Kinder oder sonstige Obsorgepflichten?

VP: Ich habe zwei Kinder.

LA: Wie ist Ihr Personenstand?

VP: Ich bin verheiratet. Befragt gebe ich an, dass ich diesbezüglich keine Dokumente vorlegen kann. Ich bin traditionell verheiratet.

LA: Nennen Sie Namen, Geburtsdatum und Geburtsort Ihrer Ehefrau und Ihrer Kinder

VP: Meine Ehefrau heißt XXXX. Das Geburtsdatum ist der XXXX.

LA: Wann und wo haben Sie geheiratet?

VP: Im Jahr 2000 im Winter haben wir in meinem Geburtsort XXXX geheiratet.

LA: Wie haben Sie Ihre Frau kennengelernt?

VP: Meine Tante hat die Heirat organisiert.

LA: Beschreiben sie mir bitte Ihren Tagesablauf hier in Österreich.

VP: Ich gehe spazieren oder ich bin zu Hause.

LA: Wann haben Sie Indien verlassen?

VP: Am 28.08.2015 habe ich von der Stadt XXXX.

LA: Nennen Sie mir Ihre Fluchtgründe – bitte in allen Details und chronologischer Reihenfolge.

VP: Wir haben einen Nachbar, XXXX. Wir haben seine Tochter XXXX im Jahr 2006 mit unserem Verwandten XXXX verheiratet. XXXX hat einen Bruder namens XXXX, dieser sagte, dass die Ehe nicht gut geht. Im Jahr 2007 hat es einen Streit in der Ehe gegeben. Der Bruder von XXXX hat dann meine Kinder bedroht. Mich hat er geschlagen. Ich war einige Male bei der Polizei. Ein paar Mal hat er unsere Fensterscheiben kaputt gemacht. Deswegen ist mein Vater krank geworden und dann verstorben. Meine Mutter lebt auch versteckt. Der Vater von XXXX ist sehr einflussreich. Das sind meine Fluchtgründe.

LA: Haben Sie all ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Ja.

Anm: Der Fluchtgrund wurde vom Dolmetscher vorgelesen und die VP wahr einverstanden und hatte nichts mehr zu hinzuzufügen.

LA: Warum haben Sie die Ehe Ihres Neffen mit einem Mädchen aus dem Nachbarsdorf arrangiert?

VP: Wir haben sie gekannt. In einem kleinen Dorf ist das immer so.

LA: Wie alt ist XXXX?

VP: Er ist ca. 35 Jahre alt. Befragt gebe ich an, dass er in der Landwirtschaft tätig ist.

LA: Was arbeitet der Vater von XXXX?

VP: Die sind alle in der Landwirtschaft tätig.

LA: Wenn der Vater von XXXX in der Landwirtschaft tätig ist, wie kommt es, dass er einflussreich ist?

VP: Früher war er in einer räuberischen Gruppe. Die Gruppe hatte frühe die Leute umgebracht und immer mit der Polizei gestritten.

LA: Warum haben Sie das nicht früher angegeben?

VP: Ich habe es schon vorher genannt, dass er zu einer Bande (Atwadi) gehört.

LA: Wie oft haben Sie die Übergriffe der Polizei gemeldet?

VP: Ich habe ein Schreiben in Kopie von einem Anwalt bereits abgegeben.

LA: Wie haben sich die Übergriffe gegen Sie abgespielt?

VP: Einmal wurde ich im Jahr 2007 bei der Polizei angezeigt. Daraufhin wurde ich verhaftet. Dann wurde ich im Jahr 2012 wieder bei der Polizei angezeigt worden. Befragt gebe ich an, dass ich ohne Grund angezeigt wurde, ich wurde dann von der Polizei geschlagen.

LA: Sie sind erst im Jahr 2015 aus Indien ausgereist. Warum erst so spät?

VP: Ich habe ein paar Mal versteckt gelebt. Einmal war ich für einen Monat in Dehli (Februar 2014). Dann war ich bei Bekannten in der Umgebung von unserem Dorf.

LA: Wenn der Vater von XXXX so gefährlich wäre, hätte er Sie da nicht gefunden? Was sagen Sie dazu?

VP: Zweimal hat der Vater mich ausfindig gemacht. Er hat auch den Schulbus der Kinder aufgehalten. Ich konnte aber immer weglaufen.

LA: Wurde Ihre Frau ebenfalls angegriffen?

VP: Wenn ich bedroht wurde, ist sie automatisch mitbedroht. Direkt wurde Sie nicht bedroht.

LA: Wie sind Ihre Kinder bedroht worden?

VP: XXXX hat den Schulbus der Schulkinder angehalten und ihnen mit dem Tode, dem umbringen gedroht. Befragt gebe ich an, dass ich das genaue Jahr nicht sagen kann, aber es war nach 2012.

LA: Warum sind Sie nicht in eine andere indische Stadt übersiedelt?

VP: Ich habe alle Verwandten in Österreich, in Indien habe ich niemanden.

LA: Ist das auch der Hauptgrund, warum Sie nach Österreich gekommen sind?

VP: Wo anders habe ich keine Verwandten. Hier ist meine Familie. LA:

Um was ging es bei dem Streit der jungen Eheleute?

VP: Die haben einige Male verbal gestritten. Das Mädchen wurde einig Male nach Hause geschickt. Der Streit eskalierte immer mehr.

LA: Wo fand die Heirat statt?

VP: In der Ortschaft XXXX.

LA: Sie gaben an, dass Sie nur von der Polizei geschlagen wurden, ist das richtig?

VP: Ja, das ist richtig.

LA: Sie haben mir ein Schreiben eines Rechtsanwaltes gezeigt. Hat sich dieser nicht um den Vorfall gekümmert. Ist dieser nicht zu Polizei gegangen?

VP: Es gibt einen Streit zwischen XXXX und XXXX, dieser Streit ist gerichtsanhängig, da sie gesetzlich noch nicht geschieden sind. Dieser Anwalt vertritt mich, da ich zwei Mal angezeigt wurde.

LA: Warum wurden Sie angezeigt. Der Anwalt sollte das wissen?

VP: Wegen der Streitigkeit.

LA: Wer hat beschlossen, dass Sie das Land verlassen?

VP: Der Schlepper hat mir gesagt es ist besser, wenn ich in das Ausland gehe. Mein Bruder hat eine Verpflichtungserklärung geschickt.

LA: Offensichtlich sind Sie an dem Scheitern dieser arrangierten Ehe nicht schuld, was hat das alles konkret und persönlich mit Ihnen zu tun?

VP: Ich wurde beschuldigt, da ich der Heiratsvermittler war.

LA: Wurden Sie persönlich, aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion, jemals verfolgt oder bedroht?

VP: Nein.

LA: In Indien gibt es kein Meldesystem. Konnten Sie nicht in einen anderen Ort/in ein anderes Dorf oder sogar in einen Nachbarstaat von Indien flüchten wo Sie das Familienmitglied, das Sie bedrohte, nicht finden konnte? Sie waren ja schon in Dehli.

VP: Ich habe niemand dort gehabt, ich habe dort im Sikh-Tempel geschlafen und gegessen.

LA: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihre Heimat?

VP: Ich habe Angst um das Leben von meinen Kindern und um mein Leben.

LA: Sind Sie damit einverstanden, dass wir in Ihrem Herkunftsstaat Nachforschungen anstellen? Diese dienen nur zum Zwecke der Einvernahme und werden nicht an Dritte weiter gegeben.

VP: Ja, ich habe nichts dagegen.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in das vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogene Länderinformationsblatt zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

VP: Ich verzichte auf das LIB.

LA: Sind oder waren Sie in Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig oder nehmen Sie auf andere Weise am sozialen bzw. kulturellen Leben in Österreich teil?

VP: Nein.

LA: Fühlen Sie sich in Österreich integriert?

VP: Nein.

LA: Konnten Sie sich bei dieser Einvernahme konzentrieren und den Dolmetscher gut verstehen?

VP: Meine Ehefrau ist aufgrund der Ladung unter Stress.

LA: Die Einvernahme wird beendet. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen? Möchten Sie noch etwas angeben?

VP: Ich konnte allles vorbringen."

Die BF2 gab dabei Folgendes zu Protokoll:

"LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie Medikamente? Sind Sie schwanger?

VP: Ich habe Migräne. Ich bin bei einem Neurologen in Behandlung. Ich nehme Mexalen 500 mg. Nein.

LA: Wie geht es Ihren Kindern? Sind sie gesund? Sind sie in ärztlicher Behandlung, nehmen sie Medikamente?

VP: Grundsätzlich sind meine Kinder gesund. Der Kleine hat etwas husten.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ich kann die Einvernahme ohne Probleme machen.

LA: Werden Sie im Verfahren von jemandem vertreten oder besteht für jemand eine Zustellvollmacht?

VP: Ja, ich werde von Herrn RA Nikolaus Rast vertreten. Das weiß mein Mann, ich weiß es nicht.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Wie verstehen Sie die/den anwesenden DolmetscherIn?

VP: Ich verstehe den anwesenden Dolmetscher gut.

LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, das alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde. Bei Bedarf legen wir eine kurze Pause ein. Vom bereitgestellten Wasser können Sie sich bedienen.

VP: Danke.

LA: Haben Sie im Verfahren, insbesondere bei der Erstbefragung bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt, es wurde Rückübersetzt und ich habe unterschrieben.

LA: Können Sie noch irgendwelche weiteren Beweismittel, z.B. Dokumente, Zeugnisse, Urkunden vorlegen oder noch beibringen?

VP: Ich habe ein dt. Zertifikat A1. Ich machte einen Teil des A2 Kurses, aber wegen der Kopfschmerzen kann ich derzeit nicht den Kurs besuchen. Ich lege ein Schreiben eines Neurologen vor. Befragt gebe ich an, dass ich wegen der Migräne Sachen vergesse. Mein Mann wird wissen wo die Sachen sind.

LA: Haben Sie Reisepass?

VP: Der Schlepper hat den Reisepass. Befragt gebe ich an, dass der Reisepass die Farbe schwarz hat.

LA: Wie konnten Sie aus Indien ohne Reisepass ausreisen?

VP: Wir sind mit dem Flugzeug aus XXXX geflogen.

LA: Welche Fluglinie und wo sind Sie im Flugzeug gesessen?

VP: Wir sind mit Qatar-Airways geflogen. In der Mitte sind wir gesessen.

LA: Geben Sie Ihren vollständigen Namen, Geburtstag und Geburtsort an.

VP: Mein Name ist XXXX, ich wurde am XXXX im DorfXXXX/Punjabi/Indien geboren. Das Dorf ist ca. 60 km von dem Heimatdorf meines Mannes entfernt.

LA: Wo lebt die Familie in Indien?

VP: Meine Eltern leben in XXXX. Ich habe zwei Brüder, eine lebt in Österreich und eine in Indien.

LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrer Familie?

VP: Vorige Woche hatte ich mit Ihr gesprochen, es geht ihr gut.

LA: Haben Sie sonst noch Verwandte in Indien?

VP: Meine Mutter, mein Vater, und mein Bruder. Mein Bruder, der hier in Österreich lebt heißt XXXX und ist ca. XXXX geboren. Befragt gebe ich an, dass er eine Aufenthaltsbewilligung hat.

LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

VP: Ich bin Sandhu.

LA: Welche Religion haben Sie?

VP: Ich bin Sikh.

LA: Welche Sprachen sprechen Sie?

VP: Ich spreche Punjabi, Hindi, Englisch und ein wenig Deutsch.

LA: Haben Sie minderjährige Kinder oder sonstige Obsorgepflichten?

VP: Ich habe zwei Kinder, die Tochter XXXX, XXXX in XXXX geboren und der Sohn XXXX, XXXX XXXX geb.

LA: Wie ist Ihr Personenstand?

VP: Ich bin verheiratet.

LA: Haben Sie Familienangehörige hier in Österreich?

VP: Ja, meinen Bruder, er arbeitet beim MERKUR. ER hat eine Aufenthaltsberechtigung.

LA: Welche schulischen Ausbildungen haben Sie in Indien absolviert?

VP: Ich ging auf die Universität XXXX und machte den Master (Lehramt) in der Sprache Punjabai in XXXX. Befragt gebe ich an, dass mein Dekret zu Hause in Indien ist. Ich werde es mir schicken lassen.

LA: Haben Sie fluchtartig Indien verlassen?

VP: Wir haben gemeinsam gelebt, ich habe die gleichen Fluchtgründe wie mein Mann.

LA: Das war nicht die Frage. Warum haben Sie das Uni-Dekret nicht mitgenommen. Haben Sie Indien fluchtartig verlassen.

VP: Wir sind fluchtartig aus Indien raus.

LA: Wie haben Sie in Indien Ihren Lebensunterhalt finanziert?

VP: Vor der Heirat habe ich unterrichtet. Nach der Heirat war ich Hausfrau.

LA: Wann haben Sie Indien verlassen?

VP: Im August 2015.

LA: Nennen Sie mir Ihre Fluchtgründe – bitte in allen Details und chronologischer Reihenfolge:

VP: Es hat ein Streit 2007 zwischen der Tochter vom Nachbar, XXXX und dem Cousin meines Mannes, Arminder, angefangen. Bei einer Anzeige bei der Polizei wurde auch mein Name erwähnt. Die Polizei war einige Male zu Hause, mein Schwiegervater hat mit der Polizei gesprochen. Wir Frauen werden von der Polizei nicht befragt. Ich wurde nicht persönlich bedroht, aber meine Kinder sind bedroht worden. Meine Kinder gehen in die Schule und der Schulbus wurde auf der Straße aufgehalten. Wir haben bei der Schule der Kinder angegeben, dass nur mein Mann und ich die Kinder abholen dürfen, sonst niemand. Das ist alles.

LA: Haben Sie all ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Ja.

LA: Wie wurde Ihr Mann bedroht?

VP: Wir wurden beschuldigt, dass wir den Streit der jungen Eheleute beeinflusst haben. Angeblich waren wir schuld.

LA: Haben Sie nicht an einen Ortswechsel gedacht. Für die Kinder wäre es ja sicherer.

VP: Mein Mann hat hier in Österreich alle seine Verwandten. In Indien kennen wir wo anders niemand, deshalb sind wir hierhergekommen.

LA: Sind Sie aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen der Verwandtschaft Ihres Ehemannes nach Österreich gefahren?

VP: Der Hauptgrund war die Angst wegen der Kinder. Daher waren wir beide unter Stress, deshalb hat der Schwager die Reise hierher organisiert.

LA: Haben Ihre Kinder eigene Fluchtgründe?

VP: Nein. In meiner Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin stelle ich für meine 2 minderjährigen Kinder XXXX, geb. am XXXX ( IFA: 1089102809) und XXXX, geb. am XXXX ( IFA: 1089102907) einen Antrag auf Asyl.

LA: Befinden sich Ihre Kinder seit deren Geburt in Ihrer Obhut?

VP: Ja.

LA: Ihr Ehemann wurde bedroht. War er immer bei Ihnen zu Hause, oder war er weg. Was ist Ihnen bekannt?

VP: Er hat teilweise auch versteckt gelebt. Darüber kann ich nichts sagen.

LA: Ihnen muss aber bekannt gewesen sein, wann Ihr Mann zu Hause war oder wann nicht.

VP: Über das kann ich keine Angaben machen.

LA: Wie lange hat er sich versteckt gehalten?

VP: Wenn die Polizei nach Hause kam, dann war er einige Tage weg. Zweimal hat ihn die Polizei mitgenommen.

LA: Hatte er da Verletzungen?

VP: Die Polizei hat ihm auf den Rücken geschlagen. Am Kreuz hatte er Schmerzen. Er hatte auch auf der Hüfte innere Verletzungen. Befragt gebe ich an, dass die Verletzungen im Spital behandelt wurden. Im Spital wurde ein Röntgen gemacht und wegen der Hautabschürfung hat er sich behandeln lassen.

LA: Wurden Sie persönlich, aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion, jemals in Indien verfolgt oder bedroht?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie im Zusammenhang wegen des Fluchtgrundes festgenommen? Wurden Sie jemals verurteilt? Waren Sie jemals in Haft?

VP: Nein.

LA: Warum arrangierte Ihr Mann die Ehe seines Neffen mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft?

VP: Mein Mann und seine Eltern waren dabei, als die Hochzeit arrangiert wurde.

LA: Warum hat Ihr Mann die Hochzeit arrangiert. Warum hat das nicht der Vater des Cousins gemacht?

VP: Das ist im Dorf so eine Tradition.

LA: Warum scheiterte die Ehe der Beiden?

VP: Das Mädchen sagte bei einer Anzeige bei der Polizei, dass die Eltern des Ehepartners (Arminder) wenig Mitgift zur Hochzeit gegeben haben.

LA: Wenn die Ehe des Neffen Ihres Mannes und des Mädchens scheiterte und Sie nichts damit zu tun haben, was hat das alles konkret und persönlich mit Ihnen oder Ihren Kindern zu tun?

VP: Weil sie unsere Nachbarn waren. Uns, meinen Mann und mir, wurde für den Streit die Schuld gegeben. Das hat das Ehepaar auch bei der Polizei ausgesagt.

LA: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihre Heimat?

VP: Der Vater vom Mädchen ist einflussreich und wird wieder mit der Polizei drohen. Er kann die Polizei beeinflussen. Er würde unser Leben wieder schwer machen.

LA: Warum ist der Vater des Mädchens einflussreich?

VP: Die derzeitigen Mitglieder der Regierung sind seine Freunde und er war einmal Mitglied einer Terroristengruppe.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in das vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogene Länderinformationsblatt zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

VP: Ich verzichte auf das LIB.

LA: Wie gestalten Sie Ihre Freizeit in Österreich?

VP: Wenn ich keine Migräne habe, möchte ich gerne die Sprache lernen, das ist sehr wichtig.

LA: Fühlen Sie sich in Österreich integriert?

VP: Nein. Ich kenne nur ein paar Leute von der Caritas.

LA: Wie finanzieren Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

VP: Wir leben von der Caritas-Unterstützung. LA: Konnten Sie sich bei dieser Einvernahme konzentrieren und den Dolmetscher gut verstehen?

VP: Ich konnte mich konzentrieren.

LA: Die Einvernahme wird beendet. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen? Möchten Sie noch etwas angeben?

VP: Ich habe alle Fragen verstanden und wahrheitsgemäß geantwortet.

( )"

Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des BFA wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.); sowie gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das BFA aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer zu einer konkreten Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspreche. Zu seinen mutmaßlichen Fluchtgründen habe der BF1 angegeben, dass er aufgrund einer Hochzeitsvermittlung zwischen einem Verwandten seinerseits und der Tochter eines Nachbarn, von der Familie dieses Nachbarn bedroht worden sei, da die Ehe nicht harmonisch sei. Der BF1 sei vom Bruder der Braut geschlagen worden, er habe sich mehrmals verstecken müssen. Die Aussage des BF1 sei nicht schlüssig und nachvollziehbar, da es bereits im Jahr 2007 einen Streit in der angeführten Ehe gegeben habe. Die Beschwerdeführer hätten ihr Herkunftsland allerdings im Jahr 2015 verlassen. Die BF2 habe ganz im Gegensatz dazu angegeben, dass die Tochter des Nachbarn bei der Polizei eine Anzeige wegen geringer Mitgift erstattet habe. Dieser Umstand hätte dem BF1 ebenfalls bekannt sein müssen. Ein weiterer Anhaltspunkt seiner Unglaubwürdigkeit sei die Aussage betreffend das Wohlergehen seiner Mutter. Einerseits habe der BF1 angegeben, dass es seiner Mutter gut gehe, im Widerspruch dazu habe er anschließend behauptet, dass sie sich versteckt halte. Dies sei nicht glaubhaft und schlüssig. Die Beschwerdeführer hätten ihr Vorbringen oberflächlich und vage dargebracht. Der BF1 habe angegeben, dass seine Kinder ebenfalls bedroht worden seien, sie hätten allerdings immer weglaufen können. Diese nicht schlüssige Antwort deute sehr auf einen unrealistischen Sachverhalt hin. Erst auf Nachfragen habe der BF1 angegeben, dass der Vater der Braut früher ein Mitglied einer räuberischen Bande gewesen sei. Warum er, obwohl er von dem Vorleben des Brautvaters gewusst habe, die Hochzeit trotzdem arrangiert habe, habe er nicht klar darlegen können. Hinsichtlich des in Kopie vorgelegten Schreibens des Anwaltes wird auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation bezüglich gefälschter Dokumente bzw. des gefälschten Inhaltes von Dokumenten hingewiesen. Die BF2 habe angegeben, dass der BF1 von der Polizei geschlagen worden sei, die Verletzungen des BF1 wären im Spital behandelt worden. Der BF1 habe darüber aber keine Angaben gemacht, obwohl dies eine wesentliche Aussage wäre, Spitalsbefunde seien keine vorgelegt worden. Auch zeige die niederschriftliche Aussage, der Schlepper habe ihm gesagt, es sei besser, wenn er in das Ausland gehe, dass der vorgegebene Fluchtgrund offensichtlich keine Gefahr für den Beschwerdeführer gewesen sei. Wie könnte man sich sonst von einer anderen Person anleiten lassen, wenn das Leben der Familie in Gefahr sei. Dass der Bruder des BF1 eine Verpflichtungserklärung geschickt habe, verstärke den Verdacht, dass der BF1 sein Herkunftsland nicht fluchtartig verlassen habe, sondern schon länger geplant habe.

Darüber hinaus wäre es den Beschwerdeführern möglich gewesen, innerhalb Indiens in eine größere Stadt zu ziehen, um den mutmaßlichen Problemen zu entgehen. Den Angaben des BF1 zufolge sei er schon für einen Monat in Delhi gewesen. Es existiere kein Meldewesen in seinem Heimatland, sodass den Beschwerdeführern jedenfalls die Möglichkeit offen gestanden sei, sich an einen anderen Ort in ihrem Herkunftsstaat zu begeben, um den Problemen zu entgehen.

Rechtlich führte das BFA zum Spruchpunkt I. aus, dass es wesentliche Voraussetzung des Asylgesetzes sei, dass der Antragsteller glaubhafte Angaben mache. Die Beschwerdeführer seien nicht in der Lage gewesen, dem Glaubwürdigkeitsanspruch des Gesetzes gerecht zu werden, weshalb es in ihrem Fall keinesfalls zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und damit verbunden zur Anerkennung als Flüchtling habe kommen können, zumal nichts hervorgekommen sei, das eine Verfolgung oder Furcht vor solcher glaubhaft annehmen ließe.

In Indien bestehe nicht eine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung ausgesetzt wäre.

Zu Spruchpunkt II. führte das BFA aus, dass, wie schon in der Begründung zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag ausgeführt, im Falle der Beschwerdeführer von einer Glaubhaftmachung der Gefährdungslage nicht gesprochen werden könne. Im Falle der Beschwerdeführer sei nichts dahingehend ersichtlich, dass sie im Falle der Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnten. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatstaat allein lasse sich eine solche nicht ableiten. Zudem stehe den Beschwerdeführern eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Der BF1 und die BF2 seien erwachsen, gebildet und gesund und es könne erwartet werden, dass sie sich im Heimatland eine Existenz aufbauten. Eine völlig ausweglose Situation sei im Falle der Beschwerdeführer nicht zu erwarten. Auch aus der allgemeinen Lage in ihrem Heimatland sei keine Gefährdung ersichtlich.

Die Beschwerdeführer seien am 28.08.2015 in das Bundesgebiet eingereist, sie seien in Österreich bis dato strafrechtlich nicht angefallen und sie seien kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für eine Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG lägen nicht vor.

Die Beschwerdeführer seien gemeinsam in das Bundesgebiet eingereist. Der BF1 habe zwei Brüder und eine Schwester in Österreich, die BF2 einen Bruder. Die weiteren Angehörigen lebten in Indien. Es bestehe kein Eingriff in das Familienleben im Falle einer Rückkehrentscheidung.

Das Recht auf Achtung des Privatlebens sichere dem Einzelnen einen Bereich zu, innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten und erfüllen könne. Daher sei zu prüfen, ob der Eingriff in das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt sei. Es seien im Verfahren keine Ansatzpunkte hervorgetreten, die die Vermutung einer besonderen Integration der Beschwerdeführer in Österreich rechtfertigen würden. Nachweise über die Integration habe weder der BF1 noch die BF2 vorlegen können. Die Beschwerdeführer befänden sich seit ca. einem Jahr im österreichischen Bundesgebiet, der BF1 spreche kein Deutsch, die BF2 spreche Deutsch auf Niveau A1. Die Beschwerdeführer hätten kein Aufenthaltsrecht, das nicht auf dem Asylgesetz fuße. Die Mutter und die Tante des BF1 sowie die Eltern und ein Bruder der BF2 befänden sich im Herkunftsland und die Beschwerdeführer hätten den überwiegenden Teil ihres Lebens dort verbracht. Demgegenüber steht das Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens. Daher sei die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 13 BFA-VG zulässig. Wie bereits unter dem Spruchpunkt II. dargelegt, ergebe sich im Falle der Beschwerdeführer keine Gefährdung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG, die Flüchtlingseigenschaft komme den Beschwerdeführer nicht zu. Eine vorläufige Maßnahme gem. § 50 Abs. 3 FPG bestehe nicht. Es sei somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Indien zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid wurde durch die BF Beschwerde erhoben, wobei im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wurde:

Die Beschwerdeführer hätten in ihren Einvernahmen angegeben, wegen der Probleme des BF1 im Heimatland, da er die Ehe seines Neffen mit einem Mädchen aus seiner Nachbarschaft arrangiert habe, Indien verlassen zu haben. Im Jahr 2007 sei es zu einem Streit gekommen, weil die Ehe nicht erwartungsgemäß funktioniert habe. Der BF1 sei in diesem Zusammenhang auch körperlich attackiert und bei der Polizei angezeigt worden, die ihn dann zu Unrecht verhaftet habe. Der Behörde sei vorzuwerfen, dass sie keine Vorortrecherchen durchgeführt habe. Auch bei widersprüchlichen Angaben sei die Behörde nicht von der Durchführung von Vorortrecherchen befreit. Indien sei nicht in der Lage und willens, den Beschwerdeführern ausreichenden Schutz zu gewähren. Auch bestehe keine innerstaatliche Fluchtalternative. Die Beschwerdeführer hätten in der Einvernahme vor dem BFA ihre Fluchtgründe im Detail geschildert. Die Behörde sei ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen. Zur allgemeinen Lage im Herkunftsland habe sich das BFA auf die partielle, unreflektierte Wiedergabe von Materialien aus der Länderdokumentation beschränkt, die jedoch mit dem tatsächlichen Verfolgungsgeschehen und der persönlichen Situation der Beschwerdeführer nicht im tatsächlichen Zusammenhang stehe. Darüber hinaus habe die Behörde eine unrichtige Interessensabwägung durchgeführt. Die BF2 habe bereits die Deutschprüfung A1 erfolgreich bestanden, auch besuchten die BF3 und der BF4 die Schule im Bundesgebiet.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Die beschwerdeführenden Parteien führen die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und sind Staatsangehörige von Indien.

Sie stammen aus dem Bundestaat Punjab und gehören der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Der BF1 besuchte in Indien 10 Jahre die Grundschule, zuletzt war er in der eigenen Landwirtschaft tätig. In Indien halten sich seine Mutter und seine Tante auf. Die BF2 absolvierte in Indien ein Magisterstudium im Fach Punjabi. Vor der Heirat hat die BF2 unterrichtet, nach ihrer Heirat war sie Hausfrau. Die Eltern der BF2 und ein Bruder halten sich in Indien auf. Die Beschwerdeführer verließen Ende August 2015 auf dem Luftweg legal ihr Heimatland. Am 03.09.2015 stellten sie die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Der BF1, die BF3 und der BF4 sind gesund, die BF2 leidet unter Migräneattacken. Im Bundesgebiet halten sich zwei Brüder, eine Schwester, zwei Onkeln und zwei Tanten des BF1 auf, weiters ein Bruder der BF2. Der BF1 meldete im Dezember 2015 das Gewerbe, "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, die ein höchstzulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt", an. Die BF2 hat im Juli 2016 die Deutschprüfung auf Niveau A1 bestanden. Vom 12.09.2016 bis 18.11.2016 hat sie Deutschkurse Niveau A2, Teil 1 und 2 regelmäßig besucht. Die BF3 und der BF4 besuchen im Bundesgebiet die Schule. Die Beschwerdeführer leben von der Grundversorgung, sie sind im sozialen und kulturellen Leben in Österreich nicht integriert.

Zu Indien:

Politische Lage

Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen der bevölkerungsreichste demokratische Staat der Welt (CIA Factbook 28.10.2015; vgl. AA 24.4.2015). Mit seinen vielen Sprachen ist Indien besonders vielfältig, was sich auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 28.10.2015). Indien hat seit dem 2.6.2014 29 Bundesstaaten und sieben Unionsstaaten (CIA Factbook 28.10.2015; vgl. AA 10 .2015a). Es ist laut Verfassung eine säkulare, demokratische und föderale Republik. Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus. Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten und kann im Fall interner Probleme einen Bundesstaat für einen begrenzten Zeitraum unter direkte zentralstaatliche Verwaltung stellen (AA 10 .2015a).

Indien hat nach der Unabhängigkeit von Großbritannien (1947) den Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative durchgesetzt. Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft, die mit vielfältigen Initiativen an der Gestaltung der Politik mitwirkt (AA 10 .2015a). Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 10 .2015a). Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 25.6.2015). Das Amt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse (AA 10 .2015a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister, der seit 26.5.2014 Narendra Modi heißt (GIZ 11.2015).

Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 25.6.2015). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene. Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2015; vgl. AA 24.4.2015).

Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster. In Indien gibt es eine verfassungsmäßig garantierte, unabhängige Gerichtsbarkeit mit dreistufigem Instanzenzug (AA 24.4.2015).

In den letzten Jahrzehnten erlebte Indien einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, der zur Bildung einer neuen Mittelschicht führte. Doch das uralte Kastensystem Indiens, eine marode Infrastruktur auf dem Land, die starke Umweltverschmutzung und religiöse Konflikte zwischen Hindus und Muslimen stellen das Land weiterhin vor große Probleme (FAZ 16.5.2014). Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 8.2015).

Wahlen 2014:

Die letzten landesweiten Wahlen fanden im April/Mai 2014 statt (AA 24.4.2015). Am 7.4.2014 begann die Wahl zur 16. Lok Sabha, dem indischen Unterhaus (GIZ 11.2015). 814 Millionen Wählerinnen und Wähler waren aufgerufen, an mehr als 930.000 Wahlurnen und 1,5 Millionen elektronischen Wahlmaschinen ihre Stimmen abzugeben (Eurasisches Magazin 24.5.2014), darunter etwa 120 Millionen Erstwähler (GIZ 11.2015).

Bei der Wahl standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber:

Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der BJP und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht. Mit besonderem Interesse wurde das Abschneiden der aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangenen Aam Aadmi Party (AAP) begleitet. Der AAP gelang es 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen zu erringen. Das Ergebnis 2014: Landesweit errang die AAP nur vier Sitze (GIZ 11.2015; vgl. FAZ 16.5.2014).

Seit dem 16.5.2014 steht der Wahlsieger offiziell fest: Narendra Modi von der Oppositionspartei Bharatiya Janata Party (BJP), die sich mit 282 von 543 Mandaten eine absolute Mehrheit sichern konnte. Hohe Verluste hingegen für die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh. Sonia Gandhi und Sohn Rahul rücken nun auf die Oppositionsbank (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2015). Neuer Regierungschef ist der bisherige Chief Minister des Bundesstaates Gujarat, Narendra Modi. Damit erhält auch die Angst vor einem Aufflammen des Kommunalismus neue Nahrung (GIZ 11.2015).

Quellen:

Rechtsschutz/Justizwesen

In Indien gibt es eine verfassungsmäßig garantierte, unabhängige Gerichtsbarkeit mit dreistufigem Instanzenzug (AA 24.4.2015). Das Gesetz garantiert ein unabhängiges Gerichtswesen, aber Korruption war im Gerichtswesen weit verbreitet (USDOS 25.6.2015).

Die Gerichte führen Strafprozesse in richterlicher Unabhängigkeit. Eine generell diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption. Der frühere Chief Justice Katju hatte mit einer Äußerung im Herbst 2014 eine öffentlich ausgetragene Kontroverse ausgelöst, als er Korruption unter den Richtern öffentlich machte und außerdem in einem Fall staatliche Einflussnahme auf eine Richterbenennung offenlegte (AA 24.4.2015).

Das Gerichtswesen war auch weiterhin überlastet und der Rückstau bei Gericht führte zu langen Verzögerungen oder der Vorenthaltung von Rechtsprechung (USDOS 25.6.2015). Im August 2013 gab der Justizminister bekannt, dass im Supreme Court drei und in den hohen Gerichten 275 Positionen zu besetzen seien. Alarmierend war auch die Zahl der offenen Position in den untergeordneten Richterschaften, mit mehr als 3.700 Positionen, die zu besetzen waren. Der Justizminister führte langwierige Verspätungen in den Gerichten auf die offenen Stellen zurück (USDOS 27.2.2014). Eine Analyse des Justizministeriums ergab mit 1.8.2014 eine Vakanz von 34% der Richter an den Obergerichten (USDOS 25.6.2015).

Sehr problematisch ist die sehr lange Verfahrensdauer. Die Regeldauer eines Strafverfahrens (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahren. Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft. Dies führt dazu, dass Zeugen vor Gericht häufig nicht frei aussagen, da sie bestochen oder bedroht worden sind (AA 24.4.2015).

Das Gerichtswesen ist von der Exekutive getrennt. Richter zeigten einen beträchtlichen Einsatz in der Bearbeitung von "Public Interest Litigation" (Klagen im öffentlichen Interesse). Jedoch eröffneten in den letzten Jahren auch Richter Verfahren wegen ungebührlichem Verhalten vor Gericht gegen Aktivisten und Journalisten, die gegen Korruption in der Richterschaft vorgingen oder Urteile anzweifelten. In den unteren Ebenen des Gerichtswesens ist Berichten zufolge Korruption weit verbreitet. Viele Bürger haben Schwierigkeiten, Recht durch die Gerichte durchzusetzen (FH 28.1.2015). Das System hat einen starken Arbeitsrückstand und ist unterbesetzt. Dies führt häufig zu einer überlangen Untersuchungshaft für viele Verdächtige, die oft länger dauert als der eigentliche Strafrahmen wäre (FH 28.1.2015; vgl. FH 19.5.2014). Die Errichtung von verschiedenen Fast-Track-Gerichten zwecks Abarbeitung anhängiger Gerichtsfälle führte dazu, dass das Recht auf ein faires Verfahren in einigen Fällen nicht eingehalten wird (FH 19.5.2014).

In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, Art. 21) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 24.4.2015). Die Untersuchungshaft dauert sehr lang. Außer bei von Todstrafe bedrohten Delikten soll der Haftrichter nach Ablauf der Hälfte der drohenden Höchststrafe eine Haftprüfung anordnen und eine Freilassung auf Kaution anordnen Allerdings nimmt der Betroffene mit einem solchen Antrag in Kauf, dass der Fall über lange Zeit gar nicht weiterverfolgt wird. Mittlerweile sind ca. 70% aller Gefangenen Untersuchungshäftlinge, viele wegen geringfügiger Taten, denen die Mittel für eine Kautionsstellung fehlen (AA 24.4.2015).

Das Strafgesetz sieht öffentliche Verhandlungen vor, außer in Verfahren, in denen die Aussagen Staatsgeheimnisse oder die Staatssicherheit betreffen können. Es gibt kostenfreie Rechtsberatung für bedürftige Angeklagte, aber in der Praxis ist der Zugang zu kompetenter Beratung oft begrenzt. Alle gegen einen Angeklagten vorgebrachten Beweise müssen diesem zugänglich sein und Verurteilungen veröffentlicht werden (USDOS 25.6.2015). Das Gesetz erlaubt den Angeklagten in den meisten Zivil- und Kriminalfällen den Zugang zu relevanten Regierungsbeweisen, aber die Regierung behält sich das Recht vor, Informationen zurückzuhalten und tut dies auch in Fällen, die sie für heikel erachtet. Die Angeklagten haben das Recht Zeugen zu befragen, unterprivilegierte Angeklagte genießen aufgrund des Mangels von ordentlicher Rechtsvertretung manchmal dieses Recht nicht. Das Gericht ist verpflichtet Urteile öffentlich zu verkünden und es gibt effektive Wege der Berufung auf beinahe allen Ebenen der Justiz (USDOS 25.6.2015).

Im ländlichen Indien gibt es auch informelle Ratssitzungen, deren Entscheidungen manchmal zu Gewalt gegen Personen führt, die soziale Regeln brechen - besonders Frauen und Angehörige unterer Kasten (FH 28.1.2015).

Quellen:

Sicherheitsbehörden

Die Polizei handelt aufgrund von Polizeigesetzen der einzelnen Bundesstaaten (AA 24.4.2015). Die indische Polizei (Indian Police Service) ist keine direkte Strafverfolgungs- oder Vollzugsbehörde. Sie fungiert vielmehr als Ausbildungs- und Rekrutierungsstelle für Führungsoffiziere der Polizei in den Bundesstaaten. Im Hinblick auf die föderalen Strukturen ist die Polizei dezentral in den einzelnen Bundesstaaten organisiert. Die einzelnen Einheiten sind zwar dezentral organisiert, haben jedoch angesichts eines nationalen Polizeigesetzes, zahlreichen nationalen Strafrechten und der oben beschrieben zentralen Rekrutierungsstelle für Führungskräfte eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Allgemein ist die Polizei mit der Strafverfolgung, Verbrechensprävention und -bekämpfung sowie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung betraut und übt gleichzeitig eine teilweise Kontrolle über die verschiedenen Geheimdienste aus (BICC 6.2015). Daneben bestehen zum Großteil dem Innenministerium unterstehende paramilitärische Einheiten (AA 24.4.2015).

Das indische Militär ist der zivilen Verwaltung unterstellt und hat in der Vergangenheit wenig Interesse an einer politischen Rolle gezeigt. Der Oberbefehl obliegt dem Präsidenten. Ihrem Selbstverständnis nach ist die Armee zwar die "Beschützerin der Nation", aber nur im militärischen Sinne (BICC 6.2015). Auch das Militär kann im Inland tätig werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit notwendig ist (AA 24.4.2015; vgl. BICC 6.2015), wie etwa beim Kampf gegen bewaffnete Aufständische, der Unterstützung der Polizei und der paramilitärischen Einheiten sowie dem Einsatz bei Naturkatastrophen (BICC 6.2015).

Ein Mangel an Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Polizei entsteht neben den strukturellen Defiziten auch durch häufige Berichte über Menschenrechtsverletzungen wie Folter und außergerichtliche Tötungen und Drohungen, die mutmaßlich durch die Polizei verübt wurden (BICC 6.2015; vgl. USDOS 25.6.2015; vgl. HRW 29.1.2015). Der Polizei werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, wie außergerichtliche Tötungen, Folter und Vergewaltigungen (USDOS 25.6.2015). Die Polizei bleibt weiterhin überlastet, unterbezahlt und politischem Druck ausgesetzt. Politische Forderungen, Täter möglichst schnell nach Terrorangriffen und Vergewaltigungen zu ermitteln, führt oft zu widerrechtlichen Verhaftungen (USDOS 25.6.2015).

Die Grenzspezialkräfte ("Special Frontier Force)" unterstehen dem Büro des Premierministers. Die sog. Grenzspezialkräfte sind eine Eliteeinheit, die an sensiblen Abschnitten der Grenze zu China eingesetzt werden. Auch für das Handeln der Geheimdienste, das sog. Aufklärungsbüro ("Intelligence Bureau" - Inlandsgeheimdienst) und den Forschungs- und Analyseflügel ("Research and Analysis Wing" - Auslandsgeheimdienst), bestehen gesetzliche Grundlagen. Für den Einsatz von Streitkräften - vor allem von Landstreitkräften - in Unruhegebieten und gegen Terroristen wird als Rechtsgrundlage der "Armed Forces Special Powers Act" (AFSPA) herangezogen. Der AFSPA gibt den Streitkräften weitgehende Befugnisse zum Gebrauch tödlicher Gewalt, zu Festnahmen ohne Haftbefehl und Durchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl. Bei ihren Aktionen genießen die Handelnden der Streitkräfte weitgehend Immunität vor Strafverfolgung. Der AFSPA kommt zur Anwendung, nachdem Regierungen der Bundesstaaten ihre Bundesstaaten oder nur Teile davon auf der Basis des "Disturbed Areas Act" zu "Unruhegebieten" erklären. Als Unruhegebiete gelten zurzeit der Bundesstaat Jammu und Kaschmir und die nordöstlichen Bundesstaaten Arunachal Pradesh, Assam, Meghalaya, Manipur, Mizoram, Nagaland und Tripura (AA 24.4.2015 vgl. USDOS 25.6.2015).

Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011

Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt. Der "Unlawful Activities (Prevention) Act" (UAPA) wurde verschärft. Die Änderungen beinhalten u.a. eine erweiterte Terrorismusdefinition und in Fällen mit Bezug zu Terrorismus die Möglichkeit zur Ausweitung der Untersuchungshaft ohne Anklage von 90 auf 180 Tage und erleichterte Regeln für den Beweis der Täterschaft eines Angeklagten (die faktisch einer Beweislastumkehr nahekommen) (AA 24.4.2015).

Es gab auch weiterhin Berichte über Vergewaltigungen von Häftlingen durch die Polizei. Manche Vergewaltigungsopfer hatten Angst, aufgrund des drohenden sozialen Stigmas und möglichen Vergeltungshandlungen, sich zu melden und das Verbrechen anzuzeigen, speziell dann, wenn der Täter ein Polizist oder ein anderer Beamter war. Die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC) hat das Mandat Vergewaltigungsfälle in denen Polizisten involviert sind zu untersuchen. Die NHRC ist gesetzlich befugt, Informationen über Mitglieder des Militärs und den paramilitärischen Streitkräften zu verlangen, jedoch hat sie kein Mandant, um Fälle zu untersuchen in denen diese Einheiten verwickelt sind (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Korruption

Korruption ist weit verbreitet (USDOS 25.6.2015). Indien scheint im Korruptionsindex 2014 von Transparency International auf Platz 85 (Anmerkung: 2013 Platz 94) von insgesamt 175 Ländern auf (TI 12.2014).

Durch heimischen und internationalen Druck wurde die Korruptionsbekämpfung intensiviert. Obwohl jedes Jahr Politiker und Beamte bei der Entgegennahme von Bestechungsgeldern erwischt werden, gibt es zahlreiche Korruptionsfälle, die unbemerkt und unbestraft bleiben. Nationaler und internationaler Druck hat zu gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption geführt. Nach Jahren groß angelegter gesellschaftlicher Mobilisierung durch Aktivisten verabschiedete das Parlament das Lok Pal und Lokayuktas Gesetz, das der Präsident im Jänner 2014 unterzeichnete. Das Gesetz schafft unabhängige, staatliche Gremien, an die man Beschwerden wegen korrupter Beamter oder Politiker richten kann und die ermächtigt sind, die Beschwerden zu untersuchen und Verurteilungen vor Gericht zu verfolgen. Auf Bundesebene wird diese Einrichtung Lok Pal genannt und das Gesetz schreibt den Bundesstaaten vor, binnen eines Jahres ihre eigenen Korruptionsbekämpfungsinstitutionen, die sogenannten Lokayuktas, zu schaffen. Fragen zur Durchsetzung bleiben jedoch offen. Seit 2008 sind mindestens 29 "Recht auf Informationsaktivisten" ermordet und 164 angegriffen oder belästigt worden (FH 28.1.2015).

Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Dienst vor, die Regierung hat das Gesetz aber nicht effektiv umgesetzt und in der Praxis kommen Staatsdiener mit korrupten Praktiken häufig straflos davon. Korruption ist auf allen Regierungsebenen vertreten. Das CBI (Central Bureau of Investigation) registrierte im Untersuchungszeitraum [Anm.: Jänner bis November] 583 Korruptionsfälle. Das CBI betreibt eine gebührenfreie Hotline - um Beschwerden aufzunehmen – und ein Webportal, um Informationen zu veröffentlichen (USDOS 25.6.2015).

NGOs berichten, dass Bestechungsgelder üblicherweise für die Beschleunigung von Gerichtsverfahren, für Polizeischutz, für Schuleinschreibung, oder Zugang zu Wasserversorgung oder Beihilfen bezahlt werden. Zivilgesellschaftliche Organisationen lenkten die öffentliche Aufmerksamkeit u.a. mit öffentlichen Demonstrationen und mittels Websites während des gesamten Jahres 2014 auf das Thema Korruption (USDOS 25.6.2015).

Die Regierung ernannte Hauptüberwachungsbeamte (Chief Vigilance Offifers), um öffentlichen Beschwerden und Missstände im Banken-, Versicherungs- und anderen Sektoren, die durch private, öffentliche und körperschaftliche Gremien bedient werden, nachzugehen. Das Parlament verabschiedete im Dezember ein Gesetz zu Ombudsmannorganisation, Lok Pal, um Vorwürfe von Regierungskorruption zu untersuchen (USDOS 25.6.2015).

Die unteren Bereiche des Gerichtswesens sind im speziellen von Korruption betroffen und die meisten BürgerInnen haben Schwierigkeiten, Recht durch die Gerichte zu erhalten (FH 28.1.2015). Auch viele staatlich unterstützte Programme für die Armutsbekämpfung und Schaffung von Arbeitsplätzen, litten unter Korruption. (USDOS 25.6.2015).

Eine neue Helpline, um Menschen im Umgang mit Bestechungsforderung durch Regierungsmitarbeiter in der Hauptstadt Delhi zu unterstützen, erhielt mehr als 4.000 Anrufe in den ersten Stunden ihres Bestehens. Die Korruptionsbekämpfungshelpline ist eine Initiative der neuen Aam Aadami (Normalbürger) Partei (AAP), welche Delhi mit Unterstützung der Kongresspartei regiert. Diese Helpline steht 14 Stunden pro Tag zur Verfügung und soll helfen die alltägliche Korruption zu bekämpfen (BBC 9.1.2014).

Quellen:

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2015). Wesentliche Grundrechte sind in der indischen Verfassung garantiert. Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien aber ein (AA 24.4.2015). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, wo es interne Konflikte gibt, teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Es gibt Befürchtungen, dass die neue, drakonische Anti-Terror-Gesetzgebung die Menschenrechtslage verschlimmern wird und dass diese Gesetze gegen politische Gegner missbraucht werden. Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert. Den Sicherheitskräften wird Parteilichkeit vorgeworfen, besonders hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten. Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2015).

Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der BürgerInnen. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 25.6.2015).

Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o. D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC wies die Bundesstaatenregierung an, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Sicherheitskräfte mussten Todesfälle während der Haft nicht an die NHRC melden (USDOS 25.6.2015).

Die Verfassungs- und Rechtsordnung enthalten Garantien für die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten. Die Umsetzung dieser Verfassungsziele ist nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 24.4.2015). In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z.B. das Recht auf ein faires Verfahren) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 24.4.2015).

23 der 29 Bundesstaaten haben Menschenrechtskommissionen, die eigenständige Untersuchungen durchführen, aber unter der Nationalen Menschenrechtskommission arbeiten. In sieben Bundesstaaten blieb die Position des Vorsitzenden nicht besetzt. Menschenrechtgruppen mutmaßten, dass die Menschenrechtskommissionen durch lokale Politik in ihrer Tätigkeit eingeschränkt waren (USDOS 25.6.2015).

Manche Menschenrechtsorganisationen behaupteten, dass rechtliche und institutionelle Schwächen die Arbeit der NHRC behinderten. Während die NHRC die Autorität besitzt: Untersuchungen und Beschwerden nachzugehen oder von der Bundesregierung die Veröffentlichung eines Bericht verlangen kann, hat sie weder die Verfügungsmacht um Anfragen durchzusetzen, Vorgänge für Strafverfolgungen zu initiieren, oder Interimskompensationen anzuweisen, noch ist es ihr möglich unabhängig Menschenrechtsverletzungen der Streitkräfte nachzugehen. Menschenrechtsorganisationen kritisierten die finanzielle Abhängigkeit der NHRC von der Regierung und ihren Grundsatz, Verstöße, die älter als ein Jahr sind, nicht zu untersuchen. Sie behaupteten, dass die NHRC nicht alle Verstöße registrierte, es verabsäumte Fälle gründlich zu untersuchen, Beschwerden wieder an den angeblichen Verursacher retourniere und Beschwerdeführer nicht adäquat schütze (USDOS 25.6.2015).

Die NHRC arbeitete gemeinsam mit verschiedenen NGOs. Auch hatten die NGOs mehrere Repräsentationen in mehreren NHRC Komitees. Menschenrechtsbeobachter in Jammu und Kaschmir war es möglich Menschenrechtsverstöße zu dokumentieren, sie wurden aber von Sicherheitskräften, der Polizei und Aufständischen in ihrer Arbeit behindert oder belästigt (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt interne/landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung; die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 25.6.2015).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 24.4.2015).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan. Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern. Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, problemlos ausgeglichen werden (AA 3.3.2014).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern (USDOS 25.6.2015).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in diese Gegenden zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 25.6.2015).

Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Behinderungen konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -– zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 24.4.2015).

Quellen:

Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2014/2015 bei 7,4%. Trotz struktureller Mängel zählt Indien damit nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Im Vergleich zu anderen BRICS-Staaten kann Indien sich derzeit besser positionieren. Bei weiter wachsender Einwohnerzahl (derzeit 1,25 Mrd.) wird es bis zur Mitte des Jahrhunderts voraussichtlich nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde sein, sondern auch mit seinem Bruttoinlandsprodukt nach China und USA an dritter Stelle liegen. (AA 10 .2015c).

Indien ist die drittgrößte Wirtschaft in Asien und ist durch eine hohe Inflation, einer schwachen Währung und einem Rückgang an ausländischen Investitionen belastet. Eine Flaute im Bergbau und Manufaktur, haben ihr restliches dazu beigetragen (BBC 31.1.2014).

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1100 Euro. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 US-Dollar pro Kopf und Tag. Rund 70 Prozent haben weniger als 2 US-Dollar pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index der UNDP steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika (AA 10 .2015c).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht und hat große Fortschritte wie zum Beispiel im IT-Bereich gemach. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist. Diskriminierungen auf Basis der Kaste sind gegenwärtig illegal und mehrere Maßnahmen wurden eingeführt um benachteiligte Gruppen zu stärken und ihnen Zugangsmöglichkeiten zu erleichtern – wie zum Beispiel Bildung und Arbeit (BBC 28.10.2015)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Die erhofften Beschäftigungseffekte des Wachstums sind bislang ausgeblieben. Premierminister Modi (BJP) errang seinen erdrutschartigen Wahlsieg 2014 mit dem Versprechen von mehr Wachstum, besseren Entwicklungschancen für die breite Masse der Bevölkerung und weniger Korruption. Die Erwartungshaltung war und ist entsprechend groß. Nach knapp einem Jahr Regierungszeit zeigen sich erste positive Tendenzen bei der Inflation, die von vorher knapp 10% zuletzt auf Werte um 6% sank. Das Haushaltsdefizit soll in den nächsten drei Jahren von aktuell 4,1% (2014/2015) auf 3% des BJP reduziert werden. Dafür bedarf es vor allem höherer Steuereinnahmen, z. B. über eine Reform des Steuerwesens. Große Hoffnungen liegen diesbezüglich in der kommenden "Goods and Services Tax", einer landesweit einheitlichen Umsatzsteuer, dein ein wichtiger Schritt zur Schaffung eines indienweiten Binnenmarkts ist. Zu Beginn ihrer Amtszeit hat sich die Regierung Modi zur Marktwirtschaft bekannt und eine Reformagenda angekündigt, die u.a. eine Erhöhung des Anteils ausländischer Direktinvestitionen in bestimmten Bereichen vorsieht. Ende September verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Er will so den Anteil der Industrieproduktion am BIP von aktuell 17% bis 2025 auf 25% anheben. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt, die unter anderem den Ausbau von Industriekorridoren zwischen verschiedenen Knotenpunkten vorsehen (z.B. Delhi-Mumbai Industrial Corridor). Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant (AA 10 .2015c).

Zu den Hauptcharakteristika der indischen Volkswirtschaft gehören das Missverhältnis zwischen BIP- und Beschäftigungsanteil bei Landwirtschaft und Dienstleistungen (mit umgekehrten Vorzeichen) und eine vergleichsweise geringe Bedeutung der verarbeitenden Industrie. Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,6% (2014/15) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% (genau 49%) der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind. Angesichts Kapitalmangels, zu kleiner Anbauflächen, stagnierender Erträge und fehlender Absatzstrukturen bleibt der Sektor Hauptsorge der indischen Regierung. Nur ca. 10% aller Beschäftigten stehen in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 90% werden dem sogenannten "informellen Sektor" zugerechnet – sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 60% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte. Dies könnte aus Sicht der Regierung am ehesten im Industriesektor (insbesondere im verarbeitenden Gewerbe) erfolgen (AA 10 .2015c).

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 24.4.2015).

Backsteinöfen sind ein wichtiger Bestandteil von Indiens wachsender Wirtschaft. Es gibt mehr als zwei Millionen ZiegelarbeiterInnen in Indien. Viele Ofenanlagen haben ArbeiterInnen, die unter fast sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten und höchstens £1.50 für einen 12 Stunden Tag verdienen. Viele leiden unter Krankheiten aufgrund des beizenden Rauches der Öfen und den rauen Arbeitsbedingungen (BBC 4.1.2014). Das Ausmaß von Zwangs- und Kinderarbeit in den Backsteinöfen in Indien nimmt epidemische Ausmaße an. Schwangere Frauen, Kinder und junge Mädchen arbeiten 12 - 18 Stunden pro Tag. Sie sind schlecht ernährt, es gibt kein sauberes Wasser und sie leben wie Sklaven (BBC 2.1.2014).

Quellen:

Behandlung nach Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich – abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden – keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 24.4.2015).

Quellen:

Dokumente

1. Echtheit der Dokumente

Der Zugang zu gefälschten Dokumenten oder echten Dokumenten falschen Inhalts ist sehr leicht. Gegen entsprechende Zahlungen ist jedes Dokument zu erhalten und wird von den entsprechenden Stellen ohne Vorbehalte ausgestellt, da es sich nach dem dortigen Verständnis lediglich um "Embassy Requirements" zur Verwirklichung des weit verbreiteten Ausreisewunsches handelt. Erleichtert wird der Zugang überdies durch die Möglichkeit, Namen ohne größeren Aufwand zu ändern. Angesichts der hohen Zahl der Fälschungen werden indische Urkunden seit dem Jahr 2000 von der Deutschen Botschaft nicht mehr legalisiert.

1.1. Echte Dokumente unwahren Inhalts

Echte Dokumente unwahren Inhalts sind problemlos (gegen entsprechende Zahlungen oder als Gefälligkeit) erhältlich. Bei Personenstandsurkunden handelt es sich dabei um echte Urkunden falschen Inhalts, bei Gerichtsentscheidungen (Scheidung, Sorge) um echte Urteile, die jedoch aufgrund frei erfundener Sachverhalte und ohne Einhaltung grundlegender Verfahrenserfordernisse (rechtliches Gehör, Interessenabwägung, Begründung) ergehen.

1.2. Zugang zu gefälschten Dokumenten

Ein Großteil der der deutschen Botschaft New Delhi zur Überprüfung vorgelegten Haftbefehle, Anwaltsschreiben, Personenstandsurkunden und sonstigen Dokumente im Zusammenhang mit Strafsachen und Fahndung sowie dazugehörige Eidesstattliche Versicherungen (affidavits) stellen sich als falsch oder gefälscht heraus. Die Überprüfung der Echtheit von Haftbefehlen gestaltet sich schwierig (AA 24.4.2015).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt wird Aadhaar genannt und soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen. Berichten vom Juli 2014 zufolge, wurden bisher UID/Aadhaar Nummern (und Karten) an 640 Millionen Personen ausgestellt (UK Home Office 2.2015).

Die Regierung bereitet derzeit ein nationales Bevölkerungsregister vor (National Population Register - NPR) um nationale Personalausweise auszustellen (The Tribune India 8.7.2014).

Quellen:

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur jeweiligen Person der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des BF 1 und der BF2, zumal insoferne keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, dass diese Umstände nicht den Tatsachen entsprechen würden.

Die allgemeine Lage ergibt sich aus den schon vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angeführten Quellen, auf deren Unbedenklichkeit schon das Bundesamt in zutreffender Weise hinwies. Die Beschwerdeführer verzichteten beim BFA auf eine Einsichtnahme in die Quellen und gaben keine Stellungnahme ab und wurde in der Beschwerde den allgemeinen Feststellungen nicht substantiiert entgegengetreten. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte, wonach sich die allgemeine Lage zwischenzeitig in einer Weise verändert hätte, die von Amts wegen wahrzunehmen wäre.

Hinsichtlich der individuellen Fluchtgründe schenkte schon das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführern keinen Glauben, wobei das Bundesamt dies in schlüssiger Weise dargetan hat, auf die diesbezüglich oben zusammengefassten Ausführungen des BFA wird ausdrücklich verwiesen.

Zutreffend zeigte das BFA auf, dass es den behaupteten Streit bereits im Jahr 2007 in der angeführten Ehe gegeben habe, die Beschwerdeführer aber erst Ende August 2015 ihr Heimatland verließen, führte die unterschiedlichen Angaben der BF2 und des BF1 zutreffend an und wies auf das oberflächliche und vage Vorbringen der Beschwerdeführer sowie auf die unplausiblen Aussagen der Beschwerdeführer richtiger Weise hin, sodass insgesamt betrachtet das BFA eine schlüssige Beweiswürdigung des Vorbringens der Beschwerdeführer vorgenommen hat, die in eindeutiger Weise ergeben hat, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer zu einer konkreten Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspricht, weswegen weitere Ermittlungstätigkeiten nicht angezeigt sind. Die Beschwerde trat aber den Argumenten des BFA bloß allgemein entgegen, womit sie aber die schlüssige Beweiswürdigung des BFA nicht in Zweifel ziehen konnte.

Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer zu einer konkreten Bedrohungssituation glaubhaft wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zuständigkeit:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche – zulässige und rechtzeitige – Beschwerde gegen Bescheide des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

§ 34 Asylgesetz lautet:

(1) Stellt ein Familienangehöriger von 1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist; 2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder 3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist; 2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und 3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist; 2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist; 3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden: 1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind; 2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

§ 16 Abs. 3 BFA-VG lautet:

Wird gegen einen zurückweisenden oder abweisenden Bescheid im Familienverfahren gemäß dem 4. Abschnitt des 4. Hauptstückes des AsylG 2005 auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben, gilt dies auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen (§ 2 Z. 22 AsylG 2005) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich. Allen Beschwerden gegen Entscheidungen in Familienverfahren kommt aufschiebende Wirkung zu, sobald zumindest einer Beschwerde im selben Familienverfahren aufschiebende Wirkung zukommt.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie für den gesetzlichen Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße – möglicherweise vorübergehende – Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

Umstände, die individuell und konkret die Beschwerdeführer betreffen und auf eine konkrete Verfolgung der Beschwerdeführer hindeuten könnten, konnten nicht festgestellt werden. Demzufolge ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgungsgefahr. So kommt es aber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgründen immer auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers, nicht aber auf die allgemeinen politischen Verhältnisse an. Es bestehen auch keine ausreichenden Hinweise dafür, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für die Beschwerdeführer gewinnen ließe, zumal keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, dass die Beschwerdeführer schon allein auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu fürchten habe. Wenngleich nicht verkannt wird, dass es in Indien zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann, ist hiebei auch die Anzahl der dort lebenden Personen in Betracht zu ziehen (über 1 Milliarde Menschen), womit sich aber die Anzahl der berichteten Übergriffe relativiert, sodass auch unter Berücksichtigung dieser Berichte über Menschenrechtsverletzungen keine asylrelevante Verfolgungsgefahr betreffend die Beschwerdeführer auf Grund der allgemeinen Situation allein mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erkannt werden kann.

Doch selbst wenn man vom Vorbringen der Beschwerdeführer ausgeht, ergibt sich aus den vom Bundesamt herangezogenen und nicht konkret bestrittenen Feststellungen zur allgemeinen Situation zudem, dass es den Beschwerdeführern möglich wäre, etwaigen Repressionen auszuweichen, zumal sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer jedenfalls nicht ergibt, dass sie landesweit gesucht würden. Es ist sohin von einer innerstaatlichen Fluchtalternative (§ 11 AsylG) auszugehen, weil sich nämlich aus den Feststellungen des Bundesamtes ergibt, dass selbst bei strafrechtlicher Verfolgung ein unbehelligtes Leben in ländlichen Gebieten in anderen Teilen Indiens möglich ist, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss, bekannte Persönlichkeiten durch einen Umzug einer Verfolgung zwar nicht entgehen können, wohl aber weniger bekannte Personen wie die Beschwerdeführer. Für nicht staatliche Akteure, wie im gegenständlichen Fall, dürfte eine Ausforschung nach den Feststellungen nur in Ausnahmefällen möglich sein, sodass es nicht ausreichend wahrscheinlich ist, dass die Beschwerdeführer in einem anderen Teil Indiens gefunden würden, zumal die Beschwerdeführer keine derartig bekannte Persönlichkeiten sind, dass im Falle einer Rückkehr nach Indien außerhalb ihrer engeren Heimat überhaupt jemand auf die Idee käme, die Beschwerdeführer zu suchen, keinesfalls aber, dass sie im Falle einer Suche gefunden würden.

Da es nach den vom Bundesamt herangezogenen Feststellungen Existenzmöglichkeiten für die Beschwerdeführer außerhalb ihrer engeren Heimat gibt, ist es ihnen zumutbar, sich in einen anderen Teil Indiens, etwa nach Delhi oder zu den Eltern der BF2, wo sie auch mit Unterstützung rechnen könnten, zu begeben. Dafür, dass es ihnen problemlos möglich ist, in viele Teile ihres Heimatlandes zu reisen, ohne in ihre engere Heimat zurückkehren zu müssen, besteht für Indien keinerlei Zweifel. Es sind sohin die Voraussetzungen für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative gegeben, weswegen auch aus diesem Grunde weder die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten noch die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Betracht kommt (vgl. VwGH 24.01.2008, Zl. 2006/19/0985).

Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass die Beschwerdeführer in ihrer Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wären, ist die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Eine konkrete, aktuelle Gefährdung der Beschwerdeführer konnte, wie bereits oben unter Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgeführt, nicht erkannt werden, weshalb es auch nicht ausreichend wahrscheinlich ist, dass die Beschwerdeführer im Sinne des § 8 AsylG bedroht sind.

Zudem ist auch im gegebenen Zusammenhang die innerstaatliche Fluchtalternative einschlägig, sodass auf die bereits oben zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides getätigten und auch hier einschlägigen diesbezüglichen Ausführungen verwiesen wird. Es kommt daher auch aus dem Grunde des Vorliegens der sogenannten innerstaatlichen Fluchtalternative die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten nicht in Betracht.

Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 8 AsylG bedroht wären. Auf die bereits oben zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides getätigten und auch hier einschlägigen Ausführungen wird ebenfalls verwiesen.

Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, derzufolge die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage gerieten. Der BF 1 ist ein gesunder arbeitsfähiger Mann und die BF 2 eine arbeitsfähige, gebildete Frau, sodass es ihnen zumutbar ist, sich in ihrer Heimat für ihre Familie den notwendigen Unterhalt zu sichern, was sich auch schon aus den Ausführungen zur innerstaatlichen Fluchtalternative ergibt. Die BF2 leidet zwar unter Migräneattacken, doch lässt sich daraus kein Umstand erkennen, der ihr ein Auskommen in Indien verunmöglichen würde, war ihr ein solches doch auch schon vor ihrer Ausreise möglich. Eine lebensbedrohliche Erkrankung lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten und wurde Derartiges auch nicht behauptet. Die Beschwerdeführer verfügen zudem in ihrer Heimat über soziale Anknüpfungspunkte, weshalb auch von daher nicht angenommen werden kann, sie gerieten im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG nicht.

Da sohin keine Gründe für die Annahme bestehen, dass die Beschwerdeführer im Heimatland im Sinne des § 8 AsylG bedroht wären, ist die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochene Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu beanstanden.

Daher waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die BF befinden sich erst seit Ende August 2015 im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie sind nicht Zeugen oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die BF sind als Staatsangehöriger von Indien keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Die Beschwerdeführer verfügen im Bundesgebiet zwar über Verwandte, doch haben sie nicht dargetan, dass sie mit diesen ein Familienleben im obgenannten Sinn führten. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der Beschwerdeführer auf Schutz des Familienlebens und ist, wie nachfolgend gezeigt wird, bei einer Abwägung im Sinne des § 8 Abs. 2 EMRK eine Rückkehrentscheidung jedenfalls zulässig.

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Die Dauer des Aufenthaltes der BF im Bundesgebiet seit Ende August 2015 ist als kurz zu bezeichnen und wird weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste den BF bewusst gewesen sein, weswegen eingegangene Bindungen im Bundesgebiet nicht schwer wiegen können.

Der BF1 hat zwar ein Gewerbe angemeldet, die BF2 die Deutschprüfung auf Niveau A1 absolviert und Deutschkurse auf Niveau A2 besucht, die BF3 und der BF4 gehen im Bundesgebiet in die Schule und verfügen die Beschwerdeführer über Verwandten in Bundesgebiet, doch ist dem entgegen zu halten, dass sich die Beschwerdeführer weiterhin im der Grundversorgung befinden, weshalb nicht angenommen werden kann, dass eine Integration am Arbeitsmarkt bereits stattgefunden habe, sind die Deutschkenntnisse des BF1 und der BF2 gering, wogegen sie eine Sprache ihres Heimatlandes auf Muttersprachenniveau beherrschen, wurden sämtliche Beschwerdeführer in Indien sozialisiert, und beantworteten der BF1 und die BF2 beim BFA die Frage, ob sie sich in Österreich integriert fühlten, mit "nein", sodass nicht von einer fortgeschrittenen Integration der Beschwerdeführer im Bundesgebiet gesprochen werden kann. Zudem verfügen die Beschwerdeführer auch in ihrer Heimat noch über Familienangehörige und kann im Hinblick auf den noch kurzen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht angenommen werden, dass die Beschwerdeführer im Bundesgebiet derart verwurzelt und ihrer Heimat entwurzelt wären, dass ihnen eine Rückkehr in ihr Heimat nicht mehr zugemutet werden könnte. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die BF2 unter Migräneattacken leidet, wurde doch nicht einmal behauptet, dass dies für die Beschwerdeführer ein maßgeblicher Umstand wäre, weswegen sie nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren wollten, und kann dies auch sonst nicht erkannt werden.

Der Umstand, dass die BF in Österreich nicht straffällig geworden sind, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, Zl. 2002/18/0112).

Daher ist davon auszugehen, dass die Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.

Daher sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht gegeben.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz tragenden Gründen der vorliegenden Entscheidung keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Zu Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Zum Familienverfahren:

Da keinem der Beschwerdeführer ein Recht gewährt wurde, ist auch im Rahmen des Familienverfahrens nichts für die Beschwerdeführer zu gewinnen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal in den entscheidungswesentlichen Punkten die Beschwerde dem angefochtenen Bescheid nicht ausreichend substantiiert entgegen trat. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316; 28.05.2014, 2014/20/0017 und 0018; 22.11.2006, 2005/20/0406 u. v. a.).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

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