BVwG L506 2140054-1

BVwGL506 2140054-115.2.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L506.2140054.1.00

 

Spruch:

L506 2140054-1/23E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.10.2018 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

1. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend: BF), eine iranische Staatsangehörige, stellte am 04.10.2015 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Anlässlich der Erstbefragung am 05.10.2015 gab die BF als Grund für ihre Ausreise an, vor 8 Jahren zum Christentum konvertiert und vor sieben Jahren in XXXX getauft worden zu sein. Sie habe immer wieder unter Freunden und Bekannten über das Christentum gesprochen und erzählt, dass dieses besser sei als der Islam. Vor 2-3 Monaten hätten ihr Freunde gesagt, dass Beamte über sie recherchieren und behaupten würden, dass die BF missioniere und den Islam schlecht darstelle. Deshalb habe sie geahnt, dass sie demnächst festgenommen werde, weshalb sie das Land verlassen habe.

 

3. Am 04.10.2016 erfolgte die Einvernahme der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA). Die BF legte eine Bestätigung ihrer Taufe im Iran, ausgestellt von der - XXXX ' sowie Fotos von ihrer Taufe vor.

 

Zu ihren Ausreisegründen gab die BF zusammengefasst an, sie sei zum Christentum übergetreten und habe ihre Wohnung als Hauskirche benutzt; da die Behörde dies entdeckt habe, sei sie verfolgt worden und habe sie sich zur Ausreise entschlossen.

 

Einige Personen aus ihrem Umfeld seien im Gefängnis und andere seien umgebracht worden.

 

Ca. 10 Personen seien 2-3mal monatlich zu ihr in die Hauskirche gekommen; im Fernsehen habe es eine christliche Sendung mit dem Namen ‚Mohabat' gegeben und hätten sie diese angesehen und gebetet. Was mit diesen Personen sei, wisse sie nicht.

 

Jemand habe gesagt, sie stehen unter Kontrolle und sollen sie aufpassen. Nachgefragt erklärte die BF, es sei eine Person gewesen, die bei ihr in der Wohnung gewesen sei, weiter nachgefragt, gab die BF an, es habe sich um eine Frau namens XXXX gehandelt. Gefragt, ob sie die anderen Hauskirchenteilnehmer auch kenne, nannte die BF den Namen ‚ XXXX '.

 

Ihr sei von der Frau zur Ausreise geraten worden. Die Frau habe die Informationen von den Nachbarn gehabt, dort seien die Beamten gewesen und hätten sich nach der BF und ihrer Wohnung erkundigt.

 

Selbst habe sie keinen Kontakt zu den Beamten gehabt und sei sie nicht persönlich verfolgt oder bedroht worden. Auch ihre Familie sei nicht bedroht worden und befinde sich diese in Österreich; der im Iran verbliebene Sohn sei nicht Christ und sei nicht von den Behörden kontaktiert worden. Bis zum Tag, an dem die Hauskirche verraten worden sei, dies sei ca. zwei Monate vor der Ausreise gewesen, habe sie keine Probleme gehabt. In den zwei Monaten vor der Ausreise sei nichts passiert; es hätten auch Gebetskreise stattgefunden, jedoch nicht in ihrer Wohnung. Es habe keine Versammlungen mehr gegeben, jedoch sei die BF zu Einzelpersonen zu Besuch gegangen. Zuletzt sie sie im Geschäft von XXXX gewesen; dieser sei auch ausgereist und nach Österreich/ XXXX gekommen. Er sei auch Christ und wisse sie nicht, warum dieser ausgereist sei.

 

Im Rückkehrfall würde sie gefoltert und umgebracht werden. Dies seien alle Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates.

 

Sie habe das Christentum von Kind auf geliebt und als sie im Jahr 2006 erstmals in Österreich gewesen sei, habe sie gehört, dass sie schon zum Christentum übertreten dürfe. Ihre Kinder in Österreich seien Christen.

 

In weiterer Folge wurden der BF Fragen zum christlichen Glauben gestellt.

 

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2016 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.).

 

Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.).

 

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.)

 

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft betrage (Spruchpunkt IV.).

 

Das BFA stellte zusammengefasst fest, dass im Falle der BF keine Verfolgung im Sinne der GFK existent sei, da die seitens der BF angegebenen Gründe für die Ausreise nicht glaubwürdig seien. Die BF sei in XXXX getauft worden, gehöre der christlich protestantischen Glaubensrichtung an, besuche regelmäßig Gottesdienste, diese verfüge jedoch über keine fundierten Kenntnisse des christlichen Glaubens und könne nicht festgestellt werden, dass sich die BF ernsthaft mit christlichen Glaubensinhalten auseinandergesetzt habe.

 

Die Identität der BF stehe fest; diese sei verwitwet und verfüge über erwachsene Kinder in Österreich und einen erwachsenen Sohn im Iran. Die BF leide an diversen chronischen Erkrankungen wie Herzinsuffizienz und multiplen Bandscheibenvorfällen und habe vor einigen Jahren im Iran einen Schlaganfall erlitten.

 

Auch sei keine Rückkehrgefährdung der BF existent und bestehe in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben.

 

Beweiswürdigend wurde seitens des BFA ausgeführt, dass die seitens der BF dargelegten Ausreisegründe unglaubwürdig seien, da es nicht nachvollziehbar sei, dass man ca. 10 Personen die eigene Wohnung als Hauskirche zur Verfügung stelle, ohne diese namentlich zu kennen, sodass auch anzuzweifeln sei, dass derartige Treffen wirklich in der Wohnung der BF stattgefunden hätten.

 

In Rückkehrfall der BF sei nicht davon auszugehen, dass diese Probleme aufgrund der behaupteten Konversion bekommen würde, da deren ernsthafte Hinwendung zum christlichen Glauben aufgrund der vagen und unkonkreten Aussagen erheblich anzuzweifeln sei.

 

Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.

 

Zu Spruchpunkt III. hielt das BFA fest, dass die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung für die Beschwerdeführerin keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle.

 

7. Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schriftsatz vom 07.11.2016 innerhalb offener Frist vollinhaltlich Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid. Zu deren Inhalt im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

 

Es wurden die Anträge gestellt, die Rechtsmittelbehörde möge

 

-) den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz Folge gegeben und dieser der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde;

 

-) in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Beschwerdeführerin gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran zuerkannt werde;

 

-) in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Bescheid im Spruchpunkt III. betreffend die gegen die Beschwerdeführerin gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gefällte Rückkehrentscheidung aufgehoben und der BF ein Aufenthaltstitel von Amts wegen zu erteilen sei

 

-) in eventu zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen

 

Es sei im angefochtenen Bescheid ungenügend begründet, wie die Behörde zur Annahme habe gelangen können, dass die Angaben der BF unglaubwürdig seien und sei diese nicht nachvollziehbar. Die BF sei gar nicht aufgefordert worden, sämtliche Personen, die an der Hauskirche teilgenommen hätten, zu nennen. Die BF nannte in der Folge 9 weitere Namen. Aufgrund der praktizierenden Religionsausübung der BF sowohl im Iran als auch in Österreich hätte die Behörde von der Ernsthaftigkeit der Konversion ausgehen müssen. Die BF sei im Iran missionarisch tätig gewesen, indem sie ihre Wohnung als Hauskirche zur Verfügung gestellt habe. Bezüglich des Wissensstandes über die christliche Religion werde nicht bestritten, dass die BF nicht alle Fragen habe beantworten könne, doch sei dies ihrer Nervosität, ihrem Alter sowie den Konzentrations- und Vergesslichkeitsproblemen geschuldet, wozu auf die Bestätigung einer Ärztin für Allgemeinmedizin verwiesen wurde. Letztlich wurde die zeugenschaftliche Einvernahme des Pastors XXXX beantragt und auf das Naheverhältnis der BF zu Ihrer Tochter in XXXX verwiesen, welche sie täglich sehe, weshalb eine Rückkehrentscheidung dauerhaft unzulässig sei.

 

8. Gegenständliche Beschwerde langte samt bezug habendem Verwaltungsakt am 18.11.2016 in der hg. Gerichtsabteilung ein.

 

9. Am 20.09.2018 langte hg. die schriftliche Beantragung einer weiteren Zeugeneinvernahme ein.

 

10. Am 26.09.2018 langte hg. eine Stellungnahme des Vertreters zu den übermittelten länderkundlichen Feststellungen ein. Diesen wurde nicht entgegengetreten, sondern darauf verwiesen, dass lt. iranischer Verfassung ein muslimischer Bürger nicht das Recht habe, seinen Glauben auszusuchen, zu wechseln oder aufzugeben und können Richter aufgrund der Scharia Apostasie mit der Todesstrafe belegen. Dass der Polizeiapparat im Falle des Erfahrens einer Konversion nicht zimperlich reagiere, sowie Folterungen und Misshandlungen seien notorisch. Für die BF seien in Summe keine Voraussetzungen mehr gegeben, sich im Iran ihrem Glauben ohne Einschränkungen zu widmen oder andere Menschen für den Glauben zu begeistern. Die Behörden hätten Kenntnis davon erhalten, dass sich in der Wohnung der BF eine Hauskirche befinde, weshalb die BF vor ihrer Flucht in großer Gefahr gewesen sei, was auch anhand der Länderfeststellungen verifizierbar sei und sei eine Anklage wegen "Verbrechen gegen Gott" nicht auszuschließen. Rechtsstaatlicher Schutz durch die iranischen Behörden sei auszuschließen und verkenne die belangte Behörde damit die Situation, da sich die BF im Rückkehrfall in allergrößter Gefahr befände und gebe das länderkundliche Konvolut weiter Anlass zur Sorge.

 

11. Am 09.10.2018 fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der die BF und das BFA geladen wurden.

 

12. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

13. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben der BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde und durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.10.2018 inklusive der zeugenschaftlichen Einvernahme der seitens der BF beantragten Zeugen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Verfahrensbestimmungen

 

1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

 

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

 

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.

 

2. Feststellungen (Sachverhalt):

 

2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin wird festgestellt:

 

Die Identität der Beschwerdeführerin, welche Staatsangehörige des Iran und der persischen Volksgruppe zugehörig ist, steht fest.

 

Die Beschwerdeführerin reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 04.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Es kann weder festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin vor ihrer Ausreise asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war noch pro futuro einer solchen ausgesetzt sein wird.

 

Sie besucht Gottesdienste, einen Glaubenskurs und wurde am 27.04.2007 im Herkunftsstaat durch die Iranische Christengemeinde XXXX getauft, sie nimmt an Gottesdiensten sowie an einem Bibel- und Gebetskreis teil.

 

Dass sich die Beschwerdeführerin ernsthaft mit christlichen Glaubensinhalten auseinandergesetzt und sich dem christlichen Glauben zugewandt hat, kann nicht festgestellt werden.

 

Bei der behaupteten Konversion der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Scheinkonversion.

 

Die Beschwerdeführerin ist verwitwet, leidet an chronischen Erkrankungen (Diabetes Typ II-nicht insulinabhängig, Asthma, Osteoporose, Herzinsuffizienz, Gelenksschmerzen und Wirbelsäulenbeschwerden); sie war wegen der genannten Erkrankungen im Iran in medizinischer Behandlung und gab es diesbezüglich keine Probleme. Sie hat im Iran eine Pension bezogen, wurde finanziell auch von ihren Kindern unterstützt und verfügt dort über eine eigene Wohnung sowie einen erwachsenen Sohn, welcher als Architekt arbeitet und zu dem sie in Kontakt steht.

 

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin Gefahr liefe, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

 

Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat festgestellt werden.

 

In Österreich hat die Beschwerdeführerin eine erwachsene Tochter (dt. Staatsangehörige, seit 2013 in Österreich) und deren Kind sowie ihre Schwester (seit 2004 in Österreich, Daueraufenthalt EU) und deren Söhne in XXXX , eine weitere Tochter (seit 2011 in Österreich, asylberechtigt) und einen Sohn (seit 2006 in Österreich, asylberechtigt) - beide sind erwachsen- in XXXX .

 

Sie ist kein Mitglied in einem Verein und lebt seit ihrer Ankunft in Österreich von der staatlichen Grundversorgung. Das Strafregister weist keine Verurteilungen der Beschwerdeführerin auf, sie ist unbescholten.

 

Die Beschwerdeführerin verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich.

 

Die Beschwerdeführerin hat einen Deutschkurs A1 sowie einen Werte- und Orientierungskurs besucht, jedoch keine Prüfung absolviert, und verfügt über keine Deutschkenntnisse.

 

Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der Beschwerdeführerin in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

 

Des Weiteren liegen weder die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", noch für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran festzustellen ist.

 

2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

 

Politische Lage

 

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution", Ayatollah Seyed Ali Khamene'i, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 6 .2018a, vgl. BTI 2018, ÖB XXXX 9.2017). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel "Revolutionsführer" (GIZ 3.2018a).

 

Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: 19.05.2017). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Majlis - Majles-e Shorâ-ye Eslami/ Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Februar und April 2016 statt. Über dem Präsidenten, der laut Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer [auch Oberster Rechtsgelehrter oder Revolutionsführer], seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB XXXX 9.2017). Der Revolutionsführer ist oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter, kann zentrale Entscheidungen aber nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Die Mitgliedschaft und Allianzen untereinander unterliegen dabei ständigem Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 2.3.2018).

 

Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein europäisches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB XXXX 9.2017, vgl. AA 6 .2018a, FH 1.2018, BTI 2018).

 

Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln. Zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind

Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2018a).

 

Parteien nach westlichem Verständnis gibt es nicht, auch wenn zahlreiche Gruppierungen nach dem iranischen Verfahren als "Partei" registriert sind. Bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen werden keine Parteien, sondern Personen gewählt (AA 6 .2018a, vgl. GIZ 3.2018a). Zahlreiche reformorientierte Gruppierungen wurden seit den Präsidentschaftswahlen 2009 verboten oder anderweitigen Repressionen ausgesetzt. Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA 6 .2018a).

 

Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 1.2018, vgl. AA 2.3.2018).

 

Die Mitte Juli 2015 in XXXX erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Abkommen und dessen Umsetzung am 16. Jänner 2016 führten zu einer Veränderung der Beziehungen zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft: Die mit dem iranischen Atomprogramm begründeten Sanktionen wurden aufgehoben bzw. ausgesetzt. Seither gibt es einen intensiven Besuchs- und Delegationsaustausch mit dem Iran, zahlreiche neue Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet. Die Erwartung, dass durch den erfolgreichen Abschluss des JCPOA die reformistischen Kräfte in Iran gestärkt werden, wurde in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt: Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz XXXX an das Lager der Reformer. 217 der bisherigen 290 Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher noch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt war die Publikation der Bürgerrechtscharta im Dezember 2016. Die rechtlich nicht bindende Charta beschreibt in 120 Artikeln die Freiheiten, die ein iranischer Bürger haben sollte (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, dass sich die USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückziehen werde, stieß international auf Kritik. Zudem will Trump die in der Folge des Wiener Abkommens von Juli 2015 ausgesetzten Finanz- und Handelssanktionen wiedereinsetzen (Kurier 9.5.2018).

 

Quellen:

 

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

Auch wenn die allgemeine Lage insgesamt als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land. Sie haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 20.6.2018).

 

In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt XXXX , erhöht. Am 7. Juni 2017 ist es nichtsdestotrotz in XXXX zu Anschlägen auf das Parlamentsgebäude und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini gekommen, die Todesopfer und Verletzte forderten (AA 20.6.2018b).

 

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b, vgl. BMeiA 20.6.2018).

 

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK am

6. und 7. September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben (AA 20.6.2018b).

 

Quellen:

 

 

 

 

Verbotene Organisation

 

Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen und Sanktionen führen. Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weitgefasste Straftatbestände (vgl. Art.279 bis 288 IStGB sowie Staatsschutzdelikte insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des IStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden (AA 2.3.2018).

 

Zu den militanten separatistischen Gruppen in Iran zählen insbesondere die kurdisch-marxistische Komalah-Partei, die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK), die aus Belutschistan stammende Jundallah, und die Party for a Free Life in Kurdistan (PJAK), die eng mit ihrer Schwesterorganisation, der PKK, zusammenarbeitet (AA 2.3.2018). KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv. Dies sind politische Gruppierungen, aber vor allem PJAK und Komala erscheinen momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Im FFM-Bericht des Danish Immigration Service erklärt eine Quelle, dass sie noch nie davon gehört hätte, dass eine Person nur aufgrund einer einzigen politischen Aktivität auf niedrigem Niveau, wie z.B. das Verteilen von Flyern angeklagt wurde. Andererseits ist es aber laut einer anderen Quelle schon möglich, dass man inhaftiert wird, wenn man mit politischem Material, oder beim Aufmalen von politischen Slogans an eine Wand erwischt wird. Es kommt darauf an, welche Art von Aktivität die Personen setzen. Andauernde politische Aktivitäten können in einer Anklage enden (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

Volksmudschaheddin (Mudjahedin-e-Khalq - MEK, MKO; People's Mojahedin Organisation of Iran - PMOI; National Council of Resistance of Iran - NCRI)

 

Die militante iranische Exil-Oppositionsbewegung Mujahedin-e Khalq (MEK, oder auch MKO, "iranische Volksmudschahedin") gilt in Iran als Terror-Organisation, die für die Ermordung von 17.000 IranerInnen verantwortlich gemacht wird (ÖB XXXX 9.2017). Es handelt sich um eine linksgerichtete Gruppierung, die in den 1960er Jahren gegründet wurde, um sich gegen den Schah zu stellen. Nach der Islamischen Revolution 1979 wendete sie sich gegen die klerikalen Führer. Die Führung in XXXX macht die Gruppierung für Tausende Morde an iranischen Zivilisten und Beamten verantwortlich. Während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren verlegten die Volksmudschaheddin ihr Camp in den Irak (Global Security o.D., vgl. ACCORD 7.2015). Experten sind sich einig, dass die Volksmudschaheddin die USA beim Eingreifen in den Irak, bei diversen Aktionen im Nahen Osten und beim Kampf gegen den Terrorismus unterstützt haben. Auch bei der Veröffentlichung des iranischen Atomprogramms sollen sie eine wichtige Rolle gespielt haben (DW 28.3.2016). In Bezug auf die Demonstrationen, die Ende 2017/Anfang 2018 in den großen Städten Irans stattfanden, gab der Oberste Führer Khamenei den Großteil der Schuld an den Demonstrationen der MEK und erkannte somit das Ausmaß des Einflusses dieser Gruppierung an (Iran Focus 18.1.2018, vgl. Arab News 22.1.2018). Weiters kritisierte Präsident Rohani den französischen Präsidenten Macron, dass eine terroristische Gruppierung, die gegen das iranische Volk arbeitet und zu Gewalt aufruft, in Frankreich eine Basis hat [der von Maryam Rajavi geführte Nationale Widerstandsrat hat seinen Sitz in Frankreich] (Iran Focus 18.1.2018)

 

Die Entwaffnung der Kämpfer der Volksmudschaheddin im Camp Ashraf und an anderen Orten nahe Bagdad bei der US-Invasion im Irak erfolgte durch die Amerikaner. Die MEK-Führung habe sich von Saddam Hussein distanziert und ihre Opposition gegenüber der islamischen Regierung in XXXX betont. Ab diesem Zeitpunkt habe sich die MEK aus Sicht der Amerikaner neu erfunden. Die MEK-Führung stellt sich selbst als demokratische und populäre Alternative zum islamischen Regime dar und behauptet, über Unterstützung der iranischen Bevölkerungsmehrheit zu verfügen. Diese Behauptung wird von AkademikerInnen und anderen Iran-ExpertInnen bestritten. Im Exil hat die MEK-Führung den Nationalen Widerstandsrat [National Council of Resistance of Iran (NCRI)] gegründet (Guardian 21.9.2012, vgl. ACCORD 9.2013). Die Streichung der MEK von der Liste terroristischer Organisation durch die EU und die Vereinigten Staaten 2012 wurde von iranischer Seite scharf verurteilt. Verbindungen zur MEK gelten als moharebeh (Waffenaufnahme gegen Gott), worauf die Todesstrafe steht (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die MEK konzentriert sich auf das Beeinflussen der öffentlichen Meinung und auf das Sammeln von Informationen zur Situation im Land. Iran führt eine Liste mit ca. 100 MEK-Unterstützern (hauptsächlich Anführern), die nicht nach Iran zurückkehren können, da sich das Interesse der Behörden auf sie richten würde. In Bezug auf die Unterstützung der iranischen Bevölkerung für die MEK gibt es widersprüchliche Informationen. Einerseits gibt es Informationen, die besagen, dass die MEK die größte militante iranische Oppositionsgruppe sei, mit dem Ziel die Islamische Republik zu stürzen, und die iranische Regierung und der Sicherheitsapparat die MEK als die am meisten ernstzunehmende regimekritische Organisation betrachten. Andererseits gibt es Berichte, die der MEK wenig bis gar keine Unterstützung der Bevölkerung zusprechen. Die MEK hat keine große Basis in Iran und auch die Untergrundbewegung ist klein. Nur einige MEK-Aktivisten sind in Iran aufhältig (ACCORD 7.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

PJAK - Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê (Partei für Freiheit und Leben in Kurdistan bzw. Partei für ein freies Leben Kurdistans)

 

Die PJAK begann in den späten 1990er Jahren als friedliche studentische Menschenrechtsorganisation. Es ging den Mitgliedern der Gruppierung anfangs um den Aufbau einer kurdischen Nationalidentität, und man wollte die "Arianisierung" der Kurden durch die Zentralregierung verhindern. 2004 begannen die bewaffneten Angriffe auf die iranische Regierung von den Kandil-Bergen aus, von wo aus die PJAK bis heute operiert. Eben dort hat auch die PKK ihre Basen und die PJAK gilt als iranischer Ableger der PKK. Als Unterschied zur PKK gibt die PJAK selbst an, dass sie sich niemals gegen Zivilisten, sondern immer nur gegen ausschließlich iranische Regierungstruppen wendet bzw. gewandt hat. Die iranische Regierung hat die PJAK auch niemals diesbezüglich beschuldigt. Die PJAK ist die einzige kurdische Partei, die noch immer aktiv für ihre Ziele - z. B. Selbstbestimmung - in Iran kämpft. Angaben über die Stärke der PJAK-Kämpfer sind schwierig. Schätzungen liegen bei ca. 3.000 Kämpfern. Es gibt auch einige Einheiten mit weiblichen Kämpferinnen (BMI 2015, ACCORD 7.2015).

 

Die PJAK liefert sich seit Jahren einen Guerilla-Kampf mit den iranischen Sicherheitsbehörden (AA 2.3.2018). Unter den politisch Verfolgten in Iran sind verhältnismäßig viele Kurden. Auffallend sind die häufigen Verurteilungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen - insbesondere die Unterstützung der als Terrororganisation geltenden PJAK und das oftmals unverhältnismäßig hohe Strafausmaß. Zusammenstöße zwischen Kurden und iranischen Sicherheitskräften, welche insbesondere im zweiten Quartal 2016 zunahmen und, neben hunderten Festnahmen, auch zu Toten und Verletzten führten, nähren Befürchtungen, dass Kurden zukünftig vermehrt Repressalien ausgesetzt sein könnten, nicht zuletzt um Sympathiebekundungen mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden hintanzuhalten. Hier gilt es jedoch anzumerken, dass von kurdischer Seite Gewalttätigkeiten gegen iranische Sicherheitskräfte zunahmen. So bestätigte etwa die Demokratische Partei Kurdistans in Iran im September 2016, dass die Peschmerga, Streitkräfte der Autonomen Region Kurdistan, einen bewaffneten Konflikt mit iranischen Regierungstruppen in den kurdischen Gebieten Irans begonnen hätten. Iran wird weiter mit allen Mitteln aufrührerische Tendenzen unterdrücken wollen (ÖB XXXX 9.2017). Die PJAK erscheint momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Bei der PJAK gibt es zwei Arten von Mitgliedschaft: Professionelle Mitglieder, die unter anderem auch militärisches Training erhalten und Waffen tragen. Diese sind unverheiratet und haben ihr Leben der PJAK gewidmet. Sie werden von der PJAK z.B. in kurdische Dörfer oder Städte entsandt, wo sie versuchen, die Leute zu organisieren und verschiedene Komitees und legale Organisationen zu gründen, um ihre Ideologie zu verbreiten. Professionelle Mitglieder nehmen an militärischen und politischen Aktivitäten der PJAK teil. Als zweite Gruppe werden die semi-professionellen oder lokalen Mitglieder genannt, die ein ganz normales Leben mit ihren Familien führen. Sie nehmen nicht an militärischen Aktivitäten teil, führen aber politische Aktivitäten aus, wie z.B. Flyer verteilen. Um ein semi-professionelles Mitglied zu werden, muss man das Ausbildungsprogramm der Partei durchlaufen. Neben diesen beiden Gruppen gibt es auch noch die Sympathisanten, die selten auch Flyer verteilen oder an Demonstrationen teilnehmen. Diese sind nicht direkt an der Organisation von Demonstrationen beteiligt und haben auch keine Verbindung zur Organisation der Partei. Die Sympathisanten arbeiten unter der Führung der semi-professionellen Mitglieder. Da die PJAK in Iran eine verbotene Organisation ist, müssen sowohl Mitglieder als auch Sympathisanten mit ernstzunehmenden Strafen rechnen, wenn ihre Aktivitäten enthüllt werden (DIS/DRC 30.9.2013).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

Kurdish Democratic Party of Iran (KDPI/PDKI) und Komala(h) (Kurdistan Organization of the Communist Party of Iran, Komala, SKHKI)

 

Neben der PJAK stehen weitere kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die Democratic Party of Iranian Kurdistan (KDPI). Letztere wird von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppe betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpft (AA 9.12.2015, vgl. BMI 2015).

 

Die kurdischen Oppositionspartien, insbesondere die KDPI, sind in Iran nicht sehr stark durch Mitglieder repräsentiert, sondern am ehesten durch Sympathisanten (ACCORD 7.2015). Die KDPI wurde 1945 gegründet und vom Schah im Jahr 1953 verboten und dadurch in den Untergrund verbannt. Die KDPI fordert kurdische Autonomie (TRAC o. D.) innerhalb eines demokratischen Iran (MERIP o.D.). Das Hauptquartier der KDPI, die sich in ihrer Geschichte mehrmals gespalten hat, befindet sich im Irak (MERIP o.D., vgl. ACCORD 7.2015).

 

Komalah (SKHKI) hat ihre Zentrale in der Autonomen Kurdischen Region Irak. Es gibt Parteimitglieder und -sympathisanten. Organisiert ist sie in einzelnen Zellen, die von Mitgliedern geführt werden. Die Mitglieder einer Zelle teilen sich die Arbeit auf, aber nur eine Person nimmt Kontakt zur Zentrale auf. Sympathisanten hören das Parteiradio, schauen Komala TV und beteiligen sich an Aktivitäten, die von Komala empfohlen werden. Die Zellen fungieren als eine Art Schirmorganisation, die eine große Anzahl an Sympathisanten abdecken. Geheime Aktivitäten der Partei in Iran werden von der Einheit "Takesh" durchgeführt. Komala erlaubt ihren Mitgliedern in Iran nicht, sich in größeren Gruppen als zwei oder drei Personen zu treffen (DIS/DRC 30.9.2013). Die Komala ist in Iran verboten (BMI 2015). Die Komala erscheint momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsschutz / Justizwesen

 

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in welcher versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB XXXX 9.2017).

 

Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Er ist laut Art.157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz des formalen Verbots, in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association"; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen insbesondere in politischen Verfahren ausgesetzt (AA 2.3.2018).

 

Obwohl das Beschwerderecht garantiert ist, ist es in der Praxis eingeschränkt, insbesondere bei Fällen, die die nationale Sicherheit oder Drogenvergehen betreffen (BTI 2018).

 

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 20.4.2018). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die unter Anwendung von Folter gemacht wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 18.1.2018). Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie das Recht auf einen Rechtsbeistand unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft (AI 22.2.2018, vgl. HRW 18.1.2018).

 

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung Irans steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß den Art. 167 und 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden (AA 9.12.2015, vgl. US DOS 15.8.2017).

 

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015, vgl. BTI 2018).

 

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

 

 

 

 

 

 

 

Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten (AI 22.2.2018).

 

Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe sind nach wie vor auf der Tagesordnung (ÖB XXXX 9.2017). Das iranische Strafrecht ist islamisch geprägt. Zudem existieren einige strafrechtliche Nebengesetze, darunter das Betäubungsmittelgesetz sowie das Antikorruptionsgesetz. Die statuierten Straftatbestände und Rechtsfolgen enthalten zum Teil unbestimmte Formulierungen. Den Kern des "Scharia-Strafrechts", also des islamischen Strafrechts mit seinen z.T. erniedrigenden Strafen wie Auspeitschung, Verstümmelung, Steinigung, sowie der Todesstrafe bilden die Abschnitte zu den Qesas-und Hudud-Delikten:

 

* "Hudud" (Verstoß gegen das Recht Gottes) enthält Straftatbestände, die im Koran und in der Sunna genauer beschrieben sind, wie z.B. Diebstahl, Raub, Alkoholgenuss, Sexualstraftaten inkl. Homosexualität und Unzucht, sowie Verbrechen gegen Gott. Zu all diesen Tatbeständen enthält das Gesetz detaillierte Beweisregelungen, nach denen der Täter jeweils nur bei Geständnis oder ihn belastenden Aussagen mehrerer Zeugen verurteilt werden soll.

 

* "Qesas"(Vergeltung) ist gekennzeichnet durch das Prinzip der körperlichen Vergeltung für die Tatbestände Mord und Körperverletzung mit Folge des Verlustes von Gliedmaßen. Hierbei können Geschädigte oder deren Familie selbst bestimmen, ob sie auf Vergeltung bestehen oder sich mit einer Schadensersatzzahlung zufrieden geben ("Diyeh" oder "Dyat", sog. Blutgeld; Minimalsatz rund 31.500 €). Für die in Art. 13 der Verfassung genannten religiösen Minderheiten ist Blutgeld in gleicher Höhe zu zahlen wie für die Tötung von Muslimen (AA 9.12.2015).

 

Die "Taazirat"-Vorschriften (vom Richter verhängte Strafen), Strafnormen, die nicht auf religiösen Quellen beruhen, bezwecken in erster Linie den Schutz des Staates und seiner Institutionen. Während für Hudud- und Qesas-Straftaten das Strafmaß vorgeschrieben ist, hat der Richter bei Taazirat-Vorschriften einen gewissen Ermessensspielraum (AA 9.12.2015).

 

Entgegen anfänglicher Erwartungen ist in der Strafrechtsnovelle die Steinigung als Bestrafung für Ehebruch noch immer vorgesehen, auch wenn der Richter auf eine andere Form der Hinrichtung ausweichen kann. Darüber hinaus wurden alternative Maßnahmen für Kinder im Alter von 9 bis 15 implementiert, wie zum Beispiel Besuche beim Psychologen oder die Unterbringung in einer Besserungsanstalt, Auch nach neuem Strafrecht ist die Verhängung der Todesstrafe für Minderjährige möglich, wobei im Einzelfall auch die mangelnde Reife des Täters festgestellt und stattdessen eine Haft- oder Geldstrafen verhängt werden kann (AA 9.12.2015).

 

Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da diese sich durch scheinbare Willkür auszeichnet. Rechtlich möglich wird dies vorrangig durch unbestimmte Formulierungen von Straftatbeständen und Rechtsfolgen sowie eine uneinheitliche Aufsicht der Justiz über die Gerichte. Auch willkürliche Verhaftungen kommen vor und führen dazu, dass Häftlinge ohne ein anhängiges Strafverfahren festgehalten werden. Wohl häufigster Anknüpfungspunkt für Diskriminierung im Bereich der Strafverfolgung ist die politische Überzeugung. Beschuldigten bzw. Angeklagten werden grundlegende Rechte vorenthalten, die auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge werden bei Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten. Oft erhalten Gefangene während der laufenden Ermittlungen keinen rechtlichen Beistand, weil ihnen dieses Recht verwehrt wird oder ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Insbesondere bei politisch motivierten Verfahren gegen Oppositionelle erheben Gerichte oft Anklage aufgrund konstruierter oder vorgeschobener Straftaten. Die Strafen sind in Bezug auf die vorgeworfene Tat zum Teil unverhältnismäßig hoch. Hinsichtlich der Ausübung von Sippenhaft liegen gegensätzliche Informationen vor, sodass eine belastbare Aussage nicht möglich ist (AA 2.3.2018).

 

Im Frühling 2016 wurde ein Gesetz zu politischen Verbrechen erlassen, welches zwar eine Sonderbehandlung für politische Häftlinge einführt (eigene Gefängnisse, keine Gefängniskleidung), den Begriff "politisches Vergehen" aber sehr offen definiert, weshalb weiter willkürliche Verfolgung zu befürchten ist. Statistiken zur Zahl der politischen Gefangenen sind nicht verfügbar. Es wird aber von mehr als 1.000 politischen Gefangenen ausgegangen, wobei diese Zahl auch Menschen, die wegen ihrer religiösen Überzeugung festgehalten werden, beinhaltet (ÖB XXXX 9.2017).

 

Hafterlass ist nach Ableistung der Hälfte der Strafe möglich. Amnestien werden unregelmäßig vom Revolutionsführer auf Vorschlag des Chefs der Justiz im Zusammenhang mit hohen religiösen Feiertagen und dem iranischen Neujahrsfest am 21. März ausgesprochen. Bei Vergeltungsstrafen können die Angehörigen der Opfer gegen Zahlung eines Blutgeldes auf den Vollzug der Strafe verzichten. Unter der Präsidentschaft Rohanis hat die Zahl der Aussetzung der hohen Strafen bis hin zur Todesstrafe wegen des Verzichts der Angehörigen auf den Vollzug der Strafe stark zugenommen (AA 2.3.2018).

 

Rechtsschutz ist oft nur eingeschränkt möglich. Anwälte, die politische Fälle übernehmen, werden systematisch eingeschüchtert oder an der Übernahme der Mandate gehindert. Der Zugang von Verteidigern zu staatlichem Beweismaterial wird häufig eingeschränkt oder verwehrt. Die Unschuldsvermutung wird mitunter - insbesondere bei politisch aufgeladenen Verfahren - nicht beachtet. Zeugen werden durch Drohungen zu belastenden Aussagen gezwungen. Es gibt zahlreiche Berichte über durch Folter und psychischen Druck erzwungene Geständnisse. Insbesondere Isolationshaft wird genutzt, um politische Gefangene und Journalisten psychisch unter Druck zu setzen. Gegen Kautionszahlungen können Familienmitglieder die Isolationshaft in einzelnen Fällen verhindern oder verkürzen (AA 2.3.2018).

 

Es gibt verfahrensrechtliche Bestimmungen, die den Richtern die Anweisung geben, islamische Quellen und Fatwas zu kontaktieren, wenn es keinen Gesetzestext zum Vorfall gibt (DIS 6.2014).

 

Quellen:

 

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Diverse Behörden teilen sich die Verantwortung für die innere Sicherheit; etwa das Informationsministerium, die Ordnungskräfte des Innenministeriums und die Revolutionsgarden welche direkt dem Obersten Führer Khamenei berichten. Die Basij-Kräfte, eine freiwillige paramilitärische Gruppierung mit lokalen Niederlassungen in Städten und Dörfern, sind zum Teil als Hilfseinheiten zum Gesetzesvollzug innerhalb der Revolutionsgarden tätig. Basij Einheiten sind oft bei der Unterdrückung von politischen Oppositionellen oder bei der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert (US DOS 20.4.2018). Die Polizei unterteilt sich in Kriminalpolizei, Polizei für Sicherheit und öffentliche Ordnung (Sittenpolizei), Internetpolizei, Drogenpolizei, Grenzschutzpolizei, Küstenwache, Militärpolizei, Luftfahrtpolizei, eine Polizeispezialtruppe zur Terrorbekämpfung und Verkehrspolizei. Die Polizei hat auch einen eigenen Geheimdienst. Eine Sonderrolle nehmen die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasdaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) ein, deren Auftrag formell der Schutz der Islamischen Revolution ist. Als Parallelarmee zu den regulären Streitkräften durch den Staatsgründer Khomeini aufgebaut, haben sie neben ihrer herausragenden Bedeutung im Sicherheitsapparat im Laufe der Zeit Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt und sich zu einem Staat im Staate entwickelt. Militärisch kommt ihnen eine höhere Bedeutung als dem regulären Militär zu. Sie verfügen über eigene Gefängnisse und eigene Geheimdienste sowie engste Verbindungen zum Revolutionsführer. Das Ministerium für Information ist als Geheimdienst (Vezarat-e Etela'at) mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, Gegenspionage und der Beobachtung religiöser und illegaler politischer Gruppen beauftragt. Aufgeteilt ist dieser in den Inlandsgeheimdienst, Auslandsgeheimdienst, Technischen Aufklärungsdienst und eine eigene Universität. Dabei kommt dem Inlandsgeheimdienst die bedeutendste Rolle bei der Bekämpfung der politischen Opposition zu. Der Geheimdienst tritt bei seinen Maßnahmen zur Bekämpfung der politischen Opposition nicht als solcher auf, sondern bedient sich überwiegend der Sicherheitskräfte und der Justiz. Das reguläre Militär (Artesh) erfüllt im Wesentlichen Aufgaben der Landesverteidigung und Gebäudesicherung. Neben dem "Hohen Rat für den Cyberspace" beschäftigt sich die iranische Cyberpolice mit Internetkriminalität mit Fokus auf Wirtschaftskriminalität, Betrugsfällen und Verletzungen der Privatsphäre im Internet sowie der Beobachtung von Aktivitäten in sozialen Netzwerken und sonstigen politisch relevanten Äußerungen im Internet. Sie steht auf der EU-Menschenrechtssanktionsliste (AA 2.3.2018).

 

Der Oberste Rechtsgelehrte hat höchste Autorität unter allen Sicherheitsorganisationen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem innerhalb des Sicherheitsapparates. Menschenrechtsgruppen beschuldigen reguläre und paramilitärische Sicherheitskräfte (wie zum Beispiel die Basij), zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Es gibt keinen transparenten Mechanismus, um Missbräuche der Sicherheitskräfte zu untersuchen oder zu bestrafen. Es gibt nur wenige Berichte, dass die Regierung Täter diszipliniert. Eine nennenswerte Ausnahme stellt der Fall des früheren XXXX Staatsanwaltes dar, der im November 2017 für seine mutmaßliche Verantwortung für Folter und Todesfälle unter Demonstranten im Jahr 2009 zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde (US DOS 20.4.2018).

 

Die Regierung hat volle Kontrolle über die Sicherheitskräfte und über den größten Teil des Landes, mit Ausnahme einiger Grenzgebiete. Irans Polizei ist traditionellerweise verantwortlich für die innere Sicherheit und im Falle von Protesten oder Aufständen. Sie wird von den Revolutionsgarden (IRGC) und den Basij Milizen unterstützt. Im Zuge der steigenden inneren Herausforderungen verlagerte das herrschende System die Verantwortung für die innere Sicherheit immer mehr zu den IRGC. Die Polizeikräfte arbeiten ineffizient. Getrieben von religiösen Ansichten und Korruption, geht die Polizei gemeinsam mit den Kräften der Basij und der Revolutionsgarden rasch gegen soziale und politische Proteste vor, sind aber weniger eifrig, wenn es darum geht, die Bürger vor kriminellen Aktivitäten zu schützen (BTI 2018).

 

Mit willkürlichen Verhaftungen kann und muss jederzeit gerechnet werden, da vor allem die Basijis nicht nach iranisch-rechtsstaatlichen Standards handeln. Auch Verhaltensweisen, die an sich (noch) legal sind, können das Misstrauen der Basijis hervorrufen. Basijis sind ausschließlich gegenüber dem Obersten Führer loyal und haben oft keinerlei reguläre polizeiliche Ausbildung, die sie mit rechtlichen Grundprinzipien polizeilichen Handelns vertraut gemacht hätten. Basijis haben Stützpunkte u.a. in Schulen, wodurch die permanente Kontrolle der iranischen Jugend gewährleistet ist. Schätzungen über die Zahl der Basijis gehen weit auseinander. Viele Schätzungen nehmen an, dass heute mehrere Millionen Basijis in Iran tätig sind. Bereits auffälliges Hören von (insb. westlicher) Musik, die Äußerung der eigenen Meinung zum Islam oder gemeinsame Autofahrten junger nicht miteinander verheirateter Männer und Frauen kann den Unwillen zufällig anwesender Basijis bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Willkürliche Verhaftungen oder Verprügeln durch Basijis können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden. Zu Verhaftungen kommt es immer wieder auch, wenn (junge) Menschen gemischtgeschlechtliche Partys feiern oder sie sich nicht an die Bekleidungsvorschriften halten. Manchmal kann bei Frauen schon ein zu kurzer/enger Mantel oder das Hervortreten von Haarsträhnen unter dem Kopftuch, bei Männern zu eng anliegende Jeans, das Tragen von Goldschmuck oder ein außergewöhnlicher Haarschnitt für eine Verhaftung reichen (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die Revolutionsgarden sind eng mit der iranischen Wirtschaft verbunden (FH 1.2018). Die Elitetruppe der Islamischen Republik betreibt den Imam Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt und verfügt damit allein durch Start- und Landegebühren über ein äußerst lukratives Geschäft. Auch an den anderen Flug- und Seehäfen im Land kontrollieren die Truppen der 'Sepah Pasdaran' Irans Grenzen. Sie entscheiden, welche Waren ins Land gelassen werden und welche nicht. Sie zahlen weder Zoll noch Steuern. Sie verfügen über Land-, See- und Luftstreitkräfte, kontrollieren Irans strategisches Waffenarsenal und werden auf eine Truppenstärke von mehr als 120.000 geschätzt. Außerdem sind die Revolutionswächter ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das Augenkliniken betreibt, Kraftfahrzeuge, Autobahnen, Eisenbahnstrecken und sogar U-Bahnen baut. Sie sind eng mit der Öl- und Gaswirtschaft des Landes verflochten, bauen Staudämme und sind im Bergbau aktiv (DW 18.2.2016). Heute gehören Khamenei und den Revolutionsgarden rund 80% der iranischen Wirtschaft. Sie besitzen außer den größten Baufirmen auch Fluggesellschaften, Minen, Versicherungen, Banken, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Fußballklubs und Hotels. Für die gesammelten Auslandsaktivitäten gibt das Regime Milliarden aus (Menawatch 10.1.2018).

 

Längst ist aus den Revolutionsgarden ein bedeutender Machtfaktor geworden - gesellschaftlich, wirtschaftlich, militärisch und politisch. Sehr zum Leidwesen von Hassan Rohani. Der wiedergewählte Präsident versucht zwar, die Garden und ihre Chefebene in die Schranken zu weisen. Es gelingt ihm nur kaum. Die paramilitärischen Einheiten schalten und walten nach wie vor je nach Belieben. Nicht nur in Iran, sondern in der Region. Es gibt nur wenige Konflikte, an denen sie nicht beteiligt sind. Libanon, Irak, Syrien, Jemen - überall mischen die Revolutionsgarden mit und versuchen, die islamische Revolution zu exportieren. Ihre Al-Quds-Brigaden sind als Kommandoeinheit speziell für Einsätze im Ausland trainiert (Tagesspiegel 8.6.2017, vgl. BTI 2018).

 

Berichten zufolge, versucht die Regierung die wirtschaftliche Dominanz der Revolutionsgarden (IRGC), die zu Korruption führte, einzudämmen. Es sollen zumindest ein Dutzend Mitglieder der IRGC und den IRGC nahestehende Geschäftsleute inhaftiert worden sein, und andere sollen gezwungen worden sein, Einkünfte aus verdächtigen Geschäftsvereinbarungen zurückzuzahlen (FH 1.2018).

 

In Bezug auf die Überwachung der Bevölkerung ist zu sagen, dass nicht bekannt ist, wie groß die Kapazität der iranischen Behörden ist, jeden zu überwachen. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 24.4.2018

 

 

 

 

 

Folter und unmenschliche Behandlung

 

Folter ist nach Art. 38 der iranischen Verfassung verboten. Verschiedenen Berichten zufolge schließen Verhörmethoden und Haftbedingungen in Iran in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung nicht aus. Dazu kommt es vorrangig in nichtregistrierten Gefängnissen, aber auch aus "offiziellen" Gefängnissen wird von derartigen Praktiken berichtet, insbesondere dem berüchtigten Trakt 209 im XXXX Evin-Gefängnis, welcher unmittelbar dem Geheimdienstministerium untersteht (AA 2.3.2018).

 

Die Justizbehörden verhängten und vollstreckten auch 2017 weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkamen. In einigen Fällen wurden die Strafen öffentlich vollstreckt. Zahlreiche Personen, unter ihnen auch Minderjährige, erhielten Strafen von bis zu 100 Peitschenhieben. Sie wurden wegen Diebstahls oder tätlichen Angriffen verurteilt, aber auch wegen Taten, die laut Völkerrecht nicht strafbar sind, wie z. B. außereheliche Beziehungen, Anwesenheit bei Feiern, an denen sowohl Männer als auch Frauen teilnehmen, Essen in der Öffentlichkeit während des Fastenmonats Ramadan oder Teilnahme an friedlichen Protestkundgebungen. Gerichte verhängten in zahlreichen Fällen Amputationsstrafen, die vom Obersten Gerichtshof bestätigt wurden. Die Behörden vollstreckten auch erniedrigende Strafen (AI 22.2.2018).

 

Bei Delikten, die im krassen Widerspruch zu islamischen Grundsätzen stehen, können jederzeit Körperstrafen ausgesprochen und auch exekutiert werden. Bereits der Besitz geringer Mengen von Alkohol kann zur Verurteilung zu Peitschenhieben führen (eine zweistellige Zahl an Peitschenhieben ist dabei durchaus realistisch). Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Personen zu Peitschenhieben verurteilt werden, die selbst Alkohol weder besessen noch konsumiert haben, u.U. ist bereits die bloße Anwesenheit bei einer Veranstaltung, bei der Alkohol konsumiert wird, für die Betroffenen gefährlich. So wurden etwa im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt. Die häufigsten Fälle, für welche die Strafe der Auspeitschung durchgeführt wird, sind illegitime Beziehungen, außerehelicher Geschlechtsverkehr, Teilnahme an gemischtgeschlechtlichen Veranstaltungen, Drogendelikte und Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit. Auspeitschungen werden zum Teil auch öffentlich vollstreckt. Berichten zufolge werden auch die Strafen der Amputation (z.B. von Fingern bei Diebstahl) und der Blendung noch angewandt - auf die Anwendung letzterer kann die/der ursprünglich Verletzte jedoch gegen Erhalt eines "Abstandsgeldes" verzichten (ÖB XXXX 9.2017).

 

Darüber hinaus gibt es Berichte, wonach politische Gefangene mit Elektroschocks gefoltert werden. Weitere berichtete Foltermethoden sind Verprügeln, Schlagen auf Fußsohlen und andere Körperteile, manchmal während die Häftlinge mit dem Kopf nach unten an der Decke aufgehängt waren, Verbrennungen mit Zigaretten und heißen Metallgegenständen, Scheinhinrichtungen (davon wissen praktisch alle politischen Gefangene aus eigener Erfahrung zu berichten), Vergewaltigungen - teilweise durch Mitgefangene - die Androhung von Vergewaltigung, Einzelhaft, Entzug von Licht, Nahrung und Wasser, und die Verweigerung medizinischer Behandlung (ÖB XXXX 9.2017, vgl. HRC 5.3.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

Korruption

 

Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Bereich vor, aber die Regierung implementiert dieses Gesetz willkürlich, und so bleibt Korruption ein ernstes und allgegenwärtiges Problem in allen Bereichen des Beamtenapparates. Die meisten Beamten betätigten sich weiterhin korrupt und können mit Straffreiheit rechnen. Religiöse Wohltätigkeitsorganisationen, sogenannte "bonyads", leisten zwischen einem Viertel und einem Drittel der wirtschaftlichen Leistung des Landes. Bonyads erhalten Begünstigungen durch die Regierung, ihr Finanzgebaren wird jedoch nicht kontrolliert. Oppositionspolitiker und internationale Organisationen bezichtigen diese bonyads regelmäßig der Korruption. Geleitet werden diese steuerbefreiten Organisationen von Personen, die der Regierung nahe stehen, wie z.B. Angehörige des Militärs oder der Geistlichkeit. Zahlreiche Firmen, die in Verbindung mit den Revolutionsgarden stehen, betätigen sich teils rechtswidrig in Handel und Gewerbe, einschließlich der Bereiche Telekommunikation, Bergbau und Bauwesen. Andere Unternehmen der Revolutionsgarden betätigen sich im Schmuggel von Medikamenten, Drogen und Rohstoffen. Von allen Regierungsmitgliedern (einschließlich Mitglieder des Minister-, Wächter- und Schlichtungsrats und der Expertenversammlung) wird ein jährlicher Bericht über die Vermögenslage verlangt. Es gibt keine Information, ob diese Personen sich an die Gesetze halten (US DOS 20.4.2018, vgl. FH 1.2018). Auch das Justizwesen ist nicht frei von Korruption; nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit (AA 2.3.2018).

 

Transparency International führt Iran in seinem Korruptionsindex von 2017 auf Platz 130 (2016: 131) von 180 untersuchten Ländern (TI 21.2.2018, vgl. GIZ 3.2018b). Es konnte sich in Iran kaum eine eigenständige Wirtschaft entwickeln, dieses Problem wird durch die weit verbreitete Korruption noch verschärft (GIZ 3.2018b).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

 

Eine aktive, öffentliche Menschenrechtsarbeit ist in Iran nicht möglich. Alle Menschenrechtsorganisationen bedürfen einer staatlichen Genehmigung und unterliegen damit staatlicher Kontrolle (AA 2.3.2018). Auf Anfragen und Berichte reagierten Behörden mit Schikanen, Inhaftierungen und Überwachungen. Unabhängige Menschenrechtsgruppen sehen sich weiterhin Belästigungen aufgrund ihrer Tätigkeiten und möglichen Schließungen, aufgrund anhaltender und oft willkürlicher Verzögerungen bei der offiziellen Registrierung gegenüber (US DOS 20.4.2018).

 

In Iran sind kaum mehr prominente Menschenrechtsverteidiger oder NGOs aktiv. Das Innenministerium warnt vor Kontakten zum Ausland; Kritik an der Islamischen Republik wird hart verfolgt, etwa durch Straftatbestände wie "Propaganda gegen das Regime" oder "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit". Ehemals aktive iranische Menschenrechtsaktivisten sitzen in ihrer überwiegenden Mehrheit entweder in Haft oder halten sich in Europa oder Nordamerika auf. Entsprechende Zahlen sind mangels offizieller Angaben nicht vorhanden. Zusätzlich haben NGOs große Schwierigkeiten, finanzielle Quellen zu erschließen. Insbesondere der Zugang zu ausländischen Geldern bleibt verschlossen, da beim Rückgriff auf diese Gelder Gerichtsverfahren wegen Spionage, Kontakt zur Auslandsopposition oder ähnliche Vorwürfe drohen (AA 2.3.2018).

 

Menschenrechtsorganisationen sind in Iran nur vereinzelt vorhanden, da sie unter enormem Druck stehen. Es gibt auch immer wieder Bestrebungen, die Gesetzgebung für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) weiter zu verschärfen. Regelmäßig gibt es Beispiele dafür, dass Organisationen, die sich im weitesten Sinne für Menschenrechte einsetzen, unter großen Druck geraten. Andererseits können manche NGOs, etwa in den Bereichen Drogenbekämpfung oder Flüchtlingsbetreuung laut eigenen Angaben ungehindert arbeiten. In anderen Bereichen, etwa LGBT-Rechte, müssen NGOs ohne Registrierung und unter der Gefahr der Verfolgung arbeiten. Besonders unter Druck stehen Mitglieder bzw. Gründer von Menschenrechtsorganisationen (zumeist Strafverteidiger bzw. Menschenrechtsanwälte), wie etwa des "Defenders of Human Rights Center", deren Gründungsmitglieder nahezu allesamt wegen ihrer Tätigkeit hohe Haftstrafen verbüßen. Zum Teil wurden auch Körperstrafen sowie Berufs- und Reiseverbote über sie verhängt. Es ist davon auszugehen, dass sie in Haftanstalten physischer und schwerer psychischer Folter ausgesetzt sind. Oft werden auch Familienmitglieder und Freunde von Strafverteidigern unter Druck gesetzt (verhört oder verhaftet) (ÖB XXXX 9.2017).

 

NGOs, die sich mit nicht-politischen Themen, wie z.B. Armut und Umwelt, beschäftigen, können relativ frei von Restriktionen arbeiten. Andere Gruppierungen, vor allem solche, die im Bereich Menschenrechtsverletzungen arbeiten, werden unterdrückt (FH 1.2018). Zahlreiche friedliche Regierungskritiker wurden aufgrund von vage formulierten Anklagen, die sich auf die nationale Sicherheit bezogen, inhaftiert. Betroffen waren Oppositionelle, Journalisten, Blogger, Studierende, Filmemacher, Musiker, Schriftsteller, Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtlerinnen und Aktivisten, die sich für die Rechte ethnischer und religiöser Minderheiten einsetzten. Im Visier standen außerdem Umweltschützer, Gewerkschafter, Gegner der Todesstrafe, Rechtsanwälte sowie Aktivisten, die Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für Massenhinrichtungen und das Verschwindenlassen von Menschen in den 1980er Jahren forderten (AI 22.2.2018). Die Tätigkeit als Frauen- und Menschenrechtsaktivist wird regelmäßig strafrechtlich verfolgt (Vorwurf der Propaganda gegen das Regime o.ä.) und hat oft die Verurteilung zu Haft- oder auch Körperstrafen zur Folge (ÖB XXXX 9.2017).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

Wehrdienst und Rekrutierungen

 

Die Länge des verpflichtenden Wehrdienstes ist von den individuellen Verhältnissen abhängig und beträgt 18 bis 24 Monate. Aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen können Wehrpflichtige ausgemustert werden. Ein Freikauf vom Wehrdienst ist möglich: 2.500 Euro für Schulabgänger ohne Matura, 5.000 Euro für Maturanten. Studenten können, wenn sie im Ausland studieren möchten, unter Hinterlegung einer Kaution, gestaffelt nach Bachelor, Master oder Promotion (7.500, 10.000 bzw. 12.500 Euro) freigestellt werden. Die Wehrdienstzeit wird bei verheirateten Iranern pro Kind um drei Monate verkürzt und bei Freikauf von der Wehrpflicht ein Nachlass i. H.v. 5% bzw. weiteren 5% pro Kind gewährt. Religionsführer Khamenei hat die Jahrgänge bis einschließlich 1975, die bislang keinen Wehrdienst geleistet hatten, freigestellt (AA 2.3.2018).

 

Es gibt keinen Wehrersatzdienst. In besonderen Fällen, etwa Sportler oder bei guten Beziehungen zu relevanten Stellen, kann nach einer 60-tägigen Grundausbildung jedoch eine Art "Ersatzdienst" für weitere 22 Monate u.a. in Ministerien oder bei Sportverbänden absolviert werden. Wehrdienstpflichtige, d.h. männliche Staatsangehörige über 18 Jahren, die nicht etwa aufgrund eines Studiums vorübergehend von der Wehrdienstpflicht befreit sind, dürfen mit wenigen Ausnahmen vor Ableistung ihres Wehrdienstes das Land nicht verlassen (d.h. sie erhalten erst danach einen Reisepass). Angehörige der Streitkräfte und der Polizei dürfen das Land nur mit Zustimmung ihres Dienstes verlassen. Es gibt einige Möglichkeiten, nur einen kürzeren Wehrdienst abzuleisten, etwa für Iraner, deren Väter bereits im Irak-Iran-Krieg gekämpft haben. Die Zustände beim iranischen Militär sind in der Regel wesentlich härter als in europäischen Streitkräften (berichtet wird regelmäßig über unzureichende Verpflegung, unzureichende Ausrüstung, drakonische Strafen etc.) (ÖB XXXX 9.2017).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

Wehrdienstverweigerung / Desertion

 

Die Strafen bei Nichtmeldung variieren abhängig von der Frage, ob sich das Land im Kriegszustand befindet oder nicht. Personen, die sich zu spät melden, sind verpflichtet, zusätzlich drei Monate Wehrdienst zu verüben. Wehrpflichtige, die sich zu spät oder gar nicht melden und aufgegriffen werden, erhalten nach Ableistung des Wehrdienstes die Bescheinigung über die Ableistung des Wehrdienstes teilweise mit erheblicher Verspätung (AA 2.3.2018).

 

Junge Männer ab 18 Jahren, die zum Wehrdienst einberufen wurden und sich nach der Einberufung nicht bei den Behörden melden, werden als Wehrdienstverweigerer betrachtet. In Iran gibt es keinen Wehrersatzdienst, und eine Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird nicht anerkannt. Die Verweigerung bzw. Umgehung des Wehrdienstes ist strafbar. Entzieht sich eine Person in Friedenszeiten für bis zu drei Monate (bzw. 15 Tage in Kriegszeiten) dem Wehrdienst, wird die Dauer des verpflichtenden Wehrdienstes um drei Monate verlängert. Entzieht sich jemand in Friedenszeiten länger als drei Monate (bzw. in Kriegszeiten länger als 15 Tage) dem Wehrdienst, so wird die Dauer des Wehrdienstes um sechs Monate verlängert. Bei noch längerer Wehrdienstentziehung (ein Jahr in Friedenszeiten bzw. zwei Monate in Kriegszeiten) droht außerdem ein Strafverfahren vor einem Militärgericht. Weiters müssen Wehrdienstverweigerer mit dem Entzug sozialer und bürgerlicher Rechte wie etwa dem Recht auf Arbeit, auf Bildung oder auf Gründung eines eigenen Unternehmens rechnen. Im Fall, dass sich die betreffende Person freiwillig doch noch zum Wehrdienst meldet, wird die Dauer des Wehrdienstes als Strafe um drei Monate verlängert. Bei Personen, die wegen Wehrdienstentziehung verhaftet werden, verlängert sich der Wehrdienst um sechs Monate. Im Fall einer Desertion hängt das Strafmaß von dem Umständen ab, unter denen die Desertion erfolgt ist, etwa davon, ob diese zu Friedens- oder Kriegszeiten, während des Dienstes oder im Urlaub begangen worden ist bzw. bei welcher Art von Tätigkeit bzw. Mission es zur Desertion gekommen ist. Weiters ist relevant, ob die betreffende Person mit oder ohne Waffen, Munition und Kriegsgerät desertiert ist, und ob der Fall unter die Kompetenz der Militärgerichte (in Friedenszeiten) oder eines militärischen Standgerichts (in Kriegszeiten) fällt (ACCORD 7.2015).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Zu den größten menschenrechtlichen Problemen gehören die hohe Anzahl an Exekutionen, Folter, harsche und lebensbedrohliche Haftbedingungen, willkürliche Verhaftungen, politische Gefangene, widerrechtliche Einmischung in die Privatsphäre, schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Internet-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit. Weiters Frauen- und LGBTI-Rechte und eingeschränkte politische Partizipation, sowie Korruption. Es gab nur wenige Unternehmungen seitens der Regierung, diese Probleme zu untersuchen, gerichtlich zu verfolgen und zu bestrafen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem in Iran (US DOS 20.4.2018). Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weit gefasste Straftatbestände (vgl. Art. 279 bis 288 iStGB sowie Staatsschutzdelikte insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des iStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden (AA 8.12.2016). Besonders unter Druck stehen Mitglieder bzw. Gründer von Menschenrechtsorganisationen (zumeist Strafverteidiger bzw. Menschenrechtsanwälte), wie etwa des "Defenders of Human Rights Center", deren Gründungsmitglieder nahezu allesamt wegen ihrer Tätigkeit hohe Haftstrafen verbüßen. Zum Teil wurden auch Körperstrafen sowie Berufs- und Reiseverbote über sie verhängt. Es ist davon auszugehen, dass sie in Haftanstalten physischer und schwerer psychischer Folter ausgesetzt sind. Oft werden auch Familienmitglieder und Freunde von Strafverteidigern unter Druck gesetzt (verhört oder verhaftet). Die Tätigkeit als Frauen- und Menschenrechtsaktivist wird regelmäßig strafrechtlich verfolgt (Vorwurf der Propaganda gegen das Regime o.ä.) und hat oft die Verurteilung zu Haft- oder auch Körperstrafen zur Folge (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit waren 2017 weiterhin stark eingeschränkt. Die Behörden inhaftierten zahlreiche Personen, die friedlich Kritik geäußert hatten. Die Gerichtsverfahren waren in aller Regel unfair. Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen waren noch immer an der Tagesordnung und blieben straflos. Es wurden weiterhin Auspeitschungen, Amputationen und andere grausame Körperstrafen vollstreckt. Die Behörden billigten, dass Menschen wegen ihres Geschlechts, ihres Glaubens, ihrer politischen Überzeugung, ethnischen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder einer Behinderung in starkem Maße diskriminiert und Opfer von Gewalt wurden. Hunderte Menschen wurden hingerichtet, einige von ihnen in der Öffentlichkeit. Tausende saßen weiterhin in den Todeszellen, darunter Personen, die zur Tatzeit noch minderjährig waren. Ende Dezember 2017 gingen Tausende Menschen auf die Straße, um gegen Armut, Korruption und politische Unterdrückung zu protestieren. Es waren die größten Kundgebungen gegen die iranische Führung seit 2009 (AI 22.2.2018). Vereinzelt wurden auch Rufe nach einem Ende der Islamischen Republik laut. Einige Personen wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitsbehörden getötet und hunderte wurden inhaftiert (FH 1.2018). Laut dem rezenten Bericht der UN-Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtssituation in Iran wurden bei den Protesten 22 Personen getötet, die Polizei bestätigte mindestens 1.000 Verhaftungen landesweit, ein Mitglied des Parlamentes sprach von 3.700 Verhafteten. Angeblich wurde eine große Anzahl an Studenten, die nicht an den Demonstrationen teilnahmen, präventiv in Haft genommen (HRC 5.3.2018).

 

Im März 2017 verlängerte der UN-Menschenrechtsrat das Mandat der UN-Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtssituation in Iran. Die iranische Regierung verweigerte sowohl der Sonderberichterstatterin als auch anderen UN-Experten weiterhin die Einreise. Im Mai wurde Präsident Hassan Rohani für eine zweite Amtszeit gewählt. Der Wahl ging ein Zulassungsprozess voraus, der von Diskriminierung geprägt war: Der Wächterrat schloss Hunderte Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihres Glaubens oder ihrer politischen Überzeugung von einer Kandidatur aus. Dass Personen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sein sollen, zu Ministern ernannt wurden, stieß in der Öffentlichkeit auf Kritik. Die EU und die iranische Regierung berieten über eine Wiederaufnahme des Menschenrechtsdialogs. Gleichzeitig verbüßten mehrere iranische Menschenrechtsverteidiger Gefängnisstrafen, weil sie Kontakt zu Vertretern der EU und der UN hatten. Die Regierungen Australiens, Schwedens, der Schweiz und weiterer Länder nahmen bilaterale Gespräche mit Iran über Menschenrechte auf (AI 22.2.2018).

 

Gegen Journalisten, Online-Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger wird weiterhin vorgegangen, ohne Rücksicht auf nationale und internationale rechtliche Standards (HRW 18.1.2018).

 

Wie schon 2013 versprach Rohani auch im Wahlkampf 2017, die Bürgerrechte und die Meinungsfreiheit zu stärken. In seiner ersten Amtszeit von 2013-17 konnte die Regierung den Erwartungen nach einer Liberalisierung im Innern allerdings nicht gerecht werden. Die Menschenrechtslage in Iran bleibt vier Jahre nach Amtsantritt einer gemäßigten Regierung trotz gradueller Verbesserungen im Bereich der Kunst- und Pressefreiheit nahezu unverändert kritisch. Regimegegner sowie religiöse und ethnische Minderheiten sind nach wie vor regelmäßig Opfer staatlicher Repressionen. Beunruhigend ist die außerordentlich hohe Anzahl an Hinrichtungen (AA 6 .2017a).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

Meinungs- und Pressefreiheit

 

Die iranische Verfassung garantiert zwar Meinungs- und Medienfreiheit, aber nur insoweit Aussagen nicht "schädlich" für die grundlegenden Prinzipien des Islams oder die "Rechte der Öffentlichkeit" sind (ÖB XXXX 9.2017). In der Praxis sehen sich Meinungs- und Pressefreiheit mit starken Einschränkungen konfrontiert (AA 2.3.2018, vgl. BTI 2018, AI 22.2.2018). So spiegelt zwar die iranische Presselandschaft eine gewisse Bandbreite unterschiedlicher Positionen innerhalb des politischen Spektrums wider. Geprägt wird sie dennoch von einer Vielzahl höchst wandelbarer, da nicht schriftlich fixierter "roter Linien" des Revolutionsführers. Bei Abweichungen drohen Verwarnungen, Publikationsverbote, strafrechtliche Sanktionen etwa wegen "Propaganda gegen das System" bis hin zum Verbot von Medien, sowohl von reformorientierten wie auch von konservativen Zeitungen. Auch 2016 und 2017 wurden reformorientierte wie konservative Zeitungen mit zeitweisen Publikationsverboten belegt, u.a. im Januar 2016 "Bahar", im Juni 2016 die Reformzeitung "Qanun" und die konservative Website "Jahan" und für einen Tag im November 2017 sogar die dem Revolutionsführer nahestehende erzkonservative Keyhan, weil die den Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien wider das nationale Sicherheitsinteresse angeheizt hatte (AA 2.3.2018). "Propaganda" gegen den Staat ist mit einer einjährigen Freiheitsstrafe sanktioniert, wobei "Propaganda" nicht definiert ist. Zeitungen und Medien sind daher stets der Gefahr ausgesetzt, bei regierungskritischer oder für hohe Regimevertreter unliebsamer Berichterstattung geschlossen zu werden - dies gilt auch für Regimemedien. Oft werden in diesem Zusammenhang die Zeitungsherausgeber verhaftet. Mitarbeiter von ausländischen Presseagenturen sowie unabhängige Journalisten sind Berichten zufolge oft mit Verzögerungen bei Gewährung der Presselizenz durch die iranischen Behörden, Verhaftungen sowie Einschüchterung ihrer Familienmitglieder konfrontiert. Insbesondere im Zusammenhang mit politischen Ereignissen, wie z.B. Wahlen, war in den letzten Jahren immer wieder ein verstärktes Vorgehen gegen Journalisten zu beobachten. Meist werden dabei unverhältnismäßig hohe Strafen wegen ungenau definierten Anschuldigungen wie etwa "regimefeindliche Propaganda" verhängt (ÖB XXXX 9.2017).

 

Für Funk- und Fernsehanstalten besteht ein staatliches Monopol. Der Empfang ausländischer Satellitenprogramme ist ohne spezielle Genehmigung untersagt, wenngleich weitverbreitet. Die Behörden versuchen, dies durch den Einsatz von Störsendern (sog. Jamming) zu unterbinden. Ebenso werden oppositionelle Webseiten und eine Vielzahl ausländischer Nachrichtenseiten sowie soziale Netzwerke durch iranische Behörden "geblockt" (AA 2.3.2018, vgl. FH 1.2018). Ihr Empfang ist jedoch mithilfe sog. VPN (Virtual Private Networks) möglich, wird aber "gefiltert" bzw. mitgelesen. Das Vorgehen der Behörden gegen reformorientierte Medien erstreckt sich auch auf das Internet. Jeder, der sich regimekritisch im Internet äußert, läuft Gefahr, mit dem Vorwurf konfrontiert zu werden, einen "Cyber-Krieg" gegen das Land führen zu wollen. Die Überwachung persönlicher Daten ist grundsätzlich nur mit Gerichtsanordnung möglich, außer die nationale Sicherheit ist betroffen (AA 2.3.2018).

 

Obwohl die Behörden auch im Jahr 2017 weiterhin Journalisten verhafteten, fiel die Anzahl von Journalisten in den Gefängnissen laut dem Committee to Protect Journalists von 45 im Dezember 2012 auf 5 im Dezember 2017 (FH 1.2018). Dutzende Journalisten und Online-Medienaktivisten wurden 2017 strafrechtlich verfolgt (HRW 18.1.2018). Die Behörden gestatteten es nicht, das Regierungssystem, den Obersten Führer oder die Staatsreligion öffentlich zu kritisieren. Sicherheitsbehörden bestraften jene, die diese Einschränkungen verletzten oder den Präsidenten, das Kabinett oder das Parlament öffentlich kritisierten (US DOS 20.4.2018).

 

Die 1997 unter Khatami gegründete "Association of Iranian Journalists" wurde 2009 unter Staatspräsident Ahmadinedschad von den Sicherheitskräften geschlossen und hat seitdem trotz pressefreundlicher Wahlkampfversprechen von Rohani ihre Tätigkeit nicht wieder aufgenommen. Im Ausland lebende Journalisten von BBC Persia berichten von gezielter Verfolgung und Einschüchterungsversuchen. Maßnahmen wie Überwachung, wiederholte Befragungen und das Einfrieren von Konten erstreckten sich dabei auch auf Familien der Betroffenen. Familienangehörige wurden unter Druck gesetzt, auf die Beendigung der journalistischen Tätigkeit für BBC Persia hinzuwirken. Inhaftierte Journalisten sind in Iran - wie alle politischen Gefangenen - besorgniserregenden Haftbedingungen ausgesetzt. Im vergangenen Jahr traten mindestens zehn inhaftierte Journalisten in Hungerstreik, weil ihnen im Gefängnis eine angemessene medizinische Versorgung verweigert wurde (AA 2.3.2018).

 

Auch gegen Personen, die ihre Meinung oder Nachrichten online publizieren (Blogger), wurde in den letzten Jahren massiv vorgegangen. Oft wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt, zum Teil sogar zum Tode. Die elektronischen Medien und der Internet-Verkehr sowie Internet-Cafés (obligatorische Personenidentifikationen und Überwachungskameras) stehen unter intensiver staatlicher Kontrolle. Millionen Internetseiten sind gesperrt, Satellitenschüsseln sind verboten (jedoch weit verbreitet, wenn auch manchmal durch Abmontieren kurzfristig beeinträchtigt). Regimefeindliche oder "islamfeindliche" Äußerungen werden auch geahndet, wenn sie in elektronischen Kommunikationsmedien, etwa auch in sozialen Netzwerken, getätigt werden (ÖB XXXX 9.2017).

 

Ebenso unter Druck stehen Filmemacher und bildende Künstler, vor allem dann, wenn ihre Kunst als "unislamisch" oder regimekritisch angesehen wird oder sie ihre Filme an ausländische Filmproduktionsfirmen verkaufen oder auch nur im Ausland aufführen (dazu wurde jüngst eine Genehmigungspflicht verhängt). Über zahlreiche Künstler wurden Strafen wegen zumeist "regimefeindlicher Propaganda" und anderen Anschuldigungen verhängt. Viele sind regelmäßig in Haft bzw. zu langjährigen Tätigkeits- und Interviewverboten verurteilt (ÖB XXXX 9.2017).

 

Präsident Rohani hatte in seiner Wahlkampagne eine Lockerung der Zensurpolitik versprochen. Zeitweise wurden einige soziale Netzwerke wieder freigegeben. Rohani bezeichnete den Zugang zum Internet als "Bürgerrecht" und ist selbst auf Twitter und Facebook aktiv (beide aktuell in Iran gesperrt, wobei dies durch viele Iraner mittels VPN umgangen wird). Trotz seiner vielversprechenden Aussagen und einer (teils heftig geführten) öffentlichen Diskussion insbesondere zum Thema "Cyberspace" hat sich die Situation aber nicht signifikant verbessert, im Gegenteil: Im ersten Halbjahr 2016 wurde immer wieder von Polizeiaktionen gegen Instagram (u.a. "Operation Spider") und andere soziale Netzwerke wegen "islamfeindlicher" Inhalte (etwa Werbung für Tattoostudios oder Make-up) und von zahlreichen Festnahmen berichtet. Ende Mai 2016 wurde angekündigt, dass die Anbieter von Messaging-Apps binnen eines Jahres die Daten über iranische Staatsbürger auf Server innerhalb Irans transferieren müssen, um Datenschutz- und Sicherheitsbedenken auszuräumen. Nur Dienste, die dem Folge leisten, könnten auch weiterhin in Iran angeboten werden (ÖB XXXX 9.2017). Der in Iran sehr beliebte Messenger Dienst Telegram wurde am 30.4.2018 gesperrt, da er angeblich die nationale Sicherheit gefährde. Die Iraner sollen auf den Messenger Soroush umsteigen, der unter staatlicher Kontrolle steht (ROG 4.5.2018).

 

In der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen hat sich Iran um einen Platz verbessert und liegt nun an Position 164 (2017: 165) (ROG 2018).

 

Nahezu jede iranische Familie besitzt eine Satellitenschüssel, auch wenn diese offiziell verboten sind. Internet ist weit verbreitet, die Zahl der Internetcafés (Cofee Net) nimmt stetig zu, chatten (und zunehmend auch bloggen) ist eine Art Volkssport unter jungen Iranern. Zudem ist die Zahl an Handys gerade unter jungen Iranern hoch, auch wenn SIM-Karten sehr teuer sind. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich Filme aus Hollywood, von denen Raubkopien überall auf den Straßen zu kaufen sind. Die dürftige Qualität und die islamische Zensur schrecken niemanden ab (GIZ 3.2018c).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

 

Die Ausübung der verfassungsrechtlich garantierten Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit steht für öffentliche Versammlungen unter einem Genehmigungsvorbehalt. Entsprechend finden Versammlungen der Opposition nicht statt. Demgegenüber stehen Demonstrationen systemnaher Organisationen, zu deren Teilnahme Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung sowie Schüler und Studenten teilweise verpflichtet werden. Ebenfalls ist eine unabhängige gewerkschaftliche Betätigung nicht möglich. Denn auch gewerkschaftliche Aktivitäten werden zum Teil mit dem Vorwurf der "Propaganda gegen das Regime" und "Handlungen gegen die nationale Sicherheit" verfolgt. Das Streikrecht hingegen ist prinzipiell gewährleistet (AA 2.3.2018).

 

Vereinigungen auf Arbeitnehmerseite werden misstrauisch beobachtet. Es gibt keine Betätigungsmöglichkeit für unabhängige Gewerkschaften. Erlaubt sind nur "Islamische Arbeitsräte" unter der Aufsicht des "Haus der Arbeiter" (keine unabhängige Institution) (ÖB XXXX 9.2017). Mitglieder und Gründer unabhängiger Gewerkschaftsgruppierungen wie etwa die XXXX Busfahrergewerkschaft, die Zuckerrohrarbeitergewerkschaft oder die Lehrergewerkschaft wurden in den letzten Jahren zunehmend häufig verhaftet, gefoltert und bestraft (ÖB XXXX 9.2017, vgl. FH 1.2018). Gewerkschafter wurden erneut inhaftiert, die wegen Beteiligung an friedlichen Demonstrationen zu Haftstrafen verurteilt, aber später freigelassen wurden (HRW 18.1.2018).

 

In Iran gibt es keine politischen Parteien mit vergleichbaren Strukturen von Parteienlandschaften westlich-demokratischer Prägung; auch im Parlament existiert keine, mit europäischen Demokratien vergleichbare, in festen Fraktionen organisierte parlamentarische Opposition. Die entscheidende Konfliktlinie im iranischen Parlament liegt aktuell zwischen den Rohani-/Rafsanjani-Loyalen, den Reformern und Moderaten einerseits und den Anhängern der Revolutionstreuen (Parlamentspräsident Ali Larijani, Oberster Führer Khamenei) andererseits. Besonders geschwächt wird eine potentielle Opposition stets dadurch, dass bei Wahlen (sowohl Präsidenten- als auch Parlamentswahlen) der Wächterrat die Auswahl der Kandidaten vornimmt. Kandidaten werden streng "ausgesiebt". Dies gilt vor allem bei Präsidentschaftswahlen - 2013 wurden von mehreren hundert registrierten Kandidaten lediglich acht genehmigt - in etwas geringerem Maße bei Parlamentswahlen, wo 2012 von über 5.000 registrierten Bewerbern immerhin noch über 3.000 bzw. 2016 von etwa 12.000 Bewerbern letztendlich 6.230 genehmigt wurden. An sich gäbe es ein breites Spektrum an Ideologien, die die Islamische Republik ablehnen, angefangen von den Nationalisten bis hin zu Monarchisten und Kommunisten. Eine markante Führungspersönlichkeit fehlt bei sämtlichen oppositionellen Gruppierungen ( (ÖB XXXX 9.2017, vgl. GIZ 3.2018a).

 

Der Spielraum für außerparlamentarische Opposition wird vor allem durch einen allumfassenden Überwachungsstaat eingeschränkt, was die Vernetzung oppositioneller Gruppen extrem riskant macht (Einschränkung des Versammlungsrechts, Telefon- und Internetüberwachung, Spitzelwesen, Omnipräsenz von Basij-Vertretern u. a. in Schulen, Universitäten sowie Basij-Sympathisanten im öffentlichen Raum, etc.). Die Verfassung lässt die Gründung politischer Parteien, von Berufsverbänden oder religiösen Organisation so lange zu, als sie nicht gegen islamische Prinzipien, die nationale Einheit oder die Souveränität des Staates verstoßen und nicht den Islam als Grundlage des Regierungssystems in Frage stellen. Hinzu kommen immer wieder verhängte drakonische Strafen auf Grund diffuser Strafrechtstatbestände ("regimefeindliche Propaganda", "Beleidigung des Obersten Führers" etc.). Darüber hinaus werden Angehörige der außerparlamentarischen Opposition immer wieder unter anderen Vorwürfen festgenommen, etwa wegen Drogendelikten (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die Oppositionsführer Mehdi Karroubi und Mir Hossein Mussawi sowie dessen Ehefrau Zahra Rahnavard standen noch immer ohne Anklage oder Gerichtsverfahren unter Hausarrest, der 2011 gegen sie verhängt worden war (AI 22.2.2018, vgl. BTI 2018, ÖB XXXX 9.2017).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

 

Haftbedingungen

 

Die Haftbedingungen in iranischen Gefängnissen sind von massiver Überbelegung geprägt. Schätzungen gehen von ca. 226.000 Häftlingen bei einer offiziellen Kapazität von 140.000 Plätzen aus. Berichten zufolge kommt es auch vor, dass bei Überbelegung der Zellen Häftlinge im Freien untergebracht werden. Auch wurde berichtet, dass Häftlingen der Kontakt zu Familienangehörigen über lange Zeit untersagt oder nur sehr eingeschränkt gewährt wird. Politische Gefangene oder Minderjährige werden teils mit kriminellen Straftätern zusammengelegt, wodurch Übergriffe nicht selten sind. Die Haftbedingungen sind sehr oft auch gesundheitsschädigend. Berichtet wird über unzureichende Ernährung und Verweigerung notwendiger medizinischer Behandlung, in Einzelfällen mit tödlichen Folgen. Auch ist von mangelnder Hygiene auszugehen (ÖB XXXX 9.2017, vgl. US DOS 20.4.2018). Die Haftbedingungen für politische und sonstige Häftlinge weichen stark voneinander ab. Für politische Gefangene sind die Haftbedingungen von Fall zu Fall unterschiedlich und reichen vor allem in der Untersuchungshaft bzw. in irregulärer Haft vor einem Gerichtsverfahren von schlechten hygienischen Bedingungen über unzureichende medizinische Versorgung bis hin zur Verweigerung lebenswichtiger Medikamente (AA 2.3.2018).

 

In den Gefängnissen werden auch Körperstrafen vollzogen, auch von Misshandlungen mit Elektroschocks wurde berichtet. Dies gilt auch und gerade im Zusammenhang mit politischen Häftlingen. Als weitere Foltermethoden wird von Prügeln, Einzelhaft sowie Vergewaltigungen berichtet. Eines der berüchtigtsten Gefängnisse ist nach wie vor das im Norden XXXX gelegene Evin-Gefängnis, das sich Großteils in unterirdischen Anlagen befindet, was den psychischen Druck (Mangel an Tageslicht) verstärkt. Manche seiner Trakte unterstehen nicht der Justiz/Polizei, sondern direkt den Nachrichtendiensten der Revolutionsgarden. Häftlinge stehen unter enormem psychischen Druck, es kommt zu häufigen und systematischen Erniedrigungen, die oft das Ziel verfolgen, Häftlinge zu brechen. Im Sommer 2009 gab es Berichte über extreme Übergriffe: Häftlinge wurden (was in einem islamischen Land noch schwerer wiegt als in Mitteleuropa) gezwungen, ganz leicht bekleidet oder überhaupt nackt zu exerzieren, dabei mit Wasser bespritzt, etc. Dazu kommt vielfach der nicht oder nur ganz selten mögliche Kontakt mit der Außenwelt. Oft ist es Angehörigen während mehrerer Wochen oder Monate nicht möglich, Häftlinge zu besuchen. Dabei ist zu bedenken, dass die Grenzen zwischen Freiheit, Hausarrest und Haft in Iran manchmal fließend sind. Politisch als unzuverlässig geltende Personen werden manchmal in "sichere Häuser" gebracht, die den iranischen Sicherheitsbehörden unterstehen, und wo sie ohne Gerichtsverfahren Monate oder sogar Jahre festgehalten werden. Ein besonders prominentes Beispiel ist Oppositionsführer Mehdi Karroubi, der zusammen mit seiner Frau und zwei anderen Oppositionsführern seit 2011 unter Hausarrest steht (ÖB XXXX 9.2017). Von Hungerstreiks in iranischen Gefängnissen wird des Öfteren berichtet, in der Regel entschließen sich politische Häftlinge dazu (ÖB XXXX 9.2017, vgl. HRW 18.1.2018).

 

Es war nach wie vor üblich, Inhaftierte zu foltern oder anderweitig zu misshandeln, insbesondere während Verhören. Gefangene, die sich im Gewahrsam des Ministeriums für Geheimdienste oder der Revolutionsgarden befanden, mussten routinemäßig lange Zeiträume in Einzelhaft verbringen, was den Tatbestand der Folter erfüllte (AI 22.2.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

Todesstrafe

 

Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, "Mohareb", Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, sowie auf Vergehen wie Drogenkonsum, oder außerehelichen Geschlechtsverkehr. Vor allem bei Drogendelikten wurde die Todesstrafe häufig angewendet (2015 etwa 65% aller Hinrichtungen), regelmäßig durch Erhängen, selten durch Erschießung, z.T. öffentlich, und auch gegen (zum Tatzeitpunkt) Minderjährige (ÖB XXXX 9.2017). Bei den Straftatbeständen dominieren weiter Drogendelikte, gefolgt von Mord und Sexualdelikten. Der Teil Hinrichtungen, die öffentlich vollstreckt werden, hat sich bei 5% stabilisiert (2016: 5%, 2015: 7%, 2014: 10%). Es wird über erfolgte Hinrichtungen nicht offiziell informiert. Es ist davon auszugehen, dass Iran auch 2016 das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung war (AA 2.3.2018). Die Zahlen zu den Hinrichtungen variieren etwas. Amnesty International berichtet, dass in Iran 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet wurden, das wäre ein Rückgang um 11% im Vergleich zum Vorjahr. In Iran fanden mindestens 31 öffentliche Hinrichtungen statt. Berichte aus dem Jahr 2017 deuten darauf hin, dass in Iran mindestens fünf Personen hingerichtet wurden, die zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen Tat jünger als 18 Jahre waren (AI 12.4.2018). Die UN-Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtssituation in Iran berichtet, dass 2017 482 Exekutionen gemeldet wurden. Im Jahr 2016 wären es 530 und im Jahr 2015 969 gewesen (HRC 5.3.2018).

 

Am 16.7.2017 wurde eine Gesetzesänderung betreffend Todesstrafe aufgrund von Drogendelikten im Parlament verabschiedet. Demzufolge sollen jene, die Drogenstraftaten aufgrund von Armut oder Arbeitslosigkeit begangen haben, nicht zum Tode verurteilt werden. Über Drug Lords, gewalttätige Drogenstraftäter, und diejenigen, die mehr als 100 Kilo Opium oder 2 Kilo industrielle Rauschgifte produzieren oder verbreiten, soll jedoch weiterhin die Todesstrafe verhängt werden (ÖB XXXX 9.2017). Der Anteil der Hinrichtungen wegen Drogendelikten sank 2017 auf 40% (AI 12.4.2018a). Im Oktober 2017 wurde das neue Gesetz verabschiedet, das die Drogenmenge, die Voraussetzung für ein Todesurteil ist, erhöhte. Für zahlreiche Drogendelikte war die Todesstrafe jedoch weiterhin zwingend vorgeschrieben (AI 22.1.2018, vgl. HRW 18.1.2018). Der Wächterrat akzeptierte das Gesetz im Oktober 2017 und es trat am 14.11.2017 in Kraft. Am 21.11.2017 verlautbarte der XXXX Staatsanwalt, dass 3.300 Personen, die wegen Drogenvergehen verurteilt wurden, Berufungen im Zuge des neuen Gesetzes einlegten (HRW 18.1.2018, vgl. HRC 5.3.2018). Rund 4.000 inhaftierte Iraner, die derzeit aufgrund von drogenbezogenen Straftaten zum Tode verurteilt sind, könnten infolge einer richterlichen Anordnung, die auf einer kürzlich erlassenen Änderung des Gesetzes zum Drogenhandel basiert, ihre Strafe aufgehoben sehen. Die Anordnung wurde am 9.1.2018 vom Leiter der Justizbehörde, Sadegh Larijani, erlassen. Sie setzt die Todesurteile, die in Zusammenhang mit Drogenkriminalität stehen, vorerst aus, während diese nachgeprüft werden. Sie fordert auch, dass die Richter alle Todesurteile widerrufen, die nicht den neuen vom Parlament aufgestellten Kriterien bezüglich der Todesstrafe entsprechen. Nach der Gesetzesnovelle darf die Todesstrafe nur bei Verurteilungen im Zusammenhang mit Drogen vollstreckt werden, wenn die Fälle folgendes beinhalten (Global Voices 3.3.2018):

 

 

 

 

 

Viele Todesurteile werden nach internationalen Verfahrensstandards widersprechenden Strafverfahren gefällt: Es wird immer wieder von durch Folter erzwungenen Geständnissen oder fehlende Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Verteidiger vor dem Prozess bzw. fehlender freier Wahl eines Verteidigers berichtet. Es ist auch zumindest ein Fall bekannt, bei welchem die Entscheidung des Obersten Gerichts über die Berufung gegen die Todesstrafe nicht abgewartet wurde. Derzeit ist bei Ehebruch noch die Strafe der Steinigung vorgesehen (auf welche vom "Geschädigten" gegen eine Abstandsgeldzahlung verzichtet werden kann). Zwar wurde im Jahr 2002 ein Moratorium für die Verhängung der Steinigungsstrafe erlassen, jedoch wurde dies im Jahr 2009 vom damaligen Justizsprecher für nicht bindend erklärt. Es befinden sich noch mehrere Personen beiderlei Geschlechts auf der "Steinigungsliste". Seit 2009 sind jedoch keine Fälle von Steinigungen belegbar. Weiterhin finden in Iran Hinrichtungen von Straftätern statt, die zum Zeitpunkt ihrer Tat unter 18 Jahre alt waren. Das Alter der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für Buben liegt bei 15 und für Mädchen bei 9 Jahren. 2016 wurden mindestens 5 jugendliche Straftäter hingerichtet, drei davon aufgrund von Drogendelikten. In der Vergangenheit konnten einige wenige Hinrichtungen von Jugendlichen aufgrund internationalen Drucks (meist in letzter Minute) verhindert werden (ÖB XXXX 9.2017, vgl. AA 2.3.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

 

 

Religionsfreiheit

 

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist im Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 2.3.2018, vgl. ÖB XXXX 9.2017).

 

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind. Es gibt Berichte von gesellschaftlicher Diskriminierung von Bahai aufgrund ihrer Religion. Dennoch geht die Verfolgung hauptsächlich von staatlichen Akteuren aus. Der Auswanderungsdruck ist auf Grund der für alle Iraner geringeren wirtschaftlichen Perspektiven auch bei den Angehörigen der anerkannten religiösen Minderheiten weiterhin groß (ÖB XXXX 9.2017).

 

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwangen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründete. Muslime, die keine Schiiten waren, durften weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wurde weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichten. Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

 

Anerkannten ethnischen Gemeinden ist es verboten, Christen mit muslimischem Hintergrund zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache Persisch sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (AA 2.3.2018).

 

Auch die Aussagen und Ansichten von schiitischen Geistlichen werden beobachtet. Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 15.8.2018).

 

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2016 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert (US DOS 15.8.2017).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

Christen (Apostasie, Konversion,... siehe Abschnittt 15.2)

 

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in XXXX und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Das Christentum in Iran kann in ethnische und nicht-ethnische Christen unterteilt werden. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen und bezieht sich auf armenische und assyrische (oder auch chaldäische) Christen, die eine lange Geschichte in Iran vorweisen können und ihre eigenen linguistischen und kulturellen Traditionen besitzen. Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der - auch von außen als solche klar erkennbaren - Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich aus unterschiedlichen Gründen penibel an das Verbot. Mitglieder mancher Glaubensgemeinschaften sind angewiesen, Mitgliedskarten mit sich zu tragen, die von Behördenvertretern außerhalb von Gottesdiensten kontrolliert werden (ÖB XXXX 9.2017).

 

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den Armeniern, Assyrern oder Sabäer-Mandäern angehören, oder den Juden oder Zoroastriern, oder die beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 15.8.2017).

 

Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen (Open Doors 2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

 

Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist in Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB XXXX 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Die Todesstrafe wird hauptsächlich bei Drogendelikten und Morden angewandt und seltener bei politischen "high-profile" Fällen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation:

Verurteilungsgrund unklar] (AA 2.3.2018, vgl. AI 22.2.2018).

 

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Oftmals lautet die Anklage jedoch auf "Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Trotz des Verbots nimmt die Konversion zum sunnitischen Islam und zum Christentum weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 15.8.2018).

 

In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB XXXX 9.2017).

 

Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab (ÖB XXXX 9.2017). Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben). In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion eines Familienmitgliedes jedoch als heikler eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der oder die Konvertierte aus der Familie verbannt oder sogar den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen (ÖB XXXX 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018).

 

Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Es gibt viele Hauskirchen in Iran und ihre Anzahl steigt. Dieser Anstieg an Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer was in der Gemeinschaft macht. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 1.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagte eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab, dann erst auf Mitglieder. Es gibt aber auch Quellen, die besagen, dass auch auf Mitglieder abgezielt wird. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird aber normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Es gibt auch für normale Mitglieder das Risiko verhaftet zu werden, allerdings werden diese wieder freigelassen mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung, wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran unsicher, ob eine Taufe Auswirkungen hat; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

Baha'i

 

Nicht zu den anerkannten Religionen gehört der Bahá'í Glaube, weshalb die Bahá'i juristisch gesehen unter der iranischen Verfassung, dem Strafgesetzbuch und der von Rohani vorgeschlagenen Bürgerrechtscharta benachteiligt werden können. Die (mindestens 300.000) Mitglieder des Bahá'í Glaubens werden systematisch verfolgt, da sie - weil diese Propheten zeitlich auch noch nach Mohammed akzeptieren - als abtrünnige Moslems gelten. Im Absatz 3-79 der Bürgerrechtscharta, der sich mit dem Recht aller Staatsbürger zu öffentlichen Dienstleistungen, staatlichen Leistungen, Gesundheitsversorgung und Bildung befasst, wird Religion als Kategorie angeführt und die genannten Leistungen sollten für alle Religionsrichtungen zugänglich sein. Fraglich ist jedoch, ob "Religion" hier auch Glaubensrichtungen, die nicht von der iranischen Regierung anerkannt sind, vorsieht, in welchem Falle den Bahá'ís gleichgestellte Rechte zustehen sollten. In der Praxis wird vielfach von einer Institutionalisierung der Diskriminierung nicht-anerkannter Religionen, darunter der Bahá'ís, gesprochen. Dazu kommt, dass die Bahá'ís wegen des Bestehens ihrer Zentrale in Haifa/Israel von offizieller iranischer Seite besonders misstrauisch beobachtet und oft als israelische Spione angesehen werden. Berichte über die Verhaftung von Bahá'ís sind häufig. Nach Angaben der iranischen Bahá'í-Gemeinschaft wurden 2016 81 Bahá'ís aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit inhaftiert, und alleine im Jänner 2017 16 weitere. In den letzten zehn Jahren wurden rund 850 Bahá'ís willkürlich verhaftet; so wurden beispielsweise am 15. November 2015 20 Bahá'ís in XXXX , Isfahan und Mashhad ohne Angabe von Gründen verhaftet und ihre Familien für mehrere Tage über deren Verbleib im Dunkeln gelassen. Die Begründung der Verhaftung oder der Gerichtsurteile beinhaltet meist Staatsschutzdelikte, einschließlich Verbreitung von Propaganda gegen die Islamische Republik, und die Gründung von oder Beteiligung an Gruppen, die eine Bedrohung für die nationalen Sicherheitsinteressen darstellen (ÖB XXXX 9.2017).

 

Baha'i sind vom Pensions- und Sozialversicherungssystem ausgeschlossen, Kriminalitätsopfer erhalten keine staatliche Kompensation, und Gewerbescheine werden unter Hinweis auf die Bahá'í-Zugehörigkeit verweigert (AA 2.3.2018). Baha'i bekommen keine Personalpapiere ausgehändigt und sind vollkommen staatlicher Willkür ausgeliefert (GIZ 3.2018c).

 

Bahá'í Studenten werden oft nicht zu öffentlichen und privaten Universitäten zugelassen (ÖB XXXX 9.2017, vgl. AA 2.3.2018). Nach Angaben eines Bahá'í -Vertreters werden auf lokaler Ebene Unterrichtseinheiten vom BIHE (Baha'i Institute of Higher Education, 2011 als illegal erklärt) abgehalten. Damit gehen zum einem erhebliche Risiken für Studenten und Dozenten einher, und zum anderen werden auf diese Weise erlangte Abschlüsse nicht anerkannt (AA 2.3.2018). Im Dezember 2016 und Jänner 2017 wurde mehr als einem Dutzend Bahá'í Universitätsstudenten aufgrund ihres Glaubens das weitere Studium an der Universität verboten (ÖB XXXX 9.2017).

 

Im Oktober 2017 saßen nach Angaben der International Bahá'í Community 97 Bahá'í aus Glaubensgründen in iranischen Gefängnissen in Haft, darunter fünf Mitglieder des siebenköpfigen iranischen Vorstandes der Glaubensgemeinschaft. Ein Mitglied, Mahvash Sabet, wurde am 18. September freigelassen, ein zweites, Fariba Kamalabadi, Ende Oktober, nachdem die beiden als erste ihre 10-jährige Freiheitsstrafe verbüßt hatten. Am 4. Dezember 2017 wurde auch Behrooz Tavakkolu aus der Haft entlassen (AA 2.3.2018).

 

Über (auch staatliche) Medien verbreitete Falschmeldungen stacheln die Bevölkerung weiterhin gegen Bahá'í auf und setzten ihre Geschäfte unter wirtschaftlichen Druck. Im November 2015 wurden etwa in den Provinzen Mazandaran und Kerman mindestens 28 Geschäfte unter dem Vorwand fehlender Bewilligungen geschlossen, nachdem deren Inhaber Bahá'í-Feiertage eingehalten hatten. Im November 2016 wurden um die 100 von Bahá'í geführte Unternehmen von den Behörden geschlossen, nachdem diese aufgrund eines Bahá'í Feiertags geschlossen hatten. Auch 2015 kam es zu Friedhofsschändungen. Über die Jahre wurden auch zahlreiche Mitglieder der Bahá'í-Gemeinde hingerichtet. Die Führungsriege der Bahá'í-Gemeinde in Iran sowie die Leitung der Untergrunduniversität "Bahá'í Institute for Higher Education" (BIHE) wurden zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Im Jänner 2016 wurden 24 Bahá'í wegen religiöser Aktivitäten zu insgesamt 193 Jahren Haft verurteilt. Die Bahá'í haben als religiöse Minderheit den schwierigsten Stand in der Gesellschaft (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die systematischen Angriffe auf die Glaubensgemeinschaft der Baha'i setzten sich 2017 fort, dazu zählten willkürliche Festnahmen, lange Haftzeiten, Folter und andere Misshandlungen. Die Behörden ordneten die Schließung von Unternehmen im Besitz von Baha'i an, beschlagnahmten Vermögen von Baha'i und verweigerten Anhängern dieser Glaubensgemeinschaft eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Staatliche Stellen schürten regelmäßig Hass und Gewalt gegen die Minderheit, indem sie Baha'i als "ketzerisch" und "schmutzig" verunglimpften. Die Tatsache, dass zwei Männer, die gestanden hatten, Farhang Amiri wegen seines Baha'i-Glaubens ermordet zu haben, im Juni 2017 gegen Kaution freikamen, bot einmal mehr Anlass zu der Sorge, dass Hassverbrechen straffrei blieben (AI 22.2.2018, vgl. ÖB XXXX 9.2017, AA 2.3.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

Sunniten

 

Sunniten sehen sich vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt und werden vor dem Gesetz benachteiligt. So nehmen gerade in den letzten Jahren die Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten zu (GIZ 3.2018c). Sunniten berichten, dass sie keine Moscheen in großen Städten bauen dürfen und Probleme hätten, Regierungsjobs zu bekommen (FH 1.2018).

 

Im Oktober 2015 befanden sich mindestens 33 sunnitische Männer - überwiegend Kurden - im Todestrakt, nachdem sie wegen "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott") verurteilt worden waren. Rund 150 Sunniten sind derzeit aufgrund ihres Glaubens bzw. damit verbundener Anklagen inhaftiert. Im August 2016 wurden rund 22 Sunniten u.a. wegen Gotteslästerung hingerichtet. Am 25. April 2017 wurden etwa 20 Personen während ihres morgendlichen Gebets verhaftet und an einen unbekannten Ort überführt. Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, werden zunehmend verfolgt und in manchen Fällen ebenfalls wegen Gotteslästerung hingerichtet (ÖB XXXX 9.2017). In den letzten Jahren wurden Sunniten wiederholt daran gehindert, ihre eigenen Eid-Gebete abzuhalten. Diskriminiert werden Sunniten auch fallweise bei der Arbeitssuche (ÖB XXXX 9.2017, vgl. AI 22.2.2018).

 

Sunniten werden mitunter sowohl aufgrund ihrer religiösen wie auch ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert, da viele kurdischer oder arabischer Volkszugehörigkeit sind. In den sunnitischen Siedlungsgebieten im Westen und Südosten Irans ist die Religionsausübung jedoch ohne Einschränkungen möglich (AA 2.3.2018). Bei der Ausgrenzung von Sunniten spielt oft weniger die islamische Konfession als die ethnische Zugehörigkeit eine Rolle. Die meisten Sunniten in Iran sind Kurden, Turkmenen, Araber oder Belutschen, die in den Randprovinzen des Landes leben. Dort gibt es starke Autonomiebewegungen, gegen die die Zentralregierung in XXXX vorgeht. Angehörige der ethnischen Minderheiten haben deshalb auch schlechteren Zugang zu Wasser, Wohnraum, Arbeit oder Bildung. Sunnitentum, ethnische Zugehörigkeit und Autonomiebestrebungen vermischen sich in der staatlichen Wahrnehmung. Im Jahr 2015 wurde persischsprachigen Medien zufolge erstmals ein Sunnit zum Botschafter des Iran ernannt (Qantara.de 11.1.2016).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

 

Derwisch-Orden/Sufi

 

Repressionen erleben auch Mitglieder der Derwisch-Gemeinschaft. Ihre Gemeinden sehen sich verschiedenen Arten von Diskriminierung und Angriffen (auch auf ihr Eigentum), willkürlichen Festnahmen und Dämonisierung (u.a. im staatlichen Fernsehen) ausgesetzt (ÖB XXXX 8.2017; vgl. AA 2.3.2018). Verschiedene Quellen berichten von Gewalt und Verhaftungen von Derwischen im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen Derwisch-Gemeinden und Basij-Einheiten. Infolgedessen wird unter anderem von langen Wartezeiten auf Prozesse, Verurteilungen, Gefängnisstrafen sowie auch von mangelnder Strafverfolgung im Zusammenhang mit Tötungen von Derwischen berichtet. Unter anderem kommt es auch zu Verhaftungen von Strafverteidigern, die Derwische vertreten. Als Gründe für Inhaftierungen werden unter anderem Störung der öffentlichen Ordnung, Verbreitung von systemfeindlicher Propaganda, Handlungen gegen die Nationale Sicherheit, Mitgliedschaft in Gruppierungen und Beleidigung des Obersten Führers genannt. Im Jahr 2015 wurden Dutzende Derwische festgehalten, viele zu Gefängnis- und/oder körperlichen Strafen verurteilt. Im Juni 2015 wurde ein Derwisch für eine "haram"-Straftat zu 74 Peitschenhieben verurteilt, weil er den Glauben des Gonabadi Derwischordens verbreitet haben soll (ÖB XXXX 9.2017). Seit 2008 sind 238 Gonabadi Derwische inhaftiert worden (ÖB XXXX 9.2017, vgl. AI 22.2.2018, FH 1.2018). Im Februar 2018 wurden über 300 Derwische bei einer Protestveranstaltung verhaftet, darunter 60 Frauen. Die meisten von ihnen wurden kurze Zeit später wieder entlassen. Bei den Zusammenstößen wurden Dutzende verletzt und zumindest drei Polizisten und ein Basij-Mitglied starben. Ein inhaftierter Demonstrant starb in Haft unter ungeklärten Umständen (HRW 15.3.2018).

 

Es gibt auch Angriffe auf Gebetshäuser der Gonabadi-Derwische. Einige verloren ihren Arbeitsplatz aufgrund willkürlicher Kündigungen, andere durften sich nicht an Universitäten einschreiben (AI 22.2.2018, vgl. FH 1.2018).

 

Quellen:

 

 

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Ahl-e Haqq/Yar(e)san

 

In Iran gibt es zwei Zweige der Yaresan. Die sogenannten "Modernisten/Reformisten" und die Traditionalisten. Die Modernisten deklarieren sich selbst als schiitische Muslime und werden auch von den Behörden akzeptiert. Diese Gruppe besteht hauptsächlich aus gut ausgebildeten Städtern. Ihre Glaubensvorstellungen beruhen vor allem auf den Lehren von Hajj Ne'matollah Jayhunabadi (1871-1920), seinem Sohn Nur Ali Elahi (1895-1974) und dessen Sohn Bahram Elahi (1931-). Jayhunabadi behauptete, dass Yaresan Muslime seien und führte den Yari Glauben mit dem Schiismus zusammen. Er öffnete die Religion auch für nicht als Yaresan geborene Personen. Viele Personen wurden zu seinen Anhängern, vor allem im Bereich in und um Sahneh [Stadt und gleichnamiger Bezirk in der Provinz Kermanschah]. Diese Gruppe wird auch als Elahi-Zweig bzw. Elahi-Anhänger bezeichnet. Die Traditionalisten sehen sich selbst als Nicht-Muslime und kommen eher aus dem ländlichen Bereich, vor allem aus dem Bezirk Guran in Kermanschah. Diese Gruppierung war schon immer geschlossen für Nicht-Yaresan. Die Yaresan sind hauptsächlich in der Provinz Kermanschah konzentriert. Ca. eine halbe Million Yaresan leben dort. Weitere Gruppen von Yaresan leben in anderen Gebieten des Iran, wie z. B. West Aserbaidschan, Lorestan, XXXX , Hamadan, Kelardascht, Karadsch und Saveh. Es gibt keine genauen Zahlen, wie viele Yaresan es gibt. Schätzungen differieren zwischen einer und vier Millionen. Ursprünglich kommen die Yaresan aus dem Gebiet um Guran, im westlichen Teil von Kermanschah. Weitere Yaresan gibt es im östlichen Teil Kermanschahs in und um die Stadt Sahneh. Aufgrund ihres intellektuellen Hintergrunds hat es den Anschein, dass es mehr Modernisten gibt, dies stimmt aber nicht, die Anzahl der Traditionalisten dürfte höher sein. Die Modernisten werden von iranischen Behörden als Schiiten akzeptiert, die Traditionalisten jedoch werden als "Teufelsanbeter" verunglimpft. Außerhalb ihres Heimes agieren Yaresan als Muslime, ansonsten könnten sie eventuell Probleme mit den Behörden bekommen. Auch der Zugang zu Bildung und Arbeit im Öffentlichen Dienst wird dadurch erleichtert. In Bezug auf Konsequenzen für Yaresan, die sich öffentlich über ihren Glauben äußern und ihn als nicht-muslimisch bezeichnen, wird davon ausgegangen, dass die Gruppe nicht als Ganzes von den Behörden ins Visier genommen wird und systematisch belästigt und inhaftiert wird, nur aufgrund der Tatsache, dass man Yaresan ist. Repressionen und Verfolgung basieren auf individuellen Fällen, beispielsweise erfährt ein Leiter einer Gemeinschaft oder andere profilierte Personen Druck durch die Behörden. Es gab in den letzten Jahren einige Fälle von Schikanierungen und Misshandlungen. Es werden von Zeit zu Zeit Maßnahmen gegen Yaresan-Gemeinden eingeleitet, ähnlich wie gegen die Sufi-Orden. Es ist jedoch schwer zu sagen, ob einzelne Yaresan aufgrund ihrer Religion oder wegen politischer Gründe verfolgt werden. Da viele Yaresan Kurden sind, kann eine etwaige Verfolgung auch deshalb von statten gehen. Das öffentliche Bekunden der kurdischen Identität ist ein sensibles Thema in Iran. Wichtig zu erwähnen ist, dass der Umgang der Behörden mit religiösen und ethnischen Minderheiten nicht statisch ist. Momentan versucht die iranische Regierung eher weniger harsch damit umzugehen. Es gibt auch einen Anstieg des Interesses von jungen Yaresan an der eigenen Religion. Besonderes Interesse besteht an Textmaterial über die traditionelle Version des Yari-Glaubens. Solche Texte würden in Iran als illegal angesehen, währenddessen Texte des Elahi-Zweiges (Modernisten) als legal angesehen werden würden, und diese Texte sind auch schon einige Male nachgedruckt worden. Yaresan, die das Interesse der Behörden auf sich ziehen, jene sind, die öffentlich und aktiv ihre Yari-Identität und Religion bekunden. Obwohl es Yaresan aufgrund ihres Glaubens verboten ist, in Bezug auf ihren Glauben zu lügen, sah sich der Großteil der Yaresan dazu gezwungen, um Problemen mit den Behörden aus dem Weg zu gehen. Wenn Personen religiös und/oder politisch aktiv sind, und beispielsweise in Besitz von illegalen Schriften erwischt werden, ist es möglich, dass sie festgenommen und befragt werden. Normalerweise würde der Person befohlen, entweder die Aktivitäten einzustellen oder anderenfalls eine Haftstrafe abzubüßen. Auch Anhänger des Elahi-Zweiges können eventuell Repressionen und Misshandlung durch die Behörden erfahren. Ihre Situation ist mit jener der Sufi-Orden zu vergleichen. Von Zeit zu Zeit sind sie Opfer von Razzien und manchmal werden Anführer inhaftiert (DIS 6.4.2017).

 

Berichtet werden in Bezug auf die Ahl-e Haqq Fälle von Diskriminierung, Bedrohungen, Angriffen auf gemeinsames Eigentum und willkürliche Festnahmen (ÖB XXXX 9.2017). Die Ahl-e Haqq wurden im Bildungswesen, auf dem Arbeitsmarkt und in anderen Bereichen systematisch diskriminiert und wegen Ausübung ihres Glaubens verfolgt (AI 22.2.2018). Ihnen wird der Bau von Gotteshäusern, der Zugang zu höherer Bildung und Regierungsjobs, wenn sie sich nicht selbst als Muslime deklarieren, verweigert. Ebenso ist es ihnen nicht erlaubt, religiöse Zeremonien in der Öffentlichkeit abzuhalten (US DOS 15.8.2017; vgl. USCIRF 4.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Ethnische Minderheiten

 

Iran gehört mit etwa 80 Millionen Einwohnern zu den 20 bevölkerungsreichsten Ländern der Erde . Das Bevölkerungswachstum beträgt etwa 1,3%. Dabei ist die iranische Gesellschaft weit heterogener als die offizielle Staatsdoktrin glauben machen will. Nur etwa 51% der Iraner sind Perser. Dazu kommt die Volksgruppe der Aseris mit 24% der Gesamtbevölkerung, etwa 8% Gilakis und Mazanderanis, 7% Kurden, 3% Araber und je etwa 2% Turkmenen, Luren und Balutschen. Die diesbezüglich genannten Zahlen variieren teils beträchtlich. Zudem leben viele Flüchtlinge im Land, von denen die afghanischen mit etwa zwei Millionen weiterhin die größte Gruppe stellen, gefolgt von irakischen. Insgesamt ist Iran im Moment das viertgrößte Aufnahmeland für Flüchtlinge weltweit. Die ethnischen Minderheiten des Iran leben eher in den Grenzregionen des Landes zu seinen Nachbarn, die Kurden etwa im Nordwesten, die Araber in der Region um den Persischen Golf. Dennoch sind Entwicklungen wie etwa im Irak oder Afghanistan in Iran nicht zu erwarten. Abseits eines gern gepflegten Patriotismus zur eigenen Ethnie sind separatistische Bewegungen ethnischer Minderheiten kein vielen Nachbarstaaten vergleichbares Problem. Sie beschränken sich auf einige Gruppierungen in Balutschistan und Kurdistan, wobei gerade hier die Regierung immer wieder gern selbst Separatismus unterstellt, um diesem mit Gewalt zuvorzukommen (GIZ 3.2018c).

 

Es sind keine Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten bekannt. Von Diskriminierungen im Alltag (rechtlich, wirtschaftlich und/oder kulturell, z.B. Zugang zu Wohnraum, Wasser und Bildung) wurde jedoch betreffend u.a. Angehöriger der arabischen Gemeinschaft der Ahwazi, Aseris, Belutschen, Kurden und Turkmenen berichtet. Der Gebrauch ihrer jeweiligen Muttersprache in Behörden und Schulen ist weiterhin verboten, trotz entsprechender Zusagen von Präsident Rohani während seines Wahlkampfes im Jahr 2013. Menschen, die sich für Minderheitenrechte einsetzten, wurden bedroht, festgenommen und bestraft (ÖB XXXX 9.2017).

 

Der Vielvölkerstaat Iran verfolgt gegenüber ethnischen Minderheiten grundsätzlich eine auf Ausgleich bedachte Politik, v.a. die Aseri sind in Staat und Wirtschaft sehr gut integriert (AA 2.3.2018). Die Infrastruktur von Regionen, wo Minderheiten wohnen, sind allerdings zum Teil stark vernachlässigt (BMI 2015). In der Provinz Sistan und Belutschistan berichteten viele Dorfbewohner, dass es ihnen an Wasser, Elektrizität, Schulen und Gesundheitseinrichtungen mangele. In der verarmten Provinz sind die Analphabetenquote bei Mädchen und die Kindersterblichkeit sehr hoch. Angehörigen ethnischer Minderheiten, die die Verletzung ihrer Rechte kritisieren, drohen willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen, grob unfaire Gerichtsverfahren, Gefängnisstrafen und die Todesstrafe. Geheimdienste und Sicherheitsorgane beschuldigten Aktivisten, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzten, sie würden "separatistische Strömungen" unterstützen, die Irans territoriale Integrität bedrohten (AI 22.2.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf , Zugriff 6.6.2018

 

 

 

Kurden

 

Die Kurden (überwiegend Sunniten) sind hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Dennoch werden sie in größerer Zahl in hohe Ämter der Provinzverwaltungen und zunehmend auch in der Ministerialbürokratie berufen (so wurde 2018 erstmals eine kurdischstämmige Frau Vize-Innenministerin). In der Verfassung vorgesehener Schulunterricht sowie Studiengänge in kurdischer Sprache sind seit dem Erlass von Rohani im Jahr 2016 rechtlich möglich. Es ist jedoch nicht nachprüfbar, in welchem Umfang Unterricht an Schulen und Universitäten tatsächlich angeboten wird, da er nicht aktiv vom iranischen Staat gefördert wird. Der iranische Staatsrundfunk sendet stundenweise kurdischsprachige Sendungen auf dem Regionalsender IRIB Kurdistan (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkte kulturelle und politische Aktivitäten der Kurden ein (HRW 18.1.2018). Problematisch sind vor allem kulturelle Aktivitäten, die politisch werden (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Seit dem Unabhängigkeitsreferendum der irakischen Kurden im September 2017 wurde die Präsenz von Militär und Revolutionsgarden deutlich erhöht (AA 2.3.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Das Erdbeben von Kermanshah im November 2017, dessen Auswirkungen fast ausschließlich in den von Kurden bewohnten Gebieten zu spüren sind, hat die Präsenz der Sicherheitskräfte noch verfestigt, ca. 5.800 Freiwillige der Revolutionsgarden sollen bis zum Ende der Aufräumarbeiten vor Ort bleiben (AA 2.3.2018). Im September 2017 war die Polizei in der gesamten Provinz Kurdistan sehr stark präsent, als Angehörige der kurdischen Minderheit Kundgebungen abhielten, um das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak zu unterstützen. Dabei wurden Berichten zufolge über ein Dutzend Personen festgenommen (AI 22.2.2018). In der iranischen Provinz Kurdistan gibt es auch militärische und geheimdienstliche Präsenz, die nicht immer sichtbar ist. Die Überwachung in diesem Gebiet ist nicht systematisch, aber strukturiert und auch nicht zufällig, sondern gezielt (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Kurdischen Aktivisten werden in vielen Fällen von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet (AA 2.3.2018). Unter den politisch Verfolgten sind daher verhältnismäßig viele Kurden. Auffallend sind die häufigen Verurteilungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen - insbesondere die Unterstützung der als Terrororganisation geltenden PJAK (partiya jiyana azad a kurdistane, "Partei für ein freies Leben in Kurdistan", Schwesterorganisation der PKK in Iran) - und die oftmals unverhältnismäßig hohen Strafausmaße. Zusammenstöße zwischen Kurden und iranischen Sicherheitskräften, welche insbesondere im zweiten Quartal 2016 zunahmen und, neben hunderten Festnahmen, auch zu Toten und Verletzten führten, nähren Befürchtungen, dass Kurden zukünftig vermehrt Repressalien ausgesetzt sein könnten, nicht zuletzt um Sympathiebekundungen mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden hinten anzuhalten. Hier gilt es jedoch anzumerken, dass von kurdischer Seite Gewalttätigkeiten gegen iranische Sicherheitskräfte zunehmen. So bestätigte etwa die Demokratische Partei Kurdistans in Iran [KDPI] im September 2016, dass die Peschmerga, Streitkräfte der Autonomen Region Kurdistan, einen bewaffneten Konflikt mit iranischen Regierungstruppen in den kurdischen Gebieten Irans begonnen hätten (ÖB XXXX 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv. Dies sind politische Gruppierungen, aber vor allem PJAK und Komala erscheinen momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

 

Araber

 

Ahwazi Araber (nach Schätzungen rund 2 Mio.) sind (wie auch Kurden) zumeist sunnitischen Glaubens. Mangels Unterricht in der Muttersprache sind viele Araber Analphabeten und es herrscht unter der arabischen Minderheit eine hohe Armutsrate. Von Arabern bewohnte Gebiete sind oft nicht an Wasser und Elektrizität angeschlossen (ÖB XXXX 9.2017). Die arabische Minderheit (überwiegend Schiiten) in Iran fühlt sich Diskriminierungen ausgesetzt. Sie leidet unter Umweltproblemen (Verschmutzung, Staubstürme) sowie wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit und macht eine Vernachlässigung ihres Siedlungsgebietes (v.a. Provinz Khusestan) durch die Zentralregierung dafür verantwortlich. Menschenrechtsorganisationen sehen Benachteiligungen im beruflichen und schulischen Umfeld, die zu wirtschaftlicher, politischer, sozialer und kultureller Ausgrenzung der arabischen Minderheit führen (AA 2.3.2018).

 

Es gibt Berichte über die Vertreibung von Arabern von ihren Grundstücken aufgrund staatlicher Entwicklungsprojekte. Die von Arabern bewohnten südlichen Teile Irans sind reich an Erdölvorkommen. Obwohl nicht erwiesen ist, dass Araber aufgrund ihrer Ethnizität verfolgt werden, ist zu beobachten, dass sie häufig wegen unklar definierten Anschuldigungen zu sehr hohen Strafen verurteilt wurden. Nach friedlichen Protesten aus verschiedenen Anlässen wurden z.B. im März und April 2015 kurzzeitig über 1.100 Ahwazi Araber festgenommen (ÖB XXXX 9.2017).

 

Im Vorfeld des Feiertags Eid al-Fitr wurden im Juni 2017 Sicherheitskräfte nach Ahwaz beordert, um Versammlungen zu verhindern. Geplant waren Solidaritätsveranstaltungen zur Unterstützung von Familien arabischer Ahwazi, die aus politischen Gründen im Gefängnis saßen oder hingerichtet worden waren. Mehr als ein Dutzend Personen wurden willkürlich festgenommen, viele weitere zu Verhören einbestellt. Der Menschenrechtsverteidiger Mohammad Ali Amouri, der zur Ahwazi-Minderheit gehört, sitzt weiterhin in der Todeszelle (AI 22.2.2018).

 

Die Regierung schränkte kulturelle und politische Aktivitäten der Araber ein (HRW 18.1.2018), jedoch wurden einige lokale Clanführer in Khuzestan und anderen Gegenden, wo Ahwazi Araber leben, in lokale Räte gewählt, wo sie auch sehr unverblümt sprechen. Ins Visier der Behörden können Ahwazi Araber geraten, wenn sie Journalisten oder politische Aktivisten sind, die sich für Minderheitenrechte einsetzen (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Quellen:

 

 

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Belutschen

 

Die rund 1,5 Mio. sunnitischen Belutschen leben ebenfalls in stark unterentwickelten Gebieten. Die Arbeitschancen und das Recht zur politischen Partizipation (v.a. passives Wahlrecht) sind für Belutschen beschränkt. Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, die sich für die Belutschen einsetzten, waren in der Vergangenheit mit willkürlichen Festnahmen, körperlichem Missbrauch und unfairen Gerichtsverfahren konfrontiert. 2015 und 2016 gab es immer wieder Berichte über Zusammenstöße von Sicherheitskräften und Bewohnern der Grenzgebiete in Belutschistan, bei welchen es zu gesetzwidrigen Schüssen auf unbewaffnete Zivilisten, vermeintliche Schmuggler oder Drogenkuriere gekommen sein soll (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die Belutschen gehören zu den ärmsten Minderheiten und leben in einer von Gewalt und Drogenschmuggelkriminalität geplagten Provinz im Grenzgebiet zu Pakistan. Hinweise auf staatliche Repressionen beruhend auf ihrer ethnischen Zugehörigkeit liegen jedoch nicht vor (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkte kulturelle und politische Aktivitäten der Belutschen ein (HRW 18.1.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

Bewegungsfreiheit

 

Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor, es gibt jedoch einige Einschränkungen in der Praxis. Die Regierung verlangt von allen Bürgern für Auslandsreisen Ausreisebewilligungen. Bürger, die auf Staatskosten ausgebildet wurden oder Stipendien erhalten haben, müssen diese entweder zurückzahlen, oder erhalten befristete Ausreisebewilligungen. Die Regierung schränkt auch die Reisefreiheit von einigen religiösen Führern und Mitgliedern von religiösen Minderheiten ein. Ebenso sind Wissenschaftler in sensiblen Bereichen und Journalisten, Akademiker, oppositionelle Politiker und Menschen- und Frauenrechtsaktivisten von Reiseverboten und Konfiszierung der Reisepässe betroffen. Verheiratete Frauen dürfen nicht ohne die Zustimmung ihrer Männer ins Ausland reisen (US DOS 20.4.2018).

 

Zur Ausreise aus Iran benötigt ein iranischer Staatsangehöriger einen gültigen Reisepass und einen Nachweis über die Bezahlung der Ausreisegebühr (derzeit 750.000 IRR, ca. 19 Euro). Am internationalen Flughafen Imam-e Khomeini werden zunehmend strenge Kontrollen durchgeführt. Die illegale Ausreise erfolgt zumeist auf dem Landweg unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Türkei. Aufgrund der Visafreiheit mit Serbien seit September 2017 wird eine steigende Zahl von Iranern gemeldet, die illegal über den Flughafen Belgrad in die EU einzureisen versuchen; auch Nepal scheint dank Visa-on-Arrival ein möglicher Fluchtweg mit gefälschten Pässen zu sein (AA 2.3.2018).

 

Soweit Repressionen praktiziert werden, geschieht dies landesweit unterschiedslos. Ausweichmöglichkeiten bestehen somit nicht (AA 2.3.2018).

 

Quellen:

 

 

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Grundversorgung

 

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 9,3 Mio. IRR im Monat (ca. 200 Euro). Das durchschnittliche Monatseinkommen pro Kopf liegt bei ca. 400 Euro (AA 2.3.2018).

 

Seit dem Amtsantritt der Regierung Rohani 2013 konnte sich die iranische Wirtschaft etwas erholen. Der Abschwung der Wirtschaft (-6,6 % im Jahr 2012; -1,9 % im Jahr 2013) konnte 2014 gestoppt werden. Im Jahre 2016 konnte die Regierung schon ein Wirtschaftswachstum von 4,6% verzeichnen. Das weitere Wachstum ist wesentlich von den Sanktionserleichterungen abhängig und ohne einen stark zunehmenden Außenhandel nicht realistisch. Seit Anfang 2014 ist es der iranischen Regierung gelungen, den Abwärtstrend des Rial zu stoppen. Im iranischen Jahr 1394 (2014/2015) betrug die durchschnittliche Inflation 14,7%; derzeit liegt sie bei ca. 10%. Es ist abzusehen, dass sich die Währung durch die positiven Impulse des Atomabkommens auf die iranische Wirtschaft auch zukünftig stabil halten wird. Die Aufhebung der Sanktionen hat nur sehr langsam Konsequenzen für den Durchschnittsiraner. Kritiker warten ungeduldig auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und ein Wirtschaftswachstum, das nicht nur in der Ölwirtschaft, sondern auch in der Privatwirtschaft, etc, zu spüren ist. In seiner zweiten Amtszeit setzt Präsident Rohani daher verstärkt auf den weiteren Ausbau der Wirtschaft. Ausländische Investoren sollen für den iranischen Markt gewonnen werden, um Arbeitsplätze zu schaffen. Eine nachhaltige Erholung der iranischen Wirtschaft wird nämlich auch davon abhängen, ob es der Regierung gelingt, die Devisenknappheit und das Inflationsproblem langfristig unter Kontrolle zu bringen. Devisenreserven befinden sich Großteils im Ausland und können von der iranischen Regierung nur eingeschränkt verwendet werden. Beide Problembereiche sind eng mit dem Zugang zu ausländischen Devisenquellen und Investitionen aus dem Ausland verbunden. Gegenwärtig halten sich sowohl einheimische als auch ausländische Investoren aufgrund der derzeit noch nicht absehbaren politischen Risiken mit Investitionen zurück (ÖB XXXX 9.2017).

 

Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund 1 Mio. Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Die Arbeitslosenrate in Iran betrug im Juni 2016 nach offiziellen Statistiken 10,7% mit Tendenz nach oben. Inoffiziellen Zahlen zufolge ist der Wert jedoch fast doppelt so hoch. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger "brain drain", der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen wird (ÖB XXXX 9.2017). Ende Dezember 2017 entstanden Proteste aufgrund der schlechten ökonomischen Lage in einigen Städten (FH 1.2018).

 

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht fast komplett unter staatlicher Kontrolle. So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen, auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher kaum eine eigenständige Wirtschaft entwickeln. Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten Jahren wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin staatlich subventioniert ist, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hob er den Benzinpreis an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen. Vor diesem Hintergrund darf man davon ausgehen, dass der Modernisierung der Infrastruktur des Erdölsektors nach dem Ende der Sanktionen eine hohe Priorität eingeräumt werden wird (GIZ 3.2018b).

 

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil‑)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der XXXX Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company (GIZ 3.2018b).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

 

Sozialbeihilfen

 

Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch i.H.v. 800.000 IRR (ca. 20 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld i.H.v. 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 11 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 2.3.2018).

 

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2017).

 

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialversicherung sichert allen Arbeitnehmern einen Schutz bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter und Berufsunfällen zu. Von 15.000 Obdachlosen in Iran im Jahr 2015 waren 5.000 Frauen. Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren werden vom Sozialversicherungssystem erfasst. Die Finanzierung ist zwischen Arbeitnehmer (7% des Lohns), Arbeitgeber (20-23%) und dem Staat, welcher den Beitrag des Arbeitnehmers um weitere 3% erhöht, aufgeteilt. Das Sozialversicherungssystem ist für Selbständige zugänglich, sofern diese zwischen 12% und 18% ihres Einkommens freiwillig zahlen. Beamte, Soldaten, Polizisten und die Revolutionsgarden (IRGC) haben ihre eigenen Rentensysteme (IOM 2017).

 

Es gibt einige NGOs, die gezielt in Not geratene Personen unterstützen. Dazu zählt zum Beispiel BEHZISTI, welche beispielsweise Drogensüchtigen, alleinerziehenden Müttern, Personen mit Einschränkungen etc. hilft. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozial-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Der Zugang ist für alle Bürger gleich, dennoch gibt es zusätzliche Unterstützungen, die von den Communities/Organisationen getragen werden: Z.B. The Imam Khomeini Relief Foundation eine gemeinnützige Organisation, die im März 1979 gegründet wurde und ärmliche Familien unterstützt (IOM 2017).

 

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2018b).

 

Quellen:

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Zwar ist es fast flächendeckend - laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung (100% in Städten, 95% auf dem Land), aber die Qualität schwankt. Die medizinische Versorgung ist in XXXX und anderen großen Städten ausreichend bis gut (GIZ 3.2018c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In XXXX ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 18.6.2018a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede einzelner Regionen. Zum Beispiel liegt der Unterschied der Lebenserwartung im Vergleich mancher Regionen bei 24 Jahren. Folgende sieben Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als die Referenz-Provinz XXXX auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Chorasan sowie Sistan und Belutschistan. Politische Reformen wurden bereits unternommen, um einen gleichmäßigeren Zugang zu Gesundheitsdiensten zu schaffen. Nichtsdestotrotz gibt es noch eine Vielzahl an Haushalten, die sich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung leisten können. Gesundheitsdienste sind geographisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB XXXX 9.2017).

 

Seit der islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert jedem Staatsbürger das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität. Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs. Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird. Dank eines Entwicklungsprogrammes für die Erweiterung der prä-stationären kostenlosen Notfalldienste konnte die Anzahl dieser von weniger als 600 zur Zeit der Revolution auf nahezu 2000 im Jahr 2013 vergrößert werden. Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen "Behvarz" (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) und für durchschnittlich 1.500 Personen zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird, und mehr als 85% der ländlichen Bevölkerung in dieser Weise "nahversorgt" werden (In Städten übernehmen sog. "Gesundheitsposten" in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser). Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren (ca. 3.000 landesweit) anzufinden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an ca. 730 städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB XXXX 9.2017).

 

Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten "Hohen Versicherungsrat" (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die "Organisation für Sozialversicherung" (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden. Die "Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste" (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Dadurch stieg die Anzahl an Versicherten in Iran von 40% in 1994 auf 90% in 2010. Für anerkannte Flüchtlinge wurde eine eigene Versicherungsorganisation geschaffen. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die "Imam Khomeini Stiftung", um nicht versicherte Personen, etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge (ÖB XXXX 9.2017). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, indem die Versorgung des Kranken mit Dingen des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 3.2018c).

 

Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen erheblich zugenommen haben, müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben von den versicherten Personen in bar direkt an die Gesundheitsdienstleister entrichtet werden ("Out-of-pocket expenditure" ohne staatliche oder von Versicherungen unterstützte Hilfeleistungen), sei es bei staatlichen oder größtenteils privaten sekundären oder tertiären Einrichtungen (ÖB XXXX 9.2017).

 

Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten. Es gibt zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI genannt: www.tamin.ir/ . Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern gedeckt (IOM 2017).

 

Versicherung durch Arbeit:

 

Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter.

 

Private Versicherung:

 

Mit Ausnahme von Regierungsangestellten müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig.

 

Salamat Versicherung:

 

Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter:

http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html (IOM 2017).

 

Zugang speziell für Rückkehrer

 

Anmeldeverfahren: Alle iranischen Bürger einschließlich Rückkehrer können beim Tamin Ejtemaei eine Krankenversicherung beantragen, http://www.tamin.ir/ Notwendige Dokumente: Eine Kopie des iranischen Geburtszertifikats, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können jedoch noch verlangt werden (IOM 2017).

 

Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird. Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen, sobald die Person eine Arbeit in Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2017).

 

In den zahlreichen Apotheken [Persisch: daru-khane] sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer (GIZ 3.2018c). Trotz kürzlicher Sanktionen gegen Iran, die zu einer vorläufigen Knappheit bestimmter Medikamentengruppen geführt haben, gibt es generell keinen Mangel an Medikamenten, Spezialisten sowie Behandlungsmöglichkeiten. Pharmazeutische Produkte werden unter der Aufsicht des Gesundheitsministeriums ausreichend importiert. "The Red Crescent" ist die zentrale Stelle bezüglich des Imports von speziellen Medikamenten, die für Patienten in bestimmten Apotheken erhältlich sind. Generell sind alle Medikamentengruppen in Iran erhältlich, welche üblicherweise in kleinen Mengen ausgeteilt werden, um den Weiterverkauf auf dem Schwarzmarkt zu unterbinden. Darüber hinaus gibt es vor allem in größeren Städten mehrere private Kliniken, die für Privatpatienten Gesundheitsdienste anbieten. In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind, Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitszentrum kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Rückkehr

 

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren (AA 2.3.2018).

 

Zum Thema Rückkehrer gibt es kein systematisches Monitoring das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an Rückkehrern in XXXX in Euro aus (ÖB XXXX 9.2017).

 

Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

 

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen berichtet der FFM-Bericht, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie in Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird wohl nichts geschehen (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 2.3.2018). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 2.3.2018).

 

Zurückgeführte unbegleitete Minderjährige werden vom "Amt für soziale Angelegenheiten beim iranischen Außenministerium" betreut und in Waisenheime überführt, wenn eine vorherige Unterrichtung erfolgt (AA 2.3.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

Dokumente (einschließlich Überprüfung)

 

Gefälschte bzw. mit falschen Angaben erstellte Dokumente sind in Iran einfach erhältlich (ÖB XXXX ; vgl. AA 2.3.2018). Dies schließt jegliche Art von Urkunden wie Reisedokumente, Geburts- oder Heiratsurkunden sowie Gerichtsurteile ein (AA 9.12.2015). Die vorgelegten Dokumente sind in den meisten Fällen echt, der Inhalt gefälscht oder verfälscht. Sowohl die von iranischen Behörden als auch von der afghanischen Botschaft in Iran ausgestellten Dokumente bestätigen unrichtige Angaben. Eine Überprüfung ist seitens der österreichischen Botschaft nicht möglich (ÖB XXXX 9.2017). Die afghanische Botschaft hat laut UNHCR jedenfalls kürzlich begonnen, Identitätsnachweise an afghanische Personen in Iran auszustellen (ÖB XXXX 9.2017).

 

Auch Bescheinigungen über die Betätigung in politischen Parteien oder Mitgliedsausweise insbesondere "monarchistischer" (d.h. Schah-Treue) Gruppen sind leicht zu beschaffen. Auch echte Dokumente unrichtigen Inhaltes, insbesondere auch die oben genannten Mitgliedsausweise, sind einfach bei den zuständigen Stellen zu beschaffen (AA 9.12.2015).

 

Die offizielle Registrierungsbehörde nimmt alle iranischen Staatsangehörigen in ihre Datenbank auf. Auslandsvertretungen sind nicht ermächtigt, Auskünfte einzuholen. Ein formales Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren ist nicht bekannt (AA 2.3.2018).

 

Quellen:

 

 

Islamischen Republik Iran

 

 

 

3. Beweiswürdigung:

 

3.1. Die Identität der BF konnte aufgrund der Vorlage eines für im behördlichen Verfahren authentisch befundenen Personalausweises festgestellt werden.

 

Die festgestellte illegale Einreise der BF resultiert aus ihren diesbezüglich glaubwürdigen Angaben. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF resultieren aus der in der Beschwerde vorgelegten Bestätigung einer Allgemeinmedizinerin vom 21.06.2016 und hat die BF in der hg. Verhandlung angegeben, dass keine weiteren medizinischen Unterlagen existent sind; die problemlose Behandelbarkeit der betreffenden Erkrankungen konnte aufgrund der hg. länderkundlichen Feststellungen und der damit übereinstimmenden Angaben der BF festgestellt werden.

 

Insofern die BF Konzentrationsschwierigkeiten und Vergesslichkeit aufgrund eines bereits im Iran erlittenen Schlaganfalles, behauptete, so konnten diesbezüglich mangels fachärztlicher Unterlagen keine Feststellungen erfolgen; zu den seitens der BF genannten kognitiven Problemen fällt auf, dass die BF weder eingangs der behördlichen Erstbefragung noch eingangs der Einvernahme solche Schwierigkeiten behauptete, sondern verneinte die BF sowohl zu Beginn der Erstbefragung (AS 9: F: Haben Sie Beschwerden oder Krankheiten, die Sie an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen? A: Nein, ich kann dieser Einvernahme ohne Probleme folgen, aber ich leide unter Diabetes und Herzproblemen sowie Thrombosen) als auch eingangs der Einvernahme vor dem BFA (AS 46: F: Fühlen Sie sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen? A: Ja, mir geht es gut und ich kann der Einvernahme ohne Probleme folgen) solche Konzentrationsstörungen bzw. Gedächtnisprobleme. Die BF erwähnte zu Beginn der behördlichen Einvernahme zwar, früher einen Schlaganfall gehabt zu haben, ohne jedoch diesbezüglich Folgewirkungen wie Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen anzugeben.

 

Es fällt vielmehr auf, dass die BF solche Probleme auch nicht im Zuge der Schilderung der ausreisekausalen Vorkommnisse behauptete, sondern ausschließlich dann ins Treffen führte, wenn diese an sie gerichtete Fragen zu Glaubens- und Bibelinhalten nicht beantworten konnte, sodass hinsichtlich der angegebenen Vergesslichkeit der BF und der Konzentrationsstörungen von Schutzbehauptungen, welche nicht glaubwürdig sind, auszugehen ist.

 

Zur erstmals seitens der BF ins Treffen geführten Vergesslichkeit sei illustrativ auf folgende Passage in der Einvernahme vor dem BFA verwiesen (AS 55):

 

F: Welche christlichen Feste haben Sie schon in Österreich gefeiert?

 

A: Ich bin sehr vergesslich. Die Feste in der Kirche habe ich besucht. Alle, die bei uns in der Kirche waren, habe ich besucht zB die Auferstehung von Jesus Christus

 

...

 

F: Aus welchen Teilen besteht die Bibel?

 

A: Ich habe vergessen.

 

F: Nennen Sie die wichtigsten Symbole des Christentums?

 

A: Nein, das kann ich nicht sagen. Ich kenne den lieben Gott. Den Gott, der mich gerettet hat.

 

...

 

F: Was wird Ostern gefeiert?

 

A: Das habe ich vergessen.

 

F: Wie ist das Neue Testament eingeteilt?

 

A: Aus 4 Teilen, ich weiß es nicht. Ich lese es und dann vergesse ich es wieder.

 

Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen der BF im Herkunftsstaat sowie zu ihrem Privatleben in Österreich resultieren aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben der BF, aus der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem zentrales Fremdenregister und aus einer aktuellen Einsichtnahme in das Strafregister.

 

Die Feststellungen zur Taufe, Gottesdienstbesuchen, zur Teilnahme an einem Gebets- bzw. Bibelkreis resultieren aus den vorgelegten Bestätigungen und den damit in Einklang stehenden Angaben der BF und den Angaben der beiden in der hg. Verhandlung befragten Zeugen.

 

3.2. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH, 25.03.1999, 98/20/0559).

 

Seitens des Höchstgerichtes wurde auch in mehreren Erkenntnissen betont, dass die Aussage des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt und daher der persönliche Eindruck des Asylwerbers für die Bewertung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben von Wichtigkeit ist (VwGH, 24.06.1999, 98/20/0453; 25.11.1999, 98/20/0357).

 

Der VwGH hat in ständiger Judikatur erkannt, dass für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden es erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 23.01.1997, 95/20/0303,0304).

 

Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern.

 

Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988, 86/01/0268).

 

Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

 

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation des Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

 

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden (VwGH v. 29.06.2000, 2000/01/0093).

 

Ferner ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG (Anm.: bzw. nach dessen Nachfolgerbestimmung § 3 AsylG) bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen die Annahme sprechen (vgl zum Bericht der Glaubhaftmachung:

Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts (1991), 137 f, s. a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck, AsylG 1997, RZ 314, 524).

 

Kriterien der Glaubhaftmachung finden sich exemplarisch auch in Art. 4 Abs. 5 der StatusRL (Richtlinie 2004/83/EG ), worin folgende Faktoren angeführt werden:

 

Dass der Antragsteller sich offensichtlich bemüht hat, seinen Antrag zu substantiieren;

 

Dass alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

 

Dass festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

 

Dass der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war.

 

Dass die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist.

 

3.3. Die BF wurde in der hg. Verhandlung sowohl zu ihren Ausreisegründen als auch zu den Inhalten des Glaubens, von dem sie behauptete, sich diesem zugewandt zu haben und zu diesem konvertiert zu sein sowie zum Praktizieren dieses Glaubens befragt.

 

3.3.1. Zu den Ausreisegründen der Beschwerdeführerin

 

Hinsichtlich der seitens der BF geltend gemachten Ausreisegründe, wonach sie aufgrund der Hinwendung zum christlichen Glauben ihre Wohnung als Hauskirche zur Verfügung gestellt hat und die iranischen Behörden darauf aufmerksam wurden, sich erkundigten und eine Hausdurchsuchung durchführten, weshalb sie Repressionen befürchtete und das Land verlassen hat, ist festzuhalten, dass das diesbezügliche Vorbringen der BF einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht standhält.

 

Bereits zum Ort, von wo aus sie den Iran verlassen hat, divergieren die Angaben der BF eklatant.

 

Während diese nämlich in der behördlichen Einvernahme über konkretes Befragen, wo sie die letzte Nacht vor der Ausreise verbracht habe, erklärte, ‚In meiner Wohnung' (AS 50), ohne einen Aufenthalt bei Verwandten oder ihrem Sohn zu erwähnen, gab die BF erstmals in der hg. Verhandlung an, nachdem sie von behördlichen Nachforschungen bezüglich ihrer Person erfahren habe, habe sie ihre Wohnung verlassen und sei bei Verwandten, wie zB ihrem Sohn untergekommen, bis für sie ein Schlepper gefunden worden sei.

 

Über diesbezüglichen Vorhalt in der hg. Verhandlung erklärte die BF dazu ausweichend, sie sei von der Wohnung zu Verwandten gegangen und ca. 20 Tage dort aufhältig gewesen, was kein langer Zeitraum sei und habe sie in der Folge das Land verlassen.

 

Nach hg. Ansicht ist jedoch gerade der aufgezeigte Widerspruch insofern essentiell, als die BF in ihren ursprünglichen Angaben vor dem BFA ausdrücklich erklärte, die Nacht vor ihrer Ausreise in ihrer Wohnung verbracht zu haben, was ein sehr starkes Indiz dafür darstellt, dass die BF eben keinerlei Befürchtungen hinsichtlich etwaiger Repressionen durch die iranischen Behörden hegte und ist überdies das erstmals in der hg. Verhandlung erstattete Vorbringen zur Aufenthaltnahme bei Verwandten - auch in der Beschwerde wurden keine anderslautenden Angaben getroffen - als Steigerung im Vorbringen der BF zu qualifizieren und kann daher nicht von der Glaubwürdigkeit der diesbezüglichen Angaben ausgegangen werden.

 

Auch zum Verbleib des Reisepasses sind die Angaben der BF nicht miteinander in Einklang zu bringen. So gab diese dazu einerseits in der hg. Verhandlung an, der Schlepper habe diesen vor ihr verbrannt, wohingegen sie in der behördlichen Einvernahme dazu ausführte, der Schlepper habe ihren Reisepass vor ihren Auen zerrissen und weggeworfen, worin ein erheblicher Unterschied gelegen ist. Ergänzend ist dazu ferner festzuhalten, dass die BF in der Erstbefragung zu ihrem Reisepass erklärte, dass ihn der Schlepper ihr abgenommen habe, ohne eine Vernichtung des Reisedokumentes zu erwähnen. Die BF vermochte diesen Widerspruch mit ihrer Angabe, sie habe vor der Behörde dieselben Angaben wie in der hg. Verhandlung getroffen, nicht aufzulösen, sondern ist aufgrund des widersprüchlichen Vorbringens der BF zum Verbleib ihres Reisepasses davon auszugehen, dass diese nicht gewillt ist, Angaben zum tatsächlichen Verbleib ihres Reisedokumentes zu machen bzw. diesen im Asylverfahren vorzulegen.

 

Auch erklärte die BF in der behördlichen Erstbefragung, legal mit ihrem Reisepass ausgereist zu sein (AS 11).

 

Ferner sind die Angaben der BF bezüglich der ausreisekausalen Vorkommnisse nicht miteinander in Einklang zu bringen.

 

Während diese nämlich im behördlichen Verfahren erklärte, sie sei ausgereist, da sie erfahren habe, dass bezüglich ihrer Person Nachforschungen angestellt worden seien und sonst keine weiteren Ausreisegründe benannte, gab die BF erstmals in der hg. Verhandlung an, dass in ihrer Wohnung, nachdem sie diese verlassen und sich zu Verwandten begeben habe, eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe. Dies hätten ihr Freunde mitgeteilt und habe man sich auch bei den Nachbarn nach der BF erkundigt.

 

Das neue Vorbringen hinsichtlich einer Hausdurchsuchung in der Wohnung der BF stellt sohin eine klare Steigerung im Vorbringen der BF dar und konnte die BF keine plausible Erklärung für das Unterbleiben der betreffenden Angaben im behördlichen Verfahren und in der Beschwerde abgeben, sondern erklärte diese dazu lediglich, sie sei nicht danach gefragt worden. Auch der VwGH geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

 

Es ist daher davon auszugehen, dass gerade das einzige einschneidende, den persönlichen Bereich der BF unmittelbar betreffende Vorkommnis wie eine behördliche Hausdurchsuchung in sämtlichen Ausführungen der BF im Verfahren einen zentralen Teil einnehmen müsste, was jedoch nicht der Fall war, sodass dem Vorbringen der BF die Glaubwürdigkeit abzusprechen war.

 

Dass die BF derartige Vorkommnisse im bisherigen Asylverfahren (Erstbefragung, Einvernahme, Beschwerde) unerwähnt ließ, und auch in ihrer eigeninitiativen Schilderung der Ausreisegründe in der hg. Verhandlung nicht erwähnte, spricht umso mehr für die Unglaubwürdigkeit der Angaben der BF, als gerade die erwähnte Hausdurchsuchung letztlich den einzigen konkreten Vorfall im gesamten Vorbringen der BF darstellt, stützte diese ihre bisherigen Angaben zu den Ausreisegründen doch ausschließlich auf Informationen von Dritten hinsichtlich Nachforschungen ihre Person betreffend, ohne konkrete Vorfälle zu benennen. Das erstmalige Erwähnen der Hausdurchsuchung in der hg. Verhandlung ist sohin nicht plausibel und einmal mehr dazu geeignet, dem Vorbringen insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

 

In diesem Konnex ist auch zu erwähnen, dass die BF vielmehr die Frage im behördlichen Verfahren, ob sie selbst persönlich verfolgt oder bedroht wurde, ausdrücklich verneinte (AS 52).

 

Auch erwähnte die BF erstmals in der hg. Verhandlung einen Vorfall mit einem islamischen Geistlichen, welcher die BF in einem Geschäft mehrmals gefragt haben solle, ob sie Christin sei. Diese Steigerung im Vorbringen der BF ist insofern essentiell, als die BF in der hg. Verhandlung behauptete, sie gehe davon aus, dass aus diesem Gespräch mit dem Geistlichen die Nachforschungen bezüglich ihrer Person resultieren.

 

Auch dieses gesteigerte Vorbringen ist einmal mehr geeignet, dem Vorbringen der BF die Glaubwürdigkeit zu versagen und ist es ebensowenig plausibel, dass gerade ein solches Zusammentreffen mit einem Geistlichen im gesamten bisherigen Verfahren unerwähnt blieb, dies insbesonders im Lichte dessen, dass die BF darin die Ursache für die behördlichen Nachforschungen zu ihrer Person vermutete.

 

Desweiteren divergieren die Angaben der BF hinsichtlich der 20 Tage vor ihrer Ausreise, welche sie bei Verwandten verbracht haben will, nachdem sie von den Nachforschungen hinsichtlich ihrer Person erfahren haben will.

 

Während die BF in der hg. Verhandlung dazu über konkretes Nachfragen erklärte, sie habe während dieses Zeitraumes nichts gemacht, sei Gast gewesen, habe keine missionarische Tätigkeit betrieben, sondern nur für sich selbst gebetet, in der Bibel gelesen und christliche Kanäle im TV angesehen zu haben, hatte diese dazu in der behördlichen Einvernahme erklärt, sie sei zu Besuch im Geschäft einer Person gewesen, die auch Teilnehmer in ihrer Hauskirche gewesen sei, diese sei auch getauft worden und deshalb ausgereist. In der hg. Verhandlung erklärte die BF, sie habe mit ‚Besuch' ihre Verwanden gemeint, wo sie untergebracht gewesen sei.

 

Diese Erklärung ist jedoch nicht geeignet, den dargelegten Widerspruch zu beseitigen, sondern führt diese zu einer weiteren Ungereimtheit, indem die BF in der hg. Verhandlung betonte, lediglich bei Verwandten gewesen zu sein, jedoch keine Person aus der Hauskirche in deren Geschäft besucht zu haben.

 

Ferner fällt auf, dass die BF über Befragen in der hg. Verhandlung, wie oft und in welchen Abständen die Hauskirchentreffen stattfanden, zunächst festhielt, dass man sich die Treffen nicht wie einen Hauskreis hätte vorstellen dürfen, da sie dies nicht gemacht habe. In der behördlichen Einvernahme sprach die BF hingegen sehr wohl und wiederholt davon, ihre Wohnung als Hauskirche benutzt zu haben (zB AS 51, AS 53).

 

Auch zur Frequenz der Hauskirchentreffen stehen die Angaben der BF nicht in Einklang. So erklärte diese dazu, die Treffen hätten in unterschiedlichen Abständen, jedoch mindestens einmal wöchentlich stattgefunden. Vor dem BFA gab die BF dazu jedoch an, es habe 2-3mal monatlich ein solches Treffen gegeben.

 

Ebensowenig sind die Angaben der BF zu Frau XXXX , welche an ihrem Hauskreis teilgenommen haben und die BF bezüglich behördlicher Nachforschungen gewarnt haben will, stimmig, sondern widersprechen einander deutlich. So gab die BF in der hg. Verhandlung an, es habe sich bei Frau XXXX um die Ehefrau eines Angehörigen der Revolutionsgarden gehandelt; diese Frau habe ihrem Mann nicht gesagt, dass sie sich selbst für das Christentum interessiere, weil er bei der Garde gewesen sei. In der behördlichen Einvernahme erklärte die BF dazu divergierend, dass der Mann von Frau XXXX bei der Polizei gewesen sei und sehr wohl gewusst habe, dass diese die Kirche besucht habe, jedoch habe er nichts dagegen gehabt.

 

Die BF erklärte dazu in der hg. Verhandlung, sie habe dies vor dem BFA nicht so gesagt und könne sie sich nicht an solche Fragen erinnern.

 

Damit steht jedoch nicht in Einklang, dass die BF nach Rückübersetzung der behördlichen Niederschrift deren Richtigkeit und Vollständigkeit mit ihrer Unterschrift bestätigte (vgl. dazu den obzitierten § 15 AVG). Gem. § 15 AVG liefert eine gem. § 14 aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und über den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Beweises zulässig bleibt. Mit den von der BF dargelegten Argumenten gelingt es ihr mangels Substantiiertheit nicht, den vollen Beweis der gegenständlichen Niederschriften zu entkräften. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher - wie auch schon das Bundesamt - keine Zweifel am vollen Beweis der Niederschrift im behördlichen Verfahren.

 

Letztlich ist festzuhalten, dass die BF auch hinsichtlich der Quelle, von der sie bezüglich der behördlichen Ermittlungen gegen Sie erfahren haben will, keine gleichbleibenden Angaben traf. So erklärte sie in der hg. Verhandlung, auch die Nachbarn hätten ihr erzählt, dass in ihrem Viertel Nachforschungen angestellt worden seien. Im behördlichen Verfahren erwähnte die BF ausschließlich Frau XXXX , eine Angehörige ihres Hauskirchenkreises, welche ihr von den behördlichen Ermittlungen erzählt habe.

 

Auch ist der Argumentation des BFA zuzustimmen, wenn es beweiswürdigend festhält, dass die BF nicht in der Lage war, die Namen der Teilnehmer des Hauskreises zu nennen und daraus auf die Unglaubwürdigkeit der Angaben der BF schließt.

 

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde, wonach die BF nicht aufgefordert worden sei, die Namen sämtlicher Personen des Hauskreises zu nennen, ist der behördlichen Niederschrift sehr wohl eine solche Aufforderung zu entnehmen (AS 52: F: Kennen Sie die anderen Personen auch namentlich? A: Ein Mann namens XXXX ), sodass die erkennende Richterin der Ansicht des BFA beitritt, wonach aus dem Unvermögen der BF, die Namen der ca. 10 Teilnehmer des Hauskreises zu nennen, einmal mehr auf die Unglaubwürdigkeit der betreffenden Angaben der BF geschlossen werden kann, ist doch aufgrund der Mitgliedschaft in einem Hauskreis von einem persönlichen Naheverhältnis der Teilnehmer auszugehen und ist es nicht plausibel, Personen wiederholt in seine Wohnung einzuladen, jedoch deren Namen nicht zu kennen.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihren Ausreisegründen aus den dargelegten Gründen einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht standhalten konnten und sind diese sohin als unglaubwürdig zu qualifizieren.

 

3.3.2. Zur Konversion der Beschwerdeführerin

 

3.3.2.1. Untrennbar in Zusammenhang mit den seitens der BF geltend gemachten Gründen für ihre Ausreise, nämlich die Nachforschungen der Behörden wegen deren Hinwendung zum Christentum, steht die seitens der BF angegebene Konversion und das Praktizieren des christlichen Glaubens sowohl im Iran als auch in Österreich. Bereits aufgrund der Tatsache der Untrennbarkeit des ausreisekausalen Vorbringens und jenem der Konversion und der Glaubenspraxis in Österreich stellt schon die festgestellte Unglaubwürdigkeit der Ausreisegründe ein starkes Indiz für Unglaubwürdigkeit der behaupteten Konversion und Glaubenspraxis dar und lässt umgekehrt die aus nachfolgenden Gründen festgestellte Scheinkonversion Rückschlüsse auf die Unglaubwürdigkeit der ausreisekausalen Angaben der BF zu.

 

Doch auch die Prüfung der Glaubwürdigkeit der Konversion per se lässt - unabhängig von der bisherigen Beweiswürdigung - aufgrund nachfolgender Überlegungen keinen anderen Schluss zu, als von der Unglaubwürdigkeit der diesbezüglichen Angaben und in weiterer Konsequenz von einer Scheinkonversion auszugehen.

 

Die Beschwerdeführerin wurde sowohl in der behördlichen Einvernahme als auch in der hg. Beschwerdeverhandlung zu Inhalten des christlichen Glaubens befragt und konnte einige der ihr gestellten Wissensfragen auch zum Teil in der hg. Verhandlung rudimentär beantworten, was jedoch für sich allein betrachtet nicht dazu geeignet ist, eine Konversion im Sinne einer inneren Haltung glaubwürdig darzulegen. So ist davon auszugehen, dass es nicht mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, sich einen grundsätzlichen Wissensstand zu Glaubens- und Bibelinhalten durch entsprechendes Lernen und Ansehen von Filmen anzueignen und sind dem hg. Amtswissen zufolge auch im Internet entsprechende Fragenkataloge speziell für im Asylverfahren vorgebrachte Konversion abrufbar.

 

Wenn die BF Wissensfragen in der hg. Verhandlung teils fragmentarisch beantworten konnte, so kommt dem im vorliegenden Fall bei Gesamtbetrachtung der sonstigen fallbezogenen Faktoren jedoch eine untergeordnete Bedeutung zu.

 

Es fällt jedoch vielmehr auch auf, dass die BF in der behördlichen Verhandlung an sie gerichtete Fragen zu zentralen Glaubens- und Bibelinhalten nicht beantworten konnte und kommt dieser Tatsache insofern eine besondere Bedeutung zu, als die BF zum Zeitpunkt der behördlichen Einvernahme, welche am 04.10.2016 stattfand, nahezu bereits zehn Jahre dem christlichen Glauben angehört und über den Zeitraum von 1-1,5 Jahren an Hauskreisen teilgenommen haben will und legte diese eine schriftliche Bestätigung ihrer Taufe vom 27.04.2007 im Iran und diesbezügliche Fotos vor.

 

Die erkennende Richterin übersieht nicht, dass es sich bei der Hinwendung zu einem neuen Glauben um einen dynamischen Prozess handelt, doch kann von einer Person, welche wie in der behördlichen Einvernahme angibt, bereits seit rd. zehn Jahren dem Christentum anzugehören, erwartete werden, dass die zentralen Glaubensgrundsätze und das betreffende Bibelwissen nachhaltig verfestigt sind, was bei der BF in der behördlichen Einvernahme jedoch nicht der Fall war.

 

Völlig zutreffend verwies bereits das BFA im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend darauf, dass die BF lediglich über geringes Wissen über das Christentum verfüge und lediglich bruchstückhafte Angaben zu einfach gestellten Fragen über grundlegende Begriffe und Themengebiete habe machen können und verwies auch darauf, dass die BF hinsichtlich der Art über das Christentum und den Glauben zu sprechen, künstlich und fremdbestimmt gewirkt habe und könne in weiterer Folge nicht davon ausgegangen werden, dass die BF missionierend tätig sei.

 

Illustrativ sei dazu auf folgende Passagen in der behördlichen

Einvernahme verwiesen:

 

F: Was war Ihre persönliche Motivation zu konvertieren?

 

A: Ich bin in Gott verliebt.

 

F: Welche christlichen Feste haben Sie schon in Österreich gefeiert?

 

A: Ich bin sehr vergesslich. Die Feste in der Kirche habe ich besucht. Alle, die bei uns in der Kirche waren, habe ich besucht zB die Auferstehung von Jesus Christus

 

...

 

F: Aus welchen Teilen besteht die Bibel?

 

A: Ich habe vergessen.

 

F: Nennen Sie die wichtigsten Symbole des Christentums?

 

A: Nein, das kann ich nicht sagen. Ich kenne den lieben Gott. Den Gott, der mich gerettet hat.

 

...

 

F: Was wird Ostern gefeiert?

 

A: Das habe ich vergessen.

 

F: Wie ist das Neue Testament eingeteilt?

 

A: Aus 4 Teilen, ich weiß es nicht. Ich lese es und dann vergesse ich es wieder.

 

F: Wie heißen die 4 Evangelien?

 

A: Matthäus, Johannes, Markus mehr fällt mir nicht ein.

 

....

 

F: Was ist die heilige Messe?

 

A: Ja ich kenne die heilige Messe.

 

Dass die BF zu einem Zeitpunkt, zu dem diese bereits seit rd. 10 Jahren den christlichen Glauben praktiziert haben will und ebenso lange getauft ist, weder das zentrale christliche Fest Ostern, noch christliche Symbole noch die grundsätzliche Einteilung der Bibel in Altes und Neues Testament oder die vier Evangelisten vollständig benennen kann noch Angaben zur Messe machen kann, lässt nicht den Schluss zu, dass sich diese ernsthaft mit christlichen Glaubensgrundsätzen oder der Bibel der Schriftensammlung, die im Christentum als Heilige Schrift mit normativem Anspruch für die ganze Religionsausübung gilt, beschäftigt hat.

 

Zu den seitens der BF in der hg. Verhandlung gegebenen Antworten in Zusammenhang mit Glaubens- und Bibelwissen ist ferner festzuhalten, dass sich diese zum Teil auf die kurze Wiedergabe von Informationen beschränkten, jedoch eine umfassende und eigeninitiative Wiedergabe von Bibelwissen verbunden mit eigenen spirituellen Gedanken, Details oder Zusammenhängen, wie es Personen, welche sich tatsächlich einem neuen Glauben zugewandt haben und gerade aus Begeisterung darüber, diesen ein Bedürfnis ist, darüber zu sprechen, vermissen lassen.

 

Beispielhaft sei dazu auf folgende Passage in der hg. Verhandlung verwiesen:

 

VR: Gibt es einen Regelkatalog, nach dem die Christen leben?

 

BF: Es gibt die alten Gebote, an die man sich halten muss und zusätzlich muss man im Christentum barmherzig sein, der christliche Gott ist der Inbegriff der Barmherzigkeit.

 

VR: Was wissen Sie über die Gebote?

 

BF: Ich kann mich an folgende erinnern: Du sollst nicht stehlen, nicht lügen, nicht betrügen, die Eltern ehren, es gibt keinen Gott außer Gott den Allmächtigen.

 

Abgesehen davon, dass die BF nicht vermochte, die 10 Gebote, welche im Christentum zentralen Rang für die theologische Ethik haben, vollständig wiederzugeben, nannte die BF auch keine diesbezüglichen Hintergründe und Zusammenhänge im Alten und Neuen Testament. Es kann jedoch von einer Person, welche sich einem neuen Glauben zugewendet hat erwartet werden, gerade den zentralen Regelkatalog vollständig zu kennen und über weiteres Befragen, was sie über diesen Regelkatalog wisse, von sich aus Auskunft über die Entstehung und Bedeutung zu erteilen, was der BF jedoch nicht möglich war.

 

Die BF kannte auch das christliche Fest ‚Fronleichnam' nicht, obwohl es sich hiebei um einen gesetzlichen Feiertag in Österreich handelt, was der BF bei tatsächlichem Praktizieren des christlichen Glaubens zumindest bekannt sein müsste.

 

Auch zum Fest der Hl. Drei Könige vermochte die BF weder das Datum, welches ebenso ein gesetzlicher Feiertag in Österreich ist, noch die Namen der Könige oder deren Geschenke an Jesus benennen. Sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche wird das Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar gefeiert und der drei Weisen gedacht.

 

Dass der BF die genannten gesetzlichen Feiertage, welche aus der christlichen Religion resultieren, nicht einmal dem Namen nach bekannt sind, spricht nicht dafür, dass sich diese mit dem christlichen Glauben fundiert auseinandersetzt und diesen tatsächlich praktiziert.

 

Der BF war es in der behördlichen Einvernahme auch nicht möglich, christliche Symbole zu benennen und erklärte sie dazu in der hg. Verhandlung noch einmal befragt, das Kreuz sei das einzige Symbol, ohne jedoch die Symbole Fisch, Alpha und Omega oder das Christusmonogramm zu erwähnen.

 

Ferner konnte die BF nicht angeben, welcher Prophet zwischen Altem und Neuem Testament steht, sondern nannte auf die diesbezügliche Frage Moses anstatt Johannes den Täufer.

 

Auch zur Rolle des Paulus konnte die BF keine anderen, als die nachzitierten Angaben machen.

 

VR: Wer ist Paulus?

 

BF: Er ist einer der Schüler von Gott und ich denke auch von Jesus gewesen...

 

Dolm: Die BF war sich nicht sicher.

 

VR: Was wissen Sie noch über Paulus?

 

BF: Paulus war ein Jude und hat viele Menschen getötet. Er hat sich Jesus zugewandt und wurde einer seiner Schüler (BF schweigt).

 

VR: Was wissen Sie über die Paulusbriefe?

 

BF denkt nach...Ich denke, dass im Anhang der Bibel die Briefe von Paulus waren, es waren mehrere. BF denkt nach...

 

VR: Welche Bedeutung hat der Sonntag für die Christen?

 

BF: Ja, die Briefe von Paulus sind im Anschluss an die Evangelien bei der Briefesammlung. Der Sonntag ist der Tag der Auferstehung von Jesus.

 

Hätte sich die BF jedoch tatsächlich und fundiert mit Bibelinhalten auseinandergesetzt, was diese lt. ihren Angaben bereits seit dem Jahr 2006 macht, wäre sie von sich aus in der Lage gewesen, zumindest in Grundzügen Ausführungen zu Paulus, der als wichtigster Theologe und Missionar des Urchristentums gilt und den Paulusbriefen, welche auf dem Missionierungsgedanken beruhen, zu treffen, was aber nicht geschehen ist.

 

Die BF vermochte über die obzitierten Angaben hinaus auch keinen der 13 Paulusbriefe, welche einen essentiellen Teil der Bibel darstellen, dem Namen nach zu benennen oder Ausführungen zu deren zentralen Inhalten, nämlich die Missionierung zu machen, was einmal mehr nicht für eine ernsthafte Auseinandersetzung der BF mit christlichen Glaubensinhalten oder den Inhalten der Bibel spricht.

 

Insbesonders wird lt. zeugenschaftlicher Aussage des Pastors der Pfingstgemeinde in der hg. Verhandlung in jedem Gottesdienst, in dem die Kommunion gespendet wird, aus dem Paulusbrief an die Korinther zitiert, sodass dies der BF, welche angibt, regelmäßig die Gottesdienste zu besuchen, bekannt sein müsste, was jedoch nicht der Fall war.

 

Auch konnte die BF in der hg. Verhandlung die Zeit vor Weihnachten (Advent) weder zeitlich im Kirchenjahr einordnen noch dazu eine ansatzweise Erklärung zu dieser christlichen Vorbereitungszeit auf Weihnachten abgeben und vermochte den Beginn des Kirchenjahres nicht richtig anzugeben.

 

VR: Was können Sie über die Zeit vor Weihnachten erzählen, es ist für Christen eine besondere Zeit?

 

BF: Ich kann die Monatsnamen nicht auswendig.

 

VR wiederholt die Frage.

 

BF: Das weiß ich nicht.

 

Die BF, die nun seit Oktober 2015 in Österreich lebt und angegeben hat, den Glauben hier weiter zu praktizieren und sich dem Christentum und der Kirche zugehörig zu fühlen und Gottesdienste und Bibelkurse besucht, was auch von Kirchenmitgliedern bestätigt wird, kennt den Advent nicht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die BF diesen mehrere Wochen andauernden Zeitabschnitt im Kirchenjahr, welcher als Vorbereitung auf das Weihnachtsfest nicht nur in der Messfeier ein zentrales Element darstellt, sondern unter anderem auch durch das Symbol des Adventskranzes deutlich in Erscheinung tritt, zuordnen und erklären kann, was jedoch nicht geschehen ist. Auch müsste die BF diesen Zeitraum seit ihrer Einreise in Österreich bis zur hg. Verhandlung bereits dreimal durchlaufen haben und kommt hinzu, dass die BF angab, dass ihre erwachsenen Töchter in XXXX und XXXX leben, ebenfalls zum christlichen Glauben konvertiert sind, sodass davon ausgegangen werden müsste, dass die BF auch im Familienkreis den christlichen Glauben lebt und diese daher den Advent als Vorbereitung auf Weihnachten kennen und dazu Ausführungen treffen können müsste, was jedoch nicht der Fall war, was erneut gegen eine ernsthafte Hinwendung der BF zum christlichen Glauben und auch gegen deren interessierte Teilnahme an Gottesdiensten spricht.

 

Ferner war die BF nicht in der Lage, Angaben zum Kirchenjahr bzw. zum immer wiederkehrenden Ablauf von Festen und Zeitspannen im Sinne eines Jahreskreises zu machen, was nicht dafür spricht, dass sie sich tatsächlich damit auseinandergesetzt hat, obwohl sie schon drei Jahre in Österreich, einem Land, in dem Religions- und Glaubensfreiheit herrschen, aufhältig ist.

 

Die BF wurde in der hg. Verhandlung auch gefragt, wann und was sie zuletzt in der Bibel gelesen habe. Die BF gab an, vor ca. einer Woche in der Bibel gelesen zu haben und erklärte zum Inhalt der betreffenden Bibelstelle nach längerem Nachdenken: Ich habe die Geschichte eines persischen Kaisers namens Xerxes gelesen. Er hat eine Jüdin geheiratet und deswegen konnten sich die Juden im Reich der Perser freier bewegen.

 

Die BF erklärte, sie wisse nicht, wo sie dies in der Bibel gelesen habe. Die Angaben der BF, welche kurz gehalten waren und weitere Ausführungen, wie etwa eigene spirituelle Gedanken vermissen lassen, lassen keinerlei Rückschlüsse auf eine tatsächliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gelesenen zu, was jedoch von einer Person, die sich einem neuen Glauben zugewendet hat, zu erwarten wäre.

 

Die BF wurde auch nach einer oder mehrere Lieblingsstellen in der Bibel gefragt, doch gab sie dazu lediglich an, die ganze Bibel immer wieder durchzulesen, die Bibel schenke ihr Ruhe und habe sie keine besondere Bibelstelle.

 

Aus den gegenständlichen allgemeinen und unsubstantiierten Ausführungen der BF kann nach hg. Ansicht einmal mehr geschlossen werden, dass sich diese mit Bibelinhalten nicht fundiert auseinandergesetzt hat, was einmal mehr gegen die Glaubwürdigkeit einer Konversion der BF spricht.

 

Die BF, welche angab, als zuvor gläubige Muslima gefastet zu haben, wurde ferner zur Fastenzeit im christlichen Glauben befragt, wozu sie erklärte, sie habe bereits einmal in der Kirchengemeinde gefastet. Die BF war zwar in der Lage die Dauer und den Grund der christlichen Fastenzeit anzugeben, doch sie vermochte nicht, eine zeitliche Einordnung zu treffen, sondern erklärte diese nach längerem Nachdenken in der hg. Verhandlung, dass diese zwischen Auferstehung und Pfingsten gelegen sei.

 

Dass der BF diese zeitliche Einordnung der Phase der Reinigung vor Ostern nicht bekannt ist, lässt zusätzlich Rückschlüsse auf die Unglaubwürdigkeit ihrer Angaben hinsichtlich einer ernsthaften Konversion zu, hat doch die 40 tägige Fastenzeit auch im Lichte des neuen Testaments im Zusammenhang mit dem Aufenthalt Jesu in der Wüste eine besondere Bedeutung und wäre von einer Person, welche sich ihren Angaben zufolge seit nunmehr rd. dreizehn Jahren, davon drei Jahre in Österreich zum christlichen Glauben bekennt, zu erwarten, die Fastenzeit zu praktizieren oder aber zumindest eine korrekte zeitliche Einordnung treffen zu können, dies umso mehr, als die BF angab, in Österreich zwei erwachsene dem christlichen Glauben zugehörige Töchter, wovon sie zu einer intensiven Kontakt hat, zu haben.

 

In der hg. Verhandlung wurde die BF nach ihrer Taufe bzw. nach der Vorbereitung auf die Taufe gefragt, und gab dazu an, dass sie keinen Taufvorbereitungskurs besucht habe und im Iran getauft worden sei. Auch aus den zeugenschaftlichen Angaben des Taufspenders geht nicht hervor, wie sich dieser von der ernsthaften Hinwendung der BF zu Christentum überzeugt hat, sondern erklärte dieser dazu, die BF sei von ihrer Schwester missioniert worden und habe in Gesprächen und über religiöse Kanäle zum Glauben gefunden und ihm gegenüber Zeugnis abgegeben und habe sie getauft werden wollen.

 

Die Taufe der BF nimmt aufgrund der mangelnden Überprüfung der Ernsthaftigkeit des behaupteten Glaubenswechsels durch die taufende Organisation und die nicht existente Vorbereitung auf die Taufe seitens der BF daher bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der behaupteten Konversion der BF eine untergeordnete Bedeutung ein.

 

Im übrigen fällt im Lichte der zeugenschaftlichen Angaben des Taufspenders auf, dass dieser erklärte, die BF sei durch ihre Schwester missioniert worden. Ein Missionieren durch ihre Schwester findet in den Angaben der BF zu ihrer Hinwendung zum christlichen Glauben keinerlei Erwähnung, sondern gab die BF dazu in der hg. Verhandlung an, während ihres Aufenthaltes in Österreich und Deutschland über ihre Kinder Jesus und das Christentum kennengelernt zu haben.

 

Die BF vermochte auch nicht, den inhaltlichen Ablauf ihrer Taufe zu schildern, sondern gab über Aufforderung dazu an: Meine Schwester war zu Besuch im Iran, zur gleichen Zeit war Pastor XXXX im Iran, in seiner Heimatstadt bei seinem kranken Vater. Ich hatte mit meiner Schwester gesprochen, dass sie ihn bittet, mich zu taufen. Er hat eingewilligt und in XXXX wurde ich in einem aufblasbaren Planschbecken, was ich meinem Enkel schenkte, getauft.

 

Auf die Frage, was sie an der Taufe besonders bewegt habe, erklärt die BF ‚Die Errettung'.

 

Bei Betrachtung der Angaben der BF fällt auf, dass diese weder Ausführungen des taufenden Priesters wiedergab noch eigene spirituelle Gedanken, Eindrücke und Empfindungen zum Taufakt schilderte, sondern beschränkte sie sich auf die genannten wenigen äußeren und oberflächlichen Geschehnisabläufe. Von einer Person, welche sich ernsthaft dem christlichen Glauben zuwendet und sich zum Schritt der Taufe, welche doch im Falle der Ernsthaftigkeit eine erhebliche Bedeutung einnimmt, entschließt, ist jedoch zu erwarten, dass diese eben solche spirituellen Gedanken oder Eindrücke, die sie besonders bewegt haben, wie zB Worte des Taufspenders, schildert, was jedoch im Falle der BF gänzlich unterblieben ist.

 

Die BF gab auch an, regelmäßig Gottesdienste zu besuchen, was auch durch die in der hg. Verhandlung einvernommenen Zeugen bestätigt wurde.

 

Die BF war jedoch nicht in der Lage, den Inhalt des Evangeliums oder den Inhalt der Predigt des Gottesdienstes, den sie in der Woche vor der hg. Verhandlung besuchte, wiederzugeben, sondern gab sie dazu an: An die Predigt kann ich mich nicht mehr erinnern. Welches Evangelium vorgelesen wurde, weiß ich auch nicht. Es wurde eine Stelle aus dem AT vorgelesen, ich weiß aber nicht mehr, welche.

 

Die BF wurde weiter nach einer Predigt gefragt, welche sie besonders berührt habe und antwortete die BF darauf allgemein, dass alle Predigten schön und beeinflussend seien.

 

Im Lichte der Tatsache, dass die Predigt eine besondere Stellung im Neuen Testament und im Gottesdienst einnimmt, lassen die obzitierten Angaben der BF einmal mehr Rückschlüsse auf die mangelnde Ernsthaftigkeit einer Konversion zu.

 

Aufgrund dieser Angaben der BF kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die BF mit den Inhalten des Gottesdienstes näher beschäftigt hat und ist es ihr nicht gelungen, ein besonderes Interesse an zentralen Elementen wie Evangelium und vor allem der Predigt darzutun. Bekräftigt wird diese Ansicht der Richterin durch die Angabe der BF auf die Frage zum Ablauf eines Gottesdienstes. Dazu führte die BF aus, dass anfangs vier religiöse Lieder gesungen werden würden, danach halte der Pastor die Predigt, außer es sei ein Gastpastor da. Es folge das Gebet und persönliche Bittstellungen und gebe es danach eine gemütliche Kaffee- und Teerunde.

 

Vor allem bei einem neuen und begeisterten Christen kann jedoch davon ausgegangen werden, dass er sich vor allem auch mit Predigten des Priesters auseinandersetzt und besonders einprägsame diesbezügliche Inhalte benennen kann, was die BF jedoch nicht vermochte, sondern wich diese auf die obzitierte allgemeine Antwort aus.

 

In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass die BF lt. den von ihr vorgelegten Bestätigungsschreiben an einem Bibel- und Gebetskreis teilnimmt, doch war die BF in der hg. Verhandlung nicht in der Lage, diesbezüglich Inhalte oder besonders bewegende Erfahrungen wiederzugeben, sondern gab dazu lediglich an, diese Dienstagstreffen seien weniger Bibelkreis als Gebetskreis, es werde hauptsächlich für alte, kranke und bekannte Menschen gebetet und werde von religiösen Erlebnissen der einzelnen Teilnehmer erzählt.

 

Diese Ausführungen der BF sind jedoch nicht in Einklang mit der zeugenschaftlichen Einvernahme des Pastors, welcher auch am Bibelkreis teilnimmt, zu bringen. Dieser gab sehr wohl zum Inhalt der genannten Veranstaltung an, dass im Vorfeld eine Bibelstelle gelesen werde und die Teilnehmer diese Stelle zur Vorbereitung vorab erhalten. Es werde dann erklärt und darüber gesprochen und werde zum Abschluss ein Gebet gesprochen.

 

Im Gegensatz zu den Angaben der BF, welche den Bibelkreis eher als Gebetskreis darstellte und mit den obzitierten Ausführungen umschrieb, stellte der Zeuge den Inhalt des Bibelkreises anders dar.

 

Den Ausführungen des Zeugen, der der Wahrheitspflicht unterliegt, kommt ein höherer Beweiswert als den Ausführungen der BF zu. Aus den Angaben der BF kann jedoch geschlossen werden, dass sich diese weder im Vorfeld noch im Bibelkreis selbst mit den im Bibelkreis besprochenen Bibelstellen auseinandersetzt und konnte diese auch keine Bibelstelle oder einen anderen Inhalt des Bibelkreises angeben, welche sie besonders bewegte.

 

Insgesamt legte die BF auch keine eigenen spirituellen Gedanken oder Eindrücke dazu dar, sondern beschränkte sie sich auf die genannten wenigen äußeren und oberflächlichen Faktoren. Von einer Person, welche aus einem Land, in dem keine Religionsfreiheit herrscht und der Abfall vom Islam geahndet wird und welche erstmals die Möglichkeit hat, ohne Angst vor Repressionen an einem Gebets- und Bibelkreis teilzunehmen, ist jedoch zu erwarten, dass diese aktiv und interessiert an einem solche teilnimmt und spirituelle Gedanken oder Eindrücke, die sie besonders bewegt haben, schildert, was jedoch im Falle der BF gänzlich unterblieben ist.

 

Um sich ein möglichst umfassendes Bild vom Vorbringen der BF hinsichtlich ihrer behaupteten Konversion zu verschaffen, wurde die BF nach dem Praktizieren ihres Glaubens gefragt und erklärte dazu, sie besuche sonntags den iranischen Gottesdienst und ab und zu den deutschsprachigen Gottesdienst; dienstags besuche sie den Gebets- und Bibelkreis.

 

Weder führte die BF jedoch aus, regelmäßig in der Bibel zu lesen noch gab diese an, regelmäßig zu beten.

 

Aufgrund der dargelegten Angaben der BF ist einmal mehr davon auszugehen, dass die BF im Zusammenhang mit dem Praktizieren ihres Glaubens, sich auf außenwirksame Akte beschränkte und eine tatsächliche Auseinandersetzung mit Inhalten des christlichen Glaubens und der Bibel im Sinne einer nachhaltigen, persönlichen und spirituellen Hinwendung vermissen lässt, sodass in weiterer Folge auch nicht von der Weitergabe von Glaubensinhalten und dem Verbreiten der Glaubenslehre ausgegangen werden kann.

 

Dass die BF im Zuge des Praktizierens ihres Glaubens auch außerhalb des Gottesdienstes betet, hat sie nicht angegeben, was erneut den Schluss zulässt, dass die BF den christlichen Glauben nicht praktiziert, bezeichnet doch gerade das Gebet eine zentrale Glaubenspraxis vieler Religionen.

 

Gerade von einer Person, welche bereits im Iran im Jahr 2007 getauft wurde und angibt, dort den Glauben im Geheimen praktiziert zu haben, wäre es doch naheliegend, in einem Land, in dem Religionsfreiheit herrscht, diesen Glauben auch umfassend und nicht nur außenwirksam zu praktizieren, was die BF offenbar nicht tut und einmal mehr darauf schließen lässt, dass sie nicht tatsächlich zu m christlichen Glauben konvertiert ist.

 

Die BF erklärte in der hg. Verhandlung über Befragen auch, bereits vor ihrer angegebenen Konversion zum Christentum ein religiöser Mensch und gläubige Muslima gewesen zu sein. Sie habe regelmäßig gebetet, gefastet und die Moschee besucht sowie an religiösen Frauentreffen teilgenommen.

 

Die BF vermochte über Aufforderung den Grund für ihre Konversion zu schildern sowie diesen Prozess eingehend und von sich aus zu beschreiben bzw. allenfalls ein Schlüsselerlebnis zu nennen, keine diesbezügliche nachvollziehbare Antwort zu geben, sondern erklärte dazu lediglich: Es gab kein Schlüsselerlebnis, aber als ich Jesus kennenlernte, habe ich mich für den christlichen Gott entschieden.

 

Die BF vermochte über Aufforderung durch die erkennende Richterin auch nicht, diese Angaben zu konkretisieren, sondern führte dazu weiter aus, sie habe während eines Aufenthaltes in Deutschland und Österreich bei ihren Kindern Jesus kennengelernt, jedoch nicht genügend Zeit gehabt. Einen Tag vor der Ausreise habe sie den Pastor kennengelernt und dieser habe das Glaubensbekenntnis aufgesagt; sie habe das Christentum akzeptiert und sei dann in den Iran gereist.

 

Die BF war sohin weder in der Lage, ein konkretes Schlüsselerlebnis noch einen nachvollziehbaren Glaubens- bzw. Gesinnungswandel darzulegen.

 

Schon in Anbetracht der Tatsache, dass die BF selbst angab, vor der behaupteten Konversion praktizierende Muslima gewesen zu sein, ist aus den soeben zitierten Angaben der BF zu den Gründen für ihre behauptete Konversion nicht ersichtlich, dass sich diese ernsthaft dem christlichen Glauben zugewendet hat, konnte diese doch mit den obzitierten Äußerungen nicht nachvollziehbar darlegen, aus welchem Grund aus einer gläubigen Muslima im Alter von rd. 56 Jahren eine gläubige Christin geworden ist.

 

Auch die seitens der BF genannten Kritikpunkte am Islam als Religion erschöpfen sich in der Eheschließungen Mohameds mit Minderjährigen und der untergeordneten Stellung der Frau im Islam, was jedoch nicht automatisch Rückschlüsse auf den Glauben der BF zulässt. Nach Ansicht der erkennenden Richterin kann aus einzelnen Kritikpunkten an einer Religion bzw. aus Kritikpunkten an deren Organisationsform oder Glaubensauslegung nicht zwangsläufig darauf geschlossen werden, dass die betreffende Person ihren bisher auch umfassend praktizierten Glauben, mit dem sie sozialisiert wurde, aufgibt oder das Bedürfnis hat, diesen im Sinne einer Konversion zu verändern, sondern ist in diesem Zusammenhang eine klare Unterscheidung zwischen Kritik an einer Religion einerseits und dem Glauben als tiefgreifender religiöser Überzeugung andererseits zu treffen.

 

Zusammenfassend ist im Lichte der obigen Ausführungen sohin nicht davon auszugehen, dass die BF sich aus ernsthafter innerer Überzeugung dem christlichen Glauben zugewendet hat, sondern ist vielmehr von einer behaupteten Konversion aus asyltaktischen Gründen auszugehen. Auch, wenn die erkennende Richterin festhält, dass die BF im Gegensatz zur behördlichen Einvernahme in der hg. Verhandlung in der Lage war, einige Wissensfragen zum Christentum zu beantworten. Dies spricht zwar dafür, dass die BF sich teilweise grundsätzliches rudimentäres Teilwissen über den christlichen Glauben aneignete, was auch aufgrund des familiären christlichen Umfeldes und der Zeit, die ihr zur Verfügung steht, nicht mit großen Schwierigkeiten verbunden ist.

 

Doch die Aneignung von Wissen allein ist jedoch für eine tatsächliche glaubwürdige Konversion nicht ausreichend, sondern ist dafür eine Gesamtbetrachtung notwendig, aus der sich jedoch aus den dargelegten Gründen klar die Unglaubwürdigkeit der Angaben der BF ergibt.

 

Vielmehr sprechen die in der hg. Verhandlung hervorgekommenen Aktivitäten der BF, wie ebenso durch die Befragung der BF hervorgekommen ist, für keine substantiierte spirituelle Haltung, welche von einer Person, die sich aus freien Stücken einem neuen Glauben, welcher aufgrund der in Österreich herrschenden Religionsfreiheit auch frei gelebt werden kann, zugewendet und sich sogar für die Taufe entschieden hat, zu erwarten ist, sondern dafür, dass die BF dieses Sakrament aus Opportunitätserwägungen an sich vornehmen ließ.

 

Die dargelegten Vorgehensweisen und die Antworten der BF, vermitteln deutlich ein Gesamtbild, wonach eine tatsächliche, ernsthafte und inhaltliche Auseinandersetzung mit christlichen Glaubensinhalten und Inhalten der Bibel nicht gegeben ist, sodass nicht von einer Konversion im Sinne einer inneren, tatsächlichen Hinwendung zum Christentum ausgegangen werden kann, sondern von einer Konversion, welche lediglich zum Schein erfolgte.

 

Von einer missionarischen Tätigkeit der BF, wie sie sie in der hg. Verhandlung behauptet hat, welche die Weitergabe von Glaubenslehre, die Verkündung des Glaubens und die Bekehrung zu dem betreffenden Glauben beinhaltet, kann bei der BF aufgrund der bisherigen hg. Ausführungen nicht ausgegangen werden. Auch, wenn der in der hg. Verhandlung einvernommene Zeuge (Z2) erklärte, die BF habe im Iran eine Person missioniert, so kann dieser Aussage nicht gefolgt werden, war der Zeuge doch nicht im Iran anwesend, um diese Angabe unmittelbar wahrzunehmen und kommt dieser Angabe im Lichte der bisherigen beweiswürdigenden Ausführungen kein entscheidungswesentlicher Beweiswert zu. Der Vollständigkeit halber ist dazu festzuhalten, dass die BF weder in der behördlichen Einvernahme noch in der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid eine Missionierung dieser Person angegeben hat, obwohl sie in der behördlichen Einvernahme zu dieser Person befragt wurde (AS 54), sodass nicht davon auszugehen ist, dass die BF im Iran missioniert hat.

 

Die nach außen hin gesetzten sichtbaren mehrfachen Aktivitäten der BF, wie die erfolgte Taufe, die Teilnahme an Gottesdiensten und an einem Bibel- und Gebetskreis sowie die Vorlage einer Bestätigung über die ohne Taufvorbereitungskurs erfolgte Taufe bereits im April 2007 im Iran, welche durch die in der hg. Verhandlung einvernommenen Zeugen bestätigt wurden, vermögen nach Ansicht der erkennenden Richterin nicht, die dargelegten Mängel, welche gegen einen tatsächlichen Glaubens- bzw. Gesinnungswandel der BF sprechen, zu kompensieren und kann alleine aus solchen äußeren Faktoren, welche jedoch nichts über die tatsächliche innere Haltung der BF aussagen, doch keine Konversion der BF mit allen nachfolgend umschriebenen Voraussetzungen und Folgewirkungen abgeleitet werden. Hervorzuheben ist an dieser Stelle auch die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur, der zufolge es für die Beurteilung der Frage, ob eine Konversion vorliegt, nicht auf den Formalakt der Taufe, welcher im gegebenen Fall zweifelsohne vorliegt, sondern auf die religiöse Einstellung des Asylwerbers ankommt (vgl. zuletzt VwGH vom 21.12.2006, 2005/20/0624).

 

Auch die in der hg. Verhandlung einvernommene Zeugen vermochten mit ihren Aussagen, nichts an der soeben dargelegten hg. Ansicht zu ändern, konnte diese doch auch lediglich nach außen in Erscheinung tretende Faktoren (wie die Taufe, die Teilnahme der BF an Gottesdiensten und Bibelkreisen) betreffend der angegebenen Konversion der BF, welche seitens des erkennenden Gerichts auch festgestellt wurden, wiedergeben.

 

Die erkennende Richterin konnte sich vom Wissensstand der BF hinsichtlich der Inhalte des christlichen Glaubens, dem Praktizieren dieses Glaubens und von dieser selbst in der hg. Verhandlung einen persönlichen Eindruck verschaffen und kam klar und zweifelsfrei zu dem Schluss, dass dieser für die Annahme einer tatsächlichen, ernsthaften Konversion im Sinne der unter Pkt. 3.3.2.3. genannten Definition nicht ausreichend ist; auf die in das hg. Erkenntnis aufgenommenen Ausführungen der BF sei verwiesen, welche das Verhältnis der BF zum christlichen Glauben deutlich dokumentieren, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass die BF sich intensiv mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt und sich in weiterer Folge ernsthaft und nachhaltig dem Christentum zugewandt hat bzw. im Falle einer Rückkehr im Iran diesen Glauben praktizieren wird und deshalb in das Blickfeld der Behörden geraten oder missionierend bzw. in einer herausgehobenen Position tätig sein wird.

 

3.3.2.2. Dass die vorgebliche Konversion der Beschwerdeführerin, ihre Taufe im Iran und ihre Teilnahme an einem Bibelkurs und an Gottesdiensten den iranischen Staatsorganen bereits bekannt geworden ist, hat diese nicht glaubwürdig behauptet. Aus dem ausreisekausalen Vorbringen der BF ergibt sich nicht, dass diese in politischer oder religiöser Hinsicht in irgendeiner Form auffällig geworden und in das Visier der iranischen Behörden geraten ist.

 

Es lassen sich auch keine Anhaltspunkte dafür ableiten, dass die Beschwerdeführerin derart in das Blickfeld der iranischen Behörden geraten wäre, sodass sie unter Beobachtung steht und ihre Betätigung im christlichen Umfeld insofern registrieren möchte, um sie - im Falle der Rückkehr - wegen Abfalls vom Glauben ("Apostasie") zu belangen, woran auch der formale Akt der Taufe im Iran nichts zu ändern vermag, ist doch nicht davon auszugehen, dass iranische Behörden alle vorgenommenen Taufen beobachten und registrieren, was auch deren faktische Möglichkeiten bei weitem übersteigen würde.

 

In den Feststellungen wird auf Personen bezug genommen, welche tatsächlich zum christlichen Glauben konvertiert sind und sich durch das Praktizieren dieses Glaubens unter Umständen einer Gefährdung aussetzen können. Die hg. Beweiswürdigung ergab jedoch, dass im Falle der Beschwerdeführerin gerade keine ernsthafte Konversion zum christlichen Glauben existent ist, sodass in weiterer Konsequenz auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie den christlichen Glauben, dem sie sich, wie die Beweiswürdigung zeigte, lediglich zum Schein zugewandt hat und diesen nicht tatsächlich und ernsthaft praktiziert, diesen umso weniger im Rückkehrfall in den Iran praktizieren bzw. ein diesbezügliches Bedürfnis haben wird, sodass im Hinblick auf die in den Länderfeststellungen zitierten Quellen, welche allesamt von einer tatsächlichen ernsthaften Konversion, welche auch den Wunsch, den Glauben zu praktizieren, beinhaltet, im gegebenen Fall nicht mit asylrelevanten Konsequenzen zu rechnen ist (vgl. dazu auch EGMR, 19.12.2017, 60342/16 A. gg. die Schweiz - eine Konversion führt nur bei Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit zur Verfolgung im Iran:...dass Konvertiten im Iran nur dann dem Risiko einer Misshandlung ausgesetzt sind, wenn sie durch die öffentliche Ausübung ihres Glaubens die Aufmerksamkeit der iranischen Behörden erregen.). Dass trotz Widerruf einer erfolgten Taufe eine Gefährdung lt Bericht des Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (DIS/DRC) aus dem Jahr 2014 möglich ist, kann nicht festgestellt werden. In das aktuelle Länderinformationsblatt wurde der aktuelle Bericht des DIS/DRC aus dem Jahr 2018 ebenso aufgenommen, doch findet sich darin keine solche Information, wie im Bericht aus dem Jahr 2014, sodass davon ausgegangen werden kann, dass der diesbezügliche Informationsstand aus dem Jahr 2014 nicht mehr aktuell ist. Auch, wenn im aktuellen Bericht auf die Meinung einer Organisation verwiesen wird, die sich um Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten kümmert, wonach eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (es wird sohin von einer bloßen Möglichkeit ausgegangen), so steht dem die Aussage von Amnesty International und einer anonymen Quelle vor Ort gegenüber, wonach eine Taufe keine Bedeutung habe. Das erkennende Gericht misst dieser Aussage von Amnesty International, in diesem Zusammenhang mehr Gewicht zu, handelt es sich doch hiebei um eine internationale Organisation, die sich weltweit für Menschenrechte einsetzt und Menschenrechtsverletzungen recherchiert und darüber berichtet, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese Organisation im Falle, dass sie das alleinige Faktum der Taufe als problematisch ansehen würde, nicht berichten würde, dass diese keine Bedeutung habe. Auch ist, wie bereits festgehalten, nicht ersichtlich bzw. nicht davon auszugehen, dass die iranischen Behörden Kenntnis von der Taufe der Beschwerdeführerin haben.

 

3.3.2.3. Konversion (lat.: conversio ‚Umwendung, Umkehr') bedeutet die Übernahme von neuen Glaubensgrundsätzen, religiösen Traditionen und Bräuchen sowie möglicherweise auch anderen Teilen der mit der fremden Religion verbundenen Kultur durch eine konvertierende Person. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Konversion zum Christentum sind aus den dargelegten Erwägungen der erkennenden Richterin nicht als glaubwürdig zu qualifizieren und ist daher davon auszugehen, dass die behauptete Konversion des BF zum Christentum allenfalls nur formal erfolgt ist, um Vorteile im Asylverfahren zu erwirken.

 

Der VwGH verlangt zur Feststellung, ob ein Antragsteller tatsächlich oder nur zum Schein konvertiert ist, eine schlüssige Gesamtbeurteilung. Elemente für eine solche Gesamtbeurteilung können sein: eine nähere Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten und seinem religiösen Grundwissen sowie eine konkrete Auseinandersetzung mit Angaben etwaiger Zeugen. Mangelndes religiöses Grundwissen kann für das Vorliegen einer Scheinkonversion sprechen, ist aber nicht ausreichend (VwGH 14.11.2007, 2004/20/0215; 14.11.2007, 2004/20/0485).

 

Hervorzuheben ist auch die Judikatur des VfGH in einem ähnlich gelagerten Fall, in welchem der Asylgerichtshof aufgrund des mangelnden Wissens des BF zu Glaubensinhalten im Falle einer behaupteten Konversion die Beschwerde gem. §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet abwies (AGH, 09.08.2011, E3 216.274) und der VfGH die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 28.11.2011, U 1978/11-5 ablehnte.

 

3.3.2.4. Aufgrund der mehrfach vorliegenden dargelegten Faktoren, welche bei Gesamtschau gegen eine tatsächliche Konversion der BF sprechen, entspricht die hg. Ansicht auch der obzitierten höchstgerichtlichen Judikatur hinsichtlich einer Gesamtbeurteilung.

 

Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, dass sowohl die Gründe für die Ausreise als auch die geltend gemachten subjektiven Nachfluchtgründe der BF, als unglaubwürdig zu qualifizieren waren.

 

3.4. Die hg. getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den aktuellen angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen.

 

Die allgemeinen länderkundlichen Feststellungen resultieren aus den zitierten Länderdokumenten, welche auf verschiedenartigen, objektiven Quellen, die inhaltlich miteinander in Einklang stehen, basieren.

 

Die Beschwerdeführerin trat diesen in der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, sondern legte der Vertreter der BF vor der Verhandlung dazu eine Stellungnahme vom 25.09.2018 vor, in welcher vor allem auf die Themen Menschenrechtslage, Religionsfreiheit , Apostasie und Missionieren bezug genommen wird.

 

Dazu ist festzuhalten, dass die Angaben der BF zu einer tatsächlichen Konversion nicht glaubwürdig sind, sie bislang nicht in das Blickfeld der iranischen Behörden geriet, weshalb ihr aus den dargelegten Gründen die Scheinkonversion auch nicht zum Nachteil gereicht; überdies kann nicht davon ausgegangen werden, dass die BF aufgrund der dargelegten Gründe zu einer Missionstätigkeit im Iran in der Lage ist.

 

Es ist allgemein zu den Feststellungen auszuführen, dass es sich bei den herangezogenen Quellen zum Teil um staatliche bzw. staatsnahe Institutionen handelt, die zur Objektivität und Unparteilichkeit verpflichtet sind.

 

Zur Auswahl der Quellen wird angeführt, dass sich das Bundesverwaltungsgericht einer ausgewogenen Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges bediente, um sich so ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin machen zu können. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates über den berichtet wird zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Zur Aktualität der Quellen ist festzuhalten, dass sich unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation im Iran diese nicht wesentlich geändert haben.

 

Jedenfalls handelt es sich bei den dem Verfahren zugrunde gelegten Quellen um Berichte staatlicher oder staatsnaher Institutionen, denen aufgrund ihrer Verpflichtung zu Objektivität und Unparteilichkeit keine Voreingenommenheit unterstellt werden kann.

 

Die in das Verfahren integrierten Länderinformationen wurden schließlich von der Staatendokumentation des BFA, zusammengestellt, deren Qualität ob der gesetzlichen Verpflichtung zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der gesammelten Tatsachen nach objektiven Kriterien (§ 5 Abs. 2 BFA-G) nicht in Zweifel gezogen wird.

 

Die BF ist weder in der gegenständlichen Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat noch den hg. länderkundlichen Feststellungen in der mündlichen Verhandlung, substantiiert entgegengetreten, sondern erklärte sie, sie wisse dass die Situation im Iran nicht gut sei.

 

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage und zur speziellen Situation der BF im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

 

3.5. Zur Beschwerde der BF

 

Da sämtliche Ausführungen in der Beschwerde die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der BF voraussetzen, welche jedoch aus den in der Beweiswürdigung dargelegten Gründen zu verneinen war, ist, um Wiederholungen zu vermeiden, nicht weiter auf den Beschwerdeinhalt einzugehen.

 

4. Rechtliche Beurteilung (Zu Spruchteil A):

 

4.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

 

4.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH E vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH E vom 26.2.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH E vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH E 18.4.1996, 95/20/0239; VwGH E vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH E vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH E vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).

 

4.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht der BF, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist.

 

Nach Ansicht der erkennenden Richterin sind im Falle der Beschwerdeführerin die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem der in der GFK genannten Gründen nicht gegeben.

 

Das ausreisekausale Vorbringen der Beschwerdeführerin und die von ihr geltend gemachte Konversion war in seiner Gesamtheit - wie in der Beweiswürdigung detailliert ausgeführt - nicht als glaubwürdig zu qualifizieren, weshalb es auch nicht der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 30.06.2005, Zahl: 2003/20/0544) ist zur Frage der Verfolgungsgefahr bei Iranern, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, maßgeblich, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, aus diesem Grunde mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden (so schon im Erkenntnis des VwGH vom 24.10.2001, Z1. 99/20/0550, ebenfalls VwGH vom 17.10.2002, Zahl:

2000/20/0102). In gleichem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 31.05.2001, Zl. 2001/20/0054, im Zusammenhang mit einer noch nicht erfolgten, aber beabsichtigten Konversion zum Ausdruck gebracht, dass für die Beurteilung des Asylanspruches maßgeblich sei, ob der Asylwerber in seinem Heimatstaat in der Lage war, eine von ihm gewählte Religion frei auszuüben, oder ob er bei Ausführung seines inneren Entschlusses, vom Islam abzufallen und zum Christentum überzutreten, mit asylrelevanter Verfolgung rechnen müsse.

 

Nachdem alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindenden normativen Vorgaben des Artikel 10 Abs. 1 b RL 2004/83 /eg, kann einem Flüchtling nicht mehr angesonnen werden, sich bei der Religionsausübung auf das sogenannte "forum internum" zu beschränken.

 

Asylbegehren, die auf Verfolgung mit religiösem Hintergrund gestützt werden, müssen so hin unter Berücksichtigung der unmittelbar anwendbaren Vorgaben des Artikel 10 Abs. 1 b RL 2004/83 /eg geprüft werden. Gemäß dieser Richtlinie muss so hin die öffentliche Ausübung (forum externum) des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sein.

 

Um von einer Asylrelevanz überhaupt ausgehen zu können, kommt es auf die Art der Ausübung des christlichen Glaubens im Iran an, sowie darauf, ob der Asylwerber bei der Ausübung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanter Gefährdung zu rechnen hat.

 

Es bedarf hinsichtlich einer etwaigen Gefährdung im Heimatland grundsätzlich der vollen richterlichen Überzeugung, dass jemand während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet aus ernsthafter, fester innerer Überzeugung zum christlichen Glauben übergetreten ist und für ihn dessen Ausübung auch bei angenommener Rückkehr eine besondere, identitätsprägende und unverzichtbare Bedeutung hat. Dazu genügt regelmäßig nicht, dass ein Kläger in der mündlichen Verhandlung fragen zum Christentum fehlerfrei beantwortet, weshalb für eine Überzeugungsbildung prinzipiell alle Aspekte eines Falles in den Blick zu nehmen sind. Dazu können beispielsweise die Persönlichkeit und intellektuelle Disposition eines Ausländers, die Glaubhaftigkeit seines Vorfluchtvorbringens sowie der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zu einer christlichen Gemeinde in Relation zur Einreise in die Bundesrepublik und zum Datum der Asylantragsentscheidung zählen. Ebenfalls für die richterliche Überzeugungsbildung prinzipiell erkenntnisgeeignet sind das Selbstverständnis der christlichen Gemeinde bzw. die näheren Umstände ihrer Arbeit. So ist gerichtsbekannt, dass die Freie evangelische Gemeinde Nürnberg ein Treffpunkt iranischer Asylwerber ist, der durch Mund-zu Mund-Propaganda mitgeteilt wird (VG Ansbach, U vom 05.12.2014 -AN 1 K 14.30550 5565537 zu Iran; vergleichbar VG Gießen, U.v.11.12.2014 - 3K 1598/14.GLA 5737602 zu Iran; VG Frankfurt/M., U.v.24.09.2014 - 1 K3593/13.F.A. 5481537 zu Iran; VG Wiesbaden, U.v. 20.08.2014 - 2 K 1111/12. WI.A 5465041 zu Pakistan).

 

Bei der Prüfung, ob tatsächlich Verfolgungsgefahr gegeben ist, sind sowohl objektive als auch subjektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Es kommt nicht ausschließlich auf den erfolgten Glaubensübertritt an, da dieser allein in der Regel noch nicht zu einer begründeten Verfolgungsfurcht führt. Bei Antragstellern, die unverfolgt aus dem Herkunftsstaat ausreisen, wird daher eine doppelte Prognose unter Würdigung der Gesamtumstände vorgenommen. Zu berücksichtigen ist das zu erwartende Verhalten des Antragstellers in seinem Herkunftsstaat und die voraussichtliche Reaktion der Behörden oder anderer Akteure. Maßgeblich für diese doppelte Prognose sind jedoch nicht detaillierte Kenntnisse über die Konversionsreligion und spielen diese bei der Entscheidung eine untergeordnete Rolle.

 

Basis der doppelten Prognose ist die Ernsthaftigkeit des religiösen Engagements, das sich durch ein Verhalten ausdrückt. Bescheinigungen über die Art, den Umfang und die Dauerhaftigkeit der Beteiligung des Antragstellers an den Aktivitäten der jeweiligen Kirchengemeinde geben darüber Aufschluss und sind zu berücksichtigen. Für die Überzeugung werden stets alle Aspekte des jeweiligen Falles - sowohl subjektive als auch objektive- in den Blick genommen (Sarah Bega, 410/Ursula Gräfin Praschma, AL 4, Entscheiderbrief des BMF 5/2015).

 

Im Lichte der in das Verfahren integrierten Länderinformationen und auch der zitierten aktuellen Judikatur ist der Schluss zu ziehen, dass aus der lediglich formalen, bzw. zum Schein erfolgten Konversion zum christlichen Glauben - wie sie in casu vorliegt - ohne dem Vorliegen einer exponierten Tätigkeit wie etwa missionarischer Aktivitäten, keine asylrechtlich relevante Gefährdung resultiert.

 

Dass die BF, wie viele andere iranische Konvertiten die Kirche besucht und getauft wurde und ihr dies im Rückkehrfall in asylrelevanter Weise zum Nachteil gereicht, kann aufgrund der in der Beweiswürdigung getroffenen Ausführungen, wonach nicht davon auszugehen ist, dass die Person der BF für die iranischen Behörden in irgendeiner Weise von Interesse ist und unter Beobachtung steht und es somit keinen ersichtlichen Grund gibt, wie die Aktivitäten der BF den iranischen Behörden oder Privatpersonen bekannt werden sollte, nicht festgestellt werden.

 

Auch betreffen den in das Verfahren aufgenommenen Länderfeststellungen zufolge Repressionen jedoch vor allem missionierende Christen und sehen sich christliche Konvertiten aufgrund der Ausübung ihres Glaubens willkürlichen Festnahmen und Verhaftungen ausgesetzt. Dass die BF, welche zum Schein konvertiert ist, den christlichen Glauben ausübt, ist naturgemäß auszuschließen und kann auch umso weniger davon ausgegangen werden, dass es der BF ein Anliegen ist, missionierend tätig zu sein bzw. ist zu verneinen, dass die BF aufgrund ihres rudimentär, jedoch unsubstantiiert vorhandenen Wissens hinsichtlich christlicher Glaubensinhalte dazu in der Lage wäre.

 

Auch ist den Feststellungen zu entnehmen, dass Geistliche, welche im Iran in der Vergangenheit verfolgt oder ermordet wurden, im Ausland zum Christentum konvertiert waren. Bei der BF handelt es sich jedoch um keine Geistliche, sondern um eine Person, welche formal und lediglich zum Schein konvertiert ist, sodass daraus keine asylrelevante Gefährdung der BF abzuleiten ist.

 

Aus den Länderfeststellungen ist letztlich zu schließen, dass nur iranische Staatsangehörige, die sich als Folge ihrer missionarischen Betätigung für das Regime deutlich von der breiten Masse abheben (Kirchenführer, in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen), Gefahr laufen, dass sich die iranischen Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen befassen.

 

Im Hinblick darauf, dass der iranische Staat nicht jegliche Tätigkeit seiner Staatsbürger verfolgen kann, muss sich sein Interesse auf Personen beschränken, die aufgrund ihrer exponierten Stellung, ihres Einflusses auf andere iranische Staatsbürger und eines herausragenden Engagements eine potentielle Gefahr für den ausschließlichen Machtanspruch des Regimes im Iran darstellen könnten.

 

Das Verhalten der BF, erweist sich aber nicht als derart markant, dass es geeignet erscheint, einen erhöhten Ermittlungsaufwand bei den iranischen Behörden auszulösen. Ein asylrelevantes Verfolgungsrisiko ist nach Ansicht der erkennenden Richterin daher nicht gegeben.

 

Die BF hat auch nicht vorgebracht, dass sich ihr Sohn im Iran zu ihrem scheinbaren Glaubensübertritt negativ geäußert hätte und ist nicht davon auszugehen, dass dieser die iranischen Behörden diesbezüglich in Kenntnis setzt.

 

4.1.3. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall aufgrund der dargelegten Erwägungen zu verneinen.

 

Nach den getroffenen Feststellungen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass iranische Staatsangehörige, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.

 

4.1.4. In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegens einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.

 

4.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

4.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

 

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

 

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

 

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

 

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

 

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

 

4.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind.

 

Dass die BF im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden. Eine Gefährdung durch staatliche Behörden bloß aufgrund des Faktums der Rückkehr ist nicht ersichtlich (vgl. dazu die einschlägigen Länderfeststellungen), auch keine sonstige allgemeine Gefährdungslage durch Dritte.

 

Die BF ist in Österreich aber auch im Iran in keiner Weise öffentlich regimefeindlich aufgefallen und ist mangels Exponiertheit der BF auch nicht davon auszugehen, dass diese seitens der iranischen Behörden in Österreich überwacht wird.

 

Der Verfassungsgerichtshof entschied mit Erkenntnis vom 20. September 2010, U 1863/09-12, unter Hinweis auf das im Vorabsatz erwähnte Urteil des EGMR, dass bei einer Rückkehr in den Iran bezüglich der Prüfung der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung neben der zuvor erwähnten Berücksichtigung der angespannten Situation auch die speziellen Risiken bedacht werden müssen, denen Iraner ausgesetzt sind, wenn sie, ohne über Beweismittel für ihre legale Ausreise zu verfügen, in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssen. Auf Grund aktueller Länderberichte stehe fest, dass diese besonders leicht einer genauen Überprüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Ausreise aus dem Iran unterzogen werden. Diesfalls wäre es wahrscheinlich, dass ein Iraner ohne gültige Ausreisepapiere die Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitsbehörden auf sich ziehen und seine Vergangenheit dabei offen gelegt würde. Diese beiden Gesichtspunkte zusammen können dazu führen, dass die Ausweisung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat angesichts der gegenwärtigen Umstände eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung darstellt. Diese Judikatur ist im konkreten Fall nun aber nicht einschlägig, da die Beschwerdeführerin zwar behauptet hat illegal ausgereist zu sein, im Unterschied zur genannten VfGH-Judikatur jedoch ein unglaubwürdiges Vorbringen erstattet hat, daher zu keinem Zeitpunkt ins Blickfeld des iranischen Staates geraten ist, den Iran nicht vorverfolgt verlassen hat und sein gesamtes Vorbringen als unglaubwürdig zu werten ist, weshalb letztlich keine Gefährdung vorliegt.

 

Nach den getroffenen Länderfeststellungen herrscht im Iran nicht eine generell unsichere, von bewaffneten Unruhen geprägte Lage, aufgrund derer die BF bei einer Rückkehr einer konkreten Gefährdung ausgesetzt werden würde.

 

Ferner ist die Grundversorgung sowie die medizinische Versorgung grundsätzlich gewährleistet und wird auf die diesbezüglichen Feststellungen auf S 42 des gegenständlichen Erkenntnisses verwiesen. Es besteht den länderkundlichen Feststellungen zufolge auch die Möglichkeit der Beziehung von Sozialbeihilfen.

 

4.2.3. Die BF gab an, vor ihrer Ausreise eine Witwenpension bezogen zu haben und zusätzlich von ihren Kindern finanziell unterstützt worden zu sein. Warum dies nach einer erneuten Rückkehr der BF, welche im Iran aufgewachsen ist und dort sozialisiert wurde, nicht möglich sein sollte, hat die BF nicht vorgebracht und ist nicht ersichtlich. Überdies lebt ein erwachsener Sohn der Beschwerdeführerin, der den Beruf eines Architekten ausübt und zu dem sie in Kontakt steht, im Iran und kann ihr dieser über allfällige Anfangsschwierigkeiten hinweghelfen.

 

Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern.

 

Die aktuelle Lage im Iran stellt sich derzeit nicht so dar, dass nun bereits ein generelles Abschiebehindernis bzw. eine generelle Gefährdung aus Sicht der EMRK (Art. 3) gegeben ist. Gegenteiliges ist auch dem aktuellen Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 02.03.2018 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran nicht zu entnehmen, vielmehr hat sich die innenpolitische Lage nach den Turbulenzen im Jahr 2009 wieder - zumindest oberflächlich - beruhigt. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07 zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation nicht außer Acht gelassen werden dürfe, in welcher der Respekt für die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen habe, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen allein die Rückführung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht als unzulässig iSd Art. 3 EMRK erscheinen lassen.

 

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

 

Letztlich war zu berücksichtigen, dass die BF in der Beschwerde den vom BFA zugrunde gelegten Länderberichten und auch nicht den hg. Länderberichten zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Iran nicht substantiiert entgegengetreten ist, nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf ihre individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit die BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

 

In diesem Zusammenhang verweist das Bundesverwaltungsgericht auch auf das Erkenntnis des VwGH vom 06.11.2009, 2008/19/0174, in dem die Schwelle einer Verletzung von Art 3 EMRK in einem Fall einer alleinstehenden Mutter eines Kleinkindes (ohne Berufserfahrung) trotz Erwartung einer tristen finanziellen Situation ohne familiäre Unterstützung im Heimatland mangels realer Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse verneint und die Behandlung der Beschwerde abgelehnt wurde.

 

Es ist daher nicht ersichtlich, dass der BF im Fall ihrer Rückkehr in den Iran dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehlt. Gemäß den getroffenen Länderfeststellungen ist die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet; Gegenteiliges wurde von der BF auch nicht dargetan. Sie spricht jedenfalls die Sprache der Majoritätsbevölkerung Persisch. Die BF war vor ihrer Ausreise Bezieherin einer Pension und ist aus der Reise der BF nach Österreich ersichtlich, dass sie mobil und in der Lage ist, auch in einer für sie fremden Umgebung ihr Leben zu organisieren. Im Bedarfsfall verfügt die BF auch über ihren erwachsenen Sohn als soziales Netz im Iran, welcher im Bedarfsfall über allfällige Anfangsschwierigkeiten hinweghelfen kann.

 

Überdies besteht auch die Möglichkeit einer Rückkehrhilfe und existieren im Herkunftsstaat der BF auch Hilfsorganisationen. Es ist daher nicht ersichtlich, warum der BF eine Existenzsicherung im Iran nicht zumutbar sein sollte.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 52a BFA-VG zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in den Iran gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die wirtschaftliche Situation im Herkunftsstaat der BF schlechter ist als in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. in Österreich, aus den Berichten geht aber keinesfalls hervor, dass sie dergestalt ist, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für die BF im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Demnach war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

4.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung - § 57 AsylG sowie § 52 FPG):

 

4.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

 

4.3.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die BF befindet sich seit Oktober 2015 im Bundesgebiet, wobei ihr Aufenthalt nicht in obigem Sinne geduldet ist. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde.

 

4.3.3. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Die BF ist als Staatsangehörige der Republik Iran keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

4.3.4. Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.3.4.1. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

 

Die BF hat drei erwachsene Kinder, ihre Schwester und Enkelkinder in Österreich. Die Beschwerdeführerin, die ihren gesamten Unterhalt von der staatlichen Grundversorgung bestreitet, lebt mit keiner der genannten Personen in einem gemeinsamen Haushalt. Sie steht zu ihren Angehörigen in Österreich in Kontakt und erfolgen vor allem durch ihre in XXXX lebende Tochter regelmäßige Besuche.

 

Sämtliche der genannten Personen waren sich des unsicheren aufenthaltsrechtlichen Status der BF bewusst und hat die Beschwerdeführerin in der hg. Verhandlung keine über die üblichen familiären Verhältnisse hinausgehenden Bindungen zu ihren erwachsenen Kindern, welche ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis begründen würden, behauptet und sind solche Umstände auch sonst nicht hervorgekommen.

 

Der EGMR bekräftigt, dass Art 8 MRK keine generelle Pflicht für die Vertragsstaaten enthält, die Wohnortwahl von Immigranten zu respektieren und auf ihrem Staatsgebiet Familienzusammenführungen zuzulassen. Ein zu berücksichtigender Gesichtspunkt ist etwa, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen sind, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes bzw. der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen ist. (VwGH 28.04.2008, 2007/18/0395).

 

War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status der betroffenen Person oder Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern auch bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 MRK bedeuten (VwGH 14.10.2008, 2008/22/0545).

 

Bei der Betrachtung des Einzelfalles ist auch zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß das Familienleben tatsächlich gestört wird, wie stark die Bande mit dem Vertragsstaat sind, ob es für die Familie unüberwindbare Hindernisse gibt, im Herkunftsland eines oder mehrerer Familienmitglieder zu leben. Dazu hat der EGMR auch wiederholt festgehalten, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK bewirkt (VfGH 29.09.2007, B 1150/07, VwGH 19.03.2009, 2008/18/0736).

 

Solch speziellen Umstände sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen, sondern ist zusammenfassend festzuhalten, dass die achtundsechzigjährige BF im Hinblick auf ihr Lebensalter einen relativ kurzen Zeitraum von rd. drei Jahren und drei Monaten in Österreich aufhältig ist, keinerlei besondere Integration ihrer Person hervorkam, sie das Familienleben zu ihren erwachsenen Kindern, welche - mit Ausnahme einer Tochter, welche erst seit 2011 in Österreich gemeldet ist - bereits vor vielen Jahren den Iran verlassen haben, zu einem Zeitpunkt wiederaufnahm, als ihr ihr unsicherer Status sehr wohl bewusst war.

 

Dass die erwachsenen Kinder der BF das Familienleben mit dieser im Iran fortsetzen können, ist insofern zu verneinen, als den betreffenden Personen Asyl gewährt wurde.

 

Die Beschwerdeführerin hat jedoch selbst angegeben, bereits mittels eines Touristenvisums im Jahr 2006 ihre in Österreich bzw. Deutschland lebenden erwachsenen Kinder besucht zu haben und ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund dies der BF auch künftig nicht möglich sein sollte und ist es der BF überdies möglich, den Kontakt zu ihren Angehörigen telefonisch oder mittels anderer neuer Medien aufrecht zu erhalten.

 

Der VwGH verweist in seinem Erkenntnis vom 07.07.2009, 2009/18/0215 auf den Standpunkt des EGMR, wonach dieser eine Übersiedlung in den Heimatstaat des Fremden nicht als übermäßige Härte für die Familienangehörigen erachtet, zumal der Kontakt des Fremden zu seinen Familienangehörigen auch von seinem Heimatland aufrechterhalten werden kann (Hinweis Urteil EGMR 11.April 2006, Nr. 61292/00, Useinov gegen Niederlande).

 

Ein gewichtiges Argument in diesem Zusammenhang stellt schließlich der Umstand dar, dass ein erwachsener Sohn der BF, wie bereits ausgeführt, als Architekt im Iran lebt und ist eine Bindung der Beschwerdeführerin zum Herkunftsstaat auch in familiärer Hinsicht weiterhin zweifellos vorhanden. Damit wäre generell die Beschwerdeführerin auch im Gefolge einer Übersiedlung in den Iran in der Lebensführung nicht auf sich alleine gestellt, was angesichts der fallbezogenen Umstände mit berücksichtigt wird.

 

Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, 21878/06).

 

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren - was bei einem bloß vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Asylverfahrens jedenfalls als gegeben angenommen werden kann -, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562). Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN).

 

Die Beschwerdeführerin lebt mit keinem ihrer erwachsenen Kinder in einem gemeinsamen Haushalt, sondern besteht der Kontakt in Form von Besuchen.

 

Die einzige persönliche Anbindung der Beschwerdeführerin an Österreich resultiert nunmehr aus diesen familiären Beziehungen.

 

Im Hinblick auf die Gewichtung dieser Beziehungen der Beschwerdeführerin ist in Betracht zu ziehen, dass ihre Asylantragstellung von vornherein missbräuchlich erfolgte, und sie sich somit ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen ist bzw. zumindest sein musste. Die erst relativ kurze Dauer des Aufenthaltes der BF in Österreich und diese negative Entscheidungsperspektive mindern jedenfalls das Gewicht der familiären Beziehungen der BF im Hinblick auf die durch Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Interessensabwägung erheblich.

 

Darüber hinaus steht der Beschwerdeführerin die Möglichkeit - wobei ihr diese Möglichkeit auch zumutbar ist - der späteren Familienzusammenführung mit ihrer in Österreich lebenden Familie auf fremdenrechtlicher Grundlage durch eine Auslandsantragstellung offen.

 

4.3.4.2. Zum Privatleben der BF in Österreich ist folgendes festzuhalten:

 

Die Dauer des Aufenthaltes der BF im Bundesgebiet seit ihrer illegalen Einreise im Oktober 2015 ist als relativ kurz zu bezeichnen und wird weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste der BF bewusst gewesen sein.

 

Die Interessen der BF werden ferner auch dadurch erheblich gemindert, dass ihr Aufenthalt lediglich auf einen - wie sich im Verfahren zeigte - unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist (VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479 mwN). Beruht der bisherige Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten (insbesondere bei Vortäuschung eines Asylgrundes [vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169]), relativiert dies die ableitbaren Interessen des Asylwerbers nämlich wesentlich [vgl. die Erkenntnisse vom 28. Juni 2007, Zl. 2006/21/0114, und vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0246] (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168).

 

Zu verweisen ist im Zusammenhang mit dem bislang gut drei Jahre dauernden Aufenthalt des BF in Österreich zentral auf VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet (regelmäßig) noch keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet sowie auch auf das jüngste Urteil des EGMR vom 8. April 2008, Nr. 21878/06 (NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich), in welchem der EGMR im Rahmen der Interessensabwägung zum Ergebnis gelangt, dass grundsätzlich das öffentliche Interesse an einer effektiven Zuwanderungskontrolle bei erfolglosen Asylanträgen höher wiegen muss als ein während des Asylverfahrens begründetes Privatleben.

 

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Die BF übt aufgrund ihres Alters in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus, ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der staatlichen Grundversorgung. Sie konnte keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen. Sie verfügt über ihren erwachsenen Sohn im Iran und steht zu diesem in Kontakt. Eine besondere Nahebeziehung zu Personen außerhalb der Familie in Österreich hat die BF in der hg. Verhandlung nicht angegeben. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der BF in Österreich in sprachlicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht erkennbar. Dies ergibt sich vorrangig aus der zum gegebenen Zeitpunkt noch relativ kurzen Aufenthaltsdauer von rd. drei Jahren und drei Monaten und der Tatsache, dass die BF bislang aus Mitteln der Grundversorgung erhalten wurde.

 

Die Beschwerdeführerin hat zwar einen Werte- und Orientierungskurs sowie einen Deutschkurs besucht, spricht nach ihren Angaben in der hg. Verhandlung jedoch nicht Deutsch.

 

Allein aus der Vorlage von Deutschzertifikaten könnte aber ohnehin nicht auf das Vorliegen einer hinreichenden Integration geschlossen werden, zumal Sprachkenntnisse allein noch nicht ausreichen, um die fortgeschrittene oder gar vollständige Integration eines Fremden in Österreich annehmen zu können, wenngleich der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen.

 

Es ist davon auszugehen, dass im Falle der BF schon aufgrund der zeitlichen Komponente naturgemäß ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden ist. Die Schutzwürdigkeit ihres Privatlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass sie ihren Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass die erwachsene BF den überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort ihr erwachsener Sohn lebet und die BF auch eine Sprache des Herkunftsstaates als Muttersprache beherrscht. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass bereits eine Entwurzelung vom Herkunftsland stattgefunden hat und somit bestehen nach wie vor Bindungen der BF zum Iran. Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen hat die BF im Verfahren nicht dargetan.

 

Der Umstand, dass die BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

 

4.3.4.3. Angesichts der - somit in ihrem Gewicht erheblich geminderten - Gesamtinteressen der BF am Verbleib in Österreich überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich neben den gefährdeten Sicherheitsinteressen insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

4.3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

4.3.5.1. Die Beschwerdeführerin leidet an den in den Feststellungen genannten chronischen Erkrankungen und gab dazu in der hg. Verhandlung an, in medikamentöser Behandlung zu stehen. Die BF gab an, diesbezüglich bereits im Iran in medizinischer Behandlung gewesen zu sein und habe es in diesem Zusammenhang keine Probleme gegeben. Aus den länderkundlichen Feststellungen zur Thematik ‚Medizinische Versorgung' kann sohin in Zusammenschau mit den Angaben der BF nicht davon ausgegangen werden, dass ihr eine neuerliche medizinische Versorgung im Iran nicht möglich wäre, sodass aus diesem Blickwinkel ein Abschiebehindernis nicht erkannt werden kann.

 

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich sind, eine Überstellung in den Iran nicht zulässig wäre, wenn dort wegen fehlender Behandlung schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohte.

 

Hiezu ist zunächst klarzustellen, dass eine schwere Krankheit der Beschwerdeführerin im Verfahren keinesfalls hervorgekommen ist.

 

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf die jüngste diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR zur Frage einer ausreichenden medizinischen Behandlung in Zusammenhang mit Art. 3 EMRK zu verweisen:

 

AYEGH v Schweden, 07.11.2006, Rs 4701/05

 

KARIM v Schweden, 04.07.2006, Rs 24171/05

 

PARAMASOTHY v NIEDERLANDE, 10.11.2005, Rs 14492/03

 

RAMADAN & AHJREDINI v Niederlande, 10.11.2005, Rs 35989/03

 

HUKIC v Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05

 

OVDIENKO v Finnland, 31.05.2005, Rs 1383/04

 

AMEGNIGAN v Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04

 

NDANGOYA v Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03

 

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

 

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC v Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend.

 

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. Auch Selbstmordabsichten hindern eine Abschiebung für sich genommen nicht. In der Beschwerdesache OVDIENKO v Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk". In AYEGH v Schweden vom 07.11.2006 betonte der EGMR auch den Umstand, dass ein schlechter Gesundheitszustand durch die unsichere Lage im Aufenthaltsstaat und die Angst vor Abschiebung in den Iran bedingt sei; die (damit in Zusammenhang stehende) erklärte Selbstmordabsicht hindert die Abschiebung nicht, anderes kann gelten, wenn der/die Betreffende bereits längerer Zeit in stationärer psychiatrischer Behandlung ist. Die zuständigen Behörden müssen sich vor dem unmittelbaren Vollzug noch einmal von der Überstellungsfähigkeit überzeugen und geeignete Maßnahmen treffen, um einen Suizid zu verhindern (siehe auch KARIM v Schweden).

 

Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl PARAMSOTHY v Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; Mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach 9jährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht den selben Standard haben sollten wie in den Niederlanden.)

 

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI v Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt wurde, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

 

In KARIM v Schweden erkannte der EGMR, dass in Bangladesch ausreichende Behandlungsmöglichkeiten für traumatisierte Personen, respektive Opfer von Folter bestünden. Bei erheblichen finanziellen Kosten solcher Behandlungen kann es darauf ankommen, ob diesbezüglich Unterstützung durch den Familienverband möglich ist.

 

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN v Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

 

Schließlich sprach der EGMR in der Beschwerdesache NDANGOYA v Schweden, 22.06.2004, Nr. 17868/03, aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS- Erkrankung des Beschwerdeführers möglich ist; es sind auch familiäre Bezüge gegeben, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

 

Die beiden letztgenannten Entscheidungen beinhalten somit, dass bei körperlichen Erkrankungen im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht zB für AIDS in Tansania sowie Togo und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant sind.

 

Die soeben dargestellten Judikaturlinie des EGMR hat seitens des Verfassungsgerichtshofes erst jüngst in seinem Erkenntnis vom 06.03.2008, B 2400/07- 9 Bestätigung gefunden und hat dieser daraus abgeleitet, dass "im allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist."

 

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes kann es sohin nur bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK kommen, wogegen es unerheblich ist, dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich, oder kostenintensiver ist. (Mit Erkenntnis des VfGH vom 06.03.2008, B 2400/07-9 hat dieser die Beschwerde hinsichtlich der Überstellung eines Russischen Staatsangehörigen nach Polen mit Traumavorbringen samt psychiatrischen Gutachten abgelehnt. Begründung: UBAS habe klare Feststellungen zur medizinischen Behandlung von Traumatisierten in Polen getroffen, auf die Aufnahmerichtlinie verwiesen, welche auch Polen anzuwenden hat und welche für die Mitgliedstaaten die Pflicht der ausreichenden medizinischen Versorgung statuiert.)

 

Demnach ist das Vorliegen einer im Sinne der zitierten Rechtsprechung des EGMR ausreichenden medizinischen Grundversorgung im Iran zu bejahen. Dass die diesbezüglichen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland allenfalls schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist gemäß der EGMR-Judikatur nicht ausschlaggebend.

 

Inwieweit sich der gesundheitliche Zustand der Beschwerdeführerin im Falle eines Aufenthaltes in Österreich bzw. einer Behandlung in Österreich verbessern sollte, wurde nicht vorgebracht, ist nicht erkennbar und kann aber auch nicht festgestellt werden, dass sich dieser bei einer Überstellung in den Iran und dortiger medizinischer Betreuung verschlechtern würde.

 

Von der erkennenden Richterin wird dabei nicht verkannt, dass die Erkrankung und das Alter der Beschwerdeführerin keine leichte Situation darstellt und sicherlich damit auch Schwierigkeiten bei der Lebensführung verbunden sind; eine akute lebensbedrohende Krankheit der Beschwerdeführerin, welche eine Überstellung in den Iran gemäß der dargestellten Judikatur des EGMR verbieten würde, liegt im konkreten Fall jedoch nicht vor. Auch konnte nicht konkret dargelegt werden, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin im Falle einer Überstellung in den Iran verschlechtern würde.

 

Durch eine Abschiebung der Beschwerdeführerin wird Art. 3 EMRK nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was im Iran jedenfalls der Fall ist und durch die Angaben der BF bestätigt wird. Dass die Behandlung im Iran den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant.

 

Selbst wenn die Beschwerdeführerin aufgrund einer allfälligen Behandlung aufgrund der Ausgestaltung des Gesundheitswesens im Iran mit erheblichen finanziellen Belastungen zu rechnen hätte - was sich im gegenständlichen Fall den Feststellungen grundsätzlich nicht entnehmen lässt -, kann unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK kein wesentlicher Aspekt erblickt werden.

 

Im gegenständlichen Fall mag es zwar sein, dass die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat hinter denen in Österreich zurückbleiben, aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ist jedoch bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen festzustellen, dass hierdurch im gegenständlichen Fall die vom EGMR verlangten außerordentlichen Umstände nicht gegeben sind (vgl. hierzu insbesondere auch weiters Urteil des EGMR vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599, Case of Bensaid v. The United Kingdom oder auch VwGH v. 7.10.2003, 2002/01/0379).

 

4.3.5.2. Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

4.3.6. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

 

Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchteil B):

 

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Themen Glaubwürdigkeitsprüfung, Konversion, wohlbegründete Furcht, Verfolgung, Glaubhaftmachung, Refoulement und Rückkehrentscheidung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

 

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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