European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00103.15H.0525.000
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Endurteil unter Einschluss seiner in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten hat:
„1. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei gegen Vorlage der jeweils von der beklagten Partei ausgestellten Sparbücher zu den Sparkonten Nr 0062***** und Nr 0051***** und gegen Nennung des jeweiligen Losungswortes 50 % der auf den genannten Sparkonten erliegenden Guthaben samt den bis zur Auszahlung aufgelaufenen Zinsen abzüglich KESt auszuzahlen.
2. Das auf künftige Leistung dieses Anspruchsteils samt 4 % Verzugszinsen ab 1. 7. 2013 sowie das auf künftige Leistung weiterer 50 % der auf den genannten Sparkonten erliegenden Guthaben samt Zinsen und Verzugszinsen gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.
3. Das Hauptbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, 4 % Verzugszinsen aus den zu den Sparkonten Nr 0152***** und Nr 0059***** jeweils angelaufenen Guthaben samt den bis 30. 6. 2013 aufgelaufenen Zinsen abzüglich KESt seit 1. 7. 2013 zu bezahlen, wird abgewiesen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, gegen Vorlage der jeweils von der beklagten Partei ausgestellten Sparbücher zu den Sparkonten Nr 0152***** und Nr 0059***** und gegen Nennung des jeweiligen Losungswortes die bis zur Auszahlung aufgelaufenen jeweiligen Zinsen abzüglich KESt an die klagende Partei auszuzahlen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.075,15 EUR (darin 1.494,75 EUR USt und 353,50 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin und der Nebenintervenient sind die beiden Kinder des am ***** 2010 im 87. Lebensjahr verstorbenen J***** S***** (in der Folge: Erblasser). Dieser verfügte über fünf Sparkonten bei der beklagten Partei, von denen in diesem Rechtsstreit folgende von Bedeutung sind:
- Konto-Nr 0062***** „T*****“
- Konto-Nr 0051***** „R*****“
- Konto-Nr 0152***** „K*****“
- Konto-Nr 0059***** „M*****“
Bei Einbringung der Klage wiesen die beiden erstgenannten Konten Guthaben von 15.000 EUR bzw 15.809,07 EUR auf, das Konto „K*****“ hatte einen Guthabensstand von 918,97 EUR. Beim Konto „M*****“ ist der Guthabensstand zu diesem Zeitpunkt unbekannt.
Der Erblasser erzählte der Klägerin im Jahr 2007, wo er seine Sparbücher aufbewahre, nannte ihr die Losungswörter und erklärte, dass die Sparbücher ihr gehören würden, wenn er sterbe. Die Klägerin hatte bei der beklagten Partei ein Schließfach eröffnet. Nachdem dem Erblasser die Sparbücher im Jahr 2008 einmal abhanden gekommen waren, vereinbarte er mit der Klägerin, dass er die Sparbücher künftig in diesem Schließfach aufbewahren werde. Fortan hatten sowohl er als auch die Klägerin einen Schlüssel für dieses Schließfach. Aus diesem Anlass wurde nicht (wieder) darüber gesprochen, wem die Sparbücher einmal gehören sollen. Allerdings äußerte der Erblasser wiederholt gegenüber seiner Ziehschwester und deren Ehemann, dass die Klägerin im Falle seines Todes die Sparbücher bekommen solle und zwar zuletzt im Frühjahr oder Sommer 2010. Hingegen konnte nicht festgestellt werden, dass er im Sommer oder Frühherbst 2010 geäußert hätte, die Sparbücher würden (bereits) jetzt der Klägerin gehören.
Nach dem Tod des Erblassers hob die Klägerin zwischen 9. 12. 2010 und 19. 12. 2011 vom Sparbuch „K*****“, das zum Todeszeitpunkt einen Guthabensstand von 14.099,99 EUR aufgewiesen hatte, fünfmal Geld ab. Weiters behob sie am 22. 3. 2011 vom Sparbuch „M*****“, auf dem zum Todeszeitpunkt 2.971,74 EUR erlagen, einen Betrag von 2.000 EUR. Danach hatte dieses Sparkonto unter Berücksichtigung der bis dahin aufgelaufenen Zinsen und Abzug der KESt einen Guthabensstand von 981,37 EUR.
Im Verlassenschaftsverfahren nach dem Erblasser fanden die Sparbücher keine Erwähnung. Sie wurden daher auch im Inventar nicht berücksichtigt. Aufgrund einer Mitteilung des Nebenintervenienten, dass zumindest drei Sparbücher mit einem vermutlichen Einlagenstand von je ca 15.000 EUR vorhanden sein müssten, hatte der Gerichtskommissär die beklagte Partei um „umfassende Auskunft über weitere nachlasszugehörige Guthaben“ bei ihrem Institut ersucht. Diese hatte darauf am 7. 10. 2011 geantwortet, dass sich der Erblasser zu Sparbüchern identifiziert habe, es sich dabei aber um frei übertragbare Inhaberpapiere handle und für eine Auskunft bzw Bestätigung der Verlassenschaftszugehörigkeit die Vorlage der Sparbücher erforderlich sei.
Am 23. 4. 2013 schlossen die Klägerin und der Nebenintervenient ein Erbübereinkommen, in dem sie hinsichtlich der im Inventar angeführten Forderungen, Wertpapiere und Einlagebücher eine „Teilung 1 : 1“ vereinbarten. Die besagten Sparbücher waren jedoch nicht Gegenstand dieses Übereinkommens. Mit Beschluss vom 15. 5. 2013 wurde der Nachlass der Klägerin und dem Nebenintervenienten je zur Hälfte eingeantwortet und das Erbübereinkommen zur Kenntnis genommen.
Bereits Ende Dezember 2011 hatte die Klägerin bei der Präsentation eines der Sparbücher ‑ welches konnte nicht festgestellt werden ‑ bei einer R***** in S***** die Auskunft erhalten, dass keine Behebung möglich sei. Sie wandte sich daraufhin an die beklagte Partei in deren Filiale in S*****, wo ihr ebenfalls eine Auszahlung verweigert wurde. Es konnte nicht festgestellt werden, welches Sparbuch sie bei dieser Gelegenheit vorlegte oder dass sie dabei sämtliche Sparbücher vorgelegt hätte. Nach Abschluss des Erbübereinkommens begehrte die Klägerin von der beklagten Partei neuerlich Auszahlung aus den Sparguthaben, wobei wieder nicht festgestellt werden konnte, ob sie dabei alle oder nur einzelne Sparbücher präsentierte und um welche es sich dabei handelte. Sie erhielt die Auskunft, dass eine Auszahlung ungeachtet des Erbübereinkommens nicht erfolgen könne. Es wurde ihr nicht gesagt, dass die Möglichkeit einer Behebung vom Guthabensstand des Sparbuchs abhänge.
Der Nebenintervenient wandte sich am 14. 5. 2013 ebenfalls an die beklagte Partei und erhob seinerseits Ansprüche auf die Sparguthaben, wobei er betonte, dass die Sparbücher nachlasszugehörig seien. Er stimmte und stimmt einer Auszahlung der Guthaben an die Klägerin nicht zu.
Die klagende Partei begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr gegen Vorlage der Sparbücher zu den Sparkonten Nr 0062*****, Nr 0051*****, Nr 0152***** und Nr 0059***** und Nennung des jeweiligen Losungswortes das jeweilige Guthaben samt den bis 30. 6. 2013 aufgelaufenen Zinsen abzüglich KESt zuzüglich 4 % Verzugszinsen seit 1. 7. 2013 auszuzahlen. Hilfsweise begehrte sie die Auszahlung samt den „bis zur Auszahlung aufgelaufenen Zinsen abzüglich KESt“ (ohne Verzugszinsen).
Die Klägerin brachte vor, der Erblasser habe ihr die Sparbücher im Sommer 2010 unter Nennung der Losungswörter geschenkt und „brevi manu“ übergeben; zumindest liege eine Schenkung auf den Todesfall vor. Die Sparbücher seien deshalb im Verlassenschaftsverfahren nicht als nachlasszugehörig angegeben worden und auch nicht Gegenstand des Erbübereinkommens gewesen. Trotz Mitteilung dieser Tatsachen und wiederholter Vorlage aller Sparbücher habe die beklagte Partei die Auszahlung der Sparguthaben verweigert. Sie sei spätestens seit 30. 6. 2013 mit der Auszahlung im Verzug. Selbst wenn nicht von der schenkungsweisen Übertragung der Sparbücher ausgegangen werden könnte, wäre die beklagte Partei zur Auszahlung der Hälfte der Sparguthaben an die Klägerin als rechtskräftig ausgewiesener Hälfteerbin verpflichtet.
Die beklagte Partei anerkannte hinsichtlich der Sparbücher „K*****“ und „M*****“ das Klagebegehren mit einer Einschränkung im Zinsenpunkt, worüber in der Tagsatzung vom 26. 6. 2014 ein Teilanerkenntnisurteil erging.
Zu den Sparbüchern „T*****“ und „R*****“ wandte die beklagte Partei ein, dass ihr ab einem Guthabensstand von 15.000 EUR gemäß § 32 Abs 4 Z 2 BWG eine Auszahlung verwehrt sei. Wolle ein bisher nicht identifizierter Kunde über ein solches „Typ 2‑Sparbuch“ verfügen, müsse er seine Rechtsnachfolge durch Vorlage eines Einantwortungsbeschlusses, eines Schenkungsvertrags oder eines sonstigen Dokuments nachweisen, was die Klägerin bislang nicht getan habe. Aus dem gegenständlichen Einantwortungsbeschluss und dem Erbübereinkommen lasse sich die Berechtigung der Klägerin nicht ableiten, weil die Sparguthaben im Verlassenschaftsverfahren nicht berücksichtigt worden seien. Demnach seien die Erben nur gemeinsam über die Sparguthaben verfügungsbefugt. Eine wirksame Schenkung der Sparbücher sei schon mangels „wirklicher Übergabe“ nicht erfolgt.
Auch der Nebenintervenient bestritt die behauptete Schenkung. Die Sparbücher seien Teil des Nachlasses gewesen. Da die Sparbücher im Einantwortungsbeschluss nicht angeführt seien, komme auch eine Auszahlung der Hälfte der Sparguthaben an die Klägerin nicht in Betracht.
Das Erstgericht gab dem Klagehauptbegehren hinsichtlich der Sparkonten Nr 0062***** („T*****“) und Nr 0051***** („R*****“) dahin statt, dass es die beklagte Partei gegen Vorlage der Sparbücher und Nennung des jeweiligen Losungswortes zur Auszahlung von 50 % des jeweiligen Guthabens samt den bis 26. 6. 2014 aufgelaufenen Zinsen abzüglich KESt zuzüglich 4 % Verzugszinsen seit 27. 6. 2014 an die Klägerin verpflichtete (1.). Das auf diese beiden Sparkonten bezogene Mehrbegehren wurde abgewiesen (2.), ebenso das Verzugszinsenbegehren zu den beiden weiteren Sparkonten Nr 0152***** („K*****“) und Nr 0059***** („M*****“); insoweit wurde dem „Eventualbegehren“ stattgegeben (3. und 4.).
Zu den beiden ersten Spruchpunkten erörterte das Erstgericht, der Erwerber von in § 32 Abs 4 Z 2 BWG genannten Sparbüchern mit einem Guthabensstand von mindestens 15.000 EUR habe, wenn er Auszahlung begehre, seinen Erwerb und damit seine materielle Berechtigung nachzuweisen oder zumindest zu bescheinigen. Dieser Nachweis sei der Klägerin, was die behauptete Schenkung unter Lebenden oder auf den Todesfall anlange, nicht gelungen. Auch das der beklagten Partei vorgelegte Erbübereinkommen, in dem die Sparbücher nicht erwähnt seien, bilde keine taugliche Grundlage für den Nachweis einer materiellen Berechtigung. Eine solche gehe allerdings aus der in der Tagsatzung vom 26. 6. 2014 verlesenen Einantwortungsurkunde hervor. Da die geschuldete Leistung teilbar sei, habe die Klägerin Anspruch auf Auszahlung des Hälftebetrags der Sparguthaben. In die Rechte des Nebenintervenienten werde dadurch nicht eingegriffen. Spätestens mit der Vorlage des Einantwortungsbeschlusses wäre die beklagte Partei daher zur Auszahlung verpflichtet gewesen.
Hinsichtlich der Sparkonten „K*****“ und „M*****“ (Spruchpunkte 3. und 4.) sei der Klägerin der Nachweis, dass die beklagte Partei die Auszahlung verweigert habe, nicht gelungen. Der Klägerin stünden daher keine Verzugszinsen, sondern nur die angefallenen vertragsmäßigen Zinsen zu.
Dieses Urteil erwuchs in seinen abweisenden Teilen unbekämpft in Rechtskraft.
Das hinsichtlich der stattgebenden Teile von der beklagten Partei und vom Nebenintervenienten angerufene Berufungsgericht verwarf die Berufung des Nebenintervenienten, soweit dieser Nichtigkeit geltend machte, und bestätigte im Übrigen die erstinstanzliche Entscheidung mit der Maßgabe, dass es die Wortfolge „50 % des jeweiligen Guthabens“ in Spruchpunkt 1. durch die Formulierung „50 % der auf den genannten Sparkonten erliegenden Guthaben“ ersetzte. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Schließlich gab es noch einem von der Klägerin erhobenen Kostenrekurs statt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, bei den noch streitverfangenen Spareinlagen („T*****“ und „R*****“) handle es sich um sogenannte Großbetragssparbücher mit einem Guthabensstand von mindestens 15.000 EUR, bei denen die beklagte Partei gemäß § 32 Abs 4 Z 2 BWG Auszahlungen nur an den gemäß § 40 Abs 1 BWG identifizierten Kunden vornehmen dürfe. Dies sei der Erblasser. Eine Auszahlung an die Klägerin setze nach der Rechtsprechung einen Nachweis bzw eine Bescheinigung der Rechtsnachfolge voraus. Die bloße Vorlage der Sparbücher und die Kenntnis der Losungswörter reiche hingegen nicht aus. Die Klägerin habe einen entsprechenden Nachweis nur insofern versucht, als sie der beklagten Partei das Erbübereinkommen vom 23. 4. 2013 vorgewiesen habe. Da jedoch die Spareinlagen nicht Gegenstand des Übereinkommens gewesen seien, sei daraus auch keine Rechtsnachfolge abzuleiten gewesen. Diese ergebe sich erst aus der in der Streitverhandlung vom 26. 6. 2014 verlesenen Einantwortungsurkunde.
Eine Spareinlage begründe ein gegen die Bank begründetes Forderungsrecht auf Rückzahlung des erlegten Geldbetrags, also eine Geldforderung. Eine solche sei ihrer Natur nach grundsätzlich teilbar. Gegenteiliges gelte nur, wenn ihrer Teilung ein rechtliches Hindernis entgegenstehe. Die beklagte Partei übersehe mit ihrem Argument, bei der Erbengemeinschaft der Klägerin und des Nebenintervenienten handle es sich um eine Gemeinschaft iSd § 848 Satz 2 und 3 ABGB, deren Forderungen auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit Gesamthandforderungen seien, dass diese Bestimmung nicht auf eine bereits aufgehobene Gemeinschaft anzuwenden sei. Zerfalle eine Geldforderung des Nachlasses mit der Einantwortung in selbständige Teilforderungen, liege kein Fall des § 848 Satz 2 und 3 ABGB mehr vor. Aus der Entscheidung 6 Ob 599/94 sei für den Standpunkt der beklagten Partei nichts zu gewinnen. Dort habe der Oberste Gerichtshof nur deshalb eine Gesamthandforderung angenommen, weil das Verlassenschaftsgericht bezüglich der betroffenen Kontoguthaben und Sparbücher eine gemeinsame Verfügungsberechtigung angeordnet gehabt habe. Eine derartige Anordnung liege hier nicht vor.
Es sei auch keiner der von den Berufungswerbern erwähnten Bestimmungen des Außerstreitgesetzes zu entnehmen, dass Erben über Kontoguthaben des Erblassers nur gemeinschaftlich als Gesamthandgläubiger verfügen dürften. Auch aus den Gesetzesmaterialien (zu § 178 AußStrG) seien keine fundierten Rückschlüsse auf eine rechtliche Unteilbarkeit von Forderungsrechten auf Spareinlagen zu gewinnen. Schließlich könne sich die beklagte Partei auch nicht darauf berufen, dass es offen bzw „rein spekulativ“ sei, wie die Klägerin und der Nebenintervenient über die Spareinlagen disponiert hätten, wenn diese im Verlassenschaftsverfahren offengelegt worden wären. Eine allfällige Forderung der einen oder anderen Seite nach einer von den Erbquoten abweichenden Aufteilung der Sparguthaben sei ausschließlich im Innenverhältnis der Erben geltend zu machen und zu klären. Dasselbe gelte für den vom Nebenintervenienten relevierten Umstand, dass er nicht im Besitz der Sparbücher sei und deshalb die andere Hälfte der Spareinlagen nicht beheben könne; notfalls müsse er eben die Klägerin auf Herausgabe der Sparbücher bzw auf eine zur Behebung seines Hälfteanteils an den Spareinlagen nötige Mitwirkung (durch Vorlage der Sparbücher bei der beklagten Partei) klagen.
Zusammenfassend gelinge es den Berufungswerbern nicht, eine tragfähige Rechtsgrundlage für die von ihnen vertretene Rechtsansicht darzutun, dass die Nachlassforderung auf Auszahlung der Spareinlagen (rechtlich) unteilbar und damit eine Gesamthandforderung sei. Der Zuspruch gesetzlicher Verzugszinsen sei zwangsläufige Folge der ausdrücklichen, auch noch nach Kenntnisnahme vom Einantwortungsbeschluss andauernden Weigerung der beklagten Partei, der Klägerin den ihrer Erbquote entsprechenden Hälfteanteil an den Spareinlagen auszuzahlen. Zur allfälligen Abwehr einer übermäßig langen Inanspruchnahme dieser Verzinsung durch ein Zuwarten der Klägerin mit einer Behebung der ihr zuerkannten Guthabenshälfte stünden der beklagten Partei die Rechtsbehelfe und -folgen des Annahmeverzugs zu Gebote.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Rechtsfrage der Teilbarkeit einer vom Abhandlungsgericht nicht zum Gegenstand einer Entscheidung über die Verfügungsberechtigung gemachten Nachlassforderung auf Auszahlung einer Spareinlage offenbar noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe.
Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist teilweise berechtigt.
Die beklagte Partei vertritt weiterhin die Auffassung, die Forderung auf Auszahlung der gegenständlichen Sparguthaben sei unteilbar. Mangels einer der Klägerin im Einantwortungsbeschluss zugesagten Alleinverfügungsberechtigung handle es sich um die Gesamthandforderung einer Gemeinschaft iSd § 848 Satz 2 und 3 ABGB. Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen habe, sei der „Schutz der inneren Ordnung der Gemeinschaft auch im Außenverhältnis“ dafür entscheidend, ob eine Gemeinschaft aufgehoben sei oder nicht. Diese sei hier „mehr als nur gefährdet“. Die streitgegenständlichen Forderungen seien aufgrund ihrer Verschweigung durch die Klägerin nicht zum Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens geworden. Es handle sich um nachträglich hervorgekommene Vermögenswerte, die zwar grundsätzlich von der Einantwortung umfasst seien, bezüglich derer jedoch das Inventar und der Einantwortungsbeschluss von Amts wegen ergänzt hätte werden müssen. Aufgrund der Vorgangsweise der Klägerin sei dem Verlassenschaftsgericht die Möglichkeit genommen worden, im Sinn der Entscheidung 6 Ob 599/94 über die gemeinsame Verfügungsbefugnis der Klägerin und des Nebenintervenienten zu entscheiden. Den Gesetzesmaterialien (zu § 178 AußStrG) sei unzweifelhaft zu entnehmen, dass der Gesetzgeber für einen Fall wie diesen selbstverständlich davon ausgehe, dass die Sparguthaben auch nach der Einantwortung eine Gesamthandforderung begründeten, sofern im Einantwortungsbeschluss keine gegenteilige Verfügung getroffen worden sei. Die beklagte Partei stehe nun praktisch hilflos zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten und solle eine Rechtsfrage entscheiden, hinsichtlich derer es weder eine klare Rechtsprechung noch eine klare Entscheidung im Verlassenschaftsverfahren gebe. Im Zweifel müsse sie daher von einer Gesamthandforderung ausgehen und der Klägerin infolge des Widerspruchs des Nebenintervenienten die Auszahlung verweigern.
Hierzu wurde erwogen:
I. Einantwortung und Nachlassforderungen:
1. Mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterlässt, entsteht zwischen diesen zunächst bis zur Einantwortung eine sich auf das Erbrecht beziehende schlichte Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825 ff ABGB (2 Ob 41/11k SZ 2012/49; 6 Ob 79/12d; 2 Ob 41/15s; RIS‑Justiz RS0012313). Mit der Einantwortung werden die Erben, solange keine Erbteilung stattfindet, Miteigentümer der körperlichen Nachlasssachen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile. Die Gemeinschaft wird durch Erbteilung aufgehoben, die von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden kann, aber erst mit dieser dinglich wirksam wird; sie erfolgt entweder durch Erbteilungsübereinkommen, für welches Vertragsfreiheit besteht, oder ‑ mangels Einigung ‑ durch Erbteilungsklage (2 Ob 41/11k SZ 2012/49; 6 Ob 79/12d; 2 Ob 41/15s; RIS‑Justiz RS0012311).
2. Anders verhält es sich mit Nachlassforderungen. Die Aufhebung der Gemeinschaft tritt bei teilbaren Nachlassforderungen ex lege ein. Mit Einantwortung zerfällt eine teilbare Nachlassforderung in selbständige obligatorische Teilforderungen iSd §§ 888 f ABGB, die keinen Gegenstand der Erbteilung bilden und von jedem Miterben unmittelbar nach Abschluss der Verlassenschaftsabhandlung und Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses (§ 178 AußStrG) geltend gemacht werden können (vgl 6 Ob 599/94 mwN; 10 Ob 149/00k; 2 Ob 41/11k SZ 2012/49; 6 Ob 79/12d). Unteilbare Nachlassforderungen mehrerer Miterben sind dagegen Gesamthandforderungen und nach den Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigentums (§§ 825 ff ABGB) wie körperliche Sachen zu teilen (vgl 6 Ob 599/94; 10 Ob 149/00k; Welser in Rummel/Lukas 4 §§ 820, 821 Rz 11; Apathy in KBB 4 § 550 Rz 1).
3. Maßgeblich ist die Teilbarkeit im Rechtssinn (6 Ob 599/94 mwN). Eine Forderung ist teilbar, wenn die Leistung teilbar ist, diese sich also ohne Wertverlust in Teilleistungen zerlegen lässt. Geldforderungen sind ihrer Natur nach teilbar (vgl 6 Ob 599/94; RIS‑Justiz RS0013214, RS0017118, RS0017289; Gamerith/Wendehorst in Rummel/Lukas 4 § 889 Rz 3 und 5; P. Bydlinski in KBB 4 § 889 Rz 1 f; Riedler in Schwimann/Kodek , ABGB 4 IV § 889 Rz 2). Bei Verfolgung teilbarer Ansprüche ist jeder auf seinen Anteil beschränkt (RIS‑Justiz RS0013214). Die Teilansprüche sind in ihrem Schicksal voneinander unabhängig. Sie können einzeln verändert werden und selbständig erlöschen. Das Schuldverhältnis selbst ist jedoch in der Regel unteilbar ( Gamerith/Wendehorst in Rummel/Lukas 4 § 889 Rz 10 ff; Riedler in Schwimann/Kodek , ABGB 4 IV § 889 Rz 4; Perner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ § 889 Rz 9 ff).
II. Spareinlagenvertrag:
1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der Spareinlagenvertrag ein Vertrag sui generis, der gewisse Elemente eines Darlehens oder eines depositum irregulare (§ 959 ABGB) enthält (1 Ob 120/70 SZ 43/121; 2 Ob 204/10d mwN SZ 2011/127 = ÖBA 2012/1810 [ Dullinger ]; 4 Ob 170/11w EvBl 2012/104 [ Borth-Böhler ] = ÖBA 2012/1826 [ Apathy ]; Griss in KBB 4 § 959 Rz 3; dazu auch Apathy in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 3/8). Der Einleger hat gegen das Kreditinstitut ein Forderungsrecht auf Rückzahlung des erlegten Geldbetrags (1 Ob 120/70 SZ 43/121; 2 Ob 204/10d mwN SZ 2011/127 = ÖBA 2012/1810 [ Dullinger ]; Apathy in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 3/44). Es besteht also eine ‑ grundsätzlich teilbare ‑ Geldforderung. Haben die Vertragspartner keine Bindung der Spareinlage für eine bestimmte Frist vereinbart, so kann der Kunde seinen Rückzahlungsanspruch jederzeit geltend machen. Der Anspruch wird mit der Vorlage der Sparurkunde zur sofortigen Auszahlung fällig gestellt (dazu Näheres sogleich; 2 Ob 204/10d SZ 2011/127 = ÖBA 2012/1810 [ Dullinger ]; Apathy in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 3/45).
2. § 31 Abs 1 BWG definiert Spareinlagen als Geldeinlagen bei Kreditinstituten, die nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen und als solche nur gegen die Ausfolgung von besonderen Urkunden (Sparurkunden) entgegengenommen werden dürfen. Sparurkunden können auf eine bestimmte Bezeichnung, insbesondere auf den Namen des gemäß § 40 Abs 1 BWG identifizierten Kunden lauten. Nach dieser Bestimmung haben die Kredit- und Finanzinstitute (ua) vor Beginn einer dauernden Geschäftsbeziehung die Identität eines Kunden festzustellen, wobei Spareinlagengeschäfte nach § 31 Abs 1 BWG stets als dauernde Geschäftsbeziehung gelten (§ 40 Abs 1 Z 1).
Auszahlungen dürfen gemäß § 32 Abs 2 BWG nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden. Bei Spareinlagen, deren Guthabensstand mindestens 15.000 EUR oder Euro‑Gegenwert beträgt, oder die auf den Namen des gemäß § 40 Abs 1 BWG identifizierten Kunden lauten, darf ‑ unbeschadet eines Verfügungsvorbehalts gemäß § 31 Abs 3 BWG (Losungswort) und unbeschadet § 40 Abs 1 Z 4 BWG (Identifizierungspflicht bei Ein‑ und Auszahlungen von mindestens 15.000 EUR oder Euro‑Gegenwert) ‑ gemäß § 32 Abs 4 Z 2 BWG nur an den gemäß § 40 Abs 1 BWG identifizierten Kunden ausbezahlt werden. Nach § 32 Abs 4 Z 3 BWG ist unter den dort näher genannten Voraussetzungen die Auszahlung an den identifizierten Vorleger möglich, wenn der Guthabensstand seit der letzten Vorlage der Sparurkunde 15.000 EUR oder Euro-Gegenwert ausschließlich aufgrund von Zinsgutschriften erreicht oder überschritten hat.
3. Die Regelung des § 32 Abs 4 Z 2 BWG normiert nach hA kein zivilrechtliches Übertragungsverbot. Sie wird ‑ ihrem auf die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung ausgerichteten Schutzzweck entsprechend ‑ vielmehr dahin verstanden, dass im Falle einer Übertragung der Spareinlage die Identität des Erwerbers gemäß § 40 Abs 1 BWG festzustellen und festzuhalten ist (vgl 8 Ob 22/07d SZ 2007/74; 9 Ob 108/06g SZ 2007/149; vgl zu beiden Entscheidungen Artmann in ÖBA 2008/1468; RIS‑Justiz RS0122364, RS0122474). In der Entscheidung 8 Ob 37/09p ÖBA 2010/1635 (krit Artmann ) wurde auf die im Einzelnen zitierte „weitaus überwiegende“ Lehre verwiesen, wonach bei den in § 32 Abs 4 Z 2 BWG genannten und hinsichtlich der Auszahlungsberechtigung gleich geregelten Namenssparbüchern und den sogenannten Großbetragssparbüchern der Auszahlung begehrende Erwerber der Spareinlagenforderung seinen Erwerb und damit seine materielle Berechtigung nachweisen oder zumindest bescheinigen muss. In 4 Ob 170/11w EvBl 2012/104 ( Borth-Böhler ) = ÖBA 2012/1826 ( Apathy ) wurde diese Nachweispflicht als „unstrittig“ bezeichnet.
Damit korrespondiert die wertpapierrechtliche Einordnung solcher Sparbücher als Rektapapiere, bei denen aus der Innehabung allein noch nicht auf eine Berechtigung des Vorlegenden geschlossen werden kann; vielmehr ist die materiell‑rechtliche Legitimation des Vorlegers zu prüfen (vgl 4 Ob 170/11w; 5 Ob 20/15z; RIS‑Justiz RS0041394; Rieder/Sloboda , Zur wertpapierrechtlichen Einordnung des Großbetragssparbuchs, Zak 2007/541, 303 [304]; aus dem neueren Schrifttum vgl ferner A. Hofmann , Die Kontoöffnung im Verlassenschaftsverfahren, NZ 2014/1, 1 [10 f]; Wolkerstorfer , Zur Schenkung von Kleinbetragssparbüchern, ÖBA 2016, 201).
III. Tod des Einlegers:
1. Mit dem Tod eines Bankkunden wird der ruhende Nachlass neuer Vertragspartner des Kreditinstituts. Das gilt in weiterer Folge ebenso für den/die eingeantworteten Erben (7 Ob 610/95 mwN SZ 69/119 = ÖBA 1996/586 [ Böhler ]; 4 Ob 36/01z; RIS‑Justiz RS0012296; Iro in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 1/53 ff; Apathy in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 3/90 ff; Riss , Die Auskunftspflicht des Kreditinstituts nach dem Tod des Kunden und ihre prozessuale Durchsetzung, ÖBA 2011, 166 [167]). Will ein eingeantworteter Erbe über das mittels eines Namenssparbuchs und/oder Großbetragssparbuchs verbriefte Sparguthaben des Verstorbenen verfügen, hat er nicht nur die Gesamtrechtsnachfolge nachzuweisen, sondern auch den Nachweis zu erbringen, dass der Verstorbene im Todeszeitpunkt Kunde des Kreditinstituts war (7 Ob 610/95 mwN SZ 69/119 = ÖBA 1996/586 [ Böhler ]).
2. Das könnte trotz Identifizierung des verstorbenen Kunden problematisch sein, weil durch Rektapapiere verbriefte Spareinlagen durch Zession übertragen werden können, ohne dass eine Übergabe des Papiers erforderlich ist. Aus der Tatsache, dass der Besitz des Papiers für die Ausübung des darin verbrieften Rechts notwendig ist, folgt nämlich noch nicht, dass die Übergabe des Papiers auch ein Tatbestandselement des Rechtsübergangs ist (vgl 5 Ob 109/75 SZ 48/81; 1 Ob 567/81 SZ 54/51; 5 Ob 20/15z; RIS‑Justiz RS0010938; Riss aaO 168 f). Dennoch ist ohne gegenteilige Hinweise auch in diesen Fällen von einem ausreichenden Nachweis der Gesamtrechtsnachfolge auszugehen, da die Bezeichnung auf den Namen des Erblassers bzw die Identifikation einen konkreten Anhaltspunkt dafür bietet, dass das Sparguthaben nachlasszugehörig war (idS Apathy in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² I Rz 2/115; Riss aaO 179 [je zur Auskunftspflicht gegenüber dem Gerichtskommissär]; zur Prüfung der Befugnis des Auftretenden an Hand der Einantwortungsurkunde vgl auch Iro in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² I Rz 1/90 [zu Z 6 ABB]).
IV. Konkreter Fall:
1. Vorweg ist festzuhalten:
1.1 Der Erblasser war zu Lebzeiten identifizierter Kunde der beklagten Partei und hat als solcher über die in dritter Instanz noch streitverfangenen Spareinlagen verfügt. Bei den zu diesen Spareinlagen ausgefolgten Sparurkunden handelt es sich einerseits um nicht auf den Namen lautende Bezeichnungssparbücher (§ 31 Abs 1 BWG), andererseits ‑ nach dem aktuellen Einlagenstand ‑ um sogenannte Großbetragssparbücher, auf welche § 32 Abs 4 Z 2 BWG zur Anwendung gelangt (die Regelung der Z 3 kann mangels entsprechender Behauptungen vernachlässigt werden).
1.2 Die Klägerin ließ die erstinstanzliche Beurteilung, eine Schenkung (sowohl unter Lebenden als auch auf den Todesfall) sei nicht erwiesen, und die darauf gegründete Teilabweisung ihres Klagebegehrens unbekämpft. Sonstige Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes über die Spareinlagen nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die beklagte Partei geht in ihrem Rechtsmittel von der Nachlasszugehörigkeit der Spareinlagen aus, ebenso der Nebenintervenient schon in erster Instanz. Somit beschränkt sich die Prüfung des Auszahlungsbegehrens der Klägerin auf die Frage, ob sich die Berechtigung dieses Begehrens mit ihrer Rechtsstellung als eingeantworteter Hälfteerbin begründen lässt.
2. Zur Streitfrage:
2.1 Die Klägerin und der Nebenintervenient wurden als eingeantwortete Miterben gemeinsame Vertragspartner des Kreditinstituts. Sie sind beide iSd § 40 Abs 1 BWG zu identifizierende Kunden der beklagten Partei. Anders als nach dem der Entscheidung 6 Ob 599/94 zugrunde gelegenen Sachverhalt, wo das Verlassenschaftsgericht die Miterben nur zur gemeinsamen Verfügung über Konten und Sparbücher ermächtigt hatte, enthält der Einantwortungsbeschluss vom 15. 5. 2013 keinen Ausspruch über die Verfügungsberechtigung. Verfügungen über das (nunmehrige) Gemeinschaftssparkonto, also über das Schuldverhältnis als solches (vgl Punkt I.3), etwa durch Übertragung an einen Dritten (wozu es noch der Zustimmung der beklagten Partei bedürfte), sind den Erben nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (§ 828 Abs 1 ABGB) nur gemeinsam möglich (vgl 3 Ob 268/05s; Iro in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 1/56 zum „Konto iwS“, der sich auch auf Z 35 Abs 1 ABB bezieht). Dazu ist anzumerken, dass sich die beklagte Partei auf die Geltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen für Spareinlagen und/oder der Allgemeinen Bankbedingungen für die gegenständlichen Vertragsverhältnisse nicht berufen hat (zu diesem Erfordernis vgl 1 Ob 30/04z SZ 2004/53; RIS‑Justiz RS0014506, RS0117649; Bollenberger in KBB 4 § 864a Rz 2; Apathy in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 3/34).
2.2 An jedem der Sparbücher, bei denen es sich um körperliche Sachen handelt, entstand gleichteiliges Miteigentum (zu Aktien vgl Kalss , Die Vererbung von Aktien, JEV 2015, 112 [116]). Rektapapiere verbriefen allerdings nicht wie Inhaber- oder Orderpapiere Forderungs‑ oder Mitgliedschaftsrechte, sie sind vielmehr Wertpapiere im weiteren Sinn (vgl Punkt II.3; auch Artmann , Zur Rechtsnatur des Sparbuchs, JBl 2008, 273 mwN). Der Rechtsübergang wird nicht nach sachenrechtlichen Grundsätzen vollzogen (vgl Punkt III.2; 5 Ob 109/75 SZ 48/81).
2.3 Die mehrfach zitierte Entscheidung 6 Ob 559/94 erging über ein Klagebegehren, das auf die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft mehrerer Miterben durch Realteilung gerichtet war. Ihre Begründung lässt keinen Zweifel daran, dass der Anspruch auf Auszahlung der Konto- und Sparguthaben gegenüber der Bank nur wegen der vorherigen Anordnung der gemeinsamen Verfügungs-berechtigung durch das Verlassenschaftsgericht als unteilbar (im Rechtssinn) und daher der gerichtlichen Teilung zugänglich behandelt wurde (vgl auch 3 Ob 268/05s; Apathy in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 3/93; Riedler in Schwimann/Kodek , ABGB 4 IV § 889 Rz 2 FN 21).
Auch in der Entscheidung 6 Ob 79/12d hat der Oberste Gerichtshof die Möglichkeit anteilsmäßiger Verfügung der Miterben über die Forderung auf Bankguthaben zum Ausdruck gebracht und dabei hervorgehoben, dass ein entsprechender Ausspruch des Verlassenschaftsgerichts klarstellende Bedeutung für die Bank haben kann.
2.4 Im vorliegenden Fall liegt eine teilbare Nachlassforderung vor. Die Klägerin hat der beklagten Partei Bestehen und Umfang ihrer materiellen Berechtigung an den Spareinlagen als eingeantwortete Hälfteerbin spätestens in der Tagsatzung vom 26. 6. 2014 (Verlesung des Einantwortungsbeschlusses) nachgewiesen, was in dritter Instanz auch nicht mehr strittig ist. Sie ist in diesem Umfang über die Spareinlagen daher auch selbständig verfügungsbefugt.
(a) Dass es sich um ein Gemeinschaftssparkonto handelt, bedeutet kein rechtliches Hindernis, weil ‑ wie erörtert ‑ das Schuldverhältnis von den daraus abgeleiteten Forderungsrechten zu trennen ist. So könnte etwa das bloße Forderungsrecht im Wege einer Zession übertragen werden, ohne dass der Zessionar in das gesamte Vertragsverhältnis eintreten muss. Es entstünde dennoch eine Geschäftsbeziehung des Zessionars zur Bank, auch er wäre bei entsprechendem Nachweis als deren „Kunde“ zur Ausübung des Forderungsrechts befugt ( Artmann , Zur Rechtsnatur des Sparbuchs, JBl 2008, 276). Die Klägerin macht hier nicht das Gesamtrecht, sondern nur ihr „eigenes“ Forderungsrecht geltend, indem sie den auf sie entfallenden Anteil an den Sparguthaben zu realisieren versucht. Insoweit ist sie Kundin der beklagten Partei, an die nach Identifizierung gemäß § 32 Abs 4 Z 2 BWG mit schuldbefreiender Wirkung nur ihr gegenüber geleistet werden kann.
(b) Die zum „Konto ieS“ vertretene Meinung Iros (in Apathy/Iro/Koziol , Bankvertragsrecht² II Rz 1/56), der Bank sei im Hinblick auf die seinerzeitige Begründung des Kontos als Einzelkonto eine Mehrzahl von selbständig verfügungsberechtigten Kontoinhabern wohl nicht zumutbar, weshalb die Erben nur gemeinsam zu Verfügungen über die Kontoforderung berechtigt sein würden („Und-Konto“ statt „Oder-Konto“) trägt für den vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil sie sich auf Z 35 Abs 3 ABB stützt. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in die Vertragsverhältnisse nicht einmal behauptet worden ist.
(c) Auch das Miteigentum an der Sparurkunde hindert nicht die Auszahlung an die Klägerin. Es bedarf nur der Vorlage der Sparurkunde (§ 32 Abs 2 BWG), auf die Eigentumsverhältnisse an dieser kommt es dabei nicht an. Hat der die Auszahlung gegen Vorlage der Sparurkunde (Großbetragssparbuch) begehrende identifizierte Kunde seine materielle Berechtigung am Forderungsrecht nachgewiesen, ist an ihn auszuzahlen.
(d) Der in das Klagebegehren aufgenommenen Nennung des Losungswortes bedürfte es hingegen nicht, weil die Spareinlage von Todes wegen erworben wurde (§ 31 Abs 3 BWG) und § 32 Abs 4 Z 2 BWG (im Gegensatz zu Z 1 [Kleinbetragssparbücher] und Z 3) diese Auszahlungsvoraussetzung gar nicht aufstellt (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz , BWG³ §§ 31‑32 Rz 8).
2.5 Die auf das Verlassenschaftsverfahren gegründeten Einwände der beklagten Partei sind nicht zielführend:
(a) Wären die Sparbücher in das Verlassenschaftsverfahren einbezogen worden, wären die Sparguthaben ‑ wohl nach einer Entscheidung gemäß § 166 Abs 2 AußStrG ‑ wegen des (jedenfalls) Mitbesitzes des Erblassers als Aktiva in das Inventar aufzunehmen gewesen, zumal die Klägerin offensichtlich über keine die behauptete Schenkung nachweisenden unbedenklichen Urkunden im Sinn der zitierten Vorschrift verfügt (vgl 2 Ob 178/13k [Mitmieter eines Banksafes]; 2 Ob 195/13k; RIS‑Justiz RS0007816 [T2]). Mit einer Entscheidung nach § 166 Abs 2 AußStrG wäre aber nicht über die Berechtigung an den Sparguthaben abgesprochen worden, sie wäre für die endgültige Entscheidung über die Rechtszuständigkeit (das Eigentum) in einem streitigen Verfahren zwischen den Miterben nicht präjudiziell gewesen (6 Ob 79/12d; RIS‑Justiz RS0121985 [T11]). Das gilt umso weniger im Verfahren gegen einen Dritten, in dem die Rechtszuständigkeit nur als Vorfrage zu beurteilen ist.
(b) § 178 AußStrG enthält keine Anordnung darüber, dass der Einantwortungsbeschluss Angaben zur Verfügungsberechtigung über das Verlassenschaftsvermögen nach Rechtskraft der Einantwortung zu enthalten hätte. Nach Abs 3 dieser Bestimmung sollen gleichzeitig mit der Einantwortung auch alle übrigen noch offenen Verfahrenshandlungen, insbesondere die Aufhebung von Sperren, Sicherstellungen und die Bestimmung von Gebühren vorgenommen werden.
In der Lehre wird diese Bestimmung in Anlehnung an die Gesetzesmaterialien dahin verstanden, dass Angaben zur Verfügungsberechtigung nur aus besonderen Gründen notwendig sind, etwa dann, wenn ein Kontoguthaben einem Dritten zahlungshalber überlassen werden soll oder einzelne Miterben, vor allem aufgrund eines Erbteilungsübereinkommens, nicht gemeinsam über diese Konten verfügen sollen (vgl ErläutRV 224 BlgNR XXII. GP 112; Fucik/Kloiber , AußStrG § 178 Rz 6; Bittner in Rechberger , AußStrG² § 178 Rz 9; Sailer in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 178 Rz 6). Bleibt aber im Verlassenschaftsverfahren die Rechtszuständigkeit (Eigentum) des Erblassers an den Konten strittig, käme ein solcher Ausspruch ‑ ungeachtet einer die Aufnahme in das Inventar anordnenden Entscheidung nach § 166 Abs 2 AußStrG ‑ nicht in Betracht (6 Ob 79/12d). Folglich hätte das Verlassenschaftsgericht auch im gegenständlichen Fall, in welchem die Klägerin Schenkung an sie behauptet, nicht über die Verfügungsberechtigung entscheiden dürfen.
(c) Zu keinem anderen Ergebnis könnte die noch immer mögliche Nachtragsabhandlung iSd § 183 AußStrG führen. Bei einem entsprechenden Antrag läge es am Antragsteller, die Zugehörigkeit der strittigen Sparguthaben zum Nachlassvermögen zu bescheinigen (RIS‑Justiz RS0008416). Da das Verfahren mit Einantwortung geendet hat, hätte der Gerichtskommissär bloß das Inventar zu ergänzen. Eine Ergänzung des Einantwortungsbeschlusses käme aus den soeben genannten Gründen nicht in Betracht.
(d) Die von der beklagten Partei aus dem Wortlaut der zitierten Gesetzesmaterialien zu § 178 AußStrG gezogene Schlussfolgerung, dass die Sparguthaben auch nach der Einantwortung eine Gesamthandforderung begründeten, wird aus den oben in Punkt IV.2.4 dargelegten Gründen nicht geteilt.
3. Mangelnde Fälligkeit:
3.1 Die Klägerin vermochte allerdings auch ihre Behauptung nicht unter Beweis zu stellen, dass sie der beklagten Partei nach dem Tod des Erblassers gerade die beiden streitverfangenen Sparbücher („T*****“ und „R*****“) zur Auszahlung an sie präsentiert hat. Dazu liegen nur (drei) Negativfeststellungen vor. Ansprüche auf Auszahlung aus diesen Spareinlagen sind deshalb noch gar nicht fällig, § 32 Abs 2 BWG setzt für die Auszahlung die Vorlage der Sparurkunde voraus (vgl Punkt II.1 und 2). Ein Zuspruch im Sinne des Klagebegehrens würde daher nur künftig fällig werdende Auszahlungsansprüche umfassen. Dies scheitert an § 406 ZPO:
(a) Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist die Verurteilung zu einer Leistung nur zulässig, wenn ihre Fälligkeit zum „Zeitpunkt der Urteilsschöpfung“ bereits eingetreten ist. Entgegen dem Gesetzeswortlaut wird in Lehre und Rechtsprechung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung als maßgeblich erachtet (RIS‑Justiz RS0036969, RS0041116; Rechberger in Rechberger , ZPO 4 § 406 Rz 1). Der in der Klage geltend gemachte Anspruch muss daher spätestens bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz fällig sein, widrigenfalls „die Klage“ (jedenfalls im Umfang des gestellten Leistungsbegehrens) abzuweisen ist (4 Ob 51/13y).
(b) Auf die Unzulässigkeit der Verurteilung zu künftigen Leistungen ist von Amts wegen Bedacht zu nehmen. Schon die allgemeine Bestreitung eines Klageanspruchs verpflichtet das Gericht zur Prüfung, ob die Fälligkeit im maßgeblichen Zeitpunkt bereits eingetreten ist (vgl 4 Ob 51/13y; RIS‑Justiz RS0041226; Rechberger in Rechberger , ZPO 4 § 406 Rz 7).
(c) Die in der Rechtsprechung gebilligten Ausnahmen von der Anwendung des § 406 ZPO liegen nicht vor:
Weder richtet sich die Klage ihrer Wirkung nach auf die Zuhaltung des Vertragsverhältnisses in seiner Gesamtheit (RIS‑Justiz RS0001275), noch wäre ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an einer „vorbeugenden Leistungsklage“ zu bejahen. Ein solches würde voraussetzen, dass dem Schuldner das Nachholen der Leistung nicht möglich ist oder dem Berechtigten nichts bringt, sodass er sein Recht ohne solche Klage nicht durchsetzen könnte (4 Ob 229/08t SZ 2009/32; vgl auch 7 Ob 37/09f; 8 Ob 89/09k; dazu Rechberger in Rechberger , ZPO 4 § 406 Rz 10), was hier nicht zutrifft. Auch besteht auf Seiten der Klägerin keine besondere Interessenlage, die bei einem Dauerschuldverhältnis einen in die Zukunft reichenden Leistungsbefehl ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen ließe. Dazu bedürfte es der ‑ hier nicht erkennbaren ‑ Notwendigkeit, einen Titel zu schaffen, der existenzgefährdende Verzögerungen durch neuerliche Klagsführung verhindern soll (vgl 4 Ob 51/13y mwN; RIS‑Justiz RS0106147).
3.2 Dennoch ist die Klage nicht schon wegen mangelnder Fälligkeit (zur Gänze) abzuweisen:
(a) Bei Bestehen eines rechtlichen Interesses kann einem Begehren auf künftige, noch nicht fällige Leistungen ‑ als Minus ‑ auch in Form eines Feststellungsurteils stattgegeben werden (9 ObA 3/16f; RIS‑Justiz RS0039112). Die bloße Feststellung ist gegenüber einem Leistungsbegehren dann ein Minus, wenn sie von letzterem vollständig umfasst wird (10 Ob 103/05b mwN; RIS‑Justiz RS0038981, RS0039172). Das erforderliche, in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Feststellungsinteresse kann schon darin liegen, dass der Beklagte den Bestand des Rechts „hartnäckig“ bestreitet, sodass ein aktueller Anlass zur präventiven Klärung besteht (vgl 2 Ob 186/10g mwN SZ 2011/122; RIS‑Justiz RS0038968, RS0039007 [T4, T5, T7]).
(b) Diese Voraussetzungen treffen hier zu. Die beklagte Partei bestreitet ganz grundsätzlich das Recht der Klägerin auf selbständige Geltendmachung eines Auszahlungsanspruchs aus dem bestehenden Vertragsverhältnis. Würde die Klägerin die Sparbücher vorlegen, ist damit zu rechnen, dass ihr die Auszahlung (wie jedenfalls bei anderen Sparbüchern) verweigert wird. Das Feststellungsinteresse ist deshalb zur Hintanhaltung weiterer Unsicherheit über das Recht der Klägerin zu bejahen. Die Feststellung des Bestehens der Leistungsverpflichtung der beklagten Partei ist vom Leistungsbegehren auch zur Gänze umfasst.
(c) Unberechtigt ist nur das Begehren auf Zahlung von Verzugszinsen, weil ein Verzug mangels Fälligkeit nicht vorliegt. Da aber der Anspruch im Übrigen dem Grunde nach zu Recht besteht, kann dem „Eventualbegehren“, das richtigerweise nur als (weiteres) Minus zum Hauptbegehren zu behandeln ist (RIS‑Justiz RS0037601), in der Form eines Feststellungsurteils stattgegeben werden. Die Auszahlungsvoraussetzung der Nennung des Losungswortes ist zwar überflüssig (Punkt IV.2.4d), kann aber wegen § 405 ZPO aus dem Spruch nicht beseitigt werden.
(d) Zu den beiden weiteren Sparkonten („K*****“; „M*****“) führt die beklagte Partei in ihrer Revision nichts mehr aus. Insoweit hat es daher beim stattgebenden Ausspruch im Endurteil des Erstgerichts (Spruchpunkt 4.) zu verbleiben.
V. Ergebnis und Kosten:
Aus den vorstehenden Erwägungen ist wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 erster Fall iVm § 50 ZPO. Die Klägerin ist nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihres Klagebegehrens unterlegen, dessen Geltendmachung überdies keine besonderen Kosten veranlasst hat. Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen bleiben daher unverändert. In dritter Instanz hat die Klägerin Anspruch auf vollständigen Kostenersatz.
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