Normen
AsylG 2005 §8 Abs1;
AVG §37;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
VwGVG 2014 §28;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird hinsichtlich seines Spruchpunktes A I. (Abweisung der Beschwerde gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, hinsichtlich seines Spruchpunktes A II. (Beschluss über die Behebung der Spruchpunkte II. und III. des ursprünglich angefochtenen Bescheides des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 19. Oktober 2012 gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG und Zurückverweisung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur neuerlichen Feststellung des Sachverhaltes und Erlassung eines neuen Bescheides) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1.1. Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste am 23. Jänner 2012 als damals Minderjähriger unbegleitet in das Bundesgebiet ein. Am selben Tag stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Hochzeitsfilmer in seinem Heimatland Probleme habe. Ein Film über eine Hochzeit, bei der männliche und weibliche Gäste gemeinsam gefeiert hätten, sei ihm abhanden gekommen und in der Folge veröffentlicht worden. Die Veröffentlichung eines Hochzeitsfilmes stelle eine Straftat dar. Zudem seien die Familien des Brautpaares hinter ihm her.
1.2. Mit Bescheid vom 19. Oktober 2012 wies das Bundesasylamt den Antrag I. auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, II. auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab und III. sprach gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 die Ausweisung des Revisionswerbers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus.
Das Bundesasylamt führte begründend im Wesentlichen aus, es habe nicht feststellen können, dass der Revisionswerber sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hätte. Das Vorbringen sei widersprüchlich, wenig plausibel und nicht lebensnah gewesen. Eine staatliche Verfolgung habe der Revisionswerber nicht glaubhaft machen können. Der Revisionswerber habe auch im gesamten asylrechtlichen Verfahren keinerlei glaubhafte Indizien oder Anhaltspunkte aufzuzeigen vermocht, welche die Annahme rechtfertigen könnten, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr laufen würde, im Fall einer Rückkehr in die Heimat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Revisionswerber aus der Provinz Baghlan, Distrikt Pol-e Khumri, stammte. So sei der Name der Ortschaft, wo der Revisionswerber nach seinen Angaben herkomme, in einer aktuellen, sehr detaillierten Karte nicht eingezeichnet. Darüber hinaus habe er bei der Erstbefragung widersprüchlich angegeben, dass er im Distrikt Pol-e Khumri in der Provinz Laghman geboren und aufgewachsen wäre. Eine phonetische Verwechslung von "Baghlan" und "Laghman" sei nicht plausibel, weshalb das Bundesasylamt von einer fiktiven Herkunftsbehauptung ausgehe. Glaubhaft sei, dass die wahre Herkunftsregion des Revisionswerbers die Stadt Kabul sei. Der Revisionswerber habe selbst angegeben, dass seine Familie jetzt in Kabul leben würde und er habe auch angegeben, dass er sich vor seiner Ausreise drei Tage bei einem Freund in Kabul aufgehalten habe. Bei dem Revisionswerber könne nicht davon ausgegangen werden, dass er im Falle der Heimkehr nach Afghanistan gegenwärtig einer spürbar stärkeren, besonderen Gefährdung ausgesetzt wäre als andere dort lebende Männer seines Alters. Es handle sich beim Revisionswerber um einen jungen, arbeitsfähigen Mann, der nach wie vor über Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten verfüge. Trotz der allgemein mangelnden Glaubwürdigkeit sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber nach wie vor in Kontakt mit seinen Verwandten in Kabul stehe, welchen es offenbar nach wie vor möglich sei, den Alltag in Afghanistan zu meistern. Unter Berücksichtigung der stark ausgeprägten sozialen Absicherung durch die Familien- und Stammesverbände könne der Revisionswerber auf die Hilfe seiner Verwandten zurückgreifen. Daher sei kein subsidiärer Schutz zu gewähren.
Des Weiteren wurde der Revisionswerber nach Durchführung einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK aus dem Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.
1.3. Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Asylgerichtshof, in der er auch die Durchführung einer Verhandlung beantragte. Er machte im Beschwerdeverfahren unter anderem geltend, dass sein Vorbringen nicht ausreichend gewürdigt worden und der Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass die Minderjährigkeit des Revisionswerbers berücksichtigt worden sei. Es sei auch nicht beachtet worden, dass es sich beim Revisionswerber um eine besonders vulnerable Person handle. Die Behörde habe zwar Feststellungen über die allgemeine Lage in Afghanistan getroffen, es jedoch unterlassen einen Bezug zum gegenständlichen Fall herzustellen. Der Revisionswerber habe bezüglich seiner Herkunft stringente Angaben gemacht und sei "in der Lage gewesen, auf die äußerst penible Fragestellung der Behörde bezüglich seiner Herkunftsregion ausführliche und konkrete Angaben zu machen".
1.4. Das beim Asylgerichtshof anhängige Verfahren wurde ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht weitergeführt (§ 75 Abs. 19 AsylG 2005).
1.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß "§ 3 Abs. 5" (richtig: 1) AsylG 2005 als unbegründet ab (Spruchpunkt A I. des angefochtenen Erkenntnisses), mit Spruchpunkt A II. der Entscheidung hob es den Bescheid der Verwaltungsbehörde hinsichtlich dessen Spruchpunkt II. und III. gem. § 28 Abs. 3 VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Feststellung des Sachverhaltes und Erlassung eines neuen Bescheides an das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Die Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen.
Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei ein Staatsangehöriger von Afghanistan, gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und sei sunnitischen Glaubens. Seine Herkunftsprovinz könne nicht festgestellt werden. Aus den Angaben des Revisionswerbers im gesamten Verfahren habe keine Verfolgungsgefahr abgeleitet werden können. Das Bundesverwaltungsgericht folge dem Bundesasylamt in seiner Beweiswürdigung hinsichtlich des Fluchtgrundes, der fehlenden Glaubwürdigkeit betreffend den Beruf des Revisionswerbers habe es sich jedoch nicht anschließen können. Es möge dem Revisionswerber nicht abzusprechen sein, dass er auf privaten Veranstaltungen gefilmt habe und in diesem Zusammenhang ein Film verloren gegangen sei, es werde aber nicht als glaubhaft erachtet, dass der vorgebrachte Vorfall in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verlassen des Herkunftsstaates gestanden sei. Dem Revisionswerber sei es daher nicht gelungen, eine asylrelevante drohende Verfolgung glaubhaft zu machen. Aus den Feststellungen ergebe sich - ungeachtet ihrer Glaubwürdigkeit -, dass sich die vorgebrachte Verfolgung aus einer möglichen privaten Konfliktsituation ergeben habe und nicht auf einen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zurückzuführen sei.
Das Bundesverwaltungsgericht könne darüber hinaus den Feststellungen des Bundesasylamtes, dass der Revisionswerber aus Kabul stamme, nicht folgen, da dem konsequent widersprochen worden sei. Auch wenn die Angaben des Revisionswerbers zu seiner Herkunftsprovinz, insbesondere den Dörfern in der Umgebung seines Heimatdorfes, durch das Bundesasylamt aufgrund des vorliegenden Kartenmaterials nicht nachprüfbar sein mögen, könne daraus nicht geschlossen werden, dass der Revisionswerber aus Kabul stamme. Dies könne auch nicht darauf gestützt werden, dass die Familie des Revisionswerbers nach seinen Angaben nach Kabul geflüchtet sei. Dabei sei anzumerken, dass auch das Bundesasylamt selbst in seinen Niederschriften den Ort Pol-e Khumri in diversen Variationen schreibe, weshalb nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich bei der Wiedergabe der Ortsangaben des Revisionswerbers um eine lautmalerische oder falsche Schreibweise handle.
Komme die Herkunftsregion des Revisionswerbers als Zielort einer allfälligen Rückkehr wegen der dem Revisionswerber dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, könne er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (Hinweis auf VfGH vom 12. März 2013, U 1674/12). Das Bundesasylamt habe keine Feststellungen zur Herkunftsprovinz des Revisionswerbers getroffen. Dieses Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidungswesentlichen Punkt führe dazu, dass der Revisionswerber im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt werde. Es sei daher durch die Verwaltungsbehörde zu klären, aus welcher Region der Revisionswerber stamme und wo sich seine Familie nun aufhalte.
Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG führte das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen worden sei.
1.6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die gegenständliche außerordentliche Revision des Revisionswerbers. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht nahm von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1.1. Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision u.a. geltend, dass § 28 VwGVG eine Sachentscheidungspflicht normiere, wenn der Sachverhalt feststehe oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden sei. Im gegenständlichen Fall hätte das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt im Interesse der Raschheit und der Kosten- aber auch Zeitersparnis selbst festzustellen und im Bedarfsfall zur Verfahrensergänzung bzw. Sachverhaltsklärung eine mündliche Verhandlung anzuberaumen gehabt. Die Zurückverweisungsentscheidung entspreche nicht der Prozessökonomie. Im Fall einer erheblichen Kostenersparnis bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht spreche sich die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gegen eine Zurückverweisung aus, darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt, dass die Berufungsbehörde nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit eine kassatorische Entscheidung treffen dürfe. Die Entscheidung befinde sich daher nicht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
2.1.2. Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch begründet.
2.2. Die §§ 24 und 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, (samt Überschrift) lauten:
"Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
- 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
- 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
..."
§ 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl I Nr. 144/2013, (samt Überschrift) lautet:
"Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
§ 21. ...
(7) Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG."
2.3.1. Was die Frage der Zulässigkeit einer kassatorischen Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht betrifft, ist auf das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dort mit dieser Frage auseinandergesetzt und dargelegt, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht begründete die Zurückverweisungsentscheidung damit, dass die Verwaltungsbehörde keine Feststellungen zur Herkunftsprovinz des Revisionswerbers getroffen habe. Dieses Unterlassen der Ermittlungstätigkeit in einem entscheidungswesentlichen Punkt führe dazu, dass der Revisionswerber im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt werde. Es sei daher durch die Verwaltungsbehörde zu klären, aus welcher Region der Revisionswerber stamme und wo sich seine Familie nun aufhalte.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei jedoch, dass die Verwaltungsbehörde im gegenständlichen Fall durchaus Ermittlungen zur Herkunftsregion des Revisionswerbers durchgeführt hat und aufgrund ihrer Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt ist, dass die Angaben des Revisionswerbers unter Heranziehung von Kartenmaterial dafür sprächen, dass er nicht aus der von ihm genannten Provinz Baghlan, sondern aus Kabul stamme. Dem verwaltungsbehördlichen Bescheid wurden Feststellungen zur Sicherheitslage in Kabul sowie zu den persönlichen Verhältnissen des Revisionswerbers und zu in Kabul lebenden Angehörigen zu Grunde gelegt.
Demgegenüber führte das Bundesverwaltungsgericht in Auseinandersetzung mit der entsprechenden verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung aus, den Feststellungen des Bundesasylamtes zur Herkunft des Revisionswerbers aus Kabul nicht folgen zu können. Auf der Sachverhaltsebene stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, die Herkunftsprovinz des Revisionswerbers habe nicht festgestellt werden können. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht zu seinem Spruchpunkt A II., die Verwaltungsbehörde habe keine Feststellungen hinsichtlich der Herkunftsprovinz des Revisionswerbers getroffen und damit jegliche Ermittlungstätigkeit in einem entscheidungserheblichen Punkt unterlassen.
Die vom Bundesverwaltungsgericht angenommene fehlende Ermittlungstätigkeit seitens der Verwaltungsbehörde ergibt sich im gegenständlichen Fall alleine daraus, dass das Bundesverwaltungsgericht in einem für die Entscheidung über den Status des subsidiär Schutzberechtigten als wesentlich erachteten Punkt (im Konkreten: der Herkunftsprovinz des Revisionswerbers als Zielort einer Rückkehr) im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung von der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes abweicht und den vom Bundesasylamt angenommenen Sachverhalt (Herkunft des Revisionswerbers aus Kabul, bestehende familiäre Anknüpfungspunkte in Kabul) seiner Entscheidung nicht zugrunde legt. Wenn das Verwaltungsgericht Beweisergebnisse in eine andere Richtung würdigt als dies die Verwaltungsbehörde getan hat und sich infolge dessen die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen ergibt, stellt dies in einem Fall wie dem vorliegenden keine Unterlassung der Ermittlungstätigkeit durch die Verwaltungsbehörde im Sinne der im hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, dargelegten Kriterien dar, die zur Zurückverweisung gem. § 28 Abs. 3 VwGVG berechtigte. Das Bundesverwaltungsgericht hätte vielmehr selbst weitere Ermittlungen vornehmen und deren Ergebnisse einer meritorischen Entscheidung zu Grunde legen müssen.
Der angefochtene Beschluss (Spruchpunkt A II.) erweist sich insoweit als mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts behaftet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Damit ist aber auch dem die aufenthaltsbeendende Maßnahme betreffenden Ausspruch die Grundlage entzogen, weshalb dieser aus demselben Grund der Aufhebung verfallen musste.
2.3.2. Darüber hinaus wird in der Revision gerügt, dass das Bundesverwaltungsgericht in unzulässiger Weise von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen habe. Dies ist aus folgenden Gründen zutreffend:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018, dargelegt, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen, die Abstandnahme von der Durchführung einer (beantragten) Verhandlung ermöglichenden - hier allein in Betracht kommenden - Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint", folgende Kriterien beachtlich sind:
"Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."
Im gegenständlichen Fall legte das Bundesasylamt seinen Feststellungen zum Vorbringen des Revisionswerbers zu den Fluchtgründen beweiswürdigend insbesondere zu Grunde, dass seine Tätigkeit als Kameramann aufgrund seiner Angaben zur verwendeten Kamera und zu den Nachbearbeitungsmethoden nicht glaubwürdig sei. Es sei davon auszugehen, dass er sich seine diesbezüglichen Informationen aus dem Internet oder aus dem Fernsehen angeeignet habe. Abweichend davon ging das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich davon aus, dass der Revisionswerber als Kameramann für private Veranstaltungen tätig gewesen sei. Damit folgt das Bundesverwaltungsgericht in einem zentralen Punkt - das behauptete fluchtauslösende Ereignis steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der angegebenen beruflichen Tätigkeit des Revisionswerbers - der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht ansonsten der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes hinsichtlich des Fluchtgrundes beitrat, kann somit keine Rede davon sein, dass es die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilte. Es kann dann nämlich im vorliegenden Fall nicht ohne Weiteres gesagt werden, dass trotz Wegfalls der Beurteilung, der Revisionswerber habe die von ihm behauptete Tätigkeit eines Hochzeitsfilmers gar nie ausgeübt, noch vom gleichen Ergebnis, nämlich der mangelnden Glaubhaftmachung des fluchtauslösenden Ereignisses, ausgegangen werden könnte.
Geht das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - von den tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung ab, liegt kein Fall iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG vor, der ein Absehen von der beantragten Verhandlung rechtfertigte.
Was die im Rahmen der Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses getätigten Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes betrifft, es möge dem Revisionswerber nicht abgesprochen werden, dass im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Kameramann bei privaten Veranstaltungen "ein Film verloren gegangen" sein könne, dass es aber nicht glaubhaft sei, dass "der vorgebrachte Vorfall" in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verlassen des Herkunftsstaates stehe, entspricht die damit angedeutete "Wahrunterstellung" des Vorbringens nicht den Anforderungen an die Feststellung des Vorbringens, wie sie im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2014/20/0069, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegt wurden. Der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt ist diesfalls nicht als geklärt anzusehen, sodass auch die - hier nicht in gesetzmäßiger Weise erfolgte - Zugrundelegung des Vorbringens des Revisionswerbers ein Absehen von der mündlichen Verhandlung nicht rechtfertigt.
Das angefochtene Erkenntnis (Spruchpunkt A I.) erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
2.4. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 und Z 6 VwGG abgesehen werden. Eine solche wird nach dem Gesagten vom Bundesverwaltungsgericht durchzuführen sein.
2.5. Eine Kostenentscheidung hatte mangels Antragstellung gemäß § 59 Abs. 1 VwGG zu unterbleiben.
Wien, am 12. November 2014
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