AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:L519.2124970.1.00
Spruch:
L519 2124970-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 21.3.2016, Zl. 651017704-14051632, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.6.2016 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt.".
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, brachte nach nicht rechtmäßiger Einreise am 26.1.2014 bei der belangten Behörde seinen 2. Antrag auf internationalen Schutz ein.
Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. dem BFA brachte der BF im Wesentlichen Folgendes vor:
Er sei in Bangladesch aktives Mitglied der BNP gewesen. Mitglieder der gegnerischen AL hätten ihn zu Unrecht u.a. wegen Sachbeschädigung und eines Raubüberfalls angezeigt. Deshalb würden die Polizei und Beamte des RAB nach ihm fahnden. Aus Angst um sein Leben habe er Bangladesch verlassen.
I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:
Vorweg sei festzuhalten, dass der BF keinen glaubhaften Fluchtgrund vorgetragen hat. Auch wenn im Zuge der Auseinandersetzungen Anzeigen gegen ihn und andere Beteiligte erstattet wurden, könne daraus noch lange kein Fluchtgrund abgeleitet werden, schon gar nicht, wenn die Polizei oder die RAB aufgrund von erstatteten Anzeigen in Erscheinung treten.
Der BF wisse nicht, was die Beamten von ihm wollten, warum die Polizei zu ihm kam. Er konnte z.B. auch nicht schlüssig oder nachvollziehbar erklären, warum die Polizei plötzlich beim ihm erscheinen sollte. So gab er auch an, nicht anwesend gewesen zu sein, da er in Österreich war und er die Information darüber von seiner Familie bzw. vom Cousin in Bangladesch erhalten habe.
Dem BFA erscheine die vom BF geschilderte Handlungsweise rechtskonform, da die Polizei gerade in solchen Fällen dazu berufen sei, Nachforschungen anzustellen und nicht sofort an die Gerichte zu schreiben. Erst aufgrund der Nachforschungen wie z.B. Befragungen von angezeigten Personen oder Erhebungen in Bezug auf einen Tatablauf- könnten weitere Schritte in die Wege geleitet werden. Das geschehe in Bangladesch ebenso wie in Österreich, wobei natürlich die Rechtssysteme beider Staaten nicht 1:1 miteinander verglichen werden könnten. Dem BFA sei auch bekannt, dass es in der untersten Ebene der Exekutive vermehrt zu Korruptionsvorwürfen komme, jedoch hätten die Betroffenen auch Möglichkeiten, etwas dagegen zu unternehmen, wie sich z. B. direkt an ein Gericht zu wenden.
Der BF konnte auch keine Angaben zu seinen Anzeigen machen. Er habe auch nicht konkret angeben können, weshalb er angezeigt wurde. Es sei daher nicht glaubhaft, dass die Anzeigen echt sind bzw. dass sich der BF mit diesem Fluchtvorbringen auseinandergesetzt hat. Es sei hinlänglich bekannt, dass es in Bangladesch einfach ist, gegen sich selbst einen Fall zu inszenieren und dann tatsächlich existierende Anzeigen zu erhalten. Daraus aber einen asylrelevanten Fluchtgrund ableiten zu wollen, sei inkorrekt, da es sich oftmals um Bagatelldelikte handle, die nicht wirklich zu weiteren Schritten seitens der Gerichte führen. Dies wiederum bedeute, dass der BF im Fall seiner offensichtlich bestehenden Anzeigen auf jeden Fall die Möglichkeit gehabt hätte, dagegen konkrete Schritte in die Wege zu leiten. Dies habe er aber nicht gemacht, weshalb angenommen werden könne, dass sein Vorbringen doch nicht den Tatsachen entspricht. Damit stehe aber auch fest, dass dem BF im Fall der Rückkehr nach Bangladesch keine Verfolgung droht.
Der BF hat weiter angegeben, aufgrund seiner Parteizugehörigkeit zur BNP von der AL verfolgt zu werden. Er musste immer wieder aufgefordert werden, die an ihn gestellten Fragen zu beantworten. Er konnte dazu keine Beweismittel vorlegen. Er konnte auch keine Votar Card vorzeigen, diese sei dennoch ein wichtiger Nachweis für eine Parteitätigkeit in Bangladesch, da man nur im Besitz einer solchen Karte wählen gehen kann. Der BF gab an, aktives BNP-Mitglied gewesen zu sein. Die aktive Tätigkeit habe er damit begründet, dass er angab, an Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Lediglich die Teilnahme an Veranstaltungen sei keine Begründung bzw. Erklärung einer aktiven Tätigkeit bei der angegebenen Partei.
Der Vorgang der Anzeigeaufnahme und der Zeugenbefragung sowie versuchte Erhebungen und versuchte Befragung des Angeklagten zeige aber auch rechtsstaatlich konformes Verhalten der Exekutive. Derselbe Vorgang fände auch in Österreich statt. Dem BFA sei aber auch bewusst, dass es von Seiten der Polizei immer wieder eine Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze geben könne und in Bangladesch auch gibt, was den BF aber sicher nicht daran hätte hindern können, mit Hilfe eines Anwaltes gegen die behaupteten falschen Anzeigen vorzugehen. Weiter hätte sich der BF auch eines Rechtsanwaltes bedienen können, um die Sache richtig zu stellen oder eben vor Gericht zu bekämpfen. Auch wenn bekannt ist, dass das Gericht korrupt ist bestünde immer noch die Möglichkeit beim nicht korrupten Höchstgericht gegen die Anzeige vorzugehen. Dass das System in Bangladesch stark verpolitisiert ist, bedeute nicht, dass hier nicht nach den einschlägigen Rechtsvorschriften vorgegangen würde.
Da das erste Asylverfahren negativ entschieden wurde, bestehe die Vermutung, dass sich der BF aus Bangladesch Unterlagen schicken ließ, um einen neuen Fluchtgrund zu konstruieren. Die Situation des BF und sein mit dem 1. Asylverfahren fast identes Fluchtvorbringen wurde mit Erkenntnis des AsylGH vom 17.9.2013 entschieden, woraus hervorgeht, dass der BF aus wirtschaftlichen Gründen flüchtete und keinen Versuch des Konstruierens eines Fluchtgrundes unterlässt.
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bangladesch traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.
Es hätten sich weiter keine Hinweise für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.
I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde neben Wiederholungen und allgemeinen Angaben vorgebracht:
Der Bescheid werde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten.
Gegen den BF gebe es 2 fingierte Anzeigen, u.a. wegen Verstoß gegen das Sprengmittelgesetz. Die Vorwürfe stammten von verfeindeten Anhängern der AL. Die letzte Adresse des BF sei von Polizei und RAB aufgesucht worden.
Im ggst Fall lägen unzureichende und mangelhafte Ermittlungen vor. Es hätte eine Recherche durch den Vertrauensanwalt im ehemaligen Umfeld des BF erfolgen müssen. Der Einsatz der RAB könne nicht mit dem Argument der üblichen Vorgehensweise bei der Erhebung einer Tat relativiert werden. Laut Länderbericht würden der RAB auch schwere menschenrechtliche Verstöße zugeschrieben. Die willkürliche Inhaftierung angeblich Verdächtiger, Folter und Misshandlung sowie äußerst prekäre Haftbedingungen würden die Gefährdung Betroffener weiter verstärken. Korruption und Überlastung der Justiz würden kein faires Verfahren gewährleisten. Außerdem stelle die Korruption bei den Polizeibehörden ein erhebliches Problem dar. Vor dem Hintergrund der in der Beschwerde auszugsweise zitierten Berichte sei das Vorbringen des BF plausibel. Schilderungen über fehlende Kontakte zur Familie und Unwissenheit über den aktuellen Aufenthaltsort seien nicht berücksichtigt worden.
Jedenfalls hätten Erhebungen hinsichtlich der vorgelegten Beweismittel getätigt werden müssen. Die belangte Behörde habe nicht einmal alle Beweismittel übersetzen lassen.
Insgesamt sei die Beweiswürdigung mangelhaft und das Vorbringen des BF schlüssig und plausibel.
I.4. Für den 13.6.2016 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, an der der BF und seine Rechtsberaterin teilnahmen.
I.5. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
2. II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
a. 1. Feststellungen:
II.1.1. Der Beschwerdeführer:
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen Staatsangehörigen von Bangladesch, welcher zur Volksgruppe der Bengalen gehört und sich zum Islam bekennt. Der BF ist damit Drittstaatsangehöriger.
Der BF ist ein 21-jähriger, lediger, gesunder, arbeitsfähiger Mann mit einer in Bangladesch - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.
Der BF hat die Grundschule besucht und spricht neben Bengali auch Urdu.
In Bangladesch leben nach wie vor die Eltern, 3 Geschwister, 1 Onkel, 4 Tanten sowie Cousins und Cousinen des BF.
Der BF ist in Österreich strafrechtlich bislang unbescholten. Er arbeitet in Österreich laut eigener Angabe seit Februar 2016 als Kochlehrling ( Eine Beschäftigungsbewilligung des AMS vom 28.1.2016, gültig für die Zeit von 1.2.2016 bis 30.4.2019 liegt vor.) Der BF hat einen Deutschkurs besucht und ist nach eigener Angabe am 15.6.2016 zur Deutschprüfung angetreten (Ein Sprachdiplom wurde bis dato nicht vorgelegt.).
Der BF hat keine familiären oder relevanten privaten Anknüpfungspunkte in Österreich.
Er ist Mitglied bei der Bangladesch-Österreichischen Gesellschaft sowie beim Bangladesch Cricket Club Austria.
Die Identität des BF steht nicht fest.
Der BF reiste unrechtmäßig in das Gebiet der Europäischen Union ein und hält sich lediglich aufgrund der Bestimmungen des Asylgesetzes vorübergehend legal in Österreich auf. Es besteht auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen gesetzlichen Bestimmungen.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Bangladesch:
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bangladesch werden folgende Feststellungen getroffen:
Politische Lage
Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 2.2016).
Das Parlament hat bei nur einer Gegenstimme, jedoch ohne Beteiligung der Bangladesh Nationalist Party (BNP) und ihrer Verbündeten an der Parlamentssitzung, am 30.7.2011 die 15. Verfassungsänderung verabschiedet. Im Mittelpunkt der Änderung steht die Abschaffung der Übergangsregierung, wie sie 1996 von der Awami League (AL) verlangt und durchgesetzt wurde und die sich nach Meinung von Wahlbeobachtern bei den folgenden Parlamentswahlen auch bewährte. Mit Überraschung wurde von Teilen der Zivilgesellschaft die Bestätigung des Islam als Staatsreligion aufgenommen, da angenommen worden war, dass die AL beabsichtige, möglichst nah an die ursprüngliche Verfassung von 1972 zu rücken. Allerdings wurde der Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteiischen Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 2.2016; vgl. AA 8.2015a).
Die großen Parteien, insbesondere AL und BNP, werden von zwei quasi-dynastischen Persönlichkeiten geführt: Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia. Beide Frauen sind Erben des politischen Vermächtnis' ihrer ermordeten Männer und genießen dank dieser Position eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei. Sie nehmen nicht nur großen Einfluss auf den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter, sondern geben insgesamt den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) mächtigen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 2.2016).
Am 5.1.2014 fanden die 10. Parlamentswahlen ohne Beteiligung der größten Oppositionspartei, die BNP, statt. Die AL konnte so ungefährdet eine komfortable Mehrheit erreichen. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Die Presse berichtete auch über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 2.2016; vgl. AA 8.2015a).
Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet; über 130 Wahllokale wurden in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks. In vielen Distrikten wurden über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v. a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 2.2016, vgl. AA 8.2015a). Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen - landesweit waren 270.000 Sicherheitskräften im Einsatz - kam es bei den Wahlen zu schweren Ausschreitungen, bei denen 18 Menschen starben. Anhänger der Opposition versuchten bis zuletzt, die Abstimmung mit Brandsätzen und Gewaltakten zu verhindern. Nach Angaben der Behörden zündeten Demonstranten mindestens 127 Wahllokale an und stürmten weitere. In 390 der mehr als 18.000 Wahllokale wurde die Abstimmung wegen der Gewaltausbrüche abgebrochen. Die Polizei setzte auch scharfe Munition ein. Viele der Getöteten waren Aktivisten der Jamaat-e-Islami. Diese islamistische Partei, Bündnispartner der BNP, durfte bei der Wahl nicht antreten, nachdem ein Gericht ihre Registrierung vor einigen Monaten für ungültig erklärt hatte (Zeitonline 5.1.2014).
Insgesamt wurden bei gewaltsamen Angriffen rund um die Wahlen im Jänner 2014 Hunderte verletzt und getötet. Sowohl die Regierungspartei von Bangladesch, als auch Oppositionsparteien waren für die Gewalt verantwortlich. Anhänger der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party und der Jamaat-e-Islami Partei (JI) warfen Benzinbomben, um Streiks und Wirtschaftsblockaden zu erzwingen. Vor und nach der Wahl verwüsteten Angreifer auch Häuser und Geschäfte von Mitgliedern der hinduistischen und christlichen Gemeinschaften. Als Reaktion griff die Regierung hart gegen Mitglieder der Opposition durch und Hunderte wurden verdächtigt, gewalttätige Übergriffe begangen zu haben (HRW 27.1.2016). Es wurden Personen verhaftet und TV Stationen geschlossen (WSJ 13.1.2014). Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden führten außergerichtlichen Hinrichtungen, willkürliche Verhaftungen und rechtswidrigen Zerstörung von Privateigentum durch und ließen Personen verschwinden (HRW 27.1.2016). Berichte von Gewalt durch die Opposition halten indes auch nach den Wahlen an, ebenso die harte Linie der Regierung - mit Verhaftungen von Führungspersonen der Opposition und tausenden Anzeigen unter dem Vorwurf der Teilnahme an Gewalt (NYT 11.1.2014). Bereits das Vorfeld der Wahlen war durch Gewaltausbrüche gezeichnet. Insgesamt sollen um die 100 Menschen im Zuge der Wahl getötet worden sein (NYT 11.1.2014). Am Wahltag führte die BNP außerdem einen 48 stündigen landesweiten Streik an (BBC 12.1.2014).
Die wichtigste Oppositionspartei, die Bangladesh Nationalist Party (BNP) unter Führung von Begum Khaleda Zia, verlangt unterdessen Neuwahlen (WSJ 13.1.2014). Die BNP hatte die Parlamentswahlen am 5.1.2014 boykottiert, nachdem ihrer Forderung, diese von einer neutralen Übergangsregierung durchführen zu lassen, nicht nachgekommen wurde (Zeitonline 5.1.2014). Insgesamt boykottierte eine Allianz von 18 Oppositionsparteien die Wahl (UPI 14.1.2014). Durch den Boykott stand weniger als die Hälfte der Parlamentssitze zur Wahl (BBC 6.1.2014). In 153 Wahlkreisen hatte es keine Gegenkandidaten gegeben, wodurch in nur 147 Wahlkreisen Wahlen durchgeführt werden mussten (Bangladesh Chronicle 12.1.2014). Mit einem Parlament, das sich nun ausschließlich aus der Awami League und ihren Koalitionspartner zusammensetzt, ist dies das erste Mal seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1991, dass keine Opposition im Parlament vertreten ist (WSJ 13.1.2014).
Premierministerin Sheikh Hasina, Parteiführerin der Awami League, und ihr Kabinett wurden am 12.1.2014 für eine weitere Amtszeit angelobt (BBC 12.1.2014). Es ist dies die insgesamt dritte Amtszeit Hasinas bzw. die zweite in Folge (Bangladesh Chronicle 12.1.2014).
Die aufgrund des Wahlboykottes der BNP fehlende wirksame parlamentarische Opposition führt dazu, dass die BNP statt im Parlament zu diskutieren auf den Straßen agiert und die Regierung unter Sheikh Hasina gegen freie Meinungsäußerung und die Zivilgesellschaft vorgeht. Die Regierung reagiert dagegen mit der Aufstellung von Truppen, um die Gewalt auf den Straßen zu bändigen sowie mit der Inhaftierung tausender Mitglieder der Opposition, beschränkte vor geplanten Protesten den Zugang der Führerin der BNP, Khaleda Zai zu ihrem Büro. Wichtige Oppositionsführer wurden unter dem Vorwand schwerer Vergehen verhaftet. Aus Angst vor Verhaftungen blieben viele untergetaucht (HRW 27.1.2016).
Politisches Machtzentrum in Bangladesch ist die Exekutive und hier v. a. das Kabinett unter Vorsitz des Premierministers. Es ist üblich, dass der Führer der stärksten Partei vom Präsidenten zum Premierminister ernannt und mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Dem Premierminister kommt nicht nur die Leitung der Kabinettsitzungen zu, er hat das Recht zur Regierungsumbildung und ihm obliegt die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten. Demgegenüber ist die Rolle des Präsidenten - wiewohl Staatsoberhaupt und formal Kopf der Exekutive - im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben beschränkt. Er wird vom Parlament für fünf Jahre und maximal zwei Amtsperioden gewählt. Das Parteiensystem wird durch die Konkurrenz der beiden großen Parteien AL und BNP geprägt. Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit nur die JP (Jatiya Party - Ershad) und - bis zu den vorletzten Wahlen - die JI erzielt. Aufgrund des im Land geltenden Mehrheitswahlrechts spiegelt die Sitzverteilung im Parlament nicht die realen Stimmenanteile wider. Das Mehrheitswahlrecht verhindert zwar die politische Fragmentierung innerhalb der Jatiya Sangsad (= Parlament), begünstigt dadurch aber auch die Bipolarität zwischen AL und BNP. Zwar entscheidet das Parlament de jure über den Haushalt, beschließt zu erhebende Steuern, ratifiziert Verträge oder initiiert Verfassungsänderungen, infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 2.2016).
Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen, teilweise bereits verabschiedeten, Gesetzen zu Medien, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NRO aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, die Gräueltaten des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure. Viele von ihnen sind heute in führenden Positionen der islamischen Partei Jamaat-al-Islami aktiv. Die Prozesse und (häufig Todes‑) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 8.2015a).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende Awami League (AL) als Siegerin hervorgegangen (NETZ 1.2.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (8.2015a): Bangladesch, Innenpolitik,
Zugriff 29.2.2016
- The Bangladesh Chronicle (12.1.2014): Hasina embarks on her third string promising good governance, http://bangladeshchronicle.net/2014/01/hasina-embarks-on-her-third-string-promising-good-governance/ , Zugriff 4.3.2016
- BBC - British Broadcasting Corporation (12.1.2014): Sheikh Hasina sworn in as Bangladesh PM,
http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-25705834 , Zugriff 29.2.2016
- BBC - British Broadcasting Corporation (6.1.2014): Bangladesh's ruling Awami League wins boycotted poll, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-25618108 , Zugriff 29.2.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2016): Bangladesch, Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/bangladesch/geschichte-staat/ ,
Zugriff 29.2.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/318374/457377_de.html , Zugriff 29.2.2016
- NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (1.2.2016): Bangladesch
Aktuell,http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html , Zugriff 2.3.2016
- NYT - The New York Times (11.1.2014): Matriarchs' Duel for Power Threatens to Tilt Bangladesh Off Balance, http://www.nytimes.com/2014/01/12/world/asia/matriarchs-duel-for-power-threatens-to-tilt-bangladesh-off-balance.html?_r=0 , Zugriff 29.2.2016
- UPI - United Press International (14.1.2014): Bangladesh's re-elected prime minister starts new term, http://www.upi.com/Top_News/Special/2014/01/14/Bangladeshs-re-elected-prime-minister-starts-new-term/UPI-77731389697260/ , 29.2.2016
- WSJ - The Wall Street Journal (13.1.2014): Bangladesh's Largest Opposition Party Rejects New Cabinet http://online.wsj.com/news/articles/SB10001424052702304549504579318363501145346 , Zugriff 29.2.2016
- Zeitonline (5.1.2014): Wahl in Bangladesch endet im Chaos, http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-01/bangladesch-wahl-gewalt-tote-boykott , Zugriff 29.2.2016
1. Sicherheitslage
Die jeweiligen Oppositionsparteien versuchen, die dominierende Struktur der Regierungspartei durch vielfältige Protestmaßnahmen zu unterminieren, namentlich durch gewaltsame Demonstrationen auf der Straße. Die Grundform des Protestes heisst "hartal" und ist ein Generalstreik mit Blockierung der Verkehrswege, Fahrverbot für Motorfahrzeuge, Schließen von Geschäften usw.; Diese Maßnahmen werden von Aktivisten der jeweiligen Opposition angeordnet und arten oft in gewaltsame Straßenkämpfe mit Aktivisten der Regierungspartei aus, die von der Polizei unterstützt werden. Beide großen Parteien greifen mit demselben Eifer auf "hartal" zurück und sind unfähig, die Debatten im Parlament auszutragen. Zusätzlich breiten sich terroristische islamistische Parteien aus. Vor 2001 hatten 3 geheime islamistische Organisationen existiert, darunter die "Bewegung des islamischen Jihad" (Harkat-ul-Jihad-al-Islam, HUJI). Ende 2005 stieg ihre Zahl bereits auf 87 Gruppen an mit Tausenden von Kämpfern und vielen Ausbildungslagern. Bekannt sind etwa die "Organisation der Mujaheddin Bangladeschs" (Jama'atul Mujahideen Bangladesh, JMB), die den Taliban nahe stehende "Erwachten Muslimischen Massen von Bangladesch" (Jagrata Muslim Janata Bangladesh, JMJB) und die "Partei der Einheit Gottes" (Hizbut Tawhid). Seit 2007 werden die Gruppen islamistischer Terroristen stark unterdrückt. Sie profitieren aber weiterhin von einem weiten Netzwerk von Unterstützern in islamischen NGOs und Koranschulen sowie von Geldüberweisungen aus der Arabischen Halbinsel (DACH 3.2013).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien des Landes "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Politische Auseinandersetzungen werden häufig auf der Straße ausgetragen. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen. Aufgrund der Schwäche staatlicher Institutionen spielen Nichtregierungsorganisationen im sozialen Bereich (Bildung, Gesundheit, etc.) eine große Rolle. Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 8.2015a).
Zum ersten Jahrestag der Parlamentswahlen am 5.1.2015 rief die Opposition zu Straßenblockaden auf, die zu einer wochenlangen Gewalt mit Dutzenden von Todesopfern und unzähligen Verletzten und zu einer Vertiefung der politischen Krise im Land geführt hat. Bürger, sowie die Wirtschaft leiden weiter unter den Blockaden. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 2.2016). Sowohl AL, als auch BNP haben zum zweiten Jahrestag der Parlamteswahlen Kundgebungen vor ihren Parteizentralen abgehalten, wobei die BNP erneut Neuwahlen forderte. Befürchtungen, dass es, wie beim ersten Jahrestag, erneut zu massiven Ausschreitungen kommt, haben sich nicht bestätigt (NETZ 7.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (8.2015a): Bangladesch, Innenpolitik,
Zugriff 29.2.2016
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich, Fact Sheet - Bangladesch
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2016): Bangladesch, Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/bangladesch/geschichte-staat/ ,
Zugriff 29.2.2016
- NETZ - Partenerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (7.1.2016): Bangladesch - Aktuell - Zweiter Jahrestag der Parlamentswahlen,
http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/zweiter-jahrestag-der-parlamentswahlen/cHash/c967223bcb83a8cdc94fb22a83f47899.html , Zugriff 3.3.2016
4. Rechtsschutz/Justizwesen
Das Justizsystem in Bangladesch ist wie die übrige Verwaltung stark vom Erbe der britischen Kolonialverwaltung geprägt, hat aber zunehmend lokalen sozialen und religiösen Bedürfnissen Rechnung getragen. Gesetze und Urteile der höchsten Instanzen sind via Internet relativ gut zugänglich. Richter werden durch die Regierung ernannt und können nicht als unabhängig betrachtet werden. Auch die Polizei ist während juristischer Verfahren von der politischen Partei abhängig, die gerade an der Macht ist (D-A-CH 3.2013). Korruption und ein erheblicher Rückstand bei den Fällen behindern das Gerichtssystem und Gerichtsverfahren sind geprägt durch eine überlange Verfahrensdauer, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommen Zeugenbeeinflussung, Einschüchterung von Opfern und fehlende Beweise vor. Während die politische Zugehörigkeit in der Verhaftung und Strafverfolgung von Mitgliedern der Opposition eine Rolle spielt, wurde gegen keine Person nur aufgrund von politischen Gründen eine Strafverfolgung eingeleitet (USDOS 25.6.2015). Fälle erfundener und gefälschter Verfahren sind häufig. Beispielsweise wird ohne Basis Klage gegen jemanden erhoben, um einer Person Schaden zuzufügen oder sie zu zwingen, sich in ein teures Gerichtsverfahren zu begeben, was bis zur Aufgabe von Besitz gehen kann. Meistens geht es dabei um Grundbesitz. Manchmal sind aber auch Mitglieder einer Oppositionspartei betroffen. Dabei reicht es, dass der Name auf einem First Information Report der Polizei erscheint. Sobald die Oppositionspartei an die Macht kommt, stoppt sie alle Gerichtsverfahren gegen ihre Aktivisten (D-A-CH 3.2013).
Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires Verfahren vor, aber infolge von Korruption und schwache personellen und institutionellen Kapazitäten kann die Justiz dieses Recht nicht immer gewährleisten. Für Beklagte gilt die Unschuldsvermutung, sie haben das Recht auf Berufung und unverzüglich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert zu werden. Das Gesetz gewährt Angeklagten das Recht auf einen Anwalt, das Belastungsmaterial zu begutachten, Zeugen namhaft zu machen und zu befragen sowie Berufung gegen Urteile einzulegen, jedoch werden diese Rechte von der Regierung häufig nicht respektiert. Einzelpersonen und Organisationen haben das Recht, zivile Rechtsmittel im Falle von Menschenrechtsverletzungen heranzuziehen, das Zivilrechtssystem ist aber langsam und schwerfällig, was viele davon abhielt, diesen Weg zu beschreiten. Korruption und Einflussnahme von außen sind Probleme im zivilen Rechtssystem. Es gibt alternative Verfahren zur Streitbeilegung wie z. B. Mediation. Laut Regierungsquellen beschleunigt die breitere Anwendung der Mediation in Zivilsachen die Rechtspflege, aber es gibt keine Bewertung der Fairness oder Unparteilichkeit (USDOS 25.6.2015). Die Justiz ist bürokratisch, überlastet und hat einen großen Rückstau an anhängigen Verfahren, eine geringe Anzahl an ausgebildeten Richtern und Anwälten, ist kostspielig und unterliegt der Korruption, Störungen und politischem Druck, vor allem auf unteren Ebenen (UK Home Office 2.2015).
Quellen:
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich, Fact Sheet - Bangladesch
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html , Zugriff 29.2.2016
- UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance, Bangladesh: Opposition to the government, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1424680865_bgd-cig-political-opponents-2015-02-20-v1-0.pdf , Zugriff 29.2.2016
5. Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch bei einer Vielzahl von innerstaatlichen Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 25.6.2015). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln zur Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können. Die Verfassung verbietet willkürliche Verhaftung und Inhaftierung, aber das Gesetz erlaubt Behörden, Personen aufgrund eines Verdachts einer strafbaren Handlung ohne gerichtliche Anordnung oder Haftbefehl festzunehmen (USDOS 25.6.2015).
Die Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren. Das Rapid Action Batallion (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14). Diese Eliteeinheit ist u.a. für Terrorabwehr und Drogendelikte und andere schwere Verbrechen zuständig. Ihr werden schwere menschenrechtliche Verstöße wie z.B. extralegale Tötungen zugeschrieben (AA 14.1.2016).
Machtpolitisch bedeutsam ist auch das Militär, das aufgrund der Korruption und Ineffektivität der Polizei immer wieder Aufgaben im Rahmen der Sicherung oder (Wieder‑) Herstellung der inneren Sicherheit übernehmen muss (GIZ 2.2106).
Trotz des Versprechens der regierenden Awami League, schwere Menschenrechtsverletzung nicht zu tolerieren, dauern derartige Missbräuche unvermindert an und haben in einigen Bereichen zugenommen. Sicherheitskräfte begehen ernste Missbräuche einschließlich willkürlicher Verhaftungen, Folter, zwangsweiser Verschleppungen und Mord. Nur in wenigen Fällen kam es deswegen zu Untersuchungen oder wurden verantwortliche Personen zur Verantwortung gezogen (HRW 27.1.2016). Betroffene, die gerade in Strafverfahren mit extrem langer Untersuchungshaft rechnen müssen, sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2016): Bangladesch, Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/bangladesch/geschichte-staat/ ,
Zugriff 29.2.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/295469/430500_de.html , Zugriff 29.2.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh,
http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html , Zugriff 29.1.2016
6. Folter und unmenschliche Behandlung
Obwohl die Verfassung und die Gesetze Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung verbieten, gibt es Vorwürfe der Folter, körperlicher und psychischer Misshandlungen während Verhaftungen und Verhören durch Sicherheitskräfte, inklusive RAB und der Polizei. Die Sicherheitskräfte gingen mit Drohungen, Schlägen und Elektroschock vor. Gemäß der lokalen NGO Odhikar haben Sicherheitskräfte während der ersten neun Monate des Jahres 2014 10 Personen zu Tode gefoltert. Es kommt selten zu Anzeigen, Bestrafungen oder Verurteilungen der Verantwortlichen durch die Regierung (USDOS 25.6.2015).
Am 24.10.2013 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das Folter in Gewahrsam kriminalisiert und als Mindeststrafe lebenslange Haft sowie Geldstrafen für Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden, Sicherheitsbehörden oder Regierungsbeamte vorsieht, die Folter und unmenschliche Behandlung von Häftlingen in Gewahrsam begangen haben oder dafür oder für den Tod der Häftlinge verantwortlich sind. Das Gesetz sieht auch vor, dass die Täter der Familie des Opfers 200.000.- Taka ($ 2.500.-) an Entschädigung zahlen. Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, dass sich Beamte, die der Folter, unmenschlicher Behandlung oder des Todes in Gewahrsam für schuldig befunden wurden, sich nicht durch Berufung auf außergewöhnliche Umstände, insbesondere Krieg, innenpolitische Stabilität, Ausnahmezustand oder den Auftrag eines Vorgesetzten oder einer Behörde rechtfertigen können. Das Gesetz erlaubt einem Richter, einen Verdächtigen in Untersuchungshaft zu nehmen, während der die Befragung des Verdächtigen ohne einen Anwalt erfolgen kann (USDOS 25.6.2015). Foltervorwürfe werden nicht mit der notwendigen Stringenz verfolgt, in Einzelfällen kam es aber zu Verurteilungen (AA 14.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh,
http://www.ecoi.net/local_link/270654/400719_de.html , Zugriff 29.2.2016
7. Korruption
Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 14.1.2016). Im Korruptionswahrnehmungsindex 2015 von Transparency International belegt Bangladesch den 139. von 168 Plätzen (je niedriger desto besser) - im Vergleich zu Platz 145 von 175 im Jahr 2014 (TI 27.1.2016). Über 60% aller bangladeschischen Haushalte haben Korruption selbst erfahren. Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NGOs genießen den besten Ruf. Transparency International bezeichnet die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC) als "zahnlosen Tiger". Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die ACC der Korruption verdächtigte Behördenbeschäftigte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 14.1.2016).
Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen. Aufgrund der Schwäche staatlicher Institutionen spielen Nichtregierungsorganisationen im sozialen Bereich (Bildung, Gesundheit, etc.) eine große Rolle. Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 8.2015a). Der Kauf öffentlicher Ämter und politischer Posten ist üblich. Die großen Parteien übertragen ihre interne Praxis auch auf die Verwaltung: ihre Mitglieder werden für die Mühen belohnt mit Beförderungen und lukrativen Posten, während die anderen ausgeschlossen werden (D-A-CH 3.2013).
Das Gesetz sieht Strafen für korrupte Beamte vor, aber die Regierung hat das Gesetz nicht effektiv umgesetzt. Menschenrechtsgruppen, die Medien, die ACC und andere Institutionen berichteten im Verlauf des Jahres über Regierungskorruption. Beamte, die in korrupte Praktiken involviert sind bleiben ungestraft. Laut eines Berichts der Weltbank aus dem Jahr 2010 untergräbt die Regierung die Arbeit der ACC und hat die Verfolgung von Korruption behindert. Der Bericht stellt fest, dass die Regierung weit weniger Korruptionsfälle erfasste als die vorherige Übergangsregierung und dass eine Regierungskommission der ACC empfiehlt, tausende von Korruptionsfällen fallenzulassen. Stimmen aus der Zivilgesellschaft erklärten, dass die Regierung nicht ernsthaft gegen Korruption kämpft und sie die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung verwendet. Die Regierung unternahm Schritte der verbreiteten Korruption in der Polizei nachzugehen. Der Generalinspekteur der Polizei setzte die Antikorruptionsausbildung fort, um eine leistungsfähigere Polizei zu schaffen. Eine Beurteilung der Auswirkungen dieser Maßnahmen innerhalb der Polizei liegt nicht vor. Die Regierung setzte die Justiz politischem Druck aus und Fälle, in die Oppositionsführer verwickelt waren, wurden oft auf ordnungswidrige Art und Weise abgewickelt. In der Justiz bleibt Korruption ein ernstes Problem und ist ein Grund für langwierige Verzögerungen bei Verfahren, die Zeugenmanipulation und Einschüchterung der Opfer beinhalten. Mehrere Berichte von Menschenrechtsgruppierungen und Korruptionsüberwachungsgruppen haben auf die wachsende öffentliche Unzufriedenheit mit der wahrgenommenen Politisierung der Justiz hingewiesen (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- AA - Auswärtiges Amt (8.2015a): Bangladesch, Innenpolitik,
Zugriff 29.2.2016
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich, Fact Sheet - Bangladesch
- TI - Transparency International (27.1.2016): Corruption Perceptions Index 2015,
http://www.transparency.org/cpi2015/ #downloads, Zugriff 4.3.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/270654/400719_de.html ,
Zugriff 29.2.2016
8. Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechte werden nach der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert. Demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien sind festgeschrieben. Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Grund- und Menschenrechte ist nicht ausreichend. Grundsatz-urteile des Obersten Gerichtshofs zu Menschenrechtsgarantien werden von Regierung und Behörden nicht ausreichend umgesetzt (AA 14.1.2016).
Die bedeutendsten Menschenrechtsprobleme sind außergerichtliche Tötungen, gewaltsames Verschwindenlassen von Personen, einige Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Internet und der Presse sowie schlechte Arbeitsbedingungen und Arbeitsrechte. Weitere Menschenrechtsprobleme betreffen Folter und andere Formen der Gewaltausübung durch Sicherheitskräfte, weitverbreitete Korruption, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen, geringe justizielle Kapazitäten, geringe Unabhängigkeit der Justiz sowie langwierige Untersuchungshaft. Die Behörden haben Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt. Politisch motivierte Gewalt und innerparteilich Gewalt bleiben ernste Probleme. Einige NGOs sind rechtlichen und informellen Einschränkungen ihrer Tätigkeiten ausgesetzt. Frauen leiden an Ungleichbehandlung, Kinder- und Zwangsheiraten sind ein Problem und viele Kinder sind gezwungen zu arbeiten, vor allem in der Schattenwirtschaft. Die Gründe dafür sind wirtschaftliche Not oder weil sie Opfer von Menschenhandel sind. Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bleibt ein Problem, vor allem für Kinder, die den Eintritt in eine öffentliche Schule anstreben. Fälle von gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten bestehen fort, obgleich viele Führer der Regierung und auch der Zivilgesellschaft behaupten, dass diese Akte politische oder wirtschaftliche Motive hatten und nicht gänzlich der religiösen Überzeugungen oder Einstellung zuzuschreiben sind. Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung besteht weiter. Die schwach ausgeprägte Rechtsstaatlichkeit ermöglicht es nicht nur dem Einzelnen, darunter auch Regierungsbeamten, straflos Menschenrechtsverletzungen zu begehen, sie hält die Bürger auch davon ab, ihre Rechte einzufordern. Die Regierung unternahm nur wenig, um Fälle von Tötungen und Missbrauch durch Sicherheitskräfte zu untersuchen und zu verfolgen. Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann in der Regel unabhängig und ohne Einschränkungen der Regierung agieren, Untersuchungen durchführen und ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle veröffentlichen. Obwohl Menschenrechtsgruppen die Regierung oft scharf kritisieren, praktizieren sie auch teilweise Selbstzensur (USDOS 25.6.2015).
Die Regierung erhöhte ihre Angriffe auf zivilgesellschaftliche Organisationen und Kritiker und legte einen Gesetzesentwurf vor, der die ausländische Finanzierung derartiger Gruppen einschränkt. Die Meinungsfreiheit wurde weiter eingerschränkt, regierungskritische Medien waren mit Schließungen, Redakteure mit Verhaftung und Anschuldigungen konfrontiert. Zivilgesellschaftliche Aktivisten und Journalisten waren Klagen von führenden Pareianhängern ausgesetzt, weil sie die Regierung kritisiert haben und Missbilligungen durch die Gerichte, weil sie unfaire Gerichtsverhandlungen kritisiert haben (HRW 27.1.2016).
Sicherheitskräfte verübten Entführungen, Morde und willkürliche Verhaftungen die insbesondere auf Führer und Unterstützer der Opposition abzielten. Eine positive Entwicklung, nach Jahren der Straflosigkeit für die Sicherheitskräfte, war die Verhaftung mehrerer Mitglieder des berüchtigten RAB nach der Entführung und offensichtlichen Verübung von Auftragsmorden an sieben Personen im Mai 2014 (HRW 29.1.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/295469/430500_de.html , Zugriff 1.3.2015
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/318374/457377_de.html , Zugriff 1.3.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html , Zugriff 1.3.2016
9. Meinungs- und Pressefreiheit
Die laut Verfassung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit wird von der Regierung nicht immer respektiert. Es gab einige Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Einige Journalisten zensurierten aus Angst vor Belästigung und Repressalien selbst ihre Kritik an der Regierung. Die Verfassung setzt Kritik der Verfassung mit Aufwiegelung gleich. Die Strafe wegen Volksverhetzung reicht von drei Jahren bis zu lebenslanger Haft. Im Laufe des Jahres wurde niemand aufgrund dieser Bestimmung verurteilt. Das Gesetz beschränkt Hassrede aber definiert nicht klar, was darunter zu verstehen ist und räumt der Regierung weitreichende Interpretationsbefugnisse ein. Die Regierung kann die Redefreiheit einschränken, wenn sie als gegen die Sicherheit des Staates gerichtet erachtet wird, gegen freundschaftliche Beziehungen mit ausländischen Staaten, gegen die öffentliche Ordnung, Anstand oder Moral oder wegen Missachtung des Gerichts, Verleumdung oder Anstiftung zu einer Straftat. Die unabhängigen Medien waren aktiv und drückten eine Vielzahl von Ansichten aus, allerdings waren Medien, die die Regierung kritisierten negativen Druck durch die Regierung ausgesetzt. Die Regierung zensiert indirekt die Medien durch Bedrohungen und Belästigungen. Journalisten zufolge verlangten Regierungsbeamte bei mehreren Gelegenheiten von in Privatbesitz befindlichen Fernsehsendern keine Aktivitäten und Äußerungen der Opposition auszustrahlen. Einzelpersonen und Gruppen tauschen ihre Ansichten in der Regel über das Internet aus. Die Bangladesh Telocommunication Regultory Commission (BTRC) filtert Internetinhalte, die die Regierung als schädlich für die nationale Einheit und religiöse Überzeugung erachtet. Die Regierung blockierte auch einige Facebook-Seiten einschließlich Seiten, die den Propheten Mohammed darstellen und Seiten die sowohl dem Permierminister als auch der Opposition gegenüber kritisch sind (USDOS 25.6.2015). Im Lauf des Jahres 2015 wurden mehrere religionskritische (Online‑)Aktivisten, Blogger und Medienschaffende in aller Öffentlichkeit ermordet. Die Morde werden einer mit Al Qaida sympathisierenden Terrorgruppe zugeordnet. Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, und der Innenminister warnte die Blogger zunächst, nicht zu weit zu gehen. Die Regierung scheint das Problem inzwischen ernster zu nehmen und gewährt in vielen Fällen Personenschutz (AA 14.1.2016).
In Bangladesch besteht eine vielfältige und lebendige Medienlandschaft, elektronische Medien werden, jedenfalls in den Städten, umfassend genutzt. Die Digitalisierung des Landes bis 2021, dem 50. Jahr der Staatsgründung, ist politisches Ziel. Schon jetzt sind weite Teile des Landes vernetzt und die Durchdringung mit Mobiltelefonen ist hoch. Trotz Übergriffen und Einschüchterungsversuche können Print- und Fernsehmedien verhältnismäßig unabhängig berichten, allerdings kommt es häufig zu Selbstzensur. Die Regierung legte im vergangenen Jahr einen Gesetzesentwurf zur verstärkten Regulierung der Fernsehsender vor. Bangladesch befindet sich auf dem Pressefreiheitsindex 2015, so wie schon 2014, auf dem 146. Rang von 180 (je niedriger desto besser) (RwB 12.2.2015). Die Anzahl gewaltsamer Übergriffe gegen Journalisten bleibt auf hohem Niveau (AA 14.1.2016)
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- RwB - Reporters without Borders (12.2.2015): World press freedom index 2015,
http://en.rsf.org/world-press-freedom-index-2015-12-02-2015 ,47573.html, Zugriff 4.3.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html , Zugriff 1.3.2016
10. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit/Opposition
Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Verfassung garantiert und von der Regierung im Allgemeinen auch respektiert. Allerdings kann es in Zeiten politischen Protests und politischer Unruhe zu Einschränkungen kommen (USDOS 25.6.2015). Die Regierung hat aber das Recht und macht davon Gebrauch, Ansammlungen von mehr als vier Menschen zu unterbinden (AA 14.1.2016).
Demonstrationen finden regelmäßig statt. Die Regierung respektiert die Versammlungs-freiheit aber nicht in jedem Fall. Es sind Fälle bekannt geworden, in denen politischen Gruppen unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 144 Straf-prozessgesetz die Versammlungsfreiheit aufgehoben wurde, nachdem die Regierungspartei selbst eine Versammlung für denselben Tag angesetzt hatte. Die Regierung beendete in ver-schiedenen Fällen solche verbotenen Versammlungen gewaltsam (AA 14.1.2016).
Regierung und Opposition geben sich in Bangladesch traditionell unnachgiebig. Eine Kompromisskultur gibt es nicht. Bereits eine angedeutete Verhandlungsposition wird als Schwäche ausgelegt - von politischen Gegnern, den Wählern und selbst von Parteifreunden. Die jeweilige Opposition war und ist nicht bereit, im Parlament das Pro und Kontra einer politischen Sachfrage zu diskutieren und am Ende durch die Regierungsmehrheit in Demokratie kompatibler Weise niedergerungen zu werden. Sie verlagert stattdessen die Diskussion auf die Straße, sucht die Konfrontation, mobilisiert ihre Anhänger und zwingt die Gesellschaft zur Immobilität, indem so genannte Hartals ausgerufen werden. Bei diesen Streiks blockieren die Anhänger der den Hartal ausrufenden Partei die Straßenverbindungen und legen so das öffentliche Leben lahm (GIZ 2.2016). Man zählt etwa 200 politische Parteien in Bangladesch. Obwohl Bangladesch sowohl ethnisch und religiös homogen ist, bleibt die politische Landschaft zersplittert. Korruption und der Einsatz von Schlägern (musclemen oder mastans) sind unter politischen Führern häufig, insbesondere wenn diese ein öffentliches Amt innehaben. Die Studentenorganisationen der großen Parteien versuchen die Universitäten zu kontrollieren (Unterkunft, Finanzen, Ausbildungsprogramme, Diplome etc.). Dabei kommt es zu besonders heftigen Auseinandersetzungen, sowohl gegenüber Studierenden als auch gegenüber Professoren. Die Sicherheitskräfte gehen hart gegen Regierungsgegner oder Personen vor, denen eine oppositionelle Haltung unterstellt wird. Auch führende Gewerkschafter sind Ziel der Unterdrückung. Einige Politiker sind verschwunden, nachdem sie von Sicherheitskräften entführt worden waren (D-A-CH 3.2013).
Das Mehrparteiensystem umfasst zahlreiche Parteien jeglicher politischer Ausrichtung, einschließlich islamistischer Orientierung. Die Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts hatte in der Vergangenheit die Herausbildung zweier dominierender und konkurrierender Parteien, "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) und "Awami League" (AL), begünstigt (AA 14.1.2016).
Die größte Oppositionspartei BNP, gegründet 1978, ist am Boden:
notwendige Reformen nicht erkennbar, weite Teile der Führungsspitze (immer noch) im Gefängnis, eine Chance auf (wenigstens lokale) Regierungsverantwortung nicht in Sicht; ihre Mitglieder traten im Lauf des Jahres 2015 in Scharen aus und liefen zur AL über. Durch den Misserfolg ihres General-streiks über 3 Monate hinweg - im Verlauf desselben mehr als 120 Personen ums Leben kamen - hat die BNP Glaubwürdigkeit bei den Anhängern und Sympathie bei der Bevöl-kerung verspielt. Ziel der BNP ist nun, sich erneut zu sammeln (AA 14.1.2016).
Frontorganisationen der Parteien AL und BNP (Studentenvereinigungen, Bauern- und Arbeitervertretungen) sind teilweise militant. So sind etwa einige Studentenführer der Organisationen Chattra League (AL) und Chattro Dal (BNP) mit Klein- und anderen Waffen ausgestattet und kontrollieren - anstelle der Universitätsverwaltung - die Vergabe von Bau- und Instandhaltungsarbeiten an der Universität. Andere Frontorganisationen sind in kriminelle Machenschaften wie Erpressung oder die illegale Kontrolle von Aufträgen im öffentlichen Beschaffungswesen verwickelt. Teilweise weisen diese Frontorganisationen Strukturen auf, welche denen von kriminellen Banden oder Milizen ähneln. Madrassen werden oft als Instrument genutzt, um Ideologien zu verbreiten und um als Deckmantel für militante Aktionen zu dienen. Allein die in Kuwait ansässige RIHS (Revival of Islamic Heritage Society) kanalisierte Gelder nach Bangladesch, mit denen mehr als 1.000 Moscheen und Madrassen errichtet wurden, auch mit dem Ziel, Jihadis zu rekrutieren. Bombenattentate - z.B. die landesweiten Detonationen 2005 - und der Kauf von Waffen wurden ebenso von diesen Geldern finanziert. Dieses Beispiel verdeutlicht die internationale Vernetzung der islamistischen Bewegung in Bangladesch. Islamische NRO haben zunehmend weitere Geldquellen erschlossen, in dem sie wirtschaftlich aktiv geworden sind (Investitionen in Transportunternehmen, Pharmakonzernen, Finanzinstitutionen, Immobilien). Der Wirtschaftswissenschaftler Abul Barkat schätzt, dass das jährliche Nettoeinkommen allein der islamischen NRO etwa 1,8 Mio. USD beträgt. Knapp 70% der Einnahmen entspringen Geschäftstätigkeiten; 30% der Gelder stammen aus dem Ausland (GIZ 2.2106).
Die Mitgliedschaft in oder die Unterstützung einer Oppositionspartei führen nicht per se zu einer Verfolgung durch die Regierung. Allerdings hat die Regierung seit dem Wahlboykott Anfang 2014 viele Oppositionspolitiker verhaften lassen. Allein im Januar 2015 sollen 7.000 Aktivisten verhaftet worden sein, wobei auch vor hochrangigen Politikern nicht Halt gemacht wurde. Verhaftungen und strafrechtliche Verfahren werden traditionell mit Vorwürfen wegen Korruption, Steuerhinterziehung oder Erpressung begründet, hinzu kommen nun auch Vorwürfe wegen Anstiftung zu bzw. Durchführung von Brandanschlägen (AA 14.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich Factsheet - Bangladesch
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2016): Bangladesch, Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/bangladesch/geschichte-staat/ ,
Zugriff 1.3.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html , Zugriff 1.3.2016
11. Haftbedingungen
Die Haftbedingungen bleiben hart und manchmal lebensbedrohlich. Wegen Überbelegung der Zellen schlafen Gefangene in Schichten und verfügen nicht über angemessene Sanitäranlagen (USDOS 25.6.2015). Bis zu 200 Inhaftierte müssen auf ca. 40m² zusammen leben. Dies führt zu Gewaltakten zwischen den Inhaftierten und es besteht zudem die Gefahr religiöser Radikalisierung (AA 14.1.2016). Obwohl die Behörden weibliche Häftlinge routinemäßig getrennt von Männern unterbringen, werden Frauen in Schutzhaft (in der Regel Opfer von Vergewaltigung, Menschenhandel und häuslicher Gewalt) nicht immer separat von Kriminellen untergebracht. Das Gesetz verlangt zwar die separate Inhaftierung von Jugendlichen, jedoch werden viele zusammen mit den Erwachsenen eingesperrt. Obwohl Gesetze und Gerichtsentscheidungen die Inhaftierung Minderjähriger verbieten, wurden Kinder - gelegentlich zusammen mit ihren Müttern - eingesperrt. Das Gefängnispersonal erlaubt Gefangenen die Einbringung unzensierter Beschwerden und gelegentlich werden Beschwerden auch untersucht (USDOS 25.6.2015). Die Nahrung ist von schlechter Qualität, Medikamente und Ausbildung des Personals sind ungenügend (D-A-CH 3.2013), sodass sich Krankheiten ausbreiten (D-A-CH 3.2013; vgl. AA 14.1.2016). Die Regierung von Bangladesch erlaubt dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) oder anderen unabhängigen Menschenrechtsorganisationen keine Besuche der Gefängnisse (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich, Fact Sheet - Bangladesch
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html , Zugriff 1.3.2016
12. Todesstrafe
Für zahlreiche Straftatbestände ist die Todesstrafe vorgesehen, u.a. Mord, Vergewaltigung, Menschen- und Drogenhandel, Volksverhetzung und Hochverrat, aber auch Falschmünzerei und Schmuggel. Der Anti-Terrorism Act von 2009 stellt weiterhin jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe, ein Zusatzgesetz von 2012 auch deren Finanzierung. Insbesondere aus einer weiten gesetzlichen Definition des Terrorismusbegriffs kann eine missbräuchliche Anwendung resultieren (AA 14.1.2016).
Bangladesch vollzieht weiterhin die Todesstrafe (HRW 29.1.2015). In jedem Einzelfall wird das Urteil in einem obligatorischen Bestätigungsverfahren vom Obersten Gerichtshof geprüft und in der Regel in lange Haftstrafen umgewandelt. Eine Begnadigung durch den Präsidenten ist möglich. Verurteilungen in Abwesenheit sind zulässig und kommen vor. Unterinstanzlich verurteilte Todeskandidaten müssen grundsätzlich mit jahrelangen Warte-zeiten rechnen, bis ihr Fall endgültig entschieden ist, es sei denn, es besteht ein politisches bzw. öffentliches Interesse an einem schnellen Verfahren (AA 14.1.2016).
So wurde im Dezember 2013 Abdul Qader Mollah, ein Führer der Partei Jamaat-e-Islami gehängt, nachdem er während des Unabhängigkeitskrieges 1971 für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit für schuldig befunden wurde (HRW 29.1.2015). Ein weiteres führendes Mitglied der Jamaat-e-Islami, Abdus Subhan, wurde wegen Verbrechen während des Unabhängigkeitskrieges mit Pakistan 1971 zum Tode verurteilt (BBC 18.2.2015). Am 13.11.2014 wurde der Bürgermeister der Stadt Nagarkanda, Zahid Hossain Khokon, von einem Sondergericht u.a. wegen Massenmord, Vergewaltigung und der Zwangskonvertierung von Hindus zum Islam während des Unabhängigkeitskrieges 1971 zum Tode verurteilt. Das Gericht hat bereits mehrere Todesurteile, auch gegen Politiker, ausgesprochen. Die meisten Verurteilten gehörten der islamischen Jamaat-e-Islami an (BAMF 17.11.2014).
Am 21.11.2015 wurden erneut zwei Personen hingerichtet und einige weitere Angeklagte warten auf das Urteil des Berufungsgerichtes (HRW 27.1.2016). Laut Amnesty International waren Ende 2014 1.235 Menschen zum Tode verurteilt (AA 14.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (17.11.2014):
Briefing Notes,
http://www.ecoi.net/file_upload/4232_1416238579_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-17-11-2014-deutsch.pdf , Zugriff 1.3.2016
- BBC - British Broadcasting Corporation (18.2.2015): Bangladesh Islamist sentenced to death for 1971 crimes,
http://www.bbc.com/news/world-asia-31515635 #, Zugriff 1.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/295469/430500_de.html , Zugriff 1.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/318374/457377_de.html , Zugriff 1.3.2016
13. Religionsfreiheit
Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion, betont aber auch das säkulare Prinzip das in der Praxis die Gleichstellung und Gleichberechtigung von Hinduisten, Buddhisten, Christen und anderen Religionen gewährleisten soll. Die Verfassung und andere Gesetze sowie Richtlinien schützen die Religionsfreiheit (USDOS 14.10.2015). Die regierende AL betont das säkulare Prinzip immer wieder öffentlich und setzt sich für den Schutz religiöser Minderheiten und die freie Religionsausübung ein (AA 14.1.2016), manche Regierungspraktiken schränken die Religionsfreiheit jedoch ein. Menschenrechtsorganisationen zufolge kann Gewalt gegen Angehörige religiöser Minderheiten oft nicht ausschließlich auf die Religionszugehörigkeit zurückgeführt werden. Führer religiöser Minderheiten beschwerten sich, dass sowohl den regierenden, als auch oppositionellen Parteien nahestehende Personen zu Gewalt gegen religiöse Minderheiten angestiftet haben, um dies dann für politische Zwecke zu nützen. Regierungsbeamte und Polizei konnten den Schutz von Personen, darunter auch Angehöriger religiöser Minderheiten, manchmal nicht gewährleisten und haben gewalttätige Vorfälle oft nur widerwillig untersucht. Die Regierung unternahm Schritte, Opfer zu unterstützen und religiöses und privates Eigentum, das im Zuge dieser Gewalt beschädigt wurde, wieder herzustellen (USDOS 14.10.2015).
Etwa 88% der Bevölkerung bekennen sich zum Islam, 10% zum Hinduismus und der geringe Restanteil entfällt auf Buddhisten, Christen und Animisten (GIZ 2.2016; vgl. CIA 25.2.2016). Die wichtigsten Feste der in Bangladesch vertretenen Religionen werden ungeachtet der Tatsache, dass der Islam Staatsreligion ist, gefeiert (GIZ 2.2016). Es gibt auch eine kleine Anzahl von Schiiten, Bahai, Animisten und Ahmadiyya Moslems. Die Schätzungen schwanken zwischen ein paar tausend bis zu 100.000 Anhängern in jeder Gruppe. Gemeinschaften, die Opfer religiös motivierter Ausschreitungen geworden sind, können bei der Polizei Klage einreichen und sind im Allgemeinen durch die von der Awami League kontrollierten Behörden geschützt (D-A-CH 3.2013).
Es kommt zu gelegentlichen Übergriffen auf religiöse Minderheiten, so etwa um die Parlamentswahlen im Januar 2015 und vermehrt seit November 2015. Die Nationale Menschenrechtskommission stellte fest, dass es der Regierung nicht gelang, nach der Wahl am 05. Januar 2014 Übergriffe auf Hindus zu verhindern und der High Court kritisierte, dass Sicherheitsbehörden darin versagten, religiöse und andere Minderheiten vor Angriffen zu schützen (AA 14.1.2016). Die verbreitetste Art von Missbrauch waren Brandanschläge und Plünderungen von religiösen Stätten und Privathäuser. Vor allem Attacken auf Hindus setzten sich fort. Organisationen, die sich für Relgionsfreiheit einsetzen zufolge ist die Ursache für Gewalt gegen religiöse Minderheiten schwer festzustellen und kann in religiöser Feindseligkeit, verbrecherischen Absichten, persönlichen Konflikten, Eigentumsstreitigkeiten, politischen Angelegenheiten oder einer Kombination dieser Faktoren zu suchen sein (USDOS 14.10.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich, Fact Sheet - Bangladesch
- CIA - Central Intelligence Agency (25.2.2016): The World Factbook
- Bangladesh,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 1.3.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2015): Bangladesch, Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/bangladesch/geschichte-staat/ , Zugriff 18.3.2015
- USDOS - US Department of State (14.10.2015): Report on International Religious Freedom - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/313347/451611_de.html , Zugriff 1.3.2016
14. Ethnische Minderheiten
Die bengalische Bevölkerungsgruppe macht 98% der Gesamtbevölkerung aus, die restlichen 2% sind hauptsächlich Volksstämme und nicht-bengalische Muslime (CIA 25.2.2016). Ein verfassungsrechtlicher Schutz von Minderheiten ist in Bangladesch nicht explizit vorgesehen. Die Gleichheit vor dem Gesetz gilt jedoch für alle bangladeschischen Staatsangehörigen. Weiterhin schützt Art. 28 der Verfassung die Bürger vor jeglicher Art Diskriminierung durch den Staat aufgrund von Religion, Rasse, Kaste, Geschlecht oder Geburtsort (AA 14.1.2016). Angehörige ethnischer Minderheiten sind wegen ihrer Armut vor allem durch hochrangige lokale Bengalen von illegaler Besetzung des Landes betroffen, die die Unterstützung durch die Polizei genießen. Oft werden diesen Bengalen Besitzurkunden für Land ausgestellt, das seit Generationen Gemeingut der Minderheiten gewesen ist (D-A-CH 3.2013).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- CIA - Central Intelligence Agency (25.2.2016): The World Fact Book Bangladesh
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 1.3.2016
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich, Fact Sheet - Bangladesch
14.1. Chittagong Hill Tracts/Jumma-Volk
Insbesondere in den Chittagong Hill Tracts (CHT) kommt es immer wieder zu Angriffen auf ethnische Minderheiten. Oftmals sind jedoch bei Gewalttaten gegen die indigene Bevölkerung in den CHT die Motive unklar: So spielen wirtschaftliche Interessen (Stichwort Landraub) eine große Rolle - der ethnische Aspekt steht zwar nicht im Vordergrund, allerdings sind ethnische Minderheiten leichtere Opfer, da sie angreifbarer sind (AA 14.1.2016). Schätzungen zufolge gibt es etwa zwei Millionen Indigenes Volk ("Adivasi"), vor allem in den Chittagong Hill Tracts. Sie bestehen aus mindestens zwölf Stammesgruppen. Die vorherrschenden sind die Chakmas, Marma und Tripura. Viele Gruppen haben ihre eigene Sprache oder Dialekt. Es gibt auch 250.000 bis 300.000 Urdu-Sprechende in Bangladesch, die als 'Biharis' bekannt sind (UK Home Office 11.2014).
Trotz Quoten der Regierung für die Teilhabe der Indigenen im Staatsdienst und an der höheren Bildung, erfahren indigene Gemeinschaften Diskriminierung und Missbrauch und sind auch gesellschaftlicher Gewalt ausgesetzt. Die Grundstückskommission, die zur Untersuchung und Rückgabe illegal erworbenen Landes gegründet wurde, konnte während des Jahres keinen Streit lösen, da Bengalen und Indigene Struktur und die Unparteilichkeit der Kommission in Frage gestellt haben. Strikte Sicherheitsmaßnahmen verhindern, dass Indigene und Aktivisten die Diskriminierung bekämpften (USDOS 25.6.2015). Amnesty International berichtet im September 2014 über fortlaufende Menschenrechtsverletzungen in Bangladesch während der letzten Jahre. Dazu zählen erzwungene Verschleppungen, Folter, Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit, außergerichtliche Hinrichtungen, Gewalt gegen Minderheiten, Gewalt gegen Frauen, die Situation der indigenen Völker der Chittagong Hill Tracts und die Todesstrafe. Religiöse Minderheiten - wie Hindus, Buddhisten und Christen - waren auch Folter und Misshandlung ausgesetzt. Berichten zufolge wurden Misshandlungen durch die Streitkräfte, extremistische Gruppen und bengalische Siedler in der Chittagong Hill Tracts Region im Südosten Bangladeschs begangen (UK Home Office 11.2014).
In den Chittagong Hill Tracts bekamen Spannungen aufgrund von Problemen die ursprünglich nicht religiöser Natur waren, manchmal einen religiösen Beigeschmack, weil viele der Einwohner Buddhisten, Hindus, Christen, hinduistischen oder christlichen Stammesgruppen angehörten. Ein Führer der Ahmadiyya Muslim Jamaat erklärte, dass konservative Elemente gelegentlich Moscheen der Ahmadiya angriffen, aber zeigte gleichzeitig auch Wertschätzung für den Schutz der Ahmadiya-Gemeinde durch die Regierung (USDOS 14.10.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html , Zugriff 1.3.2016
- USDOS - US Department of State (14.10.2015): Report on International Religious Freedom - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/313347/451611_de.html , Zugriff 1.3.2016
- UK Home Office (11.2014): Country Information and Guidance Bangladesh:
Background information, including actors of protection an internal relocation, November 2014,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1417442805_bgd-cig-background-2014-11-28-v1-0.pdf , Zugriff 1.3.2016
14.2. Rohingya - Flüchtlinge
Die den Islam praktizierenden Rohingya sind die größte Gruppe der Nichtstaatsbürger. Es gibt ungefähr 32.000 registrierte Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar (USDOS 14.10.2015) in zwei offiziellen Lagern, für die die Regierung und UNHCR vorübergehdnen Schutz und grundlegende Hilfe bereitgestellt haben (USDOS 25.6.2015; vgl. UNHCR 2015). Daneben halten sich zusätzlich dazu zwischen 200.000 und 500.000 nicht dokumentierte Rohingy-Flüchtlinge, die den Islam im Südosten um Cox's Bazar praktizieren, außerhalb der beiden offiziellen Flüchtlingslager auf (USDOS 14.10.2015; vgl. USDOS 25.6.2015).
Unter Leitung des Außenministeriums hat die Regierung im Verlauf des Jahres eine nationale Strategie für die Rohingya-Frage veröffentlicht und dabei als Schlüsselelemente Grenzkontollen, Bekämpfung von Sicherheitsbedrohungen, humanitäre Hilfe, verstärkte Einbindung von Myanmar, interne Koordiantion und Erhebung undokumentierter Rohingya genannt (USDOS 25.6.2015). Die Regierung hat zusammen mit IOM mit einer ersten Zählung von unregistrierten Rohingya bekonnen (BBC 12.2.2016). Durch das Fehlen jeglicher nationaler diesbezüglicher Gesetzgebung ist kein rechtlicher Rahmen für die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus gegeben. Es existiert von Regierungsseite kein formales System, um Schutz für Flüchtlinge zu gewähren. Die Regierung hat einigen Rohingya-Flüchtlingen aus Myanmar, die ihren Wohnsitz bereits im Land hatten, Schutz gewährt, nicht dokumentierten Rohingya-Flüchtlingen aber Asyl verweigert, da diese als illegale Wirtschaftsmigranten angesehen werden. Während die Regierung bei der Bereitstellung vorübergehenden Schutzes und grundlegender Hilfe für Flüchtlinge die sich bereits in den beiden offiziellen Lagern befinden mit UNHCR kooperierte, arbeitete sie bei der Erweiterung von Dienstleistungen für nicht dokumentierte Rohingya oder für neu ankommende Flüchtlinge aus Myanmar nicht mit UNHCR zusammen. Anhaltende Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegen die Rohingya in Myanmar verhindern die sichere und freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat. Laut UNHCR wurden zwischen Januar und März geschätzte 1.600 Rohingya zwangsweise nach Myanmar rücküberstellt. UNHCR zufolge hätten viele dieser Personen Anspruch auf Flüchtlingsstatus und Schutz (USDOS 25.6.2015).
Gruppen, die sich mit Fragen, die Minderheiten und Indigene betreffen beschäftigen berichten weiterhin von Einschüchterungen und andere humanitäre Organisationen, die mit Rohingya-Flüchtlingen arbeiten sind weiterhin Einschränkungen ausgesetzt (HRW 27.1.2016).
Lokale und internationale NGOS, die zu Themen, wie Menschenrechte, indigene Völker, Rohingya-Flüchtlinge, oder Arbeitnehmerrechte arbeiten, sind sowohl formeller, als auch informeller staatlicher Beschränkung unterworfen. Human Rights Watch, Odhikar und internationale NGOs, die Rohingya-Flüchtlinge unterstützen schilderten zahlreiche glaubwürdige Fälle, in denen die Regierung ihre Arbeit entweder durch Abbrechen von Projekten behindert oder sie häufig restriktiven "Betriebsanforderungen" unterwirft, was oft zu vorübergehender oder dauerhafter Einstellung ihrer Arbeit führt. Diese Gruppen behaupten auch, dass sie von Geheimdiensten überwacht werden (UK Home Office 2.2015).
Quellen:
- BBC - British Broadcasting Corporation (12.2.2016): Unregistered Rohingyas in Bangladesh to be counted in first census, http://www.bbc.com/news/world-asia-35561789 #, Zugriff 4.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/318374/457377_de.html , Zugriff 1.3.2016
- UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance, Bangladesh: Opposition to the government, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1424680865_bgd-cig-political-opponents-2015-02-20-v1-0.pdf , Zugriff 1.3.2016
- UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (2015):
Global Appeal 2015 Update, http://www.unhcr.org/5461e60a558.html , Zugriff 4.3.2016
- USDOS - US Department of State (14.10.2015): Report on International Religious Freedom - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/313347/451611_de.html , Zugriff 1.3.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html ,
Zugriff 1.3.2016
14.3. Bihari
In Bangladesch leben ca. 250.000 - 300.000 sogenannter Biharis. Sie sind nach dem indischen Bundesstaat benannt, aus dem die meisten von ihnen im Zuge der Aufteilung des indischen Subkontinents in das damalige Ost-Pakistan kamen. Sie sprachen kein Bengali, sondern Urdu, die Landessprache Pakistans. Die Biharis sind teilweise noch immer marginalisiert und werden von weiten Teilen der Bevölkerung sowie den staatlichen Institutionen mit Misstrauen betrachtet. Eine Integration ist möglich, da sich die Menschen äußerlich kaum von der einheimischen Bevölkerung unterscheiden und sie die Landessprache beherrschen, was allerdings oftmals die Verschleierung der wahren Herkunft erfordert. In Bangladesch bestehen ca. 116 Bihari-Camps, inzwischen leben dort ca. 40% Nicht-Biharis. Die Lager werden von der bangladeschischen Regierung mit Unterstützung des UNHCR geleitet (AA 14.1.2016).
Der Supreme Court hat mit Urteil vom 18.5.2008 festgestellt, dass alle Bihari die Staatsangehörigkeit Bangladeschs besitzen (D-A-CH 3.2013; vgl. AA 14.1.2016), die nach 1972 geboren wurden oder zu diesem Zeitpunkt minderjährig waren (D-A-CH 3.2103), sie Anspruch auf Ausstellung von Identitätspapieren haben und ihnen das Wahlrecht zusteht (AA 14.1.2016). Bihari, die 1972 volljährig waren und auf die Staatsangehörigkeit verzichtet hatten, bleiben staatenlos (D-A-CH 3.2013). Trotz der Entscheidung des obersten Gerichtshofs werden den Biharis in vielen Fällen die Ausstellung von Identitätsdokumenten sowie die Anstellung im öffentlichen Dienst verwehrt (AA 14.1.2016).
Am 14. Juni 2014 verbrannten neun Bihari, als es zu Angriffen der Polizei sowie der lokalen Bevölkerung kam. Vertreter der Bihari äußerten Ängste vor Vertreibung aus dem zunehmend wertvoller werdenden Land, wo sie in flüchtlingslagerähnlichen Camps leben (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich Factsheet - Bangladesch
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html ,
Zugriff 1.3.2016
15. Frauen
Es bestehen keine Gesetze, die Frauen von der politischen Partizipation ausschließen. Frauen können für jeden der 300 zur Wahl stehenden Sitze im Parlament kandidieren, 50 weitere Sitze sind nur für Frauen reserviert. Im derzeitigen Parlament sind 69 Frauen vertreten, davon 19 direkt gewählt und 50 durch die Parteien bestimmt. Fünf Frauen sind Kabinettsmitglieder, drei Frauen sind parlamentarische Staatssekretäre. Die Premierministerin und Parteivorsitzende der AL ist eine Frau, ebenso Khaleda Zia, die Parteivorsitzende der größten Oppositionspartei BNP. Shirin Sharmin ist Parlamentssprecherin (AA 14.1.2016).
Auf der anderen Seite sind Frauen in der Gesellschaft aber weiterhin systematisch gegenüber Männern im Nachteil und wird der Alltag vieler Frauen von Gewalt und Machtlosigkeit geprägt (D-A-CH 3.2013; vgl. AA 14.1.2016). Dies kommt besonders deutlich außerhalb der Städte zum Tragen. Fehlender Rechtsschutz in Ehe-, Scheidungs- und Sorgerechtsangelegenheiten lässt Frauen bei der Trennung häufig mittel- und obdachlos zurück (AA 14.1.2016). Die häufigsten Formen von Gewalterfahrung sind häusliche Gewalt, Gewalt im Zusammenhang mit Mitgift, Vergewaltigung, Säureattacken, sexueller Missbrauch und illegale Verurteilungen durch lokale Geistliche (fatwa) (D-A-CH 3.2013; vgl. USDOS 14.10.2015). Laut einer Studie der UN sind mehr als 80% aller Frauen in Bangladesch Opfer häuslicher Gewalt geworden. Viele Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, treten aus Angst vor sozialer Stigmatisierung allerdings nicht an die Öffentlichkeit. Vergewaltigungen werden in den meisten Fällen nicht gemeldet. Die NGO Odhikar hat für den Zeitraum Januar bis Juni 2015 25 Säureatttacken gezählt, von denen auch Männer und Kinder betroffen sind. Auslöser dieser Attacken sind oft Rachemotive wegen Mitgiftstreitigkeiten, sexueller Zurückweisung, Abweisung eines Heiratsantrages und anderer vermeintlicher Ehrverletzungen (AA 14.1.2016).
Aufgrund ihrer sozialen Schwäche sind Frauen aus armen Verhältnissen besonders von Gewalt betroffen. Noch herrscht eine grosse Diskrepanz zwischen den Gesetzen, die der Staat in den letzten Jahren zum Schutz von Frauen erlassen hat, und ihrer konsequenten Anwendung. Häusliche Gewalt wird in jüngster Zeit öffentlich diskutiert, da es ein sehr weit verbreitetes Phänomen ist. Bangladesch hat seit 2010 ein spezielles Gesetz, das häusliche Gewalt unter Strafe stellt (Domestic Violence (Prevention and Protection)). Die Anwendung der Bestimmungen zur Bestrafung der Täter und zum Schutz der Opfer erfolgt indessen nur schleppend. Menschenrechtsorganisationen wie Odhikar, Bangladesh Legal Aid and Services Trust, Bangladesh Women Lawyer's Association, Bangladesh Society for the Enforcement of Human Rights, Ain o Salish Kendra (Centre for Law and Mediation in the Village Court) oder Bangladesh Mahila Parishad führen aktiv Sensibilisierungskampagnen durch und bieten Opfern auch Unterstützung an (D-A-CH 3.2013). Frauen und Kinder, die Opfer von körperlichen und sexuellen Gewalttaten geworden sind, werden in Gefängnissen untergebracht und in sicherer Verwahrung festgehalten. Eine Möglichkeit, das Gefängnis nach ihrem eigenen freien Willen zu verlassen, besteht nicht. Ein Rechtsschutz der Frauen und Kinder gegen die sichere Verwahrung besteht nicht (AA 14.1.2016).
Bangladesch ist bemüht, Maßnahmen gegen Menschenhandel umzusetzen. So wurden im Jahr 2011 ein Gesetz gegen Menschenhandel sowie ein der Umsetzung dienender Aktionsplan erlassen und innerstaatlich eine Strategie gegen Menschenhandel entwickelt. Der Handel mit Frauen und Kindern, verbunden mit sexueller Ausbeutung, wurde 2003 unter Strafe gestellt (AA 14.1.2106).
Zwar gibt es keine speziellen Kontrollen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit von Frauen, aber ihre Fähigkeit, sich frei zu bewegen ist oft eingeschränkt. Viele Frauen in Bangladesch sind mehreren Formen der Diskriminierung ausgesetzt und werden daran gehindert, ihre Rechte frei auszuüben, einschließlich ihrer Rechte zu Gesundheitsversorgung und Bildung. Gewalt gegen Frauen ist im ganzen Land ein ernsthaftes Problem. Frauen, besonders alleinstehende Frauen ohne schützendes Netzwerk sind stark gefährdet und Armut ausgesetzt, wenn sie gezwungen sind, sich innerstaatlich woanders anzusiedeln. Berichten zufolge verüben einige Mitglieder der Sicherheitskräfte angeblich straflos ernste Missbräuche, einschließlich Folter. Oft sind Mitglieder religiöser Minderheiten, politische Gegner und Frauen Opfer dieser Missstände (UK Home Office 11.2014).
Bangladesch hat die höchste Heiratsrate von Mädchen unter 15 Jahren und 65% der Mädchen in Bangladesch heiraten vor ihrem 18. Lebensjahr. Entscheidende Schritte zur Beseitigung der Kinderheirat wurden von der Regierung nicht gesetzt. Im Juli 2014 hat Premierministerin Sheik Hasina versprochen das Gesetz über die Kinderheirat zu reformieren und Kinderheirat unter 15 Jahren bis zum Jahr 2021 sowie bis 2041 komplett zu verbieten. Ihre Regierung schlug anschließend jedoch vor, das Heiratsalter von Mädchen auf 16 Jahre zu senken (HRW 27.1.2016). Das Personenstandsrecht von Bangladesch das Ehe, Trennung und Scheidung regelt, diskriminiert Frauen offen und die Regierung zeigte keine Anzeichen der Bereitschaft zu einer umfassenden Überprüfung um Gleichheit und Schutz für Frauen und Mädchen zu gewährleisten (HRW 29.1.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- D-A-CH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (3.2013):
D-A-CH mit Frankreich Factsheet - Bangladesch
- HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/295469/430500_de.html , Zugriff 1.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/318374/457377_de.html , Zugriff 1.3.2016
- UK Home Office (11.2014): Country Information and Guidance, Bangladesh: Background information, including actors of proteciton, and internal relocation
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1417442805_bgd-cig-background-2014-11-28-v1-0.pdf , Zugriff 1.3.2016
- USDOS - US Department of State (14.10.2015): Report on International Religious Freedom - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/313347/451611_de.html , Zugriff 1.3.2016
15.1. Kinder
Die Regierung arbeitet mit der Unterstützung von lokalen und ausländischen NGOs an einer Verbesserung der Rechte und der Wohlfahrt der Kinder. Dabei konnten Fortschritte in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Bildung erzielt werden. Trotz aller Fortschritte sind noch 38,7% aller Kinder chronisch unterernährt. Trotz starker Rechtsvorschriften für Kinder gibt es einen allgemeinen Mangel am Vollzug aufgrund begrenzter Ressourcen und Kapazitäten zur Umsetzung und Überwachung dieser Gesetze. Alle Formen der Ausbeutung von Kindern, einschließlich sexuellen Missbrauchs, physische und demütigende Bestrafung, Kindesweglegung, Entführung und Drogenhandel bleiben weiterhin ernste und weit verbreitete Probleme (USDOS 25.6.2015). Es sind Fälle bekannt geworden, in denen Kinder von ihren Eltern zur Ableistung von Schulden an Menschenhändler übergeben wurden (AA 14.1.2016). Am 16.6.2013 hob die Regierung das Volljährigkeitsalter von 16 auf 18 Jahre an und erweiterte den Schutz für Kinder vor Missbrauch (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/270654/400719_de.html , Zugriff 2.3.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html ,
Zugriff 1.3.2016
16. Homosexuelle
Homosexuelle Handlungen sind nach § 377 Bangladesh Penal Code (BPC) strafbar. Das Strafmaß sieht lebenslang oder bis zu zehn Jahre Haft vor, eine zusätzliche Geldstrafe ist möglich. In der Praxis kommt es jedoch eher selten zu einer Strafverfolgung (AA 14.1.2016; vgl. USDOS 25.6.2015). Lesben, Homosexuelle, Bisexuelle und Transgender (LGBT) Gruppen berichteten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand benutzt, um LGBT Personen, insbesondere diejenigen, die als feminine Männer angesehen werden, zu schikanieren. Am 11.11.2013 kündigte die Regierung an, dass sie Hijras (= Transgender), die einer Umfrage des Sozialministeriums zufolge etwa 10.000 Personen ausmachen, als ein eigenes, weder männliches noch weibliches Geschlecht, ansehen wird. Darüber hinaus hat die Regierung Mittel für die Transgender und Hijra Bevölkerungsmitglieder im Staatshaushalt zur Verfügung gestellt. Es gibt mehrere informelle Netzwerke für homosexuelle Männer, aber Organisationen zur Unterstützung von lesbischen Frauen sind selten. Gelgentlich kommt es zu Angriffen auf LGBT Personen, jedoch sind diese Vergehen schwierig zu dokumentieren, da die Opfer Vertraulichkeit wünschen. Starke soziale Stigmatisierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist üblich und verhindert eine offene Diskussion des Themas (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html ,
Zugriff 1.3.2016
17. Bewegungsfreiheit
Das Gesetz sieht Freizügigkeit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückführung vor - außer in sensiblen Bereichen wie den Chittagong Hills Tracts (CHT) und Cox's Bazar und es werden diese Rechte in der Regel auch respektiert. Inhaber von Reisepässen benötigen keine Genehmigungen oder ein Visa um das Land zu verlassen. Einige hochrangige Oppositionsbeamte berichteten von umfangreichen Verzögerungen bei der Neuausstellung ihrer Reisepässe (UK Home Office 11.2014; vgl. USDOS 25.6.2015).
Rechtliche Hindernisse, sich in anderen Landesteilen niederzulassen, bestehen nicht. Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte. Es handelt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde sowie teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu finden. Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und auf Grund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten Grenzen (AA 14.1.2016).
Es gab keine speziellen, auf Frauen und Minderheiten bezogenen Kontrollen. Hingegen beschränkt sich nach dem internationalen anglikanischen Women's Network, die Freizügigkeit der Frauen in der Regel auf die Nähe ihrer Häuser und lokalen Nachbarschaften. Der Bericht stellte weiter fest, dass die islamische Praxis der Purdah die Teilnahme an Aktivitäten außerhalb des Hauses, wie Bildung, Beschäftigung und sozialen Engagements weiter einschränken kann. Der Grad dieser Beschränkungen hängt sehr stark von den Traditionen der einzelnen Familien ab, aber viele Frauen benötigen in der Regel die Erlaubnis ihrer Ehemänner, um solche Aktivitäten durchführen zu können (UK Home Office 11.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- UK Home Office, Country Information and Guidance, Bangladesh:
Background information, including actors of proteciton, and internal relocation (11.2014):
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1417442805_bgd-cig-background-2014-11-28-v1-0.pdf , Zugriff 2.3.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/306330/443605_de.html ,
Zugriff 1.3.2016
17.1. Meldewesen
Ein landesweites Meldewesen besteht nicht (AA 14.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
18. Grundversorgung/Wirtschaft
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert. Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht. Nichtstaatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 14.1.2016). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin fast 26,5% der Bevölkerung (ca. 44 Millionen) unterhalb der Armutsgrenze von 1,25 USD. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,34%, die Geburtenziffer je Frau bei 2,24 (AA 8.2015).
Die Volkswirtschaft Bangladeschs hat sich - zumindest in monetärer Hinsicht - in den Jahren seit der Unabhängigkeit von einer vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Ökonomie zu einer Industrie- und Dienstleistungsökonomie gewandelt. Der traditionell stark entwickelte Sektor der Landwirtschaft trägt heute nur noch knapp ein Sechstel zum BIP bei (GIZ 2.2016), allerdings ist die Hälfter der Bangladeschi in der Landwirtschaft beschäftigt - mit Reis als dem einzig wichtigen Produkt (CIA 25.2.2016). Demgegenüber steht ein erheblicher Bedeutungsgewinn des industriellen Sektors und des Dienstleistungsbereichs (GIZ 2.2016), auf den mehr als die Hälfte des BIP fällt (CIA 25.2.2016). Bangladeschs Wirtschaft ist seit 1996 rund 6% pro Jahr gewachsen trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung, langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen, der globalen Finanzkrise 2008/09 und Rezession. Der Export von Kleidungsstücken, das Rückgrat des Industriesektors Bangladeschs der 80% der gesamten Exporte ausmacht, hat im Jahr 2015 die Zahl von 25 Mia. USD überstiegen. Der Bereich blieb in den letzten Jahren stabil, trotz einer Reihe von Fabriksunfällen, bei denen mehr als 1.000 Arbeiter getötet wurden und lähmenden Streiks sowie einer bundesweiten Transportblockade durch die Opposition während der ersten Monate des Jahres 2015. Ein verlässliches Wachstum des Exports von Kleidungsstücken kombiniert mit Überweisungen von Bangladeschi aus Übersee, die sich auf fast 15 Mia. USD und 8% des BIP im Jahr 2015 beliefen, machen den größten Anteil an Bangladeschs Leistungsbilanz und steigenden Devisenreserven aus (CIA 25.2.2016). Ungeachtet des Wachstums der Textilindustrie ist die Struktur des industriellen Sektors nach wie vor durch die Be- und Verarbeitung von Agrarprodukten, eine geringe Diversifizierung, viele Betriebe der Klein- und Heimindustrie und nur wenige große und mittlere Betriebe gekennzeichnet. Die Schlüsselindustrien sind in den Großräumen Dhaka und Chittagong konzentriert. Im Dienstleistungssektor arbeiten etwa 26% der Erwerbsbevölkerung Bangladeschs, die mehr als die Hälfte des BIP durch Dienstleistungen erwirtschaften (GIZ 2.2016).
Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Ca. 8,6 Mio. bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das "Bureau of Manpower, Employment and Training" (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen. (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum" (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 14.1.2016).
Die Vergabe von Mikrokrediten gehört zu den am meisten eingesetzten Instrumenten der Armutsbekämpfung in Bangladesch. Maßgeblich zu ihrer Verbreitung in Bangladesch beigetragen hat die Grameen Bank. Mittlerweile hat sie bei den zahlreich vertretenden NGOs im Land Nachahmer gefunden. Auch diese geben nun Kredite an die jeweiligen Zielgruppen und helfen dabei, Klein- und Kleinstunternehmen zu starten. Ende 2006 wurde dem Gründer der Bank, Muhammad Yunus, und der Grameen Bank der Friedensnobelpreis verliehen (GIZ 2.2016; vgl. NETZ o.D.).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- AA - Auswärtiges Amt (8.2015): Bangladesch, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Wirtschaft_node.html
Zugriff 2.3.2016
- CIA - Central Intelligence Agency (25.2.2016): The world factbook
- Bangladesh,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 2.3.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2016): Bangladesch, Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/bangladesch/geschichte-staat/ , Zugriff 1.3.2016
- NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (o.D.): Bangladesch - Wirtschaft und Armut, Selbshilfe und Kleinkredite,
http://bangladesch.org/bangladesch/wirtschaft-und-armut/selbsthilfe-und-kleinkredite.html , Zugriff 2.3.2016
19. Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch (AA 2.3.2016b).
Ein staatliches Sozial- und Krankenversicherungssystem existiert, bis auf geringe Beihilfen zum Existenzminimum an Senioren, nicht (AA 14.1.2016; vgl. MedCOI 6.3.2015). In der Hauptstadt Dhaka sowie in Sylhet, Chittagong und Barisal existieren Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Ausstattung und Hygiene in den Krankenhäusern sind ungenügend. In Dhaka bestehen wenige moderne kommerzielle Großkliniken, die Behandlungen nach internationalem Ausstattungsstand und eine gesicherte medizinische Versorgung anbieten. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten. Wohlhabende Bangladeschi und westliche Ausländer ziehen bei Erkrankungen häufig das regionale Ausland vor (Bangkok, Singapur, auch Indien). Ferner bestehen private Arztpraxen, deren Inhaber häufig im Ausland ausgebildet wurden (AA 14.1.2016).
Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Der heimische Markt wird weitgehend von den lokalen Produzenten bedient. Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet (Singapur, Thailand). Die Einfuhr aus Deutschland ist ohne behördliche Genehmigung nur mit ärztlicher Bescheinigung in kleinerem Umfang möglich (AA 14.1.2016).
Die U.S. Social Security Administration bezieht sich in ihrer Veröffentlichung 'Social Security Programs Throughout the World Bangladesh' auf das Arbeitsrecht 2006 das Leistungen bei Krankheit für Mitarbeiter in Industrieunternehmen und in Unternehmen mit mindestens fünf Arbeitnehmern zuweist. Das Gesetz bezieht sich auch auf medizinische Einrichtungen vor Ort, die für Mitarbeiter von Unternehmen mit mindestens 300 Arbeitnehmern bereitstehen sollten oder eine medizinische Zuwendung in Höhe von 100 Taka (BDT) pro Monat für Arbeitnehmer vorsieht, deren Arbeitgeber keine solche Ausstattung bieten. Der Arbeitnehmer zahlt keine Prämie, die gesamten Kosten werden vom Arbeitgeber bezahlt. Laut "Bangladesch Health Watch" sind in Bangladesch noch "erhebliche Ungleichheiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung vorhanden."
Gesundheitszustand und Zugang zum Gesundheitssystem variieren unter der armen Bevölkerung erheblich zwischen städtischen und ländlichen Regionen, Geschlecht, Alter, Region und Geographie, Beruf und Ethnie. Um dieses Problem zu beheben werden verschiedene Maßnahmen zur Gesundheitsfinanzierung umgesetzt: Pre-paid Gesundheitskarten, Gutscheine, Mikro Krankenversicherung, kommunale Versicherungen, private Krankenversicherung, "Pufferfonds" (buffer funds) und Notkredite. Lokale Innovationen wurden von großen NGOs durchgeführt. Diese Finanzierungsinitiativen für Gesundheit sind für eine bestimmte Art von Betreuung, Regionen und Bevölkerungsgruppen gedacht. Das Gutscheinsystem der Regierung ist beispielsweise für die Gesundheit von Müttern und Augenpflege vorgesehen, die Mikro Krankenversicherungsleistungen der Mikro-Kredit-NGOs sind auf Kreditnehmer und ihre Familie ausgerichtet. Obwohl die medizinische Grundversorgung in öffentlichen Krankenhäusern und anderen Einrichtungen angeblich kostenlos sein soll, tragen die Patienten am Ende die Kosten für Medizin und Labortests sowie weitere unvorhergesehene Mehrkosten (MedCOI 6.3.2015).
Abgesehen von einer Reihe medizinischer Hilfsprojekte von NGOs gibt es praktisch keine kostenlose medizinische Versorgung. Eine beitragsabhängige medizinische Versorgung niedrigen Standards ist gewährleistet (AA 14.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2016b): Bangladesch Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_85EB1F40F98EB22AC4F7F9CD06C6518E/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/BangladeschSicherheit_node.html #doc347348bodyText6, Zugriff 19.3.2015
- Belgian Immigration Office via MedCOI (6.3.2015): Question Answer BDA-6057
20. Behandlung nach Rückkehr
Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen. Es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrags staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 14.1.2016; vgl. ÖB New Delhi 3.2010). Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel in Deutschland) sind nicht bekannt. Der International Organization for Migration (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem so genannten "General Diary" gebeten. Nach IOM Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 14.1.2016).
IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren, ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM Dhaka betreute im vergangenen Jahr abgelehnte Asylbewerber oder andere zurückgekehrte Personen u. a. aus Großbritannien, der Schweiz, Australien und Belgien (AA 14.1.2016). Während und nach den Unruhen im Mittleren Osten wurden tausende Rückkehrer, insbesondere aus Libyen, unterstützt (IOM 3.2012). IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen regelmäßig nicht auf sich allein gestellt (AA 14.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- IOM - International Organisation for Migration (3.2012):
Bangladesh Newsletter,
http://174.120.152.66/~iomorgbd/images/files/pdf/iom_newsletter_march_2012.pdf , Zugriff 2.3.2016
- ÖB New Delhi (3.2010): Asylländerbericht
20.1. Dokumente
1.1. Echte Dokumente unwahren Inhalts
Echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privat-personen und Firmen sind problemlos gegen Zahlung erhältlich. Die Fälschung von Personenstandsurkunden ist eigentlich nicht notwendig, da jegliche Art von Standesfall sehr einfach (nach-)beurkundet werden kann. Beglaubigungen durch das Außenministerium erfolgen in der Regel ohne weitere Prüfung der Dokumente. Ihre Aussagekraft bezüglich Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit steht daher in Frage. Die Legalisation bangladeschischer Urkunden durch die Botschaft Dhaka ist im Einvernehmen mit dem [deutschen] Auswärtigen Amt ausgesetzt. Im Jahr 2015 wurde bekannt, dass einer größeren Zahl von Personen unberechtigt Dienstpässe zur Ausreise in die Türkei ausgestellt wurden. Bangladeschische Dienstpassinhaber können visumfrei in die Türkei einreisen. Es kann unterstellt werden, dass die Dunkelziffer solcher Vorkommnisse hoch ist.
1.2. Zugang zu gefälschten Dokumenten
Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen. Es handelt sich nach lokaler Anschauung um Kavaliersdelikte, die strafrechtlich ungenügend verfolgt werden. Mit Einführung des maschinenlesbaren Reisepasses sind Fälle von Passmanipulationen deutlich zurückgegangen. Seit Ende November 2015 können die alten, handgeschriebenen Pässe nicht mehr für Flugreisen genutzt werden. Von allen Passantragstellern werden Fingerabdrücke genommen. Häufigste Verfälschungen an Pässen sind der Austausch von Passbildern, die Änderung von Personalien und das Entfernen negativer Kennzeichnungen. Pässe mit vielen Visa, die den Träger bona-fide-würdig erscheinen lassen, sind besonders begehrt. Vollfälschungen kommen ebenso vor. Aus kriminaltechnischer Sicht hat sich die Qualität der Fälschung von Schengen-Visa bezüglich einzelner Serien erheblich verbessert (z.B. Nachahmung des UV-reaktiven Schutzmusterdrucks). Bei sonstigen Dokumenten, hauptsächlich Personenstandsurkunden, werden häufig Abweichungen der Bezeichnung der Behörde in Stempeln, Siegeln und Briefkopf, bei Unterschriften und Formpapier festgestellt. In vielen Asylfällen legen Antragsteller die übersetzten Abschriften angeblicher justizieller Dokumente wie z.B. First Information Report, Charge Sheet oder Haftbefehl vor. In der Vergangenheit haben sich die vorgelegten Dokumente in fast allen Fällen als gefälscht erwiesen (AA 14.1.2016).
Die bestehende Korruption in öffentlichen Ämtern ist ein wesentlicher Grund, dass der Inhalt von sogenannten echten Dokumenten sehr oft infrage gestellt werden muss. Grundsätzlich werden alle Arten von Dokumenten gefälscht: Reisepässe, Geburts- und Heiratsurkunden, Schul- und Universitätszeugnisse. Ebenfalls verbreitet ist die Vorlage von "echten" Urkunden, die aber zu Unrecht erlangt werden, dies gilt insbesondere für Universitätszeugnisse. Ebenso beliebt ist die Anfertigung falscher oder unvollständiger Übersetzungen. Es ist landesweit üblich, falsche Informationen für Dritte bereitzustellen, weil es als Pflicht angesehen wird, Leuten, die in ein sog. "reiches" Land emigrieren wollen, zu helfen. Gefälschte und betrügerisch erworbene Dokumente sind in Bangladesch leicht zu erhalten. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass Dokumente kaum zentral gespeichert und damit überprüfbar sind. Vielmehr erfolgt die Aufbewahrung in lokalen Polizeistationen, die national nicht vernetzt sind. Asylwerber legen oft umfangreiche Dokumente vor, die die Glaubwürdigkeit des Asylantrags untermauern sollen. Insbesondere handelt es sich dabei um bestehende Haftbefehle oder andere vermeintliche Gerichts- oder Polizeidokumente. Da Haftbefehle generell nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind, ist grundsätzlich eine sorgfältige Überprüfung solcher Dokumente geboten. Viele belegte Behauptungen von bestehenden Haftbefehlen haben sich als falsch erwiesen, seit 1997 wurden seitens der britischen Botschaft hunderte Dokumente überprüft, die sich dabei in allen Fällen als "nicht echt" herausstellten. Hinweise auf Fälschungen sind insbesondere unvollständige Siegelstempel, fehlende Unterschriften, sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen. Die Überprüfungspraxis ist schwierig, da es kaum Kooperation der Behörden in Bangladesch gibt. Außerdem verfügen die wenigsten Dokumente über ein einheitliches Layout (ÖB New Delhi 3.2010, vgl. UK Home Office 11.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
- UK Home Office (11.2014): Bangladesh: Background information,
including actors of protection, and internal relocation, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/381421/BGD_CIG_Background_2014_11_28_v1_0.pdf , Zugriff 2.3.2016
- ÖB New Delhi (3.2010): Asylländerbericht
20.2. Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF)
Es gibt staatliche Aufnahmeeinrichtungen/Waisenhäuser für Minderjährige. Hierbei muss eine finanzielle Unterstützung für die Unterbringung, Verpflegung, Schulgeld, Kleidung etc. der Jugendlichen von dritter Seite bereitgestellt werden. Zuständig ist das "Ministry of Women and Children Affairs". Nach Auskunft von IOM können auch über die Organisation "Bangladesh National Womens Lawyers Association" (BNWLA) Aufnahmeeinrichtungen vermittelt werden (AA 14.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem BF in seinem Heimatland Bangladesch eine begründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.
Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Bangladesch eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Abschiebung des BF nach Bangladesch zulässig und möglich ist.
b. 2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.2. Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Originallichtbildausweises konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, dient dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei. Es bedeutet jedoch nicht die Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG.
Anzuführen ist, dass es dem BF aufgrund seiner Staatsangehörigkeit möglich gewesen wäre, seine Identität bei entsprechender Mitwirkung im Verfahren zu bescheinigen. Der Umstand, dass die Identität bis dato nicht festgestellt werden konnte ist letztlich auf die mangelnde Mitwirkung des BF an der Identitätsfeststellung zurückzuführen und sind alle daran anknüpfenden Konsequenzen daher vom BF zu vertreten.
II.2.3 Zur Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprungeshandelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten -immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse- der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen -allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden- aufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348). Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschieberelevanten Situation ist seit Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht eingetreten.
Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen, welche in den Länderfeststellungen getroffen wurden, nicht konkret und substantiiert entgegen. Soweit in der Beschwerde über mehrere Seiten Auszüge aus diversen Berichten wiedergegeben werden, ist seitens des BVwG dazu festzustellen, dass diese Quellen aus den Jahren 2011 und 2012 stammen und damit wesentlich älteren Datums sind, als jene Berichte, die das BFA bzw. nunmehr das BVwG der Beurteilung zugrunde gelegt haben und schon aus diesem Grund nicht geeignet sind, diesen Berichten auf gleicher fachlicher Ebene zu begegnen. Das BVwG verkennt jedoch nicht, dass es im Justiz- bzw. Sicherheitsbereich in Bangladesch gewisse Defizite gibt. Allerdings gehen diese nicht so weit, dass von einer generellen Unfähigkeit oder Unwilligkeit der Sicherheitsbehörden, den Bürgern im Fall strafrechtswidriger Übergriffe Schutz zu gewähren ausgegangen werden könnte. Auch das Justizsystem funktioniert im Großen und Ganzen. Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires Verfahren vor, für Beklagte gilt die Unschuldsvermutung, Angeklagte haben das Recht auf einen Anwalt, Zeugen namhaft zu machen und zu befragen sowie gegen Urteile zu berufen. Im Fall von Menschenrechtsverletzungen haben Einzelpersonen auch das Recht, zivile Rechtsmittel zu ergreifen.
II.2.4.1. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig ist.
Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten --z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461)- zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.
Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).
Weiter ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG [numehr: § 3 AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen (vgl zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).
II.2.4.2. Der belangten Behörde ist insofern zuzustimmen, als sie zum Schluss kommt, dass der BF in Bangladesch keiner asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt war bzw. im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.
II.2.5.1. Darüber hinaus hegt aber auch das BVwG erhebliche Zweifel an den Angaben des BF bzw. deren Glaubwürdigkeit.
Bei seiner Erstbefragung gab der BF im Wesentlichen an, dass er im September 2013 die negative Entscheidung seines ersten Asylantrages erhalten habe. Im Dezember 2013 habe er erfahren, dass er in Bangladesch von seinen politischen Gegnern fälschlich wegen eines Raubüberfalles angezeigt worden sei (AS 31).
Widersprüchlich dazu gab er bei der Einvernahme am 23.2.2016 an, dass 2 Anzeigen gegen seine Person bestünden (AS 75). Gefragt, was ihm in den Anzeigen vorgeworfen würde, gab der BF an, dass er es bei der ersten Anzeige nicht wisse, in der zweiten würde ihm Sachbeschädigung vorgeworfen, er solle ein Transportmittel eines AL-Mitgliedes beschädigt haben. Hinterfragt, weshalb er bei der Erstbefragung den Vorwurf der Anzeige nennen konnte, gab der BF vage und ausweichend an, dass er damals gehört habe wegen eines Raubüberfalls, aber er könne nicht genau sagen, was ihm vorgeworfen wurde (AS 81). Obwohl der BF bei dieser Einvernahme bereits seine "Beweismittel" in Form einer Anzeige, eines FIR und einer Anklageschrift vorgelegt hat, war er nicht einmal annähernd in der Lage, über den Inhalt dieser Schriftstücke Auskunft zu geben. Selbst bei einem durchschnittlich intelligenten Menschen wäre es höchst nahe liegend und plausibel, dass er sich mit dem Inhalt derartiger Schriftstücke nach Erhalt vertraut macht, wenn ihm darin ungerechtfertigt Straftaten unterstellt werden, die er gar nicht begangen hat. Letztlich ergab dann auch noch die Übersetzung der 2. Anzeige im Rahmen der Einvernahme, dass dem BF ein Verstoß gegen das Sprengmittelgesetz vorgeworfen wurde. Der BF soll Molotowcocktails zur Explosion gebracht haben. Bei der 1. Anzeige ging es laut Übersetzung um Schutzgelderpressung, Verstoß gegen das Sprengmittelgesetz sowie gegen die §§ 143, 447, 448, 385 und 427 StGB.
Wiederum widersprüchlich dazu gab der BF beim BVwG an, dass ihm 2014 Schmiergeldannahme, Bombenlegung sowie die Inbrandsetzung eines Autos und 2016 eine Bombenlegung angelastet wurden. Die Fragen, ob es einen Haftbefehl gegen ihn gebe oder es zu einem Gerichtsverfahren gegen ihn gekommen sei, konnte er nicht beantworten, obwohl er in weiterer Folge noch eine Anklageschrift vorlegte.
Soweit der BF versucht hat, seine politische Gesinnung als Ursache seiner Probleme darzustellen, ist ihm auch das nicht gelungen. So gab er beispielsweise beim BFA an, er sei aktives Mitglied der BNP gewesen. Gefragt, was "aktives Mitglied" bedeute, ergänzte der BF, dass er regelmäßig an Veranstaltungen teilgenommen habe und es auch "passive Mitglieder" gebe, die nur wählen gehen (AS 79). Beim BVwG steigerte er hingegen wenig glaubhaft sein diesbezügliches Vorbringen, indem er angab, er sei bei der BNP "Werbesekretär" gewesen. Befragt zu seinen konkreten politischen Aktivitäten, gab er dann deutlich gesteigert an, er habe die Leute informiert, wann und wo die Aktivitäten der Partei stattfinden. Das habe er mittels Telefon, Lautsprechern oder Flugblättern gemacht. Der BF war darüber hinaus auch nicht in der Lage, glaubhaft darzulegen, dass er tatsächlich ein Mitglied der BNP ist. Beispielsweise konnte er weder einen Mitgliedsausweis noch eine Bestätigung der Partei über seine Mitgliedschaft vorlegen. Beides hätte er sich ebenfalls über seinen Cousin schicken lassen können. Nach dem Verbleib seines Mitgliedsausweises befragt, gab der BF zunächst an, dass er diesen verloren habe. Gefragt, wann und wo er diesen verloren habe, gab er plötzlich an, das sei im Parteibüro der BNP gewesen, aber die politischen Gegner hätten das Büro in Brand gesteckt.
Der BF war gegenüber dem BVwG auch nicht annähernd in der Lage, zu erklären, warum gerade er als einfaches, nicht exponiertes BNP-Mitglied derart von seinen Gegnern verfolgt werden sollte. So versuchte er auf den entsprechenden Vorhalt, seine politische Bedeutung hochzuspielen, indem er angab, er habe immer Kontakt zu hochrangigen BNP-Leuten gehabt und mit diesen an verschiedenen Demonstrationen, Umzügen etc. teilgenommen. Das hätten seine Gegner gesehen. Aus Rache hätten sie Anzeige erstattet. Gefragt, an welchen Demonstrationen, etc. der BF teilgenommen hat, gab er an, an 15 bis 20 in seinem Heimatdorf und an 10 bis 15 in der Hauptstadt. Alles sei 2010/2011 gewesen. Im Schnitt hätten an den Demonstrationen 20.000 bis 30.000 Menschen teilgenommen. Auch diese Schilderungen unterstreichen die persönliche Unglaubwürdigkeit des BF: So ist nicht plausibel, weshalb die angeblichen Falschanzeigen erst 2014 bzw. 2016 erstattet worden sein sollen, wenn der BF bereits 2010/2011 in das Visier der politischen Gegner gekommen sein soll. Außerdem ist nicht glaubhaft, weshalb die politischen Gegner aus derart großen Menschenansammlungen gerade den BF als Mitläufer auswählen sollten, um gegen ihn Falschanzeigen zu erstatten. Soweit der BF versucht hat, das dahingehend zu erklären, dass er sich immer neben hochrangigen Leuten befunden habe, stellt dies keine plausible Erklärung dar, da selbst dann noch immer nicht klar ist, wie sein Name und seine Adresse lauten.
Es ist auch nicht plausibel, dass der BF bzw. sein Cousin zwar einen Rechtsanwalt einschalten, um an die "Beweismittel" für das Asylverfahren im Ausland zu kommen, nicht aber zumindest gleichzeitig dieser Rechtsanwalt damit beauftragt wird, die angeblichen unwahren Anschuldigungen gegenüber dem BF aufzuklären bzw. aus der Welt zu schaffen.
Letztlich abgerundet wurde das Bild der Unglaubwürdigkeit des BF noch dadurch, dass er offensichtlich versuchte, die Behörde und das Gericht über seinen Verbleib zwischen 1. und 2. Asylverfahren zu täuschen. So gab er bei der Erstbefragung an, er sei nach Deutschland. Von dort sei er nach Österreich abgeschoben worden. Dann sei er weiter nach Italien, von wo er ebenfalls nach Österreich rücküberstellt wurde. Dann sei er neuerlich nach Italien und letztlich von dort mittels Schlepper wieder nach Österreich. Als er beim BVwG gefragt wurde, wo er in der Zeit zwischen negativem Bescheid im 1. Asylverfahren und ggst. Asylantrag gewesen sei, gab er an, dass er in der Steiermark gewesen sei. Er habe sich dort in einem Lager befunden. Als ihm die Unglaubwürdigkeit dieser Angaben vorgehalten wurde, gab er plötzlich an, er sei nach Deutschland gereist. Als er in weiterer Folge gefragt wurde, wann und wie er vom neuen Fluchtgrund erfahren habe, gab er dann letztlich an, er sei 1 Monat und 10 Tage in Deutschland gewesen, 2 1/2 Monate in Italien und am 24.1.2013 sei er wieder nach Österreich gekommen. Als die Frage wiederholt wurde, gab der BF dann an, er habe im Dezember 2013 von seinem neuen Fluchtgrund erfahren. Dass der BF in Bangladesch keine Verfolgung zu erwarten hat, zeigt sich in diesem Zusammenhang auch dadurch deutlich, dass er nicht sofort bei Kenntniserlangung in Italien den Asylantrag gestellt hat, sondern erst über 1 Monat später in Österreich. Soweit er angibt, er habe nicht gewusst, wie man in Italien einen Asylantrag stellen soll, ist das nicht glaubhaft, zumal der BF das laut EURODAC-Treffer außer 2 mal in Österreich auch in Deutschland und in Ungarn geschafft hat.
Beim BFA war der BF auch nicht in der Lage anzugeben, wer ihn überhaupt angezeigt haben soll. So gab er auf die entsprechende Frage an: "Mitglied der AL, also unsere Feinde." Nachgefragt, wer konkret ihn angezeigt habe, wich der BF der Frage überhaupt aus, indem er angab, er sei unschuldig, er habe mit dem Sachverhalt nichts zu tun, er wisse nicht, wer ihn angezeigt habe, er habe die Dokumente auch erst unlängst bekommen (AS 81). Beim BVwG gab er hingegen an, dass die erste Anzeige XXXX erstattet habe, die zweite die Polizei. Als er in weiterer Folge gefragt wurde, ob schon Anklage gegen ihn erhoben worden sei, verneinte der BF dies. Als ihm vorgehalten wurde, weshalb er dann eine Anklageschrift vorlegen konnte, wich der BF erneut aus, indem er vollkommen unglaubwürdig angab, sein Cousin habe das einfach vom Polizeirevier geholt. Widersprüchlich dazu hatte er beim BFA noch angegeben, sein Cousin habe mit Hilfe eines Rechtsanwaltes Abschriften erstellen lassen.
In Zusammenhalt der exemplarisch aufgelisteten Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben des BF mit den vorgelegten Kopien der Schriftstücke geht das BVwG daher ebenso wie das BFA davon aus, dass es sich um Fälschungen handelt. Mangels Vorlage der Originale erscheinen auch weitergehende Erhebungen im Herkunftsstaat diesbezüglich nicht zielführend.
Das BVwG geht daher zusammenfassend davon aus, dass der BF Bangladesch lediglich aus persönlichen Motiven heraus bzw. aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat. Aus diesem Grund sah das erkennende Gericht ebenso wie bereits das BFA auch keine Veranlassung für weitergehende Erhebungen im Herkunftsstaat des BF.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, der BF werde sogar vom RAB gesucht, steht dieser Behauptung das diesbezüglich ebenfalls nur sehr vage und auf Vermutungen gestützte Vorbringen des BF entgegen. Dieser gab beim BFA nämlich an (AS 79), dass er in Italien gehört habe, dass die Beamten des RAB auch beim ihm zu Hause gewesen seien, wobei er gleichzeitig einräumte keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt zu haben. Die RAB-Beamten seien auch bei seinem Cousin gewesen. Dieser habe ihm gesagt, dass anzunehmen sei, dass derjenige, der von RAB gesucht wird, erschossen werde. Im Rahmen der weiteren Angaben führte der BF dann aus, dass er gar nicht sagen könne, ob RAB-Beamte auch schon bei seinen Eltern waren. Beim BVwG gab er auf die Frage, ob er mit RAB auch ein Problem habe, an , dass er von RAB auch schon ein paar mal gesucht worden sei. Deshalb vermute er, dass die Polizei die Anzeige an RAB weitergeleitet habe.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, erwiesen sich weitergehende Erhebungen aufgrund des vollkommen unglaubwürdigen und widersprüchlichen Vorbringens des BF, der nicht einmal im Detail den Inhalt der von ihm selbst eingebrachten Schriftstücke kennt, als nicht erforderlich.
II.2.5.2. Zusammenfassend ist zum Vorbringen des BF auszuführen, dass das erkennende Gericht zur Überzeugung gelangte, dass in den Angaben des BF glaubwürdige Anknüpfungspunkte oder Hinweise für eine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention nicht erkennbar waren.
Das BVwG gewann vielmehr den Eindruck, dass der BF primär aus wirtschaftlichen bzw. privaten Gründen nach Österreich reiste.
Unter Heranziehung dieses Sachverhaltes und der neuerlichen offensichtlich neuerlich missbräuchlichen Asylantragstellung im Zusammenhang mit der allgemein gehaltenen, widersprüchlichen und teilweise nicht nachvollziehbaren Begründung des Antrages auf internationalen Schutz ist daher davon auszugehen, dass das Vorbringen des BF nicht den Tatsachen entspricht und lediglich zur Begründung des Asylantrages und unter Umgehung der fremdenrechtlichen sowie niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zur Erreichung - wenn nicht sogar zur absichtlichen Erschleichung - eines Aufenthaltstitels für Österreich nach dem Asylgesetz frei konstruiert wurde.
Dazu ist grundsätzlich in diesem Zusammenhang auszuführen, dass etwaige wirtschaftliche oder private Schwierigkeiten objektiv nicht dazu geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK zu begründen. Der bloße Wunsch in Österreich ein besseres Leben aufgrund eines erhofften leichteren Zugangs zum Arbeitsmarkt zu haben, vermag die Gewährung von Asyl jedenfalls nicht zu rechtfertigen.
II.2.5.3. Selbst für den Fall der hypothetischen Wahrunterstellung der Angaben des BF liegt kein asylrelevanter Sachverhalt vor:
Der BF hat eine Verfolgung durch nichtstaatliche Organe, nämlich AL-Mitglieder geltend gemacht. Eine Verfolgung von Seiten Dritter (nichtstaatliche Verfolgung) ist jedoch nur dann als asylrelevant anzusehen, wenn es dem BF aufgrund mangelnder bzw. nicht vorhandener Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates weder möglich noch zumutbar ist, sich zur Abwehr der Verfolgung unter den Schutz des Heimatstaates zu stellen.
Vorliegend sind den Länderfeststellungen und auch dem Vorbringen des BF, welcher sich nicht einmal von sich aus an die Polizei oder das Gericht wandte, um die vermeintlichen unwahren Vorwürfe gegen seine Person aufzuklären, keine konkreten Hinweise zu entnehmen, dass keine ausreichenden Schutzmechanismen der zuständigen staatlichen Behörden vorhanden wären, um den Eintritt eines von ihm für möglich gehaltenen Erfolges mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht eintreten zu lassen. Der BF hatte nicht einmal versucht, sich an die Behörden bzw. Gerichte zu wenden und kann daher eine Schutzunfähigkeit bzw. -unwilligkeit der Behörden in Bangladesch nicht angenommen werden.
Aus der Behauptung des BF dahingehend, die Polizeikräfte würden ineffizient arbeiten, seien korrupt und wären nicht unparteiisch, kann keineswegs abgeleitet werden, dass es von vornherein klar war, dass die staatlichen Stellen des Herkunftsstaates vor Verfolgung nicht schützen können oder wollen und kann somit nicht von mangelnder Schutzfähigkeit oder Schutzwilligkeit ausgegangen werden. Vielmehr wäre es im Verhalten des BF gelegen, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden bzw. einen Ombudsmann oder eine der zahlreichen NGO¿s, was von ihm jedoch nicht einmal ansatzweise versucht wurde.
Die vom BF geschilderten Falschanzeigen bzw. Verleumdungen stellen amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar. Aus den Länderberichten geht insbesondere auch hervor, dass von einer grundsätzlich ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit des Staates ausgegangen werden, wenngleich gewisse Defizite durchaus zugestanden werden.
II.2.5.4. Sofern in der Beschwerde seitens des BF moniert wird, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde mangelhaft sei, wird festgestellt, dass nach Ansicht des ho. Gerichts die belangte Behörde ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufgekommen wären. Vom BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum er vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch die belangte Behörde ausgeht. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen des BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.
c. 3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Zu A)
II.3.2. Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten
II.3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:
"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) ...
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
..."
Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen war.
Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
II.3.2.2. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen des BF zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).
Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die vom BF behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Auch kann im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass der BF nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren Gefahr von Übergriffen zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).
Rein hypothetisch betrachtet und ohne hierdurch den behaupteten ausreiskausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen, wäre es dem BF möglich und zumutbar, sich im Falle der behaupteten Übergriffe an die Sicherheitsbehörden des Herkunftsstaates zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren.
Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die vom BF geschilderten Falschanzeigen bzw. Verleumdungen im Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren im Herkunftsstaat des BF Behörden, welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des [in diesem Erkenntnis] türkischen Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus:
"Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.
Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.
... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist umso eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.")."
Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zu treffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitskalkül).
Unter richtlinienkonformer Interpretation ( Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber (vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem
vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt ... :
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083; ...".
Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).
In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für den Beschwerdeführer somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs. 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".
Im gegenständlichen Fall hat der BF weder behauptet noch bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten der politischen Gegner in seinem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grundsätzlich nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin, wenngleich die Berichte zu erkennen geben, dass durchaus auch noch erhebliche Defizite bestehen, ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat des BF kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.
Der BF bescheinigte im Rahmen seiner Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in seinem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass er keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in seinem Fall ein qualifizierter Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erscheinen lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall des BF untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.
Im Ergebnis hat der BF letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.
Im Übrigen stünde dem BF auch die innerstaatliche Fluchtalternative offen:
Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte innerstaatliche Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, Zl. 98/01/0352). Nach der Rechtsprechung des VwGHs muss sich die Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Nach einer in der ältren Rechtssprechung verwendeten Formulierung darf in keinem Teil des Herkunftsstaates Verfolgungssicherheit bestehen (VwGH 10.3.1993, Zl. 03/01/002). Nach der jüngeren Rechtsprechung ist mit dieser Formulierung jedoch nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, die Formulierung sei dahingehend zu verstehen, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen -mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Herkunftsstaates- im gesamten Herkunftsstaat auswirken müsse (VwGH 9.11.2004, Zl 2003/01/0534; VwGH 24.11.2005, 2003/20/0109).
Um vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, müssen die Asylbehörden über Ermittlungsergebnisse verfügen, die die Sicherheit der Asylwerber dartun (vgl. etwa VwGH 8.9.1999, Zl. 99/01/0126; VwGH 16.2.2000, Zl 99/01/0149). Es muss konkret ausgeführt werden, wo der Beschwerdeführer tatsächlich Schutz vor der von ihm geltend gemachten Bedrohung finden könnte. Entsprechend dem "Ausschlusscharakter" der innerstaatlichen Fluchtalternative nimmt der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich eine Beweislast der Asylbehörde an: Es müsse Sache der Behörde sein, die Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative aufzuzeigen und nicht umgekehrt Sache des Asylwerbers, die Möglichkeit einer theoretisch möglichen derartigen Alternative zu widerlegen (vgl. VwGH 9.9.2003, Zl.2002/01/0497).
Aufgrund des sich Versteckthaltens kann noch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative gesprochen werden (etwa VwGH 18.4.1996, Zl.95/20/0295; VwGH 20.3.1997, Zl 95/20/0606; in diesem Sinne ebenfalls VwGH 29.10.1998, Zl. 96/20/0069). Ebenso darf der Betroffene im sicheren Landesteil nicht in eine aussichtslose Lage gelangen und jeglicher Existenzgrundlage beraubt werden. Solcherart wird dem Kriterium der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative Beachtung geschenkt (VwGH 8.9.1999, Zl. 98/01/0614, VwGH 6.10.1999, Zl. 98/01/0535, VwGH 8.6.2000, 99/20/0597, VwGH 19.10.200, 98/20/0430; VwGH 19.10.2006, Zl. 2006/0297-6; VwGH 24.1.2008, Zl. 2006/19/0985-10). Maßgebliche Faktoren zur persönlichen Zumutbarkeit können das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschaftsverhältnisse, soziale und andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeitshintergrund und -möglichkeiten, sowie gegebenenfalls bereits erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen sein. Es wird jedoch die Ansicht vertreten, dass schlechte soziale und wirtschaftliche Bedingungen in dem betreffenden Landesteil die innerstaatliche Fluchtalternative nicht grundsätzliche ausschließen (siehe VwGH 8.9.1999, 98/01/0620; VwGH 26.6.1996, 95/20/0427) Ein bloßes Absinken des Lebensstandards durch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative, welches jedoch noch über dem Niveau der aussichtslosen Lage ist daher bei Bestehen einer Existenzgrundlage hinzunehmen.
Zu den bereits getroffenen Ausführungen kommt noch hinzu, dass das verfolgungssichere Gebiet eine gewisse Beständigkeit in dem Sinne aufweisen muss, dass der Betroffene nicht damit rechnen muss, jederzeit auch in diesem Gebiet wieder die Verfolgung, vor der er flüchtete, erwarten zu müssen (VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401, in diesem Sinne auch VwGH 19.2.2004, Zl. 2002/20/0075; VwGH 24.6.2004, Zl. 2001/20/0420).
Ebenso muss das sichere Gebiet für den Betroffenen erreichbar sein, ohne jenes Gebiet betreten zu müssen, in welchem er Verfolgung befürchtet bzw. muss im Rahmen der Refoulementprüfung feststehen, dass eine Abschiebung in dieses sichere Gebiet möglich ist (VwGH 26.6.1997, Zl.95/21/0294; in diesem Sinne auch VwGH 11.6.1997, Zl. 95/21/0908, 6.11.1998, Zl. 95/21/1121; VwGH 10.6.1999, 95/21/0945, ähnlich VwGH 17.2.2000, 9718/0562).
Zum Wesen und den Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative vgl. weiter: Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR), Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft (1979), Rz 91; Art. 8 der Richtlinie 2004/83 EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Person, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des gewährten Schutzes ("Statusrichtlinie); Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S. 357 ff.
Aus den oa. Ausführungen ergibt sich im gegenständlichen Fall Folgendes:
Dem BF ist es als jungem, ledigen gesunden und arbeitsfähigen Mann durchaus möglich und auch zumutbar, in einem anderen Landesteil oder einer Großstadt wie Dhaka zu leben und dort seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Seine Mobilität hat er durch seine Reisen nach Europa und quer durch Europa bereits hinreichend unter Beweis gestellt. Den Kontakt zu seiner Kernfamilie könnte der BF durch schriftliche Kontakte oder Besuche, die sich für die Familie innerhalb von Bangladesch wesentlich einfacher gestalten als im Verhältnis zu Österreich, aufrechterhalten. Die innerstaatliche Fluchtalternative ist über einen der internationalen Flughäfen auch gefahrlos erreichbar. Aufgrund eines nicht vorhandenen zentralen Meldewesens wäre der BF für potentielle Verfolger auch nicht auffindbar. Letztlich hat der BF selbst angegeben, mehrere Monate vor seiner Ausreise in Dhaka gelebt zu haben, ohne dass es irgendwelche Vorfälle gegeben hätte.
Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.
II.3.3. Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat
II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:
"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.-...
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung
nach § 3 ... zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
..."
Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Art. 2 EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."
Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Art. 3 EMRK lautet:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:
VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Gem. der Judikatur des EGMR muss ein BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)
Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.
II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtssprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es gibt aber keinerlei Hinweise, dass der BF eine mit dieser Strafe bedrohte Handlung begangen hätte) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in einigen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Weitere, in der Person des BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiter festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim BF handelt es sich um einen mobilen, gesunden, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört er keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.
Auch steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Ebenso kam hervor, dass der BF im Herkunftsstaat über soziale Anknüpfungspunkte und jedenfalls eine Wohngelegenheit im Elternhaus oder bei den übrigen Verwandten verfügt. Im Herkunftsstaat leben außerdem die Eltern, Geschwister, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen des BF.
Darüber hinaus ist es dem BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung
II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:
§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer
Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."
§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von
Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:
§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels
gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und
2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben."
§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:
"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
3. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
4. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
5. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
6. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."
§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise
§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich
eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.
Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
II.3.4.2. Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt der BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
Es liegen keine Umstände vor, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargelegt.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
II.3.4.4. Der BF hat in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner ihm nahe stehenden Person zusammen. Er möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit ca. 2 1/2 Jahren im Bundesgebiet auf. Er reiste rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Er bezieht keine Grundversorgung, arbeitet seit Februar 2016 als Kochlehrling. Laut eigener Angabe hat er im Juni 2016 die A2-Prüfung abgelegt, ein Sprachdiplom wurde bis dato nicht vorgelegt. Der BF ist strafrechtlich bislang unbescholten. Er ist Mitglied der Bangladesch-Österreichischen Gesellschaft und des Bangladesch Cricket Clubs Austria.
Die Rückkehrentscheidung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, sondern allenfalls einen solchen in das Privatleben.
II.3.4.5. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.
II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der geltenden Judikatur Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Der BF ist seit ca. 2 1/2 Jahren in Österreich aufhältig. Er reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnte seinen Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines neuerlich unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisieren. Hätte er diesen 2. unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre er rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde.
- das tatsächliche Bestehen eines Privatlebens:
Der BF verfügt über keine relevanten privaten Anknüpfungspunkte.
- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens
Der BF begründete sein Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten 2. Asylantrages vorübergehend legalisiert war. Auch war der Aufenthalt des BF zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.
Letztlich ist auch festzuhalten, dass der BF nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise allenfalls bestehende Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es ihm frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN).
- Grad der Integration
Der BF ist -in Bezug auf sein Lebensalter- erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, hat hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und war im Asylverfahren nicht in der Lage, seinen Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen.
Soweit er behauptet, österreichische Freunde und Bekannte zu haben, wird dies dadurch relativiert, dass er fast nur Vornamen angeben konnte, 2 der mit vollem Namen genannten Personen haben Migrationshintergrund Bangladesch, was für eine Integration als eher kontraproduktiv anzusehen ist. Das Gleiche gilt für die beiden Vereinsmitgliedschaften, da sich der BF dabei zumindest überwiegend wiederum unter seinen Landsleuten befindet. Was die Verfasserin des vorgelegten Unterstützungsschreibens betrifft, ergab sich im Rahmen der Beschwerdeverhandlung, dass der BF von dieser entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt wird und dafür eine Naturalentlohnung erhält, was für eine Integration ebenfalls kontraproduktiv ist und wodurch dieses Schreiben maßgeblich relativiert wird. Dass der BF tatsächlich einen Deutschkurs besucht und eine Prüfung bestanden hat, wurde von ihm nie nachgewiesen. Bei der Beschwerdeverhandlung war er jedenfalls nach wie vor auf einen Dolmetscher angewiesen, sodass seine Deutschkenntnisse als eher rudimentär einzustufen sind. Der BF hat zwar im Februar 2016 eine Kochlehre begonnen, zuvor hat er allerdings Grundversorgung bezogen.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die -hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
- Bindungen zum Herkunftsstaat
Der BF verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens in Bangladesch, wurde dort sozialisiert, bekennt sich zum dortigen Mehrheitsglauben des Islam und spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Bangladesch Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundesund/oder Bekanntenkreises des Beschwerdeführers existieren, da nichts darauf hindeutet, dass er vor seiner Ausreise im Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätte. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es dem BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.
- strafrechtliche Unbescholtenheit
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Diese Feststellung stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Der BF reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. Außerdem geht er bei der Verfasserin des Unterstützungsschreibens einer dem AuslBG widersprechenden Tätigkeit nach.
- die Frage, ob das Privatleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Dem BF musste spätestens bei der 2. Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass dem BF die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass er in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätte.
- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer
Ein derartiges Verschulden kann der Aktenlage nicht entnommen werden.
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine (damals) Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs. 2 leg. cit. genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für einen BF grundsätzlich nicht mehr möglich, den Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem BF gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.
Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der BF somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der (damals) Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisung- bzw. Rückkehrentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Praxis hinsichtlich Rückkehrentscheidungen der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man - wie die Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.
Der GH führte weiter -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als "fait accompli" mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.
Weiter wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:
Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.
Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.
Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war. Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
II.3.4.7. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der vom BF in seinem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnisse mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.
Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht erkennbar. Der BF hält sich im Vergleich zu seinem Lebensalter erst einen kurzen Zeitraum in Österreich auf, arbeitet zum Teil illegal und eine gesellschaftliche Integration im beachtlichen Ausmaß ist nicht erkennbar. Der BF hat den Großteil des Lebens in Bangladesch verbracht und wurde dort sozialisiert. Es ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen Beziehungen zum Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Bangladesch eine - wenn überhaupt vorhandene - Integration in Österreich bei weitem überwiegen.
Insbesondere aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer und des niedrigen Integrationsgrades des BF in Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt keine Aspekte einer außergewöhnlichen schützenswerten, dauernden Integration hervorgekommen, dass allein aus diesem Grunde die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig zu erklären wäre.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
II.3.4.8. Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung festgestellt, dass ein Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG von Amtswegen nicht zu erteilen ist. Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101, dargelegt hat, bietet das Gesetz keine Grundlage dafür, in Fällen, in denen - wie hier - eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wird, darüber hinaus noch von Amtswegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen. Sohin war Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides spruchgemäß mit der getroffenen Maßgabe zu berichtigen, da der negative Abspruch über § 55 AsylG 2005 Rechtskraftwirkungen entfalten kann (VwGH 15.3.2015, Zl. Ra 2015/21/0174).
II.3.4.9. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Bangladesch unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht schlüssig dargelegt.
II.3.4.10. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen des BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.
Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.
II.3.4.11. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ebenfalls als unbegründet abzuweisen.
B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, der hier vertretenen Zurechnungstheorie und den Anforderungen an einen Staat und dessen Behörden, um von dessen Willen und Fähigkeit, den auf seinem Territorium aufhältigen Menschen Schutz vor Übergriffen zu gewähren ausgehen zu können, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.
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